Captain Future 6: Sternenstraße zum Ruhm - Edmond Hamilton - E-Book

Captain Future 6: Sternenstraße zum Ruhm E-Book

Edmond Hamilton

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Beschreibung

Ein neues Abenteuer von Captain Future und seinen Futuremen Auf der berüchtigten "Selbstmordstation" testen die besten Piloten – die sogenannten Raketenmänner – die neuesten Raumschiffmodelle. Doch seit einiger Zeit verschwinden die brandneuen Raumfahrzeuge während der Testflüge auf mysteriöse Weise. Um der geheimnisvollen Diebesbande auf die Spur zu kommen, muss Captain Future eines der größten Rätsel in der Geschichte der Raumfahrt lösen und an der Systemrallye teilnehmen: einem mörderischen Rennen durch das gesamte Sonnensystem über alle neun Planeten.

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Neuübersetzung

Edmond Hamilton

CAPTAIN FUTURE 6 – Sternenstraße zum Ruhm

Vorlage für die Übersetzung war der Erstdruck

»Star Trail to Glory«

in CAPTAIN FUTURE MAGAZINE (Frühjahr 1941).

Den Anhang übersetzte Andreas Stöcker

© by Erbengemeinschaft Edmond Hamilton

Mit freundlicher Genehmigung der Thomas Schlück GmbH, Garbsen

© dieser Ausgabe 2018 by Golkonda Verlag GmbH, München · Berlin

Illustrationen: H. W. Wesso

Lektorat: André Taggeselle, Anne-Marie Wachs

Korrektorat: Laura Gutmann

Gestaltung s.BENeš [www.benswerk.wordpress.com]

E-Book-Erstellung: Hardy Kettlitz

Alle Rechte vorbehalten.

www.golkonda-verlag.de

ISBN 978-3-944720-63-0 (Buchausgabe)

ISBN 978-3-944720-64-7 (E-Book)

Inhalt

Titel

Impressum

Inhalt

Vorbemerkung

STERNENSTRASSE ZUM RUHM

1. Kapitel: Selbstmordstation

2. Kapitel: Geheimnis im Weltall

3. Kapitel: Der Mann der Zukunft

4. Kapitel: Die Spur zur Venus

5. Kapitel: Oog wäscht sich rein

6. Kapitel: Raketenspur zur Sonne

7. Kapitel: Im Weltraumpalast

8. Kapitel: Die Interplanetarische Bibliothek

9. Kapitel: Auf dem Kern des Kometen

10. Kapitel: Bei den Raketenmännern

11. Kapitel: Das Rätsel der Leere

12. Kapitel: Die Sage von den Sternen

13. Kapitel: Die Suche des Gehirns

14. Kapitel: Der Zeitbeschleuniger

15. Kapitel: Sternenstraße zum Ruhm

16. Kapitel: Durch das Sonnensystem

17. Kapitel: Des Rätsels Lösung

18. Kapitel: Ein eigenartiger Triumph

VORBEMERKUNG ZUM ANHANG

Under Observation

The Worlds of Tomorrow

Die Futuremen

The Future of Captain Future

Captain Future bei Golkonda

Phantastik im Golkonda Verlag

Vorbemerkung

Wie auch schon die bereits erschienen Bände derCaptain Future-Reihehat es sich der vorliegende sechste Roman der Neuausgabe um Curtis Newton zum Ziel gesetzt, Edmond Hamilton als Klassiker der Science Fiction ernst zu nehmen. Alle Texte werden vollständig und mit größtmöglicher Werktreue ins Deutsche übertragen. Im Original auftretende Holprigkeiten und Widersprüche, die nicht selten den Entstehungsbedingungen der Texte geschuldet sind, werden übernommen. Allerdings bemüht sich die Übersetzung auch, die Eleganz, das gezielt eingesetzte Pathos und die unterschwellige Ironie der Sprache zu erhalten. Edmond Hamilton war einer der Begründer dessen, was wir heute als »Space Opera«, als große Weltraumoper kennen. Er hat diese Form der abenteuerlichen SF nicht nur mit begründet, er hat sie auch zu einem ersten Höhepunkt geführt. Dem möchten wir in jeglicher Hinsicht gerecht werden.

Die Redaktion

STERNENSTRASSE ZUM RUHM

1. Kapitel: Selbstmordstation

Der große sonnengebräunte junge Erdenmann berührte stolz das silberne Kometenabzeichen auf der Brust seiner grauen Weltraumjacke. Es war das Symbol eines Raketenmannes, die höchste Auszeichnung, die ein Weltraumpilot erlangen konnte. Jan Walkers vier junge Gefährten – ein Marsianer, ein Venusier und zwei Merkurianer – trugen alle das Abzeichen. Sie hatten gerade ihre Abschlussprüfungen bestanden und schauten wie Walker erwartungsvoll aus dem Fenster des rasenden Raketenfliegers. Unten lag die unwirtliche, bitterkalte Seite des Merkurs, eine Landschaft, die nie die Sonne zu Gesicht bekam und in der ewige Düsternis herrschte. Dunkle, zerklüftete Gebirge und gefrorene schwarze Ebenen, zerfurcht von gewaltigen Rissen, erstreckten sich in der tiefen Dunkelheit unter den Sternen.

»Sind wir bald am Ziel?«, fragte Jan Walker den schlaksigen Piloten.

»Sie wären nicht so erpicht darauf, die Selbstmordstation zu erreichen, wenn Sie wüssten, welcher Ärger Sie dort erwartet«, blaffte der Saturnier.

