Closer to Love - Vex King - E-Book

Closer to Love E-Book

Vex King

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  • Herausgeber: Kailash
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2023
Beschreibung

Warum bleiben manche Paare ein Leben lang zusammen, während andere sich nach einer gewissen Zeit wieder voneinander trennen?

Wie wir uns langfristig tiefgründige Beziehungen in Zeiten von sozialen Medien aufbauen, wo zwischenmenschliche Verbindungen oft oberflächlich und virtuell sind und sich Kommunikation auf kurze Chats beschränkt – Vex King hat den Schlüssel gefunden: Selbstliebe. Erst wenn wir uns mit unserer Vergangenheit auseinandersetzen, alte Wunden und Traumata annehmen und heilen, können tiefe und wahrhaftige Beziehungen entstehen. Selbstliebe lässt uns den Mut aufbringen, immer wieder neu das Herz zu öffnen und uns verletzbar zu machen. Vex King formuliert zehn goldene Beziehungsregeln, darunter die drei Basics für solide Beziehungen: Dynamiken verstehen, Grenzen setzen sowie das richtige Erwartungsmanagement. Mithilfe von Journaling sowie originellen Self Care-Inspirationen können Energien freigesetzt und Blockaden gelöst werden.

Entdecke auch das Arbeitsbuch "The Greatest Self-Help Book" von Vex King.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 459

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Zum Inhalt

Wie wir uns langfristig tiefgründige Beziehungen in Zeiten von sozialen Medien aufbauen, wo zwischenmenschliche Verbindungen oft oberflächlich und virtuell sind und sich Kommunikation auf kurze Chats beschränkt – Vex King hat den Schlüssel gefunden: Selbstliebe. Erst wenn wir uns mit unserer Vergangenheit auseinandersetzen, alte Wunden und Traumata annehmen und heilen, können tiefe und wahrhaftige Beziehungen entstehen. Selbstliebe lässt uns den Mut aufbringen, immer wieder neu das Herz zu öffnen und uns verletzbar zu machen. Vex King formuliert zehn goldene Beziehungsregeln, darunter die drei Basics für solide Beziehungen: Dynamiken verstehen, Grenzen setzen sowie das richtige Erwartungsmanagement. Mithilfe von Journaling sowie originellen Self Care-Inspirationen können Energien freigesetzt und Blockaden gelöst werden.

Über den Autor

Vex King ist ein Optimist, Visionär und Philanthrop aus London. Sein Vater starb, als er sechs Monate alt war, und seine Mutter zog ihn und seine Geschwister allein in einem traditionellen indischen Haushalt auf, mit immer wiederkehrenden Phasen der Obdachlosigkeit. Dies prägte sein Leben, ebenso wie der heftige Rassismus, den er immer wieder erfahren musste. Durch seinen erfolgreichen Instagram-Account @vexking, seine Community »The Rising Circle« sowie seine Lifestyle-Marke Bon Vita gilt er als eine wichtige Stimme auf dem Gebiet der persönlichen Entwicklung und spirituellen Weisheit.

VEXKING

CLOSERTO

LOVE

Wie wir in Zeiten von Social Media wirklich tiefe Beziehungen führen können

Aus dem Englischen von Sonja Hagemann

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Die Originalausgabe erschien 2023 unter dem Titel Closer to Love. How to Attract the Right Relationships and Deepen Your Connections bei Bluebird / Pan Macmillan, UK.

Deutsche Erstausgabe

© 2023 Kailash Verlag, München

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH Neumarkter Str. 28, 81673 München

© 2023 by Vex King

First published 2023 by Bluebird

an imprint of Pan Macmillan

The Smithson, 6 Briset Street, London EC1M 5NR

Lektorat: Ralf Lay, Mönchengladbach

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

Umschlaggestaltung: ki 36, Daniela Hofner Editorial Design, München,

978-3-641-30390-7

www.kailash-verlag.de

INHALT

EINLEITUNG

TEIL 1 Das Selbst: Die Rolle beherrschen, die du in deinen Beziehungen spielst

Kapitel 1 MEHRNÄHEZUMIRSELBST, MEHRNÄHEZUDIR

Kapitel 2 VERSCHLOSSENESHERZ, OFFENESHERZ

Kapitel 3 PLATZSCHAFFEN

Kapitel 4 ANZIEHUNGSKRAFTENTSCHLÜSSELN

TEIL 2 Zusammen: Sinnstiftende und achtsame Beziehungen aufbauen

Kapitel 5 ZEHNBEZIEHUNGSREGELN

Kapitel 6 DEINEINNERENDÄMONENGEGENDIEDES

Kapitel 7 SICHVERLETZLICHZEIGEN

Kapitel 8 WANNMANGEHENSOLLTE

TEIL 3 Love: Die Grundlagen wahrer, bedingungsloser Liebe

Kapitel 9 LIEBEISTEINVERB

Kapitel 10 LIEBEBESTEHTAUSSCHWINGUNGEN

Kapitel 11 LIEBEISTEINELEBENSEINSTELLUNG

DANK

ÜBERDENAUTOR

ANMERKUNGEN

Deine Fähigkeit zu lieben bewundere ich aus tiefstem Herzen.

Wenn ich anderen so bedingungslose Liebe entgegenbringen könnte wie du, wäre diese Welt ein Stück besser.

Danke, dass du mir so ein wundervoller Lehrmeister bist.

Versieh Bilder oder Videos von deinen Lieblingswebsites, Zitate und Erfahrungen, die mit diesem Buch zu tun haben, auf den sozialen Medien mit dem Hashtag #CloserToLove, sodass ich sie sehen und auf meinen unterschiedlichen Plattformen teilen kann.

Folge mir dort für noch mehr Inspiration (man findet mich überall als @vexking), und abonniere mit dem QR-Code unten meinen (englischsprachigen) Newsletter.

EINLEITUNG

Wie sollst du dein Leben mit jemandem teilen, wenn du keine Verbindung zu dir selbst spürst?

Wie kannst du Nähe herstellen, wenn dir deine eigenen Gefühle so fern sind?

Die Wahrheit sieht so aus: Du kannst kaum eine gesunde Beziehung zu einem anderen Menschen aufbauen, wenn du nicht vorher an der Beziehung zu dir selbst gearbeitet hast.

Mich hat es völlig aus den Socken gehauen, und es kam mir vor, als hätte mir jemand die Luft abgeschnürt. Obwohl ich es längst hatte kommen sehen, erschütterte es mich in den Grundfesten, als mir zum ersten Mal jemand das Herz brach. Jegliche Liebe, die ich je gekannt hatte, wurde mir von einer Minute auf die andere entrissen, und meine Vorstellung von unserer Zukunft löste sich in Luft auf. Deshalb war ich eine Zeitlang nur noch ein Schatten meiner selbst.

Man könnte die Erfahrung als brutal und schmerzhaft bezeichnen, sie war jedoch ein wichtiger Meilenstein für meine spirituelle und emotionale Entwicklung. Hätte ich nicht das Ende mehrerer wichtiger Beziehungen miterlebt, hätte ich vielleicht nie gelernt, mit meiner dunklen Seite Frieden zu schließen. Erst danach konnte ich mir langsam den Weg zurück zur Liebe bahnen.

Wenn eine Beziehung in die Brüche geht, zerbricht dadurch auch das gemeinsame Leben, das man sich in Gedanken ausgemalt hatte. Und je fester man sich an diese Vorstellung geklammert hatte, desto tiefer wird der Fall.

Obwohl ich mich durch mein gebrochenes Herz so einsam fühlte, wurde mir bald klar, dass diese erschütternde Erfahrung nicht einzigartig war. Die meisten von uns haben mal eine Trennung erlebt und mussten jemanden gehen lassen, den sie liebten oder mit dem sie zumindest eng verbunden waren. Und mir ist klar, wie verloren, verletzt und verzweifelt du dich fühlen musst, wenn du dich zurzeit in solch einer Situation befinden solltest. Noch kannst du den Regenbogen am Ende des Sturms nicht sehen – ich aber schon, deshalb werde ich dir den Weg dorthin weisen.

Nach jeder neuen Trennung reagierte ich während des Heilungsprozesses mit genervtem Augenrollen auf den Anblick glücklicher Paare, die die Bedeutung von Liebe und das Geheimnis für dauerhafte Beziehungen zu kennen schienen. Was wussten sie nur, was ich nicht wusste? Verwirrung und Neid waren eine reflexhafte Reaktion, weil mir die Selbsterkenntnis fehlte.

All dies ändert sich, wenn uns unsere Rolle in einer Beziehung neue Stärke verleiht. Viele von uns nehmen sich allerdings keine Zeit für die Heilung und für die Frage danach, ob wir unseren Herzschmerz vielleicht mit verursacht haben. Stattdessen suchen wir nach einem neuen Partner, der unsere Sehnsucht nach Liebe stillen soll, und dann geht es wieder von vorn los.

