Das Haus Zamis 10 - Ernst Vlcek - E-Book

Das Haus Zamis 10 E-Book

Ernst Vlcek

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Beschreibung

Asmodi, dem Oberhaupt der Schwarzen Familie, ist die mächtige Zamis-Sippe ein Dorn im Auge. Um sie zu schwächen, ersinnt er einen perfiden Plan: Coco wird auf die Insel des Dämons Gorshat befohlen, wo sie ihr Herz Asmodi als Pfand überlassen soll - im Austausch gegen einen kalten Stein, den sie fortan in ihrer Brust tragen soll.
Als Coco sich bereits verloren glaubt, erscheint ihr ein hässlicher Gnom in einem Harlekinkostüm, der sich als Gesandter Merlins bezeichnet. Allerdings verlangt der unheimliche Zwerg für seine Hilfe eine ganz besondere Gegenleistung, die Coco erneut in tödliche Gefahr bringen würde ...


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Seitenzahl: 130

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

DAS KALTE HERZ

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Coco Zamis ist das jüngste von insgesamt sieben Kindern der Eltern Michael und Thekla Zamis, die in einer Villa im mondänen Wiener Stadtteil Hietzing leben. Schon früh spürt Coco, dass dem Einfluss und der hohen gesellschaftlichen Stellung ihrer Familie ein dunkles Geheimnis zugrunde liegt. Die Zamis sind Teil der sogenannten Schwarzen Familie, eines Zusammenschlusses von Vampiren, Werwölfen, Ghoulen und anderen unheimlichen Geschöpfen, die zumeist in Tarngestalt unter den Menschen leben und nur im Schutz der Dunkelheit und ausschließlich, wenn sie unter sich sind, ihren finsteren Gelüsten frönen.

Der Hexer Michael Zamis wanderte einst aus Russland nach Wien ein. Die Ehe mit Thekla Zamis, einer Tochter des Teufels, ist standesgemäß, auch wenn es um Theklas magische Fähigkeiten eher schlecht bestellt ist. Umso talentierter gerieten die Kinder, allen voran der älteste Bruder Georg und – Coco, die außerhalb der Sippe allerdings eher als unscheinbares Nesthäkchen wahrgenommen wird. Zudem kann sie dem Treiben und den »Werten«, für die ihre Sippe steht, wenig abgewinnen und fühlt sich stattdessen zu den Menschen hingezogen.

Während ihrer Hexenausbildung auf dem Schloss ihres Patenonkels lernt Coco ihre erste große Liebe Rupert Schwinger kennen. Als ihr schließlich zu einem vollwertigen Mitglied der Schwarzen Familie nur noch die Hexenweihe fehlt, meldet sich zum Sabbat auch Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie, an und erhebt Anspruch auf die erste Nacht mit Coco. Als sie sich weigert, wird Rupert Schwinger in den »Hüter des Hauses« verwandelt, ein untotes Geschöpf mit einem von Würmern zerfressenen Gesicht, das fortan ohne Erinnerung an sein früheres Leben über Coco wachen soll.

Cocos Verfehlung hat für die Zamis Konsequenzen. Ihre Stellung in Wien wird zunehmend angefochten. Nur Coco ist es zu verdanken, dass die Zamis über ihre Herausforderer aus der Sippe der Winkler-Forcas triumphieren. Auch Asmodi hat die Schmach, die Coco ihm zugefügt hat, nicht vergessen. Jedoch verzichtet er scheinbar großzügig auf weitere Maßnahmen, als ein unbekannter Dämon in London neben anderen Dämonen ausgerechnet Cocos Schwester Lydia entführt, um ihre Sippen in den Kampf gegen Asmodi zu zwingen. Tatsächlich gelingt es Coco, den Dämon zu enttarnen und zu vernichten – durch die Beschwörung des uralten Magiers Merlin, der sich auf Cocos Seite stellt.

