Das Ende der Angst? - Wieland Schneider - E-Book

Das Ende der Angst? E-Book

Wieland Schneider

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Beschreibung

Die welthistorischen Umwälzungen des Arabischen Frühlings werden bereits mit dem Fall des Eisernen Vorhangs verglichen. Wieland Schneider hat die Revolutionäre begleitet: von Kairos Tahrir-Platz bis in die Rebellenstellungen in den westlibyschen Bergen und nach Sirte, wo die letzte Schlacht gegen Diktator Gaddafi tobte. Sie wollte keine Angst mehr haben: Nachdem sie jahrelang unter einem Pseudonym gebloggt hatte, begann die 21-jährige Sheimaa mit offenem Visier zu kämpfen und unter ihrem richtigen Namen zu schreiben. Und auch die Zigtausenden anderen, die im Februar 2011 mit ihr auf Kairos Tahrir-Platz Präsident Hosni Mubarak von der Macht vertrieben, hatten ihre Furcht abgelegt. In zahlreichen Ländern setzten sich Menschen gegen Regime zur Wehr, die sie seit Jahrzehnten unterdrückt hatten. Doch werden die Revolutionen in der arabischen Welt nachhaltigen Erfolg haben? Und welche Chancen und Risiken bergen diese Umbrüche? Ein Jahr, nachdem die Menschen im arabischen Raum die Angst verloren, werden neue Ängste wach: vor den Gespenstern Instabilität, Islamismus und Militärherrschaft. Die Umbrüche haben auch das geostrategische Umfeld verändert, haben die Karten im Machtpoker neu gemischt. Und das hat Auswirkungen: auf Israel, die Türkei und den Iran, die USA und auf Europa.

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Wieland Schneider

Das Ende der Angst?

Die Zukunft der arabischen Welt

Für meine Frau Brenda

Wieland Schneider

Das Ende der Angst?

Die Zukunft der arabischen Welt

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Printed in Austria

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

1. Auflage 2012© 2012 by Braumüller GmbHServitengasse 5, A-1090 Wien

www.braumueller.at

E-Book-Ausgabe: 978-3-99100-070-9

Printausgabe: 978-3-99100-066-2

Inhalt

Vorwort

Als die Menschen die Angst verloren

Die Kinder der Revolution

Der Sturm bricht los – Der Umsturz in Tunesien

Der Umbruch in Ägypten

„Welcome to Egypt!“ – Ein Land im Ausnahmezustand

Die Schlacht um den Tahrir-Platz

Sheimaa will keine Angst mehr haben

Die Putsch-Revolution gegen den „Pharao“

„Der Kopf ist ab, aber der Körper schlägt noch wild um sich“

Das neue Ägypten

Der Umbruch in Libyen

Der Aufstand gegen den „König der Könige“

„Gaddafi is a donkey!“ – Bei den Rebellen in den Nafusa-Bergen

Der Rebell aus Österreich

Die Stunde Null in Tripolis

Das Ende des Diktators

Das neue Libyen

Neue Ängste

Der Aufstand in Syrien: Die Angst vor Bürgerkrieg und der Wiedererweckung al-Qaidas

Das strategische Umfeld: Die alten und die neuen Probleme

Ausblick

Ein Blick auf die neue arabische Welt

Vorwort

Man konnte die Kraft spüren, den Zorn und die enorme Entschlossenheit: Zehntausende schrien ihre Wut heraus über Willkür, Vetternwirtschaft und Unterdrückung; über die Uneinsichtigkeit des Mannes, der den gütigen Landesvater spielte und zugleich seit Jahrzehnten herrschte, als sei er einer von Ägyptens Pharaonen, der wiederauferstanden ist. „Nieder, nieder mit Hosni Mubarak!“, schallte es über den Tahrir-Platz im Herzen Kairos. Der Wunsch nach Veränderung einte sie alle: Frauen mit offenem, wallendem Haar protestierten neben Frauen im schwarzen Niqab, Kinder aus dem reichen Bürgertum neben den Jungs aus den heruntergekommenen Vierteln, Liberale neben Marxisten und Islamisten. Je stärker sie von außen unter Druck gerieten, desto mehr wuchsen sie zum „Tahrir-Staat“ zusammen, in dem alle Unterschiede aufgehoben schienen. Gemeinsam trotzten sie den Banden, die mit Knüppeln, Messern und Molotowcocktails den Tahrir-Platz angriffen. Sie dachten nicht daran zurückzuweichen, denn sie wollten keine Angst mehr haben.

