Codename: DEREC - Grace K. Francis - E-Book

Codename: DEREC E-Book

Grace K. Francis

4,4

Beschreibung

Katerina ist eine ganz normale Schülerin. Ihr neuer Mitschüler Derec ist geheimnisvoll, anders und offensichtlich ein Frauenheld. Und dennoch verlieben sie sich ineinander und beginnen entgegen aller Bedenken eine Beziehung. Doch nach und nach deckt Kat seine Vergangenheit auf und Derec muss das Gespinst aus Lügen und Geheimnissen enger um sich spinnen, wenn er sie und sich schützen will. Die Grenzen zwischen Derec O'Shea, dem ganz normalen Schüler und Colin Gaida, dem Auftragsmöder, verschwimmen und er und Kat geraten zusehends in Gefahr. Sie flüchten gemeinsam nach Madrid, doch dann erhält er seinen nächsten Auftrag. Das Opfer? Kat. Kann er das Mädchen töten, das ihn nach den schrecklichen Erlebnissen seiner Vergangenheit endlich wieder fühlen lässt?

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Seitenzahl: 504

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Roman

 

 

 

 

 

 

 

kladde | voltage

Erste Auflage: 2016

Cover: Fernando Cortés + Nastassia Yakushevic

Coverarrangement: Sarah Hunger + Stefan Lautenschläger

Gestaltung und Satz: rombach digitale manufaktur, Freiburg

ISBN: 978-3-945431-15-3

 

© kladde | buchverlag

Pfaffenweiler – Freiburg

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags, der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen sowie der Übersetzung, auch einzelner Teile. Kein Teil darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm und andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung reproduziert, gedruckt oder sonstig vervielfältigt werden.

 

www.kladdebuchverlag.de

Prolog

 

Name:

David Miles jr., 25 Jahre

Aktueller Aufenthaltsort:

Rio de Janeiro

Zeitspanne:

3 Tage

Partner:

nein

Lohn:

$30,000

Mitwisser/Zeugen:

Unerwünscht

Denk’ dran: schnell, präzise, unauffällig. Wir können es uns nicht leisten, noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen! Du bist unser bester Mann, wir verlassen uns auf dich. Zeig’ was du kannst. -

Er betrachtete das schwarz-weiß Bild, das er neben seinen Instruktionen in dem Umschlag gefunden hatte. Es zeigte einen jungen Mann, der am Flughafenschalter stand und anscheinend auf sein Ticket wartete. Irgendwoher kam er ihm bekannt vor, aber er konnte sich nicht mehr genau erinnern. Nicht, dass es von großer Wichtigkeit gewesen wäre, ob er das Opfer kannte; am Ende waren sie sowieso alle tot. Ohne Ausnahme.

Wie immer war kein Grund angegeben. Er hatte sich nicht dafür zu interessieren, warum sein Boss irgendjemanden tot sehen wollte. Er musste einfach nur den Auftrag ausführen. 
Rio de Janeiro? Es wunderte ihn kein bisschen.

Wie jeder normale Mensch hatte dieser David Miles jr. die Flucht ergriffen, nachdem der Mordanschlag auf ihn vor zwei Wochen kläglich gescheitert war. Und jetzt, da die anderen Attentäter versagt hatten, kam er zum Einsatz. Die Eliteeinheit.

Er verzog die Lippen zu einem bitteren Lächeln. Rio war weit, aber nicht weit genug.

Noch immer das Bild in der Hand, lief er in Richtung Schlafzimmer, fuhr sich dabei mit der anderen Hand durch das schwarze Haar. Auf dem Weg fischte er sein Handy aus der Tasche des Jacketts, das an einem Haken neben der Tür hing. Die Blutspritzer waren noch immer deutlich darauf zu erkennen. Er seufzte und machte sich im Hinterkopf eine Notiz, dass er das Sakko schleunigst in die Reinigung geben musste. 


Er tippte die Nummer ein. Ohne hinzusehen natürlich. Diese konnte er auswendig, denn in letzter Zeit hatte er sie oft genug gewählt. Er klemmte sich das Handy unters Ohr und öffnete mit beiden Händen den weißen Schrank, der seinem Bett gegenüber an der anderen Seite des Zimmers stand.

