Das getupfte Band - Sir Arthur Conan Doyle - E-Book

Das getupfte Band E-Book

Sir Arthur Conan Doyle

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Beschreibung

Mysteriöse Umstände, ein seltsames Pfeifen und ein Todesfall halten Sherlock Holmes auf Trab: Als Helen Stoner den berühmten Detektiv bittet, den ungeklärten plötzlichen Tod ihrer Schwester kurz vor deren Hochzeit aufzuklären, ahnt diese noch nicht, dass sie bald selbst merkwürdige Dinge vor ihrer eigenen Hochzeit erleben wird. Die Spur führt Sherlock Holmes und Dr. Watson zu dem exzentrischen Stiefvater der Schwestern...-

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Sir Arthur Conan Doyle

Das getupfte Band

und andere Detektivgeschichten

Saga

Das getupfte BandCopyright © 1892, 2019 Arthur Conan Doyle und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726372458

1. Ebook-Auflage, 2019

Format: EPUB 2.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von SAGA Egmont gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk

– a part of Egmont www.egmont.com

Die Haushälterin hatte eben den Nachmittagstee hereingebracht. Nun zog sie die Vorhänge vor den Fenstern zu und zündete die Stehlampe an, die ein warmes Licht über den gedeckten Tisch warf. Das Feuer im Kamin verbreitete eine angenehme Wärme. Doktor Watson sass in einem bequemen Sessel und las, als sich die Türe öffnete und Sherlock Holmes eintrat. „Das ist heute mal wieder ein Nebel!“ sagte er und rieb sich die Hände vor dem Feuer warm. ,,Ein scheussliches Wetter draussen! Keinen Hund möchte man da hinausjagen!“ Dann wandte er sich dem Hausgenossen zu: „Was liest du denn da so interessiert, Doktor?“

Watson letzte rasch, fast in leichter Verlegenheit, die Blätter beiseite. Es waren eine Anzahl fortlaufender Nummern des „Telegraph“.

„Ach, nichts weiter“, sagte er in offensichtlichem Bemühen, der Sache keine weitere Bedeutung zuzuschreiben. „Komm, setz dich lieber her und trinke gleich einen heissen Tee, wenn du so ausgefroren bist.“

Damit füllte er ihm eine Tasse, rückte einen Sessel zurecht und bot ihm einen Teller mit belegten Broten an. Kaum hatte Holmes sich gelebt, so klingelte es. Sie stellten beide zugleich, wie auf Verabredung, ihre Tassen nieder und lauschten.

War es ein Besuch oder ein Ruf? Und wem von ihnen beiden mochte er gelten?

Dr. Watson hatte zwar seit seiner Rückkehr aus dem afghanischen Feldzug, an dem er als Militärarzt teilnahm, offiziell noch keine Praxis aufgenommen. Aber es kam doch vor, dass er gelegentlich, etwa bei Unglücksfällen, zur dringenden Hilfeleistung geholt wurde und sie dann selbstverständlich nicht verweigerte.

Die Haushälterin kam herein. „Ein Kind ist überfahren worden, Herr Doktor — —“

„ Ich komme“, unterbrach Watson ihren Bericht und stand sofort auf. Ein Mensch in Gefahr — da wurde jede Frage nach Zeit und Wetter gleichgültig für ihn. Er eilte hinaus, und Holmes hörte noch, wie er draussen mit einem Mädchen verhandelte, sich Name und Wohnung sagen liess, während er alles Nötige zur Hilfeleistung einpackte. Gleich darauf fiel die Haustüre ins Schloss. Frau Hudson kam mit ihrem schweren Schritt die Treppe herauf und verschwand in der Küche.

Es war wieder still geworden im Hause. Nichts war mehr zu hören, als das Aufflackern des Feuers im Kamin. Der Lärm der Strasse und der vorbeifahrenden Wagen drang nur gedämpft herauf, wie etwas Fernes, das die Abgeschlossenheit dieses Raumes nicht stören konnte.

