Das Holz - Jeroen Brouwers - E-Book

Das Holz E-Book

Jeroen Brouwers

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Beschreibung

Es ist 1953. Eldert Haman tritt eine Arbeitsstelle als Lehrer an in einem katholischen Internat. Bald schon überredet ihn Vater Benedictus, dem Kloster beizutreten und alles Weltliche aufzugeben. Eldert, ein Moralist und überzeugter Pädagoge, entscheidet sich für das Kloster – und gegen die attraktive Patricia, die ihn vor die Wahl zwischen mönchischem Leben und der Liebe stellt. Im Kloster wird er mehr und mehr zum Außenseiter, der mit ansehen muss, wie nicht nur ein Mönch psychische und sexuelle Gewalt gegen die Schüler ausübt. Gefangen in der Komplizenschaft mit einem diktatorischen System und in Angst um seine Zukunft, gerät Eldert in ein Dilemma, aus dem ihn nur Patricia retten kann. Jeroen Brouwers erzählt subtil und hautnah vom Internatsalltag mit all seinen unfassbaren Abgründen. Zwischen internen Machtkämpfen, pervertierten Weltansichten und Liebeseskapaden sucht Eldert nach einem Weg in eine bessere und für ihn "richtige" Zukunft.

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weissbooks.w

Impressum

Jeroen Brouwers

Das Holz

Roman

Aus dem Niederländischen von Christiane Kuby unter Mitarbeit von Herbert Post

© der deutschen Ausgabe

Weissbooks GMBH Frankfurt am Main 2016

Alle Rechte vorbehalten

Die Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel

Het Hout

bei atlas contact, Amsterdam /Antwerpen

Konzept Design

Gottschalk + Ash Int’l

Umschlaggestaltung

Julia Borgwardt, borgwardt design

auf Basis eines Entwurfs von Roald Triebels

unter Verwendung eines Motivs von

Giovanni Bellini, Darstellung Jesu im Tempel (Ausschnitt)

Foto Jeroen Brouwers

© Annaleen Louwes

Erste Auflage 2016

ISBN 978-3-86337-131-9

Dieses Buch ist auch als Printversion erhältlich

ISBN 978-3-86337-110-4

weissbooks.com

jeroenbrouwers.be

Jeroen Brouwers

Das Holz

Roman

Aus dem Niederländischenvon Christiane Kubyunter Mitarbeit von Herbert Post

Das Holz

Denn wenn man das tut am grünen Holz, was wird am dürren werden?

Lukas 23,31

Inhalt

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

I

Die Kutte kratzt.

Das Lumpengewand des Franz von Assisi, der mit Wölfen sprach.

Die in seinen Orden eintreten, tragen ein Habit, das die Form eines Kreuzes hat. Mit einer Kapuze versehen, zieht es schwer an den Schultern, es reicht bis zu den Füßen und hüllt den ganzen Körper in ein fäkales Braun, der Stoff ist rau und scheuert. Man muss etwas darunter tragen, damit der Juckreiz, der die nackte Haut peinigt wie Termiten, einen nicht wahnsinnig macht.

Was trägt ein Klosterbruder unter der Kutte? Ein bis zur Hüfte reichendes Hemd, eine Trainingshose, eine Unterhose, beide mit verstellbarem Gummiband.

Über der Kutte trägt er das Skapulier, ein Tuch von gleicher Länge, gleichem Stoff und gleicher Farbe wie die Kutte, mit einer Öffnung für den Kopf. Man trägt es über Brust und Rücken, wie ein Zelebrant die Kasel. Alles einheitlich, ohne Schnitt, alles in der gleichen Übergröße, sodass es wirklich jedem passt.

Samstags muss alles in die Wäsche, das ist der Aufgabenbereich von Plechelm, der auch für frischen Ersatz sorgt. Wir Klosterbrüder verzichten nach dem Vorbild unseres Ordensgründers auf persönlichen Besitz, haben also auch keine eigenen Kleider. So tragen wir, wie der Zufall es will, die Strümpfe, die Unterhose, die Kutte, die ein Konfrater eine Woche zuvor am Leib getragen hat. Ich allerdings halte mich nicht streng an diese Regel: die Klosterunterhose habe ich noch nie angehabt.

Als Gürtel für den Lumpenrock des heiligen Franziskus dient ein weißer Strick mit drei Knoten, die uns an unsere Gelübde erinnern. Der erste Knoten: Armut. Der zweite: Gehorsam. Der dritte: Keuschheit. Tja, leichter gesagt als getan. Franziskus, der Poverello, hat darüber Gedichte verfasst, sie hängen eingerahmt im Refektorium.

Anfang April, Dienstag in der Karwoche. Weil vorgestern Palmsonntag war, stecken noch frische Buchsbaumzweige hinter jedem Kruzifix und Weihwasserbecken. Kaum Frühling und schon ist es so heiß, als würde Bruder Sonne vor Zorn kochen. Eine glühende Hitze wie siedende Kotze, die überall eindringt, sogar durch die Mauern der für gewöhnlich kühlen, ja frostigen Kapelle. Dort knallt die Sonne durch die bunten Fenster mit den Szenen aus dem Leben des heiligen Franziskus, deren Farben in dem wie Feuer lodernden Licht verblassen. So heiß wie bei den Küchenherden von Bruder Severin und seinem Juvenisten, der noch keinen Klosternamen hat. Wenn es schon in der Kapelle kaum auszuhalten ist, wie wird das erst in dem Zimmer unterm Dach sein, wo ich inmitten der lärmenden Jungen in ihren Kojen in meiner dicken Kutte Aufsicht über den Schlafsaal führe.

