Cybermobbing. Möglichkeiten und Maßnahmen der Präventions- und Interventionsarbeit in der Sekundarstufe I - Julia Kobán - E-Book

Cybermobbing. Möglichkeiten und Maßnahmen der Präventions- und Interventionsarbeit in der Sekundarstufe I E-Book

Julia Kobán

0,0
29,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Mobbing im Internet kann schwerwiegende Folgen für die Opfer haben. Viele leiden unter starken Depressionen bis hin zu Suizidgedanken. Auffällig ist, dass besonders Kinder und Jugendliche betroffen sind. Es fragt sich daher, welche Rolle der Schule bei der Prävention und Intervention zukommt. Welche Formen kann Cybermobbing annehmen, wie wirkt es sich aus und welche strafrechtlichen Folgen zieht es nach sich? Welche Rahmenbedingungen müssen in einer Schule gegeben sein, um das Problem zu verringern? Welche Interventionsmaßnahmen gibt es und wie erfolgreich sind sie? Welche Programme, Hilfsangebote und Informationsveranstaltungen Schulen innerhalb und außerhalb des Unterrichts einsetzen können, um Cybermobbing zu verhindern oder zumindest zu reduzieren, analysiert Julia Kobán in ihrer Publikation. Dabei hinterfragt sie, wie effektiv die einzelnen Maßnahmen sind, wo ihre Stärken, aber auch ihre Schwächen liegen. Aus dem Inhalt: - Mobbing an Schulen; - Sekundarstufe 1; - Medienkompetenz; - Mediation; - Medienerziehung

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI
PDF

Seitenzahl: 87

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Mobbing

1.1 Formen von Mobbing

1.2 Cybermobbing

1.2.1 Formen

1.2.2 Rollenverteilung

1.2.3 Risikofaktoren

1.2.4 Auswirkungen

1.2.5 Strafrechtliche Folgen

Handlungsmöglichkeiten in der Präventionsarbeit

1.3 Rahmenbedingungen in der Schule

1.4 Medienbildung und -erziehung

1.5 Präventionsprogramme

1.5.1 Themenbezogene Informationsveranstaltung der Berliner Polizei für Schulen

1.5.2 Trainings- und Präventionsprojekt Surf-fair

1.5.3 Themenmodul Was tun bei (Cyber)Mobbing?

Interventionsmaßnahmen

1.6 Mediation

1.7 Systemische Mobbing-Intervention

1.8 Systemische Kurzintervention

1.9 Cyber-Mobbing Erste-Hilfe App

Fazit

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Einleitung

Acht Minuten und 55 Sekunden – so lange dauert das Video auf Youtube, das die Leidensgeschichte der jungen Kanadierin Amanda Todd zeigt. Auf 74 Zetteln schreibt sie ihre Geschichte auf und verabschiedet sich mit einem Hilferuf: „I have nobody. I need someone. My name is Amanda Todd.“[1] Ihre Suche nach Unterstützung war vergeblich, bereits kurze Zeit später nahm sich das 15-jährige Mädchen nach jahrelangen Cybermobbing-Attacken 2012 das Leben. Ihr Tod löste weltweite Debatten über die Cybermobbing-Problematik aus.[2]

Dieses Beispiel und viele andere zeigen, wie schwerwiegend die Folgen für Opfer von Mobbing im Internet sein können. Viele leiden unter starken Depressionen bis hin zu Suizidgedanken. Der Vollzug erscheint dann als letzter Ausweg. Auffällig ist, dass besonders Kinder und Jugendliche betroffen sind. Es fragt sich daher, welche Rolle der Schule im Rahmen der Prävention und Intervention zukommt.

