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Adventszeit, Alpenpanorama und eine tote Bäuerin
Ende November 1963 erschüttert das Attentat auf John F. Kennedy die Welt. Während die Menschen auch in Südtirol vor den Fernsehern sitzen, muss Commissario Tasso einen spektakulären Bankraub aufklären. Seine ehemalige Praktikantin Mara Oberhöller studiert inzwischen in Mailand. Da ihr Vater nach dem Tod des amerikanischen Präsidenten Unruhen, gar Ausschreitungen auf den Straßen der Großstadt befürchtet, beordert er seine Tochter nach Hause. Und die stolpert, angestachelt von ihrer besten Freundin Veronika, prompt über eine neue Fährte beim Tod einer Bäuerin im Passeiertal ... Commissario Tasso hatte die Ermittlungen eigentlich schon abgeschlossen. Es war ein Unfall. Oder?
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Seitenzahl: 387
Veröffentlichungsjahr: 2024
Adventszeit, Alpenpanorama und eine tote Bäuerin Ende November 1963 erschüttert das Attentat auf John F. Kennedy die Welt. Während die Menschen auch in Südtirol vor den Fernsehern sitzen, muss Commissario Tasso einen spektakulären Bankraub aufklären. Seine ehemalige Praktikantin Mara Oberhöller studiert inzwischen in Mailand. Da ihr Vater nach dem Tod des amerikanischen Präsidenten Unruhen, gar Ausschreitungen auf den Straßen der Großstadt befürchtet, beordert er seine Tochter nach Hause. Und die stolpert, angestachelt von ihrer besten Freundin Veronika, prompt über eine neue Fährte beim Tod einer Bäuerin im Passeiertal ... Commissario Tasso hatte die Ermittlungen eigentlich schon abgeschlossen. Es war ein Unfall. Oder?
Gianna Milani ist das Pseudonym der deutschen Autorin Diana Menschig, die sich seit vielen Jahren für Südtirol und seine wechselvolle Geschichte interessiert. Dabei haben es ihr besonders die sagenhaften Dolomiten angetan. Ein Haus in Norditalien wäre ihr Traum, bis dahin schreibt sie Bücher über ihre Lieblingsregionen.
Mehr unter: giannamilani.de.
Aktuelles gibt es auf Instagram: @dianamenschig
Vollständige E-Book-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Originalausgabe
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Michael Meller Literary Agency GmbH, München.
Copyright © 2024 by Gianna Milani
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Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6 – 20, 51063 Köln
Vervielfältigungen dieses Werkes für das Text- und Data-Mining bleiben vorbehalten.
Textredaktion: Dr. Frank Weinreich, Bochum
Umschlaggestaltung: U1berlin / Patrizia Di Stefano
Umschlagmotiv: Illustration: © Michael Pleesz, www.pleesz.com
eBook-Produktion: hanseatenSatz-bremen, Bremen
ISBN 978-3-7517-6111-6
luebbe.de
lesejury.de
Eine Ziege ist ganz sicher
nicht einfach nur
ein Schaf mit Hörnern.
Bei der Polizia di Stato
Aurelio Tasso, Commissario in Bozen
Mara Oberhöller, seine ehemalige Praktikantin
Johann Vierweger, sein ehemaliger Ispettore, im Ruhestand
Dottore Bruno Visconti, Questore
Dottore Gianluca Ferrara, Vice-Questore
Mauro Cosentino, Agente
Alessia Rosso, Assistentin des Questore
Dottore Simone Agnelli, Rechtsmediziner
Paolo Dacosta, Ispettore aus Meran
Mara Oberhöllers Umfeld
Jakob Oberhöller, Vater, Bürgermeister von Meran
Friedrich Oberhöller, älterer Bruder
Robert Oberhöller, jüngerer Bruder
Veronika (Vreni) Bacher, Maras beste Freundin
Giulio di Fabar, Maras Freund
Bozen
Davide Gallo, Bürgermeister von Bozen
Ricardo Bosco, Assistent des Bürgermeisters, Informant
Franco Napoletano, Bankdirektor in Burgstall
Dottore Giorgio Fabio, Rechtsanwalt
Hedwig Vernatscher, Tassos Tante mütterlicherseits und neuerdings Bruno Viscontis Zimmerwirtin
Sankt Martin in Passeier
Lenka Jovanović, Schafzüchterin, das Opfer
Sebastian (Wastl) Matzoll, Lenkas Knecht
Alois & Marie Schwarz sowie
Werner & Sara Schweigkofler von den benachbarten Bauernhöfen
Lukas Schweigkofler, Tischler und Bestatter, Werners Bruder
Berta Kirchner, Bäckerin im Ruhestand
Marion Kirchner, Bäckerin, Bertas Tochter
Max(imilian) Lanz, Inhaber des Gasthofs Zum Lamm
Theodor Innerlufer, Dorflehrer
Hildegard Taufers, Haushälterin des Dorflehrers
Gottlieb Huber, Pfarrer
Luigi Santoro, Carabiniere & Paola, seine Ehefrau
Die Dorfjugend:
Frederick Schweigkofler, Werners und Saras Sohn
Matthias und Martin Schwarz, Alois’ und Maries Söhne
Gustav und Gertrud Pfitscher
Laura Santoro, Luigis & Paolas Tochter
Frederick Schweigkofler fühlte sich alles andere als wohl in seiner Haut, und das lag nicht an der Akne, die sein Gesicht wieder einmal mit teils schmerzhaften und nässenden Pusteln bedeckte.
Vielmehr sollte er hier nicht sein. Und schon gar nicht um diese Uhrzeit. Aber er konnte gar nicht anders, denn seine ewig stichelnde Neugier trieb ihn dazu. Seine Mutter lag ihm ständig in den Ohren, dass ihn das noch eines Tages ins Verderben stürzen werde. Vielleicht hatte sie ja recht, und heute Nacht war es so weit …
Er wischte sich mit einem Stofftaschentuch über die feuchte Stirn. Es war so kalt, dass sein Atem zu sehen war, doch er trug nur ein dickes Flanellhemd. Die Gnade der Jugend – auch das ein Spruch seiner Mutter, die meist noch im Hochsommer über kalte Füße klagte. Frederick vermutete eher, dass es die Aufregung war, die ihn jetzt warm hielt. Er glaubte beinahe, das Blut in seinen Ohren rauschen zu hören. Wahrscheinlicher aber war es nur der Bach entlang des Zauns, der dieses Anwesen umfasste; ein winziger, namenloser Zufluss der Passer.
Behutsam pirschte Frederick näher, bis er die grob verputzte Mauer des weitläufigen Stalls erreichte. Der Hof von Lenka Jovanović lag etwas außerhalb des Ortskerns, in einer Sackgasse ganz im Süden oberhalb der Pseirerstraße. Hier kam niemand ohne ein Anliegen hin, erst recht nicht weit nach Mitternacht.
Frederick war in der vorangegangenen Nacht auch schon einmal hier herumgeschlichen, da war aber rein gar nichts passiert, außer, dass der Hund im Wohnhaus angeschlagen hatte. Das hatte er dieses Mal zu verhindern gewusst, indem er sich vom Waldrand aus genähert hatte und somit nicht am Haus vorbeimusste.
