Bunburry - Die geheime Kammer - Helena Marchmont - E-Book

Bunburry - Die geheime Kammer E-Book

Helena Marchmont

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Beschreibung

Folge 15: Marge ist in Trauer: Ihre enge und langjährige Freundin Lady Leonora Gray ist verstorben. Als Nachlassverwalterin bittet Marge Alfie, ihr bei der Auflösung der Bibliothek zu helfen. Doch in Hallwood Hall angekommen, überschlagen sich die Ereignisse: Gemeinsam mit dem Historiker und Fernsehstar Professor Webb entdecken sie eine versteckte Kammer, die einen unglaublichen Schatz enthält! Und obwohl der Professor sie alle zu Stillschweigen verpflichtet, wird ihr Geheimnis entdeckt. Denn am nächsten Morgen ist der Professor tot und der Schatz ist verschwunden ...

Über die Serie:

Frische Luft, herrliche Natur und weit weg von London! Das denkt sich Alfie McAlister, als er das Cottage seiner Tante in den Cotswolds erbt. Und packt kurzerhand die Gelegenheit beim Schopfe, um der Hauptstadt für einige Zeit den Rücken zu kehren. Kaum im malerischen Bunburry angekommen, trifft er auf Liz und Marge, zwei alte Ladys, die es faustdick hinter den Ohren haben und ihn direkt in ihr großes Herz schließen. Doch schon bald stellt Alfie fest: Auch wenn es hier verführerisch nach dem besten Fudge der Cotswolds duftet - Verbrechen gibt selbst in der schönsten Idylle. Gemeinsam mit Liz und Marge entdeckt Alfie seinen Spaß am Ermitteln und als Team lösen die drei jeden Fall!

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Inhalt

CoverGrußwort des VerlagsBunburry. Ein Idyll zum Sterben – Die SerieÜber diese FolgeDie ProtagonistenTitelProlog1. Ein Schottlandurlaub2. Ein plötzlicher Todesfall3. Hallwood und Bunburry4. Die Hallwood-Bibliothek5. Eine Entdeckung6. Ein Dinner-Date7. Ein zweites Dinner-Date8. Ein plötzlicher Todesfall9. Die Ermittlung10. Die Befragung11. Ein Geständnis12. Ein zweites Geständnis13. Oscar in HallwoodEpilogÜber die AutorinLeseprobeMörderisches Somerset – Die Serie Über diese FolgeProlog1. KapitelImpressum

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Bunburry. Ein Idyll zum Sterben – Die Serie

Frische Luft, herrliche Natur und weit weg von London! Das denkt sich Alfie McAlister, als er das Cottage seiner Tante in den Cotswolds erbt. Und packt kurzerhand die Gelegenheit beim Schopfe, um der Hauptstadt für einige Zeit den Rücken zu kehren. Kaum im malerischen Bunburry angekommen, trifft er auf Liz und Marge, zwei alte Ladys, die es faustdick hinter den Ohren haben und ihn direkt in ihr großes Herz schließen. Doch schon bald stellt Alfie fest: Auch wenn es hier verführerisch nach dem besten Fudge der Cotswolds duftet - Verbrechen gibt selbst in der schönsten Idylle. Gemeinsam mit Liz und Marge entdeckt Alfie seinen Spaß am Ermitteln und als Team lösen die drei jeden Fall!

Über diese Folge

Marge ist in Trauer: Ihre enge und langjährige Freundin Lady Leonora Gray ist verstorben. Als Nachlassverwalterin bittet Marge Alfie, ihr bei der Auflösung der Bibliothek zu helfen. Doch in Hallwood Hall angekommen, überschlagen sich die Ereignisse: Gemeinsam mit dem Historiker und Fernsehstar Professor Webb entdecken sie eine versteckte Kammer, die einen unglaublichen Schatz enthält! Und obwohl der Professor sie alle zu Stillschweigen verpflichtet, wird ihr Geheimnis entdeckt. Denn am nächsten Morgen ist der Professor tot und der Schatz ist verschwunden …

Die Protagonisten

Alfie McAlister entflieht der Londoner Hektik und tauscht sie gegen die Ruhe und Stille der Cotswolds ein. Leider ist die Idylle im Herzen Englands tödlicher als erwartet…

Margaret »Marge« Redwood und Clarissa »Liz« Hopkins leben schon ihr ganzes Leben lang in Bunburry. Sie sind bekannt für den besten Karamell der Cotswolds. Zwischen dem Afternoon Tea und dem abendlichen Gin sind sie kleineren Schnüffeleien nicht abgeneigt.

