Clever essen für den Darm - Michael Mosley - E-Book

Clever essen für den Darm E-Book

Michael Mosley

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Beschreibung

Kaum ein Organ ist so entscheidend für die Gesundheit wie der Darm: Unser Körpergewicht, unsere Stimmung und unser Immunsystem werden von den Bakterien beeinflusst, die sich dort tummeln. Arzt und Bestsellerautor Dr. Michael Mosley erklärt, was den Darm aus dem Gleichgewicht bringt und Allergien, Nahrungsmittelintoleranzen und Übergewicht entstehen lässt. Er zeigt, wie wir unseren Körper von innen heraus heilen können, und liefert wissenschaftlich fundierte Tipps für eine gesunde Darmflora. Mit über 50 darmgesunden Rezepten und 2-Stufen-Diätplan zur gezielten Darm-Regeneration.

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Seitenzahl: 255

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Buch

Spätestens seit dem Bestseller »Darm mit Charme« hat sich herumgesprochen, dass der Darm eine ganz entscheidende Rolle in unserem Körper spielt. Unser Körpergewicht, unsere Stimmung und unser Immunsystem werden vom Mikrobiom beeinflusst. Der Arzt und Bestsellerautor Dr. Michael Mosley erklärt, wie Junkfood und Antibiotika den Darm aus dem Gleichgewicht bringen und Volkskrankheiten wie Allergien, Nahrungsmittelintoleranzen und Übergewicht entstehen lassen. Er zeigt, wie wir unseren Körper von innen heraus heilen können, und liefert wissenschaftlich fundierte Tipps zu Themen wie prä- und probiotische Lebensmittel, Fermentieren und Fasten. Mit vielen Rezepten und Checklisten sowie einem 2-Stufen-Diätplan zur gezielten Darm-Regeneration.

Autor

Dr. Michael Mosley ist Arzt, Wissenschaftsjournalist und Autor zahlreicher Bestseller, darunter The Fast Diet. Er kreierte zahlreiche preisgekrönte Wissenschaftsdokumentationen und wurde von der British Medical Association zum »Medical Journalist of the Year« ernannt. Mosley gehört zu den bekanntesten Medizinern Großbritanniens.

www.cleverguts.com

Außerdem von Dr. Michael Mosley im ProgrammThe Fast Diet – Das Original ( auch als E-Book erhältlich)Fast Fitness – Das Original ( auch als E-Book erhältlich)Die 8-Wochen-Blutzucker-Diät ( auch als E-Book erhältlich)

Dr. Michael Mosley

Clever essen für den Darm

Darmflora in Balance bringen, Immunsystem stärken, natürlich Gewicht verlieren

Mit 2-Stufen-Plan

Aus dem Englischen von Stefanie Hutter

Die englische Originalausgabe erschien 2017 unter dem Titel »The Clever Guts Diet« bei Short Books, London.Alle Ratschläge in diesem Buch wurden vom Autor und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung des Autors beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

1. Auflage

Deutsche Erstausgabe Januar 2019

Copyright © 2017 der Originalausgabe: Parenting Matters Ltd.

Copyright © 2019 der deutschsprachigen Ausgabe: Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlag: Uno Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: FinePic®, München

Redaktion: Birthe Vogelmann

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

KW ∙ Herstellung: IH

ISBN 978-3-641-22792-0V002

www.goldmann-verlag.deBesuchen Sie den Goldmann Verlag im Netz:

INHALT

Einleitung

TEIL I

Runter damit

In den Dünndarm … und etwas weiter

Das Reich des Mikrobioms

Der Einfluss Ihres Mikrobioms auf Sie und umgekehrt

Clever essen für den Darm

Was dem Biom außerdem guttut

TEIL II

Die Sanierung des Bioms – ein Heilprogramm in zwei Phasen

Rezepte

Phase 1 – Speiseplan Weglassphase

Phase 2 – Speiseplan Wiedereinführung

Clever-Essen-Tagebuch für Symptome und Ernährung

Nahrungsmittel mit viel resistenter Stärke

Welche Probiotika helfen wogegen?

Quellen

Dank

Sachregister

Rezeptregister

»Alle Krankheiten haben ihren Ursprung im Darm.«

Hippokrates von Kos,Vater der modernen Medizin

EINLEITUNG

»Clever essen« muss nicht unbedingt auf Gewichtsabnahme abzielen. Sie kann eintreten, wenn Sie meine Ernährungs- und Verhaltensempfehlungen umsetzen, sie ist aber nicht das primäre Ziel. Clever essen für den Darm ist eher ein Ernährungsprogramm wie vegetarische oder Mittelmeerkost. Es geht nicht um Kalorien oder Einschränkung; es geht um Nahrungsmittelauswahl und Veränderungen der Lebensweise, die helfen können, wenn Ihr Darm Probleme macht oder wenn Sie ihn einfach gut in Schuss halten wollen.

Der Darm ist ein Organ, das wenig Aufmerksamkeit erhält. Als ich Medizin studierte, wollten sich viele meiner Kollegen dem Gehirn zuwenden und Neurochirurgen werden oder sich als Kardiologen auf das Herz spezialisieren. Keiner kam je auf die Idee, seine berufliche Laufbahn dem Darm zu widmen. Dabei ist er einzigartig – ein bisher ziemlich unerforschter Teil unseres Körpers, der mich neuerdings in seinen Bann gezogen hat. Dank umfangreicher neuer Forschungen verändert das zunehmende Wissen über die Welt in unserem Darm unsere Vorstellung von der Funktionsweise unseres Körpers.