Vielleicht hatte er ja heute mehr Glück. Frederick fasste endlich genug Mut. Er legte die schweißnassen Hände auf das raue Brett und zog sich zum Stallfenster hinauf. Und schalt sich sofort einen Narren. Da drinnen war es stockfinster, er erkannte hinter den verdreckten Butzenscheiben nicht einmal Schatten. Was hatte er erwartet? Dass dort noch Kerzen oder Fackeln brannten, nachdem das Ritual abgeschlossen war?
Das angebliche Ritual, verbesserte er sich rasch in Gedanken. Aber darum ging es ja. Die Jovanović schlachte in jeder Vollmondnacht eine ihrer Ziegen, um sie dem Teufel zu opfern, behauptete der Pfitscher Gustav. Sie sei eine Hexe, hatte dessen Schwester Gertrud mit vor Aufregung glänzenden Augen ergänzt.
Das war natürlich Schmarrn, davon war Frederick überzeugt. Aber irgendetwas ging auf diesem Hof in manchen Nächten vor sich. Nur was?
Er ließ sich fallen und blickte sich in alle Richtungen um. Der Wald am Berghang reichte hier bis zu den Hausweiden. Die Lärchen, so schien es Frederick, streckten ihre Äste wie knochige Finger nach ihm aus und zeigten auf ihn.
Lenka Jovanović war der Traum aller Jungen im Dorf, kurvig und blond, noch keine dreißig und alleinstehend. Und Letzteres war offenbar wiederum das, was einige der gestandenen Männer gegen sie aufbrachte. Sicher, im Passeiertal wurde spät geheiratet, das war nicht das Problem. Das Problem war vielmehr, dass die Jovanović nicht heiraten wollte. Und dass sie irgendwelche Ideen umzusetzen gedachte, moderne Ideen.
Frederick steckte die Hände in die Hosentaschen und schlenderte zur Stalltür.
Wenn er es recht bedachte, fanden alle die junge Frau irgendwie anziehend – verrucht, hörte er seine Mutter murmeln –, aber niemand wollte das zugeben. Und nicht nur die alten Bauern hatten etwas gegen sie, Bauern wie sein Vater Werner Schweigkofler oder der andere Nachbar, Alois Schwarz. Nein, auch der Pfarrer und der alte Dorflehrer wetterten gegen die Zugezogene. Warum, das erschloss sich Frederick nicht. Es sei denn, an den Gerüchten mit der Teufelsanbetung war doch etwas dran.
Inzwischen hatte sich Fredericks Herzschlag beruhigt, und er spürte die Kälte der sternenklaren Nacht. Für Anfang November war es noch nicht wirklich kalt, doch nur im Hemd einfach herumzustehen, das war sogar ihm zu frisch.
Vor der Stalltür sah er im fahlen Mondlicht etwas glänzen. Er hob es auf und betrachtete es enttäuscht. Keine Münze, sondern nur ein silberfarbener dicker Knopf. Unter den Fingerkuppen waren Verzierungen zu spüren, aber das konnte er sich später noch ansehen. Achtlos steckte er ihn in die Hosentasche.
Zögerlich stupste Frederick anschließend gegen die Klinke. Und erschrak zu Tode, als das hölzerne Türblatt mit einem Knarren nach innen schwang. Hastig machte er einen Satz nach hinten, erwartete halb, dass ihm jemand entgegensprang; Lenka Jovanović oder der Teufel oder … Nicht einmal eine Geiß zeigte sich. Der Gang blieb leer. Er hörte das Rascheln von Stroh, Schnauben und Hufscharren. Kein Geräusch, das in einem Stall mit Huftieren nicht zu erwarten wäre.
Kurz zögerte Frederick erneut, bevor er hineinschlüpfte. Seine Neugier ließ überhaupt nichts anderes zu, als dass er sich wenigstens einmal umschaute. Vielleicht kam er dem Geheimnis der jungen Bäuerin ja auf die Spur?
Er blieb eine Weile stehen, damit sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnten, und schlug zur Sicherheit ein Kreuzzeichen. Doch schon auf den ersten Blick sah er, dass das nicht nötig gewesen wäre. Es gab keinerlei Hinweise auf irgendwelche Rituale, nicht einmal einen Kerzenstummel auf einer Fensterbank oder so etwas.
Dies war ein Stall wie jeder andere, ungewöhnlich groß vielleicht, da die erste Tat der neuen Besitzerin darin bestanden hatte, einen Durchbruch zum Nebengebäude zu schaffen, um mehr Tiere unterbringen zu können. Die gesamte Fläche wurde durch hüfthohe Holzwände in eine Reihe von Verschlägen aufgeteilt, in denen ungefähr achtzig Schafe und zwanzig Ziegen untergebracht waren. Frederick war einmal mit seinem Vater hier gewesen, im letzten Sommer, als Lenka Jovanović die gesamte Nachbarschaft eingeladen hatte. Damals hatte sie noch geglaubt, sie könnte gut mit allen auskommen.
Soweit Frederick das beurteilen konnte, hatte es nicht an ihr gelegen. Aber wenn er ehrlich war, konnte er das kaum einschätzen. Er war den ganzen Tag in Meran in der Schule, übernachtete sogar hin und wieder bei einem Kumpel in der Stadt, wenn ihm die Fahrt mit dem Linienbus zu lästig war. Den Sommer hatte er die letzten zwei Jahre auf der Alm verbracht. Was wusste er schon, was Lenka Jovanović den lieben langen Tag auf ihrem Hof trieb?
Jedenfalls keine verbotene Teufelsanbetung.
Während Frederick so dastand, grübelte und den Stallgeräuschen lauschte, stieg ihm ein vertrauter Geruch in die Nase. So roch es, wenn auf dem Hof seiner Eltern geschlachtet wurde – nach warmem Blut.
Frederick hob die Nase und schnüffelte. Das war der metallische Geruch von Blut, nur eine vage Note zwischen dem Ziegengestank, aber doch ganz eindeutig. Hatte sich vielleicht eines der Tiere verletzt? An den Quatsch mit dem Ritual glaubte er jedenfalls längst nicht mehr.
Er konnte inzwischen Einzelheiten ausmachen. Vorsichtig tastete er sich die Bretterwand entlang. Dabei fiel ihm auf, dass die Klapptüren zwischen den Verschlägen allesamt offen standen. Das war merkwürdig. Die Verschläge dienten schließlich keinem anderen Zweck, als bestimmte Tiere voreinander fernzuhalten. Ein Schaf reckte die Schnauze darüber und blökte ihn an. Beiläufig streichelte er das Tier und ging weiter.
Da, ganz hinten, an der schmalen Seitenwand lag ein dunkler Fleck im Stroh. Frederick neigte den Kopf. Das sah nicht nach einem Schaf aus, auch nicht nach einer Ziege. Den Umrissen nach schien es sich eher um einen … Menschen zu handeln?
»Verzeihung?«, fragte er halblaut. »Ist da jemand? Geht es Ihnen gut?«
Ein Schaf hob den Kopf und schnaubte. Ein anderes trat auf den leblosen Körper und sprang dann mit einem Satz darüber.
