Carlsen Klartext: Social Media - Isabell Prophet - E-Book

Carlsen Klartext: Social Media E-Book

Isabell Prophet

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Beschreibung

Ein gründlicher Blick hinter die Kulissen der sozialen Netzwerke - gut recherchiert, klar gegliedert und auf Augenhöhe Welche Unternehmen stecken eigentlich hinter Instagram, TikTok und Co? Wie wirkt Social Media sich auf unsere Psyche aus? Kann man sich gegen Cybermobbing schützen? Und wird man als Influencer*in reich? Isabell Prophet erklärt anschaulich und auf Augenhöhe, welche Mechanismen Social Media prägen und geht der Frage nach, wie wir uns selbstbestimmt und sicher im Netz bewegen können. In der preisgekrönten Reihe Carlsen Klartext sind auch die Bände »Fake News«, »Extremismus«, »Klima- und Umweltschutz« und »Schule und dann? Berufsfindung« erhältlich. Carlsen Klartext – Aktuelles aus Gesellschaft und Politik, das uns alle angeht.

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Isabell Prophet – Social Media

Ein gründlicher Blick hinter die Kulissen der sozialen Netzwerke - gut recherchiert, klar gegliedert und auf Augenhöhe.

Welche Unternehmen stecken eigentlich hinter Instagram, TikTok und Co? Wie wirkt Social Media sich auf unsere Psyche aus? Kann man sich gegen Cybermobbing schützen? Und wird man als Influencer*in reich? Isabell Prophet erklärt anschaulich und auf Augenhöhe, welche Mechanismen Social Media prägen und geht der Frage nach, wie wir uns selbstbestimmt und sicher im Netz bewegen können.

In der preisgekrönten Reihe Carlsen Klartext sind auch die Bände »Fake News«, »Extremismus«, »Klima- und Umweltschutz« und »Schule und dann? Berufsfindung« erhältlich.

Carlsen Klartext – Aktuelles aus Gesellschaft und Politik, das uns alle angeht.

Wohin soll es gehen?

  Buch lesen

  Vita

Wer sind wir ohne Social Media?

Wer uns Menschen des 21. Jahrhunderts wirklich gut kennenlernen will, der muss ins Internet schauen. Es steht alles da: Hobbys, Wünsche, Sehnsüchte. Freundschaft, Liebe, Familie. Ziele. Ängste. Die Ratlosigkeit des Alltags, die Hoffnungen, die Ideale. Wer die Gesellschaft erforschen will, der wird online bestens mit Daten und Geschichten versorgt.

Aber was bleibt, wenn das Internet nicht mehr da ist? Denken wir einmal 2000 Jahre in die Zukunft. Wie wird man sich an uns erinnern? Vielleicht ist es ein neues Zeitalter.

Stellen wir uns Folgendes vor: Unsere Gesellschaft wird irgendwann zwischen heute und diesem Tag in der Zukunft zerstört, vielleicht durch Krieg, vielleicht durch das Wetter oder eine Pandemie. (Natürlich gibt’s eine Handvoll Überlebender, sonst würde diese Geschichte ja nicht funktionieren.)

Niemand wartet mehr die Atomkraftwerke; sie zerstören sich schließlich selbst. Niemand steuert die Stromleitungen, sodass die erneuerbaren Energien nicht helfen.

Eine Weile blinkt es noch in den Rechenzentren dieser Welt. Aber die Akkus leeren sich. Irgendwann zersetzen sich DVDs. Festplatten verlieren ihre Speicherkraft, USB-Sticks ebenfalls. Wasser dringt ein. Was einst das Gedächtnis unseres Alltags war, beginnt zu rosten.

Bald schon ist nichts mehr übrig. Und wenn unsere Zivilisation zusammengebrochen ist, fangen die Überlebenden neu an.

Was werden ihre Nachfahren der Zukunft also von uns finden? Mit sehr viel Glück entdecken sie erhaltene Bücher, Notebooks, Hanteln. Sie könnten Skateboards finden, Fahrräder, Autos, Motorräder. Auf E-Scootern kleben Aufkleber mit Instagram-Namen. In den Büchern steht etwas von »Chat-Nachrichten«. Auf dem Notebook finden sie vielleicht einen Aufkleber mit dem Hashtag #yolo. Vielleicht werden sie irgendwann auf einen Keller stoßen, in dem sie Smartphones entdecken. Vielleicht gelingt es ihnen sogar, die alten Geräte lesbar zu machen.