Wie einige von euch vielleicht schon wissen, bin ich weder Psychologe noch professioneller Eheberater, und mit manchen meiner Ansichten in diesem Buch werdet ihr vielleicht nicht einverstanden sein. Wie ihr seinen Inhalt interpretiert, hängt darüber hinaus von eurer momentanen Gemütsverfassung ab, von Erfahrungen in der Vergangenheit und von dem Kontext, in dem ihr es lest.

Aber ich möchte unterstreichen, dass ich den größten Teil meines Erwachsenenlebens damit verbracht habe, Neues über Selbstentfaltung und über das Aufbauen solider Beziehungen zu lernen. Hier werde ich mein gesammeltes Wissen mit euch teilen.

VERBUNDENHEIT, INTIMITÄT UND WAHRE LIEBE SCHAFFEN

Mich hat immer die feste Überzeugung motiviert, dass wir alle ein erfülltes, glückliches Leben führen können, solange wir nur über das richtige Handwerkszeug verfügen. Liebe ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis, aber sie ist auch unserer wichtigster Quell der Kraft. Ein Leben voller Liebe ist ein erfüllendes Leben in Reichtum und Überfluss. Und wenn wir es mit einem ganz besonderen Menschen teilen können – umso besser.

Vielleicht trägst du alte Wunden von vor zehn Jahren mit dir herum, die in deiner aktuellen Partnerschaft wieder aufgerissen werden. Du hast womöglich das Gefühl, dass dir die Liebe durch die Finger gleitet, weißt aber nicht zu retten, was dir so wichtig ist. Oder dir fehlt in der Beziehung die ersehnte emotionale Tiefe und Intimität, und du möchtest deinem geliebten Partner näher sein.

Hier kommt der wichtigste Rat, den ich dir geben kann: Warte nicht ab. Lass nicht einen weiteren Monat, ein Jahr oder womöglich zehn ohne einen Prozess der Selbstfindung verstreichen, bei dem dein Herz im Mittelpunkt steht. Setz dich vielmehr brutal ehrlich mit deinen Verhaltensmustern beim Thema »Beziehungen« auseinander, erkenne deine Bedürfnisse und Neigungen und entwickle Strategien für Liebe und Fürsorge dir selbst gegenüber. So wirst du dein Herz befreien und verstehen, wie du echte Verbundenheit, Intimität und wahre Liebe schaffen kannst.

Wenn du die Scherben aufsammelst, dein Herz wieder kittest und als kompletter Mensch eine neue Beziehung beginnst, kann die erlebte Bindung, der Zusammenhalt darin, einfach fantastisch sein. In unserer modernen Zeit fehlt es in Beziehungen oft an Loyalität, Erfüllung und Tiefe. Das ist durchaus logisch, da Zweisamkeit in dem Kontext entsteht, in dem wir uns emotional, mental und spirituell befinden. Aber es ist möglich, sich weiterzuentwickeln und sich einer authentischeren Art von Liebe anzunähern. Dieses Buch will dich einladen, die Dinge anders zu machen – innezuhalten, zu reflektieren und dich von problematischen Beziehungsmustern zu befreien.

Die folgenden Kapitel werden dir bei der Einschätzung der Frage helfen, wie und warum du liebst. Du wirst lernen, auf konstruktive und bedingungslose Art zu lieben, neue Verhaltensweisen in Beziehungen zu entwickeln und die Verbindung zu dir selbst zu vertiefen, damit die von dir geteilte Liebe stets Authentizität und Selbstkenntnis entspringt.

Nutze dein gebrochenes Herz als Nährboden für neues Wachstum.

Finde heraus, warum du immer wieder in ungesunde Beziehungsmuster verfällst.

Stärke deine Fähigkeit, erfolgreiche Beziehungen einzugehen, und zwar nicht nur in romantischer Hinsicht.

Heiße mit jeder Seite dieses Buches neue Ideen willkommen, Impulse für deine Fähigkeit, Liebe zu geben und zu empfangen. Möglicherweise zeigen sich Unsicherheit, Angst und Zweifel, wenn sich dein Herz und Verstand mit neuen Formen von Beziehungen und Möglichkeiten ihrer Gestaltung konfrontiert sehen. Eins solltest du aber verinnerlichen: Wie viele Verluste du auch erlebt haben magst, es wartet immer bedingungslose Liebe auf dich. Sie liegt im Herzen des heilenden und stärkenden Prozesses, der sich hier Kapitel für Kapitel entfaltet.

Indem ich mich auf diese Reise der Selbstheilung gemacht habe, konnte ich mein Herz kurieren, mit meiner Vergangenheit Frieden schließen und ein Leben mit einem Menschen aufbauen, der unglaublich viel Freude im Herzen trägt. Durch mein Vertrauen in den Heilungsprozess konnte ich loslassen, was ich einst für Liebe gehalten hatte. Und von diesen neuen Erkenntnissen über Beziehungen ausgehend, kann ich die Liebe geben und erhalten, die sowohl meine Frau als auch ich verdienen. Dir bietet sich jetzt die Chance, das Gleiche zu tun.

Dieses Buch wird dich auf eine Reise der Selbsterkenntnis mitnehmen, bei der wir neuen Möglichkeiten für Heilung, Liebe und das Führen von Beziehungen begegnen. Von manchem wirst du dich nach reiflicher Überlegung trennen müssen, wenn du diese Reise antrittst.

WOMIT HAST DU ZU KÄMPFEN?

Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Seit Jahren höre ich von so vielen Menschen, dass sie von seelischem Schmerz gequält werden und Lösungen für die Probleme suchen, mit denen sie sich herumschlagen.

Dabei geht es oft darum, dass jemand seine Beziehung retten will. Ich werde immer wieder gefragt, wie man einen anderen Menschen beeinflussen kann, was man bei absoluter Verweigerung Veränderungen gegenüber tun soll und wie man verhindern kann, verletzt zu werden oder andere zu verletzen. Konflikte entspringen oft einem Mangel an Kommunikation oder dem Gefühl, nicht genug geschätzt zu werden. Viele Menschen sind nach einer früheren Beziehung ein gebranntes Kind und scheuen sich davor, eine neue Verbindung einzugehen. Andere interessieren sich für das Konzept der bedingungslosen Liebe und wollen wissen, ob es sie wirklich gibt. Sie fragen sich, wie Liebe ohne Einschränkungen in der Praxis aussehen soll, und suchen nach Möglichkeiten, in ihrer Beziehung eine neue Ebene zu erreichen. Wenn eine Beziehung zu Ende geht, empfinden viele das als Scheitern und machen sich Vorwürfe, weil sie nicht genug getan haben oder einfach »nicht gut genug« waren.

Wir haben also einiges zu besprechen!

Es ist verständlich, dass alle so ihre Probleme haben, schließlich verrät kein Handbuch des Lebens das beste Vorgehen bei Untreue oder bei dem Wunsch, eine unverbindliche Beziehung zu vertiefen.

In der Schule lernt man nichts über Co-Abhängigkeit,* Traumata oder Selbsterkenntnis. Wieso wird heutzutage dann erwartet, dass wir die Mammutaufgabe der Liebe problemlos stemmen und bereichernde Beziehungen führen?

Mit diesem Buch möchte ich dich direkt ansprechen. Wir können die Art und Weise ändern, wie wir miteinander in Verbindung treten, und dauerhafte, liebevolle, heilsame und Leben spendende Bindungen eingehen.

Viele von uns haben durch die Versuch-und-Irrtum-Methode gelernt, durch schmerzhafte Erfahrungen, Verwirrung und Vermutungen. Und selbst dann waren wir nicht immer erfolgreich.

Wie jedes andere Paar haben auch meine Frau und ich so unsere Meinungsverschiedenheiten. Wenn dabei ein Finger in die Wunde gelegt wird, lassen wir uns manchmal mitreißen und hören inmitten des Gefühlschaos nicht mehr aufeinander. Trotzdem sind wir jeden Tag wieder am Start und dazu bereit, durch das Lösen unserer Probleme zu wachsen. Selbst in Momenten, in denen unser Verhalten uns nicht sehr liebenswert macht, wissen wir tief im Inneren doch um unsere Hingabe füreinander.

Ich will hier wirklich nicht mit unserer Liebe prahlen. Ja, natürlich bin ich stolz auf die Frau an meiner Seite, aber ich bin mir auch all der harten Arbeit bewusst, die für das Erreichen dieses Punktes nötig war, und zu wie viel Anstrengung wir bereit sind, um gemeinsam weiter zu wachsen. So eine Entwicklung kann es aber nur geben, wenn man zunächst die Verpflichtung zur Selbstliebe eingeht.

Die Erkenntnis, dass du bereits für dich allein ganz und vollkommen bist, kann dich zu einer »besseren besseren Hälfte« machen.