»Wir wissen, dass eine ganze Menge Raketenmänner bei diesen Testflügen zu Tode kommen«, gab Walker in ernstem Tonfall zu. »Aber wir haben keine Angst.«

»Ich rede nicht über die Testflüge«, erklärte der Pilot. »Die sind hart genug, aber das ist nur das übliche Risiko eines Raketenmannes. Es geht darum, wie hier Schiffe verschwinden.«

»Schiffe verschwinden?«, wiederholte Ilo, Walkers venusischer Kamerad. »Was meinen Sie damit?«

»Genau das, was ich gesagt habe. Kameraden hier von der Selbstmordstation starten mit einem neuen Schiff zu Geschwindigkeits- und Langstreckentests. Plötzlich finden sie sich einfach im Weltraum schwebend wieder, und das Schiff ist verschwunden. Das ist in letzter Zeit zigmal passiert.«

»Zig neue Schiffe, die verschwunden sind?«, platzte es aus dem verwirrten Jan Walker heraus. »Aber darüber war in den Telenachrichten nichts zu sehen.«

»Natürlich nicht«, grunzte der ältere Raketenmann. »Man will das System nicht in Aufruhr versetzen. Aber es geschieht, und zwar genau so.«

Walker und seine Kameraden sahen einander verblüfft an. Sie wollten unbedingt die zermürbenden Tests bestehen, die darüber entscheiden würden, ob sie zum Testpilot taugten oder nicht, doch ihr glühender Eifer kühlte angesichts dieses unheilvollen Mysteriums deutlich ab.

Der Saturnier bediente vorsichtig die Steuerung und deutete mit einem Kopfnicken nach unten.

»Da ist sie«, murmelte er.

Die Selbstmordstation, bekannt als Zerstörerin von Männern und Schiffen! An diesem Ort, auf der dunklen Kalten Seite des kleinen Merkurs gelegen, wurden Raumschiffe, die in den großen Fabriken in der Zwielichtzone des Merkurs gebaut wurden, gründlichen Tests unterzogen, bevor man sie für sicher erklärte. Nur die besten Piloten konnten die halsbrecherische Aufgabe übernehmen, neue Schiffe zu testen. Jan Walker und seine Kameraden wussten das, und sie blickten gespannt hinunter auf den Ort, an dem sie sich würden bewähren müssen.

Auf der gefrorenen schwarzen Ebene erstreckte sich ein großer Raumhafen, umsäumt von Kryptonlampen. Dutzende von glänzenden neuen Rissman-, Tark- und Kalber-Gleitern parkten an seinem Nordende, und in der Nähe erhoben sich die metalllegierten Baracken und Bürogebäude. Jan Walker spürte den eiskalten Hauch der dünnen Luft, als er und seine Kameraden aus dem Raumflieger stiegen und auf die Büros zumarschierten. Ein kleiner Trupp erfahrener Raketenmänner hatte sich vor den Gebäuden versammelt.

»Ich bin Ka Kardak, der leitende Pilot hier«, polterte ein untersetzter, muskulöser Jovianer. »Ihr seid also die neuen Piloten! Was hat sich das Büro dabei gedacht, einen Haufen Kinder wie euch zu Raketenmännern zu ernennen? Sieht aus, als könnte sich neuerdings jeder einen Kometen an die Brust heften, wenn er nur danach fragt.«

»Wir haben alle Prüfungen der Regierung bestanden, um diesen Status zu erlangen, Sir«, wagte Jan Walker zu erwidern.

»Ihr habt also die Prüfungen bestanden, was?«, knurrte Ka Kardak. »Ist das nicht schön? Ihr habt ein paar Loopings und Weltraumspiralen gedreht, und sie heften euch einen Kometen an. Und jetzt denkt ihr, dass ihr echte Raketenmänner seid. Ihr werdet feststellen, dass dem nicht so ist. Ein Raketenmann braucht Nerven aus Stahl und außerdem Grips. Selbst dann kann er mit Leichtigkeit versagen.«

Ein leises Lachen ging durch die Gruppe älterer Raketenmänner, die zusahen. Ka Kardak zeigte auf den jungen Venusier neben Walker.

»Du da. Siehst du die Rissman Zwölf da auf der Rollbahn?«

»Ja, Sir«, antwortete Ilo verwirrt.

»Flieg mit ihr los und jag mit vollem Schub um den Merkur herum. Und wenn du wieder hier bist, leg eine ordentliche Hochgeschwindigkeitslandung hin.«

Es war einer der Standardtests, der, wie Walker wusste, dazu diente, die Fähigkeit eines Schiffes zu einer schnellen Notlandung zu testen.

»Meinen Sie jetzt sofort, Sir?«, fragte Ilo.

»Natürlich jetzt sofort!«, bellte Ka Kardak. »Denkst du, dass ihr hier eine Woche faulenzen könnt, bevor ihr mit der Arbeit anfangt? Und jetzt hopp hopp!«

Der junge Venusier stellte seine Tasche ab und eilte an den geparkten Schiffen vorbei auf die Rissman Zwölf zu. Der kleine Kreuzer besaß die besonderen langgestreckten Linien, die charakteristisch für alle Rissmans waren, seine zwölf Heck-Raketentriebwerke ragten gebündelt aus dem Rumpf heraus. Walker sah zu, wie sein venusischer Freund in das torpedoartige Gefährt kletterte und sich die Tür schloss. Er vermutete, dass Ka Kardak sie direkt in die Gefahr stürzen wollte, sodass ihnen keine Gelegenheit blieb, Angst zu bekommen.

Die Rissman Zwölf bebte, ihre Zyklotronen brummten. Dann spuckten die gebündelten Heckrohre Flammen, die Kiel-Turbinen feuerten. Sie raste steil davon und verschwand über den Bergen im Westen.