Die Schule als Ort des Wissens, Lernens und Erlebens vermittelt nicht nur grundlegende fachliche und methodische Fertigkeiten, sondern leistet auch einen bedeutenden Beitrag zur Sozialisation. Schüler und Schülerinnen nehmen die Schule als attraktiven Erfahrungsraum wahr, in welchem sie Kontakte knüpfen, Erfahrungen sammeln, Aktivitäten unternehmen, experimentieren und sich ausprobieren können. Deshalb sind Präventions- und Interventionsarbeit als Bestandteile der sozialen Leistungsfähigkeit in der Schul- und Bildungstheorie gut begründet, weil das Vernachlässigen der Sozialisationsfunktion Gewalt begünstigen würde.[3]

In Bezug auf die verschiedenen Schulformen zeigt sich: Cybermobbing ist ein Phänomen, das besonders häufig bei 14- bis 15-Jährigen und 19- bis 20-Jährigen und weniger in der Grundschule vorkommt. Ursache dafür können u.a. die zwei kritischen und meist problembehafteten Lebensphasen Pubertät und der für viele als Herausforderung empfundene Übergang in das Erwachsenenalter sein.[4]

Daraus ergibt sich die dringende Notwendigkeit, gezielte Präventions- und Interventionsarbeit in der Schule, mit dem besonderen Schwerpunkt Sekundarstufe I, zu leisten.

Aus diesem Grund befasst sich diese wissenschaftliche Arbeit mit dem Thema „Cybermobbing – Möglichkeiten und Maßnahmen der Präventions- und Interventionsarbeit in der Sekundarstufe I“. Dabei ist zu untersuchen, wie der aktuelle Stand der Forschung in Bezug auf Häufigkeit, Formen, Risikofaktoren usw. ist und welche Möglichkeiten und Maßnahmen in Form von Programmen, Hilfsangeboten und Informationsveranstaltungen auf der Schulebene präventiv eingesetzt werden können, um Cybermobbing zu verhindern oder mindestens zu reduzieren. Außerdem ist zu analysieren, welche Rahmenbedingungen in einer Schule geschaffen werden müssen, um eine deutliche Verringerung der Probleme zu erreichen. Dazu zählt auch, wie Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler durch Medienkompetenz gezielt sensibilisiert werden können. Darüber hinaus sind spezifische Interventionsmaßnahmen zu bewerten. Weiterhin ist zu hinterfragen, wie erfolgreich die einzelnen Programme der Prävention und Intervention sind, wo ihre Stärken aber auch ihre Schwächen liegen. Ziel dieser Arbeit ist es, anhand der Literatur den aktuellen Forschungsstand zu beschreiben und aufzuzeigen, welche Möglichkeiten Schulen innerhalb und außerhalb des Unterrichts haben, mit dieser Problematik umzugehen und welche Strategien dafür nutzbringend und notwendig sind.

Eine ausführliche, theoretische Fundierung zum Forschungsschwerpunkt erfolgt nach der Unterscheidung zwischen traditionellem Mobbing[5] und Cybermobbing. Dabei sind - wie bereits erwähnt - die verschiedenen Komponenten wie Formen, Rollenverteilung, Risikofaktoren, Auswirkungen und strafrechtliche Konsequenzen einzubeziehen. Anschließend werden Handlungsmöglichkeiten der Präventionsarbeit auf der Schulebene aufgezeigt. Hierzu zählen u.a. die notwendig zu schaffenden Rahmenbedingungen an Schulen sowie die Medienbildung und -erziehung der Schülerinnen und Schüler, aber auch der Gebrauch von ausgewählten Präventionsprogrammen wie Medienhelden, Surf-fair und Was tun bei (Cyber)Mobbing?.

Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Arbeit der Berliner Polizei (Direktion 6, Abschnitt 61) im Bezirk Berlin-Lichtenberg, wo die Themenbezogene Informationsveranstaltung (TIV) zu Cybermobbing durchgeführt wird. Diese Veranstaltung basiert auf einem von der Polizei erarbeiteten Grundlagenmaterial. Durch die Kooperation mit dem Präventionsbeauftragten, Polizeihauptkommissar Mamerow, ist der Zugriff auf Antragsstellung beim Polizeipräsidenten Berlin zu diesem polizeiinternen Material ermöglicht worden. Darüber hinaus erstellt und veröffentlicht die Polizei Broschüren, Handlungsempfehlungen, Informationsmaterial, Filme, Comics u.v.a.m. sowohl für Schülerinnen und Schüler als auch für Lehrkräfte. Diese Materialien werden in vorliegender Arbeit nicht näher berücksichtigt, Schwerpunkt der Analyse liegt vielmehr auf dem Grundlagenmaterial der TIV.