Der kleine für mich bestimmte Raum ist zwei mal vier Meter groß, Sperrholz-Wände, ohne Zimmerdecke. Wenn über meinem Tisch die Glühbirne brennt, die aus dem Lampenschirm gerutscht ist und bis auf die Tischplatte hinunterbaumelt, wirft sie einen rechteckigen Lichtfleck an die Decke des Schlafsaals über meiner Zelle. Eine schwache Glühbirne, nichts, verglichen mit der Sonnenglut und trotzdem scheint von ihr die Hitze auszugehen, die auch nachts nicht aus meiner Kutte weicht. Ich starre in den matten Schein, ich habe Durst, doch die Thermoskanne, die Severins Küchengehilfe mit Tee gefüllt hat, ist bis auf den letzten Tropfen leer. Im Gegensatz zu mir. Was ich von dem kalten, bitteren Tee in kleinen Schlucken getrunken habe, sickert mir jetzt in dicken Tropfen aus allen Poren meines Leibes, meines unwürdigen Leibes, ich bin von Kopf bis Fuß in Schweiß gebadet. Hemd und Hose habe ich abgelegt, das Skapulier auch, den Strick auch, die Kutte natürlich nicht. Auch vor meinem Verschlag hängt ein Vorhang, der aber nur bis einen halben Meter über dem Fußboden reicht. Wer das Bett verlässt, was nur in Ausnahmefällen gestattet ist, kann meine bloßen Füße in den Sandalen sehen, mehr Nacktheit kann ich mir als Aufseher nicht erlauben. So sitze ich nackt in der Kutte, der raue Stoff piesackt mich überall, als würde ich in einem Jutesack stecken. Ich versuche, mich nicht zu bewegen, damit das Kamelhaarzelt an möglichst wenigen Stellen mein Fleisch berührt, mein unwürdiges Fleisch, das ich mit dem Gürtelstrick geißeln müsste. Ich werde mich hüten.

Ich knipse die Lampe aus. Meine Augen flimmern, wie ich durch das Fenster spähe, das offen steht, obwohl ich es wegen der Hitze besser schließen sollte.

Die Nacht ist eine schwarze Masse explosiver Schwüle. Keine Sterne zu sehen. Auch Schwester Mond ist nicht da. Unter mir liegt der Schulhof mit den Kastanien. Auf der anderen Seite der gepflasterten Fläche das Schulgebäude, im äußersten Fenster rechts im zweiten Stock brennt noch Licht. Da sitzt Mansuetus, der seinen Namen Mansuuwetuus ausspricht. Er ist der Leiter der Gymnasialklassen. Jungen von zwölf bis sechzehn, siebzehn, über die ich hier im Schlafsaal Wache halte.

Denk bloß nicht, dass ich dich nicht höre, Bruinsma! Sofort nachdem ich meine Lampe ausgeschaltet habe und der Lichtschein an der Decke verschwindet, kommt Leben in die Bande. Bruinsma hüstelt übertrieben. Ahem, ähemm. Aus einer anderen Koje kommt ein Grunzen. Dich auch, Weytjens! Schlaf, Bursche, wir sind doch nicht im Schweinestall. Ich klopfe mit dem Kreuz meines Rosenkranzes auf die Tischplatte. Ich habe das Ding in der Hand, nur um etwas in der Hand zu haben. Wir müssen die Perlenschnur täglich bis zum Ende murmeln, da wir uns nach den Regeln des heiligen Franziskus, selber ein Frauenhasser, obwohl er laut apokrypher Quellen etwas mit der heiligen Klara hatte, der Muttergottes geweiht haben.

In der vorläufig wieder eingekehrten Stille schwirrt die Luft vor Hitze. Wie ein bedrohliches Tier. Hinter dem Schulgebäude glüht der Schein der Außenwelt, wie wir das autistisch nennen. Sie umfasst den ganzen Planeten und das Universum. Die Gebäude bilden eine Enklave, umgeben von Mauern, wir leben getrennt von der Außenwelt, zu der wir nicht gehören. Wir sind eine autonome Männerklostergemeinschaft mit einem Jungeninternat, unser Institut im abgelegensten Südosten der Niederlande heißt Sint Jozef ter Engelen. Um uns herum liegt das Bergbaudorf Blijderhagen, aus dem manchmal, gedämpft durch die Entfernung, Musik von Blaskapellen herüberdringt. Manchmal Stimmen und Gelächter. Ich kämpfe mit sündigen, rebellischen Gedanken und heimwehkranken Gefühlen, die gegen den dritten Knoten verstoßen. Die Straße nach rechts endet am Schlagbaum vor der deutschen Grenze. Wer in diese Richtung blickt, sieht das Licht in Mansuetus´ Zimmer brennen. Zwei Neonröhren. Das erleuchtete Fenster hinter den Zweigen der Kastanien hängt wie ein gelber Lappen im Pfaffenschwarz der Nacht. Mansuetus wird den schwachen Schein meiner Lampe kaum sehen.

Wenn du jetzt nicht sofort mit dem Grunzen aufhörst, Weytjens! Brüllen tue ich nicht. Alles hier hat etwas von einer Strafanstalt. Bruder? Ja, Weytjens? Mark Freelink ist immer noch nicht da. Grunz, grunz. Ahömm. Gekicher aus mehreren Kojen. Ruhe! Jetzt wird geschlafen! Ich trommle wieder mit dem Kreuz der Ave-Maria-Schnur auf die Tischplatte. Was die Glühbirne zum Klirren bringt, auch die Thermoskanne rührt sich.

Ich stehe nicht vom Stuhl auf, erstarre wieder. Tropfen an Ohren und Nase. Einer perlt vom Nacken zum Steiß. Ein anderer vom Brustbein nach unten, dorthin, wo es juckt. Schon am Morgen war das Klostertaschentuch klatschnass. Es trocknet hinter mir auf dem Bettgestell, nachdem ich es unter dem Wasserhahn ausgespült hatte. Die Brüder auf den Kartoffel- und Gemüsefeldern zu beiden Seiten der Gebäude machen Knoten in die vier Zipfel des Taschentuchs und spannen es sich über den Kopf. Gott weiß, was sie sonst noch mit den Taschentüchern anstellen. Ich weiß es auch, der Stoff sollte dabei vorzugsweise trocken sein, feucht ist es nicht angenehm.

Mark Freelink musste nach den Schulaufgaben nachsitzen.

Mansuetus war in der Tür des Studiersaals erschienen, hatte sich erst ausgiebig geräuspert und dann mit seiner schnarrenden Stimme das eine Wort ausgestoßen: Freelink! Immer wenn Mansuetus auftaucht, wird es mit einem Schlag mucksmäuschenstill. Selbst nachdem sich die Tür wieder geräuschlos hinter ihm geschlossen hat, genauso geräuschlos wie beim Hereinkommen, sind alle noch sekundenlang wie erstarrt. Die Schüler, aber genauso wir, seine Mitbrüder, die wir ihn auch außerhalb des Schulgebäudes erleben.

