Bunt entsprossen - Bettina Müller - E-Book

Bunt entsprossen E-Book

Bettina Müller

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Beschreibung

Tasten wurden betätigt, Buchstaben haben sich zu Wörtern geformt, es wurde eifrig gesät. Die Saat ist mittlerweile aufgegangen. Herausgekommen ist ein bunter Strauß an Geschichten, die von Menschen erzählen. Menschen in völlig unterschiedlichen Lebenssituationen, ihren Gedanken und Gefühlen. Als schmückendes Beiwerk wurden zum Schluss zarte Lyriktexte eingeflochten. Frisch gebunden, halten Sie diesen Blumenstrauß nun in Händen.

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Seitenzahl: 105

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Bunt entsprossen

von Bettina Müller

Buchbeschreibung:

Tasten wurden betätigt, Buchstaben haben sich zu Wörtern geformt, es wurde eifrig gesät.

Die Saat ist mittlerweile aufgegangen. Herausgekommen ist ein bunter Strauß an Geschichten, die von Menschen erzählen. Menschen in völlig unterschiedlichen Lebenssituationen, ihren Gedanken und Gefühlen.

Als schmückendes Beiwerk wurden zum Schluss zarte Lyriktexte eingeflochten. Frisch gebunden, halten Sie diesen Blumenstrauß nun in Händen.

Über die Autorin:

Bettina Müller, Jahrgang 1970, lebt mit ihrer Familie in Schweinfurt, Unterfranken. Sie ist in der öffentlichen Verwaltung tätig. Als Ausgleich zum 'Paragraphendschungel' hat sie seit einiger Zeit das Schreiben für sich entdeckt. Ihr Motto: Es können gar nicht genug schöne Geschichten geschrieben werden – Schlechte hat die Welt leider schon zu viele.

Nach der Veröffentlichung von 'Meine bessere Hälfte und ich' im Baltrum-Verlag, folgt nun eine Sammlung von Geschichten und Lyriktexten.

Impressum

© 2025 Baltrum Verlag GbR

BV 2517 – Bunt entsprossen von Bettina Müller

Umschlaggestaltung: Baltrum Verlag GbR

Cover-Illustrationen: Sandra Erhart

Lektorat: Baltrum Verlag GbR

Korrektorat: Baltrum Verlag GbR

Herausgeber: Baltrum Verlag GbR

Verlag: Baltrum Verlag GbR, Weststraße 5, 67454 Haßloch

ISBN:

Internet: www.baltrum-verlag.de

E-Mail an [email protected]

Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Bunt entsprossen

Von Bettina Müller

Baltrum Verlag

Weststraße 5

67454 Haßloch

Bielefeld

»Und Bielefeld gibt es doch«, schleuderte mir Tanja wütend entgegen. Mit hochrotem Kopf saß sie mir gegenüber, nachdem wir uns über eine halbe Stunde in Rage geredet hatten.

Dabei hatte alles so gemütlich begonnen. Wir hatten ausgemacht, den lauen Sommerabend bei Pizza und Rotwein auf Tanjas Balkon zu genießen. Unsere Gespräche drehten sich zunächst, wie so oft, um die Arbeit. Dort hatten wir uns auch kennengelernt. Vor zwei Jahren hatte Tanja in derselben Steuerkanzlei zu arbeiten angefangen, in der ich schon seit meiner Ausbildung tätig war. Wir waren uns gleich sympathisch und im Laufe der Zeit war eine Freundschaft daraus entstanden.

Die Stimmung kippte langsam, nachdem wir die Pizzateller in die Spülmaschine geräumt hatten und uns ein zweites Glas des vollmundigen Rotweines gönnten. Mittlerweile wurde es dämmrig und ein Windlicht tauchte den Balkon in gemütliches Licht. »Findest du die Idee mit Hannover immer noch gut?«, fragte Tanja. »Na klar, ich bin dabei, daran hat sich nichts geändert«, antwortete ich mit einer gewissen Vorfreude. Vor einer Woche machte meine Freundin erstmals den Vorschlag mit der Städtetour, über ein verlängertes Wochenende, nach Hannover. Eine Arbeitskollegin hatte uns vom Maschseefest vorgeschwärmt, das jährlich für ca. drei Wochen im Sommer stattfand. Hauptsächlich wegen dieses Festes, aber auch um die Stadt kennenzulernen, hatten wir uns Hannover als Reiseziel ausgesucht. Wir wollten den Zug nehmen und hatten ausgemacht, an diesem Abend konkreter in die Planung einzusteigen. »Hast du schon wegen Fahrplänen geschaut?«, fragte ich.

