Das geheime Tagebuch - John F. Kennedy - E-Book
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Das geheime Tagebuch E-Book

John F. Kennedy

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  • Herausgeber: DVB Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2021
Beschreibung

John F. Kennedy reiste als junger Mann dreimal nach Nazi-Deutschland: 1937 als Student, in einer Zeit trügerischer Ruhe; 1939 als Botschaftersohn, kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs; und 1945 als Reporter, während der Potsdamer Konferenz. Seine Aufzeichnungen hat Kennedy selbst nie veröffentlicht. Sie zeigen, wie ein ausländischer Beobachter die deutsche Diktatur wahrnehmen konnte – unmittelbar, vor Ort, ohne nachträgliche Bearbeitung. Im Rückblick erkennen wir blinde Flecken und Fehleinschätzungen, aber auch Einsichten von großer Aktualität, etwa zu Populismus und Propaganda. Auf seinen deutschen Reisen beschäftigten Kennedy die entscheidenden Fragen seiner späteren Präsidentschaft: Wie funktioniert eine Diktatur? Wie ist einem alternativen Gesellschaftsentwurf zu begegnen? Und wie lässt sich ein drohender Krieg abwenden? Kennedys Europa- und Russland-Politik und auch seine berühmte Berliner Rede von 1963 (“Ich bin ein Berliner”) sind vor diesem Hintergrund zu verstehen. Neben zahlreichen neuen Archivfotos enthält dieser Band Kennedys vollständiges Tagebuch seiner Europareise von 1937 sowie als Pendant dazu das bislang noch nie veröffentlichte Reisetagebuch von Lem Billings, der als enger Freund und Reisebegleiter des späteren US-Präsidenten die Grand Tour der beiden Studenten aus seiner Sicht dokumentierte.

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Seitenzahl: 175

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John F. Kennedy

Das geheime Tagebuch

Europa 1937

Erstmals zusammen mit demReisetagebuch von Lem Billings

herausgegeben vonOliver Lubrich

das vergessene buch

1. Auflage 2021

Das vergessene Buch | www.dvb-verlag.at

Copyright © by DVB Verlag GmbH, Wien

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Leandra Eibl, Wien

Satz: Kevin Mitrega, Schriftloesung

Inhalt

John F. KennedyEuropäisches Tagebuch, Juli–September 1937

Kirk LeMoyne BillingsReisealbum 1937

»Hitler scheint hier sehr beliebt zu sein«John F. Kennedys deutsche Reisen zwischen Einsicht und IrrtumNachwort von Oliver Lubrich

1937 – Diktatur

1939 – Krieg

1945 – Faszination

1963 – Rückkehr

Editorischer Bericht

Abschrift

Übersetzung

Korrekturen und Konjekturen

Corrigenda Kennedy

Konjekturen Kennedy

Corrigenda Billings

Konjekturen Billings

Quellen

Literaturverzeichnis

Primärquellen

Forschung

Abbildungsverzeichnis

Zeittafel John F. Kennedy

1937 – Europa-Reise

1939 – Europa-Reise

1945 – Europa-Reise

Kurzbiographien

Dank

Kolophon

John F. Kennedy

Europäisches TagebuchJuli – September 1937

1.–7. Juli 1937

SS Washington

Sehr ruhige Überfahrt. Ziemlich langweilig die ersten Tage, dann jedoch ein paar Mädels aufgespürt – allen voran Ann Reed. Cocktails mit dem Kapitän getrunken, der Sir Thomas Lipton und somit Grandpa kannte. Am interessantesten waren General Hill und seine ziemlich geheimnisvolle Tochter. Er war Kongressabgeordneter, sie hätte alles Mögliche sein können. Der Kellner mit seinen Zuckerserviermaschinen ist ein ziemliches Problem. Aufgeblieben, um Irland zu sehen. Ankunft in Le Havre, zunächst Mont Saint-Michel angesteuert, dann nach Rouen gefahren.

7. Juli 1937 – Mittwoch

Rouen und Beauvais

Die Kathedrale von Rouen höchst eindrucksvoll. Wir kamen dort an, nachdem wir auf dem Weg nach Mont Saint-Michel kehrtgemacht hatten. Nach dem Mittagessen in Rouen fuhren wir weiter nach Beauvais, wo uns Höhe und Größe der Kathedrale tief beeindruckten. Übernachtung in einem kleinen Gasthof, wo wir zum ersten Mal den französischen Atem abbekamen. Abends auf ein Volksfest gegangen und dann ins Bett.

