Clevere Spürnasen - Im Namen des Bösen - Marc-Jonas Never - E-Book

Clevere Spürnasen - Im Namen des Bösen E-Book

Marc-Jonas Never

0,0

Beschreibung

Ein ungewöhnlicher Fall für die Cleveren Spürnasen: Körperlose Stimmen, geisterhafte Gestalten und unerklärliche Vorkommnisse mitten in der Einöde eines abgelegenen Bergpasses. Mit neuer Bekanntschaft ziehen die sechs Jugendlichen in eine einsame Berghütte, um die Verfolgung aufzunehmen. Schnell zeigt sich, dass sie in der Einsamkeit alles Andere als allein sind. Der Spuk nimmt zu, bis die Freunde begreifen, dass ihnen nur eins bleibt: Sie müssen sich in die unbarmherzige Kälte der Berge begeben. An einem längst vergessenen Ort spitzt sich die Lage dramatisch zu. Verstörende Fakten kommen zutage und die jüngste Vergangenheit droht, die Zukunft einzuholen. Die Freunde werden auf einige harte Proben gestellt. Im Angesicht böser Geister und Dämonen zeigt auch gern der Teufel seine Fratze.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 238

Veröffentlichungsjahr: 2023

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Im Namen des Bösen

Ein ungewöhnlicher Fall für die Cleveren Spürnasen: Körperlose Stimmen, geisterhafte Gestalten und unerklärliche Vorkommnisse mitten in der Einöde eines abgelegenen Bergpasses. Mit neuer Bekanntschaft ziehen die sechs Jugendlichen in eine einsame Berghütte, um die Verfolgung aufzunehmen.

Schnell zeigt sich, dass sie in der Einsamkeit alles Andere als allein sind. Der Spuk nimmt zu, bis die Freunde begreifen, dass ihnen nur eins bleibt: Sie müssen sich in die unbarmherzige Kälte der Berge begeben.

An einem längst vergessenen Ort spitzt sich die Lage dramatisch zu. Verstörende Fakten kommen zutage und die jüngste Vergangenheit droht, die Zukunft einzuholen. Die Freunde werden auf einige harte Proben gestellt.

Im Angesicht böser Geister und Dämonen zeigt auch gern der Teufel seine Fratze.

Marc-Jonas Never

In den 90er-Jahren in einer Gemeinde am Rand der Nordeifel geboren. Bis heute bezeichnet er die Großstadt Aachen, zu der die Gemeinde gehört, als seine Wahlheimat.

Heute lebt Never, auch unter seinem meistverwendeten Alter Ego Reddie Force bekannt, in Ostwestfalen. Neben dem Dasein als kriminalistisch-satirischer Autor ist er in der Musikproduktion tätig; Er komponiert, spielt Gitarre, schreibt Songs, singt und rappt. Seine Muttersprache Denglisch bietet eine der Grundlagen dafür.

Never befasst sich mit verschiedensten Sprachen; Er spricht Englisch, Französisch und Spanisch. Nebenbei lernt er Finnisch und Russisch.

Aufgrund dieser allgegenwärtigen Mehrsprachigkeit bezeichnet er sich selbst als Wortspieler und Wortakrobat.

Weitere Informationen kostenlos und auf Abruf online

Überall im Handel

Reddie Force

Für Annika

Weil du mir wirklich zuhörst!

Exklusives Audio-Lektorat

Für Lukas

Weil wir die Liebe zu Bergen teilen!

Eins mit der Natur

Für Martin

Weil auch du in schlimmsten Zeiten das Gute erkennst!

Aachen City Forever

Für die Kunst

Weil Kabarett und Satire,

böser Humor und Zynismus,

Innovation und Musik

mich aus düstersten Schatten herausgeführt haben!

Möge das Feuer in der Finsternis lodern

Never, Juni 2023

Kapitelübersicht

Hinter den Kulissen – Namen – Begriffe – Hinweise – Aussprache – Betonung

Prolog – Im Zwielicht verborgen

Kapitel 1 – Unerklärliche Phänomene

Kapitel 2 – Wenn Dämonen rufen

Kapitel 3 – Der geheimnisvolle Rote

Kapitel 4 – Gefesselte Augen

Kapitel 5 – Natans böse Geister

Kapitel 6 – Der Spuk geht weiter

Kapitel 7 – Sieben Freunde in der Hölle

Kapitel 8 – In finsteren Tiefen

Kapitel 9 – Feuer und Stahl

Kapitel 10 – Die Unterwelt mal anders

Kapitel 11 – Im Namen des Bösen

Kapitel 12 – Henkerszeit

Kapitel 13 – Wenn Engel erwachen

Kapitel 14 – Grausame Wahrheit

Kapitel 15 – Lebendiger Tod

Kapitel 16 – Finale im Schneegestöber

Kapitel 17 – Geist der tausend Namen

Epilog, Teil 1 – Licht in dunkelster Nacht

Epilog, Teil 2 – Wo Geister sich scheiden

Hinter den Kulissen Namen – Begriffe – Hinweise – Aussprache – Betonung

Personen:

Andreas Fojruß............................................................Feuruß

Christian Brück.......................................................................

Mira Alt....................................................................................

Ida Donnenwäldern.................................................................

Damian Donnenwäldern.........................................................