Aber sie werden keine Daten finden. Keine TikTok-Stories, keine WhatsApp-Chats. Alle digitalen Zeugnisse unserer Kultur sind für immer verloren. Wir werden nichts davon hinterlassen.

Wer sind wir ohne unsere Daten? Ohne Chats und Videos und Selfies und Sprachnachrichten? Die Wissenschaft der Zukunft wird vielleicht mit ähnlichen Methoden arbeiten wie die der Gegenwart: Anhand von Bauten, Gegenständen, Skeletten und Dokumenten wollen sie herausfinden, wie wir gelebt haben. Und Dokumente sind dabei entscheidend. Von den Sumerern hat man Tafeln mit Keilschrift gefunden. Die Ägypter hinterließen Schriftzeichen, gemeißelt in die Wände der Gräber ihrer Mächtigen. Die bislang ältesten bekannten Schriftzeichen entdeckte man im heutigen Bulgarien, wahrscheinlich sind sie um die 5000 Jahre alt.1

Meist zeigen solche Aufzeichnungen nur Handelsdaten oder das nicht ganz realistisch dargestellte Leben der Herrschenden. Handschriften gelten als authentischere Zeugnisse. Von der Kultur der Maya wissen wir zum Beispiel nur wenig; westliche Eroberer zerstörten vor knapp 500 Jahren sämtliche Handschriften – bis auf vier. Was bleibt, sind Steinmetz-Arbeiten in Tempeln. Doch was verraten sie uns über den Alltag?

Quasi nichts.

Und wir? Uns wird es ergehen wie den Maya: Wir werden ein Rätsel sein.

Jede Gesellschaft definiert sich durch ihre Kommunikation. Wie wir uns verständigen, entscheidet darüber, wie wir zusammenleben. Es bestimmt, was wir über die Menschen um uns herum erfahren und wem und wie vielen anderen wir sagen können, was wir zu sagen haben.

Ohne Soziale Netzwerke sind wir anders. Das gilt auch für jene, die sie bewusst ablehnen, denn Social Media prägt unsere Kultur. Wer sind wir ohne Social Media?

Wer Menschen verstehen will, der muss sich anschauen, was sie einander bei WhatsApp schreiben, welche Bilder sie bei Instagram mit einem Herzchen markieren und zu welchen TikTok-Clips sie tanzen. Soziale Netzwerke kennen ihre Nutzenden besser, als ihre engsten Freund*innen sie kennen. Mit »Gefällt mir«-Angaben, mit Scrollen, sogar mit einem langen Blick verraten Nutzende den Apps, was sie manchmal noch nicht einmal sich selbst verraten haben.

Soziale Netzwerke sind das prägende Medium unserer Zeit. Zuvor war Massenkommunikation etwas, das nur jenen mit Macht möglich war: Journalismus, Politik, Wirtschaft, Sport, Kunst und Kultur – wer hier erfolgreich war, der wurde gehört.

Durch Social Media wissen wir heute, dass wir nicht allein sind. Was immer eine Person gerade beschäftigt – im Netz findet sie andere, denen es genauso geht. Sie findet Beistand. Sie findet Lösungen oder moralische Unterstützung und sie erlebt: Was ich gerade fühle, das fühlen andere auch.

All dies war nur eine Generation zuvor vollkommen undenkbar. Wer bis zur Jahrtausendwende Teenager war, war mit seinen geheimsten Sorgen vergleichsweise allein.

Jungen Leuten, Frauen und Minderheiten hörte kaum jemand zu. Wie ein Teenager in Indien oder eine Mutter in Lateinamerika ihr Leben erlebten, erfuhr bei uns niemand. Polizeigewalt gegen Schwarze wurde – wenn überhaupt – lokal diskutiert. Der weltweite Aufschrei blieb aus. Und wenn eine Frau sich gegen sexuelle Belästigung gewehrt hat, entschieden in der Regel Männer, ob die Öffentlichkeit davon erfuhr und wie die Geschichte erzählt wurde. Frauen bekamen dabei wieder und wieder eine Mitschuld zugesprochen. Erst seit Frauen sich gemeinsam dagegen wehren, ändert sich die Wahrnehmung.