Der Darm entzieht der Nahrung Energie, ist aber auch für einen Großteil der Immunabwehr zuständig und produziert mehr als zwei Dutzend Hormone, die von unserem Appetit bis zu unserer seelischen Verfassung alles beeinflussen.

Ganz besonders fasziniert mich, dass tief im Darmgewebe eine sehr dünne Schicht Gehirn verborgen ist. Das sogenannte enterische Nervensystem besteht ebenso aus Neuronen wie das Gehirn. Mit mehr als 100 Millionen Nervenzellen weist der Darm etwa so viele auf wie das Gehirn einer Katze. Die Neuronen sind hier jedoch nicht wie im Gehirn zusammengeballt, sondern als dünnes Geflecht über den gesamten Gastrointestinaltrakt verteilt, von der Kehle bis zum Rektum. Dieses »zweite Gehirn« hält sich nicht mit Geometrie oder Steuererklärungen auf, sondern steuert Dinge wie Verdauung und mäßige Darmschmerzen.

Wenn wir von »Bauchgefühl« sprechen, bringt das deutlich zum Ausdruck, wie eng Darm und Gehirn miteinander verflochten sind. Ich werde mich in diesem Buch eingehend mit der »Darm-Hirn-Achse« und den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen dazu befassen.

Ihr Darm ist ein technisches Wunderwerk, und ich hoffe, dass Sie meine Begeisterung teilen werden, wenn Sie dieses Buch gelesen haben. Doch in vielerlei Hinsicht gehören die eigentlichen Akteure der Verdauung nicht wirklich zum menschlichen Körper – das sind die ein bis zwei Kilo Mikroben, die in Ihrem Darm leben und das Mikrobiom bilden.

Bis vor kurzem war die Welt des Mikrobioms dunkel, feucht und geheimnisvoll. Die Lebewesen dort unten haben niemals Tageslicht gesehen. Es sind mehr als 50 Billionen, mindestens 1000 verschiedene Arten – eine schier unglaubliche Vielfalt. Wie so oft bei neuen wissenschaftlichen Entdeckungen kam es zu Fehlinterpretationen und Übertreibungen der Forschungsergebnisse. Der Hype, der heute um diese Mikroben gemacht wird, ist mindestens ebenso groß wie die Missachtung, die man ihnen früher entgegenbrachte. Neuere Forschungen zeigen, dass wir nicht zu »90 Prozent Bakterien« und zu »10 Prozent Mensch« sind, wie viele Bücher und Artikel behaupten, sondern wohl eher 50:50.1 Einer der Forscher, die dieses Gerücht entkräfteten, meinte, die Anteile wären so gleich, dass »jeder Stuhlgang das Pendel zugunsten der menschlichen Zellen ausschlagen lassen könnte«.

Noch wichtiger ist, dass zwar manche Lebensmittel dieses Mikrobiom bestens gedeihen lassen (darum enthält dieses Buch Rezepte), doch nur wenige mit dieser Masche vermarktete Produkte einen soliden wissenschaftlichen Hintergrund haben. Ich werde Ihnen erklären, welche Präbiotika, Probiotika und Ergänzungspräparate wirklich halten, was sie versprechen.

Dass wir so wenig über das Mikrobiom wissen, liegt zum Teil daran, dass man dessen Bewohner, die Mikroben, bis vor kurzem nicht untersuchen konnte. Wir wussten, dass sie den Darm vor gefährlichen Eindringlingen schützen, dass sie einige Vitamine synthetisieren und dass sie von Ballaststoffen leben, die unser Körper nicht verdauen kann.

Nun wissen wir, dass dies längst nicht alles ist:

Sie tragen zur Regulierung unseres Körpergewichts bei. Wie wir in späteren Kapiteln sehen werden, können die Mikroben in Ihrem Darm darüber entscheiden, wie viel Energie Ihr Körper aus der Nahrung gewinnt; sie steuern Hungersignale; sie beeinflussen Ihr Verlangen nach Nahrungsmitteln; und sie bestimmen, wie hoch die Blutzuckerspitzen nach einer Mahlzeit sind. Kann Ihr Mikrobiom Sie dick machen? Mit Sicherheit. Können Sie Ihr Mikrobiom so beeinflussen, dass es vom Gegner zum Verbündeten wird? Mit Sicherheit – und ich zeige Ihnen, wie.Das Mikrobiom schützt den Darm nicht nur vor Eindringlingen, es lehrt und steuert unser gesamtes Immunsystem. Wir beobachten seit einem halben Jahrhundert einen massiven Anstieg allergischer Erkrankungen wie Asthma und Neurodermitis, die durch ein überaktives Immunsystem hervorgerufen werden. Auch die Autoimmunerkrankungen haben sehr stark zugenommen, von entzündlichen Darmerkrankungen bis zu Typ-1-Diabetes – auch sie gehen in erster Linie auf ein Immunsystem zurück, das außer Kontrolle geraten ist. Ich werde Ihnen zeigen, wie ein anderer Mix von Darmbakterien diese Erkrankungen entschärfen kann.Das Mikrobiom verwandelt die Nahrungsteile, die unser Körper nicht verwerten kann, in eine Vielzahl von Hormonen und chemischen Stoffen. Und diese scheinen entscheidend für unsere seelische Verfassung, unseren Appetit und unsere Gesundheit allgemein zu sein. Eine Änderung Ihres Bioms kann Ängste und Depressionen mindern.

