Café Carl - Gabriele Seynsche - E-Book

Café Carl E-Book

Gabriele Seynsche

5,0

Beschreibung

Ein Buch, dessen Protagonisten eine Clique von Frankfurter Charakterköpfen rund um den legendenträchtigen Wirt Carl bilden - weit mehr als ein Frankfurt-Buch: Wally von Wanecke, Tierärztin und dreifache Mutter, verliert ihren Führerschein, und ihr ohnehin sehr bewegtes Leben scheint vollends aus den Fugen zu geraten. Die zurückhaltende Anwältin Dr. Alwa Möwes trauert um ihre große Liebe. Dennoch beginnt sie eine Affäre mit dem siebzehn Jahre jüngeren Engländer Sebastian. Und die bildschöne, aber undurchsichtige »Hausfrau« Patricia Müller weiß, daß ihr Mann sie betrügt. Unterschiedlicher könnten drei Frauen nicht sein, und auch alle anderen Figuren dieses Romans sind höchst bunte Vögel. Doch eins verbindet sie: ihr Faible für Carl, den charismatischen Inhaber eines legendären Cafés in Frankfurt - willkommen im Café Carl! Auch Carls beschauliches Leben zwischen Tresen und Kaffeehaustischen wird plötzlich durcheinander gewirbelt. Er bekommt verwirrende Informationen über seine Frau Josie, die ihn vor sechzehn Jahren wegen eines anderen Manns verlassen hat.

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Seitenzahl: 487

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Gabriele SeynscheCafé Carl

Gabriele

Seynsche

CAFÉ CARL

Lauter

ganz normal

Verrückte

Roman

 

 

axel dielmann – verlag

Kommanditgesellschaft in Frankfurt am Main

 

 

 

 

© axel dielmann – verlag

Kommanditgesellschaft in Frankfurt am Main, 2012

Alle Rechte vorbehalten

Cover und Satz: Urs van der Leyn, Basel

Gesamtherstellung: CPI books | Claussen & Bosse, Leck

© für das Cover-Foto

Jana Hartmann, Frankfurt am Main

© für das Autoren-Foto Rückseite

Silke Kampfmeier, Frankfurt am Main

www.dielmann-verlag.de

sowie auf der Seite

www.cafe-carl.de

ISBN 978 3 86638 157 5eISBN 978 3 86638 177 3

1. Teil

1. EIGENTLICH WAR ALLES WIE IMMER, ALS WALburga Gräfin von Wanecke, genannt Wally, an einem grauen Novembertag des Jahres 1998 gegen kurz nach zwei mit raumfüllender Vehemenz ins Café Carl stürmte. »Charlie«, rief sie, noch ehe sie die Eingangstür ganz aufgestoßen hatte. »Es ist etwas Grau–en–haf–tes passiert.« Carl, wie immer freitagnachmittags in das Kreuzworträtsel der FAZ vertieft, blickte gelassen auf. Er kannte Wally sehr gut und sehr lange, kannte ihre Katastrophen, ihre Euphorien, ihren lebensbejahenden Pragmatismus und ihre Stehaufmännchenmentalität. Dass sie heute Hiobsbotschaften vor sich hertrug, wunderte ihn nicht, hatte er doch am Morgen in der FAZ-Rubrik Der Sternenhimmel gelesen, Saturn wäre im Anmarsch. Und seit der kurzen Unterhaltung mit Alwa Möwes war er ein wenig beunruhigt. Wenn Alwa recht behielte, würde sicher auch bei seinen Gästen demnächst der ein oder andere Konflikt zu Tage treten. Bei Wally schien dies bereits zuzutreffen.

Alwa Möwes – Spitzname »die Möwe« – war Rechtsanwältin und kehrte fast täglich morgens vor ihren Gerichtsterminen bei ihm ein, um einen Espresso zu trinken. Da Alwa sich sehr gut mit ernsthaft betriebener (ihre Formulierung) Astrologie auskannte, hatte sie ihn aufgeklärt: Saturn, der Bringer der alten Zeiten, so hatte sie gesagt, mache den Menschen das Leben schwer, denn er stelle vor Prüfungen, konfrontiere mit allem, was nicht echt sei, und trenne, was nicht zusammengehöre. Andererseits führe er aber auch zusammen, was zusammengehöre; auch wenn dies seine Zeit brauchen könnte, denn der Saturn bewege sich scheinbar sehr langsam. Er brauche für seine Umlaufbahn um die Sonne immerhin neunundzwanzig Jahre.

