Das Gedächtnis der Struktur -  - E-Book

Das Gedächtnis der Struktur E-Book

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Beschreibung

Der Band versammelt die Beiträge des Symposiums für und mit Pierre Boulez «Das Gedächtnis der Struktur» unter der Leitung von Hans-Klaus Jungheinrich im Rahmen von «Auftakt 2009» der Alten Oper Frankfurt/Main. Es ging bei dem Symposion ausdrücklich um den Komponisten Boulez, doch ließ sich dieser nicht völlig vom Dirigenten und Musikpolitiker trennen. Die entscheidenden «Setzungen» des Boulez'schen Komponierens fanden wohl allesamt in einer frühen Phase statt. Doch ist die Produktivität von Boulez niemals völlig versiegt, sondern verlegte sich überwiegend auf Annexe, Metamorphosen oder Transformationen früherer Stücke.

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Hans-Klaus Jungheinrich (Hg.): Das Gedächtnis der Struktur Der Komponist Pierre Boulez

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Bestellnummer SDP 90

ISBN 978-3-7957-8638-0

© 2015 Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz

Alle Rechte vorbehalten

Als Printausgabe erschienen unter der Bestellnummer NZ 5023

© 2010 Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz

www.schott-music.com

www.schott-buch.de

Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlags. Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne eine solche Einwilligung kopiert und in ein Netzwerk gestellt werden. Das gilt auch für Intranets von Schulen oder sonstigen Bildungseinrichtungen.

Mit alleiniger Unterstützung der FAZIT-Stiftung (Frankfurter Allgemeine Zeitung und Frankfurter Societäts-Druckerei) Frankfurt am Main

Umschlag: HJ Kropp unter Verwendung zweier Fotos von Charlotte Oswald

Das Gedächtnis der Struktur Der Komponist Pierre Boulez

Symposion, 19. September 2009, Alte Oper Frankfurt am Main

Herausgegeben von Hans-Klaus Jungheinrich

Vorwort

Ein Boulez-Symposion, an dem Pierre Boulez selbst anwesend war, verlief sicher anders, als es ohne seine Teilnahme vonstatten gegangen wäre. Gewiss wäre es auch sonst nicht zu feindseligen Auslassungen gekommen, doch der zum Grandseigneur gereifte 84-jährige Maître, früher durchaus nicht ungern im Zentrum von Polemik und selbst ein unerschrockener Attackenreiter, verbreitet um sich nunmehr gewissermaßen einen cordon sanitaire von Höflichkeit und Milde, den zu durchbrechen nicht nur ein Höflichkeitsbruch wäre, sondern auch ein ästhetischer Fauxpas. Wenn, wie es dergestalt in den Referaten von Jörn Peter Hiekel oder Gerhard R. Koch der Fall war, auch schärfere kritische Stimmen zitatweise Erwähnung fanden, so rückten diese dadurch doch ins Licht merkwürdiger, vielleicht amüsiertes Kopfschütteln hervorrufender Wunderlichkeiten. Einer etwa mochte «den Menschen» im Œuvre von Boulez vermissen – wirklich kaum zu glauben, wenn man doch diesen Menschen so unverkennbar menschlich und charmant vor sich sitzen sah, die verkörperte Einheit von Leben und Werk. Andere rieben sich wund am «Machtfaktor» Boulez – aber welch schöne Konsequenz eines Machtgewinns, wenn er der Sonderaufmerksamkeit für Außenseiter zugute kommt, wie Boulez nachdrücklich in der Schlussdiskussion betonte. Ein Nachbohren, wie es denn tatsächlich mit einer Lebensökonomie bestellt sei, in der das Komponieren sich mit dem Dirigieren unentwegt um die Vorherrschaft balgt (das Komponieren wurde in der Mitte des Lebens immer mehr zum Verlierer, wird es im Alter aufholen?), fiel mit guten Gründen der Diskretion zum Opfer. Es gab keinen Anlass, die von Boulez souverän signalisierte Harmonie zu stören.

Es ging beim Symposion ausdrücklich um den Komponisten Boulez (auch in der Seitenperspektive, aus der heraus sich der von mir kommentierte Anthropologe und Strukturalist Claude Lévi-Strauss als Serialismus-Exeget einbrachte), doch ließ sich dieser begreiflicherweise nicht völlig vom Dirigenten und Musikpolitiker trennen. Boulez begann ja mit dem Dirigieren nicht, weil er ein Bedürfnis gehabt hätte, sich als «Musikdarsteller» zu produzieren (er inaugurierte eher wohltuend einen spröde-modernen Anti-Stardirigententypus), sondern um seiner Musik und der seines Umfeldes zu öffentlicher Resonanz und authentischer Wirkung zu verhelfen. Und dazu dienten im weiteren Sinne auch musikpolitische Initiativen wie die Gründung von Instrumentalensembles und des IRCAM-Zentrums in Paris. Die entscheidenden «Setzungen» des Boulez’schen Komponierens fanden wohl allesamt in einer frühen Phase statt. Doch ist die Produktivität von Boulez niemals (wie diejenige anderer Frühentwickler wie Sibelius und Dutilleux) völlig versiegt, sondern verlegte sich überwiegend auf Annexe, Metamorphosen oder Transformationen früherer Stücke – und sei es, dass, wie bei Rituel, neue raum-akustische Erfahrungen den Anlass dazu gaben, die schriftlich fixierten Aufführungsmodalitäten zu verändern.