Traditionelle journalistische Medien bezeichnet man deshalb auch als »Gatekeeper«, also Torwächter oder Türsteher. In einer idealen Welt wäre das nicht schlimm: Unterscheiden sich Medien in ihrer Haltung und arbeiten in einer Redaktion Menschen mit verschiedenen Hintergründen und Erfahrungen, dann werden auch viele Perspektiven berücksichtigt. Redaktionen streben inzwischen danach, so divers zu werden. Nur sind sie es eben noch nicht. Social Media kann das besser: In der Bewegung #metoo konnten sich zum Beispiel viel mehr Frauen äußern. Schauspielerin Alyssa Milano machte den Hashtag bei Twitter bekannt; bald berichteten viele Medien. Das Europäische Parlament traf sich zu einer Sitzung, weil es auch Vorwürfe gegen Mitglieder gab.2 International traten mehrere Politiker zurück, Schauspieler verloren ihre Rollen in Serien.

Früher galt: Wer mächtig war, erreichte viele.

Immer gilt: Wer viele erreicht, hat Macht.

Heute könnten wir Social Media als Demokratisierung der Massenkommunikation verstehen: Alle Macht dem Volke. Die Netzwerke sind die Technologie, die jedem und jeder die Chance gibt, gehört zu werden und die Welt zu verändern. Vielleicht gibt es sogar gerade ein Nachrichtenereignis, das von Sozialen Netzwerken geprägt ist: eine Wahl, Proteste in der arabischen Welt oder vielleicht eine Aktion, die auf die Bedürfnisse von Minderheiten aufmerksam machen soll, auf Ungerechtigkeiten oder auf Ideen für ein besseres Leben.

Social Media ist also groß, in jedem möglichen Wortsinn. Was im Netz passiert, was wir posten und erzählen, was wir uns anschauen, das prägt unsere Gesellschaft und es prägt jede Einzelne und jeden Einzelnen von uns.

Das alles klingt fantastisch. Aber es gibt Schattenseiten: Hass und Gewalt, Selbstzweifel, Neid, Einsamkeit – auch diese Dinge fördert die moderne Massenkommunikation. Gleichzeitig gilt, dass Social Media grundsätzlich freiwillig ist. Doch für viele bedeutet die Abstinenz, dass sie von Debatten ausgeschlossen sind. Sie verpassen etwas, wenn sie nicht online sind. Es gibt einen gewissen Druck, dabei zu sein.

Dieses Buch erklärt verschiedene Aspekte von Social Media. Es geht darum, wie die Unternehmen hinter den Apps ticken und welche Interessen sie verfolgen. Es erklärt, was die Nutzung mit der Psyche macht. Es thematisiert Mobbing und Cyberkriminalität. Und es zeigt auf, wie Menschen Social Media nutzen, statt sich benutzen zu lassen. Fachbegriffe und Konzepte stehen im Text, zum Beispiel aus der Wirtschaftswissenschaft und Psychologie. Ganz hinten findest du zusätzlich eine Übersicht mit wichtigen Begriffen und Erläuterungen.

»Klartext: Social Media« gibt das Hintergrundwissen, um selbstbewusst in Social Media zu kommunizieren. Es hilft zu verstehen, welche Kräfte am Werk sind, wenn sich jemand schlecht fühlt wegen der Postings anderer oder wegen ihrer Reaktionen. Und es erzählt von Menschen, die Social Media für ihre Ideale nutzen.

Wir alle wollen selbstbestimmt und frei leben und genau so auch im Netz unterwegs sein. Wer weiß, welche Mechanismen Social Media prägen, der kann sich einen Weg schaffen, dieses Ideal zu leben.

1.  Die Grundlagen

Soziale Netzwerke verbinden Menschen. Wir teilen Geschichten und Bilder aus unserem Alltag, verabreden uns, verschicken Informationen oder drücken unsere Gefühle aus. Sie sind Apps, die wir auf unseren Smartphones öffnen – und darin wartet fast immer eine Überraschung.

Das erste Kapitel erklärt, was genau Soziale Netzwerke sind, welche Plattformen derzeit gängig sind, wer darin aktiv ist, wie und wofür sie genutzt werden und wie viele Menschen aktiv sind. Es schließt mit einer Timeline der Plattformen, beginnend mit ersten Vorläufern in den 1980er-Jahren, (vorläufig) endend mit TikTok.