Maximilian Jendenmink...........................................................

Tim Svaborovskij...............................................Svaborov-skij

Mascha Svaborovskij..............................................................

Nathalie Kraschniya................................................Kraschnia

Aleksander Natan Kacper Kravinski........................................

.........................................Alexander Natan Kasper Kravinski

Bruno Diepenbrock-Weickertwälders......................................

Wilhelm Hochwald..............Mitarbeiter bei Hütters & Wallung

Tristan Heurgaerst....................................................Heugärst

Cristofer José Tschantaj..............Kristofär ChoséTschantach

Brigitte Schlierengoch.............................................................

Frau Grubers............................................................Polizistin

Frau Stärzing............................................................Polizistin

Kommissar Sempenreu..........................................................

......................Polizei der Stadt Seppertenspitz vor der Grube

Joachim Wendelberg............Kommissar der Stadt Garmberg

Orte:

Garmberg..................Nächste Großstadt zu Andreas' Heimat

Runenstedt.................................................Miras Heimatstadt

Ramkenscheidt...........................................Miras Wohnbezirk

Hemptenbach......................Miras Stadtteil in Ramkenscheidt

Feemwyrth..............................................................Fehmwürt

......................................................Stadtteil in Ramkenscheidt

Seppertenspitz vor der Grube...........Stadt am Fuß der Berge

Ascherslebener Gipfelpässe...................................................

......................................Gebirgspfad, Standort der Berghütte

Haukenginst, Senkensief, Wermersgrunden, Knabenschön

Gumpenbach, Mühringen, Weidenbeck, Heidengraf

Broidenheim......................................................Breudenheim

Maedenstoy.........................................................Mäden-steu

Gelbersbroich....................................................Gelbersbruch

Kadenflucht.............................Stadt nördlich von Runenstedt

Wiesentorf......................Produktionsgebiet der Witterschneir

Dächersweyk......................................................Dächersweik

.......................................Produktionsgebiet der Witterschneir

Firmen/Organisationen/Produkte:

Paper's Best........................................................Peijprs Bäst

................................................Herr Kravinskis Buchhandlung

Green Paths..........................................................Grihn Päss

.........................................................Naturschutzorganisation

Witterschneir.......................................................Witterschnei

...................................................................Großhandelskette

.........................................Das zweite r wird nicht gesprochen

Witterschneirs Beste............Produktgruppe der Witterschneir

Gipfeltraum.............................................................................

......................Geschmacksrichtung von Witterschneirs Beste

Hütters & Wallung........Tochtergesellschaft der Witterschneir

Gipfelstürmer.....................................Standort in den Bergen

Ausrufe/Bemerkungen/Besonderheiten:

Sjemer drusej v adu.................................Sjemer drusej vadu

By the way............................................Übrigens auf Englisch

Midlife-Crisis......................................................Mitlaif-Kraisis

in etwa Lebensmittekrise auf Englisch; Aufkommende Unsicherheiten und Selbstzweifel zwischen dem Beginn der 30er und 40er Lebensjahre. Endet meist Mitte der 50er-Jahre.

Wechseljahre

Rien, nada, niet.......................................................................

..............Nichts auf französisch, spanisch und niederländisch

Exorzist.................Mensch, der Geister und Dämon austreibt

Kruzifix..........Kleines Holzkreuz, das meist über Türen hängt

Parameter, Maschine, Item, Application..................................

Channel, F.F, REW.......................Begriffe aus den Bereichen

.........................................IT, Kommunikation und Multimedia

Mantra..........Zuversichtlicher Spruch, Mutmachende Ansage

Déjà Vu...............................................................Dedscha Vü

Ereignis, das den Eindruck erweckt, genau dasselbe bereits

erlebt zu haben

Annette von Droste-Hülshoff...................................................

..............................Deutsche Schriftstellerin und Komponistin

Der Knabe im Moor.................................................................

...............................Gedicht von Annette von Droste-Hülshoff

Matrix...........................Eigene Zwischenwelt, imaginärer Ort

des Rückzugs, der nur in der eigenen Vorstellung existiert

Worst Case-Szenario..............................................................

..................Die Situation, die schlimmstenfalls eintreten kann

temporär........................................................zeitlich begrenzt

Elegie.........................................................Klagelied, Ballade

Crunchy Flakes.........................Knusprige Frühstücksflocken

Salve.............Gleichzeitiges Abfeuern sämtlicher Geschosse

Etymologie..........................................................Wortherkunft

Dekade....................................................................Jahrzehnt

Ära.............................................................................Zeitalter

Okkultistisch................Beschwören von Übersinnlichem, wie

Geistern und Dämonen

Torture's Devil...............................................Tortschors Dävil

Burnin' Psycho....................................................Börnin Saiko

Executioner's Guy....................................Äxekuscheners Gai

Koryphäe...............................................................Überflieger

Onion-Routing..............Verschachteltes Besuchen von Dark-

net-Adressen, erschwert die Nachverfolgung von Straftaten

Cyber-Crime-Szene...................................Internetkriminalität

Darknet........................Verborgener Teil des Internets, wird oft

zur Abwicklung von Straftaten verwendet

Kyrillisch......................Alphabet und Schrift sämtlicher

osteuropäischer Staaten, unter Anderem Russland

Prolog – Im Zwielicht verborgen

Ein markerschütternder Schrei zerriss die unscheinbare Ruhe der Ascherslebener Gipfelpässe. In den vergangenen Tagen war dieses Phänomen hier oben in den Bergen häufiger aufgetreten. Die Arbeitskräfte der nahegelegenen Bergbahn raunten hinter vorgehaltenen Händen; Man habe eine vermummte Gestalt gesehen. Mal war's ein Geist, dann ein Dämon. Auch die Fratze des leibhaftiges Teufels sei gesichtet worden. Doch niemand wusste Genaueres.