8. Juli 1937 – Donnerstag

Reims

Um 12 Uhr aufgestanden, Briefe geschrieben, Mittag gegessen, nach einigen Schwierigkeiten unser Geld bekommen und die Medikamente gegen Billings' »mal d'estomac«. Dann nach Soissons – den Chemin des Dames gesehen, eines der berühmten Schlachtfelder des Krieges. Auch die zerbombte Kathedrale angeschaut. Weiter nach Reims, dort die Kathedrale besichtigt und ins Hotel Majesty (1.00 [$] für das Doppelzimmer). Mein Französisch wird etwas besser, und Billings' Atem wird französisch. Früh ins Bett. Man scheint allgemein anzunehmen, dass es keinen neuen Krieg geben wird.

9. Juli 1937 – Freitag

Reims, Château Thierry und Paris

Gegen 10 Uhr aufgestanden. Die Kathedrale besichtigt und dann raus zum französischen Fort de la Pompelle – Schauplatz einiger der schlimmsten Schlachten des Krieges. Dann Mittagessen und Besichtigung der ChampagnerKellereien von Pompernay in den alten gallischen Kreidehöhlen. Sehr freundlicher Umgang. Unterhaltung mit dem Geschäftsführer bei einer Flasche Champagner aufs Haus. Wie es aussieht, mögen sie Roosevelt, aber seine Regierungsform würde in einem Land wie Frankreich nicht funktionieren, wo es anscheinend an der Fähigkeit mangelt, ein Problem als Ganzes zu betrachten. Blum mögen sie nicht, weil er ihnen ihr Geld wegnimmt und es anderen gibt. Das ist für einen Franzosen très mauvais. Allgemein glaubt man wohl, dass es in naher Zukunft keinen Krieg geben wird und dass Frankreich nur allzu gut auf Deutschland vorbereitet ist. Obendrein ist fraglich, ob das Bündnis zwischen Deutschland und Italien Bestand hat. Wir fuhren weiter zum Château Thierry und nahmen unterwegs zwei französische Offiziere mit. Kamen gegen acht in Paris an. Versehentlich auf Französisch einen der Offiziere zum Abendessen eingeladen, konnten ihn aber überreden, einen Teil der Rechnung zu übernehmen. Nach einigem Suchen schließlich ein recht günstiges Zimmer für die Nacht gefunden (35 Francs).

10. Juli 1937 – Samstag

Paris

Um 13 Uhr aufgewacht. Neue Unterkunft für 40 Francs gefunden. Haben uns jetzt angewöhnt, das Auto um die Ecke zu parken, damit es nicht so teuer wird. Ließen die Scheinwerfer reparieren und wurden erneut übers Ohr gehauen. Diese Franzosen versuchen bei jeder Gelegenheit, einen zu betrügen. Notre-Dame besichtigt und Paris angeschaut. Am Abend ins Moulin Rouge und ins Café des Artistes gegangen und einigen berühmten französischen Künstlern begegnet. Billings wollte früh zu Hause sein, kam aber nicht.

11. Juli 1937 – Sonntag

Paris

In die Kirche gegangen und dann, nach dem Mittagessen, raus nach Fontainebleau gefahren. Sehr interessant – aber nicht ganz das, was wir erwartet hatten, da alles sehr künstlich wirkt. Ziemlich überlaufen. Kennzeichen des Franzosen ist sein kohliger Mundgeruch und die Tatsache, dass es keine Badewannen gibt. Sei's drum, haben Kaugummi an die Fische verfüttert und gingen nach der Rückfahrt ins Kino und dann ins Bett. Tue mich mit den Eiern schwer, da etwas mit dem Herd nicht stimmt und man sie auf sechs Minuten bestellen muss.

12. Juli 1937 – Montag

Paris

Montagmorgen zu American Express gegangen und Pourtalis, Iselin ausfindig gemacht und endlich wieder Kontakt mit Ann Reed aufgenommen. War ein mieser Tag, darum nachmittags im Kino »The Good Earth« [»Die gute Erde«] angeschaut.