Mansuetus ist ein Hüne von einem Mann, der alle, auch im Sitzen oder Knien, überragt. Das Franziskanerkleid reicht ihm nur bis zur Mitte der behaarten Unterschenkel. Doch dieser Koloss lässt nicht etwa, wie man erwarten würde, wenn er sich fortbewegt, den Boden erzittern. Er ist unhörbar, dabei schleicht er nicht, er scheint mit großen Schritten zu schweben. Auf einmal ist er da, auf einmal steht er vor oder hinter einem, sodass man sich fast zu Tode erschreckt. Nein, vor Furcht erstarrt. Der kugelige Kopf mit den kleinen lauernden Augen über feisten Wangen. Bruder Eber. Seine Stimme ist ein Dröhnen. Und bevor er etwas sagt, ist da immer erst dieses fast röchelnde Aggromm. Schon bei diesem Ton verstummen Mensch und Natur, wobei der Mensch obendrein noch leichenblass wird. Unsere Klostergemeinschaft sieht ihn nur in der Kapelle, allerdings nicht bei allen Gebetsstunden, und im Refektorium in der Burg. Die Burg ist der Teil des Hauptgebäudes, den außer den Brüdern niemand betreten darf. In der Burg, getrennt von den Schülern, haben wir unsere Essräume und Freizeiteinrichtungen und jeder von uns eine eigene Zelle. Bett, Weihwassergefäß mit Palmzweig am Fußende, Tisch, Stuhl, Betschemel, Kruzifix, Schrank. Auch ich schlafe in einer solchen fensterlosen Zelle, außer, wenn ich wie jetzt Nachtdienst habe.

Mansuetus hat seine eigenen Räumlichkeiten auf der gegenüberliegenden Seite, Arbeitszimmer und Kammer. Er ist Leiter der Schule und dort Tag und Nacht anwesend, inspizierend, spähend, kontrollierend, immer ein Buch in der Hand, in das er sich Notizen macht. Na, faulenzen wir wieder, Bursche? Er zieht an einem Ohr und dreht es zehn Mal wie einen Lichtschalter linksherum und rechtsherum. Was machst du während des Unterrichts im Flur, Bursche? Aus der Klasse geschickt? Er schlägt dem Jungen mit der flachen Hand ins Gesicht, was man in allen Klassenzimmern hören kann. Kneift wie eine Eisenzange in die Haut am Hals und dreht hin und her. Du musst mal einen Nachmittag ins Loch. Über dein Verhalten nachdenken. Noch schlimmer ist der Schüler dran, dessen Namen er belfert. Freelink! Der muss sich nach den Hausaufgaben und dem Lernen bei ihm melden. Der Schulleiter, kahlköpfig mit ein paar rostigen Wimpern und spärlichen Augenbrauen, liebt blondes Haar. Wenn er unterrichtet, Deutsch, paradiert er im Klassenzimmer zwischen den Bänken, und wenn er nicht gerade Maulschellen verteilt, legt er – zum Entsetzen des Opfers – seine schwere Hand auf den strohgelben Kopf des Musterknaben. Der fühlt, wie sein sorgfältig zurechtgemachtes Haar durch ein paar unsanfte Handgriffe verhunzt wird. Mansuetus´ spezielle Sympathiebezeugung. Mark Freelink ist honigblond. Ein schmächtiger Junge, noch kindlich, gerade vierzehn geworden.

In dem stufenweise ansteigenden Studiersaal stand ich zufällig neben seiner Bank. Nur mit den Augenbrauen und dem Kinn fragte ich ihn, was denn so Ernsthaftes passiert sei, dass er zum Eber müsse? Der sucht sich täglich einen oder auch zwei, drei für die Zwiesprache aus, von der der Betreffende dann krumm und konfus, vom vielen Brüllen nach Luft schnappend zurückkommt. Der ohnehin schon wie ein Cherub auf alten Gemälden sahnig bleiche Mark war noch weißer geworden, beinahe aschfahl. Kopf eingezogen, geduckt über sein Heft. Öffnete die Hände, die Innenseiten nach oben, als Geste der Ratlosigkeit, keine Ahnung von irgendeiner Übertretung oder Verfehlung. Schüttelte den Kopf und sah mich beklommen an. Klare blaue Augen. Ihm den Arm um die zerbrechlichen Schultern legen? Bloß nicht. Um dem Jüngelchen Mut zu machen? Bloß nicht. Ich fasse die Schüler nicht an. Ich nicht. Ich betrachtete seinen schmalen, gebeugten Nacken mit der geschweiften Klammer des Haaransatzes. Internatshemd nach Vorschrift bis oben geschlossen, Internatskrawatte viel zu eng geknotet. Bei dieser Temperatur. Schweiß im Gesicht, im Haar, an den Händen, wie bei den anderen Jungen, die alle zu ihm hinsahen, im Bilde, Bescheid wissend, aber bei ihm floss und triefte es, nicht mit den Ärmeln wegzuwischen. Hast du kein Taschentuch? Nein, hatte er nicht. Durch einen Schlitz in der Kutte angelte ich meines aus der Hosentasche und legte es ihm hin. Etwas kleiner als ein Geschirrtuch. Kann viel aufnehmen. Ich hatte es im Laufe des Tages schon unter den Wasserstrahl gehalten und ausgewrungen, selber vor Hitze dampfend, und damit Gesicht und Nacken getrocknet. Übrigens auch für das andere, im Gedanken an die Unerreichbare. Das Taschentuch war so gut wie trocken, als ich es Freelink reichte, und ziemlich nass von Rotz und Schweiß, als ich es nach den Hausaufgaben zurückbekam.