Michael Zamis ist dennoch nicht davon überzeugt, dass seine Tochter »geläutert« ist. Er schickt Coco auf eine Lehrreise nach Amerika, auf der sie von befreundeten Dämonensippen lernen soll, was es heißt, »eine echte Hexe zu sein«. Allerdings entpuppen sich die Verbündeten durchweg als schwache Dämonen, die ihrerseits Cocos Hilfe bedürfen, um zu überleben. Bald darauf erhält Coco einen Hilferuf ihres Bruders Georg. Sie möge sofort auf die Burg des Dämons Gorshat in Montenegro kommen. Eine Falle? Coco macht sich auf den Weg ...

DAS KALTE HERZ

von Ernst Vlcek

Man kann mir alles Mögliche nachsagen. Etwa dass ich für eine Hexe von schwarzem Geblüt viel zu sentimental und zu rücksichtsvoll gegenüber den Sterblichen sei und dass deshalb nie eine richtige Dämonin aus mir werden könne. Solche Vorwürfe muss ich mir gefallen lassen, denn sie stimmen in der Tat. Es ist auch wahr, dass ich alles Böse verabscheue und schon manchen Sterblichen vor dem Zugriff meiner dämonischen Artgenossen geschützt habe und sogar gegen meinesgleichen aktiv geworden bin, um Unrecht zu verhindern. Und es stimmt, dass ich schon oft nahe daran war, mich in einen Sterblichen zu verlieben und deshalb meine Sippe fast zum Gespött innerhalb der Schwarzen Familie der Dämonen gemacht hätte. Eines aber kann man gewiss nicht über mich behaupten, nämlich dass ich mir nicht trotz allem einen ausgeprägten Familiensinn bewahrt hätte. Mein Vater Michael, meine Mutter und meine Geschwister standen mir näher als alle anderen Dämonen und, das glaube ich sagen zu können, auch näher als alle Menschen. Obwohl, in dieser Beziehung wurde ich noch nicht ernsthaft auf die Probe gestellt.

1. Kapitel

Als mich während meiner Reise durch die USA eine magische Botschaft meines Bruders Georg erreichte, leistete ich seinem Ruf augenblicklich Folge. Ich befand mich gerade auf Achse und sollte, nach dem Willen meines Vaters, bei verschiedenen Dämonen in die Lehre gehen, um die magische Kunst von der Pike auf zu erlernen und dabei gleichzeitig auch zum Bösen bekehrt zu werden. Letzteres war bislang nicht eingetreten, und was die magischen Praktiken betraf, so hatte sich gezeigt, dass ich zumeist stärker war als meine Lehrmeister.

Die Nachricht meines Bruders Georg beendete meine Tour vorläufig. Ich war gerade in einem New Yorker Luxushotel abgestiegen, sah fern und überlegte mir, wie ich am effektvollsten Kontakt zu den in dieser Millionenstadt ansässigen Dämonenfamilien aufnehmen könnte, als es eine Bildstörung gab. In dem auf dem Schirm herrschenden Bildsalat kristallisierte sich auf einmal das Gesicht meines Bruders heraus. Er wirkte sehr ernst, und als er sprach, klang seine Stimme bedrückt und unheilschwanger.

»Coco«, sagte er, »ich weiß, dass du mich in diesem Augenblick hören kannst, obwohl diese Verbindung nur einseitig besteht. Da die Zeit drängt, kann ich keinen stärkeren Zauber erwirken. Deshalb höre gut zu, was ich dir zu sagen habe. Ich kann es nicht wiederholen, und du kannst mich nicht befragen. Asmodi plant wieder eine Intrige gegen unsere Sippe. Es scheint, dass er uns Zamis eliminieren will, ohne dass ein Verdacht auf ihn fällt. Diesmal hat er dich und mich aufs Korn genommen. Ich habe erfahren, dass er einen großen Sabbat plant, bei dem er uns eins auswischen will. Sein Ruf wird bald an dich ergehen, aber es wäre wichtig, dass du schon vorher am Ort des Sabbats auftauchst, damit wir besprechen können, was wir gegen diesen hinterhältigen Anschlag unternehmen können. Sieh also zu, dass du so schnell wie möglich nach Montenegro kommst. Begib dich in den Ort Virpazar, der am Skutari-See liegt. Es genügt, dass du da bist, ich werde dich schon finden. Aber sei vorsichtig und hüte dich vor dem Dämon Gorshat ...«