13. Juli 1937 – Dienstag

Paris

Früh aufgestanden und nach Notre-Dame gegangen, um Kardinal Pacelli zu hören. Unglaublich voll, aber ich hängte mich an eine Amtsperson und konnte so einen guten Platz dicht am Altar ergattern. Sehr beeindruckende Zeremonie, die drei Stunden dauerte. Billings musste hinten in der Kirche ausharren. Mittagessen mit C. Offie, Bullitts Sekretär, und dann Ausflug nach Versailles, was sehr beeindruckend war. Fanden die Stallungen und wurden öffentlich angebrüllt. Abends Ann Reed zu Maurice Chevalier ausgeführt, erinnerte mich stark an das Old Howard. Ein bisschen herumgelaufen und dann ins Bett.

14. Juli 1937 – Mittwoch

Paris

Lang geschlafen und nachmittags die Weltausstellung besucht. Ziemlich enttäuschend, aber die Flugzeuge waren ein voller Erfolg. Abendessen mit Pourtalis, Iselin, Ann Semler etc. und dann den Menschenmengen zugesehen, wie sie auf den Straßen den 14. Juli feierten. Jonas in Harry's Bar getroffen und noch hier und dort reingeschaut. Alles scheint sich vor allem darum zu drehen, Champagner zu bestellen. Sehr unterhaltsamer Abend.

15. Juli 1937 – Donnerstag

Paris

Morgens rüber zu American Express gegangen und Bruce Lerner getroffen, der jetzt Schnurrbart trägt. Mittagessen mit Billings' Freunden aus Princeton, was recht interessant, aber teuer war. Nachmittags schnell durch den Louvre, den ich schon kannte. Abends noch einen Film geschaut und dann ins Bett gegangen. Einiges gelernt, wenngleich meine Kenntnisse ziemlich lückenhaft sind. Habe beschlossen, Gunthers »Inside Europe« zu lesen.

16. Juli 1937 – Freitag

Paris

Früh aufgestanden, nach einigem Fluchen, dann zu Napoleons Grab und durch den Invalidendom, der sehr interessant ist. Weiter zur Weltausstellung und auf den Eiffelturm raufgefahren, nachdem ich Billings endlich davon überzeugt hatte, dass das zu Fuß einen ziemlich langen Aufstieg bedeutet hätte. Nachmittags zur Conciergerie, in der Marie Antoinette gefangen gehalten wurde. Ziemlicher Gegensatz zu Versailles. Ging abends nochmal mit Ann Reed ins Kino, und Billings ging nach Hause.

17. Juli 1937 – Samstag

Paris, Chartres, Orléans

Endlich bereit, aus Paris abzureisen, nachdem wir unsere Fahrkarte für die President Harding, die, wie alle meinten, fürchterlich sein soll und neun Tage braucht, für die Washington umgetauscht haben. Werde dadurch zwei Tage zu spät ins Football Camp kommen, wobei es ohnehin so aussieht, als ob ich nicht spielen werde. Haben Jonas bei A. E. getroffen und sind dann nach Chartres aufgebrochen. Zwischenstopp in Versailles, um das Trianon zu besichtigen, wo wir sahen, was Marie Antoinette unter »einfachem Leben« verstand. Weiter nach Chartres – sehr beeindruckende Fenster, und abends fuhren wir nach Orléans, wo wir gegen 22 Uhr ankamen. – Mächtig Ärger im [Hotel] Montana.