Neben Mark Freelink sitzt Wil van Lanschot. Nicht flennen! Das sagte er laut, während er sich an seinen Nachbarn lehnte. Legte die Hand auf dessen Hand mit dem Taschentuch und drückte sie, hielt sie fest. Ich flenne nicht, piepste es zurück. Zum Teufel mit ihm! Auch nachher nicht flennen, das würde ihm nur Spaß machen. All das mit lauter Stimme im Studiersaal, wo höchstens im Notfall geflüstert werden darf. Mit dem Kreuz des Rosenkranzes, mit dem ich der Form halber herumlief, die Hände auf dem Rücken, klopfte ich laut auf die Bank und sah van Lanschot strafend an. Anderswo zog jemand mit dem bekannten Grunzton die Nase hoch, aber noch bevor das Schnauben und Kichern anschwellen konnte, stand auf einmal wieder die verheerende Stille in der Tür, der ich den Rücken zukehrte. Von unten aus dem Saal sprang es mich an wie ein elektrischer Schlag, mich fröstelte. Da war er wieder, Mansuetus, die Vorderseite seines Skapuliers über die Schulter geworfen, der Knotenstrick hing ihm unter der Wampe. Ein muffiger, aufgedunsener Übermensch.

Dann fangen wir mal mit dir an, von Landschott, schnorchelte er. Knurr. Ich heiße van Lanschot, murmelte der Angesprochene. Und zu Mark, flüsternd: Gleich! An der Hecke. Auch für mich verständlich. Dabei hob er ganz kurz den Daumen.

Hier! Mansuetus zeigte mit ausgestrecktem Zeigefinger gebieterisch auf seine Zehen. Die Gestapo hielt sich Hunde, die auf einen in diesem Ton ausgesprochenen Befehl hin sofort vor Angst pinkelten. Mit der anderen Hand schlug er sich ungeduldig auf den Oberschenkel. Bisschen plötzlich! Sein Gebrüll erfüllte den wie erstarrten Raum.

Wil van Lanschot, den obersten Hemdknopf nicht geschlossen, Krawatte nicht eng zugezogen, stand behäbig auf, strich die kurze Uniformhose, aus der er herauswächst, glatt und stieg gemächlich die Stufen hinunter. Unten angekommen hätte er vom Eber eine gepfeffert bekommen, wenn er nicht rechtzeitig in die Knie gegangen wäre. Mansuetus´ Hand schlug ins Leere, wenn er auch brüllte: Die haste schon mal, du Niete. Der Junge wurde an der Krawatte in die Höhe gezogen. Du willst Wil heißen? Du hast nichts zu wollen. Nichts, gar nichts. Du mit deiner pickligen Visage. Er packte Wil van Lanschot an der Kehle und kehrte ihn dem Saal zu, wo die anderen, wächsern wie Statuen, angespannt dem Geschehen folgten, außer Mark Freelink, der das Kinn tief auf die Brust drückte. Hier, zeig deinen Kameraden mal, wie potthässlich du bist, knurr, du mit deinem Pickelbart. Und so was heißt Wil. Die Nachgeburt eines Stinktiers, das bist du. Ein Schleimpfropf. Dich gibt es gar nicht. Luft bist du, stinkende Luft. Fenster auf! Was willst du? Der Einzige, der hier was zu wollen hat, bin ich.

Der Junge wurde auf den Flur hinausgezogen, sein Hinterteil in den zu kurz gewordenen Hosen leuchtete auf wie der Spiegel eines Rehs. Die Schüler waren trotz der Hitze zu Eis erstarrt, man hörte das Gebrüll des ehrwürdigen Erziehers. Es verlagerte sich zum Ende des Flurs und verstummte hinter einer Tür. Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir. Der Naziterror liegt acht Jahre zurück. Ich höre noch das Brüllen, das Hämmern und Stampfen. Jetzt stehen überall die Freiheitsdenkmäler.

Dreimal knipste ich mit den Fingern. Die Zeit war um. Es folgte nicht der übliche Radau, das erleichterte Johlen, das Zuschlagen der Bänke. In der allgemeinen Beklommenheit blieb es angespannt still. Als alle aus dem Saal geschlichen waren, blieb Mark Freelink zurück, ein Häufchen Elend, zusammengekrümmt, kalkweiß zwischen den dunklen Bänken, fast genau in der Mitte des großen Saals, acht Stufen über mir. Eine Hand zwischen Hals und Hemdkragen, Hals und Krawattenknoten, als würde sich der Ertrinkende an seine eigenen Kleider klammern. Was ihn erwartet, vollzieht sich immer nach dem gleichen Schema.

Der Eber steht in der Tür und winkt mit dem behaarten Finger. Wenn der Übeltäter vor ihm steht, schraubt unser Bruder seine Klaue um dessen Nacken oder Ohr oder fasst ihn an der Krawatte und zwingt ihn, tief vornübergebeugt neben ihm her zu stolpern. Durch den langen Korridor. Hinein in die Strafkammer, Mansuetus´ Zimmer, wo der Sünder den Oberkörper auf den Schreibtisch legen muss. Das Werkzeug liegt bereit. Jeder weiß, grunz, grunz, davon, bestimmt die Hälfte der Schülerschaft hat es am eigenen Leib erfahren. Und mir hat Mansuetus es höchstselbst demonstriert. So machst du sie dir gefügig, Bonaventura. Aber, ach, du bist allzu unmännlich, weichherzig.

Wenn es wieder so weit ist, wie heute Abend, bleibt es stiller als sonst auf dem Schulhof, wo man noch etwas herumhängt, bis es Zeit ist, schlafen zu gehen. Zweiter Stock, rechtes Fenster, das einzige, in dem das Licht an bleibt, wenn das Schulgebäude wie ein feindliches Kriegsschiff in der Dämmerung dahintreibt. Auch wer gegen einen Ball tritt, behält das Fenster stets im Auge. Man kann die Neonröhren sehen, deren Geknister man hört, wenn man direkt unter ihnen steht. Die Lust auf Fußball will nicht so recht aufkommen, und nicht nur, weil es viel zu warm ist. Denn sonst spielen sie immer Fußball, immer nur Fußball.

Was hatte Mark angestellt, dass er bestraft werden musste? Keiner wusste es oder konnte es sich vorstellen. Netter, verlegener, stiller Junge, der er war. Nie wird er in eine Mannschaft gewählt, er läuft immer nur irgendwie mit, auf welcher Seite, auf welcher Position auch immer, ohne irgendjemandem in die Quere zu kommen. Weißt du es auch nicht, Wil?