Bevor ich Kaushal kennenlernte, hatte ich nicht viele lange Beziehungen, vor allem nicht mehr nach der üblen Erfahrung, die ich im Vorwort zu Healing Is the New High erwähnt habe. Danach musste ich erst einmal innehalten und darüber nachdenken, was für mich wirklich wichtig ist. Mir ist klar geworden, dass ich mit der anderen Person im Einklang stehen möchte, aber dafür muss ich zunächst mit mir selbst im Einklang stehen. Als ich Kaushal kennenlernte, fühlte ich mich schnell mit ihr verbunden, konnte das aber nicht richtig zum Ausdruck bringen, weil ich mich vor neuem Herzschmerz schützen wollte. Obwohl ich meine Reise in Richtung Selbstliebe bereits angetreten hatte, war von diesem Moment an erst recht große Anstrengung vonnöten, weil durch die Beziehung zu ihr so viel aus meiner Vergangenheit ans Licht kam: Konditionierungen, Erwartungen, Ängste, Unsicherheit und so weiter.

Seien wir mal ehrlich: Wir suchen alle jemanden, der unseren Background versteht und im Leben nach den gleichen Zielen strebt. Es scheint an Zauberei zu grenzen, wenn man diesen einen Menschen trifft, der einfach auf der gleichen Wellenlänge liegt. Aber man muss auch dazu in der Lage sein, zu teilen, sich zu öffnen und verletzlich zu zeigen. Die Unfähigkeit dazu ist einer der Hauptgründe für die Probleme bei der Partnersuche und beim Eingehen einer neuen Beziehung, was auch logisch ist.

Wir können einem anderen nicht nahekommen, wenn wir uns selbst nicht nahe sind. Als ich Good Vibes, Good Life schrieb, wollte ich den Lesern dabei helfen, ihr inneres Selbst zu finden und sich selbst Liebe entgegenzubringen. Das erwähne ich hier, weil es wirklich hilft, uns vor dem emotional intensiven Eingehen einer Beziehung erst einmal unseren eigenen dunklen Seiten zu stellen und unnötigen Ballast abzuwerfen. Dann werden Selbsterkenntnis und Authentizität unsere Reise prägen. Du musst noch nicht die komplette Strecke zurückgelegt haben – solange du nur den Weg zur Selbstliebe angetreten hast, ist alles gut.

Wenn du den nötigen Platz dafür schaffst, kannst du in einer Beziehung Erfüllung finden. Ich weiß, dass Konflikte innerhalb der Partnerschaft äußerst schmerzhaft sein können, wenn du vorher keine Gelegenheit hattest, den schwierigsten Teil der Arbeit zu erledigen. Damit meine ich, mehr über dich selbst zu lernen – wer du bist, was du willst – und dich der persönlichen Weiterentwicklung zu verschreiben. Ja, man kann auch innerhalb einer liebevollen, fürsorglichen Beziehung reifen, und es gibt im Leben kaum etwas Schöneres. Aber vielleicht machst du trotzdem immer die gleichen Fehler, lässt dich von Schmerz und ähnlichen negativen Emotionen mitreißen und kannst keinen Ausweg finden.

Sich jemandem nahe zu fühlen, ist eine wunderbare Erfahrung. Nur durch diese Nähe erfüllt uns schon ein ganz warmes und wohliges Gefühl, sie scheint uns wiederherzustellen und zu erneuern. Um einer anderen Person so nahekommen zu können, ist es aber nötig, sich selbst einzubringen, was natürlich auf Gegenseitigkeit beruhen sollte. Es bedeutet, ohne Angst oder Kritik zum regelmäßigen Austausch auf der Basis von Akzeptanz fähig zu sein.1 Wenn jemand sagt, er stehe einer anderen Person »sehr nahe«, ist üblicherweise das gemeint. Die Beziehung basiert auf Fürsorge, Wärme, Akzeptanz und Unterstützung, was sie zu einer auf Gegenseitigkeit beruhenden innigen Bindung macht.

Indem du deine Gefühle, Gedanken und Erinnerungen teilst, erlaubst du dem anderen Menschen, dich kennenzulernen. Wenn du aber zurückhaltend bist und Dinge lieber für dich behältst, ist es viel schwieriger, dir nahezukommen. Ein hohes Maß an Selbstoffenbarung ist eine der wichtigsten Grundlagen sowohl der Liebe als auch anderer Arten von Beziehungen. Je mehr du von dir preisgibst, desto mehr ermöglichst du es anderen, ihr inneres Selbst zu teilen, und dieser gegenseitige Austausch führt zu mehr Nähe.

Sich jemandem nahe zu fühlen, macht es einfacher, einander positive Emotionen entgegenzubringen und negative Empfindungen ohne Angst zu zeigen. Es gehören immer zwei dazu, und für eine erfolgreiche Beziehung muss es auf beiden Seiten diese Art von Vertrauen geben. Wenn du deine Emotionen nicht zeigen kannst, dich widersprüchlich verhältst, nicht ehrlich bist oder deine Gefühle unterdrückst, wird dir der andere vermutlich nicht helfen können. Dann musst du dir zunächst selbst helfen.

Natürlich kann man auch ohne Beziehung oder einen besonderen Menschen im Leben glücklich werden, trotzdem anderen Liebe entgegenbringen und geliebt werden. Es gibt genauso viele glückliche Singles wie glückliche Paare, und es existiert kein Patentrezept, das für alle funktioniert. In diesem Buch schreibe ich oft über romantische Zweisamkeit, vieles davon gilt aber genauso für andere Arten von engen Bindungen.

Für Selbstliebe braucht man keine »bessere Hälfte«, und ich kenne viele, die sich aus unterschiedlichen Gründen für ein Singledasein entschieden haben und doch fürsorgliche, liebevolle Beziehungen zu anderen führen. Du musst tun, was sich für dich richtig anfühlt, und im Leben deine eigenen Ziele verfolgen, auf welchen Pfad sie dich auch führen mögen.

Die meisten von uns haben schon sehr früh ihre ersten Beziehungen, ohne genau zu wissen, was wir eigentlich wollen oder wie wir es erreichen können. Es hat uns nie jemand erklärt, dass wir erst eine Bindung zu uns selbst entwickeln müssen, bevor wir eine zu anderen aufbauen können. Ich wette, du kennst ein paar Leute, die sich als Teenager oder mit Anfang zwanzig verliebt und sich später von der Person getrennt haben, weil sie »sich auseinandergelebt« hatten. (Vielleicht war es sogar bei dir selbst so.) Diesen Ausdruck hört man doch immer wieder, oder? Meist ist damit gemeint, dass die Beziehung nicht mehr funktionierte, weil die beiden Partner nicht mehr die gleichen Menschen waren wie zum Zeitpunkt ihres Kennenlernens.

Bedeutet es vielleicht auch, dass sie erst zu einem späteren Zeitpunkt in ihrer Beziehung erkannt haben, wer sie wirklich sind? Eventuell ist einer von beiden reifer geworden, während der andere hinterherhinkt und sich vielleicht emotional nicht weiterentwickeln kann oder will. All das und noch viel mehr ist möglich.

Es ist ganz normal, sich zu verändern, zu wachsen, reifer zu werden und sich fürs Leben etwas anderes zu wünschen, noch einmal neu anfangen zu wollen oder mit zunehmendem Alter seine Bedürfnisse neu zu überdenken. Manche Beziehungen scheitern daran, andere aber nicht, weil sie flexibel und widerstandsfähig genug sind.

Wie sollst du eine Beziehung erfolgreich führen, wenn du sie eingehst, ohne dich selbst zu kennen? Wenn du dir nie Gedanken darüber gemacht hast, was für dich gut zusammenpasst, annehmbar oder sogar wünschenswert ist, wie sollst du dann unvereinbare Elemente erkennen, wissen, was du nicht akzeptabel findest, und definieren, was du dir erhoffst? Wie sollst du etwas messen, wenn dir das Maßband fehlt?

Du verdienst eine Beziehung, in der du gesehen, gehört, verstanden und als der Mensch akzeptiert wirst, der du wirklich bist.

* Unter dem Begriff »Co-Abhängigkeit« beziehungsweise »Koabhängigkeit« versteht man in der Regel zweierlei: einerseits die Situation des engen Umfelds von Suchtkranken (also die Lage ihrer Partner, Kinder oder Eltern), andererseits eine Liebes- oder Beziehungssucht, die im Extremfall so weit gehen kann, dass man an einer Partnerschaft festhält, obwohl man an ihr zu zerbrechen droht (Anm. d. Red.).

TEIL 1

Das Selbst: Die Rolle beherrschen, die du in deinen Beziehungen spielst

»Liebe ist die Brücke zwischen dir und allem anderen.«

Rumi zugeschrieben

Du bist nie Single,

weil du immer eine Beziehung zu dir selbst führst.

Bleib deshalb deiner Verpflichtung zur Selbstliebe und ständigen Weiterentwicklung treu.