Während der Vorträge hörte Boulez im Auditorium zu, ohne einzugreifen. Umso bereitwilliger beteiligte er sich an der Schlussdiskussion, in der er, auf denkbar unprätentiöse Weise, nochmals seine ästhetischen Standpunkte klarstellte. Das ergab womöglich keine ganz neuen, über das in den essayistischen Schriften von Boulez brillant Formulierte hinaus reichenden Einsichten, aber doch interessante Fassetten und Schlaglichter. Mancher mochte es sogar als eine kleine Sensation empfunden haben, wenn einer der Hauptsprecher der seriellen Musikrichtung, die zeitweise durchaus den Charakter einer Doktrin hatte, nun davon sprach, der Serialismus sei nur ein «Tunnel von zwei Jahren» gewesen, der unbedingt hätte durchschritten werden müssen, um musikalisches Neuland zu gewinnen. Schönbergs löwenhafter Jahrhundertanspruch, irgendwie doch als Bettvorleger gelandet … Aber immerhin als nützliches Mobiliar gewürdigt. Von einem der Löwenhäupter selbst. Es war nicht mehr als recht und billig, diesen Kern- und Überraschungssatz aus dem Munde von Boulez zum Titel der gedruckten Schlussdiskussionsfassung zu machen (der ursprüngliche Titel, darauf spielt Hartmut Lücks Diskussionssegment an, hieß: «Gab es ein serielles Musikjahrhundert?»). Ich denke, ich handle im Sinne aller am Symposion beteiligten Referenten, wenn ich diesen Band in aller Ausdrücklichkeit Pierre Boulez widme, in Erinnerung an einen Tag, an dem wir ihn so freundlich und lebhaft erlebten und uns so sehr über ihn in unserer Mitte freuten.

30. Dezember 2009

Hans-Klaus Jungheinrich

Inhalt

Vorwort

Pierre Boulez’ Begegnung mit der Zweiten Wiener Schule

Susanne Gärtner

Resonanzen (in) der Musik von Boulez

Jörn Peter Hiekel

Geister-Geschichte in Spiegeln

Pierre Boulez und Deutschland

Gerhard R. Koch

Familienähnlichkeiten

Claude Lévi-Strauss entdeckt das serielle Denken von Pierre Boulez

Hans-Klaus Jungheinrich

Das unsichtbare und das sichtbare Theater

Zu «Pli selon pli» und zur unveröffentlichten Bühnenmusik der «Orestie» von Pierre Boulez

Martin Zenck

Pierre Boulez und Claude Debussy

Hartmut Lück

Gedanken zu Pierre Boulez’ «Rituel – In memoriam Maderna»

Cord Meijering

«Die serielle Musik war ein Tunnel von zwei Jahren»

Über Außenseiter, Professionalität und subtile Wagner-Einflüsse. Schlussdiskussion mit Pierre Boulez

AutorInnen

Pierre Boulez’ Begegnung mit der Zweiten Wiener Schule

Susanne Gärtner

«It is not devilry, but only the most ordinary common sense which makes me say that, since the discoveries made by the Viennese, all composition other than twelve-tone is useless. (This does not, of course, imply that the works of every twelve-tone composer are valuable.)»

Keine Schrift von Pierre Boulez hat so für Furore gesorgt und ist so im Gedächtnis geblieben wie sein Aufsatz «Schönberg is Dead». Nachdem im Juli 1951 das Interesse für die Zwölftontechnik und die Werke der Zweiten Wiener Schule bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt einen Höhepunkt erreicht hatte, erklärte Boulez in der Schönberg gewidmeten Sondernummer von The Score den soeben Verstorbenen auch für musikhistorisch tot. Schönberg habe zwar eine der größten Revolutionen der Musikgeschichte herbeigeführt, sein Werk sei jedoch ge-kennzeichnet von grundsätzlichen Unvereinbarkeiten. Indem Schönberg Zwölftonreihe und Thema einander gleichsetze, gelange er zu einer Ultra-Thematisierung und verkenne das Reihenphänomen als solches. Sein Festhalten an klassischen, der Tonalität verpflichteten Formen führe zu einer unüberbrückbaren Kluft, was schon die seltsame Fügung zeige, dass Schönberg die Zwölftontechnik in seinen op. 23 anhand eines Walzers vorgestellt habe. Schönberg bediene sich überlebter Konzepte und Stilmittel, wie etwa dem Modell von Melodie und Begleitung, und seine Rhythmik sei armselig und langweilig.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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