»Ja, habe ich«, antwortete Tanja, »allerdings wollte ich dich fragen, ob wir die Route etwas ändern könnten. Ich würde gerne einen Tag früher los und Bielefeld besuchen. Dort hat meine Oma ihre Kindheit und Jugend verbracht und ich wollte schon immer mal die Stadt kennenlernen. Am nächsten Tag fahren wir dann nach Hannover weiter.«

Mir stockte der Atem. Hatte Tanja gerade von Bielefeld gesprochen? Gehörte sie etwa zu dem Kreis jener Leute, die an die Existenz dieser Stadt glaubten? Ich konnte es kaum fassen. Wie war das möglich? Vorsichtig fragte ich: »Habe ich mich verhört, oder hast du soeben Bielefeld gesagt? Bielefeld gibt es doch gar nicht!«. »Wie bitte?«, meine Freundin sah mich mit großen Augen an. »Warum soll es Bielefeld nicht geben? Schau auf die Landkarte von Deutschland! Was soll das Sandy, willst du mich veräppeln?«

Okay, jetzt war es klar, sie war eine von DENEN. »Tanja, es gibt kein Bielefeld. Die Existenz dieser Stadt wird nur vorgetäuscht, um etwas ganz anderes zu verbergen.«, meinte ich ruhig. »Wie bitte, was soll den verborgen werden?«, entgegnete Tanja mit erstauntem Blick. »Es wird gemunkelt, dass u.a. die CIA dahintersteckt. Was dort in Wahrheit versteckt wird, weiß man nicht so genau. Es gibt verschiedene Theorien, mit denen ich dich derzeit aber nicht überfordern möchte«, antwortete ich wiederum ganz ruhig. Jetzt schnappte Tanja nach Luft. »Ich glaube ich höre nicht recht«, presste sie hervor. Ich versuchte sachlich zu bleiben, so wie man eben mit Anhängern der Bielefeld Theorie umgehen sollte. »Hör mal, nicht alles, was uns vorgegeben wird, müssen wir glauben«, redete ich beschwichtigend auf sie ein. »Ich kann dir sagen, dass sämtliche Fotos des vermeintlichen Bielefelds, tatsächlich in anderen Städten aufgenommen worden sind und nur zu einem fiktiven Stadtbild zusammengefügt wurden. Auch Autos mit dem Kennzeichen BI fahren nur zu Tarnungszwecken durch Deutschland. Berichte, von gesperrten Autobahnabfahrten nach Bielefeld, sind außerdem Beweise für die Nichtexistenz dieser Stadt.«

Tanjas Gesichtsausdruck wurde immer ungläubiger, aber an ihrer roten Gesichtsfarbe konnte man jetzt auch Wut erkennen, die sich immer mehr in ihr aufstaute. Es folgten einige unschöne Sätze von Tanja, die schließlich in ein heftiges Wortgefecht von uns beiden mündeten. Auch ich konnte mich nur noch schwer beherrschen, denn Tanja brachte mich mit ihrer uneinsichtigen Art langsam aus der Fassung.

Wie sollte ich damit umgehen, dass meine Freundin gänzlich andere Ansichten zu diesem Thema hatte? Wobei andere Ansichten noch milde ausgedrückt war. Man konnte es schlicht und einfach als kurzsichtige Meinung bezeichnen; wahrscheinlich beeinflusst durch die falschen Leute. Jegliche Diskussion mit ihr brachte sie keinen Millimeter von ihrem Standpunkt ab. Wir hatten doch so viele Gemeinsamkeiten und nun gelang es mir nicht mehr, zu ihr durchzudringen. Ich fühlte mich furchtbar enttäuscht und frage mich, ob ich ihre anderen positiven Seiten überhaupt noch würdigen konnte oder ob schließlich alles von der Haltung zu diesem einem Thema überlagert würde? Konnte unsere Freundschaft, angesichts dieser Meinungsverschiedenheit, überhaupt noch Bestand haben?

