Chain-Gang All-Stars - Nana Kwame Adjei-Brenyah - E-Book

Chain-Gang All-Stars E-Book

Nana Kwame Adjei-Brenyah

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Beschreibung

Dies ist die ungeheuerliche Geschichte der beiden Häftlinge Loretta Thurwar und Hurricane Staxxx, die als moderne Gladiatorinnen jeden Tag aufs Neue in einen Kampf auf Leben und Tod getrieben werden. Amerika in naher Zukunft. Loretta Thurwar und Hurricane Staxxx sind die Stars der "Chain-Gang All-Stars". Sie sind zu lebenslanger Haft verurteilt, aus der es nur einen Ausweg gibt: Als moderne Gladiatorinnen kämpfen sie mit einer Sense und mit einem Hammer bewaffnet auf Leben und Tod gegen andere Straftäter – und das ganze Land fiebert am Bildschirm mit. Wer den Gegner tötet, steigt in der Rangordnung auf und nähert sich von Staffel zu Staffel dem ultimativen Ziel: der Freiheit. Nichts scheint Loretta und Hurricane aufhalten zu können. Doch dann entschließt sich die Regie, die Regeln zu ändern, um dem tobenden Publikum etwas nie Dagewesenes zu bieten. Auf der Shortlist für den National Book Award 2023

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Seitenzahl: 603

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Nana Kwame Adjei-Brenyah

Chain-Gang All-Stars

Roman

Aus dem Englischen von Rainer Schmidt

Hoffmann und Campe

Für meinen Dad, der gesagt hat:

»Nichts ist wirklich vergleichbar damit, jemandem in Not zu helfen,

nichts ist so ganz vergleichbar damit.«

Ich hoffe, das Universum liebt dich heute.

– Kendrick Lamar

Inhalt

Die Befreiung der Melancholia Bishop

Sie spürte ihre Augen, die Augen all dieser Henker.

»Willkommen, junge Lady«, sagte Micky Wright, der erste Ansager von Chain-Gang All-Stars, dem Kronjuwel im Unterhaltungsprogramm des Strafvollzugs. »Willst du uns nicht sagen, wie du heißt?« Seine hohen Stiefel standen im Gras des Schlachtfelds, das lang gestreckt und grün dalag, gestreift von kokainweißen Markierungsstreifen wie ein auseinanderlaufendes Footballfeld. Es war das Superbowl-Wochenende, eine Tatsache, die Wright zwischen den Spielen des Abends vertraglich festgelegt jedes Mal erwähnen musste.

»Sie wissen, wie ich heiße.«

Sie bemerkte ihre eigene Festigkeit und empfand eine dunkle Liebe zu sich selbst. Seltsam. Sie hatte sich so lange für bemitleidenswert gehalten. Aber der Menge schien ihre Kühnheit zu gefallen. Sie jubelte, auch wenn ihre Unterstützung von brutaler Ironie gesäumt war. Sie blickten herunter auf diese schwarze Frau, gekleidet im grauen Overall der Inhaftierten. Sie war groß und kräftig, und sie blickten herab auf sie und die straffen Flechten aus schwarzem Haar auf ihrem Kopf. Sie blickten genüsslich herab. Sie würde sterben. Daran glaubten sie, wie sie an die Sonne und den Mond und die Luft glaubten, die sie atmeten.

»Kampflustig«, sagte Wright und grinste. »So sollten wir dich vielleicht nennen – Little Miss Kampflustig.«

»Ich heiße Loretta Thurwar«, sagte sie. Sie sah die Leute um sie herum an. Es waren so viele, so viele Wellen von Menschen, die niemals Gegenstand einer so grausamen Aufmerksamkeit sein würden. Die nie wissen würden, wie man sich dabei fühlte – winzig und mächtig zugleich. Wie das Vibrieren von Tausenden so laut, so beständig sein konnte, dass es aus den Ohren verschwand, aber weiterdröhnte, als spürte man es im Körper. Thurwar umklammerte die Waffe, die man ihr gegeben hatte: einen dünnen, spiraligen Korkenzieher mit Kirschholzgriff. Leicht und einfach und schwach.

»Dann also nicht Little Miss Kampflustig?« Wright ging in einem weiten Kreis um sie herum.

»Nein.«

»Das ist wahrscheinlich besser so, Loretta.« Er ging auf seine Box zu. »Ich kann es sowieso nicht leiden, gute Namen zu verschwenden.« Er lachte, und die Menge war sein Echo. »Na, Loretta Thurwar« – er schleuderte ihr seine spielerische Herablassung förmlich entgegen, zerhackte ihren Vornamen in drei harte Silben und verfiel bei ihrem Nachnamen in einen kindlichen Singsang –, »willkommen auf dem Schlachtfeld, Baby.«

Ein elektrisches Husten erfüllte die Luft, und Thurwar wurde so wild hinabgezogen, dass sie einen Moment lang fürchtete, ihre Schulter sei ausgekugelt worden. Sie kniete da und wusste nicht, was sie tun sollte; also fing sie an zu lachen. Ein leises Glucksen zunächst, das zu einem tiefen Gelächter wurde. Das Gefühl der Blockade, das von den magnetischen Implantaten in ihren Armen kam, war wie eine sanfte Massage unter der Haut. Sie konnte mühelos mit den Fingern wackeln, aber ihre Handgelenke klebten an der Plattform. So lächerlich, das alles. Sie lachte, bis sie atemlos war, und dann lachte sie noch ein bisschen.

Die Glocken fingen an zu läuten.

Wright kreischte in die Höhe: »Bitte erheben Sie sich für Ihre Majestät!« Den Rest des Weges zu seiner Ansagerbox legte er rennend zurück.

Die Menge stand auf. Sie hielten sich still und aufrecht. Für sie.

Sie betrat das Fake-Football-Feld. Eine Aluminiumlegierung auf ihren Armen. Zöpfe, die bis in den Nacken reichten. Nackte Schultern, tätowiert mit dem WholeMarket™-Logo. Eine Reihe von Stäben ragte aus ihrem Brustpanzer und umgab ihren muskulösen Bauch wie ein eleganter Käfig. Eine maßgefertigte Kreation. Thurwar hatte zugeschaut, ja gejubelt, als sie zum ersten Mal gesehen hatte, dass die Metallteile, die sie zunächst für eine bloße Schutzvorrichtung gehalten hatte, mehr waren als das. Sie hatte zugeschaut, dicht an dicht vor dem Videostream mit den anderen in ihrem Zellentrakt, als die Frau zwei der Stangen aus ihrem Panzer zog und sie in Slingshot Bobs Augen bohrte.

Und jetzt sah Thurwar sie aus der Nähe. Dies war Melancholia Bishops letzter Kampf. Bishop hatte es geschafft. Sie hatte getan, was noch keine Frau vor ihr getan hatte, und drei Jahre auf dem Circuit überlebt. Drei Jahre hatte sie ihren Hammer, Hass Omaha, niederfahren lassen und ihre Keule, Vega, geschwungen. Drei Jahre Seelen besiegt.

»Die King Countys eigene Königin der Verdammten ertränkt hat!«

Sie hatte nichts in den Händen außer ihrem Helm. Melodys Helm. Im Kreuzritterstil, aus Blech, mit einem goldenen Kreuz in der Mitte.

»Die Vernichterin, die Böse Bitch, die Sängerin des Todes selbst!«

Die siebte Glocke läutete, die Leute schrien. Seit Jahren war dies ihr heiliges Ritual. Die sieben Glocken der Melancholia Bishop. Sie hatten gesehen, wie sie Abschaum von der Erde fegte. Sie hatten gesehen, wie sie Männer und Frauen tötete, die sie angeblich einmal geliebt hatten. Jetzt stand sie da und schaute ein letztes Mal zu ihnen hinaus. Bald würde sie frei sein.

Melancholia.

Melancholia.

Melancholia.

Rhythmisch sang die Menge. Ihre braunen Augen wanderten über die Tribünen. Dann hob sie den Helm über den Kopf. Sobald sie ihn aufsetzte, war sie zu Hause.

Melancholia.

Melancholia.

Melancholia.

»Zum allerletzten Mal«, jubelte Wright, »helfen Sie mir, die gewinnendste Frau zu begrüßen, die jemals einen Fuß auf das Schlachtfeld gesetzt hat. Die Meisterin der Mordballade. Das Heilige Herz. Die Kreuzritterin. Die Härteste, die der Planet je gesehen hat. Eure allereigenste Melody ›Melancholia Bishop‹ Price!«

Eure allereigenste, dachte Thurwar, fassungslos angesichts der Wucht der Liebe, die aus dem Publikum explodierte. Sie liebten sie so sehr, und dennoch, trotz allem, gehörte diese Frau niemandem unter ihnen. Sie hatte eine Aura, die daran keinen Zweifel ließ. Sie genügte, um Thurwars Blick zu Boden zu zwingen. Als wäre die Frau vor ihr tatsächlich von königlichem Adel.

Thurwar sah zu, gebeugt auf ihrem Hügel, eine unfassbare Macht vor sich. Den Hammer und die Keule. Auf der einen Seite des Feldes eine Ritterin in ihrer Rüstung. Auf der anderen Seite Thurwar in ihrem Overall, der Korkenzieher glitschig in ihrer feuchten Hand.

Bishop!

Bishop!

»Irgendwelche letzten Worte für uns, Melancholia?«, fragte Wright.

»Was gibt es noch zu sagen?« Ihre Worte hallten metallisch, aber vertraut in dem Helm, als sie die Massen ansprach. »Ich bin noch da, wo ich angefangen habe.«

Die Menge johlte wie wild.

