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Der Roman "Das Herz im Zwielicht" von Emma Sonnensteiner erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die sich in einem emotionalen Wirrwarr zwischen zwei Männern wiederfindet. Die Handlung spielt in einer idyllischen, ländlichen Umgebung, die von Pferden, Kutschen und verträumten Landschaften geprägt ist. Im Mittelpunkt steht Nina, die nach einem schmerzhaften Verlust versucht, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Während sie eine Beziehung zu Jakob, einem charmanten alten Bekannten, aufbaut, bleibt Lukas, ihr Ehemann, in ihrem Herzen präsent. Als Lukas plötzlich in ihr Leben zurückkehrt, beginnt eine schmerzhafte Dreiecksbeziehung, in der sich Nina zwischen der Vergangenheit und einer neuen Zukunft entscheiden muss. Die emotionale Spannung wird durch zahlreiche Wendungen verstärkt, als alte Geheimnisse und neue Herausforderungen ans Licht kommen. Die Geschichte ist voller dramatischer Momente, Liebesgeständnisse, verbotener Küsse und tragischer Ereignisse, die die Figuren auf eine harte Probe stellen.
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Seitenzahl: 201
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Über die Autorin:
Emma Sonnensteiner ist eine aufstrebende, junge Autorin, die mit ihren gefühlvollen und kitschigen Liebesromanen ein breites Publikum begeistert. Geboren in einer kleinen Stadt in Bayern, entwickelte sie schon früh eine Leidenschaft für Geschichten, die von großen Gefühlen, verbotenen Romanzen und dramatischen Wendungen geprägt sind. Inspiriert von den klassischen Liebesromanen des 19. Jahrhunderts und moderner romantischer Literatur, verbindet Sonnensteiner Nostalgie mit zeitgemäßen Themen, was ihren Romanen eine einzigartige Note verleiht.
Emma begann ihre literarische Reise bereits in ihrer Jugend, als sie Gedichte und Kurzgeschichten für Freunde und Familie schrieb. Ihr großes Interesse an historischen Epochen, insbesondere an der Romantik, prägte ihren Schreibstil. Ihre Texte sind oft voller nostalgischer Elemente, wie Pferde, Kutschen und verträumte Landschaften, die ihre Leser in eine andere Zeit entführen.
Titel: Das Herz im Zwielicht
Kapitel 1: Das Glitzern der Vergangenheit
Nina stand an der Schwelle des alten Pferdestalls, während das Licht der untergehenden Sonne die Szenerie in ein warmes, goldenes Leuchten tauchte. Es roch nach Heu, Leder und der Erinnerung an eine Zeit, die für sie immer wie ein Märchen gewesen war. Ihre Hand ruhte auf der alten Holztür, die so oft unter den schnellen, flinken Fingern von Tom geöffnet worden war. Sie lächelte schwach, als ihr Blick über die sanft wiegenden Pferde im Stall schweifte. So viele Stunden hatten sie hier zusammen verbracht, als sie noch Kinder waren.
"Da bist du ja." Die Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Es war Lukas, der auf leisen Sohlen hinter sie getreten war. Er trug, wie immer, seine Jeans mit den leichten Abnutzungsspuren, ein zu großes Hemd, und sein verschmitztes Lächeln lag wie eine Einladung auf seinen Lippen. Nina spürte, wie ihr Herz einen winzigen Sprung machte. Lukas hatte die Fähigkeit, selbst die schwerste Stimmung leicht werden zu lassen, und seit sie vor einem Monat zurückgekehrt war, hatte er nicht aufgehört, sie mit seiner Präsenz zu überraschen.
"Ich konnte nicht anders", sagte Nina und sah ihn mit einem entschuldigenden Lächeln an. "Der alte Stall hat so viele Erinnerungen... Ich musste einfach nochmal hierher."
Lukas nickte, trat zu ihr und legte sanft seine Hand auf ihre Schulter. Für einen Moment sahen sie schweigend hinaus in die Dämmerung, wo die Felder in sanften Wellen dahinglitten und die ersten Sterne am Himmel zu funkeln begannen. Es war dieser friedliche Ort, den Nina einst so sehr geliebt hatte – und den sie vor Jahren verlassen hatte, als die Sehnsucht nach einem Leben in der Stadt, nach mehr Freiheit, sie fortgezogen hatte. Doch jetzt war sie zurück, und die alten Gefühle mischten sich mit der Erkenntnis, dass sich das Leben verändert hatte.