Emma Hollis liebt ihren Beruf als Polizistin. Was sie jedoch gar nicht liebt, sind die ständigen Verkupplungsversuche ihrer Tante Liz.

Betty Thorndike ist eine Kämpferin. Vor allem kämpft sie für Tierrechte. Sie ist das einzige Mitglied von Bunburrys Grüner Partei.

Oscar de Linnet lebt in London. Er ist der beste Freund von Alfie und versucht ihn zurück in die Stadt zu locken. Schließlich »kann auf dem Land jeder gut sein. Dort gibt’s keine Versuchungen.«

Augusta Lytton ist Alfies Tante. Auch nach ihrem Tod ist sie immer für eine Überraschung gut…

Harold Wilson zieht ein (oder zwei) Pint seinem Job als Polizeichef vor.

BUNBURRY ist ein malerisches Dorf in den englischen Cotswolds. Doch hinter der perfekten Fassade lauern finstere Geheimnisse…

HELENA MARCHMONT

Die geheime Kammer

Aus dem Englischen von Sabine Schilasky

 

»Die Wahrheit ist selten rein und nie einfach.«

Oscar Wilde

Prolog

Gloucestershire, April 1905

Sir Anthony Gray vermisste Oscar immer noch – den witzigsten, unmöglichsten und gütigsten Freund. Und das, obgleich schon fünf Jahre seit seinem Tod vergangen waren. Als Sir Anthony jetzt nach Hallwood ritt, seinem Anwesen in Gloucestershire, musste er an ihre letzte Begegnung denken.

»Armer Junge«, murmelte er.

Oscar war es in jeder Hinsicht schlecht gegangen, und Sir Anthony hatte ihn aus dem schäbigen Pariser Hotel geholt und nach Trouville gebracht, damit er frische Seeluft atmen konnte. Dort war sein Freund regelrecht aufgeblüht. Er hatte das Kasino, den Strand und die elegant gekleideten Massen auf der Promenade ignoriert. Stattdessen hatte er einfach nur geschrieben.

»Mein lieber Freund«, sagte er zu Sir Anthony, »dies alles verdanke ich deiner spritzigen Konversation.«

»Aber, Oscar«, widersprach Sir Anthony, »du hast dich den ganzen Tag eingesperrt. Ich habe bis eben kein Wort mit dir gewechselt.«

»Eben drum. Ich kann dir nicht sagen, wie dankbar ich bin, dass du deine übersprühende Konversation für dich behalten hast.«

Und eines Morgens, als Sir Anthony einen Kaffee und eine Zigarre auf der Veranda genoss, erschien Oscar vollständig bekleidet.

»Ach du meine Güte, ich habe noch nie erlebt, dass du so früh auf bist«, sagte Sir Anthony.

»Mein lieber Junge, ich bin noch gar nicht im Bett gewesen. Ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass ich fertig bin. Es ist ein Meisterwerk.«

Oscar ließ einen schweren Papierstapel auf den Tisch neben Sir Anthony fallen. Der Kaffee schwappte über, und der Aschenbecher fiel zu Boden. Sir Anthony schenkte dem jedoch keinerlei Beachtung. Er hatte Oscar seit dessen selbst auferlegtem Exil in Frankreich nicht mehr so lebendig gesehen.

Er las die Titelseite und blinzelte. »Oscar … ich dachte, das hättest du bereits geschrieben.«

»Ist etwas ein Meisterwerk, verdoppelt sich dessen Wert gewiss, wenn es zweimal geschrieben wird«, antwortete Oscar und lachte über Sir Anthonys besorgte Miene.

»Keine Angst, alter Knabe, ich bin geistig völlig gesund. Das letzte Mal habe ich das Werk nicht vollständig abgeschlossen. Die reizende Mrs Leverson brachte mir das Manuskript nach Paris, um es zu beenden, und ich ließ es in einer Droschke liegen, weil mich die Aussicht langweilte. Doch unser Abstecher ans Meer hat meine Begeisterung aufs Neue entfacht. Ich habe drei neue Figuren geschaffen und die Handlung geändert.«

Mit einer Handbewegung gab er einem Lakaien im Salon zu verstehen, dass man ihm eine Tasse bringen sollte. Anschließend schenkte er sich Kaffee ein, bevor er in den gepolsterten Korbsessel sank. Von dort prostete er Sir Anthony mit seiner Tasse zu.