Doch tragischerweise haben wir in unserer Ahnungslosigkeit ziemlichen Schaden in unserem Mikrobiom und an den dort lebenden Mikroben, unseren »alten Freunden«, angerichtet. »Alte Freunde« deshalb, weil sie sich mit uns über Millionen von Jahren entwickelt haben und weil so viele von ihnen für unsere Gesundheit unverzichtbar sind. Wir haben nicht nur die Regenwälder dezimiert und zahlreiche Tierarten ausgerottet, wir haben auch an den Populationen in unserem Inneren schweren Schaden angerichtet. Glücklicherweise können wir diesen »alten Freunden« zu neuem Leben verhelfen. Ich werde Ihnen zeigen, wie.

Ich werde mich auch mit den neuesten Therapien für eine Reihe von Darmstörungen beschäftigen, von Glutenunverträglichkeit bis zum Reizdarmsyndrom. Viele Menschen haben mit diesen Erkrankungen zu kämpfen, zum Teil deshalb, weil Ärzte sie nicht erkennen und falsch behandeln. Sie werden häufig als »psychosomatisch« abgetan – also als Folge von Angst oder Depression. Dasselbe sagte man auch von Magengeschwüren. Magengeschwüre sind offene Wunden an der Magenschleimhaut.

Im Jahr 1994, als ich eine TV-Dokumentation über Geschwüre drehte (die ich wenig phantasievoll als Ulcer Wars, »Geschwürkriege«, bezeichnete), waren sie häufig und galten als unheilbar. Man nahm allgemein an, sie würden durch Stress und die damit verbundene überhöhte Magensäureproduktion verursacht. Die ärztliche Standardempfehlung lautete, mild gewürzte Speisen zu essen, den Stress zu reduzieren und ein Medikament zur Verringerung der Säureproduktion zu nehmen. Wenn das nicht half, was oft der Fall war, wurde mitunter operativ ein Teil des Magens entfernt.

Doch im westaustralischen Perth gab es einige Ärzte, die nicht davon überzeugt waren, dass Magengeschwüre durch Stress verursacht wurden. Sie vertraten die Ansicht, die meisten Magengeschwüre würden durch Infektion mit dem bis dahin unbekannten Bakterium Helicobacter pylori verursacht.

Zum Beweis trank einer der Wissenschaftler, Dr. Barry Marshall, 1984 ein Fläschchen mit Helicobacter. Wenige Tage später setzte, wie er lächelnd erzählte, das Erbrechen ein. Er ließ eine Endoskopie vornehmen; ein dünner Schlauch wurde durch den Mund in seinen Magen eingeführt. Von seiner nun entzündeten Magenschleimhaut wurden kleine Proben genommen. Diese zeigten, dass sein Magen nun von Helicobacter besiedelt war.

Barrys Frau Robin war sehr besorgt, dass er schwer erkranken würde, und bestand auf Beendigung des Experiments. Barry nahm eine Handvoll Antibiotika, die, wie er vorher gezeigt hatte, Helicobacter abtöten konnten, und sein Magen war bald wieder normal.

Zehn Jahre später wiesen die meisten Experten, die ich für meine Doku interviewte, Barrys Arbeit entschieden zurück, obwohl umfangreiche Untersuchungen gezeigt hatten, dass eine kurze Antibiotikagabe Magengeschwüre heilen konnte. Einer meinte, er könne nicht glauben, dass wesentliche Fortschritte aus einem »akademischen Provinznest« wie Perth kommen konnten. Ein Darmfachmann, der eine Kritik meiner Dokumentation für das British Medical Journal verfasste, beschrieb sie als »einseitig und tendenziös«.

Normalerweise dreht man einen Dokumentarfilm, er wird gesendet und fertig. Nicht so bei Ulcer Wars. Ich erhielt Zehntausende Briefe (damals gab es weder Internet noch E-Mail) von Menschen mit schlimmen Schmerzen, denen Standardtherapien nicht halfen. Ich versandte schließlich Tausende Infoblätter über den wissenschaftlichen Hintergrund und Barrys Antibiotika-Protokoll.

Einige der Antworten habe ich aufbewahrt. Eine stammte von einem Mann namens Brian, dessen Geschwür nicht auf die Standardtherapie angesprochen hatte und dem man geraten hatte, seinen geliebten hochkarätigen Job aufzugeben und den Großteil seines Magens entfernen zu lassen. Er ging mit meinem Infoblatt zum Arzt und bat um Antibiotikabehandlung. Sein Arzt stimmte widerwillig zu, und das Magengeschwür war nach wenigen Wochen vollständig geheilt. Er schrieb mir in der Folge regelmäßig und berichtete, dass es ihm immer noch gut ginge.