Sherlock Holmes hatte seinen Lee getrunken. Nun sass er in behaglicher Entspannung zurückgelehnt in seinem Sessel und blickte gedankenverloren den blauen Wolken seiner Pfeife nach. Da fiel sein Blick auf die Zeitungen, die Watson achtlos liegengelassen hatte und er griff danach. Zuerst blieb sein Blick auf einem Artikel haften, in dem jemand sich weit und breit über die Notwendigkeit frühzeitiger Zahnpflege beim Kleinkind ausliess, dann folgte ein Bericht über den Stand der übertragbaren Krankheiten. Fachsimpelei, die nur Watson angeht, dachte Holmes und war schon im Begriff, den „Telegraph“ wieder wegzulegen, als er plötzlich seinen eigenen Namen darin entdeckte. „Aha, Watson scheint mal wieder unter die Schriftsteller gegangen zu sein!“ murmelte Holmes vor sich hin. Er überflog einige Spalten, lächelte, letzte die Pfeife aus der Hand, setzte sich bequem zurecht, suchte den Anfang und las:

Das getupfte Band

Wenn ich meine Aufzeichnungen von den vielen absonderlichen Fällen überblicke, an denen ich während der letzten Jahre das Verfahren meines Freundes Sherlock Holmes studiert habe, so finde ich darunter manche von tragischer, einige auch von komischer Art; viele lassen sich einfach nur als merkwürdig bezeichnen, aber keiner als alltäglich; denn da Holmes sich bei seiner Tätigkeit weit mehr von der Liebe zu seinem Beruf als von materiellem Gewinn bestimmen liess, so lehnte er seine Mitwirkung stets ab, wenn die Nachforschungen sich nicht auf einen ungewöhnlichen oder geradezu rätselhaften Vorgang richteten. Unter all diesen verschiedenartigen Fällen weiss ich mich jedoch keines zu entsinnen, der eine gleiche Fülle merkwürdiger Züge dargeboten hätte, wie der, welcher in der bekannten Familie der Roylotts von Stoke Moran in Surrey spielte. Dieses Ereignis fiel in die erste Zeit unseres gemeinsamen Junggesellenlebens in der Bakerstrasse. Ich würde es vielleicht früher schon veröffentlicht haben, wäre mir nicht Stillschweigen darüber auferlegt gewesen — eine Pflicht, von der mich erst jetzt der Tod der Dame entbunden hat, in deren Interesse jenes Versprechen gegeben worden war. Vielleicht ist es ganz gut, dass der wahre Sachverhalt jetzt ans Licht kommt, denn wie ich hörte, haben sich über den Tod des Dr. Grimesby Roylott in weiten Kreisen Gerüchte verbreitet, die jene Ereignisse noch grässlicher ausmalten, als sie in Wirklichkeit waren.

An einem Aprilmorgen erblickte ich beim Erwachen Holmes vollständig angekleidet an meinem Bett. Er stand sonst gewöhnlich spät auf, und da die Uhr auf dem Kaminsims erst ein Viertel nach sieben zeigte, so blinzelte ich ihn einigermassen überrascht, vielleicht sogar etwas ägerlich an, denn ich liess mich selbst nicht gerne in meinen Gewohnheiten stören.

„ Es tut mir sehr leid, dass ich dich wecken muss, Watson,“ sagte er, „aber es geht heute morgen keinem im Hause besser. Frau Hudson ist zuerst herausgeklopft worden, sie hat mich aufgeweckt, und jetzt kommt die Reihe an dich.“

„Was gibt es denn? Brennt es?“

„ Nein, eine Klientin ist da. Eine junge Dame von auswärts, die mich durchaus sprechen will. Sie soll in grosser Aufregung sein. Sie wartet unten im Empfangszimmer. Wenn sich aber cine junge Dame in solcher Morgenfrühe nach London aufmacht und die Leute aus den Federn treibt, so wird sie wohl einen triftigen Grund dafür haben. Einen wirklich interessanten Fall würdest du doch gewiss gern von Anfang an verfolgen. Ich wollte dich deshalb unter allen Umständen wecken, um dich dieser Gelegenheit nicht zu berauben.“

„Das war sehr nett von dir, mein lieber Junge, natürlich möchte ich sie um keinen Preis verpassen.“