»Und du, mein lieber Junge, wirst dieses Manuskript mit nach Hause nehmen und es in meinem Auftrag zu meinem Verleger bringen.«

Sir Anthony beugte sich vor. »Oscar, komm mit mir zurück! Du weißt, dass du auf Hallwood wohnen kannst. Bring das Manuskript selbst zu deinem Verleger.«

Eine ganze Weile schwieg Oscar, bevor er sehr leise erwiderte: »Mein lieber alter Freund, ich denke, Großzügigkeit ist die Essenz der Freundschaft, und du bist überaus großzügig. Aber nein, ich werde nicht zurückkehren.«

Er schob das Manuskript näher zu Sir Anthony. »So, jetzt ist der richtige zeitliche Ablauf von größter Bedeutung. Ich korrespondiere derzeit mit meinem Verlag über eine andere Arbeit, und ich werde warten, bis dies die ungeteilte Aufmerksamkeit der Leute dort hat. Ich verlasse mich darauf, dass du das Manuskript vor neugierigen Blicken schützen wirst und nichts unternimmst, bis du von mir hörst.«

Doch nach seiner Rückkehr nach England hatte Sir Anthony nie wieder etwas von seinem Freund gehört. Und jetzt, als er über sein Anwesen ritt, fragte er sich, was er tun sollte, da von jenseits des Grabes wohl keine Anweisungen mehr kämen. Er hatte das Manuskript sicher versteckt. Aber war es nun an der Zeit, es zum Verlag zu bringen? Oscar hatte es ein Meisterwerk genannt, folglich verdiente dieses es, veröffentlicht zu werden - auch posthum.

»Du hast mir dein Manuskript anvertraut, alter Freund«, murmelte er. »Wenn du mir nicht mehr sagen kannst, wann der richtige Zeitpunkt ist, muss ich dies entscheiden, und ich sehe keinen Sinn darin, länger zu warten. Sollte dein Verleger es nicht wollen, bei Gott, dann zahle ich selbst für die Veröffentlichung.«

Mit plötzlicher Entschlossenheit trieb er sein Pferd zu einem Galopp an. Er würde das Manuskript aus seinem Versteck holen und morgen damit nach London fahren.

Auf einmal bewegte sich etwas im Unterholz. Ein Fuchs vielleicht oder ein Vogel. Das erschrockene Pferd bäumte sich auf, und Sir Anthony stürzte zu Boden.

Sein letzter Gedanke war, dass nun niemand mehr Oscars Manuskript finden würde.

 

 

Gloucestershire, Oktober 2022

Hallwood Hall. All seine Nachforschungen führten ihn hierher. Allerdings waren über hundert Jahre vergangen, seit Sir Anthony Gray bei einem Reitunfall den Tod gefunden hatte. Falls es existierte, warum hatte noch niemand das Manuskript gefunden? Hatte Sir Anthony es verloren oder gar vernichtet? Oder könnte es vor aller Augen versteckt zwischen den Papieren sein, die diese vornehme Familie angesammelt, für die sie sich aber nie interessiert hatte? Inmitten von Unterlagen, die den Biografen und Gesellschaftshistorikern überlassen worden waren?

Wenn er es fand, wäre er ein gemachter Mann. Ein unveröffentlichtes Stück von Oscar Wilde, ein Jahrhundert nach dessen Tod von Professor Giles Webb ans Licht gebracht. Es gäbe Radio- und Fernsehinterviews, und er würde Artikel für das Times Literary Supplement, den New Yorker und die Paris Review schreiben.

Nichts wünschte er sich sehnlicher, als das Manuskript zu finden. Manche Leute behaupteten, bereit zu sein, für das zu sterben, was ihnen das Wichtigste war. Er nicht. Er wollte weiterleben und sich den Rest seiner Jahre in seinem Ruhm sonnen.

Doch wäre er bereit, dafür zu töten? Das war etwas ganz anderes …

1. Ein Schottlandurlaub

Alfie folgte seiner Schwester den steilen Pfad hinauf und bemühte sich, nicht zu keuchen. Oder zumindest nicht hörbar zu schnaufen.