»Was brauchst du?«

Er lachte.

»Hallo Harvey, es freut mich ebenfalls, mal wieder etwas von dir zu hören.«

Er gab sich nicht die geringste Mühe, den Sarkasmus zu verbergen.

»Entschuldige, wie unhöflich von mir. Aber jetzt mal im Ernst, was brauchst du?«

»Wie kommst du auf die Idee, ich könnte etwas brauchen? Kann ich meinen alten Freund nicht einfach so anrufen?«

»Ich bitte dich. Du hast mich noch nie einfach mal so angerufen. Im Normalfall brauchst du immer irgendwas, wenn du meine Nummer wählst. Also was ist es diesmal?«

Er seufzte. Man konnte Harvey nichts vormachen.

»Na gut, du hast gewonnen. Ich muss nach Brasilien.«

»Brasilien? Wohin genau?«

»Rio.«

Harvey pfiff anerkennend.

»Ach du meine Güte. Deinen Job möchte ich haben. Was machst du, dass du immer so weit reisen musst?«

Er runzelte die Stirn. Wie oft hatte Harvey diese Frage gestellt und wie oft hatte er die immer gleiche Antwort gegeben? Und er war sich sicher, dass Harvey seinen Job ganz sicher nicht haben wollte, sollte er irgendwann erfahren, um was es bei seiner Arbeit wirklich ging.

»Harvey, du weißt genau, dass ich dir das nicht sagen darf. Top secret.«

»Ja, ist ja gut. Das sagst du immer. Also ein Flugticket nach Rio de Janeiro. Wie immer ohne Zollkontrolle, nehm’ ich an. Darf es sonst noch was sein?«

Harvey war nicht wirklich enttäuscht. Dafür kannte er ihn zu lange. Er war ihm vor drei Jahren als technischer Assistent, so nannten sie es zumindest, zugeteilt worden. Neue Papiere, ein Flugticket, einen neuen Namen oder wichtige Informationen – Harvey hatte alles. Und da kümmerte es sie auch nicht, dass keiner von ihnen wusste, wie das Gegenüber überhaupt aussah.

Er überlegte. Es konnte nicht schaden, sich in Rio einen weiteren Namen zuzulegen. Bei all den Drogendealern und Mafiabossen, die es überhaupt nicht leiden konnten, wenn irgendwer in ihren Gebieten Schaden anrichtete, war doppelte Vorsicht geboten. Wie die Notiz seines Chefs bereits gesagt hatte: Er konnte es sich nicht leisten, noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen.

»Ja durchaus. Reservier’ ein Zimmer für mich in irgendeinem Hotel. Aber bitte keine billige Absteige, ja? Denk dir irgendeinen neuen Namen aus und buch’ das Zimmer für drei Tage. Ach ja und noch was, lass’ mir am besten auch gleich einen schicken Anzug liefern, ich schaffe es nicht mehr in die Reinigung.«

Für einige Sekunden herrschte Stille in der Leitung.

»Okay, ist das alles?« 


»Ich nehm’ es an.«

Er seufzte.

»Okay, na dann. Viel Spaß in Rio!«

Einen kurzen Moment dachte er darüber nach, sich länger Urlaub zu nehmen. Bilder von goldgelben Stränden, kristallklarem Wasser und riesigen Palmen tauchten vor seinem inneren Auge auf, fast konnte er das Meersalz riechen, die Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht spüren.

Erst jetzt nahm er das gleichmäßige Tuten an seinem Ohr wahr und ließ sein Handy in seiner Hosentasche verschwinden.

Er seufzte und wandte den Blick, der während des Gesprächs mit Harvey durch die Glaswand seines Schlafzimmers nach draußen gewandert war, wieder dem weißen Schrank zu.

Links neben dem dritten Brett von oben leuchtete ein kleiner roter Knopf.