WIE ALLES BEGANN

Im Alter von neun bis dreizehn ging Kaushal, meine heutige Frau, auf dieselbe Schule wie ich, allerdings ein Jahr unter mir. Das wurde uns erst klar, als wir später zusammenkamen.

Wir blickten auf unsere gemeinsame Schulzeit zurück und versuchten, uns aneinander zu erinnern, konnten aber einfach kein Bild vom anderen heraufbeschwören. Mein Langzeitgedächtnis ist ziemlich gut, trotzdem hatte ich eigentlich keine Erinnerungen an sie, sosehr ich mir auch das Hirn zermarterte.

Erst als ich ein Schulfoto von Kaushal sah, war mir plötzlich eine Szene aus dieser Zeit wieder gegenwärtig. Ich wurde in einen Moment zurückversetzt, in dem ich sie auf dem Schulhof angesehen hatte und von ihr fasziniert gewesen war. Die Bilder waren klar und deutlich.

Ich wusste noch, dass sie mit zwei anderen Mädchen zusammen war. Sie erklärte mir, dass dies ihre besten Freundinnen (und gleichzeitig Cousinen) gewesen waren. Damals hatte ich aber bewusst sie, Kaushal, angeschaut, mich gefragt, wer sie war und ob sie wohl eine ähnliche Herkunft hatte wie ich. Ich will jetzt nicht behaupten, dass ich in dem Alter schon in sie verliebt gewesen sei oder dass ich sie aus romantischen Gründen angeschaut habe. Aber ich weiß noch, dass mich an ihr damals irgendetwas faszinierte und mein Interesse weckte. Sie war inmitten der Schülerschaft nur eine von vielen, eine Wildfremde, in diesem Augenblick war ich aber auf sie neugierig gewesen. Ich weiß, wie seltsam das klingt, die Geschichte stimmt aber. Selbst in jungem Alter war Kaushal bereits der Auslöser einer instinktiven emotionalen Reaktion gewesen, die ich nicht hatte einordnen können.

Mit dreizehn ist Kaushal nach Amerika umgezogen, um erst gegen Ende ihrer Teenagerzeit nach England zurückzukehren. Als ich ihr dort eines Abends begegnete, wusste ich nicht, dass sie das Mädchen von jenem Moment auf dem Pausenhof war. Wir lächelten einander an, dann verschwand sie aber wieder für einige Zeit. Ihr Gesicht sah anders aus, trotzdem rief sie in mir erneut das Gefühl aus der Schulzeit wach. Was war das nur für ein Wesen?

Mit neunzehn war ich im sozialen Netzwerk Myspace unterwegs und entdeckte durch einen gemeinsamen Freund Kaushals Profil. Dadurch erinnerte ich mich an die Begegnung ein paar Jahre zuvor und wusste einfach, dass diese Frau etwas Besonderes an sich hatte. Ich wollte sie gern als Freundin hinzufügen, machte es am Ende aber doch nicht, dabei hatte der Cursor Ewigkeiten über dem entsprechenden Button geschwebt.

Obwohl wir in derselben Stadt wohnten, begegnete ich ihr nach ihrer Rückkehr aus den USA in einem Zeitraum von etwa sieben Jahren nur ein einziges Mal. Wir kannten uns vom Hörensagen, liefen uns aber nie über den Weg, und ich wollte mich gern cool geben, obwohl ich mich zu ihr hingezogen fühlte. Eine wirkliche Grundlage dafür gab es ja gar nicht, bis wir kurz vor meinem Uniabschluss das erste Mal richtig miteinander zu tun hatten und uns unterhielten. Aber da fühlte es sich plötzlich an, als hätten wir einander schon ein Leben lang gekannt. Zu diesem Zeitpunkt verbanden uns lediglich ein paar Blicke und ein einziges Gespräch miteinander. Aber ich hatte das Gefühl, es würde das erste von vielen werden.

Schon seltsam: Sobald wir regelmäßig miteinander sprachen, fingen wir auch plötzlich an, die gleichen unwillkürlichen Zeichen zu bemerken. Wir hatten im Leben beide schon einmal schwierige Zeiten durchgemacht und glaubten ganz fest an die Auswirkungen positiven Denkens. Kurz vor Beginn unserer Beziehung entdeckten wir plötzlich überall Verweise auf dieses Konzept, selbst auf Flyern von Imbissläden.

Vielleicht lag es einfach an unserem retikulären Aktivierungssystem (RAS) – einer Gruppe von Neuronen im Gehirn, die sich auf Wichtiges fokussieren und Unwichtiges verwerfen. Dieses System konzentriert sich auf die Sachen, die deinem Gehirn relevant erscheinen, und findet Belege für bereits vorgefasste Meinungen. (Darüber hinaus hat es noch andere Funktionen, reguliert zum Beispiel Erregung und den Schlaf-wach-Rhythmus.)

Unsere Sinne versorgen uns pro Sekunde mit Millionen Bits an Informationen. Wenn wir jeder einzelnen davon Aufmerksamkeit schenkten, müsste es sich ja anfühlen, als würden wir explodieren. Unser retikuläres Aktivierungssystem filtert unwichtige Details heraus und lässt nur solche Botschaften ins Bewusstsein vor, die für uns von Interesse sind und unserer Sicherheit dienen.

Dass Kaushal und ich zusammenkamen, ist vielleicht auf Synchronizität** zurückzuführen. Jetzt, da ich mit ihr verheiratet bin, habe ich nämlich das Gefühl, dass mich schon immer etwas zu ihr hingezogen hatte. Die Zeichen führten mich zu ihr, auch wenn ich das eine Zeitlang ignoriert hatte. Tatsächlich erinnert sich auch Kaushal noch an den Moment vor vielen Jahren, an dem sie mich zum ersten Mal sah. Sie hatte ihre beste Freundin, die mich kannte, nach mir gefragt. Mittlerweile ist uns klar geworden, dass dies keine Zufälle im Stile einer romantischen Komödie waren. Es war Energie.

In der Quantenmechanik gibt es ein Phänomen, das als Quantenverschränkung bekannt ist. Dabei verbinden sich zwei subatomare Teilchen über Raum und Zeit hinweg miteinander, sodass eine Veränderung bei einem dieser Teilchen das andere beeinflusst, unabhängig von ihrer Entfernung zueinander.

Dieses Konzept erinnert mich an Menschen, die sich auf unerklärliche Weise zueinander hingezogen fühlen – und vielleicht wird ja in der Zukunft irgendwann entdeckt, dass auch unsere subatomaren Teilchen irgendwie miteinander in Verbindung stehen. Ich habe das Gefühl, dass meine Frau und ich schon lange vor unserer Entscheidung füreinander zusammengehörten. Die kurzen Begegnungen waren nur das natürliche Aufwallen und Abebben unserer Energien, die sich verbunden und wieder voneinander getrennt haben.

Wenn dir die Begegnung mit einem gewissen Menschen vorherbestimmt ist, dann wird er dich auch finden, weil zwischen euch beiden bereits eine Verbindung existiert. Daran möchte ich gern glauben, auch wenn es wissenschaftlich nicht korrekt sein mag.

Ein altes chinesisches Sprichwort lautet: »Ein unsichtbarer Faden verbindet unabhängig von Ort, Zeit und Umständen diejenigen, die das Schicksal füreinander bestimmt hat. Dieser Faden kann sich verknoten oder gestrafft werden, aber er wird nie zerreißen.«

Doch selbst das Gefühl, mit einem Menschen völlig auf einer Wellenlänge zu liegen, ist leider kein Garant für eine erfolgreiche Beziehung.

Manchmal wird sich eine Romanze anfühlen wie der Urknall, der in dir magische Zauberwelten erschaffen wird. Bei anderer Gelegenheit ist sie eher wie ein Meteor, der mit brennender Leidenschaft durch dein Leben sausen, aber genauso schnell verglühen wird. Einige Beziehungen werden sich anfühlen wie ein sterbender Stern, der zwar verschwindet, aber den Wunsch nach mehr hinterlässt. Jegliche Erfahrungen von Liebe können jedoch für ein größeres Ziel genutzt werden und die Selbsterkenntnis vertiefen, da sich die Energie der Liebe in allem findet und dich auch gerade jetzt umgibt.

So unterschiedlich, wie Menschen Liebe erleben, sind auch die verschiedenen Arten und Intensitätsgrade möglicher Beziehungen. In diesem Buch werde ich ein paar echte und ausgedachte Beispiele anführen. Aber ich würde gern anmerken, dass diese Szenarien für alle Geschlechterrollen und möglichen Partnerschaften gelten. Liebe ist Liebe. Die hier besprochenen Modelle und Dynamiken treffen daher für alle Arten von Beziehungen zu.

Ich hoffe, ich kann dir Klarheit in Bezug auf vergangene Erfahrungen verschaffen, deine Perspektive auf deine momentanen Beziehungen erneuern und dir Rüstzeug an die Hand geben, damit dein Herz im Rahmen all deiner Beziehungen so viel echte Liebe wie möglich in sich tragen wird.