»Als ich herkam, hatte ich zwei M auf dem Rücken. Zwei Morde. Wenn ich gehe, habe ich immer noch nur zwei. Aber ich musste so viel mehr Leute töten, um hierherzukommen.«

»Das ist sehr wahr. Du hast so viele zerhackt«, rief Wright. »Aber gibt es welche unter ihnen, die herausragen? So viele Highlights. Und du hast mehr als nur deinen gerechten Anteil an Zweifeln überwunden. Wenn du hier von diesem Gipfel aus zurückschaust – was macht dich am stolzesten?«

»Stolz?« Ein Gesicht aus Metall hob sich zum Himmel. Ihre Schultern zuckten, und sie lachte. Die Menge lachte verlegen mit. Kicherte, weil sie ihre Königin war. Als das Gelächter ausgelassener wurde, verstummte Melancholia. Einen Moment lang schien die Menge nicht zu wissen, was sie jetzt tun sollte.

»Einschluss!«, schrie Wright. Wieder ertönte ein machtvolles Signal, und diesmal schloss es Melancholia Bishop an die Plattform unter ihr. Die HMC1, in die sie gesprochen hatte, flog hoch und hinter sie. Die Menge schrie leise auf. Sie zwangszublockieren, zum Schweigen zu bringen, am Tag ihrer Freilassung. Unfassbar. Eine plötzliche Zwangsblockade verhängte man über die Verachtenswerten, die Uneingeweihten, die Widerspenstigen, die Ängstlichen. Und so richteten sie die Nasen in die Höhe und senkten sie ebenso schnell wieder, um die Geschichte zu verfolgen, die sich da entfaltete: die Befreiung der Melancholia Bishop.

»Zum Deathmatch!«, schrie Wright.

Der laute, hohle Klang des Aufschlusses hallte durch die Arena. Die Frauen wurden aufeinander losgelassen.

Thurwar stand auf und rannte, rannte geradewegs auf die unzerstörbare Frau vor ihr zu. Als sie so nah war, dass es darauf ankam, sprang sie in die Höhe, ballte die Faust um den Korkenzieher und holte aus. Kreischend stieß sie hinab. Ins Genick, ins Genick. Ihr Körper sagte, ins Genick.

Melancholia packte sie beim Handgelenk und verwandelte ihre Wucht in nichts, und dann schlug sie ihr in den Bauch.

Melancholia.

Die Leute schrien im Takt der Bassdrums. Immer wieder hatten sie gesehen, wie sie »schnappte und schmetterte«, hatten gesehen, wie sie Hass Omaha oder Vega fallen ließ, ihre Gegnerin mit einer Hand auffing und ihr mit der Waffe, die sie noch in der anderen Hand hielt, den tödlichen Schlag versetzte. Aber jetzt hielt sie dieses Nichts beim Handgelenk und schlug mit der bloßen Faust zu. Ein Schlag, den jeder überleben konnte. Sie spielte mit ihrer Beute. Die Massen lachten und johlten und schrien. Eine Entertainerin bis zum Schluss.

»Dein Schlag soll durchgehen, nicht landen«, sagte Melancholia. Das konnten die Leute nicht hören. In ihrem Helm, ohne umherschwirrende HMCs – die konnten beim Kampf ablenken oder beeinflussen –, waren die beiden Frauen allein mit ihren Worten.

Melancholia schlug Thurwar noch einmal und warf sie ins Gras.

Thurwar wusste, sie war verschont worden. Sie wusste nicht, warum. Sie schluckte den Tod hinunter, den sie gesehen hatte, als Bishop sie aufgefangen hatte. Sie blickte auf zu der heroischen, schrecklichen Frau, die über ihr aufragte.

»Kannst du mich hören?«, fragte Melancholia.

Thurwar kroch über das Feld, strich keuchend durch das Gras. Sie hatte den Korkenzieher verloren. Sie hasste sich selbst, und es war ein intensives, vertrautes Gefühl. Sie weinte. Sie hatte Mitleid mit dem kläglichen Ding, das in diesem Moment aus ihr geworden war, das suchend am Boden kauerte. Panisch und bald tot. Aber ihre Mörderin sprach mit ihr. »Hör mir zu«, sagte sie. Dann spürte Thurwar einen Tritt in die Rippen. Sie rollte ins Gras, schnappte nach Luft und rappelte sich wieder hoch.

Sie sammelte sich und sah zu der Kreuzritterin auf. Thurwar wollte gewinnen. Es war ihr verzweifelter Wunsch. Sie hatte das wilde Verlangen, die Frau vor ihr zu zermalmen. Die Menge sollte weinen. Zum ersten Mal seit langem wollte sie leben.

Ohne Waffe in der Hand stürmte Thurwar auf Melancholia zu. Bevor sie springen konnte, sah sie, dass Hammer und Keule auf dem Boden lagen. Die Titanin spielte mit ihrem Leben. Sie sprintete und stürzte sich auf die Frau mit der Dringlichkeit einer Sterbenden. Sie rollten kurz übereinander, kugelten über die weißen Längsmarkierungen. Dann fühlte Thurwar, dass etwas an ihrer Kopfhaut zog. Sie hob die Hand im Ringkampf und bekam einen Schlag gegen die Brust. Sie wurde an den Haaren auf die Knie gezogen.

»Rasier das alles ab«, sagte Melancholia mit einem Büschel von Thurwars Haaren in der Faust. Diesmal hörte Thurwar sie und verstand, dass sie eine Anweisung bekam.

»Rasier dein Haar ab«, wiederholte Bishop mit leiser, harter Stimme. Wieder schlug sie Thurwar ins Gesicht. Thurwar schmeckte das Blut, das aus ihrer Nase auf die Lippen lief. Wieder wurde sie zu Boden geschleudert.

»Es ist direkt vor dir«, hörte sie. »Du musst jetzt wählen.« Melancholia hob triumphierend die Arme. Die ganze Welt schrie.

Thurwar sah sie, die stählerne Spirale, die im Holz steckte. Sie schnellte darauf zu wie eine Schlange, und in ihrer Hast, danach zu greifen, schnitt sie sich tief in den Mittelfinger. Sie ignorierte das Blut und sprang auf, und gleichzeitig wandte Melancholia Bishop sich zu ihr um, bückte sich und griff nach dem Hammer.

Mit langen, bedachten Schritten bewegte Thurwar sich in weitem Bogen um Melancholia. Der Lärm hatte sich in ein gleichmäßiges Tosen verwandelt, aber das Geräusch war jetzt nur noch ein Echo, genau wie der Schmerz in ihrem Körper.

»Ich habe ihr Spiel gespielt. Du spielst es nicht.«

»Ich werde hier nicht sterben«, sagte Thurwar. Ein lange unterdrückter Teil ihrer selbst stieg an die Oberfläche.

»Dann lass deinen Schlag durchgehen, nicht landen.« Thurwar beobachtete Bishop. »Ich bin sehr müde«, sagte die andere Frau. »Hast du verstanden?«

»Ich werde hier nicht sterben«, wiederholte Thurwar. Die Worte kamen aus eigener Kraft. Sie ging weiter um Bishop herum, wich noch ein Stück zurück, um Platz für den Angriff zu schaffen. Bishop folgte ihr mit geschmeidigen Drehungen.

»Dann lass deinen Schlag durchgehen, nicht landen. Und rasier dir den verdammten Schädel. Und bring sie dazu, eine Version deiner selbst zu lieben. Das ist der wichtige Teil, was immer du tust. Liebe sie, und dann steig aus.«

Thurwar wartete mit dem Korkenzieher in der geballten Faust.

Bishops Knie knickten gerade so weit ein, dass ihre Haltung sagte: Greif mich an. Sie sah Thurwar in die Augen und sagte: »Ich werde dich nicht leben lassen. Du wirst dich entscheiden zu leben. Ich werde über meinen Körper hinwegschwingen. Wenn der Hammer einmal fliegt, kann ich ihn nicht mehr aufhalten. Verstehst du?«

Thurwar verstand, und sie verstand nicht. Sie konnte es nicht. Nicht jetzt. Bishop griff an ihren Helm und nahm ihn ab. Selbst auf ihrer dunklen Haut leuchteten die Narben an ihrem Hals. Ihr schwarzes Haar war zu straffen Cornrows geflochten. Melancholia hob die Arme, und die Menge brüllte entzückt von neuem. Thurwar blickte hinauf zum Jumbotron, und jetzt erkannte sie, dass dieser Gott eine Frau war wie sie.

Melancholia Bishop lächelte noch einmal kurz, bevor ihr Gesicht sich mörderisch verhärtete. Thurwar trat vor, ihrem Schicksal entgegen.

Ihr linker Arm stieß pumpend in die Luft. Ihre Hand war locker gewölbt, sie riss das rechte Bein hoch und stampfte auf den Boden, so hart sie konnte. Sie stieß sich voran, ganz eingetaucht in die Freiheit des zunehmenden Schwungs. Ihr Blick fixierte Bishops Hals, geschmeidig und menschlich wie jeder andere. Ihr linker Arm flog zur Seite, schaufelte Luft und schleuderte sie hinter sich, während ihr linkes Bein hochfuhr, das Knie sie voranzog und ihr Schritt länger wurde. Sie rannte.

Me–

Ihr linker Fuß senkte sich zuerst, der Mittelfuß landete, und sie rollte zielbewusst über die Zehen ab, bevor sie sich wieder abstieß. Ihr Körper erinnerte sich, würde sich immer erinnern, wie er zielstrebig lief.