Alltag Social Media: Wie wir heute leben und kommunizieren

Freundschaft ist online. Soziale Netzwerke verraten uns jeden Tag Neues von den Menschen um uns herum. Display entsperrt, App angetippt – und schon ist jemand da, der etwas zu erzählen hat, der zuhören mag oder Ablenkung vom Alltag bietet. Soziale Netzwerke sind ein Schmiermittel des Lebens. Und sie versprechen, dass wir niemals wirklich allein sein müssen. Wer will, kann heute noch jemanden kennenlernen, der auf der anderen Seite des Planeten lebt. Wir können etwas über das Leben anderer erfahren und uns an Lebensformen herantasten, die uns neugierig machen.

Social Media bringt uns zusammen und trennt uns wieder: Wir verabreden uns. Oder wir sagen nach einem langen Tag das Treffen wieder ab – und dann chatten wir lieber, schicken einander Sprachnachrichten, Bilder oder Videos, mal selbst aufgenommen, mal von anderen geteilt. Wir tanzen in Reels oder TikTok-Clips, wir zeigen, was wir können, und wir erzählen, was uns bewegt. Social Media ist ein sehr lebendiger Teil unserer Alltagskultur.

Das alles kann Social Media sein1:

Chat-Apps                        Chats & Foren in Online-Spielen

        Video-Apps            Bilder-Communities            Foren

    Plattformen für Bookmarks            virtuelle Welten

                Lernplattformen            Dating-Apps

        Netzwerke in Unternehmen oder Vereinen

Nachrichten-Boards    Kommentarspalten        Blogs

… und generell alle Orte im Internet, an denen Menschen kommunizieren

Du kennst vielleicht:

Social Media

»Social Media« wird meistens mit »Soziale Netzwerke« übersetzt. Aber mit diesem Begriff ist noch nicht viel gesagt. »Zwischenmenschliche Kommunikationsmittel« wäre die direktere Übersetzung. Das klingt sperrig, verrät aber mehr: Hier handelt es sich um Plattformen, die die Kommunikation zwischen Menschen erlauben.

Der Begriff der »Plattformen« hat sich für Soziale Netzwerke etabliert, weil sie oft als Abspielort genutzt werden, zum Beispiel im Journalismus oder von Influencer*innen und Unternehmen.

Ein »Medium« ist ein »vermittelndes Element«. Es kann also die Plattform selbst sein oder der einzelne Beitrag: Textnachrichten, Videos, Bilder und Sprachnachrichten sind gängig.

Unter Social Media verstehen wir in der Regel Apps oder Webseiten, auf denen wir eine oder mehrere Personen erreichen. Sie sind also eine moderne Form der Massenkommunikation: Ein Beitrag wird einmal erstellt, viele Menschen können ihn sehen oder hören.

Kommunikation ist also jederzeit möglich. Niemand muss mehr das Haus verlassen und zur Nachbarin gehen. Anrufe ohne Vorwarnung sind nicht mehr nötig, vielen gelten sie sogar als unhöflich. Früher spürten Menschen eine innere Hürde, andere vielleicht zu stören. Diese Hürde ist nicht gänzlich verschwunden, sie ist aber bedeutend kleiner geworden. Kommunikation über Text- oder Sprachnachrichten ist aus der Sicht der Person, die sendet, nur eine Anfrage. Social Media ist asynchron: Man kommuniziert nicht unmittelbar und zwingend in Echtzeit, sondern kann zeitversetzt daran teilnehmen. Das fühlt sich für viele Menschen erleichternd an, weil sie Zeit haben, sich eine Antwort zu überlegen. Andere fühlen sich unter Druck gesetzt, weil Anfragen jederzeit kommen können.

Social Media hebt so die Bedingungen auf, die Zeit und Raum an Freundschaften gestellt hatten. Wir müssen nicht an einem Ort sein, um einander nahe zu sein. Wir müssen nicht gleichzeitig Zeit haben, um einander zuzuhören. Wo ein Wille ist, da fehlt nur noch das Internet. Freundschaft und Nähe werden leichter, weil Social Media ein Werkzeug für Verbundenheit ist.