Allmählich setzte ein Wandel ein, und ich freute mich sehr, als Barry Marshall und Robin Warren im Jahr 2004 für ihre Arbeit den Nobelpreis für Medizin erhielten. Bei Magengeschwüren Ausschau nach Helicobacter zu halten und die Infektion zu behandeln, ist mittlerweile Standard.

Und ich will damit nicht sagen, Antibiotika wären eine Lösung für alles. Das sind sie nicht, und ihr übermäßiger Gebrauch verursacht schlimme Darmprobleme. Und ich sage auch nicht, Stress wäre ohne Folgen. Das ist er nicht, und ich werde Ihnen bewährte Methoden zur Stressbekämpfung vorstellen.

Mir kommt es vielmehr darauf an, dass viele Erkrankungen als psychosomatisch bezeichnet werden, weil Ärzte nicht die Mittel zur Hand haben, sie richtig zu untersuchen. In den 1930er-Jahren wurde Asthma mit Psychotherapie behandelt, weil man irrtümlich annahm, es wäre »alles nur Einbildung«. Autismus und Schizophrenie wurden einst auf schlechte Erziehung zurückgeführt.

Ein Grund für dieses Buch ist meine Überzeugung, dass sich viele häufige Darmstörungen besser mit Ernährungsumstellung als mit Medikamenten oder Antidepressiva behandeln lassen.

Die ersten Kapitel sind eine Einführung in das Thema »Darm« in Form einer Reise durch meinen eigenen Darm. In diesen Kapiteln wird nicht nur auf die Aufgaben des Darms eingegangen, sondern auch darauf, was passiert, wenn etwas schiefläuft.

Kapitel 3 führt uns in die wunderbare Welt des Mikrobioms und einiger wichtiger Stämme, die man dort antrifft.

Die darauffolgenden Kapitel beschäftigen sich mit dem überraschenden Einfluss des Mikrobioms, in der Folge wenden wir uns wissenschaftlich erprobten Methoden zu, das Mikrobiom gut in Schuss zu halten. Und schließlich gibt es einen Abschnitt mit Rezepten, die von der Ernährungstherapeutin Tanya Borowski und der Ärztin Clare Bailey beigesteuert wurden.

Ich habe viel Überraschendes gelernt und enormen Nutzen aus den Recherchen für dieses Buch gezogen. Ich esse nun wesentlich abwechslungsreicher und konsumiere auch fermentierte Nahrungsmittel, die ich nie zuvor probiert hatte. Ich habe die Reise sehr genossen. Sie werden das hoffentlich auch tun!

TEIL I

RUNTER DAMIT

Ich stand im Londoner Science Museum und begann mich zu fragen, ob die Idee wirklich so gut gewesen war. Ich hatte mich von der Begeisterung mitreißen lassen und bereit erklärt, an einem Live-Event in dem weltberühmten Museum teilzunehmen. Ich würde eine Kamera in Größe einer Pille schlucken, die über Sensoren an meinem Körper mit einem riesengroßen Bildschirm verbunden war, über den Hunderte Menschen gemeinsam mit mir die fremdartige Welt im Inneren meines Darms erkunden konnten.

Während meines Medizinstudiums und später, während meiner Arbeit als TV-Moderator, hatte ich schon bei einigen eher bizarren und unangenehmen Experimenten mitgemacht, doch mit diesem hier war eine neue Qualität erreicht. Zur Vorbereitung hatte ich 36 Stunden gefastet und einige starke Abführmittel genommen. Damit war sichergestellt, dass die Kamera möglichst klare Sicht haben würde, wenn sie in die düsteren Gefilde meines Verdauungssystems vordrang.

Mir wurde plötzlich klar, dass ich nach dem Schlucken der Kamera keinen Einfluss mehr haben würde – wie lange die Reise durch meinen Darm dauern würde, wusste niemand. Wir wissen, dass Nahrungsmittel bis zu drei Tage brauchen, um den Weg von den Lippen bis zum Ausgang zu bewältigen, manchmal sogar länger. Ich erwartete, dass die vier Liter Abführmittel, die ich am Vorabend getrunken hatte, die Reise der Pillenkamera eher beschleunigen würden. Aber mein Publikum war gewarnt worden, dass es sehr lange dauern konnte, bis die Kamera das andere Ende erreichte.

Die Kamera, die ich schlucken sollte, war glatt und länglich, etwas mehr als einen Zentimeter lang – etwa so groß wie eine Vitamintablette. Wenn man bedenkt, dass sie praktisch eine gesamte Filmcrew mit Beleuchtung, Kamera und allem Drum und Dran beinhaltet, ist das ziemlich beeindruckend. Aber man muss sie erst einmal schlucken! Sie gehört zu einem Untersuchungskit, den Gastroenterologen normalerweise verwenden, um Teile zu erreichen, in die Endoskope und Koloskope nicht vordringen können.

Als alle Vorbereitungen getroffen waren, schluckte ich die Pillenkamera mit einem Glas Wasser. Und die Reise begann – vorbei an meinen Rachenmandeln und in die Speiseröhre, mit Live-Aufnahmen von unterwegs. Wenn wir einen Bissen schlucken, registriert die Speiseröhre die Berührung ihrer Wand und setzt Muskelkontraktionen in Gang, um die Nahrung nach unten zu befördern. Diese Kontraktionen sind so kräftig, dass man theoretisch auch im Kopfstand essen könnte.

