Das Haus verlassen - Kat Menschik - E-Book

Das Haus verlassen E-Book

Kat Menschik

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Beschreibung

Eine poetische Geschichte voll leisem Humor über ein altes Feldsteinhaus, das sich nicht so ohne weiteres von seiner Besitzerin trennen möchte. Und über eine Besitzerin, die eigentlich fortgehen will ...  Es gibt Menschen, die wohnen nicht nur, sondern sie werden von den Eigenarten ihres Hauses magisch angezogen. Sie wollen seine Geschichte erfahren. Sie erforschen, wann das Haus erbaut wurde, wer zuvor darin lebte und wie es dem Haus dabei erging. Für sie ist ein Haus ein geheimnisvolles Wesen, das sich nicht jedem öffnet. So geht es auch der Erzählerin dieser Geschichte, als sie ein vereinsamtes kleines Feldsteinhaus auf dem Lande bezieht. Während die raubeinige Dorfgemeinschaft sie für ihre Bruchbude belächelt, beginnt sie, das 140 Jahre alte Haus wieder zum Leben zu erwecken – vom Dachboden bis zum Kellergewölbe, vom verwilderten Gemüsegarten bis zu den uralten Obstbäumen.  Doch manchmal kommt dann ein Zeitpunkt, da möchte man zu neuen Ufern aufbrechen. Als die Erzählerin nach zehn Jahren beschließt, ihr Haus zu verkaufen, muss sie feststellen: Man kann auch eine Haus-Beziehung nicht so einfach auflösen. Denn das Haus benimmt sich unerwartet widerspenstig und fremdelt, als sich die Bewerber die Klinke in die Hand geben …

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Seitenzahl: 66

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Jacqueline Kornmüller

Das Haus verlassen

Illustriert von Kat Menschik

Kurzübersicht

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Titelseite

Über Jacqueline Kornmüller

Über dieses Buch

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Hinweise zur Darstellung dieses E-Books

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Über Jacqueline Kornmüller

Jacqueline Kornmüller ist Regisseurin. Sie lebt in Wien, wo sie gemeinsam mit Peter Wolf u.a. die preisgekrönte Ganymed-Serie im Kunsthistorischen Museum initiierte. Zuletzt inszenierte sie Die unheimliche Bibliothek von Haruki Murakami im Wiener Odeon Theater und ließ sich hierfür u.a. von Kat Menschiks Illustrationen inspirieren (2022). 

Die Illustratorin

Kat Menschik ist freie Illustratorin. Ihre Reihe Lieblingsbücher gilt als eine der schönsten Buchreihen der Welt. Zahlreiche von ihr ausgestattete Bücher wurden prämiert. Zuletzt erschienen: Tomaten, Kat Menschiks & des Psychiaters Doctor medicinae Jakob Hein Illustrirtes Kompendium der psychoaktiven Pflanzen und Asta Nielsen: Im Paradies.

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Über dieses Buch

Eine poetische Geschichte voll leisem Humor über ein altes Feldsteinhaus, das sich nicht so ohne weiteres von seiner Besitzerin trennen möchte. Und über eine Besitzerin, die eigentlich fortgehen will ... 

Es gibt Menschen, die wohnen nicht nur, sondern sie werden von den Eigenarten ihres Hauses magisch angezogen. Sie wollen seine Geschichte erfahren. Sie erforschen, wann das Haus erbaut wurde, wer zuvor darin lebte und wie es dem Haus dabei erging. Für sie ist ein Haus ein geheimnisvolles Wesen, das sich nicht jedem öffnet.

So geht es auch der Erzählerin dieser Geschichte, als sie ein vereinsamtes kleines Feldsteinhaus auf dem Lande bezieht. Während die raubeinige Dorfgemeinschaft sie für ihre Bruchbude belächelt, beginnt sie, das 140 Jahre alte Haus wieder zum Leben zu erwecken – vom Dachboden bis zum Kellergewölbe, vom verwilderten Gemüsegarten bis zu den uralten Obstbäumen. 

Doch manchmal kommt dann ein Zeitpunkt, da möchte man zu neuen Ufern aufbrechen. Als die Erzählerin nach zehn Jahren beschließt, ihr Haus zu verkaufen, muss sie feststellen: Man kann auch eine Haus-Beziehung nicht so einfach auflösen. Denn das Haus benimmt sich unerwartet widerspenstig und fremdelt, als sich die Bewerber die Klinke in die Hand geben …

Inhaltsverzeichnis

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

Über das Buch

Japanisches Nachwort »Über das Buch«

1

Das Haus zu verlassen, macht mir keine Mühe. Die Tage ziehen ins Feld, die Träume verändern sich, und schließlich kann man sich auf jedem Flecken Erde niederlassen und ausruhen.

Die Idee, das Haus zu verlassen, entstand unmerklich. Zunächst waren es nur leise Stimmen, die in die Nacht gesagt, unbeantwortet blieben. Tag um Tag wurden die Stimmen lauter. Verkauf das Haus, sagten sie. Warum, war nicht die Frage. Verkauf das Haus! Irre Idee! Das Haus ist ein kluges altes Haus und nicht gewillt, leichtfertig verscheuert zu werden. Verkauf das Haus! Spinnst du? Verkauf das Haus! Schweig, still! Das Haus wird nicht verkauft.

Das Haus ist geduldig und langmütig. Es macht alles mit, ohne Murren und Klagen.