Vereinzelte Wanderer hatten berichtet, sie seien an helllichtem Tag einem Verwirrten begegnet; Mit einem Messer habe er sie angegriffen, sich aus dem Hinterhalt angeschlichen. Gruselgeschichten, wie man sie für gewöhnlich aus Märchen oder ähnlichen unheimlichen Erzählungen kannte.

Das Phantom war erst kürzlich in Erscheinung getreten. Vom Nachtdienst der Bergstation hatte es im Schutz von Morgengrauen und Abenddämmerung erspäht werden können. In den meisten Fällen war es jedoch zwischen Mitternacht und sechs Uhr früh zu sehen gewesen.

Irgendwann waren es plötzlich zwei Personen gewesen.

In einer besonders stürmischen und wolkenverhangenen Nacht meinte der Bedienstete, sogar drei Personen wahrgenommen zu haben. Diese Möglichkeit bereitete ihm derartiges Unbehagen, dass er sie bald verwarf, nur um wieder besser schlafen zu können.

Um die Hütte unweit der Bergstation geisterte das Phantom erstaunlich oft herum. Eines Tages suchte ein Mitarbeiter die Hütte auf, um sich dort umzusehen und nach Spuren zu suchen. Da er nicht fündig wurde, verschwand er bald darauf.

Eine Weile später zog ein Mann mit schwerem Gepäck in die Hütte ein. Diesen hielt es allerdings nicht lange dort. Nach Aussage des Personals war er bei der Abreise sehr gestresst gewesen; Leichenblass habe er ausgesehen. Schweißperlen auf der ganzen Stirn verteilt.

Bei seinen Vorgängerinnen war es kaum anders gewesen; Eine etwa 14-Jährige mit ihrer Mutter, die es ähnlich kurz in den sonst so ruhigen Bergen hatte halten können.

Am heutigen Abend war die Luft erstaunlich klar; Einzelne Wolkenfetzen trieben über den Himmel, verdeckten ab und an den Mond. Dieser zog unbeirrt seine gewohnte Bahn über das Firmament. Lächelte den Bergen zu. Wachte über die trügerische Nacht.

Es war bereits Mitternacht und bitterkalt; Die Temperaturen lagen bei unter -10 Grad. In Windböen, die hier oben schneidend scharf sein konnten, fühlten sich solche Temperaturen oftmals wie beinahe -30 Grad an. Unten in der Stadt, in Seppertenspitz vor der Grube, spürte man davon nicht viel; Dort sank das Thermometer bis knapp unter 0 Grad. In den Bergen, auf gut 2.000 Metern Höhe, herrschten andere Verhältnisse.

Irgendwo bei der Hütte erklang ein Kichern.

Es zischte mehrmals.

Eine Wolke direkt über dem Boden.

Ein weiterer grässlicher Schrei zerriss die Nacht. Momente später war er im kalten Gestein der Berge verhallt.

Kapitel 1 – Unerklärliche Phänomene

„Es gibt fabelhafte Neuigkeiten!“

Die krächzende Stimme des Jungen drang schnarrend durch die Leitung. Seit dem letzten Telefongespräch waren keine 24 Stunden vergangen. Dennoch klang er heute anders.

„Schön und gut“, antwortete Andreas trocken. „Trotzdem könntest du erstmal sagen, dass du es bist, Christian.“

Er lachte vergnügt.

„Seit du im Stimmbruch bist, hört deine Stimme sich manchmal echt grausig an. Da kriegt man glatt Ohrenschmerzen.“

„Sorry, Andreas“, erwiderte Christian die Begrüßung peinlich berührt. „Ich will es dir nur endlich mitteilen, weil es mir seit gestern Abend unter den Nägeln brennt. Aber ich wollte deine Kopfschmerzen nicht verstärken. Du warst ziemlich fertig.“

„Was gibt es denn?“, fragte Andreas ruhig und geduldig.

„Pass auf! Mira hatte mich noch kurz angerufen“, fuhr Christian aufgeregt fort. „Gegen 22:00 Uhr. Sie meinte, es wär doch toll, wenn wir sechs uns demnächst nochmal sehen könnten. Ist einige Zeit vergangen seit dem Zeltlager im Garmberger Stadtwald.“

„Ne ganze Weile her, stimmt“, bestätigte Andreas in Gedanken versunken.