Sie sollten die Kamera also in den Magen befördern – theoretisch. In Wirklichkeit blieb sie stecken, wo die Speiseröhre auf den Magen trifft.

In einer kurzen Panik sah ich mich schon auf dem Operationstisch landen, doch glücklicherweise passierte die Kamera die Engstelle, nachdem ich ein wenig am Platz gehüpft war.

Den eigenen Magen über ein Fischaugenobjektiv von innen zu sehen, ist eine ungewöhnliche Erfahrung. Die pulsierenden, dynamischen Hohlräume da unten wirken ausgesprochen exotisch. Sie sind voller Matsch und rosafarbenen Häuten. Wenn der Magen leer ist, bildet die Schleimhaut in seinem Inneren Falten und sieht aus wie sumpfiger Untergrund. Irgendwie erinnerte sie mich an die Oberfläche des Mars. Nur schleimiger. Und wesentlich aktiver. Die Magenwände sind ständig in Bewegung, ziehen und falten sich zusammen. Die Kamera wäre wohl zerstampft und zertrümmert, von Magensäften, die so sauer sind wie eine Autobatterie, aufgelöst worden, wäre sie nicht so resistent. Dieses Säurebad zerstört alle schädlichen Bakterien oder Parasiten, die wir mit der Nahrung aufnehmen.

Bei manchen Menschen gelangt der äußerst saure Mageninhalt zurück in die Speiseröhre. Dieser saure Reflux kann sehr schmerzhaft sein, weil die Schleimhäute verätzt werden. Er wird meist mit Antazida behandelt, welche die Magensäure neutralisieren. (Bei leichten Beschwerden kann Ingwertee helfen – lassen Sie einige Scheiben Ingwer etwa 30 Minuten in heißem Wasser ziehen. Trinken Sie den Tee vor der Mahlzeit.)

Allerdings erhielten wir die ersten Einblicke in die Arbeit unserer Verdauungsorgane nicht über eine Kamera, sondern durch einen schrecklichen Unfall. Die Geschichte beginnt im Juni 1822, als der junge Kanadier Alexis St. Martin am Ufer des Lake Michigan mit einer Schrotflinte angeschossen wurde. Der Schuss ging durch seine Rippen, die Lunge und die vordere Magenwand. Teile des noch unverdauten Frühstücks kamen ebenso heraus wie Fetzen des verletzten Magens. Als Erster zur Stelle war ein junger Armeearzt namens William Beaumont. Er versorgte die Wunde, doch es sah nicht gut aus – er erwartete nicht, dass Alexis überleben würde. Doch er überlebte und bescherte uns sozusagen die ersten modernen Erkenntnisse über die Arbeitsweise unserer Verdauung.

Die ursprüngliche Wunde war etwa so groß wie die Handfläche eines Mannes gewesen und befand sich oben an der linken Seite des Brustkorbs. Wir vermuten den Magen immer in der Körpermitte, unter dem Nabel, weil gurgelnde Geräusche und Magenschmerzen scheinbar von dort ausgehen. In Wahrheit ist er aber viel weiter oben, unmittelbar unterhalb des Zwerchfells. Das große Loch in der Brust wurde kleiner, schloss sich aber nicht vollständig, und es blieb eine Öffnung, die von außen direkt in den Magen führte. Eine solche Öffnung bezeichnet man als Fistel.

Das war für Alexis St. Martin weniger gut, für William Beaumont aber eine tolle Gelegenheit, den Verdauungstrakt an einem lebenden Menschen zu untersuchen, wie es keinem anderen Arzt vor ihm je möglich gewesen war.

Beaumont stellte Alexis als Diener an, um ihn in seiner Nähe zu haben, und begann eine Reihe von Untersuchungen, die sich über beinahe zehn Jahre erstreckten. Er packte Nahrungsmittel – etwas Gemüse oder Fleisch – in Baumwollstoff und führte sie über die Fistel direkt in Alexis’ Magen ein. Dort ließ er sie eine Weile und zog sie schließlich wieder heraus, um zu sehen, was geschehen war. Etwa so, wie wenn man eine Tasse Tee zubereitet. Obendrein entnahm Beaumont Alexis’ Magen auch Magensaft. Seine Experimente erwiesen sich als geradezu revolutionär, denn sie stellten alles auf den Kopf, was man bis dahin angenommen hatte.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war man noch der Meinung gewesen, die Verdauung wäre eine rein mechanische Angelegenheit, die Muskeln im Magen würden die Nahrung zu Brei verarbeiten. Beaumont zeigte, dass das nicht stimmte. Verdauung ist auch ein chemischer Vorgang. Er stellte etwa fest, dass in den Säften, die er Alexis’ Magen entnahm, viel Salzsäure enthalten war, die stark ätzend ist. Außerdem entdeckte er, dass diese Säfte viele Verdauungsenzyme enthielten, die Nahrung zerlegen konnten, wenn man sie in einer Schüssel damit mischte.

Was passiert nach dem Essen oder Trinken?

Es interessierte mich, einen Teil dieser Aktivität in meinem eigenen Magen zu beobachten. Ich verzehrte mit der Kamera im Bauch eine Portion Steak mit Pommes frites und Gemüse und trank ein Glas Apfelsaft.