»Guter schneller Start«, grummelte Ka Kardak widerwillig. »Er sollte besser schnell wieder zurück sein.«

Walker spürte sein Herz pochen. Er und die anderen warteten schweigend in der eiskalten Dunkelheit, den Blick ostwärts gerichtet. Schließlich zerriss das hochfrequente Heulen von Raketentriebwerken die dünne merkurianische Luft. Über den östlichen Gebirgskämmen tauchte die Rissman auf. In steilem Sinkflug raste sie auf den Raumhafen zu. Jan Walker hielt die Luft an und atmete erst auf, als die Bugturbinen des herabkommenden Schiffes Flammen ausstießen. Das Schiff verlangsamte seinen Sturzflug.

Schlagartig schien der gesamte Bug der sinkenden Rissman nachzugeben. Das Schiff geriet in schwindelerregendes Trudeln, dann explodierten seine Zyklotronen und es ging in Flammen auf. Es fiel als lodernde Masse jenseits des Raumhafens herunter.

»Rettungswagen!«, brüllte Ka Kardak gegen das Dröhnen an.

Walker hörte Sirenen heulen, sah zwei Rettungsgleiter über den Raumhafen auf das gleißende Wrack herunterschießen.

»Das ist sinnlos, er ist tot«, murmelte jemand.

Es herrschte Totenstille, während die Veteranen und die neuen Raketenmänner auf den lodernden Scheiterhaufen in der Ferne starrten.

»Defekte Träger hinter den Schubverstrebungen der Bugturbinen. Das Schiff konnte den Kräften beim Abbremsen nicht standhalten und hat sich zusammengefaltet.«

»Ilo musste sterben – nur um dieses Schiff zu testen!«, flüsterte ein merkurianischer Kadett.

»Aber sicher doch!«, schnauzte Ka Kardak. »Besser, es erwischt ihn, als später ein ganzes Schiff voller Leute, oder nicht? Wir Raketenmänner sind dazu da, Raumschiffe für andere sicher zu machen. Starte diese Kalber Zwölf und unterziehe sie demselben Test. Nimm bei der Umrundung des Planeten Geschwindigkeit auf und komm mit einer Hochgeschwindigkeitslandung zurück.«

Der dunkelhäutige Merkurianer wurde blass. Er schluckte, machte ein paar Schritte vorwärts und hielt inne. In seinem Gesicht stand die Angst.

»Ich – ich kann das jetzt nicht!«, keuchte er. »Nachdem ich Ilo auf diese Weise habe abstürzen sehen – ich brauche erst etwas Zeit, um mich zu sammeln …«

Ka Kardak packte die Schultern des jungen Merkurianers und riss ihm mit seiner großen grünen Hand das silberne Kometenabzeichen von der Fliegerjacke.

»Du bist raus«, verkündete er. »Melde dich in Solarstadt zurück.«

Der Merkurianer starrte ihn an. »Sie meinen, ich kann als Raketenmann einpacken? Aber, wenn Sie mir nur ein klein wenig Zeit geben würden …«

»Wir haben hier keine Zeit«, polterte Ka Kardak. »Du kannst immer noch Raumpilot sein, aber das Zeug zum Raketenmann hast du nicht.«

Er drehte sich schnell zu Jan Walker herum. »Du, Erdenmann! Bring diese Kalber Zwanzig rauf und mit einer Hochgeschwindigkeitslandung wieder hinunter.«

Walker bekam weiche Knie. Das Wrack von Ilos Schiff hob sich immer noch als lodernder Scheiterhaufen grell vom dunklen Himmel ab. Aber Walker zwang sich, auf das geparkte Schiff zuzugehen. Es wäre besser, gleich hier zu sterben, als das begehrte Abzeichen der Raketenmänner zu verlieren! Er fühlte sich steif und ungeschickt, als er die gedrungene Kalber betrat und die Tür hinter sich schloss. Benommen zog er einen Raumanzug an, wie es für alle Testpiloten vorgeschrieben war.

Er kletterte in den Pilotensitz und bediente den Schalter zur Aktivierung der Zyklotronen, die zu dröhnen begannen. Atomare Energie schoss aus den Heckturbinen zurück, als er die Drosselungen öffnete. Die Lichter um den Raumhafen der Selbstmordstation sanken rasch außer Sichtweite. Walker gab weiter Schub. Die Kalber, fabrikneu und unerprobt, buckelte und taumelte launisch, aber sie raste mit steigender Geschwindigkeit voran.

Walker sah, wie die Kalte Seite unter ihm vorbeisauste. Gefrorene schwarze Ebenen, Spalten und zerklüftete Hügel entfalteten sich mit furchteinflößender Geschwindigkeit. Er jagte westwärts um den Merkur und nahm dabei stetig an Geschwindigkeit auf. Die Kalber schoss kometengleich aus der ewigen Finsternis der Kalten Seite hinein in die Dämmerung der Zwielichtzone, das schmale Band bewohnbaren Territoriums zwischen der Heißen und der Kalten Seite. Im Süden konnte er flüchtig die Lichter von Solarstadt ausmachen, der Hauptstadt, und die Türme der großen Rissman- und Tark-Raumschiff-Fabriken. Dann raste er über die Heiße Seite.

Der blendende Schein der ungeheuer riesigen Sonne brannte auf die bis in alle Ewigkeit versengte Felswüste herab. Fern im Süden erblickte Walker den grauen Schimmer des bizarren Bleimeers. Rings um die Heiße Seite jagte er, erreichte dann die Zwielichtzone und schließlich wieder die Kalte Seite. Mit wahnsinniger Geschwindigkeit flog er zurück zum Raumhafen. Als die Kryptonlampen der Selbstmordstation in Sicht kamen, spürte Jan Walker, wie sich ihm die Nackenhaare aufstellten.