„Richtig!“, entgegnete Christian. „Deshalb hat sie vorgeschlagen, ein Treffen einzurichten. Nur wir sechs.“

„Ja -“, begann Andreas langgezogen. „Da gibt es nur das Problem, dass wir alle nicht besonders nahe beieinander wohnen. Das heißt, ihr schon, mehr oder weniger. Aber ich nicht.“

Christian verstand die Zweifel seines Freundes und hörte die Verbitterung in dessen Worten. Diese Probleme waren ihm und den vier übrigen treuen Kumpaninnen und Kumpanen bekannt. Im letzten Sommer hatten sie sich bei besagtem Zeltlager kennengelernt; Andreas, Christian, Maximilian und Tim. Von der weiblichen Seite gab es auch noch zwei: Sie hießen Ida und Mira. Gemeinsam hatten die sechs Freunde im Wald der Stadt Garmberg einen Fall gelöst; In dunkelster Nacht waren sie durch ein im Tal liegendes Sumpfgebiet gestreift. Dort hatten sie die Verbrecher überrascht und eine unfassbare Entdeckung zu Tage gefördert. Selbst die Polizei hatte, was diesen Fall anging, bisher fast ausschließlich im Dunkeln getappt. Dank der sechs tapferen Spürnasen hatte der Fall lückenlos aufgeklärt werden können.

„Das mag sein“, beschwichtigte Christian sanft. „Aber das war nicht alles, was Mira erzählt hat. Was meinst du, warum ich so aus dem Häuschen bin?“

Er machte eine kurze Pause.

„Mira wohnt, wie du weißt, in Hemptenbach. Der Bezirk, in dem sie mit ihren Eltern wohnt – äh, Ramkenscheidt – besteht aus sieben oder acht Stadtteilen -“

„Unter Anderem Hemptenbach“, kombinierte Andreas.

„Richtig“, erwiderte Christian. „Wenige Kilometer weiter, im selben Bezirk, befindet sich eine kleine Buchhandlung. Dort arbeitet Mira nach der Schule zwei bis dreimal die Woche. Der Inhaber dieser Buchhandlung, ein gewisser Herr Kravinski, hat ihr ein Angebot gemacht; Er ist derart begeistert von ihrem Engagement und allem drum und dran, dass er ihr eine zweite Arbeitsstelle angeboten hat. Es handelt sich um eine einmalige Sache. Zumindest hat ihr Chef das gesagt. Aber es ist nicht unbedingt das, was man unter Arbeit versteht.“

Christian legte erneut eine Pause ein, um seine Worte wirken zu lassen.

„Ich kann dir nicht ganz folgen -“, sinnierte Andreas ratlos. „Was hat das Ganze mit uns zu tun?“

„Es ist folgendermaßen -“, fuhr Christian glucksend fort. „ - das Einzige, was Mira machen soll, besteht darin, ein kleines Häuschen zu hüten. Eigentlich übernimmt die Nichte von Herrn Kravinski diese Aufgabe bereits. Doch sie hat laut Mira ausdrücklich den Wunsch geäußert, das nicht alleine machen zu wollen. Verständlich, wenn man bedenkt, wie einsam und abgelegen die Hütte da oben liegt.“

„Einsam – abgelegen – da oben – die Hütte -?“, fragte Andreas, der den Sinn hinter diesen Worten nicht im Geringsten verstand. „Was bedeutet das jetzt wieder? Liegt dieses Häuschen – diese Hütte -“ - er gestikulierte wild mit der Hand durch die Luft – „in den Bergen?“

„Genau das“, bestätigte Christian erfreut. „Hatte ich das nicht erwähnt?“

„Nein“, erwiderte Andreas und konnte sich ein erheitertes Lachen nicht verkneifen. „Aber jetzt hat es sich geklärt.“

„Stimmt“, meinte Christian belustigt.

„Aber inwiefern“, begann Andreas erneut „haben wir anderen damit zu tun? Das leuchtet mir noch nicht ein.“

Er stockte.

„Um genau zu sein, leuchtet es mir gar nicht ein.“

„Auch dazu hat Mira mir was gesagt“, fuhr Christian fort. „Die Hütte ist nicht besonders groß; für ein Häuschen in den Bergen vielleicht, aber eben nicht mehr. Herr Kravinski ist damit einverstanden, wenn Mira noch ein oder zwei Freunde mitbringt. Seine Nichte, Nathalie, meine ich, heißt sie, würde uns zwar alle willkommen heißen. Aber die Hütte gehört nun mal ihrem Onkel.“

„Dann sind drei von uns schon raus“, schlussfolgerte Andreas zweifelnd. „Wenn nicht sogar vier -“

„Da gebe ich dir Recht“, entgegnete Christian sofort. „Aber unsere Mira wär nicht unsere Mira, wenn sie nicht mindestens einen Joker im Ärmel hätte.“

„Und das wäre -?“

„Herr Kravinski sammelt Zeitungsausschnitte. Was läge da näher, als ihm den Artikel unseres phänomenalen Abenteuers direkt unter die Nase zu halten? Wenn er Wind davon bekommt, dass wir die sechs Jugendlichen sind, imponiert ihm das bestimmt. Vielleicht ist er so beeindruckt, dass er von sich aus den Vorschlag macht, die Mädels zu begleiten.“

Christian lachte vergnügt.