Zusammen mit meinem faszinierten und ein wenig abgestoßenen Publikum sah ich, wie Essen und Trinken im Magen eintrafen. Die Flüssigkeit rann sofort an den Magenwänden hinunter zum Magenausgang. Dort befindet sich der Magenpförtner oder Pylorus, der darüber entscheidet, wer passieren darf und wer nicht. Solange der Pylorus kontrahiert, also geschlossen ist, verbleibt die Nahrung im Magen und Verdauungssäfte und Magenbewegungen entfalten ihre Wirkung. Wenn der Pylorus feststellt, dass die Nahrung ausreichend zerkleinert worden ist, öffnet er sich und lässt sie in den Zwölffingerdarm passieren. Dieser Vorgang wird sorgfältig gesteuert, daher befinden sich dort auch so viele Nervenzellen.

Der Pylorus befand also nach kurzer Zeit, dass der Apfelsaft, den ich getrunken hatte, okay war, und ließ ihn weiter in den Dünndarm, wie Wasser, das aus der Badewanne läuft.

Hieraus können alle, die Gewicht abnehmen möchten, eine Lehre ziehen: Kalorien nicht in flüssiger Form konsumieren. Im Gegensatz zu fester Nahrung machen Getränke nicht satt. Zu den schlimmsten Übeltätern gehören dabei jene Dinge, die wir für gesund halten. Man hat uns eingeredet, Fruchtsäfte und Smoothies wären gesund, weil sie natürlichen Ursprungs sind und Vitamine enthalten. In Wahrheit sind sie nicht besonders nährstoffreich, wenn sie nicht ganz frisch zubereitet sind. Sie erfreuen sich deshalb so großer Beliebtheit, weil sie dem Gehirn sehr rasch Zucker zuführen.

Der getrunkene Saft läuft durch Speiseröhre und Magen rasch in den Dünndarm, wo der Zucker extrahiert, in die Blutbahn aufgenommen und umgehend ins Gehirn transportiert wird. Das Gehirn schüttet das »Wohlfühlhormon« Dopamin aus und verschafft uns den wohlbekannten Zuckerkick. Jaaa! Ich will mehr davon! Die überschüssige Energie aus dem Zucker muss irgendwo landen. Wenn sie nicht rasch durch reichlich Bewegung verbrannt wird, kommt sie als Fett in die Leber oder die Fettspeicher im Bauchraum. Ein kleines Glas Apfel- oder Orangensaft enthält etwa 120 Kalorien, so viel wie fünf Teelöffel Zucker. Es mag »natürlicher« Zucker sein, aber es ist Zucker – der Körper behandelt ihn wie Coca-Cola. Kommerzielle Smoothies enthalten ähnlich viel Zucker wie Fruchtsäfte, zum Teil sogar mehr. Im absoluten Vergleich ist Traubensaft der schlimmste unter den Säften. Ein Viertelliter davon enthält so viel Zucker wie vier Donuts. Kann man das durch Bewegung abarbeiten? Ja, aber viele Menschen unterschätzen die Menge an Bewegung, die erforderlich ist, um die enthaltenen Kalorien zu verbrauchen.

Vielleicht denken Sie nun: »Wenn das so ist, greife ich einfach zu Getränken mit kalorienfreien Süßungsmitteln, wie sie überall beworben werden.« Leider gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass diese zu Entzündungen im Darm und einem erhöhten Risiko für Fettleibigkeit führen. (Mehr dazu auf im Kapitel »Clever essen für den Darm«, Abschnitt »Künstliche Süßstoffe«.)

Viel besser ist es, die Geschmacksknospen an weniger Süßes zu gewöhnen. Wenn ich Durst habe, halte ich mich an Schwarz- oder Kräutertee, Kaffee und Wasser. Ich liebe gekühltes Sodawasser mit ein wenig Zitrone, Limette oder einer Scheibe Gurke.

Auch wenn ich kein Fan von Fruchtsäften und Smoothies bin, esse ich gerne Obst, besonders Äpfel und Birnen, die weniger süß sind. Der große Unterschied zwischen Äpfeln und Apfelsaft besteht darin, dass ein Apfel wesentlich mehr Nähr- und Ballaststoffe enthält und daher viel länger im Magen bleibt, wodurch der Blutzucker nicht so rapide ansteigt. Die unverdaulichen Bestandteile des Apfels gelangen schließlich durch den Dünndarm in den Dickdarm und werden Futter für die »guten« Bakterien. Mehr darüber später. Kurz gesagt macht ein Apfel also satt, während ein Glas Apfelsaft hungrig und dick macht.

Alkohol

Apropos trinken – was ist mit Alkohol? Was passiert, wenn Sie ein Glas Wein oder Bier trinken? Wie jedes Getränk gelangt es rasch in den Magen. Ist der Magen leer, reizt der Alkohol die Schleimhaut, lässt die Blutgefäße anschwellen und erhöht sowohl die Geschwindigkeit, mit welcher der Alkohol aufgenommen wird, als auch die Menge, die ins Blut gelangt.

Wenn Sie vorher etwas essen, besonders etwas Fettiges, kleidet dies den Magen aus und fungiert als physische Barriere für den Alkohol. Dann gelangt der Alkohol nicht direkt in die Blutgefäße, die den Magen auskleiden, sondern geht durch den Magenpförtner in den Dünndarm.