Er betätigte ihn und der Teil, in dem seine Kleider lagen, klappte nach hinten weg. Stattdessen kamen, wie ein Fächer ausgefahren, mehrere kleine und große Metallplatten mit weichem Innenleben zum Vorschein. Jetzt wurde es interessant.

Kapitel 1

»Bist du dir sicher? Absolut sicher?«

»Oh Gott Rose, ja!«

Rose kicherte, während ich bloß zweifelnd die Stirn runzelte.

»Wenn du wirklich Recht hast, Kat, und er morgen kommt…«

Sie beendete den Satz nicht und ich verdrehte die Augen, als sie wieder kicherte wie ein kleines Mädchen.

»Warum interessiert dich das so, Rose? Er ist auch nur aus Fleisch und Blut.«

»Ach Kat, das ist doch mega aufregend! Wir hatten schon so lange keinen neuen Schüler mehr! Was meinst du, wie er aussieht?«

»Mir doch egal. Hauptsache er ist kein Arschloch.«

Meine Stimme klang monoton. Anstatt mir ihre offensichtlich empörte Miene anzusehen, steuerte ich auf meinen besten Freund zu. Er saß an unserem Stammplatz auf dem Pausenhof.

Jason fiel auf. Nicht allein wegen seines Kleidungsstils, sondern eher wegen seiner Haare. Sie waren so hellblau wie der Himmel und die vereinzelten Strähnen so dunkelblau wie der Ozean. Als ich auf diese Schule gekommen war, hatte ich mich sofort mit ihm angefreundet. Er war genauso anders, wie ich selbst.

Oh und wie anders ich noch gewesen war, als ich vor drei Jahren aus Bulgarien hierher gekommen war. Instinktiv erinnerte ich mich an den Moment, als ich mit Jason zusammen gestoßen war, nachdem ich an meinem ersten Schultag das Sekretariat verlassen hatte.

Wie dankbar bin ich ihm noch heute, weil er sich meiner angenommen hatte; mich zu meinem Klassenzimmer und auch zu allen anderen Räumen geführt hatte. Seit diesem Tag waren wir wie Pech und Schwefel und Rose gehörte mit dazu.

Über ihre mürrische Miene lachend, setzten Jason und ich uns auf eine der schwarzen Holzbänke, die rechts und links neben einem ovalen Tisch standen. Die Beschichtung war bereits schrecklich beschädigt, hier und da blätterte der Lack ab und legte das unbearbeitete Holz darunter frei. Gedankenverloren strich ich mit den Fingern über eine der tieferen Furchen, während der Wind mir eine Strähne meines langen weinroten Haares ins Gesicht wehte.

»Ihr seid so langweilig!«, beschwerte sich Rose lautstark..

Mit verschränkten Armen stand sie vor uns und fokussierte uns mit grimmigem Blick.

»Rose, warum gehst du nicht zu den Tratschtanten, um mit ihnen über den mysteriösen Neuen zu fachsimpeln?«, schlug Jason vor und hob eine Augenbraue.

Ich durchschaute ihn sofort. Es ging ihm nicht darum, dass er sich nicht mit Rose unterhalten konnte. Er wollte sie loswerden. Er wollte reden.

»Ja genau! Erzähl’ ihnen von deinen Vermutungen. Die können wenigstens was damit anfangen.«

Roses Augen verengten sich.

»Na gut, wenn ihr meint.«

Mit einer würdevollen Drehung wandte sie uns den Rücken zu und machte sich vom Acker.

Jasons Miene veränderte sich schlagartig.

Sein Gesicht war schmerzverzerrt und er biss sich auf die Unterlippe, um die sich auf der rechten Seite zwei Piercings wanden wie kleine, schwarze Schlangen.

Vor einer Woche hatte seine Freundin mit ihm Schluss gemacht, weil ihr nach zweieinhalb Jahren Beziehung seine Liebe nicht mehr reichte.

Seitdem war seine Stimmung dauerhaft im Keller und in manchen Momenten, in denen er sich unbeobachtet fühlte, sah man ihm an, dass er litt. Außerdem hatten seine Augen aufgehört zu leuchten, wenn er über sie sprach. Soweit ich wusste, war ich die einzige Person, gegenüber der er vollkommen offen war. Offen sein konnte.