„Möglich“, beschwichtigte Andreas. Doch er war nicht vollends überzeugt. „Wir – nein, Mira kann es versuchen. Mehr als Nein sagen, kann Herr Kravinski nicht. Den Versuch ist es allemal wert.“

„Der Meinung bin ich auch“, meinte Christian. „Dann werde ich nochmal mit ihr darüber sprechen. Und natürlich die anderen fragen, ob sie dabei sind – dabei wären, falls es tatsächlich klappen sollte.“

„Das mach mal“, entgegnete Andreas erfreut. „Dann erleben wir bald hoffentlich unseren zweiten gemeinsamen Urlaub. Wie wunderbar das wär!“

„Auf jeden Fall!“, stimmte Christian zu. „Unsere Mädels hätten ein bisschen weibliche Verstärkung. Da gäb es bestimmt keine allzu großen Einwände.“

„Ganz Recht. Das heißt, du kümmerst dich drum und gibst mir Bescheid?“

„Darauf kannst du dich verlassen“, versprach Christian und fügte hinzu: „Werde morgen oder spätestens übermorgen von mir hören lassen.“

„Na, das sind Aussichten! Oben in den Bergen sind die natürlich noch viel schöner.“

Andreas lachte euphorisch.

„Da sagst du was!“, gluckste Christian und entging nur knapp einem Hustenanfall. „Bis die Tage, Andreas.“

„Bis dann, Christian.“

Sie legten auf und Andreas hatte das schöne, in ihm aufkeimende Gefühl, dass es klappen würde. Er wusste nicht, warum, aber er war sich ziemlich sicher, dass Herr Kravinski ihre Mitreise erlauben würde.

Warum auch nicht? Die sechs Freunde waren eine manierliche Truppe und wussten sich zu benehmen. Dass sie mit Gefahren umgehen konnten, hatten sie vergangenen Sommer hinlänglich bewiesen. Dabei hatten sie nicht einmal die Absicht dazu gehabt. Dennoch, die Umstände hatten es erfordert und die Jugendlichen jene Hürden mit Bravur gemeistert.

Am späten Nachmittag hatte Andreas sich auf den Dachboden zurückgezogen. Dort, im ehemaligen Arbeitszimmer seines Vaters, nahm er in letzter Zeit gerne an einem Klavier Platz. Er war gerade konzentriert und dennoch gleichermaßen entspannt am Werk, als das Telefon in der kleinen Dachkammer klingelte. Leicht überrascht und aus jener Art von Trance gerissen, erhob er sich und nahm den Hörer von der Gabel.

„Ach, du bist auf dem Speicher“, drang die Stimme seiner Mutter aus dem Hörer. „Christian ist dran. Christian Brück, meine ich.“

„Danke, ich weiß Bescheid“, erwiderte Andreas amüsiert. „Kannst auflegen.“

„Mach ich.“ Den Worten folgte die Handlung.

„Hallo, Christian?“

„Ja, ich bin's. Hatte doch versprochen, mich zu melden. Sag mal -“, er stockte, „ - war das deine Mutter -?“

„Das war meine Mutter, ja. Warum verwundert dich das so sehr -?“

„Sie klang sehr jung.“

„Sie ist recht jung“, erwiderte Andreas heiter.

„Verstehe.“

Andreas konnte Christians Verlegenheit geradezu durch den Hörer spüren.

„Weshalb ich anrufe: Ich hab mit Mira gesprochen. Und – sagen wir es mal so: Die Chancen stehen ziemlich gut. Eigentlich“

„Das klingt doch toll!“, begeisterte sich Andreas. „Aber -“, er kam schlagartig auf den Boden der Tatsachen zurück, „ - ich höre da einigen Zweifel in deiner Stimme -? Du sagtest eigentlich. Wie ist es denn uneigentlich?“

„Ja, das -“ Christian fasste sich ein Herz. „Das ist es ja. Herr Kravinski, Miras Chef, soll etwas Sonderbares gesagt haben. Wir seien in der Hütte nicht sicher. Seltsame Dinge würden dort vor sich gehen. Mit dem rationalen menschlichen Verstand sei das nicht mehr zu erklären.“

„Bitte, wie -?“, raunte Andreas leicht irritiert. „Was hat er denn damit gemeint? Er wird doch wohl nicht der Meinung sein, dass es da oben spukt. Ein angesehener Buchhändler -? Nein, das kann doch nicht -“

Trotz seiner Zweifel am Übersinnlichen fühlte Andreas plötzlich eine unangenehm starke Beklemmung in sich aufsteigen. Als beobachtete ihn jemand oder etwas, der oder das nichts Gutes im Schilde führte.

„Ich weiß“, fuhr Christian ähnlich benommen fort, „es klingt unglaubwürdig. Aber irgendwie auch – gruselig. Jedenfalls, im Moment sei es keine gute Idee, wenn wir uns dort aufhielten. Wir seien viel zu jung und auf uns allein gestellt. Außerdem noch Kinder und -“

„Kinder -?“, entrüstete sich Andreas. Er konnte nicht glauben, was er da hörte. „Wir sind Jugendliche. Nach all dem, was wir letzten Sommer erlebt und gemeinsam geschafft haben, sollten wir uns schon fast als Erwachsene bezeichnen. Meine Uroma muss eine Untote sein! Also, sowas -!“

„Ich versteh, was du meinst“, beschwichtigte Christian. „Aber“, Andreas glaubte, Christians Finger in die Luft schnellen zu hören, „Mira wäre nicht Mira, wenn sie – du weißt schon -“