–lan–

Wieder bewegten ihre Arme sich zurück, zogen präzise aneinander vorbei, während das rechte Bein sich hob und senkte und ihr Schritt sich noch weiter öffnete. Sie war jetzt sehr nah. Sie dachte an nichts, sondern setzte ihr ganzes Vertrauen in ihren Körper, der sich wie im Flug vorwärtsbewegte.

–cholia

Ihre Arme flogen in Scherenbewegungen vor und zurück, und ihre Beine trugen sie. So setzte sie das Stampfen und Schwingen von Armen und Beinen fort und übersetzte die Bewegung in Geschwindigkeit. Ihr Körper sagte: Diese Geschwindigkeit, ich, dein Körper, ist deine Waffe.

Als sie noch zwei Schritte weit weg war, schwang Melancholias Arm nach hinten in einem negativen Schwung, und sie zog den Hammer zurück, ein Bild von destruktivem Potenzial.

Thurwars Fuß stampfte wieder auf den Boden. Melancholia lehnte sich vor, drängte voran und ließ sich dann vom Hammer tragen, der durch die Luft schwang wie ein Lied vom Mord. Thurwar warf sich zu Boden, zog Kopf und Hals ein und rollte weg, als der Hammer frischen Tod ins Nichts säte. Sie duckte sich und sprang dann auf, die rechte Faust mit dem Korkenzieher ausgestreckt. Sie schrie, als sie Melancholias Kiefer aufriss.

Die Stille gebar etwas Neues in Thurwar. Ihr Körper kribbelte, als es rot auf ihre Faust tropfte. Blut spritzte von Melancholias Lippen. Der Hammer hob sich kurz und fuhr herab, aber er streifte Thurwars Schulter nur, als sie sich aus seiner mörderischen Bahn zur Seite warf. Thurwar sprang auf Melancholias Rücken, schlang die Beine um Bishops Taille und stach kraftvoll seitlich in ihren Hals, riss den Korkenzieher heraus und stach noch einmal zu. Als sie ihn diesmal herausziehen wollte, gab es Widerstand: Die Spirale hatte sich in den Muskelsträngen des Halses verhakt. Thurwar zog stärker, und jetzt löste sich nur der Griff allein, und die Stahlspirale verlor sich irgendwo in Bishops Kehle. Thurwar hatte nichts mehr, womit sie hätte stechen können, und so schlug sie Melancholia auf den Kopf. Drei schwere Schläge waren nötig, dann fühlte sie, wie die Knie der Favoritin nachgaben.

Bishop schlug kraftlos nach Thurwar in ihrem Nacken, als säße da eine lästige Fliege. Der Hammer lag auf dem Boden. Thurwar trank die süße, schwere Stille der absoluten Ehrfurcht.

Sie stieß einen brüllenden Schrei aus, und in diesem Augenblick gab niemand außer ihr einen Laut von sich. Sie sprang vom Rücken der Frau herunter, und Melancholia blieb stehen, schlaftrunken irgendwie, still. Als Thurwar die Frau auf den Beinen sah, versuchte sie hastig nach dem Hammer zu greifen. Ihre Finger fanden den Stiel, und Melancholia schaute auf sie herab. Plötzlich bekam Thurwar Angst und fuhr zurück. Bishop schwankte, griff sich an den Hals und ließ ihn wieder los. Ihre Augen waren braun, schön und müde, und doch weiteten sie sich einen Moment, als sie Thurwar anschaute, ihre Mörderin.

Komm, greif mich an, sagten diese Augen.

Thurwar gehorchte. Sie rannte los. Sie ließ den Hammer wie eine Bombe in das Gesicht seiner vorigen Herrin fallen, und die Menschen, diese Menschen, schwiegen nicht mehr.

Teil I

Hurricane Staxxx

Es war heilig.

Das leise Brüllen von Tausenden, die auf sie warteten. Ein Meer von Stimmen über ihr, ringsherum. Sie hielt ihre Sense in der Hand, befahl den Wachen, sie sollten Platz machen, und schwang sie nach links, dann nach rechts. Wärmte ihr Rückgrat. Energie durchströmte sie. Sie schloss die Augen und betrat ihren Körper. In ihrem Körper fühlte sie sich nicht immer sicher, aber hier, unter dem Meer der Stimmen, fühlte er sich makellos an.

Das Tor vor ihr schwang auf. Dort, am Ende eines Tunnels, der sich zum Licht öffnete, war Hamara »Hurricane Staxxx« Stacker noch eine Silhouette.

Eine schwebende Kugel aus glänzendem Metall erschien vor ihr. Sie sprach hinein: »Wer sorgt dafür, dass das Messer sich so gut anfühlt?«

Ein Electrosynth setzte sich auf eine swingende Melodie und einen Vokal-Loop aus dem Pitchshifter. Die Herzen der Leute schlugen schneller.

STAXXX, sagten sie zusammen und mit Entschiedenheit.

Sie spurtete auf das Feld. Scheinwerfer blitzten herab und vergoldeten ihre sandbraune Haut. Ihre Locks fielen wie dicke Taue über ihren Nacken, über ihre Schultern, sogar über ihren leichten Brustpanzer aus verstärktem Karbonfaserpolymer, markiert mit dem Warenzeichen von WholeMarket™, einem üppigen Obstkorb. Ihre Schienbeine und ihr linker Arm waren mumifiziert mit weißem Bolt-Leder, ein Stil, den Thurwar populär gemacht hatte. Ein Ärmel aus harter Panzerung umgab auch das Kampftuch, das um ihren linken Arm gewickelt war. Ihre ehemals weißen Combatstiefel waren mit braunen und roten Flecken bespritzt, in einem fahlen, körnigen Lehmton. Ihre Schenkel wurden komprimiert von elastischem Material, das sich um ihre Muskeln spannte, und auch diese Stützstrümpfe trugen das Obstkorblogo von WholeMarket™ in der Nähe der Hüften, auffälligerweise nicht auf den Genitalien, wo es viele andere große Marken vielleicht platziert hätten. WholeMarket™ war eine Familienmarke.

Ihre Handgelenke leuchteten, ein ständiger Beweis für die ewige Umschlingung durch die Magnetfesseln unter ihrer Haut.

Eine weitere fliegende Kamera schwebte um sie herum und nahm das überall auf ihren Körper tätowierte X auf. Eins fand sich auf ihrem straffen Bauch, mehrere an ihrem Hals, einige auf ihren Armen und eins auf jedem Augenlid. Jedes X erzählte die Geschichte vom Triumph ihres Lebens über ein anderes. Sie war eine Sammlung von Tod und Vitalität.

»Besser könnt ihr es nicht?«, rief sie hinaus ins Stadion.

Ihre Stirn legte sich in Falten, die hundertfach vergrößert auf dem Jumbotron über ihr zu sehen waren. Die Menge sah ihr Versagen ein und schrie noch lauter. Staxxx’ Mund verzog sich zu einem boshaften Grinsen.

»Wer ist die schöne Bitch, auf die ihr Bastarde wichst?«, sang Staxxx in die HoloMicCam, die vor ihr schwebte. Sie ließ ihre Sense, LoveGuile, um Hände und Unterarme kreiseln wie einen Propeller. Scheinbar aus eigener Kraft irrte, sirrte, schwirrte das Ende der Klinge durch die Luft, als Staxxx sie wie mit Zauberhänden um ihren Körper kreisen ließ. Der Stiel und die Klinge, das wusste die Welt, waren Verlängerungen ihrer Person. Die Massen schrien ihren Namen.

STAXXX!

»Wer ist die Herzensbrecherin, die euch zusammenbrechen lässt?«

STAXXX!

»Wen liebt ihr Motherfucker so sehr, dass es wehtut?«

STAXXX!

Hurricane Staxxx. Sie waren ihr Wind und ihr Donner.

»Die Liebe ist tot hier! Das will ich ändern. Kommt schon, ruft mich ins Leben!« Staxxx schmetterte LoveGuiles Kopf auf den Boden, dass die Spitze der Klinge sich in die Erde grub und der Stiel, umwickelt mit schwarz-goldenem Bolt-Leder, schräg aus der harten Erde der Arena spross, die leer und flach war bis auf ein paar Hügel nahe der Mitte, um die herum fünf Autos so positioniert waren, dass die Zuschauer einen optimalen Blick auf die ausgestellten Modelle hatten.

Der äußere Rand des Geländes war einer Highwayschleife nachempfunden, aber der »Asphalt« war behandeltes Plastik, nichts weiter. Die weiße Limousine Staxxx gegenüber hatte eine gesprungene Frontscheibe vom vorigen Kampf. Die Beifahrertür eines blauen Powertrucks nicht weit von der Mitte des Spielfelds hing aus dem Rahmen wie ein lockerer Zahn an blutigem Zahnfleisch.

»Mögt ihr Hurricane, oder liebt ihr sie so sehr, dass es wehtut?«

Wir lieben sie. Lieben, LIEBEN, LIEBENSIE!

»Ihr wisst nicht, was das bedeutet. Wie könntet ihr auch? Ihr habt es nie gesehen. Aber das werden wir ändern. Ich bin heute Abend hier, um ein bisschen elektrische Liebe zu verteilen! Würde euch das gefallen?«

Die Klangflut schuf ein Gefühl der Verwandtschaft im Publikum, angefangen bei den Leuten hoch oben in der dünnen Luft bis zu denen, die vorn in den Blutboxen saßen, gleich hinter den Gliedern der Kette, den Links, die Blood Points bezahlt hatten, um dabei zu sein, wie Thurwar.