Zunächst war da nur der Keller. Der Keller war eigentlich kein Keller. In den 1870er-Jahren war er ein Vorratsraum. Ein Raum für alle im Dorf, die ihren Vorrat lagern wollten. Gemüse, Fleisch, Käse und Wein. Vielleicht auch Schnaps. Ein alter, ausgehöhlter Baumstamm, der jetzt über der Waschmaschine und dem Trockner hängt und wie ein Konstrukt, das seinen Sinn verloren hat, vor sich hin staubt, erinnert daran.

Ein Haus muss man lesen können. Was liest man denn? Man liest alle möglichen Versuche, am Leben gewesen zu sein.

140 Jahre später, als ich das Haus zum ersten Mal betrat, waren im Keller noch an alten Eisenhaken befestigte Stangen, an denen Gewürze, Kräuter und Speck hingen. Wer weiß, aus welchem Jahrzehnt. Der Keller. Das Fundament. Die Grube. Bei der alles beginnt und endet. Ein Stück Erde, tief genug, um alles darin verschwinden zu lassen, was vor dem Licht verborgen werden soll. Der Boden aus Erde, darüber ein Gewölbe aus Stein, versteckt hinter einer Tür. Lange Jahre liegt der Keller in absoluter Dunkelheit. Wartet vor sich hin. Bis einmal seine Tür geöffnet wird. Draußen stehen welche und starren in ihn hinein. Starren in die Dunkelheit hinein, als ob’s da was zu sehen gäbe oder zu riechen. Jenseits der schweren Tür liegt der Garten, ein kleiner Weg, der zu ihm führt. Zeit und Arbeit liegen um den Keller herum. Kirschen und Nüsse und ein paar wilde Pflaumen.

Erst später wird der Keller um eine Kammer erweitert, und gleich wird auch das Haus daraufgestellt, der Turm, wie ich ihn später nenne. Das könnte um 1900 herum passiert sein. Es ist ein Turm aus Steinen, der hier entsteht, denn das ist es, was es in dieser Gegend gibt. Steine. Steine und nochmal Steine. Steine, um ein Haus zu bauen, in dem ein Mensch leben soll, höchstens zwei. Allerhöchstens drei. Steinhülle für drei Personen.

Über die allerersten Bewohner des Hauses weiß ich nichts, aber sie haben ihre Spuren hinterlassen, ihre Hinterlassenschaften. Unterm Dach finde ich unzählige Holzrahmen für die Bienenzucht. Unterm Dach finde ich auch Skelette von Eichhörnchen. Viele Nussschalen und allerlei Knöchelchen, die ich stumm betrachte. Vor dem Haus finde ich bald eine Patronenhülse mit eingravierter Jahreszahl 1913. Im Keller finde ich eine Zahl. Sie steht auf einem Balken: 1874. Oft habe ich später nach der Balkenzahl gesucht, sie aber nie wieder gefunden. Das Haus hat mir die Zahl nur einmal gezeigt. Im Garten finde ich viele Bruchstücke von alten Dachziegeln. Im ehemaligen Hasenstall finde ich ein blankes Hasengerippe. Im Schuppen finde ich eine rostige Eisenkette mit einem Lederhalsband, eher für eine Ziege gedacht als für einen Hund. Und es gibt zwei vier Meter lange Stangen mit einem Eisenhaken dran, die ich in ihrer Gradlinigkeit und Nützlichkeit zutiefst bewundere. Wenn es um Lieblingsgegenstände ginge, die ich hier im Haus benennen dürfte, stünden die zwei Holzstangen ganz oben auf der Liste.

Der Entschluss, das Haus zu verlassen, steht also fest. Das heißt auch die Holzstangen, die Gerippe, die Nussschalen und die Hinterlassenschaften zu verlassen. Jetzt werden andere kommen. Und sie sind gekommen. Sie sahen mich an wie ich vor zehn Jahren den Keller. Als würde ich aus einer Höhle ans Licht treten, so fühlte ich mich unter der Betrachtung der neuen Besitzer. Bin ich jetzt selbst zum Keller geworden? Bin ich Keller?

2

Ich biete einen Platz an, aber es wird gestanden. Zurückhaltung auf der einen Seite, Vorsicht auf der anderen, man tastet sich aneinander heran.

Zuerst kam eine mögliche Hausbesitzerfamilie. Das Haus zeigte sich vorsichtig offen, aber nicht hundertprozentig überzeugt. Die Morgensonne schien, wir standen vorm Fenster. Das Fenster ist ein Fenster der Möglichkeiten. Blickt man hinaus, ist die Landschaft mal nah und mal fern. An dem Tag war sie weit weg. Man könnte sagen, die Landschaft war distanziert an dem Tag. Beim Rundgang durchs Haus verhielt sich das Haus ruhig. Es zeigte sich von einer bescheidenen Seite, wie ein scheues Mädchen, das nichts über seine Schönheit weiß.

Unten im Keller angekommen – der Keller, der nun schon seit zehn Jahren ein Bad ist, ein gewaltiges Bad in einem gewaltigen Gewölbe, hier könnte die Monroe baden, und sie wäre hingerissen –, unten im Keller angekommen, sah der Mann der Hausbesitzerfamilie, ein Beamter aus dem Innenministerium, das Bad an und das Bad sah den Mann an, und beide waren schockiert voneinander. Fast hatte ich das Gefühl, das Bad würde gleich rülpsen, so schockiert war es. Und auch der Mann war befremdet. Er war fremd in dem Bad, so befremdet, wie man von einem Bad nur sein kann. Wie kann ein Bad so fremd sein?