Es war für mich faszinierend, im Februar 2011 Zeitzeuge des Aufstands gegen das ägyptische Regime zu werden. Ich durfte als Reporter der Tageszeitung Die Presse miterleben, mit welcher Unerschrockenheit junge Männer und Frauen den professionellen Schlägern des Regimes entgegentraten, konnte mit Oppositionsgrößen wie Mohamed ElBaradei darüber diskutieren, wie es nun weitergehen sollte.

Getragen von einer Welle neuen Mutes haben die Menschen in zahlreichen arabischen Ländern gegen ihre Machthaber rebelliert und damit welthistorische Umwälzungen in Gang gesetzt. Doch was haben diese Umbrüche bisher gebracht? Werden sie in der arabischen Welt langfristig zu mehr Freiheit und Demokratie führen? Der sogenannte „Arabische Frühling“ hat in Europa, aber auch in der Region selbst neue Ängste aufkommen lassen: vor Islamismus, Instabilität, Militärherrschaft und Bürgerkrieg. Können auch diese Ängste überwunden werden, und ist die arabische Welt heute eine freiere Welt?

Ich habe bei denen nachgefragt, die an vorderster Front standen, als um diese Freiheit gekämpft wurde: Bei einer 21-jährigen Ägypterin etwa, die jahrelang aus Furcht unter einem Pseudonym gebloggt hatte, doch dann dem Regime erhobenen Hauptes und mit offenem Visier entgegentrat. Bei einem libyschen Medizinstudenten, der das Verbandszeug weglegte und zum Sturmgewehr griff, um gegen Machthaber Muammar al-Gaddafi zu kämpfen. Bei einem jungen Österreicher, der sich dem Untergrund in der libyschen Hauptstadt Tripolis angeschlossen hatte. Warum lehnten sich diese jungen Menschen gegen die Machthaber auf? Wie sahen ihre Wünsche und ihre Hoffnungen für die Zukunft aus? Und wurden diese erfüllt? Ich habe die Revolutionäre begleitet, vom Tahrir-Platz des Februars 2011 bis zum Tahrir-Platz 2012, dem Zentrum neuer Proteste. Von den Rebellenstellungen in den westlibyschen Bergen bis nach Sirte, wo die letzte Schlacht gegen Gaddafi tobte. Ich habe mit den Flüchtlingen gesprochen, die sich vor den Panzern des syrischen Regimes in den Libanon in Sicherheit bringen mussten. Und ich habe Nachschau gehalten, wie es um die neue arabische Welt steht.

Die jungen Revolutionäre agierten bei ihrem Kampf nach Freiheit und persönlicher Emanzipation nicht im politikleeren Raum. Sie hatten von Anfang an mächtige Mitspieler, denn es geht auch um die Neuverteilung von Einfluss. In ihrer Euphorie merkten viele Ägypter zunächst nicht, dass sie „Neo-Pharao“ Mubarak nicht alleine aus dem Palast gejagt hatten; dass daran auch Männer in Uniform beteiligt waren, die selbst aus dem Regime stammten. In Syrien tobt längst nicht mehr nur ein Aufstand gegen einen brutalen Machthaber, sondern auch ein Stellvertreterkrieg zwischen dem schiitischen Iran und den sunnitischen Golfmonarchien wie Saudi-Arabien und Katar, die bei der Neuordnung des arabischen Raums ein gewichtiges Wort mitreden wollen.

Die Umbrüche haben die bedeutende Rolle des Islam in den arabischen Ländern vor Augen geführt: seine Rolle in den Herzen vieler Menschen, die tiefreligiös sind, aber auch in den Schaltzentralen des Staates, in denen beinharte Politik gemacht wird. Die Umbrüche haben alte Konflikte in neuer Schärfe zum Vorschein gebracht. Und sie haben das geostrategische Umfeld verändert, haben die Karten im Machtpoker neu gemischt. Das hat Auswirkungen: auf Israel, die Türkei, die Golfstaaten, die USA und Europa. Wir blicken auf eine unstete und spannende neue arabische Welt, die Potenzial für neue Ängste in sich trägt, aber auch große Chancen bietet.