Thurwars kahler Schädel juckte, während sie in ehrfürchtigem Schweigen zuschaute. Rechts und links von ihr saßen zwei Soldatenpolizisten. Sie hatten sie an den Sitz geschlossen, die Handflächen nach oben gewandt, als betete sie um die Gnade des Himmels. Die drei rot leuchtenden vertikalen Linien auf jedem Handgelenk bedeuteten, dass sie sich nicht bewegen konnte, selbst wenn sie wollte. Sie sah hinunter auf ihren rechten Arm. Der mittlere Streifen war durchbrochen, ein Defekt, der nur kosmetischer Natur war. Sie zwang sich, das Jucken zu vergessen, und konzentrierte sich stattdessen auf ihre Ehrfurcht vor der, die da draußen auftrat und die Menge gefangen nahm.

»Wie sehr?«, rief Staxxx. Sie riss LoveGuile aus dem Boden und trat vor. Es war eine Art Erkennungszeichen, dass Staxxx ihre Waffe manchmal weit entfernt von sich ablegte, wenn sie das Match begann. Sie brachte sich in eine schwächere Position, um das Publikum zu unterhalten.

»Liebt ihr mich so sehr?«, spie Staxxx in die HMC vor ihr. Die Kamera verfolgte sie, nur einen Sekundenbruchteil hinter jeder ihrer Bewegungen, als sie mit dem Stiel der Sense eine Linie in die Erde zog. Die Menge buhte; sie wollte mehr.

»Ihr gierigen Bastarde.« Staxxx lachte und trabte ein paar Schritte voran. Staubwolken hoben und senkten sich unter ihren Stiefeln.

»Wie wär’s mit so viel?« Sie zog noch eine Linie. Wieder schrie die Menge ihre Unzufriedenheit heraus. »Okay, okay, glaubt ihr, ich werde fertig mit ihm?« Staxxx zeigte auf das Tor vor ihr. Sie trat hinaus in die Mitte der Arena, auf einen Hügel aus festgeklopfter Erde. Die Massen explodierten von neuem. LoveGuile ruhte einen Augenblick auf ihrer Schulter, dann schwang sie sie von sich und ließ die scharfe Klinge in den Boden beißen. Sie blieb, wo sie war, und die Sense stand vor ihr wie eine aufgepflanzte Flagge. Noch nie hatte man gesehen, dass sie sie so weit weg stehen ließ. Die Menge schrie begeistert.

Sie zog ein dickes Haarband vom Handgelenk, raffte die Stränge ihres Haars zusammen und band die einzelnen Peitschen zu einem einzigen Zopf, der von ihrem Kopf floss. Dann wandte sie sich von ihrer Waffe ab und ging unter dem Geschrei der Menschen zurück. Der Mut war etwas, was man fühlte, aber nicht zähmte. Er floss durch sie und machte sie schwungvoll, strahlend, lebendig, beinahe frei. Sie ging hinüber zu der schwarzen Kachel, die vor dem Tor eingelassen war, durch das sie die Arena betreten hatte. Die MagnoKeep-Plattform leuchtete rot an ihrem Rand, als sie näher kam.

Staxxx blieb stehen und streckte die Arme über den Kopf. Sie ließ den Klang der Anbetung über sich hinwegfluten und zeigte dann auf das schlichte schwarze X an der linken Seite ihres Halses.

»Triff mich hier, und du kannst derjenige sein, der Hurricane Staxxx zur Strecke gebracht hat!«

Der Puls ertönte: das Geräusch der magnetischen Fesseln, die aktiviert wurden. Einen Moment lang war das eine Performance für sich, als Staxxx sich gegen den unglaublichen Druck stemmte, der sie niederzog. Ihre Handgelenke erglühten von Orangegelb zu dreifachem Rot, als die Fesseln unter der Haut, mit den Knochen verwachsen, verlangten, dass sie auf die Plattform zu ihren Füßen fiel. Sie zog ein Kussgesicht, als die halbe Sekunde verstrich und die Magnetfesseln in ihren Handgelenken auf die schwarze Plattform schlugen und ihr Körper zu einem respektlosen Knien gezwungen wurde. Staxxx wartete mit den Knien auf der Plattform und magnetisch am Boden klebenden Handgelenken. Ihre Finger spreizten sich, bereit, sich abzustoßen, wenn der Augenblick käme.

Micky Wright sah zu, während er auf seine BattleBox kletterte, die als Bühne und als Ansagerkabine diente. Er war nur ein paar Schritte von dem Tor entfernt, aus dem Staxxx hervorgekommen war. Er überprüfte sein Lächeln auf dem Jumbotron, bevor er tief Luft holte und in eine HMC schrie: »Einer unserer Wettkampfteilnehmer ist bereit zu wüten. Aber wer wird überleben? Der Grizzly oder der Sturm?« Grizzly im Sturm war das Motto dieses Kampfes, und die Tribünen waren voll von T-Shirts, auf denen ein großer Grizzlybär abgebildet war, der gegen eine Wolke schlug, aus der gezackte Blitze explodierten. »Der Hurricane bläst anscheinend aus voller Brust«, sagte Micky, während er auf der BattleBox auf und ab ging. »Mal sehen, was der Bär so treibt.«

Am anderen Ende der Arena öffnete sich knirschend ein Stahltor. Ein massiger Berg von einem Menschen kam heraus: Barry »Rave Bear« Harris.

Death-Metal gellte aus den Lautsprechern. Rave Bear wurde gnadenlos ausgebuht. Er stapfte langsam voran in seiner Rüstung, je eine dicke Stahlplatte vor der Brust und auf dem Rücken, die aussahen, als wären sie aus dem Rumpf eines alten U-Boots geschnitten worden. Eine ähnliche Platte trug er auf einem Schenkel. Seine entblößten Hände, Arme, Ellenbogen und Knie waren schmutzig und rosarot. Er trug kein Hemd unter der Kombination aus Brust- und Rückenpanzer. Zwei Schläger aus Metall baumelten an seinem Rücken und seiner Hüfte und schlugen scheppernd gegen die Platten, die beide das berühmte geflügelte H von Horizon Wireless trugen. Er trug einen Eisenhelm wie eine Schweißermaske vor dem Gesicht, und vorn war das offene Maul eines sabbernden Grizzlybären aufgesprüht.

Eine HMC schwebte vor Bear, und er knurrte hinein. Sein typisches Grizzlygrollen klang wie eine Steinlawine im Gebirge und brachte ihm ein paar Jubelschreie seiner treuesten Fans ein. Schließlich hatte er ja auch ein paar ziemlich gute Links zermalmt und Powell Anglers Speer aussehen lassen wie ein Bienenstachel. Und Powell Angler war keine Niete gewesen.

Bear nahm seine Schläger ab und legte sie neben seiner Plattform auf den Boden. Er kniete sich auf seinen Hügel, der ihn pulsierend blockierte.

»Okay, da haben wir den Hurricane und einen sehr hungrigen Bären, gefesselt und startklar«, erklärte Micky Wright vergnügt. »Zeit für ein paar letzte Worte.« Er stieg von seiner BattleBox herunter und auf einen Elektroscooter. Er fuhr außen um die Arena herum, lächelnd und winkend. Diesen Augenblick zog er in die Länge, das Warten auf das, was die Leute eigentlich wollten.

Er fand den Weg zu dem klobig kauernden Barry Harris. Als er nah herangekommen war, kickte er den Scooter zur Seite und setzte sich mit gekreuzten Beinen neben Rave Bear auf die MagnoKeep-Plattform, so dicht neben ihn, dass er wusste, an diesen Anblick würden die Leute sich erinnern. Der Mannbär in rostigem Metall, er in einem grauen Maßanzug. Natürlich hielt Wright immer noch genug Abstand, dass er, sollten Rave Bears Magnetfesseln sich irgendwie lockern, trotzdem außer Reichweite wäre.

»Und? Hören wir noch etwas von dir, Bear? Irgendwelche letzten Worte, bevor du dich mit dem Hurricane anlegst?«

Geduckt und mit rot leuchtenden Fesseln schaute Bear über das wellige Erdgelände hinüber zu Staxxx und ihrer Sense, die sie weit weg von sich aufgepflanzt hatte, so dicht bei ihm wie bei ihr.

»Nicht für diese Bitch«, sagte Bear. Die Maske dämpfte seine grollende Stimme. Töte die Bitch, töte die Bitch, sagte der Bear zu Barry. Der Bear hatte ihn so lange am Leben erhalten. Töte die Bitch. Er war so weit gekommen. An etwas anderes konnte er nicht denken. Er war bereit. Er brüllte. Er war bereit. Die Menge schrie. Sie hassten ihn. Aber wenn das Match lief, wie er es wollte, würde er der absolute Favorit sein.

»Oh, kampflustig!«, sagte Wright, als er aufsprang, auf seinen Powerscooter stieg und zu Staxxx hinüberfuhr, um die gleiche Nummer abzuziehen, nur schneller. Die Leute waren warmgelaufen. Sie hatten gewartet, und gleich würden sie ihre Belohnung bekommen. Diesmal blieb er auf seinem Scooter sitzen, als käme er jetzt schon zu spät zu einem anderen Termin. Seine Stimme dröhnte durch die Arena. »Was ist mit Ihnen, Ms. Staxxx? Irgendwelche letzten Worte?«

Staxxx blickte auf. Ein paar Minuten lang hatte sie mit gesenktem Kopf dort gekauert, als wäre sie tief in Meditation oder Gebet versunken. Sie lächelte aufrichtig.

Fast konnte Thurwar ihren gesplitterten unteren Schneidezahn erkennen. Sie brauchte nicht zu dem riesigen Bildschirm hinaufzuschauen, um zu sehen, dass in Staxxx’ Augen eine Güte leuchtete, die in Thurwar etwas wie Angst weckte.