** Unter »Synchronizität« versteht man nach dem Schweizer Psychologen und Psychiater C. G. Jung (1875–1961) das sinnvolle, in etwa zeitgleiche, kausal aber nicht erklärbare Zusammentreffen von psychischen wie auch physischen Vorgängen (Anm. d. Red.).

Kapitel 1

MEHR NÄHE ZU MIR SELBST, MEHR NÄHE ZU DIR

Weißt du, wer dich nie allein lassen wird?

Du selbst.

Und die Beziehung zu dir selbst solltest du vielleicht am meisten pflegen.

Liebe – ohne sie können wir nicht leben, und das sollen wir auch gar nicht.

Leider suchen die meisten von uns am falschen Ort danach. Dieses Buch mag von Partnerschaften handeln, aber vertu dich nicht: Die Liebe, die du in der Beziehung zu anderen erlebst, steht im direkten Zusammenhang mit der Liebe, die du dir selbst entgegenbringst. Wo auch immer dich dieser Text im Leben antrifft und wohin er dich führen wird – du solltest vor allem begreifen, dass Liebe in uns selbst stattfindet. Sie entspringt uns selbst, wir finden sie in uns. Eine Beziehung kann zur Entstehung von mehr Liebe beitragen, im Wesentlichen wird sie aber die Fülle oder den Mangel an Liebe verstärken, die du dir selbst entgegenbringst. Also lass uns darüber sprechen, worin all das seinen Ursprung hat.

Unser Wunsch nach Liebe ist so groß, dass wir vom ersten Tag unseres Lebens an lautstark danach verlangen. Und dieses grundlegende emotionale Bedürfnis verschwindet mit dem Heranwachsen auch nicht, sondern es wird eher noch stärker.

Wer von uns würde nicht gern seinen Seelenverwandten finden oder glaubt, ihn schon gefunden zu haben? Unsere große Liebe, den einen Menschen, ohne den wir nicht leben können?

Moderne Beziehungen sind komplexer denn je, und unser Handeln wird oft eher von einem Mangel an Liebe bestimmt, als einem gut gefüllten Krug zu entspringen, aus dem wir großzügig ausschenken können.

Liebe zu verstehen, ist kompliziert. Aus psychologischer Sicht lernen wir schon von frühester Kindheit an, Liebe zu empfinden und auszudrücken. Die meisten Experten für Kindesentwicklung legen dar, dass neugeborene Babys zwei emotionale Reaktionen zeigen: Anziehung und Rückzug.2 Sie werden von allem angezogen, was angenehm oder stimulierend ist, ihr Wohlbefinden steigert, während sie sich von unangenehmen Dingen wie einem bitteren Geschmack oder Situationen mit körperlichem Unwohlsein zurückziehen. Wie ein Neugeborenes versorgt wird, wie konsequent und vorhersehbar die Fürsorge ist, kann seinen späteren Bindungstyp beeinflussen, also wie es Beziehungen zu anderen knüpft. Im Erwachsenenalter ist es entscheidend, den eigenen Bindungstyp versöhnlich und mit Blick auf Heilung zu akzeptieren und nicht etwa zu hoffen, der richtige Partner könne uns »retten« oder »ergänzen«. (Über unterschiedliche Bindungstypen werden wir in Kapitel 2 ausführlich sprechen.)

Als Babys wollen wir von unseren Bezugspersonen getröstet, gewiegt, beruhigt werden, weil wir unsere Gefühle noch nicht selbst regulieren können. Natürlich ist das kein bewusster Prozess. Wie wir Liebe erleben und zum Ausdruck bringen, hat aber viel damit zu tun, wie früher andere auf unsere emotionalen Bedürfnisse reagiert haben. Unsere Beziehungen im Erwachsenenalter spiegeln oft wider, was wir in jungen Jahren gelernt, wodurch wir einen gewissen Bindungstyp entwickelt haben.

Über die Grundbedürfnisse hinausgehend, bist du ein einzigartiges Individuum mit Erfahrungen, Erinnerungen und Vorlieben, das manches mag und anderes nicht. Wie man dich großgezogen hat, ist nur ein kleiner Teil all dessen, was dich lieben lehrt – zusammen mit deiner Persönlichkeit und deiner einzigartigen Perspektive. Je mehr du durch emotionale Entwicklung und persönliches Wachstum an dir arbeitest, desto mehr liegst du mit der Liebe, die du anderen zu bieten hast, auf einer Wellenlänge. Wie schon die alten Griechen sagten: Erkenne dich selbst!

Viele Menschen nehmen sich nie die Zeit für gründliche Selbsterkundung und vergessen dadurch, wer sie eigentlich sind. Während das Leben voranschreitet, erliegen sie immer mehr Fehlannahmen über sich selbst oder verfallen in Denkmuster, die ihnen gar nicht zu eigen sind. Tatsächlich leben sie ohne ein starkes Selbstgefühl, was sie davon abhält, echte Verbindungen zu anderen einzugehen.

Durch tief verankertes Selbstwissen zieht man bewusst eingegangene, glückliche, gesunde und erfüllende Beziehungen an. Das Auf und Ab von Beziehungen ist schon schwierig genug. Wenn wir nicht mit unseren Werten und Überzeugungen im Einklang stehen, kann es sich aber wie eine unmögliche Aufgabe darstellen.

Egal, was du in die Beziehung mit einbringst – du kannst sicher sein, dass der andere ebenfalls sein Päckchen zu tragen hat. Da kommt also ganz schön viel zusammen. Und wie sollst du dein Leben nach deiner Ansicht von Richtig und Falsch ausrichten, wenn du diese Überzeugungen nicht klar und deutlich zum Ausdruck bringen kannst?

Bei der Begegnung mit neuen Menschen fragen wir uns oft, ob sie uns mögen werden. Aber mögen wir sie denn? Gutes Urteilsvermögen ist bei der Suche nach einem Partner, der zu uns passt, unglaublich wichtig. Es ist aber auch eine Eigenschaft solcher Menschen, die sich eine von Klarheit und Bewusstsein geprägte Liebe ohne Einfluss durch die Bindung zu frühen Bezugspersonen oder durch nicht erfüllte Bedürfnisse wünschen.

Ich finde den Satz, dass Liebe eine Brücke zwischen uns selbst und allem anderen darstellen kann, äußerst zutreffend, in welcher Form sich diese Liebe auch zeigen mag. Wie du diese Brücke baust, musst du selbst entscheiden, aber sie benötigt auf jeden Fall ein solides Fundament. Nur mit unerschütterlichen Grundfesten weißt du genau, dass deine Brücke sicher sein und nicht einstürzen wird. Und mit der Liebe ist es genauso: Wenn du nicht auf ein Fundament der Selbstliebe aufbauen kannst, wird die Beziehung zu einer neuen Flamme schwierig.

Zu wissen, wer du bist, ist ein guter Ausgangspunkt. Und damit meine ich nicht bloß Namen, Beruf oder Lieblingsfarbe, sondern eine echte Identität durch tief verankerte Selbsterkenntnis. All das beginnt damit, sich auf achtsame Art und Weise mit selbstreflexiven Denkanstößen auseinanderzusetzen, durch die du dich ganz neu kennenlernen kannst.

Ich möchte dich deshalb gern bitten, als kleinen Vorgeschmack die hier aufgeführten Fragen zu lesen und dir etwas Zeit für die Beantwortung zu nehmen:

Wie siehst du dich selbst?Was macht dich zu der Person, die du bist?Was hast du zu bieten?Was brauchst du?Was sind deine am tiefsten verankerten Grundwerte?Wie gehst du mit Kritik, Ablehnung oder Scheitern um?Bei welchen Themen bist du als Individuum und innerhalb einer Partnerschaft nicht zu Kompromissen bereit?Kannst du geben, ohne eine Gegenleistung zu erwarten?Wie sieht deine ideale Beziehung aus? Was könntest du selbst dazu beitragen?Wie reagierst du auf zwischenmenschliche Spannungen?

Du brauchst nicht sofort auf alles zu antworten. Ich stelle diese Fragen erst einmal in den Raum, damit du ein bisschen darüber nachdenken kannst. Manche davon erscheinen dir vielleicht schwierig oder würden eine Auseinandersetzung mit Themen nach sich ziehen, für die du jetzt noch nicht bereit bist. Das ist in Ordnung. Trotzdem möchte ich noch einmal betonen, dass ein wenig Selbsterforschung unumgänglich ist, wenn du dich nach einer bedeutsamen Beziehung sehnst. Man kann von einem Arzt nicht erwarten, eine Krankheit zu heilen, wenn er nicht zuerst nach den Ursachen sucht – oder die richtige Behandlung anzuordnen, wenn er keine Ahnung hat, wo überhaupt das Problem liegt. Auf die gleiche Art und Weise wird auch das Leben nicht besser, wenn du in wenig hilfreichen Verhaltens- und Denkmustern verhaftet bleibst, die dich nicht weiterbringen.