Nina wusste, warum sie hier war. Sie wusste auch, dass die Erinnerung an Tom, der in jeder Ecke dieses Hofes zu spüren war, sie nicht loslassen würde. Tom, ihre erste große Liebe. Tom, der Mann, der sie einst durch diese alten Türen geführt und ihr das Reiten beigebracht hatte. Doch es war nicht nur die Nostalgie, die sie hierherführte – es war auch das Wissen, dass Lukas schon damals immer in ihrer Nähe gewesen war, auch wenn sie ihn nie so gesehen hatte wie Tom.
"Wollen wir eine Runde reiten?", fragte Lukas plötzlich und sah sie erwartungsvoll an. Seine Augen blitzten, und für einen Moment schien es, als wäre die Zeit stehen geblieben. Eine Erinnerung schlich sich in ihr Herz – eine Erinnerung an die Nächte, in denen sie zu dritt durch die Wälder geritten waren, mit nichts als dem Mondlicht und dem Klang der Pferdehufe auf dem Kiesweg.
"Ja", sagte Nina schließlich, als sie ihn anlächelte. "Warum nicht."
Wenig später saßen sie auf den Pferden, die durch die kühle Abendluft schnaubten. Lukas ritt voran, sein Pferd kannte den Weg wie von selbst, und Nina folgte ihm. Der Wind strich durch ihr Haar, und das dumpfe Klopfen der Hufe auf dem Boden erfüllte die Stille der Dämmerung. Für einen Moment fühlte sie sich wieder wie das Mädchen, das sie einst gewesen war – voller Hoffnung und Träume.
Als sie eine Weile geritten waren, hielt Lukas an einer kleinen Anhöhe an. Von hier aus konnte man das alte Herrenhaus in der Ferne sehen, und die Lichter, die darin glommen, wirkten wie Versprechen einer Wärme, die sie in dieser kalten Novembernacht noch stärker spürte. Er sah zu ihr hinüber, und in seinem Blick lag etwas, das Nina beunruhigte – eine Mischung aus Zuneigung und etwas, das sie nicht ganz benennen konnte. Sie wusste, dass Lukas immer eine besondere Rolle in ihrem Leben gespielt hatte, aber jetzt, wo Tom nicht mehr da war, schien sich diese Rolle zu verändern.
"Ich bin froh, dass du zurückgekommen bist", sagte Lukas leise, und seine Stimme klang anders als sonst – ehrlicher, verletzlicher. "Ich weiß, dass es schwer ist, zurück an all die Orte zu kommen, die dich an ihn erinnern."
Nina nickte, fühlte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Es war schwer, ja. Tom war nicht mehr da, und sie hatte ihn geliebt – und doch war da auch Lukas, der immer noch hier war, mit seiner unerschütterlichen Präsenz, mit seinen stillen Augen, die sie immer ansahen, als wäre sie das Einzige, was zählte. Plötzlich schien die Welt um sie herum stillzustehen, und all die Jahre, die sie fort gewesen war, fühlten sich wie ein Wimpernschlag an.
"Lukas", sagte sie leise, ihre Stimme bebte, "ich..."
Doch bevor sie weitersprechen konnte, beugte sich Lukas zu ihr herüber, und seine Lippen berührten die ihren. Es war ein zögerlicher Kuss, vorsichtig, als wolle er sie nicht erschrecken – doch es war auch ein Kuss, der all die unausgesprochenen Worte, all die stillen Blicke und versteckten Gefühle der letzten Jahre in sich trug.
Nina zog sich zurück, sah ihn an, und ihr Herz klopfte wild. Sie wusste, dass sie in einem Moment gefangen war, der alles verändern konnte. Zwischen der Erinnerung an Tom und dem Hier und Jetzt, zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart.
Und tief in ihrem Herzen wusste sie, dass die Entscheidung, die sie jetzt treffen musste, eine war, die sie nicht länger hinauszögern konnte.