»Was ist los, Jay?«

»Eine komplett bescheuerte Frage!«, dachte ich.

»Sie hat sich nicht gemeldet, Kat. Kein Sterbenswörtchen hat sie gesagt. Dabei hatte ich gehofft ... «

Er stockte.

»Oh Gott, der Arme!«, mitleidig verzog ich das Gesicht.

»Ich hatte gehofft, wir könnten noch mal miteinander über alles reden, aber anscheinend ist für sie bereits alles geklärt.«

Er tat mir wirklich leid. In den ersten Tagen nach der Trennung war er kaum ansprechbar gewesen und wenn ich ihn mir so ansah, befand er sich nur sehr langsam auf dem Weg der Besserung.

»Jay, es tut mir so leid. Aber wenn sie nun wirklich denkt, ihr hättet nichts mehr zu bereden.«

»Nichts mehr zu bereden? Kat, sie hat vom einen auf den anderen Tag Schluss gemacht, ohne irgendeinen trifftigen Grund! Wir waren zweieinhalb Jahre zusammen! Zweieinhalb Jahre! Wenn man da nichts mehr zu bereden hat, dann habe ich echt irgendwas falsch gemacht.«

Ich fragte mich, ob er seine Traurigkeit hinter der Wut verstecken wollte.

»Nein Jason, du hast überhaupt nichts falsch gemacht. Wenn sie denkt, du kannst ihr nicht geben, was sie braucht, ist es doch wahrscheinlich besser, einen Schlussstrich zu ziehen, als das ihr in eurer Beziehung etwas habt, das ständig zwischen euch steht. Du hast jemanden verdient, der dich zu schätzen weiß. So wie du bist und mit allem, was du mitbringst. Und wenn sie das nicht kann, dann hat siedich nicht verdient.«

Ich versuchte es mit einem aufmunternden Lächeln, doch Jason zupfte bloß trostlos an dem Ärmel seines schwarz-weißen Patchworkhemds.

Als er antwortete, schien es mir jedoch, als hätte er mich gar nicht gehört.

»Ich habe mir vorgenommen, die Bilder wegzuwerfen oder zu verbrennen. Aber ich habe es nicht geschafft, ich habe es nicht übers Herz gebracht. Es kam mir vor, als würde ich einen Teil von mir für immer loslassen müssen.«

Mein Gott, er liebte sie so sehr. Ich wusste, dass ich die Gefühle, die in ihm tobten, nicht richtig nachvollziehen konnte, aber trotzdem griff ich über den Tisch, legte meine Hand über seine und blickte ihm in die sandbraunen Augen.

»Dafür ist es noch zu früh. Versuche nicht, sie jetzt völlig aus deinem Leben zu verbannen. Du musst zwar akzeptieren, dass es vorbei ist, aber du kannst dich trotzdem an die schönen Momente erinnern. Wenn du dir von nun an jeden Gedanken an sie verbietest, kommst du nicht weiter.«

Insgeheim wusste ich, dass weder meine Worte noch ich selbst noch irgendjemand anders ihm wirklich helfen konnten. Nur er selber konnte das.

Eine kalte Brise ließ mich erschauern und ich sah mich auf dem Pausengelände um. Die meisten Schüler begaben sich gerade zurück ins Schulgebäude. Jason und ich hatten die Klingel glatt überhört.

Ich erhob mich, wobei sich unsere Hände voneinander lösten.

»Wahrscheinlich hast du Recht, Kat«, sagte er so leise, dass ich es fast nicht verstanden hatte, und lächelte, aber das Lächeln erreichte seine Augen nicht.

Kapitel 2

Angewidert rümpfte er die Nase. Dieser David schien wirklich keine Mühen zu scheuen, um sich so unsichtbar wie möglich zu machen. Er schnaubte verächtlich. Niemand versteckte sich vor ihm. Niemand.

Er drehte sich um und ließ den Blick schweifen. Die Lichter Rio de Janeiros leuchteten ihm entgegen. Wie ein gewaltiges Lichtermeer lag die Stadt zu seinen Füßen. Natürlich wäre er gerade viel lieber dort unten, als hier oben in den Slums, aber Auftrag blieb Auftrag.