18. Juli 1937 – Sonntag

Orléans, Chambord, Amboise

Gottesdienst in einer Kathedrale besucht und ein wenig herumgelaufen. Unglaublich, wie klein diese Stadt ist. Frankreich ist wirklich eine recht primitive Nation. Das Château von Chambord besichtigt, toller Anblick. Ein Jagdschloss mit Platz für 2000 Menschen. Das Dach ist angelegt wie ein Dorf – von Franz I. erbaut. Billings verlor sein Notizbuch und fing an zu jammern, konnte es aber mit Hilfe einer jungen Französin wiederfinden. Ein paar Engländer mitgenommen – einer von ihnen, Ward, ging aufs Trinity College in Cambridge. Er sagte, wir sollten seine »Witterung aufnehmen«, was zu diesem Zeitpunkt nicht schwer gewesen wäre. Roosevelt hielt er für den besten »Diktator«. In der Loire gebadet, die eine ganz schön starke Strömung hat, und dann weitergefahren. Besichtigten das Château in Blois und übernachteten in Amboise, um uns auch dort das Château anzusehen. Erinnerten uns an den Wachhund auf dem amerikanischen Ehrenfriedhof bei Château Thierry und beschlossen, in dieser Nacht lieber nicht hineinzugehen. Waren auf einem Volksfest und haben unseren Hund gewonnen. (Mutters Geburtstag.) Allee in Blois eindrucksvoll.

19. Juli 1937 – Montag

Amboise, Chenonceau, Angoulême

Nach dem Frühstück im Bett gegen zehn Uhr aufgestanden und das Château [Amboise] besichtigt, eine wirklich ungeheuer beeindruckende Festung. Sehr hohe Mauern, im Innern aber schön. Die Mauer der Verschwörer gesehen, an der 1500 gehängt wurden, und auch die Stelle, wo sich Karl VIII. den Kopf stieß und starb. Schließlich wurden wir vor die Tür gesetzt, dann weiter zum Schloss von Chenonceau, das im Wasser erbaut wurde und ebenfalls sehr beeindruckend ist. Hat uns von allen am besten gefallen. Fuhren durch nach Angoulême, über Tours und Poitiers, beide Städte wie ausgestorben, und übernachteten für 10 Francs pro Person.

20. Juli 1937 – Dienstag

Angoulême nach St. Jean-de-Luz

Abfahrt gegen elf Uhr. Gegen vierzehn Uhr zum Mittagessen eingekehrt. Hatten die üblichen Schwierigkeiten, unsere Reiseschecks einzulösen. Europa ist bei weitem nicht so touristenfreundlich, wie wir erwartet hatten. Sehr beeindruckt von den kleinen Bauernhöfen, an denen wir vorbeifuhren. Amerika weiß gar nicht, wie glücklich es sich schätzen kann. Die Menschen hier sind mit sehr wenig zufrieden, und sie haben auch nur sehr wenig, es ist also wirklich ein sehr biederes Land, zumindest außerhalb von Paris. Haben schließlich Pourtalis und Iselin getroffen. Ein Film und dann ins Bett – nach dem Club Cesari.

21. Juli 1937 – Mittwoch St.

Jean-de-Luz

Den ganzen Vormittag Briefe geschrieben und nachmittags am Strand gewesen. Abends ins Kino.

22. Juli 1937 – Donnerstag St.

Jean-de-Luz

Lange geschlafen. Nachmittags einem Pelota-Spiel zugesehen. Erinnerte mich an das Buch »Ramuntcho« [von Pierre Loti, 1897], in dem dieses Spiel erstmals beschrieben wird. Viel langsamer als Jai Alai, auch ein Spiel, das man mit Schlägern spielt. Schwimmen gegangen und dann am Abend, nach einer Cocktailparty bei den Wilsons, Boule gespielt – siebzig Francs verloren. Mit französischem Mädchen aus gewesen. Sehr strenge Sitten haben sie, verlangen eine Anstandsdame bis 21 oder so.

23. Juli 1937 – Freitag St.

Jean-de-Luz

Früh aufgestanden und runter an den Strand. Nachmittags Tennis, abends »The Plainsman« [»Held der Prärie«]. Gary Cooper und Indianer, die Französisch sprechen, sind das Eintrittsgeld wert.

24. Juli 1937 – Samstag St.

Jean-de-Luz

Von morgens bis nachmittags am Strand. Später nach Biarritz wegen Eintrittskarten für den Stierkampf.

Bin eher für die Regierung, nachdem ich jetzt Gunther lese, auch wenn St. Jean eine Rebellenhochburg ist. England lehnt Franco ab, damit das Mittelmeer kein faschistischer See wird. Frage, wie viel Einfluss Deutschland und Hitler haben. Russlands Position? Wie weit werden die Länder eingreifen, um ihrer Seite zum Sieg zu verhelfen? Welche Staatsform würde Franco haben? England und Deutschland?