Mit dem Aufstieg der Sozialen Netzwerke hat sich die Sprache verändert. Es begann in SMS, die früher auf 160 Zeichen begrenzt waren. HDGDL stand für »Hab dich ganz doll lieb«, ILD für »Ich liebe dich«, CU kurz für »see you«. Bald kamen Emojis dazu, zunächst getippt als :), später als kleines Bild. Heute sind auch GIFs normal, also eine Folge von Bildern, die sich zu einem bewegten Clip zusammenfügen. Einige Menschen erstellen Memes (gesprochen: Miems), die mitunter unzählige Male geteilt werden.

Die Geschichte der Memes

Memes sind Bilder oder GIFs, manchmal mit kurzen Texten, die als Running Gags im Internet gepostet werden. Sie tauchen bereits seit der Mitter der 1990er-Jahre im Internet auf. Damals wurden sie vor allem über Foren verbreitet. Mit dem Aufstieg von Facebook und Twitter wurden Memes massentauglich. Im Netz entstanden Meme-Generatoren, also Webseiten, auf denen die Nutzenden selbst Bilder und Texte kombinieren konnten.

Bekannte Beispiele sind das »jealous girlfriend meme«, auf dem ein Mann einer Frau hinterherschaut, während seine Freundin empört guckt, oder das »disaster girl«: ein kleines Mädchen, das verschwörerisch in die Kamera blickt, während hinter ihr ein Haus in Flammen steht. Zoë Roth – das Mädchen im Bild – verkaufte das Original des Bildes später für umgerechnet rund 460000 Euro.2 Dafür nutzte sie die NFT – Non-fungible Token. Sie sind eine Art digitaler Besitzurkunde. An künftigen Verkäufen wird Roth übrigens mit jeweils zehn Prozent beteiligt.

Im Trend liegen gerade die sogenannten »Dank Memes«.3 Sie zeigen oft schlechte Bildqualität. Im Text sind sie entweder so zugespitzt, dass ihre Aussage ironisch verstanden wird oder unsinnig wirkt.

Auch Personen des öffentlichen Lebens werden immer wieder zu Memes, zum Beispiel im Jahr 2021, als sich nach der Bundestagswahl die Politiker*innen Annalena Baerbock und Robert Habeck mit Christian Lindner und Volker Wissing für erste Gespräche über eine Zusammenarbeit trafen. Markus Söder, der bayerische Ministerpräsident, ist ebenso ein beliebtes Motiv der Memes. Oft nutzen Menschen die lustigen Bilder auch, um Reichweite für ein politisches Statement zu generieren.

Smartphones sind nur Geräte, Apps sind nur Software. Aber sie sind die Verbindung zu den Menschen, die uns am Herzen liegen. So begleiten sie uns emotional durch den Alltag. Inspiration in Videos und Fotos, Musik und Texten, persönliche Nachrichten oder Informationen aus der Welt sind jederzeit verfügbar.

Mit diesem Versprechen sind die Apps zur Gewohnheit geworden: Wer auf der Toilette sitzt, der schaut automatisch aufs Display. Wer an etwas arbeitet, seien es Hausaufgaben oder ein berufliches Projekt, der greift immer wieder zum Telefon. Die Geräte und die installierten Apps fangen den gedanklichen Leerlauf auf.

Das funktioniert so gut, weil mobiles Internet an den meisten Orten in Deutschland schnell genug dafür ist.4 Eine schnelle Internetverbindung ist also kein Luxus, sondern die Grundlage dafür, dass Menschen mit anderen Menschen kommunizieren können, über die Nachrichtenlage informiert bleiben und sich selbst mitteilen können. Kommunikationstechnologie ist ein entscheidendes Instrument der Demokratie – und der Unterhaltungsindustrie. Deshalb wird sie immer wieder weiterentwickelt, um mit den Anforderungen der Gesellschaft mitzuhalten. Und deshalb kämpfen ländliche Gegenden mit so viel Nachdruck darum, Zugang zu schnellen Verbindungen zu bekommen. Es ist ihre einzige Chance, am vernetzten Alltag teilzunehmen.

FRAGEN?

1. Gefällt es dir, jederzeit erreichbar zu sein?

2. Wie gehen deine Eltern mit Social Media um? Wie findest du ihr Verhalten?

Alle da? Fast: Zahlen und Fakten über Social Media

96 Prozent der 12- bis 19-Jährigen in Deutschland haben ein Smartphone

73 Prozent haben Computer oder Laptop (Mädchen 71, Jungen 75*)

Minuten online pro Tag: 204

*  Die Quelle der Daten geht bislang von einem rein binären Geschlechtsmodell aus.