Harvey hatte ihm ein Zimmer auf den Namen Rodrigo Sanchez reserviert. Dort entledigte er sich dort seines dunkelblauen Anzugs und zog den schwarzen an, den Harvey schon hatte liefern lassen. Schwarz war eine äußerst praktische Farbe für solche Erledigungen.

Den Audi hatte er weiter unten geparkt, sodass niemand ihn mit ihm in Verbindung bringen konnte. Geschickt knackte er mit Hilfe des Dietrichs das verrostete Vorhängeschloss, packte den Aktenkoffer, der neben ihm auf dem Boden gestanden hatte, und schlich sich hinein.

Es herrschte Totenstille. Augenscheinlich war David nicht hier. Um hundertprozentig sicher sein zu können, holte er die kleine Wärmekamera aus der Tasche seines neuen Jacketts und schaltete sie ein.

Kein Schritt war zu hören, als er sich in die Mitte des Zimmers begab, die Kamera von seinem Körper weghielt und sich einmal im Kreis drehte. Der Bildschirm, auf dem nur blaue und gelbe Objekte zu sehen waren, zeigte keine Anzeichen von Leben. Zufrieden packte er das Gerät wieder ein und war gerade dabei sich mit seinen Fingern dem Lichtschalter zu nähern, als er von draußen Schritte hörte. Er hielt inne. Irgendjemand schien näher zu kommen.

Routiniert schlich er zu dem Fenster neben der Tür und warf einen Blick auf die dunkle Straße. Ein Schatten kam auf das Haus zu, das ihn im Übrigen mehr an eine Hundehütte aus rostigem Wellblech erinnerte. Die Person sah immer wieder über die Schulter zurück. Ohne Zweifel musste das die Zielperson sein.

Er lächelte und lief langsam und ohne jede Hast zur anderen Seite der Tür, wo er sich an die Wand lehnte. Im nächsten Augenblick wurde die Tür schon mit einem leisen Quietschen aufgeschoben. David hatte Verdacht geschöpft, weil die Tür, die am Boden entlang schleifte, bereits geöffnet gewesen war.

Mit ängstlichen, zögernden Schritten trat David ein und versuchte die Tür mit einem Stoß seines Fußes zu schließen. Einen kurzen Moment glaubte er noch jemanden hinter sich zu wissen, doch bevor er sich umdrehen konnte, presste ihm jemand eine Hand auf den Mund.

»Kein Wort. Sonst bist du sofort tot.«

Mit der anderen Hand schlug er ihn bewusstlos.

Wie sich herausstellte gab es nur zwei Zimmer. In dem, in dem er stand, befand sich ein schäbiges Bett, ein Tisch mit einem Stuhl daneben und ein Herd mit einer einzigen Herdplatte. Die Wände und der Boden bestanden teilweise aus Wellblech, ansonsten waren die nackten Betonmauern in einem Grün gestrichen, das der Farbe von menschlichem Erbrochenen ähnelte. Eine nackte Glühbirne, um die fette Fliegen summend ihre Kreise zogen, hing von der Decke, das Licht flimmerte und es stank ekelerregend.

Mit dem Kopf auf der Brust saß David auf einem brüchigen Holzstuhl und rührte sich langsam.

»Endlich bist du wach«, seufzte er theatralisch, »in Zukunft sollte ich wohl nicht mehr so fest zuschlagen.«

Er klappte den Koffer auf.

David ließ ein paar unverständliche Laute vernehmen.

»Halt’ die Klappe«, schnauzte er ihn an.

Pff, als würde ihn hier irgendjemand hören.

Ein Nerv unter Davids rechtem Auge zuckte, seine Miene zeugte von reiner Panik. Er rüttelte an seinen hinter die Stuhllehne gefesselten Händen, bewegte den Kopf ruckartig von rechts nach links. Es half nichts. Natürlich nicht.