Der meiste Alkohol wird im Dünndarm absorbiert. Auf diesem Weg braucht er länger, um in die Blutbahn und ins Gehirn zu gelangen. Wenn Sie auf leeren Magen trinken, ist die größte Wirkung des Alkohols im Gehirn etwa nach 30–60 Minuten erreicht. Wenn Sie etwas Fettiges essen, bevor Sie zu trinken beginnen, verzögert sich der Gipfel um etwa eine Stunde.

Sobald Alkohol das Gehirn erreicht, setzt die enthemmende Wirkung ein. Alkohol mag sich anregend anfühlen, ist es aber nicht. Wenn ich zu viel Alkohol trinke, setzt normalerweise eine kurze Phase enthemmter Fröhlichkeit ein, auf die ein Durchhänger und ein starkes Verlangen nach Schlaf folgen. Wenn ich mehr als ein oder zwei Gläser Wein trinke, bin ich meist nur kurz gute Gesellschaft. Damit ich nicht so schnell trinke, versuche ich, abwechselnd ein Glas Wasser und ein Glas Wein zu trinken.

Sobald der Alkohol im Körper ist, geht die Leber ans Werk und beginnt ihn abzubauen. Zunächst verwandelt sie ihn in eine leicht giftige Substanz namens Acetaldehyd. Diese wird wiederum in Essig (Essigsäure) und schließlich Kohlendioxid und Wasser zerlegt. Die Ansammlung von Acetaldehyd (das giftiger ist als Alkohol) verursacht Gesichtsröte und macht den Kater zu einer schmerzvollen Erfahrung.

Ihre Leber kann etwa eine Einheit Alkohol pro Stunde abbauen. Wenn Sie schneller trinken, werden Sie betrunken. Anhaltendes starkes Trinken zerstört schließlich die Leber.

Meine Frau trinkt zum Glück nicht viel. Wenn eine Frau trinkt wie ein Mann, ist sie normalerweise schneller betrunken. Das liegt zum Teil daran, dass Frauen eher kleiner sind, aber auch daran, dass sie weniger Muskelmasse und mehr Körperfett aufweisen. Ein Teil des Alkohols wird von den Muskeln aufgenommen und so aus dem System entfernt, aber Fett und Alkohol vertragen sich gar nicht. Auch die Hormone spielen für die Verstoffwechslung des Alkohols eine Rolle. Unmittelbar vor der Periode ist die gleiche Wirkung schon mit einer geringeren Menge Alkohol erreicht.

Ist man schneller betrunken, wenn man verschiedene Getränke durcheinander trinkt? Im Grunde nicht. Wie betrunken man ist, hängt in erster Linie davon ab, wie viel Alkohol man konsumiert, wobei kohlensäurehaltige Getränke eine Ausnahme bilden. Wenn Sie den Abend mit einem Glas Champagner (oder Schaumwein) beginnen, öffnet die Kohlensäure in dem Getränk den Pförtner zwischen Magen und Dünndarm und lässt den Alkohol rascher ins System gelangen – Sie werden schneller betrunken.

Auf Fruchtsäfte verzichte ich mittlerweile, auf Alkohol nicht. Aber nicht nur, weil ich Alkohol mag, sondern weil ich glaube, dass mäßiges Trinken gesundheitliche Vorteile mit sich bringt. Mehr darüber später.

Wenden wir uns wieder dem Magen zu.

Verdauung

Sie erinnern sich, ich hatte eben ein Steak mit Pommes frites und Gemüse gegessen und dazu ein Glas Fruchtsaft getrunken. Der Fruchtsaft passierte den Magen beinahe ungehindert und gelangte in den Dünndarm, von wo er einen Zuckerschub auslöste. Mein »zweites Gehirn« oder enterisches Nervensystem, das die Verdauung steuert, beschloss, den festen Teil der Mahlzeit noch länger im Magen zu behalten und zu bearbeiten.

Dank der Pillenkamera, die mein Magen offensichtlich als besonders hartnäckigen Nahrungsbestandteil erkannt hatte, konnte ich den gesamten faszinierenden Prozess beobachten. Die festen Nahrungsteile wurden bald von den Muskeln in meinem Magen zerkleinert und gleichzeitig in Magensäften getränkt, die ausgeschüttet werden, sobald wir Nahrung sehen, riechen oder nur daran denken. Diese Kombination aus Bewegung und Chemie verwandelt das Essen in Speisebrei.

Auf dem Bildschirm erschienen grüne Gemüsestücke, gefolgt von weniger leicht erkennbaren weißen Stücken, die ich für Fleisch hielt – das bald in Fasern zerlegt würde. Ich hatte mit Grünkohl eine sehr ballaststoffreiche Gemüsesorte verzehrt, was meinem Magen die Arbeit erschwerte. Die Pommes frites dagegen zerfielen unter Einwirkung von Säure und Enzymen recht bald. Als breiige Masse gelangten sie als Erste in die nächste Etappe der Verdauung, in den Dünndarm.