Georgs Stimme war immer leiser geworden, dann verblasste sein Bild, und die reguläre Sendung ging weiter. Es erschien mir wie ein Hohn der dunklen Mächte, dass gerade ein Horrorfilm lief. Wie alle diese Produkte war dieser Film überaus naiv und ging weit an der Wirklichkeit vorbei. Man merkte deutlich, dass die Produzenten nicht an die Existenz übernatürlicher Mächte glaubten. Das war der grundlegende Fehler der Menschen. Wenn sie den unerklärlichen Phänomenen, die ständig rings um sie passierten, mehr Aufmerksamkeit geschenkt hätten, wären sie längst auf die Existenz der Dämonen aufmerksam geworden, und die Schwarze Familie hätte auf Erden keine solche Macht. So unverwundbar, wie es scheint, sind die Dämonen nämlich gar nicht. Aber wie sollen die Menschen eine Gefahr bekämpfen, die sie gar nicht wahrnehmen – ja, die sie anscheinend gar nicht sehen wollen?

Asmodi, Fürst der Finsternis und Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hatte deshalb leichtes Spiel mit den Sterblichen, und seine Horden der Nacht fanden immer wieder mühelos willige Opfer. Ich, die ich versuchte, die Menschen vor Schaden zu bewahren, kämpfte bei der Übermacht der Dämonen schier gegen Windmühlenflügel an. Aber solche Gedanken waren angesichts der Bedrohung, die gegen meine Person gerichtet war, eigentlich müßig. Wenn Georg sich zu einer Warnung entschlossen hatte, so kam das nicht von ungefähr. Mein Bruder besaß überragende magische Fähigkeiten, und ich glaubte, dass er sogar meinen Vater übertraf, deshalb nahm ich seine Botschaft umso ernster und machte mich sofort auf den Weg nach Europa, noch bevor ich die New Yorker Dämonenfamilien überhaupt kontaktiert hatte.

Tags darauf erreichte ich Virpazar, das kleine montenegrinische Städtchen am Skutari-See, in das mich mein Bruder bestellt hatte. Aber von Georg war keine Spur zu finden. Ich versuchte alles Mögliche, wenn auch mit der gebotenen Vorsicht, um ein Lebenszeichen von ihm zu erhalten, doch bekam ich keine Antwort. Also nutzte ich die Zeit, um einige Nachforschungen anzustellen und Informationen über den Dämon Gorshat zu bekommen, von dem, nach Georgs Aussage, die Bedrohung gegen uns beide ausging. Dabei hielt ich mich – vor allem aus Gründen der Vorsicht – an Sterbliche. Obwohl selbst die abergläubischsten Menschen – und deren gab es in dieser Gegend genügend – keine Ahnung vom wahren Treiben der Dämonen haben, sind sie trotzdem brauchbare Informanten. Im Lebensbereich eines Dämons gibt es gewöhnlich genügend Vorkommnisse, die auf seine Existenz und auf sein spezielles Wirken schließen lassen, man muss nur die Volksmeinung richtig zu deuten wissen.

Zwei Stunden nach meinem Eintreffen hatte ich die richtigen Leute gefunden. Es war eine Fischerfamilie namens Djilas, die am Ortsrand und direkt am Ufer des Skutari-Sees wohnte. Der Vater lebte mit seiner Frau, seinem jüngsten Sohn Marko und zwei Mädchen von acht und elf Jahren zusammen. Drei ältere Söhne hatten bereits selbst Familien gegründet und lebten in nächster Umgebung. Eine zweiundzwanzigjährige Tochter war vor fünf Jahren nach Amerika ausgewandert und stand mit ihrer Familie in regem Briefkontakt. Ich suggerierte den Djilas ein, dass ich diese Tochter sei und mich für einen kurzen Heimaturlaub eingefunden hätte. Auf diese Weise fand ich freundliche Aufnahme und für kurze Zeit einen Unterschlupf. Zwar erregte ich im Bekanntenkreis der Djilas' einiges Aufsehen, aber wenigstens niemandes Misstrauen.