Kapitel 2: Das Flüstern der Zweifel
Nina ritt schweigend neben Lukas her. Sein Kuss hatte sie aus der Zeit gerissen, eine Blase um sie geschaffen, die sich jetzt, im trüben Mondschein, anfühlte wie eine gefährliche Mischung aus Vergangenheit und Gegenwart. Jeder Schritt ihres Pferdes war wie ein Echo, das in ihrem Kopf widerhallte – eine Erinnerung an das, was sie einst geglaubt hatte zu wissen, und das, was nun plötzlich vor ihr lag.
Warum hatte Lukas sie geküsst? Warum gerade jetzt, warum an diesem Ort, der voller Erinnerungen an Tom steckte? In den letzten Wochen hatte sie oft seine Nähe gesucht, aber immer mit der unsichtbaren Grenze, die ihre Trauer für Tom gezogen hatte. Doch jetzt war alles anders – eine neue Spannung lag in der Luft, eine, die sie nicht einordnen konnte.
"Es tut mir leid", sagte Lukas plötzlich, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Sie sah hinüber zu ihm. Der Mond warf einen silbernen Schein auf sein Gesicht, und in seinen Augen lag eine Unsicherheit, die sie noch nie bei ihm gesehen hatte. Er wirkte plötzlich verletzlich, beinahe wie ein Junge, der nicht wusste, ob er etwas falsch gemacht hatte.
"Nein", erwiderte Nina schnell. "Nein, du musst dich nicht entschuldigen." Ihre Worte kamen zu hastig, als wolle sie damit nicht nur ihn, sondern auch sich selbst beruhigen. Doch die Wahrheit war, sie wusste nicht, was sie fühlte. Lukas bedeutete ihr viel, mehr als sie je zugegeben hatte – selbst vor sich selbst. Doch der Gedanke an Tom schien sie wie eine Kette an die Vergangenheit zu binden. Tom, der Mann, den sie geliebt hatte, der sie wie ein warmer Sonnenstrahl durch die kühlen Tage des Lebens begleitet hatte. Und nun, plötzlich, diese andere Wärme, eine, die so anders war, die sich wie ein leises Feuer anfühlte, das gefährlich zu lodern begann.
"Lukas", begann sie zögernd, "ich... ich weiß nicht, ob ich das kann." Ihre Stimme brach, und sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Es war, als hätte Lukas eine Tür geöffnet, die sie nicht hatte öffnen wollen, nicht jetzt, nicht so.
Lukas schwieg. Stattdessen nahm er die Zügel fester in die Hand und führte sie weiter durch die Dunkelheit, weg von der Lichtung, die sie zu lange an ihre Gefühle erinnert hatte. Er schien nach Worten zu suchen, doch sie kamen nicht. Das Schweigen zwischen ihnen war schwer, voller unausgesprochener Gedanken, voller Spannung, die fast greifbar war.
Als sie schließlich den Hof erreichten und von den Pferden abstiegen, schien die Kälte der Nacht die Stimmung zwischen ihnen noch zu verstärken. Lukas trat zu ihr, sein Blick fest auf ihre Augen gerichtet. In seinem Gesicht war keine Spur von dem schelmischen Lächeln, das sie so oft an ihm liebte. Stattdessen war da diese Ernsthaftigkeit, die sie zutiefst verunsicherte.
"Nina, ich will dich nicht drängen", sagte er schließlich, und seine Stimme klang brüchig, "aber ich kann auch nicht mehr so tun, als ob ich nicht schon immer etwas für dich empfunden hätte. Du warst immer das Mädchen, das ich haben wollte – auch wenn du immer bei Tom warst." Ein leises Zittern begleitete seine Worte, und Nina spürte den Kloß in ihrem Hals, als sie versuchte, ihre Gefühle in Worte zu fassen.
Sie konnte nicht antworten. Stattdessen drehte sie sich um und lief hinüber zur Scheune, wo das warme Licht durch die Fenster fiel. Sie brauchte Abstand. Abstand von Lukas, Abstand von sich selbst, von all den widersprüchlichen Gefühlen, die sie zu ersticken schienen. Doch als sie die Tür der Scheune öffnete, blieb sie wie angewurzelt stehen.
Da stand er. Tom.
Nein, das war nicht möglich. Das war nicht Tom. Ihr Blick schärfte sich, und sie erkannte, dass es Jakob war – Tom's älterer Bruder. Er sah ihr mit denselben durchdringenden Augen entgegen, die auch Tom gehabt hatte, und für einen Moment schien die Welt stillzustehen. Jakob trat aus dem Schatten, ein müdes Lächeln auf den Lippen. Sein Blick wanderte zu den Pferden und dann zu Lukas, der in einigem Abstand stehen geblieben war.