Wil van Lanschot war nach zehn Minuten, einer Viertelstunde, länger dauern Mansuetus´ Züchtigungen meist nicht, auf dem Schulhof erschienen. Er zuckte die Achseln, den Kopf gesenkt. Weinte er? Wil van Lanschot und flennen wie ein Mädchen? Lieber beißt er sich die Zunge ab. Hinter dem Krawattenknoten, jetzt ordentlich gebunden, das Hemd bis oben geschlossen, bewegte sich sein großer Adamsapfel. Er schluckte. Und schluckte. Ich darf in der Klasse nicht mehr neben Mark sitzen, murmelte er, wir dürfen auch nicht mehr miteinander reden. Eine Freundschaft wie die von David und Jonathan, durch dick und dünn. Verboten, verdächtig. Die Jungen des Internats müssen immer mindestens zu dritt sein, nie zu zweit, und sie dürfen sich nicht anfassen.

Ein Kreis von Schülern stand um uns herum. Hast du Prügel gekriegt mit dem Holz, fragte Roelof Smits van Waesberghe. Prügel. Ein Wort wie Brennnesseln. Und das Holz. Allein schon die Andeutung ist schlimmer als der Tritt eines hundertfünfzig Kilo schweren Keilers. Aus der Gruppe ertönte lautes Grunzen. Lasst es gut sein, sagte ich. Wil van Lanschot starrte immer noch vor sich hin, auf die Steinplatten, auf das Gitter um den Fuß einer Kastanie. Biss sich auf die Unterlippe, die davon weiß wurde. Aber was hat Mark denn ausgefressen, fragte ich wieder. Der hätte inzwischen auch wieder da sein müssen. Wil drehte sich um. Seine Hose wurde wirklich allmählich zu kurz und zu eng, sie spannte an seinem Hintern. Was Mansuetus eine Handlung erspart hat. Erst mit der einen, dann mit der anderen Hand rieb sich der Junge dort mit einer flüchtigen, streichelnden Bewegung. Hinten auf seinem Oberschenkel war ein roter Striemen. Er versuchte, sich tapfer zu geben, das sahen alle. Bloß nicht. Bloß nicht Wil van Lanschot aus Mitgefühl an meine Franziskanerlumpen ziehen. Brüder könnten es sehen. In der Klostergemeinschaft herrscht nicht die Liebe, die der Ordensgründer besang, die heilige Liebe, die alle teuflischen und fleischlichen Versuchungen und Ängste vertreibt. Auf einmal war es totenstill auf dem Schulhof. Jenseits der Mauer fuhr ein Auto vorbei, und eine tiefe Melancholie überfiel mich. Dann hörte man wieder das Aufprallen des Balls.

Bruder Wiro, auch Nachtaufseher, erschien. Es ist wieder so weit, sagten wir zueinander, beziehungsweise sagten es nicht, nur unsere Blicke sprachen. Wer?, fragte Wiro. Er roch nach irgendetwas. Überrascht stieß er aus: Mark Freelink? Ich traue ja jedem hier alles Mögliche zu, aber doch nicht der brave Freelink! Er zündete sich einen zerknautschten Zigarettenstummel an und hielt dabei überflüssigerweise die Hände schützend um die Flamme. Weiß bestäubte Hände. Nahm einen tiefen Lungenzug. Der kleine Mark Freelink, ach je, jaja. Die Worte drangen mit dem Rauch aus seinem Mund. Nach einem weiteren Zug kniff er die Kippe aus, legte sie in die Streichholzschachtel mit der Schwalbe drauf und steckte diese in die Brusttasche. Wäre ich doch eine Schwalbe. Der Frühling saugt an mir. Olla uogala, hinase hic. Was hält mich eigentlich davon ab? Im eisigen Licht des Obergeschosses schob sich Mansuetus´ Silhouette am Fenster vorbei. Fleischliche Ängste. Schlag ihn nicht krankenhausreif, sagte Wiro. Er hatte wohl die gleichen Assoziationen wie ich. Der Johannes Vianney von der Krankenstation, vor dem muss man sich auch vorsehen. Wonach riechst du bloß, fragte ich. Was ist das Weiße an deinen Händen und Ärmeln? Du riechst wahrscheinlich Teig, sagte Wiro und klopfte sich ab. Das ist Mehl und Vanillezucker. Er habe Dienst bei Lebuin und Hubert in der Bäckerei. Die machen Überstunden wegen des hohen Besuchs übermorgen.

Wil van Lanschot lehnte mit dem Rücken an der Mauer der Kapelle. Daumen hinter dem Hosengürtel, den Blick ununterbrochen auf das Fenster mit den Neonröhren gerichtet. Mit vorgestülpter Unterlippe blies er sich das Haar aus dem pickligen Gesicht. Er ist im Stimmbruch und auf seiner Oberlippe wächst der erste Flaum. Alles andere als blond. Wil ist der Rabenschwarze. Und auch sonst der Gegenpol zu seinem schmächtigen, schüchternen Busenfreund, von dem er sich unterscheidet wie Stein von Luft. Wird immer als Erster in eine Fußballmannschaft gewählt. Nie Tränen. Von Christus ist auch nicht überliefert, dass er vor Schmerz brüllte, als sie ihn geißelten und mit Nägeln durchbohrten. Wil drückte immer mal wieder kurz den Hintern an die Mauer, wie um den Schmerz zu mildern, den er noch ein paar Tage fühlen wird. Doch auf einmal stieß er sich ab, der Ball rollte auf ihn zu. Er stoppte ihn und stellte seinen Fuß darauf. Ohne Anlauf, Daumen noch immer hinterm Gürtel, lädiert oder nicht, versetzte er ihm einen solchen Tritt, dass es laut widerhallte. Oje!, hörte ich Wiro sagen. Der Ball rauschte Richtung Mansuetus´ Fenster, als sei es eine erleuchtete Zielscheibe, verfehlte es nur um wenige Zentimeter, knallte gegen die Hauswand und von dort ein paar Mal, doing, doing, auf den Sims, bevor er zur Erde zurücksprang. Auf dem Schulhof war es so still wie während der Eucharistie. Wil schluckte. Und schluckte. Sein Gesicht hatte alle Farbe verloren, seine Hände aber ballten sich am Gürtel zu Fäusten, die er gegen den Bauch drückte; mit vorgebeugtem Oberkörper schrie er zum Fenster hinauf, dass ihm der Speichel nur so aus dem Mund flog. Mark! Was er sonst noch rief, war nicht zu verstehen, denn ich rettete ihn mit der Glocke. Unter der stand ich gerade, die Hand schon um das Lederstück des Klöppels. Über das Geläute hinweg hörte man zwar noch sein heiseres Wüten, aber die Worte gingen unter. Lass deine dreckigen Schweineklauen von Mark. Schrie er das? Hinter dem Fenster rührte sich nichts. Bekam Bruder Eber von alledem nichts mit? War er nicht in seinem Zimmer? Wo dann? Und wo blieb Mark?