Was willst du, und was bringst du selbst mit ein?

Bist du bereit, deine Ansichten über Beziehungen gründlich unter die Lupe zu nehmen? Lohnt sich ein Perspektivwechsel, um für Bindungen zu anderen Menschen neue Zugänge zu finden?

Was du von einer Beziehung erwartest, entspringt vergangenen Erfahrungen und Wünschen für die Zukunft. Abgesehen von den kniffligen Fragen hier im Kapitel kannst du deine Bedürfnisse in Beziehungen auch einschätzen, indem du aktuelle und vergangene analysierst: Was hat dir an diesen Partnerschaften gefallen, und was hat aus deiner Sicht so gar nicht funktioniert? Welche Aspekte deiner Persönlichkeit haben sie verstärkt? Wie denkst du angesichts dessen über die Liebe, das Leben und die Chancen, die es mit sich bringt?

Liebe entsteht nicht im Kopf, und du wirst schnell merken, dass ich wenig davon halte, eine Beziehung mit einer Checkliste anzufangen. Diese Übungen sind aber perfekt für deine innere Reise.

Lass es mich noch einmal unterstreichen: Wenn du dein Leben völlig verändern, heilen und dich als unversehrtes Ganzes fühlen willst, dann musst du vor allem die Beziehung zu dir selbst ehren und pflegen.

Lieben wir uns selbst und das Leben, wird schnell offensichtlich, bei welchen Menschen und in welchen Situationen Liebe fehlt. Wenn Liebe zunächst von innen kommt, dient sie dir als Kompass und führt dich zu einer mit sich selbst im Einklang stehenden Person, die deine Liebe empfangen und erwidern kann.

Du bist ein komplexer Mensch, aber unter all den Schichten verbirgt sich am Ende doch nur das Bedürfnis nach Liebe, oder? Gleichzeitig verfügst du auch über die grenzenlose Fähigkeit, Liebe zu teilen. Aber weißt du wirklich, wie man sie gibt und nimmt?

Häufige Gründe dafür, dass Liebe nicht angenommen werden kann, sind zum Beispiel die folgenden:

das Gefühl, dieser Liebe nicht würdig zu sein,nicht an sie zu glauben,die Überzeugung, dass sie nicht andauern kann,die mangelnde Bereitschaft, an ihr zu arbeiten, undUnsicherheit im Allgemeinen.

Deine Persönlichkeit beruht zum großen Teil auf Erlebnissen der Vergangenheit, und durch manche dieser Erfahrungen bist du vielleicht vorsichtig geworden. Allerdings können viele Menschen, die mal verletzt worden sind, immer noch Liebe geben, obwohl sie sie nicht regelmäßig bekamen.

Häufige Gründe dafür, dass Liebe nicht gegeben werden kann, sind unter anderem die folgenden:

Angst vor Verletzlichkeit,mangelnde Kenntnis, wie Liebe überhaupt aussieht (oft aufgrund fehlender positiver Beispiele),der Glaube, dass jeder irgendwann wieder fortgeht,Angst vor Zurückweisung undProbleme mit Intimität.

Wer es schwierig findet, Liebe auszudrücken, empfindet sie oft nicht als wertvoll. Möglicherweise ist für dich der Zusammenhang zwischen dem Geben von Liebe und Glück oder Erfüllung nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Vielleicht musstest du mal erleben, dass Liebe gegen dich verwendet wurde – um dich emotional zu erpressen oder zu manipulieren.

Die meisten von uns können zumindest eine Erfahrung aus dem eigenen Leben nennen, die schmerzhaft genug war, um den Glauben an die Liebe zu verlieren. Wer einmal verletzt wurde, fragt sich vielleicht, ob es das Risiko wert ist.

Während wir durchs Leben gehen, erwächst Liebe normalerweise ganz natürlich durch die enge Verbundenheit zu unseren Eltern, Verwandten, Kindern, Haustieren und den Menschen aus unserem Umfeld. Diese Beziehungen beruhen sozusagen auf der stillschweigenden Übereinkunft, dass Liebe gegeben und erhalten wird. Man kann Liebe sogar in einem weiteren Sinne verstehen, so wie die Liebe zur Natur, für Kunst, Dichtung, Musik, Sport und so weiter. Liebe ist grenzenlos.

Das Wort »Liebe« ist in aller Munde. Wenn es um innige Beziehungen geht, hat aber jeder seine ganz persönliche Auffassung davon, was Liebe bedeutet und wie sie aussieht. Meine Vorstellung von Liebe kann sich durchaus von deiner unterscheiden, weil wir eben zwei unterschiedliche Menschen sind. Vielleicht steht Liebe aus deiner Sicht in Verbindung mit Positivität, Negativität, Trauma, Schmerz, Hochgefühl, Glück, Erfüllung, Quälerei, Rettung oder allen möglichen Arten von Gefühlen.

Was für Beziehungen wir automatisch durch Verwandtschaftsbeziehungen oder die Kollegen auf der Arbeit eingehen, können wir uns nicht aussuchen. Sie entstehen eben durch die Menschen in unserem Umfeld. Das ist etwas anderes als die Partnerschaften, die wir auf der Suche nach romantischer oder platonischer Liebe oder einfach aufgrund von sexueller Anziehung eingehen. Schwierigkeiten können in allen Arten von Beziehungen auftreten, aber wir können nicht alle einfach beenden. Selbst die »natürliche« Bindung zu unserer Familie oder Gemeinschaft kann problematisch sein und bleibt womöglich bis zu einem gewissen Grad bestehen, obwohl wir uns distanzieren. Wie es so oft heißt: Freunde kann man sich aussuchen, seine Familie aber nicht.

Die Beziehungen, für die wir uns selbst entschieden haben, wie die zu einem festen Freund oder einer Freundin, zu einer Liebschaft, einem Ehemann oder einer Ehefrau und zu Freunden, erhalten wir auch aus eigenem Willen aufrecht. Das heißt, wir treffen die Wahl, sie weiterzuführen oder zu beenden (abgesehen von Fällen, in denen äußere Faktoren wie kulturelle Normen oder Druck vonseiten der Familie darauf Einfluss nehmen). Das ist eine einzigartige, große Verantwortung. Wenn wir uns bewusst für gesunde, positive Zweisamkeit entscheiden, können wir damit einen Himmel auf Erden erschaffen. Treffen wir aber unkluge Entscheidungen, dann können wir uns selbst und anderen damit furchtbar wehtun.

Es ist außerdem möglich, dass uns Traumata aus der Vergangenheit daran hindern, unsere Herangehensweise an Partnerschaften zu ändern. Wer immer wieder in die gleichen Verhaltensmuster verfällt, hat vielleicht kein Vertrauen in seine Fähigkeit, gesunde Beziehungen zu führen oder sich aus ungesunden zu befreien. Ich kann nachvollziehen, wie schwierig sich diese Situation gestalten muss, und empfinde großes Mitgefühl mit allen, die sich wie gefangen vorkommen.

Manche Menschen mögen aus zahlreichen Gründen den Eindruck haben, dass in ihrem Leben die Liebe fehlt. Vielleicht haben sie den Kontakt zu ihrer Familie verloren oder halten sich aufgrund eines Konflikts von ihr fern. Andere stehen niemandem so nahe, dass sie von Freundschaft sprechen würden, wieder andere leben abgeschottet, leiden vielleicht an einer Sozialphobie oder haben sich mit dem Lebensgefährten, der Ehefrau, Kindern et cetera »auseinandergelebt«. All diese Situationen können zu Einsamkeit und einem Gefühl von Ausgrenzung führen, vor allem, wenn sich die entsprechende Person gegen ihren Willen in dieser Lage befindet.

Aus meiner Sicht erleichtert uns die Erkenntnis, dass wir selbst für die Gestaltung unserer intimen Beziehungen verantwortlich sind, die Entscheidung für Bleiben oder Gehen. Und dabei kann es um eine für uns unglaublich bedeutsame Beziehung gehen oder um eine ganz oberflächliche. Um eine lebenslange Partnerschaft, in die wir viel investiert und für die wir hart gearbeitet haben, oder um einen One-Night-Stand, den wir am nächsten Tag schon wieder vergessen haben. Hier gibt es kein Richtig oder Falsch, und jeder hat seine eigenen persönlichen Erfahrungen, auf die er Bezug nehmen kann.

Manche stürzen sich in intime Beziehungen, obwohl sie keine Ahnung haben, wie man eine führt. Diese Menschen kennen sich selbst noch nicht und könnten daher gar nicht sagen, was sie in die Partnerschaft mit einbringen. Vielleicht tragen sie Traumata der Vergangenheit oder ungesunde Erwartungen mit sich herum und sehnen sich aus den falschen Gründen nach Nähe. In diesen Fällen wird es meist schwierig, eine solide, gesunde Beziehung zu führen, und die Person geht vermutlich bald zur nächsten über, wobei sie ihre ungelösten Probleme mitnimmt.