"Ich wusste, dass ich dich hier finden würde, Nina", sagte er leise. Seine Stimme war tief, und es schwang etwas Unergründliches mit. Etwas, das sie immer verwirrte, selbst damals, als sie mit Tom zusammen gewesen war. Jakob hatte ihr immer ein wenig Angst gemacht – er war wie eine undurchdringliche Wand, hinter der sie nie ganz hatte sehen können.
"Jakob", sagte sie, mehr eine Feststellung als eine Begrüßung. Ihre Stimme klang fremd, selbst für ihre eigenen Ohren. Warum war er hier? Warum ausgerechnet jetzt? Die Spannung in der Luft schien sich zu verdoppeln, als Lukas einen Schritt auf sie zu machte, die Stirn in Falten gelegt, als hätte er den unausgesprochenen Konkurrenzkampf, der in diesem Moment begann, gespürt.
"Ich wollte nur nach dir sehen", sagte Jakob und ging langsam auf sie zu. Seine Augen musterten sie, als ob er etwas an ihr suchte, etwas, das er noch nicht kannte. "Es ist lange her, und ich habe dich vermisst." Seine Worte trafen sie wie ein unerwarteter Schlag, und sie wusste, dass diese Nacht nicht einfach enden würde.
Zwischen den beiden Männern fühlte Nina sich plötzlich verloren, hin- und hergerissen zwischen den Erinnerungen an Tom, der Zuneigung zu Lukas, und der mysteriösen Anziehungskraft Jakobs, die sie nie ganz verstanden hatte. Es war, als stünden sie an einem Scheideweg, einem, an dem jedes mögliche Ziel Gefahr und Herzschmerz versprach.
Kapitel 3: Verbotene Versprechen
Nina fühlte sich, als hätte jemand ihr Leben aus den Fugen gerissen. In der folgenden Woche schien sich alles nur noch schneller zu drehen. Die Nachricht, dass Jakob wieder da war, verbreitete sich wie ein Lauffeuer im Dorf. Sie wusste, dass die Rückkehr des Bruders von Tom alte Wunden öffnen würde, aber sie hatte nicht geahnt, wie tief diese Wunden wirklich waren.
Es kam alles gleichzeitig: das Dorf, das Flüstern, die Hochzeitseinladungen, die ihr plötzlich ins Haus flatterten. Jakob war aus einem bestimmten Grund zurückgekehrt – er wollte heiraten. Der Gedanke daran schnitt ihr ins Herz. Als sie davon hörte, fühlte es sich an, als hätte jemand das, was noch von ihrer Verbindung zu Tom übrig war, endgültig zerbrochen. Jakob und Anna, ein Mädchen aus der Nachbarschaft, das sie flüchtig kannte, würden sich das Ja-Wort geben. Eine Feier, die das ganze Dorf zusammenbringen würde – und an der sie nicht vorbeikommen konnte.
Die Vorbereitungen im Dorf waren in vollem Gange, und jeder schien eifrig beschäftigt, eine Rolle in der bevorstehenden Feier zu übernehmen. Nina stand oft abseits, beobachtete die Menschen, die für den großen Tag aufgeregt durch die Straßen liefen, mit Blumen, Bändern und Kuchen. Es schien eine Scheinwelt zu sein – eine, die sich von ihrer eigenen Realität immer weiter entfernte. Nur Lukas war der Einzige, der ihr noch das Gefühl gab, dass sie hierhergehörte, aber auch er schien sich in letzter Zeit verändert zu haben.
Eines Abends saß sie mit Lukas im Gasthaus, als Jakob und Anna zur Tür hereinkamen. Sie sahen aus wie ein glückliches Paar, ihre Hände fest ineinander verschlungen. Lukas schien die Spannung zu spüren, die sich sofort in Ninas Mimik widerspiegelte. Er räusperte sich und legte seine Hand auf ihre. "Willst du tanzen?", fragte er. Sie nickte, dankbar für den Moment der Ablenkung, auch wenn ihre Augen immer wieder zu Jakob wanderten.