25. Juli 1937 – Sonntag

St. Jean-de-Luz

Um zehn Uhr zum Hochamt in die Kirche, in der Ludwig XIV. Maria Theresia geheiratet hat. Sehr schön. Nach dem Mittagessen nach Biarritz – dann mit Wilson-Pourtalis-Iselin etc. runter zur spanischen Grenze gefahren und die Stadt Irun gesehen, die von den Rebellen bombardiert wurde. Geschichte von ausgehungertem Vater, der im Gefängnis eine Woche lang nichts zu essen bekam, dann ein Stück Fleisch erhielt, es aß – und schließlich den Leichnam seines Sohnes sah, aus dem ein Stück Fleisch herausgeschnitten war, stößt mich durchaus von der Regierung ab. Sie ist außerdem zu gespalten, um Spanien je zu vereinigen. England bewegt sich ein wenig auf Franco zu.

26. Juli 1937 – Montag

St. Jean-de-Luz

Stierkampf

Den ganzen Vormittag am Strand. Mrs. Mayer getroffen, die Frau des Gesandten in Haiti, die letzten Sommer Mutter und Kick in Berlin kennengelernt hat. Nachmittags zum Stierkampf gegangen. Sehr interessant, aber sehr grausam, besonders als der Stier das Pferd aufspießte. Glaube jetzt all die Gräuelgeschichten, da diese Südländer, etwa diese Franzosen und Spanier, Grausamkeiten regelrecht genießen. Am lustigsten fanden sie es, als das Pferd mit heraushängenden Gedärmen aus der Arena lief. Später ein paar Lanzen zu je 20 Cent gekauft.

27. Juli 1937 – Dienstag

Lourdes – Toulouse

28. Juli 1937 – Mittwoch

Toulouse

Toulouse sehr heiß. Warten einen Tag ab, bis es dem armen alten Billings besser geht. Lese Gunther weiter. Jetzt nicht mehr so überzeugt von Francos Sieg. Zeigt, dass man von seinem Umfeld leicht beeinflusst werden kann, wenn man keine Ahnung hat, und wie leicht es ist, zu glauben, was man glauben will, so wie es die Leute in St. Jean tun. Das Wichtigste in der Frage des Sieges ist: Wie weit werden Deutschland, Italien und Russland gehen, um ihrer Seite zum Sieg zu verhelfen, wie ernst ist es dem Komitee für Nichteinmischung, und was kommt am Ende dabei heraus ?

29. Juli 1937 – Donnerstag

Toulouse – Carcassonne – Cannes

Abfahrt aus Toulouse und Zwischenstopp in Carcassonne, einer mittelalterlichen Stadt in bestem Zustand – was man von Billings nicht gerade behaupten kann. Sehr interessant. Kamen gegen neun in Cannes an, nach 350 Meilen Fahrt, und gingen in ein ziemlich teures Hotel (35 Francs). Der Bedienungszuschlag beträgt 15 %, was der reinste Wucher ist. In Cannes scheint viel mehr los zu sein als in Biarritz. Bleiben hier, bis es dem »Invaliden« wieder gut geht. Ein ganz anderes Frankreich hier als das bedauernswerte verarmte Frankreich, durch das wir gefahren sind.

30. Juli 1937 – Freitag

Cannes

Vormittags schwimmen gegangen. Ein schöner Strand. Nachmittags geschlafen. Am Abend ins Palm Beach Casino gegangen und versucht, mit den amerikanischen Mädels anzubandeln, aber ohne Erfolg. Anschließend ein bisschen umgesehen. Billings hatte eine Verabredung mit Simone Corsica.

31. Juli 1937 – Samstag

Cannes – Monte Carlo

Spät aufgewacht – nicht gerade munter. Etwa eine Stunde am Strand gedöst und dann los via Nizza nach Monte Carlo. Beim Saint Cassien hoch durch die Berge. Sehr schön. Übernachtung in Monte Carlo für 15 Francs. Abends »Ben Hur« im Kino gesehen. Wurde nicht ins Casino eingelassen, schaffte es aber in den Sporting Club. Habe meinen Gewinn wieder verloren, ihnen vorher aber einen ganz schönen Schrecken eingejagt. Sehr hübsch dort – genau genommen der geschmackvollste Nachtclub, den ich kenne.