»Ich liebe dich«, flüsterte Staxxx und schaute hinüber zu Barry Harris. Ihre letzten Worte waren dieselben letzten Worte, die sie bei jedem einzelnen ihrer zehn vorhergegangenen Auftritte auf dem Schlachtfeld gesagt hatte, und als sie sie jetzt aussprach, wurden sie zurückgeworfen von den Tausenden auf den Tribünen, die das Mantra zusammen mit ihr wiederholten.

ICHLIEBEDICH!, brüllte die ganze Welt. Staxxx hörte das Echo dieser Proklamation im Stadion und zog sich in ihren Körper zurück, um ihre wahre Macht zu spüren. Sie war das Gefäß dafür, für die Liebe, und bei jedem Deathmatch predigte sie sie ausdrücklich. Liebe, Liebe. Liebe. Sie zwang die Liebe in diesen lieblosen Raum, machte sie zum Thema ihres Lebens. Sie zeigte ihnen, dass sie, der Hurricane, zu großer Liebe fähig war, und wenn sie hinschauten, würden sie sehen, dass sie es auch waren. Und vielleicht würden sie eines Tages verstehen, was sie ermöglicht, was sie geschaffen hatten.

»Na gut!«, rief Wright. »Ich kann nicht länger warten!« Er fuhr zur Ansagerkabine und schloss sich und den Scooter ein. Er spähte durch das Plexiglasfenster, das vom Boden bis zur Decke reichte, und lehnte sich über das mit einem Drahtgitter geschützte Mikrophon vor seinem Gesicht. »Aufschließen!«, schrie er. Das Geräusch magnetischer Hochleistungsfelder, die sich abschalteten – als ob die Luft selbst ein hartes Husten ausstieße –, schoss durch das Stadion. Dann ging es los.

Bear brüllte und schickte seine Wut zum Himmel, wie es seine Art war. Auf der anderen Seite des Feldes hatte Staxxx ihre Handflächen von der Plattform gelöst und war losgegangen. Ihre ersten Schritte waren präzise und bedächtig, als wollte sie sich die Füße vertreten.

Bear nahm seine Schläger in die Hände und fing an zu rennen. Seine Bewegungen waren schwerfällig, hungrig und vorhersehbar. Im Laufen schlug er seine Schläger über dem Kopf zusammen. Die HMCs, die in einigem Abstand folgten, registrierten den Klang seiner Stahlplatten, die von Lederriemen über den Schultern zusammengehalten wurden; sie klatschten und klapperten an seiner feuchten Haut auf dem Rücken.

Staxxx fing ebenfalls an zu rennen. Thurwar sah, wie sie voranschoss, leichtfüßig und unbelastet. Ihre Fäuste waren locker und weich, die pumpenden Bewegungen ihrer Arme wurden immer schneller, und ihre Schritte machten die Strecke vor ihr zu einem Spaziergang.

Sie packte LoveGuile beim Stiel, als die beiden aufeinandertrafen.

Bear holte aus zu einem schmetternden Schlag.

Mit LoveGuile in der Hand bog Staxxx sich so geschmeidig zurück, als folgte sie einer Choreographie. Die beiden Schläger schnitten eine Handbreit entfernt an ihrer linken Flanke vorbei durch die Luft, mit dem kalten, bösartigen Schwung eines Baseballschlägers, der den Wurfball verfehlt. Staxxx drehte sich weiter und ließ ihre Klinge schräg herunterfahren, sodass sie die Welt hinter ihr in einem Blitz durchzuckte, so grell, dass Bear erst begriff, dass er von seinem rechten Bein getrennt worden war, als sein schwerer Körper vom Boden abprallte.

Die Menge war ein einziges entsetztes Luftschnappen.

Dann verschlang Begeisterung alles, ehrliche, rohe Freude. Sie sprangen von ihren Plätzen auf, und Thurwar, hätte sie gekonnt, wäre mit ihnen aufgesprungen. Ein meisterliches Werk der Gewalt. Ein legendärer Schlag. Und dann stand sie, als die Wärter ihre Handfesseln auf Orange geschaltet hatten und sie aufforderten, ihnen zur Vorbereitung zu folgen. Sie beobachtete Staxxx, bis ihr Hals sich nicht weiter verrenken ließ. Dann verschwand Thurwar mit den Wärtern im Stadion.

Bear lag mit dem Gesicht auf der Erde, aber noch immer ruderte er mit den Armen, immer noch hielt er seine Schläger umklammert, hob sie, senkte sie, hob sie, senkte sie, als versuchte er auf festem Boden zu schwimmen. Die nächste HMC schwebte herab und nahm seine Schreie auf, die zu einem Stöhnen wurden und dann zu Gemurmel und Gewinsel. Die in ihm gesammelten Lebensjahre strömten wie ein Vulkanausbruch aus seinem Schenkel. Die Menge geriet in Raserei.

»Scheiße«, sagte Barry.

»Ich liebe dich, okay?«, sagte Staxxx, zog ihre Zweitwaffe, ein Messer namens Kill, und schnitt damit die Riemen von Bears Helm und seiner Körperpanzerung auf. Auf seinem Rücken war ein einzelnes blaues M eintätowiert. Sie drehte ihn um, damit er noch etwas anderes außer der Erde sehen konnte. Als sie ihm den Eisenhelm vom Kopf zog, bot sich der Menge das Bild, wie Bear im Tode aussah. Seine braunen Augen schienen sich nicht fokussieren zu können; es war, als bemühte er sich, etwas zu verfolgen, was bald hierhin, bald dorthin schwebte. Sein Haar war verfilzt und fettig, seine runden Wangen hatten keine Farbe mehr. »Achte nicht auf sie, Baby«, sagte Staxxx. »Achte nicht auf sie. Das hier gehört dir. Du darfst es nicht versäumen.« Sie küsste sein Gesicht ein paarmal und schnitt ihm dann die Kehle durch.2 Ihr musikalisches Thema dröhnte aus den Lautsprechern, und das Publikum brüllte. Sie schnitt den Buchstaben X in seine Leiche, überall, immer wieder. Blut sprudelte, und mit jedem X küsste sie die weinende Haut. Dankbar sah sie, wie weit sie sich von sich selbst entfernen konnte. Sie wusste, was sie tun musste und warum sie es tat, und sie sah sich zu, als wäre sie ein Teil des schreienden Publikums.

Als sie fertig war, sah Bear aus, als hätte man ihn aus einem Schredder gezogen, und Staxxx sah aus, als hätte sie mit Blut geduscht. »Ich liebe dich!«, schrie sie, als die Wachen sie von der Leiche rissen und zerrten und sie wieder auf ihrem Hügel anschlossen.

»Das ist ein Ende mit geschlossenem Sarg, wenn ich je eins gesehen habe«, sagte Micky Wright aus seiner Kabine, als zwei Wärter den Toten in Plastik einrollten und ihn durch den Tunnel zurückschleiften, durch den er gekommen war. Ein dritter Mann folgte ihnen mit Barrys Bein. »Damit wandern ein paar zusätzliche Blood Points auf Miss Stackers sowieso schon stattliches Konto.« Wright schob den Kopf heraus und sprang über die vom Kampf zerwühlte Erde zu Staxxx.

Staxxx hob den Kopf und spuckte auf den Boden, als Wright sich näherte. Wright wurde langsamer, blieb aber nicht stehen. »Was für eine Show, was für eine Show!«, rief er und behielt das Lächeln in seiner Stimme. »Was ist das für ein Gefühl, in diesem Moment der Hurricane zu sein?«

»Als ob man ein Kind mit den Händen zerquetscht. Als sähe man zu, wie die eigene Haut sich öffnet, weil man sich eine Botschaft an die Zukunft in den Arm ritzt.« Staxxx atmete wieder gleichmäßiger. Auch sie war eine Zuschauerin. Sie verfolgte das alles. »Nennen Sie mich Colossal, denn ich kann die Zukunft sehen. Bitte, gern.« Eines Tages würden sie es verstehen.

Die Menge klatschte Beifall. Die Leute waren kultiviert, sie mochten das, mochten Staxxx und ihre Worte. Sie wollten, dass sie lebte, und es gefiel ihnen, dass sie das weiterhin tat. Das Schlachtfeld war ein Tempel krasser Gewalt, und Staxxx war so gewalttätig wie nur irgendjemand, aber anders als die anderen hatte sie nach fast jedem Match noch etwas mehr zu bieten. Ein Gedicht, eine Geschichte und natürlich noch mehr Liebe. Sie bestand darauf. Ihre Gewalttätigkeit, ihre Wärme, die Botschaften, ob kryptisch oder klar: Alles verband sich zu der Figur, die sie Hurricane nannten. Und da sie sich als gute, gebildete Menschen betrachteten, hatten sie längst entschieden, dass sie zu schätzen wussten, wie sie sie unterhielt, auch wenn es ihnen die Brust schwer machte, auch wenn sie sich fragten, ob – na, damit musste man sich nicht lange beschäftigen. Hauptsächlich waren sie aufgeregt, weil sie dem Rang des Colossal so nahe gekommen war, einem Plateau, das nur die allergrößten Links jemals erreichten.

In den Korridoren des Stadions lächelte Thurwar über das plötzliche Unbehagen, das sie als neu ernannter Grand Colossal empfand.3 So etwas wie Besitzerstolz. Sie hatte jetzt fast drei Jahre hinter sich, und ihr war, als gehörte ihr der neue Titel. Ein Titel, den sie vor kurzem verliehen bekommen hatte, nach dem Tod eines ihrer besten Freunde in diesem Abschnitt ihres Lebens. Jetzt gehörte er ihr: Grand Colossal. Und auch wenn Staxxx das Publikum eben aufgefordert hatte, sie Colossal zu nennen, war es eine Tatsache, dass Staxxx zumindest vorläufig noch ein Harsh Reaper war.