»Dann mal los!«, flüsterte er mit belegter Stimme in seinem Helm.

Eine Hochgeschwindigkeitslandung hinzulegen – mit dem Schiff abzutauchen und die Bugturbinen für ein Bremsmanöver erst in letzter Sekunde anzuwerfen, anstatt sich mit den Kiel-Turbinen langsam absinken zu lassen – war immer gefährlich. Mit einem neuen, ungetesteten Schiff war es mörderisch. Walker war beinahe wieder über dem Raumhafen. Er hielt die Drosselung fest umklammert, schätzte die Entfernungen ab und ließ dann die Kalber direkt nach unten tauchen. Die Rollbahn des Raumhafens stürzte zu ihm empor. Er konnte nicht einmal das schreckliche Kreischen der zerreißenden Luft draußen hören, denn das Schiff flog schneller als der Schall.

»Ah-h-h-h!«, schrie er im Innern seines Anzugs, sodass sich sein Brustkorb und sein Zwerchfell anspannten und nicht durch die Massenträgheit zerquetscht wurden.

Er nahm Schub von den Hecktriebwerken und öffnete die Bremsturbinen. Die Trägheitskraft schleuderte ihn in seinem Gurtzeug nach vorn, die Rückstoßfedern kreischten gequält. Er hörte das Blut in seinen Ohren rauschen und sah nur noch verschwommen. Aber die Kalber beendete abrupt ihren Sturzflug. Sie schwebte, und ihr Heck sank ab. Mit bebender Hand öffnete Walker die Kielturbinen bis zum Anschlag, und das Schiff landete sicher auf dem Rollfeld.

Walker schaltete die Zyklotronen ab, befreite sich aus seinem Anzug und stolperte aus dem Schiff. Seine Ohren dröhnten noch, als er Ka Kardak gegenübertrat.

»Test abgeschlossen, Sir«, meldete er mit schwerer Zunge.

»Was, erwartest du eine Medaille für eine einfache Testlandung?«, brüllte der Jovianer, aber da war ein freundlicher Schimmer in seinen Augen.

Walkers Kameraden führten allesamt Hochgeschwindigkeitslandungen mit neuen Schiffen durch. Ka Kardak gönnte ihnen erst dann eine Pause, als sie alle damit fertig waren.

»Das reicht für heute«, polterte er. »Übrigens richten wir uns hier nach künstlichen Tages- und Nachtzeiten, da die Sonne uns nie erreicht. Walker, du und Yalu, ihr werdet morgen diese Kalber für die Geschwindigkeitstests raufbringen.«

Sie gingen in die großen Baracken. So erschüttert Walker über den Tod von Ilo war, war er doch stolz und begeistert, als er sich mit den erfahrenen Raketenmännern zum Abendessen setzte. Er war jedoch mehr an ihren Geschichten als an seinem Essen interessiert. Die Männer erzählten von gefährlichen Testflügen, von schrecklichen Notfällen in der Leere, von Weltraumrennen und dem Nervenkitzel und den Gefahren dabei.

»Ich gehe davon aus, dass dieses Jahr wieder eine Rissman das Rennen ums System gewinnen wird«, verkündete Losor, ein grauer, neptunischer Raketenmann.

»So sicher bin ich mir da nicht«, sagte der alte Yalu gedehnt, der marsianische Pilot, der ausgewählt worden war, am nächsten Tag mit Walker zusammenzuarbeiten. »Es heißt, das neue Tark-Modell sei schneller als alle anderen, bis auf Captain Futures Komet.«

»Warte nur, bis das Rennen anfängt!«, spottete der Neptunier. »Ich hoffe, ich kriege die Rissman und du die Tark. Du wirst den ganzen Weg lang meine Flammen schlucken.«

Jan Walker hörte, wie draußen auf dem Raumhafen zweimal Schiffe mit dröhnenden Triebwerken landeten. Sie kehrten von Langstreckengeschwindigkeits- und Belastungstestflügen zurück. Die Testpiloten kamen hereinstolziert, um ihre Plätze an den Tischen einzunehmen, und begrüßten die anderen mit lautem Hallo. Doch zwei Stühle am Tisch blieben leer.

»Wo sind Uzbo und Smith?«, murmelte Ka Kardak. »Sie müssten mit diesem Cruh-Cholo-Schiff schon längst wieder zurück sein.«

»Uzbo und Smith wird dasselbe passiert sein wie einer Menge anderer von uns«, sagte Yalu, der alte Marsianer, und dehnte dabei die Vokale. »Wieder ein Schiff, das verschwunden ist.«

»Das macht neun Schiffe innerhalb der letzten drei Tage«, murrte Losor.

Jan Walker spürte das unheilvolle Geheimnis der verschwundenen Schiffe wie ein schwarzes Sargtuch über diesen abgebrühten Raketenmännern liegen. Die jüngeren Piloten schluckten gequält und schoben ihre Teller von sich.

2. Kapitel: Geheimnis im Weltall

Walker warf sich in dieser »Nacht« unruhig in der Koje seiner Baracke umher, während er von unmöglichen Geschwindigkeitslandungen träumte, von Ilos tragischem Tod und von Raumschiffen, die auf mysteriöse Weise verschwanden. Er fuhr aus dem Schlaf hoch. Eine schrille Glocke verkündete den »Morgen«. Nach dem Frühstück trat Walker nach draußen und stellte fest, dass die anderen Raketenmänner bereits zu den Schiffen gingen. Die alltägliche Plackerei der Testflüge begann.