Schließlich gab ich mir einen Ruck, denn ich war der Meinung, dass diese emotionsgeladene und unschöne Diskussion beendet werden sollte. Deshalb meine ich: »Hör mal, ich glaube, ich gehe jetzt lieber nach Hause, denn ich habe das Gefühl, dass wir uns immer mehr im Kreis drehen. Schlafen wir mal eine Nacht darüber, vielleicht sieht morgen die Welt wieder etwas besser aus. Ich schlage vor, dass wir uns nach Dienstschluss in der 'Venezia' aussprechen, denn mir ist unsere Freundschaft sehr wichtig«. 'Venezia' war unsere Lieblingseisdiele und lag gleich schräg gegenüber der Steuerkanzlei. Ich hoffte sehr, dass sich einiges wieder zum Guten wenden konnte. »Also, gut wenn du meinst. Tut mir auch leid, wie sich der Abend entwickelt hat«, meinte Tanja nur knapp und ihre Augen blickten mich zumindest nicht mehr ganz so wütend an.

Und so verabschiedete ich mich und machte mich auf den Heimweg. Im Bett angekommen, wälzte ich mich hin und her, denn der Abend und der Streit hatten mich sehr aufgewühlt. Doch irgendwann schlief ich ein und träumte, dass Tanja und ich tatsächlich Bielefeld besuchten. Es war ein sehr surrealer Traum, so wie Träume eben sind, die von etwas Unwirklichem handeln.

Der nächste Tag, ein herrlicher Sommertag, ließ die Welt für mich und Tanja, zum Glück in einem etwas anderem Licht erscheinen. Und nach der Arbeit rauften wir uns nach einem langen Gespräch und bei zwei sündhaften Eisbechern, mit extra viel Sahne wieder zusammen. »Bitte, sei einfach damit einverstanden, dass wir einen Tag in Bielefeld verbringen. Lass dich darauf ein und du wirst sehen, dass es diese Stadt tatsächlich gibt«, flehte Tanja mich schließlich an. Und so willigte ich schließlich ein, doch es machte sich bereits Traurigkeit in mir breit. Traurigkeit darüber, wie enttäuscht meine Freundin sein würde, sobald sie die Wahrheit erfahren würde.

Zwei Wochen später trafen wir uns am Bahnhof unserer Heimatstadt, um zu unserer Reise aufzubrechen. Ich stand am Bahnsteig, auf der Anzeigetafel war bereits unser erstes vermeintliches Ziel, mit dem Namen 'Bielefeld' zu lesen, als Tanja freudig mit ihrem Trolley auf mich zukam. »Hey, ich freue mich so, dass es endlich losgeht« rief sie mir mit einem fröhlichen Lachen zu. Wieder verspürte ich diesen Anflug von Traurigkeit, als ich meine Freundin so glücklich sah. Hoffentlich konnte Tanja die Reise trotz der Umstände, die nun mal waren wie sie waren, etwas genießen.

Die Zugfahrt begann unbeschwert, wir hatten uns zum Auftakt unserer Reise jeweils einen Piccolo gegönnt und dementsprechend locker war unsere Stimmung. Wir plauderten, lachten viel und bewunderten die Landschaft, die draußen an uns vorbeizog.

Doch dann, irgendwann … passierte das Unvermeidliche: »Sehr verehrte Gäste, aufgrund einer Oberleitungsstörung kommt es zu größeren Verzögerungen im Bahnverkehr. Dieser Zug wird umgeleitet. Der Halt in Bielefeld entfällt«, schnurrte plötzlich eine monotone Stimme aus dem Lautsprecher. Es folgten nähere Informationen hinsichtlich der genauen Umleitung des Zuges, doch die bekamen weder ich noch Tanja mit.

Meine Freundin saß zunächst regungslos, mit blassem Gesicht da. Dann schüttelte sie immer wieder ungläubig den Kopf. »Wie kann das sein, ich verstehe das alles nicht. Warum gerade Bielefeld?«, stammelte sie vor sich hin. Sie tat mir unendlich leid und ich wusste, dass es Zeit brauchen würde, bis sie so weit war, die Tatsachen zu akzeptieren. Ich werde für sie da sein …

Die kleine Hand

Weglaufen möchte ich, die Flucht ergreifen. Doch eine kleine, warme Hand hält mich davor zurück. Sie gehört Marie. Marie aus der Nachbarschaft, mit der ich manchmal etwas unternehme, um ihre Eltern etwas zu entlasten. »Du hast ja ganz kalte Hände, Anne«, stellt Marie nun fest. Der kleine Mensch schaut mich fragend, mit blauen Kulleraugen an und meint dann: »Schau mal, ist der nicht süß? So einen hat mein Onkel auch«.