»Möchtest du haltmachen und die Aussicht genießen?«, fragte Anne.

»Nein, schon gut«, gelang es Alfie zu antworten. Er weigerte sich zuzugeben, dass er Mühe hatte, mit ihrer Ausdauer mitzuhalten.

»Ehrlich, ich finde, das solltest du«, beharrte sie.

»Und für mich ist es wirklich okay weiterzugehen«, entgegnete er. Ihm war unangenehm bewusst, dass sie nicht nur sehr viel müheloser bergan stieg als er, sondern dabei auch noch einen großen Rucksack trug. Sie hatte sein Angebot abgelehnt, ihn zu übernehmen, und ihm erklärt, dass sie daran gewöhnt war und ihn immer dabeihatte, wenn sie in den Bergen wanderte.

Von Zeit zu Zeit machte Alfie Spaziergänge über die sanften Hügel der Cotswolds nahe seinem Zuhause in Bunburry. Diese schottischen Berge waren jedoch etwas vollkommen anderes: hoch, zerklüftet und abschüssig. Aber vor Anne – oder vielmehr hinter ihr, da er kaum Schritt halten konnte – wollte er auf keinen Fall schwächlich wirken.

Dennoch blieb sie stehen und wartete, bis er sie eingeholt hatte.

»Das ist ein ziemlich guter Aussichtspunkt«, sagte sie.

Insgeheim dankbar, blieb er ebenfalls stehen und schaute in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. Ihm stockte der Atem, was nichts mit dem anstrengenden Aufstieg zu tun hatte.

»Ist das etwa …?«

»Ja, das ist es«, antwortete Anne grinsend.

Alfie blickte hinab zu dem spektakulären Bau, dessen Granitmauern im Sonnenschein silbern glitzerten. Eine goldene Flagge mit einem roten Löwen flatterte auf dem hohen, viereckigen Uhrenturm. Die zahlreichen Schornsteine nahmen sich winzig aus neben den Erkertürmen, die an allen Ecken aufragten. Die Burg war von Wald umgeben, und über die Baumwipfel hinweg sah Alfie das funkelnde Blau eines Flusses.

»Prinz Albert hat das Land für Königin Victoria gekauft«, berichtete Anne. »Sie haben das alte Gebäude abgerissen und Balmoral Castle gebaut.«

»Es ist atemberaubend. Jetzt verstehe ich, warum die königliche Familie jeden Sommer herkommt.«

Anne stellte ihren Rucksack ab, öffnete ihn und zog eine Reisedecke heraus, die sie auf dem Boden ausbreitete. Dann packte sie eine Thermoskanne sowie mehrere Behälter aus. Und wenig später saß Alfie da, bewunderte die Aussicht und aß ein Würstchen im Teigmantel, neben sich einen Becher Kaffee. Der Aufstieg hatte sich eindeutig gelohnt. Von hier aus schienen ihm die umliegenden Berge majestätisch statt furchteinflößend zu sein, und er empfand eine wohlige Zufriedenheit, weil er so weit nach oben gewandert war.

»Ich hatte ja keine Ahnung, wie wunderschön es hier ist«, gestand Alfie. »Ich bin schon überall auf der Welt gewesen, aber mein eigenes Land kenne ich kaum.« Er zögerte. »Nein, ich sollte von deinem Land sprechen, denn dies hier ist Schottland, nicht England.«

»Es ist ebenso sehr dein Land wie meines«, entgegnete Anne. »Unser Vater war Schotte, folglich sind wir beide halb schottisch.«

Alfie empfand ein leises Unbehagen bei den Wörtern »unser Vater«. Teils, weil es sich wie der Beginn des Vaterunser-Gebets anhörte, aber vor allem, weil er Calum McAlister nie gekannt hatte. Sein Vater war vor Alfies Geburt weggegangen, und Anne war das Kind, das Calum mit seiner neuen Frau aufgezogen hatte.

Als Alfie beschlossen hatte, nach seinem Vater zu suchen, war es zu spät gewesen und Calum McAlister schon gestorben. Bis heute war Alfie verärgert und unglücklich, weil er nie eine Erklärung von seinem Vater gehört hatte, warum er damals seine Mutter und ihn verlassen hatte. Etwas Schönes – etwas ausgesprochen Schönes – hatte die Suche allerdings ergeben: Alfie hatte erfahren, dass er eine Schwester, Anne, und eine Nichte hatte, Annes Tochter Ruby. Er konnte immer noch nicht recht glauben, dass sie ihn so schnell und liebevoll angenommen hatten. Was zwischen ihren Eltern geschehen war, kümmerte sie nicht. Sie waren eine Familie.