Diese Apps nennen Jugendliche als die wichtigsten:

Diese Apps werden genutzt:

Mehr erfahren?

Wenn du die Statistiken zu Internet- und Social-Media-Nutzung spannend findest, dann schau dir die JIM-Studie an: Unter dem Titel »Jugend, Internet, Medien« untersuchen Wissenschaftler*innen des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest (MPFS), wie junge Menschen sich im Netz bewegen, welche Geräte und Plattformen sie nutzen, wie sie sich informieren und wie sie kommunizieren.5 Die Studie erscheint jedes Jahr im späten Herbst mit neuen Daten.

www.mpfs.de

FRAGE?

Hast du manchmal das Gefühl, etwas zu verpassen, weil du auf einem bestimmten Netzwerk nicht aktiv bist?

Die Apps und wer hinter ihnen steckt

Tippen wir eine App an, dann bekommen wir nicht viel davon mit, was im Hintergrund passiert. Wir sehen Beiträge von Freund*innen. Wir sehen Posts von Redaktionen oder Unternehmen und Marken, denen wir folgen. Und wir sehen Werbung. Diese Werbung ist das erste Anzeichen dafür, dass hinter der App eben noch mehr steckt. Denn für eine gigantische Zahl von Menschen ist Social Media ein Beruf. Einige programmieren die Apps, andere legen Strategien fest, um die Plattformen attraktiv zu halten oder einen Account wachsen zu lassen.

Im Zentrum stehen die Konzerne hinter den Sozialen Netzwerken. Lange gab es das Missverständnis, Menschen seien die Kundschaft. Unternehmerisch betrachtet stimmt das aber nicht. Die Aufmerksamkeit der Nutzenden ist die Ware, die sie anbieten. So verdienen die Konzerne ihr Geld:

1. Menschen verbringen möglichst viel Zeit auf ihren Plattformen.

2. Dabei sehen sie Anzeigen –

3. und klicken sie an. Damit verdient die Plattform Geld.

4. Dann kaufen sie ein Produkt oder eine Dienstleistung. Damit verdient das werbende Unternehmen Geld.

Social-Media-Konzerne verdienen ihr Geld unter anderem mit den sogenannten Impressions: Wird eine Anzeige gezeigt, dann zahlt der oder die Werbetreibende dafür. Ein anderes Modell sind die Klicks, auch für sie wird bezahlt. Deshalb haben Facebook, Instagram und Co. ein Interesse daran, den Nutzenden möglichst viele Anzeigen zu zeigen, die zum Klick oder zum Kauf anregen.6

Für Menschen, die Inhalte erstellen und posten, sind diese Signale ebenfalls wichtig. Die Content Creators posten Beiträge, um Geld zu verdienen. Wenn ein Beitrag oft angesehen wird, dann zeigt die Plattform ihn anderen, ähnlichen Nutzenden an. Dieser Effekt wird durch Likes, Herzchen und Direktnachrichten verstärkt.

Content Creator

»Content Creators« sind Menschen, die Social Media zum Beruf gemacht haben. Sie erstellen Inhalte, also Videos, Fotos oder Text gezielt für die Plattform und die Menschen, die sie nutzen. Mit ihren Posts wollen sie eine möglichst hohe Reichweite erreichen. Der etwas neutralere Begriff der »Creators« löst dabei die »Influencer*innen« ab. To influence bedeutet beeinflussen – und das wird zunehmend negativ verstanden. Wer eine hohe Reichweite nachweisen kann, kann höhere Preise verlangen. Es gibt außerdem immer wieder Förderprogramme oder Kampagnen, mit denen die Social-Media-Konzerne die »Creators« unterstützen. In Kapitel 2 steht mehr über ihre Arbeit.

Auch wer keine Inhalte erstellt, ist wichtig für die Plattformen. Die Aufmerksamkeit der passiv Nutzenden ist Teil der Währung auf Social Media, denn auch sie sehen Anzeigen oder zählen zur so genannten Reichweite.

Es liegt im natürlichen Interesse der Konzerne, dass ihre Apps möglichst viele Menschen begeistern. Soziale Netzwerke sind so attraktiv, weil kluge Mechanismen dafür sorgen, dass Nutzende das sehen, was sie interessant finden. Diese Mechanismen heißen Algorithmen und sie werden immer wieder angepasst, um Unternehmenszielen zu dienen und die Apps für die Nutzenden attraktiv zu gestalten.