Was stimmte hier nicht? Frederick tastete herum, bis er einen Riegel in der Holzwand fand, die den Pferch vom Gang trennte. Hastig öffnete er die Tür und trat ein. Die Schafe stoben blökend auseinander. Erneut trat eines auf den Menschen, der dort lag. Frederick ging in die Hocke, ignorierte die Schafe und fasste an eine Stelle, wo er eine Schulter vermutete. Dabei hoffte er inständig, dass er sich irrte und doch nur einen Haufen alter Decken vor sich hatte. Der Blutgeruch war überwältigend.
»Hören Sie mich? Was ist passiert?« Er rüttelte sanft, spürte eindeutig Haut und Knochen unter dem Stoff. Nichts geschah. Er entdeckte einen wachsweißen Fleck im Stroh. Eine Hand. Zögernd streckte er die Finger aus, wollte nach dem Puls fühlen. Gerade berührte er die eiskalte Haut, als er Stimmen hörte. Er erstarrte.
Wer war da draußen? Seine Kumpel? Wohl kaum. Er war allein hergekommen in dieser Nacht. Die anderen hatten zu viel Angst. Sie gruselten sich nicht nur vor dem Ritual und seinen möglichen Folgen, sondern auch vor dem nahen Wald und dem abgelegenen Anwesen. Frederick hatte das lächerlich gefunden. Diese Teufelssache, ja, wegen der war ihm schon unbehaglich gewesen. Doch nachts auf einem Bauernhof herumzuschleichen, wofür brauchte es da Mut? Was sollte daran unheimlich sein? Und da es Gertrud offensichtlich imponierte, hatte er sich darauf eingelassen, in dieser Nacht allein zu gehen.
Wer auch immer da draußen war, näherte sich. Schon konnte Frederick zwei Stimmen ausmachen, Männer, die halblaut miteinander sprachen. Hatten die mit dem, was hier passiert war, etwas zu tun?
Er dachte nicht länger nach. Er sprang und drängte sich an den Tieren vorbei in den nächsten Pferch und dann in den übernächsten. Jetzt kam ihm zupass, dass alle Türen offen standen. Die Schafe bewegten sich wie in Wellen von ihm weg und schwappten genauso wieder zurück, kaum dass er im letzten Pferch landete, der am weitesten vom Eingang und dem leblosen Körper entfernt war. Dort duckte Frederick sich hin, schmiegte sich an das Holz und verharrte. Die Schafe beschnüffelten ihn nur wenige bange Atemzüge lang und entschieden dann, dass er nicht interessant genug war, um sich weiter mit ihm zu beschäftigen.
Die beiden Männer betraten den Stall. »… kommt der in Teufels Küche, das sage ich dir.«
»Jetzt mach halblang, ist ja noch nichts passiert.«
Frederick rührte sich nicht. Die Tiere um ihn herum stampften und schnauften und raschelten im Stroh, da würden ihn die Männer hoffentlich nicht bemerken.
»Ist hier kein Licht, verflucht?«
»Die lässt ja die Tiere alle durcheinanderlaufen, sogar die Schafe mit den Ziegen.«
»Ich sag doch, das ist eine Schlampe. Vom Viehhalten hat die keine Ahnung.«
»Guck mal, da, der dunkle Fleck. Liegt sie da?«
»Meinst du das ernst? Es stimmt also?«
Frederick hörte, wie die beiden über den Gang schlurften. Er war sich nicht sicher, aber der eine könnte sein Vater sein. Was machte der hier? Und er fragte sich, ob es besser oder erst recht schlecht war, wenn sein eigener Vater ihn erwischte, wie er hier herumlungerte. Dass ihm das ordentlichen Ärger einbringen würde, daran hatte Frederick keine Zweifel.
»Hier!« Der eine hatte zum ersten Mal etwas lauter gerufen.
Diese Stimme kannte er auf jeden Fall, aber er war zu nervös, um sich darauf zu konzentrieren, wer es sein könnte.
»Die Tür zum Pferch ist offen. Lass uns nachsehen.« War es sein Vater? Oder doch nicht? Die Stimme klang ruhig und besonnen, aber etwas zu hoch. Doch das war vielleicht der Aufregung geschuldet. Diese beiden waren nicht zufällig hier, und was auch immer sie hier taten, sie taten es verstohlen in tiefster Nacht.
Was ging hier vor sich?
Trotz aller Neugier wagte er es nicht, über die Bretterwand zu schauen. Er hörte Fußscharren, leises Fluchen.
Dann folgte ein Ausruf: »Der Herr erbarme sich, die ist tot! Guck dir das an, hier ist alles feucht und klebrig! Das muss Blut sein.«
Ein Streichholz wurde angerissen.
»Bist du verrückt? Bei all dem Stroh!«
»Jetzt schau du, was mit der los ist, bevor ich mir die Finger verbrenn!«
»Tot ist die, hast du’s immer noch nicht verstanden? Eiskalt! Und hier, schau dir das an.«
Was es war, sollte Frederick nicht erfahren. Offenbar war das Streichholz erloschen. Weiteres Rascheln im Stroh, dann ein Stoß, der sogar die Bretterwand erzittern ließ, gegen die er kauerte. Gefolgt von einem gemurmelten Fluch. Die beiden Männer berieten sich halblaut, die Worte waren nicht zu verstehen. Nur wenige Augenblicke später hatten sie den Stall verlassen.
Frederick kam hoch und blickte sich um. Die Stalltür stand jetzt offen, und ein kalter Wind zog herein.
Dahinten lag eine Tote, eine Frau. Die, hatte einer der Männer gesagt. Die Hofherrin? Lenka Jovanović? Was war hier passiert?
Er entschied, dass er das für heute nicht mehr wissen wollte. Wer die auch war, er konnte nichts mehr für sie tun. Hastig sprang er über die Bretterwände, verließ den Stall und drehte sich nur einmal um, um die Tür zuzuschmettern. Damit das Böse nicht herauskam oder nicht noch mehr Böses hinein; er hätte es nicht sagen können.
Dann rannte er los, als wäre nun doch der Leibhaftige hinter ihm her. Und beinahe wünschte sich Frederick, dass es genau das war, dass hier nicht mehr als ein lächerliches Ritual stattgefunden hätte. Dass Lenka Jovanović seinetwegen eine Hexe war – eben eine verdammt gutaussehende – und er da vorhin in diesem Stall keine Tote berührt hätte. Angewidert schüttelte er die Hand aus. Das nutzte natürlich gar nichts.
Das schreckliche Gefühl kam aus seinem Bauch. Es blieb.
»Das ist nicht dein Ernst!«, rief Mara aufgebracht in den Telefonhörer. Nervös wickelte sie die Schnur um ihren Finger.