Auf das Glockengeläut hin teilten sich die Schüler in zwei Gruppen. Wil van Lanschot gehörte zu der von Wiro, die über die Steintreppe zum Schlafsaal Pius XII. polterte, ich stieg mit meiner Horde über die Holztreppe zu Innozenz III. Der eine ist der heutige Papst, der andere erteilte Franziskus im Jahr zwölfhundertsoundsoviel den Segen der Kirche für seine Ordensgründung. Von Mark Freelink immer noch keine Spur. Hört auf mit dem Krach. Das murrende Volk. Ab jetzt Silentium bis morgen früh, aber der Flegel Bruinsma wagte es, im Flüsterton zu singen: Ist es nicht fein, ein Ferkel zu sein. Andere sangen den Refrain: Grunz, grunz. Ahumm! Aggromm! Mit jeder Treppenstufe nahm die Hitze zu. Die Jungen lockerten die Krawattenknoten und fingerten an den Knöpfen ihrer Hemden herum. In diesen Treppenschächten hing der Schweiß von Jahrhunderten, von all den jungen Körpern. Natürlich auch meiner, ich roch mich selber, während die Hitze wie Dampf unter meine Röcke drang, der Schritt meiner Hose war feucht, mein hervorgekramtes Taschentuch ebenfalls.

Im Waschraum spritzte man sich in Unterwäsche nass. Köpfe unter dem Hahn, Füße unter dem Hahn. Ich schöpfte Wasser mit den Händen und warf es mir in Gesicht und Haare, doch das Wasser, das sehr nützlich ist und demütig und kostbar und keusch, wie unser Ordensgründer dichtete, Schwester Wasser brachte keine Abkühlung, als hätte ich Fieber. Ich wusch das Taschentuch, wrang es aus, hängte es ans Bett zum Trocknen.

Die Atmosphäre ist unruhig, es rumort länger als sonst, mein Trommeln auf der Tischplatte hilft nichts. Also muss ich mich doch aufraffen, Lampe anmachen, den Stuhl mit lautem Schrammen zurückschieben, damit sie wissen, dass ich komme. In meinen leicht knarrenden Sandalen gehe ich unter den Nachtlampen an den Betten entlang, den Rosenkranz aus Gewohnheit zwischen den Fingern, die Ave-Maria öden mich an. Natürlich sehe und höre ich sie, wie Mäuse huschen sie aus den Kojen, wo sie getuschelt, im Licht einer Taschenlampe Karten gespielt oder Dinge getan haben, die gebeichtet werden müssen. Obwohl es vernünftiger wäre, darüber Stillschweigen zu bewahren. Mit dir selber oder mit einem anderen, fragt der geile Kleriker den Beichtenden. Beschreib es bitte in allen Einzelheiten. Wie oft mit dir selbst, mehrmals am Tag, nachts, welche Fantasien hattest du dabei? Mit einem anderen, jemand vom gleichen oder anderen Geschlecht? Wo sollte man bitte innerhalb der umpanzerten Kloster- und Internatsmauern das Fabelwesen eines anderen Geschlechts herholen? Wer ist es, mit dem du die Sünde begangen hast? Der Beichtlauscher gehört nicht zum Franziskanerorden, es ist ein Schwarzrock. Seine Soutane ist immer grünlich vom Schlabbern der Suppe und der Endivie an seinem eigenen Tisch in unserem Refektorium. Der ehrwürdige Theologe van Santen, Spitzname Schnüffel, niemand weiß, warum, wie auch niemand weiß, warum dieser sechzigjährige sabbernde Leisetreter von seinen Oberen zum geistlichen Betreuer unseres Klosters und der Internatsschüler abgeordnet wurde. Er muss an irgendeinem Priesterseminar, wo etwas vorgefallen ist, unterrichtet haben. Unkeuschheit, so lehrt der Katechismus, ist eine Todsünde, verstößt gegen das sechste und neunte Gebot. Das sechste Gebot lautet: Du sollst keine Unkeuschheit treiben. Das neunte: Du sollst keine unkeuschen Gedanken haben. Das sechste Gebot, man muss alles auswendig herunterleiern können, verbietet laut Katechismus alle äußerlichen Sünden der Unkeuschheit, es verbietet auch unsittliche Handlungen, Blicke, Gespräche, Lieder und Lesestoff, Theater- und Filmaufführungen, die zu Unkeuschheit führen können. Was verbietet das neunte Gebot? Alle innerlichen Sünden der Unkeuschheit, nämlich unkeusche Begierden und Gefallen an unkeuschen Gedanken. Verstanden? Vom Altar aus predigt Schnüffel am liebsten, das heißt eigentlich immer, über Unkeuschheit. Der Verständlichkeit halber erklärt er, das sei die Todsünde, die man mit dem Körperteil begeht, den man beim Schwimmen mit der Badehose bedeckt. Da ich seit meinem Eintritt in das Kloster weder Schwimmbad noch Strand gesehen und auch die erwähnte Hose um die erwähnten Körperteile nicht getragen habe, behalte ich für mich, worauf Schnüffel so begierig ist. Na, nie unkeusch?, fragt er mich in dem stickigen Beichtstuhl. Nicht in Wort, Tat, Vorhaben und Gedanken? Nach langem Schweigen flüstere ich: Selten, wirklich höchst selten beschleicht mich so ein merkwürdiger Gedanke. Worauf er nachhakt: Ein Gedanke, der das eigene Fleisch betrifft, einen Mitbruder oder einen der Jungen oder gar jemand vom anderen Geschlecht? So jemand heißt Frau, denke ich immer, aber schon allein das Wort gilt als unkeusch, und übrigens hatte ich bis vor Kurzem so gut wie nichts mit dem anderen Geschlecht zu tun. Ich antworte, dergleichen Einflüsterungen seien immer dermaßen kurz, dass sich keine rechte Vorstellung einstellen will. Dann höre ich ihn enttäuscht seufzen und sehe den Speichelfaden zwischen den grauen Zähnen und den oberen Knöpfen seiner Soutane. Als ob ich ihm das auf seine Triefnase binden würde.