„Unverkennbar“, lachte Andreas. „Wie hat sie's angestellt?“

„Sie hat Herrn Kravinski um ein gemeinsames Gespräch gebeten. Wir sechs wollen mit ihm sprechen, um ein paar Informationen aus ihm rauszuholen. Vielleicht wird es dann doch was mit unserem gemeinsamen Urlaub in den Bergen. Zu siebt wäre natürlich noch schöner, wobei -“, Christian klang beinahe wehleidig, „ - kannst du es überhaupt einrichten, vorbeizukommen?“

Andreas war sofort im Bilde. „Ich fürchte, da muss ich passen“, bedauerte er trübselig. „Für ein Gespräch“, er winkte traurig verärgert ab, „werde ich hier nicht wegkommen. Erst recht nicht für etwas derart Unsinniges. Jedenfalls würden meine Eltern es so bezeichnen.“

„Dein Frust ist allzu verständlich“, räumte Christian ein. „Pass auf! Ich hab eine Idee. Zwar keine Lösung für dein Problem, aber -“

„ - aber für Unseres“, beendete Andreas den Satz. „Ich merk's schon. Schieß los, wie sieht dein Plan aus?“

In knappen Sätzen erläuterte Christian, wie das Vorhaben seinen Vorstellungen nach umsetzbar war.

„Verstehe“, fasste Andreas zusammen. „Ihr sechs trefft euch mit Herrn Kravinski und sprecht mit ihm. „Nathalie wird schon mit ihm umzugehen wissen. Sie schmiert ein bisschen was Süßes um seinen Mund und zack, irgendwann hat sie ihn. Hoffentlich ist er nicht allzu hartnäckig -“

„Das wird schon“, sagte Christian besänftigend. „Falls Nathalie scheitert, haben wir immer noch Mira auf Lager. Schafft sie es wiederum auch nicht, dann soll es halt nicht sein. Abwarten.“

„Richtig!“, rief Andreas. „Wäre zwar schade, aber – ach so, denk bitte an den Zeitungsartikel. Wenn Herr Kravinski ein echter Sammler ist, darf der auf keinen Fall fehlen.“

„Recht hast du, den leg ich mir gleich zurecht.“

„Sehr gut. Und versucht nach Möglichkeit herauszufinden, was es mit diesen Schauermärchen auf sich hat. Wäre ganz sinnvoll, diesem Herrn Kravinski mal auf den Zahn zu fühlen. Weiß der Kuckuck, was es damit auf sich hat.“

„Ich werd mich drum kümmern“, versprach Christian. „Sobald ich etwas Neues weiß, wirst du von mir hören.“

„Danke! Da freu ich mich. Klingt ja jetzt schon höchst mysteriös. Nun denn, Christian, wir hören voneinander. Bis die Tage.“

„Bis denn, Andreas.“

Er legte den Hörer zurück auf die Gabel.

Geistergeschichten, dachte er und musste beiläufig den Kopf schütteln. Ein angesehener Buchhändler, der an das Übersinnliche glaubt. Ein ernstzunehmender Kaufmann –

Er brach ab.

Äußerst sonderbar. Sicherlich ein menschliches Phänomen, das dahintersteckt. Etwas, das sich ganz simpel erklären lässt. Aber Geister -? Nein, mit Sicherheit nicht. Das wird wohl kaum der Fall sein.

Andreas widmete sich erneut dem Klavier. Die Augen hielt er stets geschlossen. Er wurde immer mehr eins mit der Musik, bis er sich in ihr verlor. Alle übrigen Gedanken und Gefühle rückten weiter und weiter in den Hintergrund. Schließlich war da nur noch die Musik. Das heißt, dieser eine aufdringliche Gedanke ließ sich als Einziger nicht vertreiben; Diffuse, schier unerklärliche Phänomene in einer einsamen Hütte hoch oben in den Bergen -

Sollten es tatsächlich Geister sein -?

Kapitel 2 – Wenn Dämonen rufen

Am selben Abend hatte Andreas das Gespräch mit seinen Eltern gesucht. Wie erwartet, hatten diese ihm die Fahrt umgehend ausgeredet.

Wie er ständig aufs Neue von solch unsinnigen Ideen ergriffen wurde, wollten sie von ihm wissen. Ob er meinte, dass sie ihr Geld bekämen, ohne irgendetwas dafür tun zu müssen. Was er sich dabei denke, derart unverfroren an sie heranzutreten. Für ein lausiges Gespräch noch weiter als bis Garmberg zu fahren. Für einen erneuten lächerlichen Urlaub mit seinen vermeintlichen Freunden Sprit zu verfahren.

Ob Andreas sich der Sinnlosigkeit seiner Fragereien bewusst war, blendete der Junge beim Verlassen des Raumes niedergeschmettert aus. Er zog sich auf sein Zimmer zurück und verfiel in leichte Grübeleien. Aus Selbstfürsorge funkte er Christian auf dessen Handy an.

„Brück, hier, hallo?“

„Fojruß, hallo Christian.“

„Andreas! Was für eine tolle Überraschung. Schön, von dir zu hören“, begeisterte sich der Angerufene. „Ist was vorgefallen, oder -? Du klingst ziemlich traurig.“

„Allerdings“, entgegnete Andreas und begann, zu berichten.