Wieland Schneider, Juni 2012

Als die Menschen die Angst verloren

Die Kinder der Revolution

Srđa Popović kann sich noch gut erinnern. Es war im Juli 2009, als 15 junge Ägypter sein Zentrum für gewaltfreien Widerstand in Belgrad aufsuchten. Die meisten von ihnen waren Anfang Zwanzig, gehörten Oppositionsbewegungen wie „6. April“ und „Kifaya“ an oder hatten bereits in die verschiedensten Gruppen hineingeschnuppert. Sie alle waren wütend darüber, dass Ägypten seit Jahrzehnten von einem autoritären Regime samt seiner Clique von Geschäftsleuten beherrscht wurde; dass es keine freie Meinungsäußerung gab und dass Bürgerrechte von der Polizei mit Füßen getreten wurden. Und sie alle wollten etwas daran ändern. Popović erinnert sich an den Humor seiner ägyptischen Gäste, ihren Einfallsreichtum und ihre Entschlossenheit. Und daran, dass sie ihre Hausaufgaben gemacht hatten: „Sie waren gut vorbereitet, als sie zu uns kamen. Sie wussten viel über Mahatma Gandhi, über Martin Luther King, und sie hatten sich eingehend mit den Bürgerrechtsbewegungen beschäftigt.“

Srđa Popović ist Experte für unblutige Revolutionen. Er war Mitbegründer der serbischen Studentenbewegung „Otpor!“ (Widerstand), die Ende der neunziger Jahre gegen den Autokraten Slobodan Milošević kämpfte. Auch nach dem Sturz des serbischen Regimes im Oktober 2000 blieb Popović dem Widerstands-Business treu – zunächst nur aus Nostalgie, doch bald als Vollzeitbeschäftigung. Denn Demokratiebewegungen in anderen Ländern waren vom serbischen Beispiel fasziniert und fragten um Rat. Zusammen mit einem ehemaligen Mitstreiter gründete Popović das Non-Profit-Beratungsinstitut „Canvas“. Die Experten von „Canvas“ arbeiteten mit den Aktivisten der „Orangen Revolution“ um Julia Timoschenko in der Ukraine zusammen und den Aktivisten der „Rosenrevolution“ in Georgien, mit Bewegungen auf den Malediven, in Zimbabwe, im Libanon und zuletzt mit der Occupy-Bewegung in den USA. „Welche politische Ausrichtung diese Gruppen haben und ob sie gegen Diktaturen kämpfen oder nicht, spielt keine Rolle. Voraussetzung ist, dass sie nichts mit Gewalt zu tun haben. Und wir werden nur auf Anfrage aktiv: Sie müssen sich an uns wenden“, sagt Popović. „Bringing down a Dictator“ hieß der Film über „Otpor!“ und den Sturz Miloševićs, der 2002 herauskam und in 18 Sprachen übersetzt wurde, auch ins Arabische. Bei vielen Oppositionsbewegungen in aller Welt tauchte die Faust, das Logo von „Otpor!“, auf – so auch bei Ägyptens „6. April“. „Sie hatten es schon als Symbol gewählt, bevor Mitglieder ihrer Gruppe bei uns in Belgrad waren.“

Die Aktivisten aus Ägypten besuchten in Serbien mehrere Medien und nahmen am „Canvas“-Workshop teil. Dort erfuhren sie, wie man sich organisiert, wie man ohne Gewalt auf Repression antwortet, wie man zivilen Ungehorsam leistet, wie man die Bevölkerung für seine Kampagnen gewinnt, und wie man bei alldem seine eigene Angst überwindet. „Wir geben den Leuten nur grundsätzliche Werkzeuge mit auf den Weg“, erklärt Popović. „Wir coachen sie nicht bei ihren Aktionen. Das wäre auch ein großer Fehler. Ich bin kein Ukrainer oder Ägypter. Sie wissen selber viel besser, wie sie in ihren Gesellschaften vorgehen müssen.“ Nach zwei Wochen fuhren die Ägypter wieder nach Hause, und der Kontakt zu „Canvas“ brach ab.

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