1. August 1937 – Sonntag

Monte Carlo – Savona

In die Kirche und dann an den Strand. Schafften es sogar kostenlos. Dort Jane Kaufman getroffen, die sehr elegant war. Die ersten hübschen Ausländerinnen gesehen. Am Nachmittag mit großen Schwierigkeiten die Grenze nach Italien überquert. Ein paar Hotelgutscheine gekauft. Die Straßen in Italien sind viel voller und belebter als in Frankreich, und das ganze Volk wirkt attraktiver. Der Faschismus scheint ihnen gutzutun.

2. August 1937 – Montag

Savona – Genua – Mailand

Nach einigem Ärger wegen unserer Hotelrechnung los via Genua nach Mailand. Übernachtung in einem Hotel mit faschistischem Besitzer, der in Abessinien gewesen war, das, wie er meint, leicht zu erobern, aber unangenehm war. Sehr beeindruckt von der Intelligenz einiger Kinder in Bobbys Alter und davon, wie straff organisiert sie alle wirken. Überall Mussolini-Bilder. Wie lange kann er sich ohne Geld halten, und wird er kämpfen, wenn er pleitegeht? Wenn nicht, kann ich mir nicht vorstellen, wie es bis 1945 oder 50 zum Krieg kommen kann. Auto im Kirchhof eingeschlossen.

3. August 1937 – Dienstag

Mailand – Piacenza

Lange geschlafen und nachmittags eine American-Express-Tour durch Mailand unternommen. Schöne Kathedrale, eine der größten der Welt.* Es liegt dort ein Kardinal mit jeder Menge Schmuck von Cellini etc. begraben. Sein Skelett wird alle 100 Jahre im Glassarg durch die Stadt getragen. Das letzte Mal, 1910, ging ein Teil des Glases kaputt, und sein Schädel verfärbte sich schwarz. Leonardo da Vincis »Letztes Abendmahl« gesehen. Billings hat es geschafft, mich verbotenerweise auf dem Friedhof zu fotografieren, kam aber mit dem Verschluss nicht klar. Dafür habe ich dann vergessen, richtig auszulösen, als ich ihn in der Kathedrale vor der Linse hatte. Wir haben also zwei gute mehr für unsere Sammlung. Fuhren weiter nach Piacenza. Habe Gunther fertig gelesen und komme zu dem Schluss, dass Faschismus das Richtige ist für Deutschland und Italien, Kommunismus für Russland und Demokratie für Amerika und England. Fand Gunthers Buch sehr interessant, er scheint allerdings für den Sozialismus und Kommunismus eingenommen zu sein und den Faschismus entschieden abzulehnen. Was sind die Übel des Faschismus im Vergleich mit dem Kommunismus ?

4. August 1937 – Mittwoch

Piacenza – Pisa

Fast nicht entkommen, da Billings beschuldigt wurde, Madames Handtuch zerrissen und die eine Hälfte auf dem Schreibtisch, die andere in der Toilette liegen gelassen zu haben. Großer Menschenauflauf und viel Gefluche auf Italienisch. Auf dem Weg nach Pisa einen jungen Deutschen mitgenommen, Martin. Sehr interessant, da er gegen die Nationalsozialisten und gegen Hitler war. Er erzählte uns von den vielen Übergriffen, unter denen sie zu leiden haben. Erzählte uns von dem Radiosender aus Russland, der den Deutschen drei Wochen im Voraus sagte, dass sie Lebensmittelkarten für Butter bekommen würden. Erzählte uns, wie sehr die Deutschen die Russen hassten. Sieht so aus, als würde der nächste Krieg aus dieser Richtung kommen, besonders da sich England und das übrige Europa von Russland zu distanzieren scheinen. Den Turm von Pisa besichtigt – und das Baptisterium mit seinem Echo, das wie eine Orgel klingt, und dann weiter in Richtung Rom, hielten in einer kleinen Stadt etwa 150 Kilometer davor.