»Es war mir niemals ernster. Du packst heute noch deinen Koffer! Und setzt dich morgen früh in den ersten Zug nach Meran.«
»Das ist doch völlig übertrieben! Was soll denn passieren?«
»Das ist es ja! Es kann alles passieren! Und ich rechne auch damit, dass einige Menschen durchdrehen werden, andernfalls würde ich mir nicht solche Sorgen machen!«
»Ich finde das etwas übertrieben.«
»Übertrieben? Herrgott noch mal, Mara! Ein amerikanischer Präsident ist erschossen worden! Wir können doch noch überhaupt nicht ermessen, welche Folgen das haben wird. Ich will einfach kein Risiko eingehen. Wir wollen kein Risiko eingehen. Deine Mutter und deine Großmutter sind da völlig meiner Meinung.«
Mara blinzelte. Sie stand in einer der vier Telefonzellen im Keller ihres Wohnheims. Hin und wieder kamen Studierende vorbei, grüßten flüchtig, wenn sie Mara kannten, und kümmerten sich ansonsten nicht um sie. Alles war still und friedlich, auch oben in den Aufenthaltsräumen. So, wie es bisher an jedem Abend seit Beginn ihres Studiums gewesen war. Lediglich im Fernsehzimmer wurde jetzt vermutlich darüber debattiert, was der Tod des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy für Konsequenzen nach sich ziehen mochte.
Mara seufzte. Was hatte sie sich nochmal dabei gedacht, zu Hause anzurufen? Jedenfalls hätte sie niemals erwartet, ihren Vater derartig aufgelöst am Apparat zu erleben. Und noch weniger hätte sie damit gerechnet, dass Jakob Oberhöller sie umgehend nach Hause beordern würde. Mitten im Semester. Er war aufgeschlossen und hatte Kontakte in alle Welt. Aber Mara hatte bereits seit dem Beginn ihres Studiums im Frühjahr den Eindruck gehabt, dass er Mailand für den Vorhof der Hölle hielt. Oder zumindest für einen Ort, an dem innerhalb kürzester Zeit Jugendliche auf den Straßen randalieren und Steine werfen würden.
Mara holte Luft. »Tata, ich denke nicht, dass es nötig ist, dass ich nach Hause …«
»Ich bin nicht länger bereit, das mit dir zu diskutieren! Du kommst!«
»Ich verpasse wichtige Vorlesungen!«
»Die kannst du nachholen. Sofern sie überhaupt stattfinden.«
»Die werden hier jetzt nicht die Universität schließen.«
»Woher willst du das wissen?«
»Das ist doch wieder nur, weil ich eine Frau bin«, versuchte Mara es anders.
»Sofern es dich beruhigt: Robert wird ebenfalls nach Hause kommen. Er wird morgen Mittag hier sein.« Jakob Oberhöller sprach nun etwas ruhiger. »Es ist nur für ein paar Tage. Nur so lange, bis wir wissen, wie sich die Weltpolitik entwickelt. Vermutlich hast du ja recht, und es wird nichts weiter geschehen. Aber falls doch, haben wir unsere Kinder lieber in der Nähe.«
»Es wird schon nicht gleich ein Krieg ausbrechen.«
»Mara! Sag so was nicht leichtfertig dahin! Die Welt brennt schon heftig genug!«
»Entschuldigung.« Sie traf eine Entscheidung. »Gut, ich komme morgen. Wenn möglich, melde ich mich vom Bahnhof noch einmal und gebe Bescheid, wann ich in Meran eintreffe. Dann könntet ihr mich abholen.«
»Sehr gut! Wirklich, das erleichtert mich. Pass auf dich auf und gute Reise.«
Mara hängte den Hörer ein und starrte noch einen Moment auf die schwarze Wählscheibe. Jakob Oberhöller war außer sich vor Sorge. So kannte sie ihren Vater gar nicht. Normalerweise war er ein besonnener Mann, der nicht gleich Katastrophen beschwor. Vermutlich lag es daran, dass er als begeisterter Bewunderer Kennedys so große Hoffnungen auf den amerikanischen Präsidenten gesetzt hatte.
Im Sommer war die ganze Familie nach Berlin gereist, um dem Staatsbesuch des Präsidenten in Deutschland beizuwohnen. Über Kontakte, die Jakob Oberhöller nach dem Krieg mit hochrangigen Militärs der Alliierten geknüpft hatte, waren sie sogar zu einem Empfang in der amerikanischen Botschaft eingeladen worden. Der Präsident ließ sich an jenem Abend allerdings nicht blicken, und auch sonst war dieser Teil des Besuches eher enttäuschend gewesen, da er sich kaum von den Empfängen lokaler Größen im Meraner Kurhaus unterschied. Wichtig tun, sehen und gesehen werden, das war auch in Berlin die Devise. Da Mara aber niemanden kannte und es auch nicht wagte, jemanden anzusprechen, hatte sie sich fürchterlich gelangweilt. Und so waren ihr vor allem die vielen Frauen in Erinnerung geblieben, die nach dem Vorbild der Präsidentengattin Jackie Kennedy eng geschnittene Kostüme und Pillboxhüte trugen. Ihr jüngerer Bruder Robert hatte gelästert, dass er gar nicht gewusst habe, mit wie vielen Abstufungen von Rosa die weibliche Garderobe aufwarten könne.
Mara verließ die Telefonzelle und ging zurück in den Aufenthaltsraum, den sie nach den Abendnachrichten des Programma Nazionale verlassen hatte, um daheim anzurufen. Robert habe er ebenfalls nach Hause beordert, hatte ihr Vater gesagt. Das zumindest war eine schöne Nachricht, hatte sie doch erwartet, ihn erst an Weihnachten wiederzusehen.
Und das galt auch für Vreni. Sie sollte sich gleich nach ihrer Ankunft mit ihrer besten Freundin verabreden. Und mit Giulio – falls der sie überhaupt sehen wollte. Zwischen ihnen beiden war noch so vieles ungesagt. Dagegen würde ihr Vater doch bestimmt nichts einzuwenden haben?
*
Mara verließ das Gebäude des Meraner Bahnhofs und blieb für einen Moment stehen. Leichter Schneefall hatte eingesetzt, und es schien, als wäre über den Vorplatz samt den Bäumen, parkenden Autos und Bussen ein weißes Tuch ausgebreitet worden. Die Luft war feucht und roch nach Holzkohlefeuern und Winter. Ein Mann mit einer dicken Fellmütze stapfte mit einem Dackel an der Leine vorüber und hob dabei die Beine, als türmte sich der Schnee bereits einen halben Meter.
Mara zog dagegen fröstelnd die Schultern hoch. Sie trug nur einen leichten Mantel, weder Mütze noch Schal oder Handschuhe. In Mailand war es zwar nicht warm gewesen, es hatte sich jedoch auch nicht so angefühlt, als stünde der Winter so bald vor der Tür.
»Mara! Hier bin ich!«
Sie wandte sich dem Ruf zu und erblickte ihren Bruder Friedrich, der neben dem silbernen Mercedes 220 ihres Vaters stand und winkte. Mara grüßte zurück, nahm ihren Koffer und ging auf ihn zu.
Lachend kam ihr Friedrich entgegen. »Du bist aber pünktlich! Gib mir dein Gepäck. Ist das alles, was du dabeihast?«
»Ehrlich gesagt habe ich nicht vor, lange zu bleiben. Ich weiß nicht, wie Tata sich das vorstellt und wie viele Vorlesungen ich seiner Meinung nach verpassen soll. Das Semester hat gerade erst angefangen. Für Montag sind alle Veranstaltungen abgesagt, da verpasse ich nichts. Aber ich würde doch gerne im Laufe der nächsten Woche wieder zurück nach Mailand.«
»Das verstehe ich. Warten wir einfach die kommenden Tage ab und sehen, wie sich die Lage entwickelt.«
Mara sagte nichts dazu. Sie war immer noch hin- und hergerissen, weil sie sich fragte, ob sie die gesamte Situation vielleicht zu naiv einschätzte oder ob ihr Vater es mit seiner Sorge übertrieb. Während sie auf der Beifahrerseite einstieg, verstaute ihr Bruder den Koffer.