Im Idealfall gewinnen dabei alle: Die Unternehmen, weil sie Geld verdienen. Und die Nutzenden, weil sie eine nützliche und inspirierende App haben. (Warum es dabei aber Fallstricke gibt, liest du in den folgenden Kapiteln.)

Ein Algorithmus ist eine Formel, mit der eine Rechenoperation durchgeführt wird. Er gibt also klare Anweisungen.7 Vergleichbar ist er mit einem Kochrezept: Mehrere Arbeitsschritte führen zu einem Ziel. Die Informationstechnik benutzt Algorithmen, um einer Software zu sagen, was sie tun soll. Der Algorithmus teilt der App mit, wie sie den Newsfeed darstellen soll.

Was nach einer gerechten, objektiven Formel klingt, hat sich in der Praxis immer wieder als Problem erwiesen. Algorithmen können gezielt mit Daten gefüttert werden, sodass sie zum Beispiel fremdenfeindlich agieren. Das geschah, als Microsoft seinen Twitter-Bot »Tay« ins Netz stellte. Tay plapperte nach, was echte Menschen ihr digital erzählten – und wurde ein Multiplikator für Hass.8

TikTok braucht etwa 30 Minuten, bis es sich vollständig auf die Interessen einer Person eingestellt hat. Dafür registriert die App, welche Videos angeschaut werden und welche nicht. Der Algorithmus testet dann Beiträge, die auf Interesse stoßen können. Nach etwa 30 Minuten werden nur noch selten Videos angezeigt, die aus anderen Bereichen stammen.9 Insbesondere die Abspieldauer ist dabei wichtig. Es entscheiden also nicht die Likes, sondern die Zeit, die Menschen mit einem Beitrag verbringen.10

Das sagen die Macher*innen

Inhalt

Cover

Isabell Prophet – Social Media

Wohin soll es gehen?

Wer sind wir ohne Social Media?

1. Die Grundlagen

Alltag Social Media: Wie wir heute leben und kommunizieren

Alle da? Fast: Zahlen und Fakten über Social Media

Die Apps und wer hinter ihnen steckt

Timeline: Das Zeitalter der Plattformen

Zensur? Findet statt

To-Go: Social Media verstehen

2. Die Geschäfte

Wie wird man eigentlich Milliardär?

Die Unternehmen hinter den Apps

Meta, Alphabet, ByteDance

Die Zukunft: Alles virtuell?

Die Stimme des Volkes: Heute kaufe ich eine Wahl

Das Geschäft der Personenmarken

To-Go: Hinter Sozialen Netzwerken stecken Unternehmen mit eigenen Interessen

3. Die Psyche

Allererste Hilfe

Fragen zu deiner Social-Media-Nutzung

Tipp mich an: Wie Anreiz & Belohnung funktionieren

Warum scrolle ich eigentlich noch?

Ging schon mal besser: Wie Social Media und Unglück zusammenhängen

Der Wert des Leids: Unsicherheit macht uns konsumfreudig

Keine Zeit zum Denken: Das Gehirn braucht Leerlauf

Wo ist all die Zeit geblieben?

Nicht mehr allein: Die große Chance in Social Media

To-Go: Bewusste Nutzung macht Social Media besser

4. Die Kriminalität

Die Geschichte von Amanda Todd

Cybermobbing

Hass im Netz

Gemeinsam gegen Cybermobbing und Hass im Netz

Cybergrooming

So schützt du dich und andere vor Cybergrooming

To-Go: Lasst Opfer nicht allein

5. Die Freiheit

Social Media als Sprachrohr für eine bessere Welt

Reichweite erzeugen für mehr Selbstbestimmtheit

Von der Idee zum Unternehmen

Wer willst du heute sein?

Ein Sprachrohr für leise Menschen

Wie du bekannt machst, was alle wissen sollten

Revolution online?

Mitreden in der Politik? Versuch’s doch mal im Internet

Social Media als Beruf

6. Bewusster online und freier leben

Was du tun kannst

Haben wir das Recht, zu schweigen?

Bewusster online & freier leben

Begriffe

Quellen

Isabell Prophet

Impressum