„Lausiges Gespräch -?! Lächerlicher Urlaub -?!“ Diesmal war es an Christian, sich gekränkt zu fühlen. „In ihren Köpfen wohl nichts als braune Ma-“

Er hielt inne. „Bitte entschuldige meine Ausdrucksweise, aber -“

„Nein.“

Andreas blieb ganz ruhig.

„Was meinst du?“ Christian war völlig baff.

„Ich nehme deine Entschuldigung nicht an, das meine ich“, erklärte Andreas sachlich. „Der Grund dafür ist, dass hier keine Entschuldigung notwendig ist.“

Der Andere war sprachlos.

„Sie haben anscheinend wirklich nicht mehr als ein bisschen braune Masse im Kopf“, erläuterte Andreas trocken. Er bemühte sich kein bisschen, den vorwurfsvollen Ton in seiner Stimme zu unterdrücken.

„Andreas, ich bin begeistert!“, rief Christian durchs Telefon. Er war überwältigt von diesem jungen Mann am anderen Ende der Leitung. „Ich hab dich letztes Jahr kennengelernt als einen überaus schüchternen, in sich gekehrten, 14 Jahre alten Jüngling. Du warst – ohne dass ich das irgendwie abwertend meine – der Inbegriff eines Landeis für mich. Jetzt gerade wirkst du wie -“, er suchte nach den richtigen Worten, „ - ein erwachsener Mann von annähernd 30 Jahren auf mich. Eine Entwicklung, wie ich sie bisher bei kaum jemandem erlebt hab.“

„Danke“, entgegnete Andreas verlegen. Er war froh, sein eigenes Auftreten auf solch aufrichtig-ehrliche Art und Weise widergespiegelt zu bekommen. „So was hat tatsächlich noch niemand zu mir gesagt.“

„Jetzt, da ich weiß, wie oberflächlich deine Eltern reagiert haben“, erwiderte Christian abfällig, „wundert mich das wirklich kein bisschen.“ Er wechselte das Thema. „Weiter im Text. Es gibt Neuigkeiten von Mira und all den anderen. Im selben Atemzug übrigens liebe Grüße von allen.“

Diese gab Andreas mit Freude zurück.

„Wir haben Folgendes vereinbart: Am Donnerstagabend setzt sich Herr Kravinski mit uns zusammen. Im Büro in seiner Buchhandlung werden wir über alles sprechen. Er will uns seine Sicht der Dinge schildern. Umgekehrt sollen wir dementsprechend unsere Perspektiven erläutern. Am Freitagabend oder spätestens im Verlauf des Samstags hatte ich vor, dich über alle Neuigkeiten in Kenntnis zu setzen. Es ist natürlich schade, dass du nicht dabei sein kannst. Aber an deiner Stelle wird Nathalie vor Ort sein. Und Nathalie in Verbindung mit Mira – lassen wir das. Du weißt, worauf ich hinaus will.

Andreas konnte sich sein Grinsen nicht verkneifen. Das lag nicht nur an der Überzeugungskraft der Mädchen, sondern vielmehr daran, dass er ein durchweg positives Gefühl bei allem hatte. „Wie ich mich freue“, sagte er, wenn auch mehr zu sich selbst.

„Bist nicht der Einzige“, versicherte Christian. „Das geht uns allen so.“

„In wenigen Tagen also“, sinnierte Andreas gedankenverloren.

„Richtig“, bestätigte Christian. „Was das angeht -“, er stockte, „ - hast du irgendwelche Fragen im Vorfeld?“

Andreas überlegte einen Moment. „Spontan fällt mir nichts ein – typische Affektsituation. Wenn du mir ein bisschen Zeit lässt, ergibt sich bestimmt noch die ein oder andere Frage. Besprecht ihr sechs euch untereinander und ich lass dir meine Fragen zukommen. Es werden sich sicher auch welche doppeln.“

„So machen wir's“, entgegnete Christian begeistert.

„Reichen dir meine Fragen bis Mittwoch?“

„Allemal.“

„Na wunderbar. Das scheint auf eine tolle Zeit hinauszulaufen. Der nächste gemeinsame Urlaub!“

„Ganz meine Meinung“, gluckste Christian. „Andreas, wir hören voneinander. Spätestens am Wochenende.“

„Bis dahin, Christian. Tschüss!“

Nicht mehr lange, dann fällt der Vorhang.

Ein Gedanke, der sie heute bereits den kompletten Tag begleitet hatte. Wobei begleitet es nicht ganz traf; Jener Gedanke hatte ihr vielmehr wie eine unangenehm juckende Stelle im Nacken gesessen. Auch ihre beste Freundin war in der Schule ziemlich unruhig gewesen. Sie wussten beide, welche hart zu knackende Nuss ihnen heute Abend gegenübersitzen würde.

Nach der Schule war sie wie jeden Donnerstag zu Paper's Best gegangen. Dort arbeitete sie auch heute von 15.00 Uhr bis Ladenschluss drei Stunden später. Andererseits würde sie heute noch ein bis zwei Stunden dranhängen müssen. Das lag keineswegs daran, dass sie Überstunden machen musste. Nein, sie hatte heute sie um 18:00 Uhr ein Gespräch mit Herrn Kravinski. Das Beste daran war, dass ihre Freunde bei dieser Unterhaltung dabei sein würden. Andreas, das hatte sie von Christian erfahren, konnte der Besprechung blöderweise nicht beiwohnen. Trotzdem blieb es bei sechs Jugendlichen, denn Nathalie würde wiederum dabei sein.