Genau für diesen Zweck betrieben die großen Raumschiffhersteller die Selbstmordstation. Sämtliche großen Fabriken befanden sich hier auf dem Merkur, und die Hersteller trugen gemeinsam die Kosten für diesen einsamen Raumhafen, auf dem sie ihre neuen Schiffe testen lassen konnten.

Walker traf Yalu beim Aufwärmen der Kalber Zwanzig. Der alte marsianische Raketenmann trug bereits den Raumanzug.

»Sind die beiden vermissten Piloten mit ihrem Schiff zurückgekehrt?«, fragte Walker.

Yalu schüttelte den Kopf, auf seinem faltigen Gesicht lag ein trauriger Ausdruck. »Als du schlafen gegangen warst, bekam Kardak einen Televisoranruf von den beiden. Ihr Schiff wurde genau wie die anderen gestohlen. Wie es passiert ist, wissen sie nicht. Sie kamen schwebend im Weltraum zu sich, nach plötzlichem Bewusstseinsverlust. Ein Frachter, der von der Venus zum Merkur unterwegs war, hat sie aufgesammelt. Das zerrt an meinen Nerven. Die Planetenpolizei lässt hier einen ihrer besten Männer ermitteln. Er bekommt einfach nicht heraus, wer dahintersteckt und wie es geschieht.«

Walker stieg in seinen Raumanzug, während Yalu die Tür der Kalber schloss. Auf das Signal des Marsianers hin setzte er sich in den Pilotensitz.

»Also gut, Erdling, bring sie rauf«, befahl der alte Raketenmann. »Wir werden an der Umlaufbahn der Venus vorbeifliegen und von der Schiffsroute in den freien Weltraum abzweigen, und dann lassen wir sie für die Geschwindigkeitstests los.«

Die Zyklotronen der Kalber pochten munter, als das Schiff von der Selbstmordstation abhob. Bald ließen sie den Merkur als schwindende braune Kugel hinter sich und schossen hinaus zum Orbit der Venus. Die Erde war ein heller grüner Stern mit dem Mond als kleinerem, silbernem Begleitstern. Dahinter lagen die großen Tiefen des äußeren Systems. Sie sausten weiter durchs All, bis sie die Umlaufbahn der Venus passiert hatten. Schließlich scherte Walker aus der standardmäßigen Schiffsroute aus.

»Also gut, Erdenmann, dann lass sie mal zeigen, was sie drauf hat«, sagte der alte Marsianer in seiner gedehnten Sprechweise.

Walkers Hand umfasste die Drosselung, aber er sollte nicht mehr dazu kommen, sie zu öffnen. Urplötzlich verschwamm alles um ihn herum. Es war, als würde er mit furchtbarer Geschwindigkeit durch einen heulenden Strudel geschleudert. Langsam nur klärten seine Sinne sich wieder auf. Er trug immer noch seinen Raumanzug, aber er befand sich nicht mehr an Bord der Kalber. Er schwebte im leeren All, und nirgendwo war ein Schiff zu sehen. Entsetzt sah er sich um und erblickte einen anderen Mann, der in der Nähe schwebte. Walker nahm den mobilen Antrieb an seinem Gürtel zur Hand und manövrierte sich selbst auf den alten Yalu zu. Der Marsianer schien ebenso fassungslos wie Walker.

»Unser Schiff – verschwunden!«, keuchte der Veteran und klammerte sich an Walkers Arm. »Sie haben es sich geholt, wer immer sie sind, so, wie sie die anderen geholt haben.«

»Aber wie?«, rief Walker. »Auf einmal war alles völlig verschwommen, und dann – das!«

»Sie müssen irgendeine verfluchte geheimnisvolle Waffe benutzen«, stöhnte der alte Marsianer. »Es ist, als hätten Geister unser Schiff gestohlen! Wir sind nicht weit von der Schiffsroute entfernt, sodass wir möglicherweise gefunden werden. Aber wie sollen wir ein weiteres Schiff als gestohlen melden? Und wie, bei den orangenen Kobolden von Phoebe, machen die das? Wer macht das? Und warum?«

Viele Stunden lang trieben die beiden Männer zusammen im All. Jan Walker hing bitteren Gedanken nach. Sein erster Tag als Raketenmann, und er hatte bereits das wertvolle Schiff verloren, das er testen sollte.

Er war so entmutigt, dass er sich beinahe davor fürchtete, gefunden und zum Merkur zurückgebracht zu werden.

Plötzlich packte ihn Yalu am Arm und zeigte zur Sonne.

»Da ist ein Schiff! Wir werden unsere Antriebsdüsen benutzen, um ein Lichtsignal zu geben.«

Fieberhaft schossen sie helle Flammen aus ihren Antrieben, um die Aufmerksamkeit des schwarzen Flecks zu erregen, den sie vor der Sonne sehen konnten. Der Fleck wurde größer. Das Schiff – eine Garson Sechzehn – hatte gewendet und kam direkt auf sie zu.

Als es neben ihnen stoppte und sie hineingezogen wurden, stellte sich heraus, dass es von dem neptunischen Raketenmann Losor geflogen wurde.