»Du lässt dir die Haare wieder länger wachsen, Schwesterherz? Steht dir, finde ich.«
»Wirklich?«
»Ich bin dein großer Bruder, würde ich dich jemals anlügen?«
»Wenn es dir nützt, selbstverständlich!«
Seine Antwort bestand in einem breiten Grinsen, während er den Motor startete und anfuhr.
Mara strich sich eine Strähne zurück. Sie hatte die Haare im Frühjahr zu einem modischen kinnlangen Bob schneiden lassen. Das war zwar praktisch, hatte ihr jedoch nicht gefallen. Sie war froh, wenn sie bald wieder einen Zopf tragen konnte.
»Wie ist denn die Stimmung zu Hause? Wie geht es Tata?«, fragte sie.
»Schwierige Frage.« Friedrich bog in die Freiheitsstraße ein, eine Allee mit wunderschönen Häusern und Villen der Gründerzeit. Genau deshalb war die Straße im Zweiten Weltkrieg die erste Adresse für militärische Hauptquartiere gewesen, ob es nun die Nazis waren, nachdem sie Norditalien besetzt hatten, oder die Alliierten, die nach Kriegsende zum Aufräumen kamen. Die meisten Anwesen hatten beides überstanden und erstrahlten inzwischen wieder in altem Glanz.
Friedrich nahm sich weiterhin Zeit für die Antwort, während er tat, als müsste er sich auf den Verkehr konzentrieren. Mara musterte ihn derweil von der Seite, das fein geschnittene Gesicht mit der kleinen Nase unter dem sorgsam frisierten dunkelbraunen Haar. Er sah, fiel ihr auf, wie die jüngere Version ihres Vaters aus, nur dass der an den Schläfen immer grauer wurde. Sie selbst kam mit ihrem glatten blonden Haar eher auf ihre Mutter.
»Tata hat die Ermordung des Präsidenten unheimlich mitgenommen«, sagte Friedrich erst, nachdem sie die Passer überquert hatten und Richtung Obermais unterwegs waren, wo das Anwesen der Oberhöllers lag.
»Wieso nur? Also ja, es ist schon sehr schockierend, aber er klang gestern am Telefon so, als erwartete er, dass jetzt der nächste Weltkrieg ausbricht.«
»Vielleicht glaubt er das wirklich.« Friedrich klang düster. »Wenn du mich fragst, ist das Fernsehen schuld. Die Nachrichten wurden gestern Abend unterbrochen, und dann haben sie die Bilder gezeigt.«
»Ich weiß, die habe ich auch gesehen.«
»Ich glaube, das ist Tatas Problem. Diese Bilder. Er konnte jede Sekunde und in Farbe miterleben, wie der Präsident in dem Cabrio sitzt und im nächsten Moment nach hinten überkippt. Und dann dieser entsetzte amerikanische Kommentator, der versucht zu verstehen, was da gerade passiert. Ich muss schon sagen, dass ich es auch beängstigend fand. Das war, als würde ich danebensitzen.«
Mara nickte. Das konnte sie schon nachvollziehen. Sie hatte dieselben Nachrichten gesehen. Das tat sie jeden Abend, an dem sie nicht unterwegs war; es war in ihrem Wohnheim so üblich. Allerdings handelte es sich bei dem Gerät im Aufenthaltsraum des Wohnheims um ein ziemlich altes Schwarz-Weiß-Gerät. Aber war das wirklich so ein großer Unterschied? Wenn, wie gestern, die Ereignisse besonders aufwühlend waren, saßen die meisten jedenfalls noch länger beisammen und diskutierten. Sie alle waren richtig schockiert gewesen, eine Studentin hatte sogar geweint. Mara war nach einiger Zeit gegangen, weil sie Kopfschmerzen von dem ganzen Gerede und dem Zigarettenrauch bekommen hatte. Sie hatte sich, zum ersten Mal seit vielen Wochen, wieder ein wenig verloren gefühlt, so weit weg von zu Hause in der Großstadt unter all den fremden Menschen. Dieses merkwürdige Gefühl, das sie zu Beginn des Studiums begleitet hatte, war zurückgekehrt, und wenn sie es nicht besser wüsste, hätte sie es Heimweh genannt. Sie hatte sich Anfang des Jahres so darauf gefreut, zu Hause auszuziehen und auf eigenen Beinen zu stehen. Aber sich an die neue Umgebung zu gewöhnen war ihr schwerer gefallen, als sie erwartet hatte.
So war es ihr nach den dramatischen Eindrücken der Nachrichten nur folgerichtig erschienen, ihre Eltern anzurufen, um sich ein wenig zu beruhigen und ihnen zu sagen, dass sie sich keine Sorgen machen mussten. Dass ihr Vater sie umgehend nach Hause bestellte, hatte sie dann allerdings doch überrascht.
Die Straße stieg an, und Friedrich fuhr langsam und vorsichtig, um nicht ins Rutschen zu kommen. Zum Glück lag noch nicht viel Schnee, auf dem Asphalt schmolz das meiste auch sofort wieder weg. Dennoch verwandelten die unablässig fallenden Flocken die Welt um sie herum allmählich in ein Winteridyll. Der Eindruck verstärkte sich bei der Einfahrt in die ruhigere Dantestraße. In den Gärten waren die Rosen- und Oleanderbüsche bereits mit Säcken umhüllt worden, die Kübel mit den Zitrusfrüchten in Wintergärten oder Garagen eingelagert. Nicht wenige Fensterläden blieben bei dem Wetter heute geschlossen. Vor einer bonbonrosafarbenen Villa mit einem Vorbau aus dunklem Holz kehrte ein Mann in einem schwarzen Mantel den ersten Schnee vom Gehsteig. Dabei wirkte er so eifrig, als hätte er seit Tagen darauf gewartet.
»Nimmst du denn auch an, dass etwas Schlimmes passieren wird?«, fragte Mara ihren Bruder.
Er schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Natürlich wird es einige Wellen schlagen. Für heute Nachmittag hat der Kaufmannsbund eine Sondersitzung einberufen. Die Geschäftsleute wollen sich austauschen. Und du kennst das: Deren einzige Sorge ist natürlich, dass Gäste ihren Winterurlaub stornieren könnten. Warum sie das tun sollten, erschließt sich mir persönlich zwar nicht, aber manche haben diese Sorge.« Er lachte kurz auf. »Es ist wirklich immer dasselbe, Mara. Ich weiß nicht, ob ich das bis zum Ende meines Lebens aushalte. Mir war schon klar, was mich erwartet, als ich mich entschied, in Vaters Fußstapfen zu treten, aber dass es in vielerlei Hinsicht derartig provinziell zugeht, ist doch etwas enttäuschend.« Er wandte den Kopf. »In Mailand ist sicherlich mehr los.«
»Das schon, aber ich arbeite hart. Unter der Woche gehe ich nicht raus und bekomme kaum etwas mit. Das Studium ist ziemlich fordernd.«
Sie hatten die Auffahrt zum Anwesen der Oberhöllers erreicht. Die Fassade glänzte in einem frischen Gelb. Es handelte sich um eine Gründerzeitvilla, die ihr Großvater hatte erbauen lassen und die seit knapp achtzig Jahren in Familienbesitz war. Sie wirkte zur Straße hin kleiner, als sie war, da sich das Anwesen in den Hügel hineinschmiegte. Mara ließ den Blick über die hohen Fenster, Türmchen und Erker wandern. Sie liebte ihr Elternhaus; aus ihren beiden Zimmern im zweiten Stock auszuziehen, um nach Mailand zu gehen, war eines der Dinge, die ihr am schwersten gefallen waren.