Er aß den letzten Happen von seinem Würstchen im Teigmantel und griff nach einigen Kirschtomaten.

»Als Ruby noch ein Kind gewesen ist, muss sie großen Gefallen daran gefunden haben, dass diese Landschaft hier direkt vor ihrer Haustür war«, sagte er.

Anne lachte. »Oh nein, Ruby hat’s nicht so mit dem Landleben. Sie ist eine Stadtpflanze.«

»Ich hielt mich früher auch immer für einen Stadtjungen, als ich im Londoner East End aufwuchs, und konnte mir nie vorstellen, in einem Dorf zu leben. Jetzt hingegen möchte ich nie wieder zurück ins Großstadtgetümmel.«

Anne reichte ihm ein Sandwich mit Käse- und Gurkenscheiben.

»Du machst dir keinen Begriff, wie froh ich bin, dass du in Bunburry wohnst, nur eine Stunde von Ruby entfernt«, offenbarte sie. »Von hier ist es so weit nach Oxford. Sicher, sie hat ihr Examen gemacht und eine gute Stellung, aber sie ist immer noch mein kleines Mädchen, und ich sorge mich um sie.«

»Fürs Erste kannst du beruhigt sein«, sagte Alfie. »Wie ich dir bereits erzählt habe - alles ist bestens, sie macht sich sehr gut bei der Arbeit und ist überaus glücklich mit ihrem Freund.«

»Hoffentlich trifft sie bessere Entscheidungen als ich«, murmelte Anne. »Ich habe in ihrem Alter geheiratet, und es war eine Katastrophe. Mich scheiden zu lassen war das Vernünftigste, was ich je gemacht habe. Und ich bin nicht in Eile, mich wieder auf eine Beziehung einzulassen. Dafür genieße ich meine Freiheit viel zu sehr.«

Sie stöhnte. »Entschuldige, Alfie, das zu sagen war dumm und unsensibel von mir. Ich bin aus freien Stücken Single. Du hingegen hast deine Lebensgefährtin bei einem Autounfall verloren.«

»Schon okay«, versicherte Alfie. »Anfangs habe ich gedacht, ich würde nie wieder glücklich sein, aber das stimmt nicht. Mit der Zeit wird es besser. Und natürlich hilft es, dass ich eine wunderbare große Schwester gefunden habe.«

Anne lachte. »Na ja, falls du jemals bei der Suche nach einer neuen Partnerin Ratschläge brauchst, dann komm lieber nicht zu mir. Schließlich habe ich keine Erfolgsgeschichte vorzuweisen.«

Sein Gesichtsausdruck musste sich verändert haben, ohne dass er es bemerkte, denn Anne riss plötzlich die Augen weit auf. »Im Ernst? Es gibt jemanden?«, hakte sie nach.

»Nein«, antwortete Alfie hastig. »Nein, es gibt niemanden.« Und dann kam ihm der Gedanke, dass es helfen könnte, sich Anne anzuvertrauen. Der Einzige, dem er es bisher erzählt hatte, war Oscar, sein bester Freund, doch das Telefonat war von einer Lieferung unterbrochen worden. Und Alfies spontaner Entschluss, in den Urlaub zu fliehen, hatte bedeutet, dass es zu keinem Rückruf gekommen war.

»Vor einigen Wochen ist etwas passiert«, gestand er. »Es war … komisch. Peinlich …«

Anne wartete, dass er fortfuhr.

»Erinnerst du dich an Emma?«, fragte er.

»Natürlich.« Ihre Stimme klang warmherzig. »Wahrscheinlich die beste Polizistin im Lande.« Dann blinzelte sie. »Diese komische, peinliche Sache - das war mit Emma?«

»Sie hat mich geküsst«, platzte Alfie heraus. »Sie hat mich geküsst, mich dann weggestoßen und mir ihre Hotelzimmertür vor der Nase zugeschlagen. Und jetzt meidet sie mich, und ich habe keinen Schimmer, was los ist.«

»Ihr wart in einem Hotel?«

»Nicht so! Nicht freiwillig.«

»Ihr wart zufällig in einem Hotel?«

»Es war in Cheltenham. Wir hatten gerade jemanden hinter Gitter gebracht und ein bisschen gefeiert, deshalb konnte ich nicht mehr nach Hause fahren.«

Anne zog eine Augenbraue hoch. »Ah, diese Art von Feier!«

Alfie fragte sich, ob es ein Vorwurf war. Glaubte sie, er habe sich betrunken an Emma herangemacht?