Im letzten Teil der Arbeit wird auf spezifische Interventionsmaßnahmen für Schulen eingegangen. Im Fokus der Bewertung stehen dabei die Mediation, die Systemische Mobbing-Intervention (SMI) und die Systemische Kurzintervention (SKI). Abschließend sind im Fazit die Möglichkeiten und Maßnahmen der Präventions- und Interventionsarbeit in der Sekundarstufe I zusammenzufassen und zu beurteilen.

Im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit in dieser Arbeit auf die gleichzeitige Verwendung weiblicher und männlicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen in der Arbeit gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.

Mobbing

Die Herkunft des Begriffs Mobbing leitet sich aus dem Englischen, mob (der Pöbel) und to mob (jemanden anpöbeln), ab.[6]

Oft werden im Alltag die Begriffe Mobbing, Aggression und Gewalt synonym verwendet, obwohl Aggression ein übergeordneter Begriff ist, der Mobbing und Gewalt beinhaltet. Mobbing ist demnach eine Form aggressiven Verhaltens, doch nicht jede verletzende oder aggressive Handlung ist Mobbing.[7]

Schubarth formuliert spezifische Merkmale, die für diese spezielle Form der Gewalt und Aggression kennzeichnend sind. Dazu gehört die zielgerichtete Schädigungsabsicht, die sich verbal (drohen, beschimpfen), nonverbal (Gesten, Ausschließen aus einer Gruppe) oder körperlich (schlagen, treten, kneifen) äußert. Außerdem findet das Verhalten wiederholt und über einen längeren Zeitraum statt. Signifikant ist dabei ein Ungleichgewicht der Kräfte, weshalb Schüler kaum dazu in der Lage sind, sich allein aus einer Mobbingsituation zu befreien.[8] Hinzu kommt, dass Mobbing in einem Gruppengeschehen auftritt. Bei Übergriffen werden Mitschüler in das Geschehen einbezogen, um Überlegenheit und Macht zu demonstrieren.[9] Durch das Verbünden Mehrerer gegen einen Einzelnen ist auch ein starkes Machtgefälle sichtbar, das vor allem unter Schülern sehr ausgeprägt ist.[10]

Die Studie der DAK-Gesundheit zur Kinder- und Jugendgesundheit im Schuljahr 2016/17 zeigt, dass die Gewaltbereitschaft an Schulen groß ist. Demnach ist ein Fünftel der Befragten ein- bis zweimal im Jahr Opfer von Gewalt, 11% sind zwei- bis dreimal im Monat von anderen Schülern geschlagen oder getreten worden. In Deutschland sind laut der letzten

PISA-Studie der OECD im Jahr 2017 16% der Schüler betroffen. Jungen im Vergleich zu Mädchen zwei Prozent mehr.[11]

Nachfolgend wird die Varietät von Mobbing dargestellt und der Bezug zu Cybermobbing hergestellt.

1.1 Formen von Mobbing

Mobbing hat sehr unterschiedliche Erscheinungsformen. Es kann von einzelnen Personen oder von einer Gruppe ausgehen und sich gegen Gruppen oder Einzelne richten.[12]

Auch die Handlungen variieren: Mobbing kann in direkter Form z.B. durch verbale oder physische Aggression oder in indirekter Form durch Ausschluss, Zurückweisung oder das Verbreiten von Gerüchten, auch als relationales Mobbing bezeichnet, auftreten.[13]

Physische Formen des direkten Mobbings beinhalten sowohl relativ harmlose Handlungen (jemanden an den Haaren ziehen) als auch möglicherweise lebensbedrohende (jemanden mit Gegenständen attackieren). Im Vergleich zum verbalen Mobbing kommt diese Form seltener vor. Zum verbalen Mobbing zählen obszöne Ausdrücke, Anschreien, Verlachen oder abwertende Bezeichnungen und Kommentare. Drohungen und Erpressungen nehmen eine besondere Stellung ein, da sie Anspielungen auf physische Aggressionen beinhalten.[14]

Das indirekte Mobbing bewirkt, dass sich die soziale Situation einer Person durch das Verbreiten von Gerüchten, Ignorieren oder Ausschließen aus einer Gruppe verschlechtert. Weiterhin kann es durch das Zerstören von Beziehungen zu einer zunehmenden Isolation der Betroffenen kommen.