Es würde zu weit führen, an dieser Stelle näher auf die einzelnen Familienmitglieder einzugehen, denn bis auf den jüngsten Sohn Marko waren sie ohne besondere Bedeutung für mich. Ihn, der etwa in meinem Alter war, machte ich zu meinem Gespielen, ohne dabei jedoch die Grenze des Anstands zu überschreiten. Mein Verhältnis zu ihm war rein kameradschaftlicher Natur, keine Spur von Sex, denn Marko war anderweitig verliebt. Aber es war eine unglückliche Liebe und mit einem furchtbaren Geheimnis verbunden, das Marko in sich trug.

Sein Vater machte mir gegenüber einmal eine entsprechende Andeutung.

»Sprich du mit ihm, Mila«, bat er mich. »Vielleicht hört er auf dich als seine Schwester, die es in der Fremde zu etwas gebracht hat. Marko ist drauf und dran, für dieses Mädchen seine Seele zu geben. Er tut für sie Dinge – abscheuliche Dinge, über die ich nicht einmal zu reden wage. Wenn du es genauer wissen willst, dann komm heute Abend in den Stall. Ich bin bereit, für diesen Zweck ein Lamm zu schlachten. Nur damit du siehst, was Marko mit dem toten Tier anstellt. Und dann, Mila, sprich bitte mit deinem Bruder. Vielleicht kannst du ihn von diesem Wahn, von seiner Besessenheit heilen.«

Und dann bekreuzigte er sich, dass mich eine Schmerzwoge wie von tausend Nadelstichen überkam.

Nach Einbruch der Dämmerung ging ich in den Stall und beobachtete aus einem sicheren Versteck das geschlachtete Lamm. Bald darauf kam Marko hereingeschlichen. Er entzündete neben dem toten Tier eine Laterne. Als der Schein sein Gesicht traf, sah ich, dass es schweißbedeckt und seltsam verzerrt war. Seine Gesichtsmuskeln zuckten, so als kämpfe er gegen einen inneren Widerwillen an, doch dann führte er die grausige Tat entgegen aller seelischer Widerstände aus. Er holte ein rostiges Medizinerbesteck heraus und hob dem toten Tier vorsichtig die Augen aus den Höhlen. Dabei war er sehr darauf bedacht, die starren Sehorgane des Lammes nicht zu verletzen. Als er sie freigelegt hatte, füllte er einen Darmbeutel mit dem Blut des Tieres, trennte die Sehnerven ab und verstaute die Augen des Lammes in dem Blutbeutel, den er gewissenhaft verschloss. Danach keuchte Marko, als hätte er Schwerstarbeit verrichtet. Er pustete die Laterne aus und schlich sich aus dem Stall.

Ich folgte ihm, weil es mich interessierte, wohin er mit seiner makabren Beute wollte. Marko ging zum Seeufer und dann daran entlang, bis er zu einem Damm kam, der weit in den Schilfgürtel hineinreichte. Hier sollte einmal eine Straße über den See gebaut werden, aber niemand konnte sagen, wann und ob sie überhaupt jemals fertiggestellt werden würde, denn die Fischer, die Angst um ihren Broterwerb hatten, sabotierten dieses Projekt. Der Damm aber ragte bereits einige hundert Meter in den See hinaus.