»Der Barde hat gesprochen.« Wright winkte dem Wärter, er solle Staxxx holen.

»Irgendein Wort der Ermunterung für das Turteltäubchen?« Wright packte eine Handvoll von Staxxx’ blutgetränktem Haar, ließ dann wieder los und zog ein saures Gesicht, als er die roten Tropfen von seiner Hand schüttelte. »Heute ist ein großer Abend für sie, weißt du? Wenn sie gewinnt, wird sie eine neue Ebene erreicht haben. Fast sechsunddreißig Monate. Was sagst du dazu?«

»Ich denke, wir werden es draußen auf dem Circuit feiern«, sagte Staxxx. »Und vielleicht werden Typen wie du sich noch einen runterholen können.« Alle Zuschauer lachten. Wright schlug eine Hand vor den Mund und tat, als genierte er sich.

»Wir können nur hoffen«, sagte er, als einer der Wärter hinter Staxxx ihr einen schwarzen Magrod™-Schlagstock4 an die Handgelenke drückte. Die drei roten Statusbalken verschmolzen zu einem, als Staxxx’ Handgelenke sich mit der Fessel verbanden und sie aufstand. Sie sah aus wie ein Haifisch am Angelhaken, als sie sich aufrichtete.

»Ich liebe euch«, sagte sie zum Abschied noch einmal. Die Menge tobte. Sie drehte sich um, als sie weggezogen wurde, um zu sehen, ob sie noch einen Blick auf Thurwar werfen konnte. Wie erwartet, sah sie einen leeren Platz. Einer der Wärter hob ihre Sense und das Messer auf, und sie alle verschwanden in den Eingeweiden des Stadions, während das Publikum sich einen Werbespot zum neuen FX-709-Electriko-Power™-Pick-up-Truck ansah.

Die Stiefel der Soldatenpolizei stampften auf die grauen Böden, die Schritte hallten von den Wänden wider, die mit Porträts der Vroom Vroom City Rollers beklebt waren, einer Baseballmannschaft der unteren Liga. »Hat denn niemand daran gedacht, dass ich ein Handtuch brauchen könnte?«, fragte Staxxx. Der Wärter, der sie voranzog, stolperte einen kleinen Schritt rückwärts. Trotz seines Visiers sah sie, dass er verlegen war. Wie alle Soldatenpolizisten hatte er an seinem Helm ein schwarzes Visier, das seine Augen vollständig verdeckte.

»Klappe halten, Häftling«, sagte der leitende Wärter. Ein graues Band an seinem Bizeps kennzeichnete seinen Rang. Er stieß ihr seinen schwarzen Schlagstock ins Kreuz.

»Das meinst du nicht ernst«, sagte Staxxx und starrte auf das Visier.

»Deine Klappe muss man dir stopfen, Häftling«, wiederholte der Wärter. Er winkte seine Einheit voran.

Staxxx schloss die Augen und ging weiter. »Ich will ein Handtuch.«

»Du hast eins in deiner Garderobe und außerdem eine Dusche. Das weißt du, Stacker.«

»Staxxx.«

»Häftling«, sagte der Wärter.

»Colossal.«

»Noch nicht ganz.«

Staxxx fiel zu Boden. Sie fiel auf den Rücken, die Arme über sich erhoben, immer noch verbunden mit dem Magrod™ des Wärters. Sie spürte das Blut auf ihrer Haut, das trocknete und abblätterte. Sie versuchte diese Augenblicke in sich aufzunehmen, diese wenigen Momente in ihrem Leben, in denen sie nicht von Hunderttausenden beobachtet wurde, sondern nur von einer Handvoll schwacher Männer. Wenn ihr keine Kameras in den Arsch schwebten und sie aufforderten, Hurricane zu sein. Hier konnte sie ungehindert bereuen, offen hoffen, sie selbst sein. Sie versuchte konkret an sich zu denken. Nicht an den Circuit, nicht an Thurwar oder Sunset oder den armen Mann, den sie eben geschlachtet hatte.

Einer der Wärter schlug ihr seinen Stock in die Rippen. Hart genug, um sie zum Husten zu bringen, aber so sanft, dass sie wusste, er hatte Angst vor dem, was ihm passieren würde, wenn er sie beschädigte. »Komm schon, Häftling.«

Sie wollte diese Zeit mit dem Ich genießen, das sie so selten zu sehen bekam. Sie spürte ein tiefes Grauen, den Adrenalin-Turkey, einen Kopfschmerz und die stechende Angst vor der Vergeltung, die auf so vielen Wegen kommen konnte. Sie sagte sich, sie sei Hamara Stacker. Sie sagte sich, sie sei Hurricane Staxxx. Dann sagte sie sich, sie sei zugleich niemand von diesen Leuten. Die Angst drückte sie nieder, und sie bemühte sich, das Atmen nicht zu vergessen, daran zu denken, dass dies ihr glücklicher Augenblick war. Wieder bekam sie einen Tritt in die Rippen, und ein Schlagstock traf hart auf ihre Hüfte. Sie atmete ein und dachte an das, was da vor ihr war: Schwache Männer, die Angst vor ihr hatten. Frisch vergossenes Blut. Kühler Beton. Noch mehr Stiefel, die sich stampfend näherten.

Staxxx öffnete die Augen wieder und sah den Chef an. Er drehte den Kopf. Seine Einheit blickte auf ihn.

»Mächtige Miss Staxxx«, sagte er. »Bitte heben Sie Ihren kolossalen Arsch hoch.« Er zog sie am Unterarm nach oben. Sie ließ es geschehen und stand auf.

»Mehr will ich doch gar nicht«, sagte sie liebreizend.

Sie rollte mit den Schultern und streckte den Hals, um zu zeigen, dass sie nicht verletzt war, dass die Soldatenpolizei sie nicht verletzen konnte. Ein paar Schritte vor ihnen öffnete sich eine Tür. Staxxx lächelte und wackelte winkend mit allen Fingern.

 

»Ich will sie sehen«, sagte Thurwar ruhig.

»Nur ganz kurz«, antwortete einer der Soldatenpolizisten. Sie war immerhin Thurwar.

Thurwar sah, dass Staxxx die Pause organisiert hatte, die ihnen das Treffen im Korridor ermöglichte. Als sie sie lebendig und lächelnd vor sich sah, sogar mit Blut bekleidet – erst recht mit Blut bekleidet –, hatte Thurwar das Gefühl, bis zur wahren Staxxx hindurchsehen zu können. Zu dieser Person, die eben getötet hatte und die Gefühle, die damit verbunden waren, dass man den Tod brachte, noch frisch empfand. Sie umklammerte den Kriegshammer in ihrer Hand noch fester und trat vor. Die Männer, die Staxxx umringten, waren klug genug, um zur Seite zu treten, als Thurwar auf sie zukam. Der Officer, der Staxxx an seinem Schlagstock hielt, sah seinen Vorgesetzten an; der nickte, und er ließ die Gefangene los. Ihre Handgelenke zeigten noch zwei rote Balken, als sie zusammenschlugen. Die beiden Kriegerinnen, die eine sauber, die andere durchtränkt von einem beendeten Leben, schauten einander in die Augen.

»Du warst gut«, sagte Thurwar. Ihre Handgelenke waren verbunden wie Staxxx’.

»Wie romantisch«, sagte Staxxx und verzog das Gesicht. Die Enttäuschung, die dort geschrieben stand, war zu groß, um echt zu sein. Thurwar lächelte. Dann drehte sie sich um und bot ihre Schulter dar, umhüllt von einem Karbonfaserschutz mit dem Markenzeichen eines Hammers, der einen Nagel einschlug, dem Logo von LifeDepot™. Staxxx drehte sich ebenfalls um und hielt ihre Schulter hin. Sie rieben sich aneinander, und Blut beschmierte das Logo des Heimwerkermarkts, als Thurwar die Augen schloss. Staxxx hielt die Augen offen und sah zu, wie Thurwar den Moment genoss. Es war eine Kampfumarmung zwischen zwei wahren Kriegerinnen, wie die Welt sie seit Jahrhunderten nicht gesehen hatte.

Thurwar rieb sich weiter an ihr, bis Staxxx zurückwich, aufrecht stand und darauf wartete, dass Thurwar die Augen öffnete. »Jetzt konzentrier dich«, sagte Staxxx. »Ich muss dich wiederhaben, damit wir etwas ändern können. Die Dinge so machen, wie Sun es wollte.« Sie verstummte und sagte nichts weiter; allzu viel über eine Zukunft außerhalb des Kampfes zu reden, war gefährlich. Man musste im Jetzt anwesend sein, um zu töten. »Ich und du«, schloss sie.

»Du und ich«, formte Thurwar mit den Lippen.