5. August 1937 – Donnerstag

Rom

Martin und Krause – unseren anderen deutschen Mitfahrer – »geweckt«, nachdem sie die ganze Nacht im Auto verbracht hatten. Abfahrt nach Rom. Es ist verblüffend, mit wie wenig sie auskommen. Martin hatte am Tag zuvor ein paar Tomaten und etwas Brot zum Abendessen für eineinhalb Lire. Beschlossen, schwimmen zu gehen, und das war beinahe unser Ende, weil wir mehr als zwei Stunden brauchten, um das Auto aus dem Sand und wieder Luft in die Reifen zu bekommen. Erreichten Rom gegen halb sechs und gingen zu American Express, wo ich ein Telegramm von Dad erhielt und erfuhr, dass Mutter und Joe zusammen mit Kick auf dem Weg nach Europa sind. Setzten Martin und Krause ab und suchten uns dann ein Hotel. Abends ins Kolosseum »geschlichen«, das voller Menschen war. Sehr beeindruckend im Mondschein.

6. August 1937 – Freitag

Rom

Gegen neun aufgestanden – aber bis ich meine Schuhe hatte »polieren« lassen, was etwa 35 Minuten dauerte, war es schon nach elf, als wir bei Galeazzi ankamen, der dann nicht mehr da war. Versuchten es bei Cortesi – Korrespondent der New York Times. Er war auch nicht da, ebenso wenig wie Mr. Phillips, hatten aber wenigstens das Glück, Mr. Reed anzutreffen, Botschaftsrat – sehr einnehmender Bursche. Am Nachmittag Engelsburg (Grabmal Hadrians), Pantheon, Kolosseum, Forum besichtigt – komme zu dem Schluss, dass die Italiener das neugierigste Volk auf Erden sind – sie stecken ihre Nase in alles – und sei es nur, dass Billings sich selbige putzt. Galeazzi rief spät an und murmelte etwas von einer Audienz.

7. August 1937 – Samstag

Rom

Früh los zu Galeazzi, ihn angetroffen und erfahren, dass wir eine Audienz haben werden. In seine Wohnung gegangen und die drei Nichten von Bischof Spellman kennengelernt. In Galeazzis Auto zur Sommerresidenz des Papstes gefahren. Zunächst eine Privataudienz bei Kardinal Pacelli, der sich nach Mutter und Dad erkundigte. Er ist wirklich ein großer Mann, auch wenn sein Englisch eher dürftig ist. Anschließend eine Audienz beim Papst zusammen mit tausend anderen in einem brechend vollen Saal. Er sah sehr krank aus, hielt aber eine lange Rede. Danach Mittagessen und dann weiter nach Tivoli, um uns die Wasserspiele anzusehen, die unglaublich sind. Am außergewöhnlichsten ist der Brunnen, der mit dem Wasser, das durch ihn hindurchrauscht, Musik macht. Dann fuhren wir zurück nach Rom und aßen bei Galeazzi zu Abend. Er hielt mir einen Vortrag über die Vorzüge des Faschismus, und es schien tatsächlich etwas dran zu sein, besonders am Korporatismus, der offenbar wirklich ein interessanter Schritt nach vorn ist.

8. August 1937 – Sonntag

Rom – Neapel – Vesuv – Pompeji

Gottesdienst im Petersdom besucht, was unheimlich beeindruckend war, da es mit Abstand das schönste Gebäude ist, das wir bis jetzt gesehen haben. Danach direkt weiter nach Neapel, wo wir gegen zwei ankamen. Gleich erstmal 26 Lire für die Autostrada gezahlt und erfahren, dass es nur eine Möglichkeit gibt, Pompeji zu besichtigen: sich hineinschleichen – was wir auch taten. Weiter zum Vesuv und unterwegs zwei deutsche Soldaten mitgenommen. Der Wagen ächzte und quälte sich zum Gipfel hinauf. Inzwischen war es dunkel, und der Vesuv, der alle paar Minuten kleine Eruptionen ausstieß, war sehr beeindruckend. Machten dort oben ein paar Bilder und traten dann zusammen mit unserem Reiseführer, der sich als Dorf-Charmeur entpuppte, den Rückweg an. Mussten auf der Autostrada rasen, da wir unser Ticket verloren hatten, was ziemlich aufregend war. Schafften es spätabends noch, ein Zimmer zu bekommen; nach längerem Händchenhalten mit einem sehr unattraktiven Zimmermädchen bekamen wir sogar ein gutes Zimmer – müde, aber glücklich.

9. August 1937 – Montag

Capri – Rom