Wie das zuckerhaltige Getränk, das gleich zu Anfang passiert hatte, enthalten Nahrungsmittel wie Nudeln, Kartoffeln, Reis und Brot wenig Ballaststoffe und werden rasch in Energie umgewandelt. Sie werden zerlegt und absorbiert, kurz nachdem sie den Dünndarm erreichen, und führen so zu einem starken Blutzuckeranstieg. Nahrungsmittel mit hohem Eiweiß-, Fett- oder Ballaststoffanteil dagegen werden wesentlich langsamer verarbeitet und absorbiert.

Zurückhaltung bei leicht verwertbaren Kohlenhydraten wie Brot, Kartoffeln und Reis hilft Ihnen vermutlich, einen starken Blutzuckeranstieg und damit Gewichtszunahme und Typ-2-Diabetes zu vermeiden. Wir werden jedoch noch sehen, dass manche Menschen wesentlich empfindlicher auf solche Nahrungsmittel reagieren als andere.

Der Grünkohl, den ich gegessen hatte, verweilte überraschend lang in meinem Magen, ebenso das Steak. Es kann einige Stunden dauern, bis ein Steak verdaut ist und seine Nährstoffe verfügbar werden. Daher sagen wir auch gerne, wir hätten einen »zweiten Magen«, wenn es um den Nachtisch geht.

Wenn der Körper das Hauptgericht nicht fertig verdaut hat, meint das Gehirn oft, der Hunger wäre noch groß genug für ein Stück Kuchen. Wenn Sie langsam essen, sich Zeit lassen und vielleicht nach dem Hauptgang eine kleine Pause einlegen, werden Sie feststellen, dass das Verlangen nach einem süßen Nachtisch nachlässt.

Es gibt einen weiteren Grund, sich mit dem Essen Zeit zu lassen – die Hungerhormone brauchen Zeit, aktiv zu werden.

Appetithormone

Damit eine große Mahlzeit Platz findet, muss sich Ihr Magen von der Größe einer Faust auf etwa die Größe Ihres Kopfes erweitern. Das ist eine 40-fache Ausdehnung. Früher nahm man an, das Körpergewicht würde hauptsächlich über die Dehnungsrezeptoren im Magen reguliert. Wenn sich der Magen dehnt, signalisieren diese Dehnungsrezeptoren dem Gehirn, dass der Magen voll und es an der Zeit ist, mit dem Essen aufzuhören. Doch nun weiß man, dass die Appetitsteuerung nicht annähernd so einfach ist. Der Darm produziert viele verschiedene Hungersignale, die weit ausschlaggebender dafür sind, wie viel wir essen, als die Dehnungsrezeptoren.

Unter den vielen Hormonen, die den Appetit steuern, melden manche Hunger, andere sagen dem Gehirn, dass wir satt sind.

Das wichtigste Hormon für die Entstehung von Hungergefühl ist Ghrelin. Ich kann mir die Funktion von Ghrelin gut merken, weil es mit »g« wie »gierig« beginnt. Ghrelin wird im leeren Magen ausgeschüttet und gelangt dann in den als Hypothalamus bezeichneten Abschnitt des Gehirns. Dort erzeugt es den bekannten Drang zu essen. Wenn Sie eine Diät machen, steigt der Ghrelinspiegel meist, was deren Einhaltung nicht unbedingt erleichtert.

Zu den Hormonen, die Sättigung melden, gehört Leptin, das von den Fettzellen gebildet wird. Wenn es ausgeschüttet wird, ergeht die Meldung ans Gehirn, dass genügend Fett vorhanden ist und Sie nichts mehr essen müssen. Leider reagieren diese Fettzellen auf Diät, Kalorienreduktion und den Abbau von Körperfett mit geringerer Leptinausschüttung, so dass Sie häufig hungrig sind.

Früher hoffte man, dass man Fettleibigkeit einfach mit Leptininjektionen würde heilen können. Das funktionierte bei Mäusen gut, bei Menschen leider nicht. Menschen, die längere Zeit übergewichtig sind, werden nämlich häufig Leptin-resistent. In ihrem System ist genug Leptin unterwegs, das unaufhörlich meldet: »hör auf zu essen, du hast reichlich Körperfett«, aber das Gehirn hört nicht mehr darauf.

Ähnlich funktioniert das bei Typ-2-Diabetes. Enthält Ihre Ernährung reichlich Zucker und einfache Kohlenhydrate, wie Pasta oder weißen Reis, erreicht Ihr Blutzuckerspiegel andauernd Spitzenwerte. Ihre Bauchspeicheldrüse reagiert darauf mit der Produktion des Hormons Insulin, dessen Aufgabe es ist, diesen Blutzuckerspiegel zu senken. Aber wie Kinder, die ständig angeschrien werden, reagieren Ihre Zellen nach einer gewissen Zeit nicht mehr auf Insulin. Ihre Bauchspeicheldrüse produziert immer mehr davon, aber die Wirkung auf den Blutzuckerspiegel wird immer geringer. Stattdessen veranlasst das Insulin Ihren Körper, in den »Fettspeichermodus« zu gehen und zusätzliche Kalorien weg von den Muskeln in die Fettzellen zu leiten. Ihr Insulinspiegel steigt, doch gleichzeitig werden Sie hungriger, müder und natürlich dicker. Irgendwann wird daraus Typ-2-Diabetes, Sie brauchen Medikamente.