Und dann dachte Thurwar an Sunset, den früheren Grand Colossal. Wie sie hatte er gewusst, was es bedeutete, ein Leben zu nehmen und in dieser Entscheidung aufzublühen. Aber Anfang der Woche waren sie aufgewacht und hatten gesehen, dass er tot war. Er war tot, und niemand übernahm die Verantwortung. Er war während einer BlackOut-Nacht gestorben, als alle Kameras abgeschaltet waren. Niemand auf der Welt hatte gesehen, wie er umgebracht wurde, außer der Person, die es getan hatte. Man stellte fest, dass man ihm die Kehle durchgeschnitten hatte, als hätte sich jemand von hinten an ihn herangeschlichen. Wer immer es getan hatte, er hatte Sunsets eigenes Schwert benutzt. Sunset war so dicht davor gewesen, die Welt zu sehen. Er war ihr durch die Lappen gegangen. Einer der Ihren, einer aus der Angola-Hammond-Chain-Gang, hatte Sunset Harkless ermordet, und sie, Loretta Thurwar, die alles über A-Hamm wusste, die A-Hamm war, hatte so gut wie keine Ahnung, wer es gewesen war. Und über die zarten Ahnungen nachzudenken, die sie doch hatte, das brachte sie nicht über sich.

Ein Gefühl stieg in ihr auf, und sie kämpfte es nieder, wie sie es so oft tun musste. Sie atmete durch die Nase ein, hielt die Luft an und ließ dann alles hinaus, was nicht sie und ihr Hammer war. Bevor der Kampf vorbei war, konnte nichts anderes existieren. Endlich öffnete Thurwar die Augen wieder und sah Staxxx an. Thurwar hatte eine Question-Match-Paarung gezogen. Niemand wusste, gegen wen sie antreten würde oder was derjenige tun könnte. Aber nicht einmal daran konnte Thurwar denken.

»Da draußen ist niemand, über den du dir den Kopf zerbrechen solltest«, sagte Staxxx. »Du hast einfach Glück, dass du zu meiner Kette gehörst«, fügte sie lächelnd hinzu. Es war ein Scherz, aber es war auch die Wahrheit. Glieder derselben Kette kämpften niemals auf dem Schlachtfeld gegeneinander. Eine Kette war nicht als Team konzipiert, aber wegen dieser Regel konnte sie eins sein. Sie konnten Kampfstrategien miteinander teilen oder einander helfen, sich Waffen zu verdienen, wie Thurwar es für so viele getan hatte. Kettensolidarität hatte Sunset gepredigt. Die Glieder deiner Kette gehörten zu den einzigen Menschen, denen du vertrauen konntest. Trotzdem vernichteten sie einander so oft. Aber Sunset war anders gewesen, und er drängte andere, es auch zu sein. Er war unter ihnen gewesen, ein Champion, der weder seine Kraft hervorhob noch die Zahl derer, die er getötet hatte. Stattdessen hatte er die Idee gepredigt, jeder von ihnen sei besser als das, was die Welt von ihm dachte, und sie könnten einander benutzen, um das zu zeigen.

»Du gehörst zu meiner Kette«, sagte Thurwar und betonte zwischen den Zeilen, wer von ihnen ein Colossal war.

Staxxx versuchte Thurwar noch ein Grinsen abzupressen, aber Thurwars Gesicht war wieder entspannt und ausdruckslos. Staxxx wusste, Thurwar hatte sich bereits in die Kämpferin verwandelt, die die Welt fürchtete. Sie wünschte sich noch ein paar Minuten, noch ein paar warme Sekunden mit ihrer einen Person. Aber es war vorbei.

»Okay, okay«, sagte der Officer, der Staxxx’ Eskorte führte. Und einen Augenblick lang waren ihm alle im Korridor dankbar. Staxxx ging weiter zur Abfertigung, zur Dusche und zu einem neuen X, das in ihre Haut tätowiert werden würde.

Thurwar setzte ihren Weg fort. Sie hörte, wie Micky Wright die Leute auf sie vorbereitete.

B3

B3, bin nicht dabei. B3, bin nicht dabei. B3, bin nicht dabei.5

Die Koalition zur Beendigung der Neosklaverei war nur eine von mehreren Demonstrantengruppen vor der MotoKline Arena. Zusammen waren es – Dutzende? Waren hundert Menschen dort? Nile wusste es nicht, aber er hoffte, die Reporter würden sagen: Hunderte, nicht Dutzende, obwohl eindeutig keine zweihundert Leute bei der Demonstration anwesend waren. Er war trotzdem stolz, und seine Hände umklammerten schweißfeucht das Megaphon. Der Ruf zu diesem Aufmarsch hatte seine Wege gefunden. Sie hatten die Nachrichten in ihren Feeds gesehen. Und dass Sunset Harkless unerwartet gestorben war, bedeutete, dass sie kommen mussten.

Nile war mit dem Auto aus Saylesville gekommen, wo seine Ortsgruppe der Koalition ihren Sitz hatte. Er hatte Snacks eingepackt, und er war enttäuscht gewesen, weil Mari nicht mit ihm gefahren war, sondern mit ihrer Mutter Kai, der Vorsitzenden des Lenkungsausschusses der Koalition. Aber er war schwarz gekleidet erschienen wie alle, und jetzt war er singend hier draußen, ohne Staxxx oder Thurwar oder Sai Eye Aye zuzusehen. Stattdessen erinnerte er jeden, der an ihnen vorbei in die Arena ging, dass sie hier Gift zu sich nahmen, ganz gleich wie ansprechend die Verpackung sein mochte. Er war mit seiner Freundin hier, um zu trauern. Außerdem war es cool, dass die anderen Mitglieder fanden, er mache seine Sache gut mit dem Megaphon, einem antiken Stück aus glattem Plastik, das sich in seinen Händen nach Macht anfühlte.

»B3, bin nicht dabei!« Seine Verstärkerstimme führte die Dutzende an, die ihm folgten. Er konnte nicht mehr zählen, wie oft sie um die Arena marschiert waren. Bei jedem Schritt ließen sie ihre Stimmen hören. Sie waren über eine Stunde hier gewesen, bis er sich sicher genug gefühlt hatte, das Megaphon anzunehmen. Und da war er jetzt.

»Okay, leg eine Schippe drauf«, sagte Mari und gab ihm einen sanften Rippenstoß. »Du hast das Mikro, also hau rein.«

»B3, bin nicht dabei!«, skandierte Nile ein letztes Mal. Maris Haar stand in einer Spirale aus schwarzen Locken um ihren Kopf, gehalten von einem schwarzen Band, das Stirn und Haaransatz bedeckte. In ihren braunen Augen lag ein wissendes Sieden, und wenn ihre Lippen sich nur ein wenig kräuselten, erwachten die Grübchen auf beiden Seiten ihres Gesichts zum Leben. Während des Protests war das nicht oft passiert, aber dafür hatte Nile natürlich Verständnis.

Nile hörte der Menge zu, hörte, wie die Worte eher schleppend als sprudelnd aus ihren Kehlen kamen. Er nahm den Mund von seinem Megaphon und flüsterte Mari zu: »Okay so?«

»Das ist böse, wie du weißt, auf BBB sind wir nicht heiß«, antwortete sie.

»Das ist böse, wie du weißt, auf BBB sind wir nicht heiß«, wiederholte Nile ins Megaphon. Die kleine Gruppe schrie Beifall und setzte ihre Runde um die Arena fort. Unter den wachsamen Augen der Soldatenpolizei skandierten sie mit neuerlicher Energie. Bevor er selbst mutig genug gewesen war, die Ruf-und-Antwort-Gesänge anzuführen, hatte Nile andere aufmerksam dabei beobachtet. Es war eine Kunstform. Die schnelle, präzise, ehrliche Wahl von Worten, die den Augenblick tragen konnten. Machte man es falsch, fühlte es sich schwerfällig an wie das Laufen mit einem verstauchten Knöchel. Machte man es richtig, war es, als hätte man all die Leute, die sich versammelt hatten, zu einer einzigen mächtigen Kraft zusammengenäht, einig und unbezwingbar. Und wenn man genug Leute in einer Stimme versammeln konnte, dann, so glaubte Nile, konnte man alles erreichen.

Das ist böse, wie du weißt, auf BBB sind wir nicht heiß.

Das ist böse, wie du weißt, auf BBB sind wir nicht heiß.

Das ist böse, wie du weißt, auf BBB sind wir nicht heiß.

Nile betrachtete die Leute um ihn herum. Die Soldatenpolizisten waren ihre »Eskorte« und dienten ihrem Schutz, wie es die Genehmigung versprach. »Beantrage eine Genehmigung, und du gibst ihnen Macht«, hatte Kai drei Meetings zuvor gesagt. Aber die örtliche Vroom-Vroom-Gruppe, die die Demonstration anführte, hatte sich für Genehmigungen entschieden. Sie hatten auf zahlreiches Erscheinen gehofft und wollten sicher sein, dass die Veranstaltung nicht allzu verrückt wurde. Jetzt war Nile einer Meinung mit Kai.

Die Soldatenpolizisten waren in dunklem Blau und strengem Schwarz uniformiert, sie umkreisten die Gruppe auf ihren Motorrädern oder gingen mit geblähter Brust umher, ihre Dienstmarken glänzten in der milden Spätnachmittagssonne. Und wie bei den meisten Sportveranstaltungen, Konzerten und (vor allem) Demonstrationen und Protesten parkte ein kleiner schwarzer Panzer auf der anderen Straßenseite. Die Buchstaben VVDP leuchteten gelb auf der Flanke, der Kopf eines einzelnen Soldatenpolizisten ragte oben heraus, entspannt grinsend unter dem Visier seines Helms.6 Als ein Auto vorbeigefahren war und die Insassen den Demonstranten »Bitches!« zugeschrien hatten, hatte Nile gesehen, wie einer der Officers grinste und dem Fahrer den hochgestreckten Daumen gezeigt hatte. Aber ein paar Zuschauer hatten auch solidarisch die Fäuste erhoben. Manche klatschten, als sie vorbeikamen. Andere lachten. Aber die meisten taten, als wären die Demonstranten gar nicht da. Und natürlich taten ein paar auch gar nichts. Sie dachten wirklich nicht über die Tatsache nach, dass Männer und Frauen jeden Tag von derselben Regierung getötet wurden, der ihre Kinder in der Schule Treue gelobten.