Wally von Wanecke, eine schlanke, muskulöse Frau mit rötlichbraunem, kinnlangem Haar und meist grauen Augen, die abhängig von Stimmung und Kleidung manchmal ins schwache Grün changierten, ließ sich ächzend auf die Bank fallen und stopfte sich zwei Kissen in den Rücken.

»Wie immer?«, fragte Carl, schob die FAZ zur Seite und griff zur Jägermeisterflasche.

»Ja bitte, Charlie. Wenn ich ihn jemals gebraucht habe, dann heute.«

Carl trug das Glas mit der tiefbraunen Flüssigkeit an Wallys Tisch und setzte sich zu ihr. »Na, dann schieß mal los!«

»Der Lappen ist weg«, japste Wally. »Es ist ein Desaster.«

»Der Lappen?« Carl hob fragend die Augenbrauen.

»Mein Führerschein, Charlie.«

»Ach so, dein Führerschein«, wiederholte Carl.

»Ja, mein Führerschein. Eingezogen. Konfisziert. Von dieser verdammten grünweißen Fraktion. Weißt du, was das für mich bedeutet?«

»Ich kann’s mir in etwa vorstellen«, sagte Carl. »Was ist passiert?«

Wally stürzte den Jägermeister hinunter, der sie, wie sie gern betonte, bei halbem Preis doppelt so schnell belebte wie Champagner. »Gib mir noch einen, bitte!«

»Noch einen doppelten?«

»Klar. Der Lappen ist ja eh weg. Und mehr als weg geht nicht.« Carl stand auf und füllte ihr Glas erneut. »Ich kann’s dir jetzt nicht erzählen, Charlie«, sagte Wally, als er zum Tisch zurückkam. »Das würde zu lange dauern. Ich habe noch Termine, und draußen wartet mein Fahrer. Aber die Story ist filmreif, das kann ich dir sagen.«

»Dein Fahrer wartet draußen?«, fragte Carl verblüfft.

»Ja, meine Güte, glaubst du, ich könnte meinen Job zu Fuß erledigen? Also wie gesagt …«, das Glas war leer, »… überhaupt keine Zeit. Vielleicht komme ich nachher noch mal kurz. Muss jetzt nach Oberreifenberg. Da steht ein durchgedrehtes Pferd auf der Koppel. Und du weißt ja, gerade bei Pferden …!« Weg war sie, die Wally von Wahnsinn, wie er sie insgeheim, aber durchaus liebevoll nannte. Die dunkelbraune Holztür schlug mit sattem Plong hinter ihr in den Rahmen, der Glaseinsatz vibrierte scheppernd. Carl räumte kopfschüttelnd die Gläser vom Tisch und begab sich wieder hinter den Tresen zu seinem Kreuzworträtsel. »Ach, sein Wettern ist wie üblich: hochbeglückend, tiefbetrüblich …« Im zweiten Teil des zu findenden, langen Wortes tummelten sich in loser Reihenfolge drei »O«. Zusammen mit einem auch bereits vorhandenen »L« kam also ohne Zweifel irgendein »ologe« raus. Natürlich, er hätte längst dahinterkommen können: Meteorologe. Tief befriedigt füllte er die Kästchen, als das silberhelle Lachen von Patricia Müller erklang. Die steuerte auf den Tresen zu und hatte – wie immer – einen (neuen) gut aussehenden Mann im Schlepptau. »Zwei Rauenthaler mit Eis und Zitrone, Carl«, sagte sie im Vorbeigehen. Dann nahm sie mit dem Mann am Tisch neben dem Piano Platz. Dort saß sie immer. Sie bestellte auch immer zwei Rauenthaler mit Eis und Zitrone, und seltsamerweise hatte noch nie einer ihrer Begleiter dagegen protestiert oder einen anderen Wunsch geäußert. Von Patricia Müller wusste man nicht viel mehr als das, was man sehen konnte. Sie war sehr grazil ohne klein zu sein. Bildhübsch auf eine sehr aparte, einprägsame Art. Sie hatte einen sehr hellen, makellosen Teint und gemeingefährlich grüne Augen, aufgrund derer Jürgen und Jürgen, die unzertrennlichen Schwulen, sie auch die Froschkönigin nannten, wenn sie nicht mit leiser Häme von ihr als von dem Fräulein Müller sprachen. Sie kleidete sich auffallend elegant und teuer. Und sie trug einen immer perfekt frisierten und trotzdem zufällig wirkenden schwarzen Lockenkopf, der die Aura nur mühsam gebändigter Energie unterstrich. Patricia Müller war nicht nur entzückend anzusehen, sie benahm sich auch entzückend. So liebenswürdig, höflich und gut erzogen, dass man unwillkürlich Unheil vermutete und sich zugleich dadurch ins Unrecht gesetzt fühlte.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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