Mittlerweile waren es nur noch 15 Minuten bis zum Feierabend. Sie wusste nicht warum, da sie generell eine ausgeglichene Person war, doch sie wurde zunehmend nervöser.

Es gab nicht mehr viel zu tun; Lediglich eine Handvoll Bücher in die Regale zurückstellen, den Müll nach draußen bringen und ein paar Kleinigkeiten hinter dem Tresen verstauen.

Mira hatte beinahe alles erledigt, als sie ihre beste Freundin draußen vor dem Schaufenster erkannte. Diese winkte ihr zu. Mira bedeutete ihrerseits, das Geschäft zu betreten.

„Komm schon rein“, raunte Mira tadelnd und lachte. „Frauen und vor allem junge Mädchen sollten ab 18:00 Uhr nicht mehr alleine in Feemwyrth unterwegs sein. Heißes Pflaster, zwielichtige Gegend, das weißt du doch.“

„Bestehen Bücher aus Papier?“, erwiderte Ida rhetorisch. „Ganz Ramkenscheidt ist zum Bezirk aus Messerstechern mutiert. Von den Drogenabhängigen ganz zu schweigen. Wenn ich an diesen bewaffneten Banküberfall von vor ein paar Jahren denke, wird mir ganz anders. Ist der Täter nicht gefasst worden?“

„Soweit ich weiß, ja“, entgegnete Mira gedämpft. „Er wurde in die städtische Forensik eingewiesen. Soll ein äußerst gefährlicher Kerl sein. Mit allen Wassern gewaschen. Dem läuft man besser nicht über den Weg. Könnte sonst die letzte Begegnung gewesen sein.“

„Forensik -?“ Idas Augen wurden groß. „Das ist doch der Teil einer psychiatrischen Klinik, in der die Patientinnen und Patienten untergebracht sind, die eine Gefährdung für die Menschen um sich herum darstellen -“

„Richtig. Zumindest, wenn sich herausstellt, dass diese Menschen nicht zurechnungsfähig sind. Dann haben sie kaum bis gar keine Kontrolle über das, was sie machen.“

„Das Gefängnis, aus dem kein Weg lebend herausführt -“ Eine gewisse Leere lag plötzlich in Idas Augen.

„So behauptet es das Klischee. Aber darauf sollte man nicht allzu viel geben. Im Idealfall bildet man sich seine eigene Meinung.“

„Solange bei euch in Hemptenbach alles in Ordnung ist.“

„Noch ist das der Fall, einigermaßen. Doch, wie bei so vielem, ist es alles eine Frage der Zeit.“ Mira atmete schwer auf.

„Und der Perspektive“, ergänzte Ida schwermütig. „Aber jetzt mal zum Eigentlichen.“ Sie sah sich im Laden um. „Ist von den Anderen noch niemand da?“

In diesem Moment waren draußen Stimmen zu vernehmen. Sekunden später erschienen Christian, Max und Tim vor dem Fenster.

„Wenn man vom Teufel spricht -“, lachte Mira und ihre Freundin stimmte mit ein.

„Guten Abend, die Herren der Schöpfung“, eröffnete Mira.

„Hallo, ihr beiden“, entgegnete Christian freudestrahlend. „Wartet ihr schon lange?“

„Nicht mal fünf Minuten“, bemerkte Ida beiläufig. „Schön, dass ihr pünktlich seid.“

„Habt ihr was Anderes erwartet?“, fragte Max mit künstlichem Erstaunen. „Pünktlichkeit ist eine Tugend, der wir stets Folge leisten wollen. Ist doch doof, auf andere warten zu müssen.“

„Altklug bist du gar nicht, hm?“, erwiderte Mira belustigt. „Die Weisheit mit der Suppenkelle gefuttert.“

„Wo ist Herr Kravinski?“, fragte Tim gedämpft.

„In seinem Büro“, antwortete Mira leise. „Es wird jeden Moment losgehen.“

„Und wo ist Nathalie? Sie wollte doch unbedingt dabei sein. Zudem ist sie die eigentliche Hüterin des Hauses.“

„Ich hab sie bis jetzt noch nicht gesehen. Vielleicht kommt sie später.“

„Solange sie überhaupt erscheint“, murmelte Tim missmutig. „Sonst können wir unseren Urlaub vergessen.“

„Nicht so pessimistisch, bitte“, mahnte Ida gutmütig. „Das wird alles werden irgendwie. Gleich sprechen wir -“

In diesem Moment öffnete sich eine Tür im hinteren Teil der Buchhandlung. Ein annähernd weißhaariger Mann mit Halbglatze und freundlichem Gesicht winkte die sechs Freunde zu sich.

Der Vorhang fällt.

Ein Gedanke, der ihnen nun allen im Nacken saß, während sie sich in Herrn Kravinskis Büro begaben.

„Ich werde bedroht.“

Der Buchhändler hatte den Jugendlichen Sitzplätze angeboten. Danach hatte er sich selbst auf seinem Schreibtischstuhl niedergelassen. Zerknirscht und gleichermaßen erwartungsvoll sah er die Jugendlichen an.