In einer fließenden Bewegung zog er das Jackett aus und rollte die Ärmel seines grauen Hemds nach oben. Dann nahm er die Waffe aus dem Koffer und legte sie neben sich auf den Tisch. Er griff nach dem Schalldämpfer und legte ihn auf die andere Seite.
 Nicht, dass er ein Schalldämpfer von großer Notwendigkeit gewesen wäre. In den Slums wurden jeden Tag Menschen erschossen; niemand würde sich über einen Schuss zur später Stunde Gedanken machen.

Trotzdem. Man kann nie vorsichtig genug sein.

Lautlos brachte er den Schalldämpfer mit einem leisen Klick an der Waffe an.

Behutsam legte er diese dann auf den Tisch und lehnte sich dagegen.

»Wir werden so vorgehen«, begann er, »ich werde dir diesen Knebel jetzt abnehmen. Si werden nicht schreien, verstanden? Ich habe noch einige Fragen. Wenn Sie sie mir wahrheitsgemäß beantworten, können Sie ihr Leben etwas verlängern. Um drei, vier Minuten vielleicht. haben Sie das verstanden?«, fragte er.

Eigentlich hätte er ihn sofort umbringen müssen; solche Spielchen mit Opfern waren verboten. Aber das war ihm egal. Schließlich musste er auch seinen Spaß haben.

David nickte zitternd.

Er trat vor den Stuhl und entfernte den Stofffetzen mit einer ruckartigen Bewegung. David japste nach Luft.

»Ich weiß nicht, was sie von mir – «

Er stopfte den Knebel wieder zurück in Davids Mund.

»Hatten wir nicht gesagt, dass du bist still? Beantworte nur meine Fragen, klar?«

David nickte wieder.

»Also, fangen wir an. Warum will mein Boss dich tot sehen?«

David schluckte.

»Ich weiß es nicht. Wirklich nicht!«

Missbilligend schüttelte Davids Gegenüber den Kopf und langte nach der Beretta. Er liebte diese Waffe.

»Versuchen wir es nochmal. Warum soll ich dich töten?«

»Bitte töten sie mich nicht! Ich weiß nicht, was – «, flehte David.

Blitzschnell wurde wieder die Waffe auf ihn gerichtet, was die gewünschte Wirkung brachte.

»Ich sagte, beantworte nur meine Fragen. Habe ich mich etwa unverständlich ausgedrückt oder soll ich Portugiesisch sprechen?«

David schüttelte hastig den Kopf, den angsterfüllten Blick auf die Waffe gerichtet.

Wie lange willst du noch vortäuschen, dass du nichts weißt? Dein Leben ist sowieso schon vorbei.

»Ich werde meine Frage noch ein einziges Mal wiederholen. Solltest du dich erneut sträuben,werde ich dich erschießen. Verstanden?«

David schwieg.

Er hörte den Schuss auf sein Knie bevor er die Kugel spürte. Er schrie auf und starrte auf das dunkle Blut, das aus der Wunde strömte.

Endlich scheintt er begriffen zu haben, dass ich es ernst meinte.

Er ließ die Waffe sinken und beäugte ihn mit einem kalten Blick.

»Rede!«

Davids Atem ging stoßweise, er zitterte fürchterlich.

»Ich weiß nur, dass dein Boss einen großen Coup plant. Er will irgendeine Organisation ausradieren oder sich selbst unter den Nagel reißen. Ich weiß es nicht genau.«

Er runzelte die Stirn. Warum wusste David davon?

»Und was hast du damit zu tun?«

David schüttelte energisch den Kopf. 


»Nichts! Ich weiß weder etwas über diesen Plan noch etwas darüber, was ich damit zu tun haben soll oder warum mich jemand umbringen sollte!«

Er sagte nichts, blickte David nur in die Augen. Er sagte die Wahrheit. In solchen Situationen rückten alle mit der Sprache heraus. Er kannte es nicht anders.

»Danke.«, sagte er mit gespielter Freundlichkeit, zielte auf Davids Herz und drückte ab.

Davids Kopf sackte wieder zurück auf seine Brust. Die Szenen danach liefen wie immer ab, routiniert. Er schraubte den Schalldämpfer von der Waffe, legte beides in den Koffer und verschloss ihn wieder.