Traumata, Konditionierungen durch frühere Erfahrungen und nicht verarbeitete Gefühle werden durch Zweisamkeit nur verstärkt.

Schmerz und nicht erfüllte Bedürfnisse, deren du dir nicht einmal bewusst warst, können durch eine Beziehung an die Oberfläche kommen, weil dabei naturgemäß Offenheit und Neugier auf den anderen erwartet werden. Leider kann das unglaublich schmerzhaft sein. Liebe ist jedoch dazu in der Lage, Licht auch in die finstersten Ecken eines Herzens zu bringen, das schon sehr lange keins mehr gesehen hat. Damit wir vom Licht der Liebe nicht verwirrt und geblendet werden, wenn es für uns leuchtet, ist eine Selbstrevision im Vorfeld so wichtig.

Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, dass in einer Beziehung nie etwas perfekt ist oder es je sein wird, und das ist in Ordnung. Jeder von uns verändert sich ständig, reift, wächst und entdeckt täglich etwas Neues über sich. Da so viele Faktoren mit hineinspielen, gibt es kein Geheimrezept nach dem Motto »Wenn ich so und so handle, wird alles perfekt«. Die Zielgerade im Auge zu behalten, ist aber sehr hilfreich. Dann sind nur noch auf beiden Seiten der Wille und die Bereitschaft nötig, sich in die richtige Richtung zu bewegen.

BITTE EINSTEIGEN!

Ich stelle mir persönliche Beziehungen gern wie die gemeinsame Zugfahrt von zwei Menschen vor, die dabei nicht wissen, wohin die Reise geht. Sobald die Tickets gekauft sind, ist es beschlossene Sache, Seite an Seite zu reisen und die gemeinsame Zeit zu genießen. Es gibt kein schöneres Gefühl, als eine wichtige Person bei sich zu wissen, während die Landschaften des Lebens vorbeiziehen. Man kann gemeinsam die Aussicht genießen und neue Horizonte entdecken. Vielleicht hält der Zug an Stationen, die ganz furchtbar sind, oder an unbekannten Orten, die sich als wahres Kleinod herausstellen. Unterwegs durchquert man dunkle Tunnel, nur um auf der anderen Seite von strahlendem Sonnenschein in Empfang genommen zu werden, und zuckelt manchmal langsam voran, bevor das Tempo wieder anzieht. Dabei mag es sowohl langweilige Momente als auch spannende Enthüllungen geben. Doch die Reise an sich wird beiden viel geben. 

Es ist schwierig, gemeinsam mit jemandem in den Zug des Lebens zu steigen, wenn man den eigenen Ausgangspunkt nicht kennt. Wo ist dein Norden, dein Süden? In welcher Richtung liegt Osten oder Westen? Beim Antritt einer solchen »Reise« mit einem anderen Menschen kannst du nicht vorhersehen, wie oder wann sie enden wird. Am Anfang weißt du nur, dass du deinen Mitreisenden gewählt hast und bis zur Endstation neben ihm sitzen willst, wo auch immer das sein mag. Wenn dein neuer Weggefährte ebenfalls nicht weiß, woher er kommt, kann die Situation für euch beide verwirrend sein.

Die meisten von uns schleppen beim Einsteigen in den Zug noch jede Menge Altlasten aus früheren Erfahrungen mit sich herum. Niemand ist zu Beginn einer Beziehung ein unbeschriebenes Blatt – wir haben alle eine Vergangenheit, die zum großen Teil für unser heutiges Verhalten und Denken verantwortlich ist. Damit meine ich zum Beispiel unsere Erziehung, Kindheitserinnerungen, kulturell bedingte Überzeugungen, Erfahrungen aus früheren Beziehungen, Beruf, Selbstbild oder sogar Informationen, die wir dem Internet entnommen haben. Unser Gepäck ist vollgestopft mit jeder Menge vorgefassten Meinungen, basierend auf dem, was wir bislang erlebt haben.

Wenn wir beim Packen streng sortieren, was uns nützt und was wir zurücklassen können, werden wir mit wesentlich leichterem Gepäck reisen und die Fahrt trotzdem genießen.

Das ist eigentlich das ganze Geheimnis, wenn es um das Eingehen einer neuen Beziehung geht: nur mitzubringen, was man braucht, und sich nicht durch unnötigen Ballast runterziehen zu lassen. Allerdings stellt das auch eine der größten Herausforderungen dar – es ist viel schwieriger, als einen Koffer zu packen –, weil dies alles mit tief verankerten Gefühlen, Erinnerungen und Verhaltensmustern verknüpft ist.

Es ist so gut wie unmöglich, eine neue Beziehung ohne Altlasten anzufangen. Die Unterstützung durch einen neuen Lieblingsmenschen schafft vielleicht gerade die Voraussetzungen dafür, dass man sich endlich davon befreien kann. Wer allerdings schwer angeschlagen eine Beziehung eingeht, wird vermutlich alte Wunden immer wieder aufreißen und dabei sich selbst und der Person an seiner Seite wehtun. Mit anderen Worten: Es ist wichtig, vorher mit dem Heilungsprozess anzufangen.

ES BEGINNT BEI UNS SELBST

Bevor ich Kaushal kennengelernt hatte, wusste ich eigentlich nicht, wie eine reife, erfüllende Partnerschaft aussieht. Ich hatte durchaus klare Vorstellungen, wusste aber nicht, wie ich meine Ideale in die Realität umsetzen und dann aufrechterhalten sollte. Daher war das alles für mich von Anfang an ein Lernprozess, bei dem ich Verhaltensweisen der Vergangenheit ablegen und neue entwickeln musste. Dafür galt es für mich zunächst einmal, mich von in früheren Beziehungen entstandenen Denkmustern zu lösen und dann zu lernen, mich voll und ganz auf für uns beide vorteilhafte Dynamiken einzulassen. Und das war nicht einfach.

Tatsächlich ist die Beziehung zu meiner Frau das Resultat all unserer bisherigen Erfahrungen als Individuen und als Paar. Gutes wie Schlechtes – es fließt jeder kleine Moment mit ein, der uns zu dem gemacht hat, was wir heute sind. Wie alle anderen auch hatten wir Höhen und Tiefen, und ich würde nie behaupten, dass unsere Ehe perfekt ist. Aber wir arbeiten ständig daran. Ich denke, solange wir beide am gleichen Strang ziehen, sind wir auf dem richtigen Weg.

Wir überraschen einander immer noch regelmäßig mit Geschenken und verabreden uns für Dates, obwohl wir längst verheiratet sind. Oft necken wir uns und flirten noch im selben Satz miteinander. Wir nähren Körper, Geist und Seele des anderen und beten für ihn, wenn er nicht bei uns ist. Aber selbstverständlich herrscht auch in unserer Partnerschaft nicht jeden Tag eitel Sonnenschein.

Okay also: Natürlich kann man den Menschen, mit dem man zusammen ist, mit seinen Problemen belasten. Aber wäre es nicht besser und fairer, sich auf eine neue Liebe im Geiste von Selbsterkenntnis und -akzeptanz schon mit geheiltem Herzen und erweitertem Bewusstsein einzulassen? Wer all das erreicht hat, wird einen Partner mit gleicher oder ähnlicher emotionaler Reife anziehen. Wer wie gewünscht Liebe geben und nehmen kann, ohne dabei von Schmerz, Angst oder Reaktionen auf ein Trauma blockiert zu werden, legt den Grundstein für den Beginn und Fortbestand erfolgreicher Zweisamkeit.

LOSLASSEN

Keine Partnerschaft ist nur Zeitverschwendung. Wie schmerzhaft sie auch sein mag, wir lernen durch jede Beziehung mehr darüber, was wir wollen oder nicht. Durch Zeit mit einem gewissen Menschen können wir zum Beispiel realisieren, dass wir etwas Besseres verdient haben. Und wenn sie schmerzhaft genug war, kann eine komplizierte Romanze der Auslöser für eine innere Erkundungsreise sein. Aber ganz egal, ob es um eine frühere Liebschaft, einen Freund oder ein Familienmitglied geht – keine Beziehung sollte dir für die Zukunft die Chance verbauen, mehr Nähe zu dir selbst oder anderen herzustellen.

Mit jedem Sonnenaufgang beginnt ein neuer Tag, ein neues Kapitel, und du entscheidest selbst darüber, welchen Ballast du dabei mit dir herumträgst. Ich empfehle dir, täglich am Morgen und Abend alle Schmerzen und nutzlosen Ansichten über die Liebe abzulegen. Öffne die Tür für neue Chancen, und vertrau darauf, dass der nächste Mensch in deinem Leben deine Liebe verdient hat – und du die seine.