»Hab mir gedacht, dass ihr hier irgendwo in diesem Sektor seid«, erklärte er. »Als ihr nicht wiederkamt, hat Ka Kardak mich losgeschickt, damit ich nach euch suche. Wo ist euer Schiff?«

Jan Walker zuckte bedrückt mit den Schultern. »Es wurde gekapert.«

»Auf die gleiche Weise wie die anderen, Losor«, fügte Yalu hinzu. »Mit einem Mal war alles verschwommen, und dann fanden wir uns frei schwebend im Weltraum wieder.«

»Langsam habe ich genug von diesem Rätsel!«, fluchte Losor. »Drei Schiffe in zwei Tagen – einfach verschwunden! Kein Wunder, dass Ka Kardak vor Wut kocht.«

In Ka Kardak schien es tatsächlich zu brodeln, als er ihnen entgegenlief, um sie nach ihrer Landung auf der Selbstmordstation zu empfangen.

»Bei allen Weltraumtrotteln!«, tobte er. »Lasst euch euer Schiff einfach so klauen – ihr zwei seid wohl eingeschlafen!«

»Nein, sind wir nicht«, verteidigte sich Yalu. »Irgendeine merkwürdige Kraft hat uns erwischt.«

»Pah, dafür sollte ich euch rausschmeißen! Drei der Raumschiffmagnaten sind gerade jetzt hier und setzen mir wegen dieser verschwundenen Schiffe zu. Und Gurney, das Ass der Planetenpolizei, ist auch dabei. Kommt, ihr beiden Dummköpfe!«

Entmutigt folgte Jan Walker dem Jovianer und Yalu in die Stationsbüros. Ein korpulenter Uranier mittleren Alters, gelbhäutig und knopfäugig, kam auf sie zu. Es war Ak Kalber, Chef der Kalber-Schiffsgesellschaft.

»Ihre neue Zwanzig ist verschwunden«, polterte Ka Kardak. »Wurde meinen beiden Männern hier genauso gestohlen wie die anderen.«

»Jetzt reicht es!«, zischte Ak Kalber. »Neunzehn meiner Schiffe sind inzwischen auf diese Art verschwunden, Schiffe im Wert von vielen Hunderttausend Dollar. Es muss etwas dagegen unternommen werden, und zwar schnell!«

Lan Tark, der hochgewachsene, ernst dreinblickende marsianische Tycoon der berühmten Tark-Fabriken, nickte zustimmend. »Kalber hat recht. Wir müssen etwas unternehmen. Wir können diese Verluste von neuen Schiffen nicht mehr verkraften.«

Der dritte Schiffsmagnat war Gray Garson, ein Erdenmensch, dessen Gesicht von tiefen Sorgenfalten durchzogen war. »Ich habe nur sechs neue Schiffe verloren, aber für ein kleines Unternehmen wie meines ist das ein enormer Verlust«, sagte er zerknirscht.

Ak Kalber wandte sich dem vierten Mann im Büro zu, einem grauhaarigen alten Erdenmann in der dunklen Uniform der Planetenpolizei. Er kaute Rial-Blätter und beobachtete alles mit seinen blassblauen Augen.

»Marschall Gurney, es muss etwas unternommen werden, um diese Diebstähle zu stoppen, bevor wir bankrott gehen!«, drängte der Uranier.

Beim Anblick des alten Marschalls fühlte Jan Walker seinen Puls in die Höhe schnellen. Das war also der berühmte Ezra Gurney, langjähriges Mitglied der Planetenpolizei und Kriegskamerad des legendären Captain Future!

»Sie haben immer noch keine Ahnung, wer diese Schiffe stiehlt und warum? Oder wie es gemacht wird?«, fragte Ezra Gurney nachdenklich.

»Ich habe eine Vermutung, jawohl!«, verkündete Ak Kalber. »Ich glaube, diese Testpiloten übergeben unsere neuen Raumschiffe absichtlich an jemanden, und dann kehren sie mit dieser abstrusen Geschichte zurück!«

Jan Walker und Yalu waren empört über diese Anschuldigung. Bevor sie sich aber selbst verteidigen konnten, kam ihnen Ka Kardak zuvor.

»Niemand bezeichnet meine Piloten als Betrüger! Sie sind eine Bande von Hohlköpfen, und ich muss ihnen fortwährend auf die Füße treten, um sie zum Weitermachen zu bewegen, aber sie sind keine Betrüger. Ich werde jedem den Schädel einschlagen, der etwas anderes behauptet!«

»Ganz ruhig!«, beschwichtigte Ezra Gurney den zornigen Jovianer. »Wütend zu werden, hilft überhaupt nichts. Diese Raumschifffabrikanten sind zu Recht verärgert. Sie haben viele wertvolle Schiffe verloren. Und wir von der Planetenpolizei sind bislang nicht in der Lage gewesen, auch nur eins dieser gekaperten Schiffe aufzuspüren, leider. Wenn diese Diebe so weitermachen, werden sie die gesamte Raumschiff-Industrie durcheinanderbringen. Bisher haben wir nicht einmal die geringste Ahnung, wo die ganzen Schiffe hingebracht werden, oder weshalb und wie sie abhanden kommen.«

Der alte Marschall schien einen Entschluss gefasst zu haben. »Ich werde zurück zur Erde reisen und mich mit dem Präsidenten des Systems in dieser Sache beraten. Ich werde ihn bitten, Captain Future zu Hilfe zu rufen!«

»Captain Future!«, rief Kalber. Er wirkte beinahe bestürzt. »Glauben Sie, er würde diesem Geheimnis auf den Grund gehen?«

»Ja, wenn der Präsident ihn ruft, und ich glaube, dass ich den Präsidenten dafür gewinnen kann«, gab Ezra zur Antwort. »Wir können nicht zusehen, wie die komplette Raumschiffindustrie ins Chaos stürzt, ohne etwas dagegen zu unternehmen.«

Gray Garson nickte zustimmend, auf seinem Gesicht zeigte sich wieder ein Hoffnungsschimmer.