Marko schritt bis zu seinem Ende und verschwand dann links im Schilf. Ich hörte die Geräusche seiner Stiefel im seichten Wasser, und an der Schneise im Schilf sah ich, welchen Weg er genommen hatte. Da ich mit einer solchen Entwicklung nicht gerechnet hatte und nicht das entsprechende Schuhwerk trug, suchte ich nach einer anderen Möglichkeit, Marko zu folgen. Schließlich wollte ich mir keine nassen Füße holen. Zwanzig Schritte den Damm hinunter fand ich eines der kiellosen Fischerboote. Es machte zwar keinen besonders vertrauenerweckenden Eindruck, würde meinen Zwecken aber genügen.

Ohne lange zu überlegen, stieß ich es ins seichte Wasser und stakte es in den Schilfgürtel hinein. Das Schilf war so hoch, dass es mich um Armlänge überragte und ich keine drei Meter weit sehen konnte. Aber ich besaß ein scharfes Gehör und brauchte nur den Geräuschen zu folgen, die Marko verursachte. Bald hatte ich die Schneise gefunden, die er beim Durchwaten getreten hatte, und ich kam rascher vorwärts. Schließlich gelangte ich in eine Fahrrinne, die an einer kleinen Insel vorbeiführte. Marko, der nun bis über die Knie im Wasser war, steuerte darauf zu. Er erreichte die etwa zehn Meter breite Insel und verschwand hinter den Büschen. Nachdem er nicht mehr zu sehen war, stakte ich mit dem Boot darauf zu. Das knirschende Geräusch des auf Grund laufenden Bootes klang verräterisch laut in meinen Ohren. Marko schien es jedoch nicht gehört zu haben, denn er kam nicht, um nachzusehen.

Ich stieg an Land, und als ich die Hecke erreichte, sah ich über sie hinweg Marko. Er kauerte auf der anderen Seite und rief mit verhaltener Stimme in das von einer leichten Brise bewegte Schilf: »Silja! Silja! Ich bin es. Dein Geliebter ist da.«

Mir war sofort klar, dass Silja nur der Name des Mädchens sein konnte, das seine heimliche Liebe war. Marko rief immer wieder ihren Namen und fügte hinzu, dass er es sei. Er wiederholte sich ständig, nur einmal gebrauchte er eine andere Variante.

»Ich habe dir mitgebracht, was du begehrst, Silja«, rief er eindringlicher als sonst.

Und als sei dies eine besondere Beschwörungsformel, hatte er diesmal Erfolg. Im Schilf war ein Rascheln zu hören, als näherte sich von dort ein wuchtiger Körper und klatschte in gleichbleibendem Rhythmus aufs Wasser.

Plötzlich teilte sich das Schilf – und etwas Monströses trat hervor. Obwohl ich an allerhand Schrecken gewöhnt war und mir auch der Anblick der abscheulichsten Monstren nicht fremd war, zuckte ich beim Auftauchen dieses Dinges unwillkürlich zusammen. Immerhin hatte ich damit gerechnet, ein weibliches Wesen zu erblicken.

Marko dagegen war nicht überrascht. Er wich zwar zwei Schritte zurück, jedoch nicht aus Angst oder Ekel, sondern bloß, um dem Monstrum Platz zu machen.

Es war das sonderbarste Wesen, das ich je erblickt hatte. Nachdem ich mich von meiner ersten Überraschung erholt hatte, registrierte ich einige Einzelheiten, die dieses Geschöpf noch seltsamer und unwirklicher erscheinen ließen. Im ersten Moment hatte ich den Eindruck eines unförmigen Fleischberges gehabt, der auf dicken, ungelenken Pseudopodien wandelte. Aber bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass die Extremitäten, sowohl Beine als auch Arme, von verschiedenen Wesen zu stammen schienen.

Der eine Arm war pelzig, wie von einem Bären. Der andere Arm dagegen war geschuppt, als sei er mit Fischhaut überzogen. Auch über die linke Schulterpartie zog sich eine gefleckte Fischhaut, dazwischen gab es jedoch kleine, gefiederte Inseln wie von einem Vogel. Und der Unterleib schien von einem Wolf zu stammen; zumindest spannte sich um die Lenden dieser scheußlichen Chimäre ein Wolfsfell.