Nachdem er sein Jackett angezogen hatte, das glücklicherweise sauber geblieben war, griff er nach seinem Handy und wählte Harveys Nummer. Mit dem Mobiltelefon unter dem Ohr öffnete er die provisorische Tür und warf einen letzten Blick auf David Miles jr.

»Jap.«

»Harvey. Ich habe meinen Job erledigt. Buche mir für morgen einen Rückflug.«

»Wird erledigt.«

Er legte auf und wählte die Nummer seines Chiefs. Es dauerte eine Weile, bis dieser abhob.

»Colin. Warst du erfolgreich?«

Er runzelte die Stirn.

»Wie immer. Ich bin morgen Abend zurück.« 


»Sehr gut. Wir sehen uns dann.«

Dann war die Leitung tot.

Er wollte nichts von dem erwähnen, was David ihm erzählt hatte. Er musste erst selbst einmal mit dem Gedanken klarkommen, dass sein Boss ein doppeltes Spiel spielte.

Er ließ das Handy in seiner Tasche verschwinden und ging zielstrebig Richtung Audi.

Kapitel 3

Rose grinste bis über beide Ohren, als wir in der ersten Stunde auf unseren Plätzen saßen und auf Mr. Foster und den neuen Schüler warteten. Die ganze Fahrt zur Schule über hatte ich mir Roses Schwärmerei anhören müssen. Angeblich hatte Miranda, die offizielle Tratschtantenkönigin unserer Schule, ihn bereits gesehen, als sie gestern im Stadtzentrum gewesen war. Auf meine Frage hin, woher Miranda denn gewusst habe, dass es wirklich unser Neuer gewesen war, antwortete Rose schnippisch, sie hätte es einfach so gewusst.

Allein das reichte mir schon. Miranda tat alles, um irgendwie aufzufallen und sich selbst ins Rampenlicht zu rücken. Sie scharte eine Gruppe junger Unterstuflerinnen um sich, die immer wie gebannt an ihren Lippen hingen, sobald sie mit dem neuesten Insiderwissen prahlte. Umso schlimmer fand ich es, dass Rose sich langsam aber sicher dieser Gruppe anzuschließen schien und das, obwohl wir selbst schon in der Oberstufe waren.

Wenn ich so darüber nachdachte, tat der Neue mir jetzt schon leid. Falls er meiner Hoffnung entsprechend kein Frauenheld war, würde er es hier leicht haben.

Wenn er aber auch nur annähernd dem weiblichen Beuteschema entsprach - groß, gut gebaut, dunkle Haare, strahlende Augen, ein bisschen machohaft, trotzdem leidenschaftlich - , so würden höchstwahrscheinlich Miranda selbst und auch viele andere Mädchen anstatt eines Auges gleich beide Augäpfel auf ihn werfen.Und dann würde für ihn alles vorbei sein. Jason hatte mir von einer ähnlichen Geschichte erzählt.

Miranda, damals in der Mittelstufe, hatte sich vorgenommen sich einen äußerst schnuckligen Jjungen aus der Oberstufe zu angeln.

Von diesem Moment an war sie ihm überall hin gefolgt. In den Pausen, zwischen den Stunden, nach der Schule. Wo er gewesen war, war auch sie. Sie hatte ihn nicht mehr aus den Augen gelassen, obwohl der Junge wohl sehr offensichtlich gezeigt hatte, dass er absolut kein Interesse an Miranda hegen würde.

Irgendwann hatte Miranda es dann kapiert und ihn endlich in Ruhe gelassen. Ich hoffte inständig, dass dem neuen Mitschüler nicht das Gleiche blühte.

Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, weil Rose mir mit dem Ellbogen in die Seite stieß.

Ich blinzelte mehrmals und richtete meinen Blick auf die Tür unseres Klassenzimmers, die sich einen Spalt weit geöffnet hatte.

Wie gebannt starrten natürlich vor allem die Mädchen auf unseren Lehrer, der nun durch die Tür geschritten kam.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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