»Bevor ich das vergesse: Veronika hat sich nach dir erkundigt. Sie scheint geahnt zu haben, dass du an diesem Wochenende nach Hause kommst.«
»Sie kennt meinen Vater eben auch ganz gut.« Mara hatte ohnehin vorgehabt, bei ihrer besten Freundin vorbeizuschauen. Wenn sie schon hier in Meran sein musste, konnte sie die Zeit auch nutzen. Sie hatte sogar überlegt, nach Bozen zu fahren, um Bruno Visconti zu besuchen und sich nach Commissario Aurelio Tasso zu erkundigen. Der sollte von seiner Pilgertour nach Santiago de Compostela inzwischen zurückgekehrt sein – falls er überhaupt nach Bozen zurückkam. Bei ihrem letzten Treffen hatte er mehr als unstet und rastlos gewirkt. Die interne Untersuchung wegen Meineides war dank eines hervorragenden Anwalts glimpflich ausgegangen, sodass Tasso seine Tätigkeiten als Commissario wieder aufnehmen konnte, wenn er wollte. Doch er hatte durchblicken lassen, dass er mit der Aufgabe haderte, weshalb er sich für ein halbes Jahr hatte beurlauben lassen. Dabei hatte Mara nicht ganz verstanden, was genau ihm so zu schaffen machte.
Friedrich stellte den Motor aus. Für einen Moment wurde es ganz still im Wagen. Sie standen auf der gekiesten Einfahrt und blickten auf das von einer Buchsbaumhecke eingerahmte Gartentor. Auch die Kletterrose, die im Sommer an einem Spalier emporrankte, war von einem braunen Sack umhüllt. Das hatte vermutlich Anna-Sophia Lechner, Maras Großmutter, höchstpersönlich getan, so etwas überließ sie nicht dem Gärtner.
Schneeflocken fielen auf die Windschutzscheibe und schmolzen. Auf der Fahrerseite zog kalte Luft durch einen Spalt, weil Friedrich das Seitenfenster ein wenig geöffnet hatte. Mara wagte kaum zu atmen, hatte das Gefühl, in eine winterliche Parallelwelt geraten zu sein. Wenn hinter dem Seitenerker des Hauses jetzt eine Eisprinzessin auftauchte, würde sie das jedenfalls nicht wundern.
Dann knackte die Heizung des Wagens, und der Zauber zerbrach.
Rasch kurbelte ihr Bruder die Scheibe hoch. »Los, ab ins Haus. Sonst frieren wir im Handumdrehen fest.«
Es schien kälter geworden zu sein. Oder es kam Mara nach der Wärme im Auto nur so vor. Fröstelnd zog sie den Mantel enger. Vielleicht war es sogar ganz gut, dass sie jetzt nach Hause gekommen war, dann konnte sie einen zusätzlichen Koffer mit dickerer Kleidung packen. Offen gestanden hatte sie keine Ahnung, was für eine Witterung sie im Mailänder Winter erwartete. Irgendwie hatte sie die Stadt im Geiste schon zum stets warmen Süden Italiens gezählt, was natürlich völliger Blödsinn war. Die Temperaturen würden schon noch ordentlich sinken.
»Wie geht es Giulio?«, fragte Friedrich, während sie im Flur ihre Mäntel auszogen.
Mara spürte einen kleinen Stich im Magen. »Ich weiß es nicht«, bekannte sie.
Überrascht zog Friedrich die Augenbrauen in die Höhe. »Ich dachte, ihr seid …«
»Zusammen?« In Maras Ohren klang das Wort lieblos und wurde den romantischen Möglichkeiten nicht gerecht.
Ihr Bruder nickte, schien zu spüren, dass er die falsche Frage gestellt hatte.
Mara hängte ihren Mantel auf und stellte den Koffer ab. »Wir haben vor zwei Wochen das letzte Mal telefoniert. Und das zeigt auch schon das gesamte Ausmaß unseres Problems.« Sie lächelte traurig. »Es ist nicht nur die Entfernung, weißt du? Ich lerne wirklich viel und engagiere mich in einer Gruppe Studentinnen, die sich für Frauenrechte einsetzt. Und Giulio lernt noch mehr; er ist wie besessen. Er hat ein großes Ziel vor Augen. Da bleibt kein Platz für ein Zusammensein.«
So lautete zumindest das nüchterne Ergebnis des letzten Telefonates. Sie hatten vereinbart, einander Zeit zu geben, sich erst einmal auf die jeweiligen persönlichen Ziele zu konzentrieren. Ganz sachlich waren sie geblieben, hatten sich versichert, dass diese Lösung zunächst einmal die vernünftigste sei. Wie viele Stunden Mara in der folgenden Nacht Löcher in die Dunkelheit gestarrt und auch die eine oder andere Träne vor Selbstmitleid vergossen hatte, wollte sie ihrem Bruder gegenüber nicht eingestehen. Vermutlich ahnte er es sowieso. Auch wenn er der ältere der beiden war, hatte er Mara schon von Kindesbeinen an immer nähergestanden.
Auch jetzt sagte er nichts. Mit einem stillen Lächeln tätschelte er ihr bloß die Schulter und zeigte auf die Tür zum Wohnzimmer. »Vater und Nonnina warten im Wintergarten. Ich bringe den Koffer in dein Zimmer und komme gleich nach.«
Mara dankte ihm und ging in Richtung Wohnzimmer. Spätestens nach dem Mittagessen, nahm sie sich vor, würde sie Vreni anrufen und sich mit ihr für den Nachmittag verabreden.
*
»Mara, ich bin so froh, dass du da bist!« Veronika war aufgesprungen und umarmte sie stürmisch, kaum dass Mara das Café betreten hatte.
»Jetzt lass mich erst einmal reinkommen. Was ist denn los? Du bist ja völlig aufgelöst. Doch nicht auch wegen dieses Attentats auf Kennedy?«
Veronika ließ sie los und machte einen Schritt zurück. »Kennedy? Ach du liebe Güte, nein! Ich meine, das ist schlimm, aber …« Sie brach mit einem verlegenen Lächeln ab. »Ich hab schon einen Kaffee getrunken, ich war schon etwas früher hier. Aber ich vertrage auch noch einen zweiten.«
»Also bestellen wir erst einmal, und dann erzählst du mir ganz in Ruhe, was es so Dringendes gibt.« Sie setzte sich Veronika gegenüber auf einen der mit dunkelrotem Plüschimitat bezogenen Stühle.