Hin und wieder ziehe ich den Vorhang einer Koje auf. Pyjamas sind Pflicht, aber die meisten liegen nackt unter den Laken. Ich lasse es auf sich beruhen. Mir ist vieles gleichgültig, und wie die Bande weiß, dresche ich nicht drauflos wie andere sogenannte Erzieher in unserer Gemeinschaft. Mit der flachen Hand, mit der Faust, mit beiden Fäusten, mit einem Kleiderbügel, einer Sandale, dem Rosenkranz, dem Griff eines Handbesens, den Knoten unseres Büßerstricks, Mansuetus mit dem Holz. Bei der Vorstellung dreht sich mir der Magen um, ich zittere, als würde ich trotz der Hitze plötzlich frieren.

Alard Haagen schluchzt wieder ins Kissen. Drei Nächte noch, in vier Tagen bist du wieder zu Hause, sage ich. Komm, sei ein Kerl. Ich gehe nicht hinein, setze mich nicht auf sein Bett und streichle ihm nicht über das Borstenhaar. Ich nicht. Im Fenster hinter seinem Bett ist die Außenwelt schwarz, aber der Eisenturm der Kohlenzeche, hoch oben das sich drehende Rad, ein ganzes Stück entfernt, aber nah im Dunkeln, leuchtet wie eine Vision. Drumherum die kleinen Fenster der Wohnhäuser, in denen Lichter brennen, aus dem Drahtfunkradio kommt ein Hörspiel oder Musik. Dort wohnt sie. Von Traurigkeit überschattete Sehnsucht nach ich weiß nicht was. Obwohl ich es nur allzu gut weiß. Ich werde einen Entschluss fassen. Ich traue mich nicht, den Entschluss zu fassen. Ich zaudere und grüble, ich wäge ab, bin drauf und dran, mich zu entscheiden, diesmal endgültig, seit Monaten schon schnürt mir die Angst die Kehle zu. Ist jetzt endlich Ruhe! Bin ich sicher, dass ich es nicht mir selber zurufe?

Die Nachtlampen hängen sieben Schritte auseinander. Mein Schatten, das bin ich, schleicht vor mir her. Dann schrumpft er zusammen, ich sehe mich unter meinen Sandalen verschwinden. Und dann, als würde ich mich an meinen Knöcheln fortschleppen, erwache ich hinter mir aufs Neue, tauche wie ein Gespenst wieder vor mir auf, größer als ich bin, an der Wand, wo ich mich umdrehe, um mir in meiner Verwirrung nicht den Kopf zu stoßen und in meinem eigenen Schatten zu ertrinken. Ich bin mein eigener Schatten.

Mark Freelinks Koje. Der Vorhang ist nicht zugezogen. Das Bett vorschriftsmäßig gemacht, aber er liegt nicht darin, das ist beunruhigend. Die Tür seines Spinds steht einen Spalt breit offen. Meinem Schatten zufolge schleiche ich, als ich die Enklave betrete, wo kein Körper atmet. Korrektur: Ich atme. In der zwischen den Holzwänden aufgeschichteten Hitze schnappe ich nach Luft. An der Seitenwand des Spinds hängt das Weihwassergefäß, ein molliger Porzellanengel des anderen Geschlechts, vor dem Bauch eine Muschel, die er mit den nackten Armen umfasst, während er schief in dem viel zu großen Palmzweig hängt, der hinter seinem Rücken aufragt. In der Muschel ist kein Wasser. Abends vor dem Einschlafen und morgens gleich nach dem Aufwachen soll man die Fingerspitzen hineintauchen und sich mit dem gebenedeiten Wasser bekreuzigen. Von der Stirn zur Brust, linke Schulter, rechte Schulter. Das hat Mark also zwei Tage lang versäumt. Ich mache es nie. Wo er nur bleibt? Im Spind sieht alles mustergültig aus. Kleider ordentlich aufgehängt und gestapelt. Ein Topf Brylcreem. Eine angebrochene Rolle Lakritze. Verboten! Nascherei wird bestraft, erst recht in der Fastenzeit. Zwischen den Handtüchern steckt etwas, das offenbar nicht gefunden werden soll. Ein Buch? Ich habe es schon in der Hand. Jede Lektüre, die nicht für das Klassenzimmer oder die Kapelle bestimmt ist: verboten! Zumal ein solches Heft. Ein Comic. Mein Rosenkranz fällt zwischen die schmuddeligen Seiten, als ich mich aufs Bett setze. Mark, Mark, was hast du nur alles ausgefressen?

Vor einiger Zeit hing am Schwarzen Brett unseres Aufenthaltsraums ein rot umrandeter Zeitungsausschnitt, von Benedikt, unserem Superior, dem Einzigen in unserer Gemeinschaft, der die Volkskrant, die Tageszeitung für die katholischen Niederlande, auf seinen Schreibtisch bekommt. Zeitungen stammen aus der Welt, aus der wir ausgeschlossen sind, unser Oberhaupt wählt das aus, was er für beachtenswert oder für erbaulich hält. Was das Erste betrifft: In Zeeland und Südholland hat sich eine schwere Flutkatastrophe ereignet, unsere verehrte Königin hat sich in Gummistiefeln ein Bild von der Lage gemacht. Ebenfalls erfahren durften wir, dass Anfang des letzten Monats Josef Stalin gestorben ist, der Antichrist, der Satan in Menschengestalt. Für sein Seelenheil brauchten wir nicht zu beten. Der rot umrandete Zeitungsartikel, den Bruder Benedikt noch mit einem Pfahlwerk aus Ausrufezeichen versehen hatte, legte dar, warum Bildergeschichten verderblich für die Jugend sind. Sie würden sie lesefaul machen und, schlimmer noch, auf moralische Abwege führen. Dergleichen Lektüre sei verantwortlich für Sittenverfall und Kriminalität. Sogar für Selbstmord, oft durch Erhängen. Glaube ich das? Ich glaube sowieso nicht mehr so viel. Jedenfalls sind Comic-Hefte bei uns tabu. Auch das harmlose, seit Kurzem erscheinende Kinderwochenblatt, in dem eine Ente im Matrosenhemd, aber mit entblößtem Unterkörper, mit drei ähnlich gekleideten Neffen Abenteuer erlebt. Von früher erinnere ich mich an Bildergeschichten von einem Bären, der nur mit einem Karojackett bekleidet ist. Als Freund hat er eine Katze, die sogar gänzlich unbedeckt durchs Leben geht. Tarzan, der Affenmensch aus einem anderen Comic, streift so gut wie nackt durch den Urwald, unten herum trägt er nur ein Stück Leopardenfell. Und vermag doch einen Schrei auszustoßen, der durch zehn Bilder bis in die Tiefe des Dschungels dringt. Unvermeidlich, dass die Jugend da auf verhängnisvolle Gedanken kommt.