Als sie tanzten, fühlte Nina Lukas' Nähe, seine Wärme – doch ihre Gedanken waren woanders. Sie fühlte sich, als würde sie eine Rolle spielen, eine, die von ihr erwartet wurde, aber nicht die ihre war. Lukas schien es zu merken. Seine Augen wurden dunkler, sein Lächeln verschwand, und er schien plötzlich die Distanz zwischen ihnen zu spüren. Er wusste, dass sie nicht wirklich bei ihm war.
Als der Tanz endete, glitten Ninas Augen unwillkürlich wieder zu Jakob, und als dieser sie bemerkte, starrte er für einen langen Moment zurück, ehe er sich mit einer kurzen Entschuldigung von seiner Verlobten entfernte und auf sie zusteuerte. Lukas sah es, ließ Ninas Hand los und trat einen Schritt zurück. Die Spannung zwischen den Männern war greifbar.
Jakob trat nah an Nina heran, so nah, dass sie den leichten Duft seines Parfums wahrnahm – ein Hauch von Holz und Gewürzen, vertraut und doch so fremd. "Komm", flüsterte er, kaum hörbar, "ich muss dir etwas zeigen." Ohne auf eine Antwort zu warten, nahm er ihre Hand und zog sie zur Hintertür des Gasthauses. Der kalte Wind empfing sie draußen, und für einen Moment fühlte sich alles wie ein Traum an – als hätte sie die Kontrolle über ihre Handlungen verloren.
Jakob führte sie zum Rand des Waldes, wo die Nacht dunkel und schwer auf ihnen lastete. Sein Griff war fest, und doch fühlte Nina keine Angst. Es war, als hätte er einen Zauber über sie gelegt, einen, dem sie nicht widerstehen konnte, selbst wenn sie es gewollt hätte. Sie blieben stehen, als die Lichter des Dorfes nur noch schwach in der Ferne schimmerten.
"Warum bist du wirklich hier, Jakob?", fragte Nina schließlich, ihre Stimme klang brüchig, als die Stille zwischen ihnen zu laut wurde. Er sah sie an, seine Augen waren dunkel, und in ihnen schimmerte etwas, das sie nicht deuten konnte.
"Ich habe dich vermisst, Nina", antwortete er, und seine Worte klangen fast wie ein Geständnis. "Mehr, als ich sollte. Ich habe versucht, es zu vergessen, habe versucht, Anna zu lieben... Aber es geht nicht. Nicht wirklich."
Ninas Atem stockte. "Aber du wirst sie heiraten", flüsterte sie, ihre Augen suchten nach einer Antwort in seinem Gesicht. Die Kälte der Nacht kroch durch ihre Haut, doch die Hitze seiner Nähe brannte sich durch jede Schicht.
"Ja", sagte er, und es klang wie eine Lüge. "Das Dorf erwartet es. Meine Familie erwartet es. Aber was ich wirklich will..." Er hielt inne, trat näher an sie heran, und seine Hand strich über ihre Wange. "Was ich wirklich will, bist du."
Seine Worte ließen ihre Welt schwanken. Sie war gefangen zwischen zwei Welten – der Vergangenheit, in der Tom ihre große Liebe gewesen war, und der Gegenwart, in der Jakob eine verbotene Versuchung darstellte. Und da war Lukas, der all die Jahre ein stiller Schatten an ihrer Seite gewesen war, ein Anker in den stürmischen Wellen ihrer Gefühle. Doch dieser Moment, hier in der Dunkelheit, fühlte sich an wie ein Zauber, der alles verändern konnte. Seine Lippen näherten sich ihren, und in diesem Augenblick, als er sie küsste, war es, als ob die Zeit stehenblieb.
Es war ein Kuss voller Schmerz und Sehnsucht, eine Mischung aus all den unausgesprochenen Gefühlen, die sich in den letzten Jahren angesammelt hatten. Ninas Herz raste, und ihre Gedanken wirbelten, während sie sich in diesem Kuss verlor. Sie wusste, dass das, was sie taten, falsch war – und doch fühlte es sich unendlich richtig an.