DER MYTHOS DER WAHREN LIEBE

Selbst für Personen, die schon einen Heilungsprozess durchlaufen haben, kann Liebe noch immer kompliziert sein. Wir sind schließlich alle nur Menschen und haben eine Tendenz dazu, Sachen zu vergeigen. Zunächst einmal sind unsere Vorstellungen über die wahre Liebe so unrealistisch, dass moderne Beziehungen eigentlich keine Chance haben.

Wir glauben an den beliebten Mythos, dass die wahre Liebe all unsere Probleme auf einen Schlag löst. Dass Erfüllung, Glück und Zufriedenheit auf uns warten, sobald wir »den Einen« oder »die Eine« gefunden haben. Wenn es doch nur so einfach wäre! Tatsächlich gibt es weiterhin Scheidungen, Paare trennen sich, und jede Menge Leute suchen da draußen wieder einmal nach ihrem Traumpartner. Wer von einem anderen Menschen die Lösung seiner Probleme und die Erfüllung seiner Träume erwartet, bürdet ihm eine riesige Verantwortung auf. Wie würdest du dich denn fühlen, wenn jemand das von dir erwartete? Verschüchtert und unter Druck gesetzt? Überwältigt, unbehaglich, belastet?

Auf das Thema »Erwartungen« kommen wir immer wieder einmal zurück, weil ich weiß, dass viele Leute damit zu kämpfen haben. Im Moment möchte ich dich nur an die Notwendigkeit erinnern, eine solide Basis zu schaffen, also zuerst eine gute Beziehung zu dir selbst aufzubauen, bevor du wieder und wieder in alte Fehler verfällst.

Genau wie durch emotionalen Ballast wird unser Herz auch durch unrealistische Erwartungen überladen, die Beziehungen die Luft abschnüren.

Wahre Liebe bringt Freiheit mit sich, sie ist ein emotionaler Befreiungsschlag. Sie birgt die Chance, so akzeptiert zu werden, wie man ist, und auch den Menschen an seiner Seite auf diese Weise zu lieben.

Ich möchte dich auffordern, die Überzeugungen zu überdenken, die dich bisher vom Eingehen echter Bindungen abhielten. Mir ist klar, dass ich hier schwierige Fragen stelle und dass es Unbehagen hervorrufen kann, dich mit gewissen Aspekten deines Lebens auseinanderzusetzen. Trotzdem möchte ich betonen, wie viel du durch solch eine Selbsterkundung lernen kannst, und das ist die Anstrengung wirklich wert. Fang an, dir Fragen wie diese zu stellen:

Wie bist du groß geworden (Ort, Kultur, Gesellschaft, Regeln, Überzeugungen, elterlicher Einfluss …)?Wie wurdest du von außen konditioniert (durch das familiäre Wertesystem, durch Traditionen, Gepflogenheiten, Normen, Erwartungen …)?Welche dieser Richtlinien bestimmen immer noch dein Leben?Wer hat dir vermittelt, was richtig oder falsch ist?Und von wem haben diese Personen es einst gelernt? Was hat diese Überzeugungen für sie bestätigt?

Wie ergeht es dir, wenn du dich mit diesen Denkanstößen beschäftigst? Welche Gedanken und Gefühle löst es aus? Wie viel von deiner Identität ist mit sozialen Normen, Erziehung und Konditionierungen verknüpft?

Wir befassen uns hier mit einem riesigen Thema, das Zeit braucht. In großem Maße sind wir alle ein Produkt unserer Umgebung. Zum Beispiel haben dich deine Eltern vermutlich in dem Glauben erzogen, dem sie auch angehören, sei es nun Christentum, Hinduismus oder Islam. Die Gesellschaft, in der du lebst, ist möglicherweise vom Privileg weißer Männer geprägt, was deine Sicht auf die Welt beeinflusst hat. Vielleicht ist in deinem Land Homosexualität illegal, wodurch du dich innerhalb des von diesem Gesetz gesteckten Rahmens bewegst, oder dein Umfeld ist vielmehr bunt und multikulturell, was dein Verständnis von »Normalität« geprägt hat.

All diese Faktoren haben Einfluss darauf, wer du bist, obwohl nichts davon in Stein gemeißelt ist. Natürlich kannst und solltest du dein Leben nach dem Wertesystem ausrichten, das sich für dich richtig anfühlt, auch wenn es aktuellen Tendenzen widersprechen mag. Wenn du mit deinen tief verwurzelten Überzeugungen im Einklang stehst, dienen sie dir als Navi, das dir bei deiner Reise durchs Leben und durch Beziehungen den Weg weist. Hoffentlich findest du eine Person, die diese Werte mit dir teilt. Aber da das nicht immer der Fall ist, solltest du auch mit dem Gegenteil umgehen können.

Ich bin in einer Gemeinschaft aufgewachsen, in der schnell von der Ehe die Rede ist, bei Jungen im Prinzip seit dem Einsetzen des Bartwuchses (mit dem es bei mir wirklich früh losging). Sobald man eine Freundin hat, soll man auch schon übers Heiraten nachdenken. Ich bin froh, dass Kaushal und ich dem Druck standgehalten haben und die Dinge trotzdem langsam angegangen sind. Für uns stand nicht die Hochzeit, sondern die Ehe im Mittelpunkt. Und so eine Art von Bindung kann man eben nicht arrangieren, erzwingen oder beschleunigen. Man kann lediglich immer wieder die Herausforderung annehmen und trotz eigener Probleme tagtäglich seine Bereitschaft dazu beweisen, auf Harmonie hinzuarbeiten.

Wir haben eine unglaubliche Reise hinter aus, haben uns als sehr junge Menschen einfach nur zueinander hingezogen gefühlt und sind nach langer Zeit jetzt in einer Situation, in der wir auf ganz natürliche Weise glücklich sein und dieses Glück zusammen genießen können. Dafür mussten wir hart arbeiten, und es wird noch viel mehr Anstrengung nötig sein, wenn wir zukünftig dem Rest der Welt fortgesetzt und selbstlos unsere gemeinsam erschaffene Liebe entgegenbringen wollen. Aber unsere Liebe, unsere enge Bindung und unser Wunsch, parallel zu unserem persönlichen Wachstum auch die Welt besser zu machen, sind lohnenswerte Ziele.

Denk immer daran: Jedes Paar hat seine ganz eigene Reise angetreten, für die keine Meinungen oder Zeitvorgaben von anderen berücksichtigt zu werden brauchen. Lebt, lernt, liebt und wachst – gemeinsam.

Je größer die Selbsterkenntnis, desto besser kannst du dich nach außen hin darstellen und desto verlässlicher kannst du in einer Partnerschaft sein. Manchmal hat in einer Beziehung der eine bereits zu innerem Gleichgewicht gefunden, während der andere noch ungelöste Probleme mit sich herumträgt. Das ist in Ordnung, weil man sich gegenseitig bei der Weiterentwicklung unterstützen kann, solange Offenheit für Veränderungen und Empfänglichkeit für Hilfe durch andere besteht. Wenn du mit manchen Problemen noch zu kämpfen hast, kannst du mit deinem Schatz zusammen daran arbeiten. In der Beziehung ein sicheres Umfeld für so einen Prozess zu erschaffen, kann die Bindung sogar noch stärken.

Viele Menschen sprechen mit mir jedoch über den Eindruck, dass sie in einer Beziehung ihre Identität verlieren. So etwas passiert nicht über Nacht, es ist eher eine schleichende Veränderung, die nach und nach stattfindet. Am Anfang hast du die Freiheit, zu tun und zu lassen, was auch immer du willst. Irgendwann sorgt aber schon ein Bier mit Freunden für ein schlechtes Gewissen, du hast das Gefühl, etwas falsch zu machen, nach und nach deine Selbstständigkeit und dein Selbstempfinden zu verlieren. So hörte ich schon Klagen wie die folgende: »Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich freitagabends mit meinen Kumpels ausgehe, weil sich meine Freundin immer darüber beklagt.« Du magst mit dem freundlichsten, liebevollsten Menschen der Welt zusammen sein. Trotzdem dominiert jetzt der Eindruck, gar keine »richtige Beziehung« zu führen, wenn dein Schatz nicht überall mit dabei ist. Gleichzeitig fühlst du dich innerlich zunehmend gegängelt und eingeengt, wodurch Missgunst entsteht.

In solch einem Fall hast du vermutlich nicht die nötigen Grenzen gesetzt oder bist in altbekannte Beziehungsmuster verfallen. Wenn du Probleme dieser Art im Vorfeld angehst und dann jemanden findest, der deinen Background versteht und akzeptiert, können solche Konflikte vermieden werden. Deshalb beharre ich so sehr darauf, dass eine gute Kenntnis unserer inneren Landkarte so entscheidend für eine gesunde, glückliche Beziehung in der Zukunft ist.