»Wahrscheinlich war ich nicht mal über dem Limit, aber ich fahre grundsätzlich nicht, wenn ich etwas getrunken habe.« Jetzt kam er unausstehlich korrekt rüber. »Aber Emma hatte nichts gegessen, und sie muss drei oder vier Becher Met getrunken haben.«

Anne schien zu verstehen. »Ah, jetzt kann ich dir folgen. Sie ist viel jünger als wir.«

Vielen Dank für den Hinweis, dachte Alfie finster. Ihm war bewusst, dass er Mitte vierzig und Emma erst dreißig Jahre alt war.

»In ihrem Alter haben wir sicher auch einige blöde Sachen gemacht, wenn wir ein bisschen zu viel getrunken hatten«, erklärte Anne. »Und du hast wirklich keine Ahnung, was los ist?«

Alfie schüttelte den Kopf.

»Die arme Frau!«, rief Anne lachend. »Ihr seid gut befreundet, oder? Sie hatte ein bisschen viel getrunken, hat dich im Überschwang geküsst, weil du eben da warst, und dann wurde ihr klar, dass du es bist und sich gute Freunde nicht so benehmen. Also ist sie weggelaufen. Und jetzt schämt sie sich schrecklich deswegen und kann dir nicht unter die Augen treten.«

Es war wenig schmeichelhaft, zu hören, dass Emma ihn lediglich geküsst hatte, weil er zufällig da war. Er hätte irgendjemand sein können. Aber er hatte Anne nicht davon erzählt, weil sie ihm schmeicheln sollte, sondern weil er ihren Rat wollte.

»Und was jetzt?«, fragte er. »Sie geht mir aus dem Weg. Soll ich sie jetzt auch meiden?«

»Selbstverständlich nicht«, antwortete Anne. »Du musst sogar den ersten Schritt machen. Benimm dich ihr gegenüber vollkommen normal, als wäre die Sache nie passiert. Und soweit es dich betrifft, ist es das auch nicht – es war so unbedeutend, dass du dich nicht einmal mehr daran erinnerst. Dann kann sie in deiner Gegenwart ganz entspannt sein, und ihr könnt wieder richtig gute Freunde sein.«

»Danke«, sagte Alfie. »Das versuche ich.«

Annes Ansichten waren klar. Also war dies kein geeigneter Zeitpunkt, ihr zu gestehen, dass es, was ihn betraf, keine unbedeutende Sache war. Es hatte sich schrittweise ergeben - so schleichend, dass er eine ganze Weile gebraucht hatte, um es zu erkennen. Emma war nicht im konventionellen Sinne schön, nicht groß, schlank und blond wie Vivian. Ihr dunkles Haar war zu einem praktischen Bob geschnitten, und sie hatte die muskulöse Statur einer Sportlerin. Sie schien stets so cool, so beherrscht, so unabhängig. Manchmal war dies verstörend, aber verständlich, bedachte man, dass sie eine junge Frau war, die sich in einem herausfordernden, männerdominierten Beruf durchsetzen musste. Außerdem war sie witzig, geistreich und umsichtig.

Und je besser Alfie sie kennenlernte, desto mehr ahnte er, dass ihr toughes Auftreten eine Fassade war. Er hatte das Gefühl, sie beschützen zu müssen, und wollte mehr als nur gute Freundschaft. Aber ging man nach ihrer Reaktion auf den Kuss, war es das Letzte, was sie wollte.

2. Ein plötzlicher Todesfall

Als er wieder in Bunburry war, machte Alfie sich auf den Weg zum Jasmine Cottage, um Liz und Marge zu besuchen. Die beiden Damen waren ebenfalls wie Familie für ihn. Ihre einzige verwandtschaftliche Verbindung bestand indes zu Emma, Liz’ Großnichte, die beide Frauen »Tante« nannte, und Alfie hatte inzwischen das Gefühl, als wären die zwei im Grunde auch seine Tanten geworden.