»Schon gut, einverstanden.« Veronika winkte den beiden Kellnerinnen zu, die makelloses Schwarz mit kleinen weißen Schürzen trugen.
Die gesamte Einrichtung des Cafés war in Rot und Gold gehalten. Alles zusammen strahlte eine leicht verstaubte Habsburgermonarchie-Nostalgie aus, wie es sich für ein Café nahe den Wandelhallen gehörte. Mara hatte sich wie geplant mit Veronika für den Nachmittag in Meran verabredet und darauf gehofft, etwas spazieren gehen zu können, aber der unablässig fallende Schnee machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Zumindest war Maras Bedarf danach, über rutschigen Untergrund zu laufen, bereits mit dem Hinweg gedeckt.
Das Wetter mochte auch der Grund sein, warum sie trotz eines Samstagnachmittags fast allein im Café saßen und die Kellnerinnen, eine ganz junge und eine jenseits der fünfzig mit einem grauen Dutt, sich hinter dem Kuchentresen langweilten.
Eigentlich hatte Mara ihre Freundin zappeln lassen wollen, aber Veronika wippte mit beiden Füßen, spielte mit einem Kaffeelöffel und strahlte dabei eine solche Unruhe aus, dass Mara Erbarmen hatte und fragte, was los sei.
»Du musst einen Mord aufklären! Eine Freundin von mir wurde hinterhältig umgebracht!«
»Wie bitte?« Mara verzog den Mund. Das klang selbst für Veronika fürchterlich übertrieben. Und von wem sprach sie? Bis auf ganz wenige Personen war ihr Bekanntenkreis deckungsgleich.
»Du kennst sie nicht.« Wenigstens das klärte ihre Freundin sofort. »Es geht um Lenka Jovanović. Eine Bäuerin aus Sankt Martin im Passeiertal, die ich im letzten Dezember durch einen verrückten Zufall kennengelernt habe. Wir haben uns im Laufe des Jahres angefreundet.« Veronika biss sich auf die Unterlippe und blickte auf ihre leere Kaffeetasse.
Mara musterte sie. Sie verstand deren Verlegenheit nicht. Als hätte sie ein schlechtes Gewissen, ihrer besten Freundin eine neue Bekannte vorenthalten zu haben. Doch sie sagte erst einmal nichts. Vermutlich löste sich auch dieses Rätsel noch von selbst.
Die Kellnerin brachte frischen Kaffee und zwei Stücke Sisi-Torte, bei der es sich um nichts anderes als ein Imitat der berühmten Sachertorte aus Wien handelte, daneben eine ordentliche Portion Schlagsahne. Mara stellte fest, dass sie Hunger hatte. Bei ihr zu Hause wurde samstagabends groß gegessen, und so hatte es am Mittag nur eine dünne Flädlesuppe gegeben.
Veronika hob die Hand mit der Gabel, aber statt zu essen, fing sie mit wilden Gesten an zu erzählen. »Vor zwei Wochen ist Lenka in ihrem Schafstall tot aufgefunden worden. Sie soll schon ein oder zwei Tage dort gelegen haben. Dazu hatten die Schafe auf ihrem Leichnam herumgetrampelt. Das muss also ein ziemlich übler Anblick gewesen sein. Die Polizei sagt, dass es ein Unfall war. Sie wäre vermutlich ohnmächtig geworden und zusammengebrochen. Weil niemand das bemerkt hat, ist sie dann dort verstorben.« Veronika stockte erneut. In ihren Augen glänzten Tränen.
Mara nickte betroffen und murmelte eine Beileidsbekundung, wobei sie sich immer noch wunderte, dass ihrer Freundin diese Sache so naheging. So oder so war es eine schreckliche Geschichte.
»Sie lebte allein auf dem Hof«, fuhr Veronika fort. »Der Knecht, ein älterer Mann aus dem Dorf namens Sebastian, der ihr tageweise hilft, fand sie schließlich und alarmierte die Polizei. Die haben ihre Untersuchungen diese Woche abgeschlossen und gehen von einem tragischen Unglück aus.« Veronika schwieg und stocherte lustlos in der Sahne herum.
»Und?«, fragte Mara, weil sie immer noch nichts sagte. »Warum glaubst du, dass sie ermordet worden ist?«
»Weil ich nicht verstehe, weshalb sie da an einem ganz normalen Tag einfach so im Stall zusammengebrochen sein soll. Der Knecht hat sie am Mittwochmorgen gefunden, und ich war an dem Sonntagnachmittag zuvor noch bei ihr. Es muss also am Montag oder Dienstag passiert sein. Sie war weder krank, noch bedrückte sie irgendetwas, von ihren normalen Sorgen mal abgesehen.«
»Was meinst du denn jetzt damit?«
»Na ja. Sie hatte eben Streit mit zwei Nachbarn. Ältere Bauern, die ihr ständig das Leben schwer gemacht haben. Die wollten Lenka nicht im Dorf haben. Sie haben es wieder und wieder darauf angelegt, sie von dort zu vertreiben.«
»Was haben die denn gemacht?«
»Lenka wollte Schafe züchten. Eine alte Rasse, die sowohl für Fleisch als auch für Wolle taugt. Beides zusammen ist wohl nicht selbstverständlich, wenn ich das richtig verstanden habe. Der eine Bauer hat ständig die Zufahrt mit seinem Traktor oder Anhängern zugeparkt. Einmal ist ihm sogar – angeblich aus Versehen – eine ganze Ladung Strohballen in die Einfahrt gekippt, und er hat zwei Tage gebraucht, die wieder abzuholen. In der Zeit haben Lenka und Sebastian die Ballen zur Seite geräumt und sich später anhören müssen, dass sie deswegen auseinandergefallen seien und nicht mehr eingelagert werden konnten.«
Mara schwieg. Das klang nach einem kindischen, aber nicht ganz unüblichen Dorfgezanke.
»Dann redeten die beiden Alten immer schlecht über Lenka. Sie würde ihre Schafe vernachlässigen, und die hätten Maul- und Klauenseuche und so was. War natürlich Unsinn, aber der Amtsveterinär hat schon auf der Matte gestanden. Ach, ich bekomme das alles gar nicht mehr zusammen; es war ein Haufen kleiner Nadelstiche.«
»Gut.« Mara hob die Hand. »Lenka war also neu im Dorf, eine zugezogene alleinstehende Frau. Das kann schon reichen, damit es den ein oder anderen alteingesessenen Mann auf die Palme bringt. Und du hast schon recht, daran ist sie nicht gestorben. Trotzdem könnte sie einen Schlaganfall gehabt haben. Oder sie ist ausgerutscht und hat sich den Kopf angeschlagen, wer weiß? Es muss sie noch lange niemand umgebracht haben.«
»Stimmt schon. Aber ich glaub das nicht. Ich glaube es einfach nicht. Da steckt mehr dahinter.«
»Was sagt denn die Polizei? Unfall oder nicht, die werden den Leichnam untersucht und dann ihre Schlüsse gezogen haben.«
Veronika seufzte gereizt. »Die Polizei sagt mir gar nichts. Das ist ja auch so was. Ich war auf der Wache in Meran und habe da mit so einem Ispettore gesprochen. Kostner oder Costa hieß er, ich weiß es nicht mehr.«
»Paolo Dacosta?« So hieß ein Ispettore, der an Maras erster Ermittlung im Dezember vor einem Jahr beteiligt gewesen war. Soweit sie sich erinnerte, war Commissario Tasso damals von seiner Arbeit ziemlich angetan.