Als sie sich voneinander lösten, atemlos und mit pochendem Herzen, trat Jakob einen Schritt zurück. "Vergiss diesen Moment nicht", sagte er leise. Seine Augen ruhten auf ihren, als ob er sich jede Einzelheit ihres Gesichts einprägen wollte. Dann drehte er sich um und verschwand in der Dunkelheit des Waldes, ließ Nina allein zurück – mit einem Herz voller widersprüchlicher Gefühle und einem Geheimnis, das sie kaum ertragen konnte.
Nina stand da, atemlos und verwirrt, und hörte das Knirschen der Schritte, die sich entfernten. Ihre Hand glitt zu ihren Lippen, und die Wärme seines Kusses war immer noch da. Die Nacht um sie herum schien plötzlich voller Magie zu sein, voller unsichtbarer Fäden, die sich um ihr Herz wanden und sie daran hinderten, klar zu denken.
Sie wusste, dass nichts mehr sein würde wie zuvor. Jakob würde Anna heiraten, und sie würde zusehen müssen, während ihre eigene Seele in Verstrickungen aus Schuld und Sehnsucht versank. Lukas würde sie fragen, ob alles in Ordnung sei, und sie würde lügen müssen – sie würde eine Rolle spielen müssen, die sie niemals hatte spielen wollen. Aber tief in ihrem Inneren wusste sie, dass dieser Kuss mehr als nur ein Fehler gewesen war. Er war ein Versprechen, ein Zauber, der sich in ihr Herz gegraben hatte und der alles veränderte, was sie geglaubt hatte zu wissen.
Kapitel 4: Schatten der Vergangenheit
Die Tage nach dem Kuss mit Jakob zogen sich wie zäher Honig hin. Es war, als wäre die Zeit langsamer geworden, und jede Stunde schien Nina mehr zu belasten. Das Dorf schien sich unaufhaltsam auf die bevorstehende Hochzeit vorzubereiten – Blumen wurden aufgehängt, Girlanden geflochten, und überall wurde über das "perfekte Paar" gesprochen. Jakob und Anna. Die Worte klangen für Nina jedes Mal wie ein Stich ins Herz.
Während das ganze Dorf sich in Feststimmung befand, hatte sich in Ninas Familie eine düstere Wolke zusammengebraut. Ihre Mutter, die immer eine strahlende und starke Frau gewesen war, hatte in den letzten Wochen an Kraft verloren. Ihr Gesicht war blasser geworden, und ein Husten, den sie immer wieder abtat, war lauter und bedrückender geworden. Es war der Nachmittag, als Nina ihre Mutter im Schlafzimmer fand – zitternd, blass und mit einem Ausdruck in den Augen, den Nina nie vergessen würde. Ein Ausdruck von Angst.
"Mama?", fragte Nina leise, als sie ins Zimmer trat. Ihre Mutter saß am Fenster, den Blick in die Ferne gerichtet, ihre Hände auf ihren Schoß gefaltet. Sie drehte sich langsam um, versuchte ein Lächeln, doch ihre Augen verrieten etwas, das Nina sofort in Alarmbereitschaft versetzte.
"Ach, Nina", sagte sie, ihre Stimme war ein Hauch von dem, was sie einmal gewesen war. "Es tut mir leid, ich wollte dich nicht beunruhigen."
Nina trat näher, kniete sich vor ihre Mutter, nahm ihre kalten Hände in ihre eigenen. "Was ist los, Mama? Du bist doch schon seit Wochen nicht mehr du selbst. Bitte, sag mir, was los ist." Ihre Stimme klang drängend, ein Zittern begleitete ihre Worte, denn tief in ihrem Inneren ahnte sie bereits die Antwort.
Ihre Mutter sah sie lange an, und schließlich senkte sie den Blick. "Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst", flüsterte sie. "Aber... ich war bei Dr. Meyer. Er sagt, es ist ernst. Meine Lungen..." Ihre Stimme brach ab, als ob sie die Worte nicht über ihre Lippen bringen konnte. Doch Nina verstand. Ein Schmerz durchzuckte sie, ließ ihren Magen sich zusammenziehen. Ihre Mutter war krank. Vielleicht schwer krank. Und sie hatte es all die Wochen verborgen, um ihre Tochter zu schützen.
Tränen stiegen Nina in die Augen, während sie ihre Mutter anblickte, die nun so verletzlich und schwach wirkte. Sie wollte etwas sagen, etwas Tröstendes, aber die Worte blieben ihr im Hals stecken. Alles, was sie fühlte, war ein hilfloses Brennen in ihrer Brust. "Warum hast du mir nichts gesagt?", fragte sie schließlich, ihre Stimme klang erstickt. "Ich hätte bei dir sein können, dir helfen können."