»Wenn Captain Future diese rätselhaften Diebstähle aufklären kann, würde er uns vor dem Bankrott bewahren!«

»Selbst wir größeren Herstellerfirmen können diese Verluste nicht lange verkraften«, erklärte Lan Tark, der ehrwürdige Magnat vom Mars. »Rissman, Zamor und die anderen werden neuen Mut fassen, wenn sie hören, dass Captain Future die Sache in die Hand nimmt.«

Ezra Gurney schritt zur Tür.

»Ich werde nach Solarstadt zurückkehren und dann zur Erde starten. Bitte denken Sie daran, außer den anderen Fabrikanten niemandem davon zu erzählen.«

Als Ezra Gurney den Merkur eine Stunde später verließ, wäre er sich der Geheimhaltung weit weniger sicher gewesen, hätte er in einen bestimmten kleinen, fensterlosen Raum hineinsehen können, mit Wänden aus glattem Stein und einer niedrigen Betondecke. Draußen war ein dumpfes Getöse zu hören, aber es war weder möglich, dessen Ursprung zu bestimmen, noch die Lage des Raumes. Unter einer Reihe von hellen Uranitbirnen glühte ein viereckiger, leistungsstarker Televisor. Davor stand eine seltsame Maschine, die auf groteske Weise einem Menschen glich.

Der Maschinenmann stand auf Trägerbeinen, und auch die Arme bestanden aus Metallstreben. Unter seinen Metallrippen befanden sich, eng zusammengezwängt, kompakte Generatoren, Motoren und Zahnradgetriebe. Sein Kopf bestand aus einer großen, quadratischen Metallkiste. Auf der einen Seite hatte sie zwei Sichtplatten, die als Augen dienten. Aus der mundähnlichen Öffnung drang eine tiefe, brummende Stimme. Der Maschinenmann sprach in den Televisor. »Hier spricht Eins. Rufe Vierundvierzig auf der Venusbasis.«

Die mechanische Kreatur, die sich selbst als »Eins« bezeichnete, stand reglos da und wartete auf eine Antwort. Der Televisorbildschirm leuchtete auf. Daraufhin erschien ein weiterer Maschinenmann aus Metall, der Eins glich – bloß dass sein kubischer Kopf oder Gehirnkasten nicht so groß war.

»Hier Vierundvierzig. Was gibt es, Eins?«

»Dein Bericht, Vierundvierzig?«, verlangte Eins.

»Zwei gekaperte Raumschiffe heute«, sagte der andere Maschinenmann. »Eine neue Kalber Zwanzig und eine Zamor Acht. Wir haben sie sicher hier auf der Venusbasis untergebracht.«

»Was ist mit den jeweiligen Raketenmännern?«

»Wir haben sie wie üblich ins Weltall geworfen und dort zurückgelassen«, antwortete Vierundvierzig. »Sie haben natürlich keine Ahnung, wie wir es angestellt haben.«

»Bringt die beiden Schiffe umgehend zur Hauptbasis. Seid noch vorsichtiger als sonst, damit ihr nicht entdeckt werdet, wenn ihr den Merkur erreicht. Die Raketenmänner sind ziemlich aufgebracht, und die Planetenpolizei hat ihre Bemühungen, uns zu fassen, intensiviert.«

»Verstanden«, antwortete Vierundvierzig knapp. »Ich werde sie dorthin bringen.«

Eins schaltete den Televisor aus. Dann schwenkte sein kubischer Metallkopf zur Tür des Raums. Mit lauter, dröhnender Stimme rief er: »Sechs, Fünfzehn!«

Die Tür öffnete sich. Ein schallendes Hämmern drang von dem unbekannten Ort draußen in den Raum herein, als zwei Maschinenmänner eintraten und die Tür schlossen. Sechs und Fünfzehn waren exakte Ebenbilder von Eins, nur dass ihre würfelförmigen Gehirnkästen nicht so groß waren.

»Ihre Befehle?«, fragte Sechs.

»Mir ist zu Ohren gekommen«, brummte Eins, »dass die Planetenpolizei, der es bisher nicht gelungen ist, unsere Aktivitäten aufzudecken, einen bestimmten Erdenmann namens Captain Future zu Hilfe rufen will.«

»Ich weiß nichts von einem Captain Future«, erklärte Sechs.

»Natürlich nicht«, bestätigte Eins. »Aber ich. Er ist nur ein Mensch, doch er kann gefährlich werden, da er ein Meister der Wissenschaften ist und ein unerschütterlicher Verfechter der Systemregierung und ihrer Gesetze. Und seine drei Assistenten, die sogenannten Futuremen, machen ihn noch gefährlicher. Captain Future ist auf dem Erdenmond zu Hause. Wenn der Präsident des Systems die Hilfe dieses Mannes benötigt, ruft er ihn über ein bestimmtes Signal vom Nordpol der Erde aus. Ohne Zweifel wird er Captain Future bald zur Hilfe rufen, um unsere Aktivitäten zu stoppen.«

Weder Sechs noch Fünfzehn gaben einen Kommentar ab, wie es humanoide Wesen getan hätten. Sie standen still da und warteten auf Befehle.

»Es ist unerlässlich«, fuhr Eins fort, »dass Captain Future und seine Assistenten davon abgehalten werden, sich in unsere Pläne einzumischen. Es ist eure Pflicht, dies zu verhindern. Ihr werdet umgehend mit einer sechsköpfigen Mannschaft in unserem schnellsten Schiff zum Mond fliegen. Seid dort, bevor das Signal die Futuremen zur Erde ruft. Ihr werdet Captain Future und seine Assistenten überraschen und mit unseren gewohnten Waffen überwältigen.