Besonders besorgniserregend ist, dass bereits im Vorschulalter indirektes Mobbing stattfindet und es somit zu einer großen Herausforderung für die gesamte Gesellschaft geworden ist.[15]

Dagegen ist Cybermobbing eine relativ neue Form des Mobbings, die im nachfolgenden Kapitel detailliert erläutert wird.

1.2 Cybermobbing

Die meisten Voraussetzungen des traditionellen Mobbings gelten auch für das neuere Phänomen Cybermobbing. Pieschl und Porsch definieren es wie folgt:

„Cybermobbing sind alle Formen von Schikane, Verunglimpfung, Betrug, Verrat und Ausgrenzung mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien, bei denen sich das Opfer hilflos und ausgeliefert und (emotional) belastet fühlt oder bei denen es sich voraussichtlich so fühlen würde, falls es von diesen Vorfällen wüsste.“[16]

Dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zufolge ist der Begriff wie folgt zu verstehen: „Unter Cyberbullying oder Cybermobbing versteht man die Beleidigung, Bedrohung, Bloßstellung oder Belästigung von Personen mithilfe von Kommunikationsmedien, beispielsweise Smartphones, E-Mails, Websites, Foren, Chats und Communities.“[17]

Demnach hat sich mit dem neuen, digitalen Zeitalter das Mobbing auf elektronische und digitale Medien verlagert. Jedoch sind, wie beim traditionellen Mobbing, mehrere Personen am Geschehen beteiligt, ein starkes Machtungleichgewicht ist ebenfalls erkennbar. Auch beim Cybermobbing geht es um die Absicht, andere gezielt und systematisch über einen längeren Zeitraum zu schädigen. Wobei Cybermobber häufig stärker in Internetcliquen oder Facebook-Gruppen integriert sind als ihre Opfer.[18]

Kennzeichnend für diese Form von Mobbing ist, dass Täter einen höheren Anonymitätsgrad haben und so bei den Opfern ein Gefühl von Angst erzeugen und damit das Finden von Lösungsstrategien erschweren. Nicht zu unterschätzen ist dabei der Öffentlichkeitsgrad, der ein weltweites Zusehen möglich macht.[19] Schätzungen zufolge sind in Deutschland 1,1 Millionen Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren Nutzer der Plattform Facebook[20] und über 3 Millionen der 13- bis 19-Jährigen von Instagram.[21]

Am Problematischsten ist, dass alle online veröffentlichten Fotos oder Videos nicht unwiderruflich zu löschen sind und damit die Inhalte auf bestimmte Server weitergeleitet werden können. Cyberopfer haben damit keinen Schutzraum mehr, weil eine Vielzahl von Jugendlichen täglich mit dem Smartphone oder dem PC online umgeht. Daraus lässt sich schließen, dass Cybermobbing die wesentlich schlimmere Form des Mobbings ist.[22]

Ergebnisse der JIM-Studie (2017) zeigen deutlich: jeder fünfte Jugendliche hat schon falsche oder beleidigende Inhalte über eine Person im Internet verbreitet. Davon betroffen sind am stärksten die 16- bis 17-Jährigen. Wiederum fast jeder Vierte (24%) hat beleidigende oder falsche Inhalte über sich selbst lesen müssen, bei den 12-13-Jährigen sind es 16%, bei den 14-15-Jährigen 18 % und bei den 18-19-Jährigen 21%. Von den volljährigen Jugendlichen gaben 46% an, über solche Vorfälle in ihrem Bekanntenkreis gehört zu haben. Entscheidend dabei ist der Bildungsgrad: die Wahrscheinlichkeit von Cybermobbing betroffen zu sein, ist an Haupt- und Realschulen (26%) deutlich höher als an Gymnasien (17%).[23]

Nachfolgend werden die unterschiedlichen Komponenten von Cybermobbing erläutert.

Formen

Angriffe im Internet haben viele verschiedene Ausdrucksformen und äußern sich in unterschiedlichen Verhaltensweisen. Sowohl die Autoren Peter und Petermann, Pieschl und Porsch als auch Katzer orientieren sich dabei an den Kategorien nach Willard: Flaming, Harassment, Denigration, Impersonation, Outing & Trickery und