Ihre Mutter lächelte traurig und strich ihr sanft über die Wange. "Weil ich wollte, dass du glücklich bist, Nina. Du hast genug mit dir selbst zu kämpfen. Und ich wollte nicht, dass meine Krankheit dir noch mehr Last aufbürdet."
Nina schloss die Augen, eine Träne löste sich und rollte über ihre Wange. Sie wollte ihre Mutter nicht verlieren, nicht jetzt, wo alles in ihrem Leben bereits so chaotisch und verwirrend war. Und doch fühlte sie, dass es Dinge gab, die sie nicht aufhalten konnte – wie ein Fluss, der unaufhaltsam in die Tiefe floss.
In den folgenden Tagen wich Nina nicht von der Seite ihrer Mutter. Sie las ihr vor, kochte ihre Lieblingsgerichte, auch wenn ihre Mutter kaum einen Bissen zu sich nehmen konnte, und versuchte, ihr die Sorgen zu nehmen. Doch das Wissen um die Krankheit lastete schwer auf ihr, und jedes Mal, wenn sie Jakobs Namen hörte oder Lukas begegnete, fühlte sie, wie sich alles nur noch komplizierter anfühlte.
Eines Abends, als der Himmel sich in ein tiefes Purpur tauchte, stand Jakob vor ihrer Tür. Er war allein, ohne Anna, und in seinem Gesicht lag eine Entschlossenheit, die Nina gleichzeitig beunruhigte und faszinierte. Er trat ein, nickte ihrer Mutter zu, die im Wohnzimmer saß, dann folgte er Nina in die Küche. Sie konnten beide fühlen, dass dies kein gewöhnlicher Besuch war.
"Ich musste dich sehen", sagte Jakob leise, als sie alleine waren. Seine Augen suchten die ihren, und für einen Moment war da nur das Schweigen zwischen ihnen, voller unausgesprochener Worte.
"Jakob, du solltest das nicht tun", antwortete Nina, ihre Stimme brüchig. Sie lehnte sich gegen die Küchentheke, versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. "Du wirst in wenigen Tagen heiraten. Anna... sie hat dich gewählt. Und ich..." Ihre Stimme versagte. Die Last der Geheimnisse und die Krankheit ihrer Mutter drückten schwer auf ihr Herz.
Jakob machte einen Schritt auf sie zu, nahm ihre Hand und hielt sie fest. "Ich weiß. Ich weiß, dass es falsch ist. Aber ich kann nicht aufhören, an dich zu denken. Und wenn ich jetzt gehe, ohne dir gesagt zu haben, was ich fühle... dann werde ich es für immer bereuen."
Ninas Herz raste, während sie ihn ansah. In diesem Moment fühlte es sich an, als ob sie zwischen all den Welten zerriss – zwischen der kranken Mutter, die sie jetzt brauchte, zwischen Lukas, der auf seine stille Art immer für sie da gewesen war, und Jakob, der ihr Herz mit einem einzigen Blick aus der Fassung bringen konnte.
"Jakob, ich... ich kann das nicht", flüsterte sie. Doch anstatt loszulassen, zog Jakob sie sanft an sich. Sie fühlte die Wärme seines Körpers, und für einen Moment fühlte sie sich geborgen, auch wenn alles in ihr wusste, dass dies falsch war.
Dann hörten sie das leise Geräusch von Schritten, und Nina sah über Jakobs Schulter. Lukas stand in der Tür. Sein Gesicht war ausdruckslos, doch in seinen Augen lag ein Schmerz, der alles verriet. Nina riss sich von Jakob los, trat einen Schritt zurück, ihr Herz hämmerte in ihrer Brust.
"Lukas", sagte sie, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Doch er schüttelte nur den Kopf, seine Augen dunkel vor Enttäuschung.
"Ich wollte nur nach dir sehen", sagte er, und seine Stimme war leise, zitternd. "Aber ich sehe, dass ich stören würde." Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und verließ das Haus. Die Tür fiel ins Schloss, und das Echo des Knalls hallte in der Stille der Küche nach.
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