Der 'Süße' ist ein Schäferhund, das hellbraune Fell ist von einem tiefen Schwarz durchzogen. Buschiger Schwanz, dunkle Schnauze und Ohren, die mehr an einen Wolf als einen Hund erinnern. Er kommt direkt auf uns zugelaufen. Herrchen? Frauchen? Fehlanzeige! Meine Panik verstärkt sich in Sekundenschnelle. Die Knie sind weich wie Watte, in meinem Magen breitet sich ein stechender Schmerz aus und mein Herz rast.

Die Erinnerung aus meiner Kindheit, als ein Hund nach mir geschnappt hat, konnte ich nie ganz aus meinem Gedächtnis streichen. Seitdem hat sich so etwas wie eine Hundephobie entwickelt, lästig aber einigermaßen beherrschbar. Aber nun kommt völlige Panik bei mir auf, denn das Ereignis von damals scheint sich zu wiederholen. Die gleiche Hunderasse, kein Besitzer in der Nähe und ich als Ziel. Dessen bin ich mir sicher, soweit ich überhaupt noch einen klaren Gedanken fassen kann.

Mittlerweile ist der Hund bei uns angelangt. Er streift um uns herum, hechelnd, mit leicht geöffnetem Maul und heraushängender Zunge. Die Zähne sind deutlich zu sehen, was mir einen kalten Schauer über den Rücken jagt. »Wer bist du denn? Und wem gehörst du?«, plappert Marie unbefangen und neugierig drauf los. Mir stockt der Atem, aber unser Gegenüber zeigt sich unbeeindruckt.

»Meinst du, er lässt sich streicheln?«, fragt mich Marie mit zur Seite geneigtem Kopf. »Um Gottes Willen, lass das bloß sein. Wir kennen den Hund doch gar nicht!«, antworte ich mit zittriger Stimme. »Okay laufen wir dann weiter? Vielleicht kommt er noch ein Stück mit«, höre ich das zarte Stimmchen wieder.

Dieser ungebrochene kindliche Optimismus, vor allem aber die wohlig warme Hand in meiner, lassen mich schließlich mutig antworten: »Ja, gehen wir langsam weiter«. Mir scheint fast, dass sich die Wärme von Maries Hand einen Weg in mein Körperinneres sucht, mich beruhigt, mir aber auch Kraft gibt.

Und so setzen wir unseren Weg fort, der Hund läuft tatsächlich hechelnd mit. Es dauert nicht lange, als wir an einem geöffneten Hoftor vorbeikommen. Unser Begleiter steuert geradewegs dieses Anwesen an: Den ersten Aussiedlerhof am Dorfrand, gelegen inmitten der Felder mit den Heuballen, wo keine Menschenseele unterwegs zu sein scheint. Als dann noch ein Pfiff ertönt, schießt er förmlich darauf zu. Wütend möchte ich die Besitzer zur Rede stellen und fragen, was sie sich dabei denken, einen Hund allein in dieser Gegend umherstreifen zu lassen. Doch die letzten Minuten haben mir jegliche Kraft dazu geraubt.

Als später der Vater von Marie die Haustür auf unser Klingeln hin öffnet, erinnern mich meine immer noch watteweichen Knie daran, dass dies alles andere als ein schöner und gemütlicher Spaziergang war. Marie scheint das anders zu sehen. »Papa, er hat fast genauso ausgesehen, wie der Hund von Onkel Klaus«, endet schließlich ihre freudige Erzählung. Ihre Wangen sind von der frischen Luft und der Begeisterung leicht gerötet. »Hast du Anne auch gut beschützt, meine kleine Hundeliebhaberin?«, fragt ihr Papa verschmitzt, nichtsahnend was ich vor kurzer Zeit durchgemacht habe und dass die Situation nicht ganz so entspannt war, wie sie Marie in ihrer Euphorie dargestellt hat.