»Kann sein. Die reden jedenfalls nicht mit mir, weil ich keine Familienangehörige bin. Lenkas Familie wohnt aber in Jugoslawien, keine Ahnung, wo genau. Ihr Tod kümmert hier niemanden. Außer Sebastian vielleicht, weil der jetzt bald keine Arbeit mehr hat. Die Behörden wollen sich darum kümmern, dass die Schafe untergebracht werden, bis dahin versorgt er sie.« Sie stockte. »Wenn die Polizei mir beweist, dass es wirklich ein Unfall war, dann würde ich schon Ruhe geben. Aber ich habe einfach ein schlechtes Gefühl bei der Sache. Diese beiden Bauern … Gerade der eine, Werner Schweigkofler heißt der, der war schon ziemlich aggressiv. Ich habe ihn auch einmal selbst in Fahrt erlebt, als er Lenka angeschrien und bedroht hat. Zum Glück befand sich ein massiver Holzzaun zwischen ihm und uns, sonst wäre er womöglich noch auf uns losgegangen.«
»Schon gut, Vreni, ich mache dir ein Angebot. Ich rede mit der Polizei. Vielleicht sagen die mir etwas. Aber wenn sich herausstellt, dass es ein Herzinfarkt war oder deine Freundin eine dicke Beule am Kopf hatte, wegen der sie vermutlich ohnmächtig geworden und dann verstorben ist, dann gibst du Ruhe. Von wegen, sie wurde ermordet. Mal ehrlich, das ist selbst für dich eine Nummer zu dramatisch.«
»Schon gut, ja, ich versprech’s dir. Aber wenn es umgekehrt ist und du den gleichen Verdacht hast wie ich, dann ermittelst du, ja?«
»Spinnst du? Ich bin doch keine Hobbydetektivin.«
»Dann überzeugst du eben diesen Ispettore, die Ermittlungen wieder aufzunehmen.« Veronika ließ ihre Gabel klirrend neben den angegessenen Kuchen fallen und reckte herausfordernd das Kinn.
Mara schüttelte wortlos den Kopf. Sie würde mit Dacosta reden, falls sie ihn in Meran antraf. Aber sie würde Veronika ganz sicher keinerlei Versprechungen machen. In was hatte die sich da nur wieder hineingesteigert?
Tasso lehnte sich auf dem durchgesessenen Sofa zurück und schloss die Augen. Anfang des Jahres hatte er zuletzt hier im Wohnzimmer des winzigen Hauses von Johann Vierweger gesessen, und es hatte sich kaum etwas verändert. Ein gusseiserner Ofen bullerte in einer Ecke vor sich hin, Webteppiche über den Natursteinmauern hielten die gröbste Kälte ab. Es war, so viel musste er zugeben, durchaus behaglich.
Ein Poltern riss ihn aus seinen trägen Gedanken.
Vierweger betrat mit schweren Schritten den Raum. Er trug ein Tablett mit Tassen, Tellern und einer Bialetti vor seiner breiten Brust.
Tasso richtete sich auf. »Apfelstrudel, du verwöhnst mich.«
»Du meckerst schon genug über dieses Land, die Leute, die Berge und das Wetter, da will ich dir wenigstens den Kuchen vorsetzen, den du magst.«
»Ich hatte eigentlich erwartet, dass du mich nach unserem gemeinsamen Sommer auf Spaniens Straßen damit aufziehst, dass es selbst mir dort zu heiß war.«
Vierweger setzte sich. »Es war eindeutig zu heiß, vor allem für einen strammen Pilgermarsch.«
»Von stramm kann doch wohl keine Rede sein.«
Von Juli bis September waren sie unterwegs gewesen, ausgerechnet in den heißesten Monaten. Aber Vierweger hatte sich sogar mit seinem Sonnenbrand, den er sich schon am vierten Tag im Nacken geholt hatte, tapfer geschlagen, das musste Tasso ihm zugestehen. Und ihnen beiden war es recht gewesen, die Mittagsstunden in den folgenden Tagen im Schatten von Gasthöfen, Kirchen oder auch unter großen Bäumen zu verbringen.
Vierweger goss den Espresso ein. »Wir sind angekommen, oder nicht? Ich bin nun mal keine zwanzig mehr, mir hat das Tempo gereicht. Und fast achthundert Kilometer zu Fuß! Ich weiß nicht, ob ich das noch einmal tun würde.«
Tasso schmunzelte und sparte sich eine Erwiderung. Wenn er ehrlich war, hätte er es allein vermutlich niemals nach Santiago de Compostela geschafft, sondern hätte spätestens nach der Hälfte aufgegeben. Es hatte Tage gegeben, da hatte sie nur Johann Vierwegers Südtiroler Dickschädel vorangebracht. Tage, an denen er Tassos Gejammer stoisch ignoriert hatte und einfach bis zur nächsten Pilgerunterkunft weitermarschiert war. Es war Tassos Idee gewesen, den Jakobsweg zu pilgern, aber seinem ehemaligen Ispettore gebührte das Verdienst, auch angekommen zu sein.
Vierweger hob seine Tasse. »Wobei ich zugeben muss, dass ich ohne dich verhungert wäre. Dieses Spanisch ist doch zum Verrücktwerden!«
»Ach was, dein Italienisch hätte völlig gereicht. Den Rest hättest du mit Händen und Füßen erledigt.« Tassos Spanisch war nun auch nicht gerade vorzeigbar, aber er hatte während der Pilgertour das Talent entdeckt, sich das ein oder andere Wort abzuleiten. So unähnlich, fand er, war die Sprache dem Italienischen schließlich nicht. Viele Wörter waren gleich, lediglich die Endungen und die Aussprache unterschieden sich – anders als beim Französischen. Vierweger tat sich trotzdem sehr viel schwerer als Tasso. Eine Britin, eine pensionierte Lehrerin, die sie einige Tage lang begleitet hatte, behauptete, das käme daher, dass Tasso zweisprachig aufgewachsen war.
Tasso nahm einen Teller mit Apfelstrudel entgegen und schnüffelte entzückt. Vierweger hatte ihn aufgewärmt. »Und dazu Rosinen und Walnüsse. Köstlich. Den hast du aber nicht selbst gemacht, oder?«
»Gekauft. Meiner wäre natürlich besser, das versteht sich. Aber der Konditor in Kaltern muss schließlich von etwas leben.« Vierweger zwinkerte.
Tasso wusste, dass sein ehemaliger Kollege ganz passabel kochte, aber wenn es ums Backen ging, dann scheiterte er.
»So, mein lieber Aurelio, und nun erzähl, wie schmeckt der Dienst? Ich für meinen Teil fand unsere Ermittlung in Sachen Schnappviech-Mord zwar ganz amüsant, aber wenn ich ehrlich bin, vermisse ich nichts.«
Tasso grinste. »Ich weiß bis heute nicht, wie dieser Journalist Girolamo auf ›Schnappviech-Mord‹ gekommen ist.«