Das ist böse, wie du weißt, auf BBB sind wir nicht heiß.

Das ist böse, wie du weißt, auf BBB sind wir nicht heiß.

Nile wurde allmählich heiser. Er kniff Mari in die Schulter und hielt ihr das Megaphon hin.

»Nee, mach du mal«, sagte Mari und schraubte den Deckel von ihrer Wasserflasche. Sie demonstrierte mit großem Theater, wie erfrischend es war, und verschluckte sich vor Lachen fast an dem Wasser. Nile schluckte seinen Speichel hinunter und wollte eben weiterbrüllen, als die Musik wieder anhob. Von draußen konnten sie es gut hören – das musikalische Thema für einen der tödlichsten und beliebtesten Hard-Action-Sport-Stars, Hamara Stacker, berühmt als Hurricane Staxxx.

»Scheiße«, sagte Nile, bevor er daran dachte, das Megaphon von den Lippen zu nehmen. Er hatte sein Bestes getan, um den eigentlichen BattleGround zu umgehen. Aber die Brutalität war überall. Angeblich bereitete SportsViewNet eine komplette Berichterstattung über die Spiele vor. Bis jetzt hatten sie nur Standfotos der Links gezeigt, auf denen eine Person die Faust in die Luft stieß oder den Bizeps anspannte oder sich auf die Brust trommelte, während die andere tot auf der Erde lag. Jetzt würde man auch noch diesen geringen redaktionellen Anstand im Interesse der umfassenden Berichterstattung fahren lassen. Im Gegensatz zum Pay-per-Stream-Modell würde Chain-Gang über die Standardstreams mühelos zu empfangen sein.

Nile schaute SportsViewNet nicht mehr.

Im Angesicht des BattleGrounds fühlte er sich, als wären all seine Organe freigelegt. Als er noch zur Schule gegangen war, in den wenigen Jahren nach der Einführung der Chain-Gang All-Stars, hatte er Freunde verloren, weil er sich weigerte, über die Deathmatches zu reden, außer um das Töten mit harten Worten zu kritisieren. Er hatte ein paar Jahre gearbeitet, bevor er sich immatrikulierte. Als Freshman war er im Alter eines traditionellen Seniors gewesen, und seine Weigerung, sich auf irgendetwas im Zusammenhang mit den Chain-Gangs einzulassen, machte ihn auf dem Campus noch mehr zum Einzelgänger.

Das ist ein Sport.

Sie melden sich freiwillig.

Der Typ ist ein Vergewaltiger, Bro.

Da sind auch Weiße dabei. Es ist fair.

Diese Leute sind gefährlich.

Sei kein Waschlappen.

Alles hatte er abgelehnt, und das hatte ihn zu einer sehr eigentümlichen Person gemacht. Aber schließlich hatte er Freunde gefunden, die der gleichen Ansicht waren wie er, und weil sie wussten, sie mussten etwas tun, waren sie Aktivisten geworden. Sie versuchten es wenigstens. Die meiste Zeit feierten sie Partys und studierten und lebten ihr junges, törichtes Leben. Aber wenn sie Zeit hatten, demonstrierten sie und hielten Meetings ab. Man nannte sie die Menschliche Liga. Nile, der drei Jahre zuvor sein Examen gemacht hatte, war stolz darauf, dass es auf dem Campus immer noch eine Ortsgruppe gab.

»Junge, beweg dich«, sagte Mari knapp und nahm ihm das Megaphon aus der Hand. Sie holte tief Luft und rief, lauter und klarer als Nile: »Ein Mann wurde heute ermordet.« Als sie anfing zu sprechen, klang es, als stellte sie eine Tatsache fest – beinahe beiläufig. »Ein Mann wurde heute ermordet«, sagte sie zum zweiten Mal und ließ sich auf die Knie sinken. Die Gruppe um sie herum tat es ihr nach, in einer Welle, die nicht ganz die Gleichförmigkeit einer Reihe fallender Dominosteine besaß. Schließlich lagen sie alle auf dem Rücken oder auf dem Bauch auf der South Plaza der MotoKline Arena, wie sie es immer taten, wenn ein Match zu Ende ging, während sie demonstrierten.

»Ein Mann wurde heute getötet!« Mari schrie, als hätte sie ein Familienmitglied vor sich. Einen Vater. Nile sah, wie ihre Brust sich hob und senkte, und spürte ihre rohe Energie, wild und wahrhaftig. Sie hatte kein leichtes Leben gehabt. So vieles darin war von Leuten definiert worden, die sie nicht kannte, von Leuten, die ihr genommen worden waren. Als Nile versucht hatte, mit ihr darüber zu sprechen, wie sie aufgewachsen war, brachte sie ihn rasch zum Schweigen. Er bedrängte sie nicht gern, aber er nahm sich vor, sie zu fragen, ob sie nach dem Protest mit ihm reden wolle.

»Ein Mann wurde heute hier umgebracht!«, schrie Mari noch einmal. Sie schaute zum Himmel und atmete zwischen ihren Schreien tief durch. Die Marschierer waren bei ihr. Nile war bei ihr. Er streifte versehentlich den Boden mit den Lippen, aber es machte ihm nichts aus. Sie waren ein lebendes Denkmal. Sie waren eine Einheit. Ihre Stimmen, angeführt von Mari, kamen aus ihren Mündern und halfen ihren Seelen, sich zu synchronisieren. Sie wiederholten ihren Singsang.

Ein Mann wurde heute hier getötet.

Ein Mann wurde heute hier getötet.

Ein Mann wurde heute hier getötet.

Und dann: Wir hoffen und beten für eine andere Welt. Wir bitten euch zu sehen, dass wir uns verirrt haben. Es gibt einen besseren Weg. Bitte seht uns. Ihr habt Angst. Wir haben Angst, und darin sind wir gleich. Bitte hört uns. Ein Mann wurde ermordet. Sein Name war –

Nile wühlte sein Telefon hervor und fand die Information.

»Sein Name war Barry Harris«, sagte er zu Mari.

»Sein Name war Barry Harris!«, schrie Mari, und das Gerät verwandelte ihre Stimme in einen Chor der Wut und Anbetung ihrer selbst.

Sein Name war Barry Harris!, schrie die Gruppe in die Welt.

Sein Name war Barry Harris, sagten sie, und zusammen bedeuteten sie so viel mehr.

Er wurde geboren und hat gelebt und geliebt und gehasst. Wir haben keine Entschuldigung für ihn oder das Chaos und den Schmerz, den er in die Welt geschleudert hat, aber weil wir sehen und wissen, dass das, was er in einem Augenblick der Verwirrung und der Wut getan hat, ein Angriff war auf alles, was heilig ist, müssen wir uns erinnern und sehen, dass das, was wir ihm als Vergeltung angetan haben, ihm versichert hat, dass er recht hatte. Die Vergeltung mit gleicher Münze versichert ihm, dass er nicht unrecht hatte, sondern nur klein war. So zu strafen, das ist, als wässerte man ein Saatkorn. Sein Name war Barry Harris. Sein Name war Barry Harris. Wir haben ihn geopfert, um unserer Angst Nahrung zu geben. Um unsere Trägheit zu hätscheln.

Sein Name war Barry –

»Fickt euch alle!«, kam es aus einem Fensterspalt. Der Wagen fuhr vorbei, ohne anzuhalten, aber die Worte waren durchgedrungen.

»Fick dich selbst!«, rief einer der Marschierer angespannt vor Wut.

»Hey, ist schon gut, hey.«

»Nein, fick diesen Scheißkerl!«

Kai und ein paar andere gingen zu dem Mann, um ihn zu beruhigen. Er stand jetzt da und hielt die Fäuste wie kleine Waffen an den Seiten. Nile sah, wie der Officer der Soldatenpolizei am Fußgängerüberweg kicherte und seine weißen Zähne zeigte. Er stellte das Lächeln einen Augenblick ein, als ihm klar wurde, dass Nile ihn anstarrte. Dann lachte er noch einmal und beließ es schließlich bei einem matten Grinsen. Nile wischte sich Erde vom Mund und hörte, plötzlich und entschieden, das Geräusch einer Faust, die in ein Gesicht schlug. Einen Moment lang war er verwirrt und wusste nicht, wie und wo, aber als er sich umdrehte, sah er, dass eine neue Gruppe von Männern, deren Hemden allesamt mit ihren bevorzugten Links verziert waren, auf die South Plaza gerannt kamen. Einer hatte ein tätowiertes X unter dem rechten Auge. Die Schlägerei war schon im Gange. Mari lief auf die Leute zu, die aufeinander einschlugen.

Mari, die soeben ihren Vater verloren hatte, den Mann, der als Sunset Harkless bekannt war, einer der berühmtesten Links der Welt, zog in den Kampf.

Und Nile zog hinterher, auch er spürte die Gewalt in sich.

Teacup

Hass Omaha war lebendig in ihren Händen, als sie damit in die Luft schlug und den Hammer mit Schultern und Rücken langsam und methodisch zurückzog. Seine Vorderseite war breit und stumpf, der Stiel einen Meter lang, und er endete in einer wütenden Spitze, die Knochen, Haut und ein paar Metalle durchdringen konnte, wie Thurwar es in ihren Kämpfen gegen Kenny Da Doggone, Demi-Demon Fletch und Sarah Go bewiesen hatte. Die Rückseite des Hammers krümmte sich wie ein Skorpion nach vorn.