Das Überraschungsmoment ist hier der entscheidende Faktor. Wenn dieser Mann erst gewarnt ist, könnte selbst unsere mächtigste Waffe gegen ihn versagen. Sichert ihn und sein Schiff, die Komet, aber tötet weder Captain Future noch seine Männer. An Bord ihres Schiffes befinden sich viele wertvolle wissenschaftliche Geheimnisse über Raumschiffkonstruktionen, die nur er und die Futuremen verstehen. Bringt sie zuerst zur Basis auf der Venus. Ich werde euch darüber informieren, wann es sicher ist, hier zur Hauptbasis zu kommen. Dann werden wir Future oder seine Kameraden dazu zwingen, uns all die Funktionen ihres Schiffes zu erklären. Danach können wir sie töten.«

Sechs und Fünfzehn drehten sich ohne jede weitere Bemerkung um und schritten aus dem Raum. Bald darauf konnte man neben dem gedämpften Klopfen von draußen ein mächtiges Raketentriebwerk aufheulen hören, als ein Raumschiff startete. Der furchteinflößende Meister der Maschinenmänner verblieb reglos dort, wo er stand, mit seinen großen, unergründlichen, künstlichen Augen.

3. Kapitel: Der Mann der Zukunft

Curtis Newton, der junge Weltraumabenteurer, der im gesamten System als Captain Future bekannt war, richtete sich von der Arbeit auf, die ihn in den letzten Stunden intensiv beansprucht hatte. Er betrachtete das Objekt seiner Mühen. Es handelte sich um einen eigenartigen quadratischen, durchsichtigen Kasten, der auf seinem Labortisch stand.

»Endlich fertig!«, rief Captain Future erleichtert. »Möchtest du es jetzt ausprobieren, Simon?«

Eine krächzende Metallstimme antwortete. Sie schien aus dem seltsamen Kasten vor ihm zu kommen. »Gib mir einen Augenblick, um mich mit der Steuerung vertraut zu machen, Curtis.«

»Oh, natürlich«, räumte Curt Newton ungeduldig ein. »Du gehst bei allem immer so furchtbar wohlüberlegt vor. Ich will sehen, wie es funktioniert!«

Wie er so dastand und angespannt wartete, gab Captain Future eine eindrucksvolle Figur ab. Der junge Erdenmann maß über eins neunzig, und sein geschmeidig schlanker Körperbau ließ ihn in seinem grauen Overall noch größer erscheinen. Während er sich mit der Hand durch das widerspenstige, feuerrote Haar fuhr, spiegelten sein gebräuntes, attraktives Gesicht und die klaren, grauen Augen seine Entschlossenheit wider, das Produkt seiner Arbeit zu testen. Curt ähnelte eher einem Kämpfer als einem Wissenschaftler. Aber der große Ring an seiner linken Hand – ein Ring, dessen neun glitzernden Edelsteine in Form von Planeten konstant um ein strahlendes Sonnenjuwel kreisten – wies ihn als den größten Zauberer der Wissenschaften des Systems aus. Das einzigartige Laboratorium auf dem Mond war stiller Zeuge seiner Fähigkeiten.

Auf dem unbewohnten, sauerstofflosen Satelliten befand sich tief unter dem Tycho-Krater ein Labyrinth aus Räumen, Captain Futures Wohnstätte. Die Decke des größten Raums bildete ein großes Glassitfenster, das Ausblick auf den offenen Weltraum bot. Vor der schwarzen Leere hob sich die gewaltige grüne Kugel der Erde ab sowie die blendende Sonne, deren Strahlen sich gleißend in den zahlreichen wissenschaftlichen Geräten und fremdartigen Maschinen im Laboratorium spiegelten.

»Also gut, Curtis, ich bin bereit, den Projektor zu testen«, ertönte die kratzige Stimme aus dem durchsichtigen Kasten auf dem Tisch. »Aber ich wünschte immer noch, du hättest mich nicht dazu überredet.«

»Überleg doch mal, wie praktisch es für dich sein wird, wenn du erst in der Lage bist, dich fortzubewegen, Simon«, argumentierte Captain Future. »Erinnere dich, wie hilfreich es im Fall der sieben Weltraumsteine war, als du den Körper dieser falschen Denkmaschine benutzt hast. Und bedenke nur, wie sehr es dir deine wissenschaftlichen Forschungen erleichtern wird, wenn du selbst Instrumente verwenden kannst.«

»Es stimmt, dass die Mobilität meine Studien erleichtern wird«, gab die metallische Stimme zu. »Das ist der einzige Grund, weshalb ich deinem Vorschlag zugestimmt habe.«

Simon Wright, dessen Reibeisenstimme dort sprach, war einer der größten Wissenschaftler des Systems gewesen. Der nahende Tod hatte es nötig gemacht, sein Gehirn zu entfernen und es in einem Metallkasten unterzubringen, dessen kompakte Pumpen und Filter das Serum zirkulieren ließen, mit dem das Gehirn am Leben gehalten wurde. An der Vorderseite des Kastens waren Linsenaugen auf beweglichen Metallstielen montiert sowie ein Stimmresonator zum Sprechen.

Captain Future hatte gerade die Installation eines neuen Mechanismus im Kasten des Gehirns abgeschlossen. Es handelte sich um einen Projektor, der magnetische Strahlen verschiedener Ordnungen durch die Wände des Kastens werfen konnte. Die Steuerung dieses kleinen Projektors war direkt mit dem Nervenzentrum des Gehirns verbunden.