Mit was für einem Comic ich es zu tun habe, ist bei dem spärlichen Licht nicht festzustellen. Das Heft ist ziemlich zerknittert, es ist bestimmt schon durch viele verschwitzte Hände gegangen. Ich stecke es in die Innentasche meiner Kutte, wohin eigentlich auch der Rosenkranz gehört. Doch der gleitet an meinem Körper entlang nach unten. Perlen zwischen meinen Schenkeln.

An die Kojenwand sind Fotos der Familie Freelink geheftet. Vater in einem Straßencafé, mit Kapitänsmütze und Schnurrbart bis hinter die Wangen. Mutter fröhlich lachend in Gummistiefeln, zwischen denen ein kleiner Hund hervorschaut. Sie lässt vom Rheinkahn einen Eimer an einem Seil ins Wasser. Zwei Schwestern, älter als Mark, auf einer Blumenwiese. Die eine liegt auf dem Bauch, Beine in die Luft gestreckt, Füße verschränkt, die andere, Blume im Haar, sitzt im Schneidersitz daneben. Ernstes Lächeln. Wieder das Hündchen. Im Hintergrund, weit unter ihnen, die breite Biegung eines Flusses. Ich betrachte das Foto im matten Licht der Nachtlampe, dessen Schlagschatten schräg wie das Fallbeil einer Guillotine die Wand in zwei Hälften teilt. Die Schnappschüsse hängen in dem fahl beschienenen Teil, wo Mark sie auch nachts vom Bett aus sehen kann, zur dunklen Fläche hin verschwimmen die Ansichtskarten mit den Städten und Orten, in denen das Schiff ein paar Tage angelegt hat. Grüße aus Köln. Antwerpen. Ach, Rotterdam. Die Hef-Brücke. An der bin ich noch hochgeklettert. Wiesbaden. Marseille. IJmuiden. Die Karten hängen unter- und nebeneinander wie Comic-Heftseiten in Großformat. Dazwischen Tim aus Tim und Struppi. Blond wie Mark Freelink. Adrett gekleidet, wie immer in Knickerbockern, befreundet allerdings mit einem fluchenden Säufer, einem Schiffskapitän wie Mark Freelinks Vater. Verdächtige Freundschaft. Überhaupt all diese Männerbeziehungen in den Comics. Immer ein Älterer mit einem beträchtlich jüngeren Pfiffikus. Was mag das bedeuten? Der Verfasser des Zeitungsartikels, ein blutleerer Redemptoristenpater, violette Furchen unter den Augen, hat uns, den Erziehern unter den Brüdern, mal ein Referat darüber gehalten, mit dem er in Gemeindehäusern und Klosterinternaten hausieren geht. Deutscher Akzent. Lichtbilder, auf denen die geschlechtslose Nacktheit von Comicfiguren gezeigt wurde, die mit diesen Männerfreundschaften in irgendeinem Zusammenhang stehen sollte. Verwirrend für die männliche Jugend in der Zeit ihres Heranreifens. Enge Freundschaften müssen mit Argwohn beobachtet werden! Das verbindende Element zwischen Onkel Donalds Matrosenmütze und der Kapitänskappe des Seebären Haddock, so der Prediger, seien deren Sentimentalität und Wutanfälle. Haddock, der in Rage mit Gegenständen um sich schmeißt und Verwünschungen ausstößt. Sein junger Freund Tim ist nicht weniger hitzköpfig. Auch Onkel Donald weiß seine Leidenschaft nicht zu zügeln. Die empfängliche Jugend nimmt sich selbstverständlich an diesem abscheulichen Verhalten ein Beispiel. Können wir von der Ungezogenheit und Frechheit der Entenneffen hier in diesem Internat nicht auch ein Liedchen singen? Weg mit den Comics, diesem zu Verbrechen und Aggressivität anstachelnden Schmutz für Auge und Geist, verboten, ja verbrannt gehören sie! Und wer nicht hören will … Hier zeigte der geweihte Redner das letzte Lichtbild: die Ente, die maritime Kopfbedeckung schief auf dem Schädel, hat die drei Lausebengel von Neffen auf die Knie drapiert, die Hinterteile wie Schaumgebäck, und haut mit einer Kleiderbürste lustig drauf los. Mansuetus dankte dem Pädagogen für den erbaulichen Vortrag.

Mein Blick ist an den Mädchen haften geblieben, vor allem an dem mit der Margerite hinterm Ohr. Etwa zwanzig? Wie sie wohl heißt? Gusta heißt sie, beschließe ich. Ihr Hals, ihr wellenförmiger Körper. Ihre Schwester taufe ich Paulien, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Wie in Mondlicht posierend erwidern sie meinen Blick, und der Schmerz ergreift wieder Besitz von mir, die Sehnsucht, die Unschlüssigkeit. Die Fotowand zittert, weil sich auf der anderen Seite ein Körper herumwirft. Vielleicht habe ich durch mein zu lautes Atmen, meine Seufzer um Gusta, obwohl in Gedanken bei einer ganz anderen Frau, dort, wo sie nicht verblasst, jemanden in seinem Schlaf gestört. Als ich aufstehe, bleibt der Rosenkranz kurz an meinem Bauch hängen, bevor er an den Knien entlang weiter hinabrutscht, er rasselt zwischen meinen Füßen auf den Fußboden. Erektion. Lebendes Kunstwerk am Körper des Mannes, auch an dem eines Klosterbruders. Mein Pfahl lehnt an der stechenden Kutte, die wie eine Wärmeglocke über mir hängt. Als ich die Koje verlasse, erwartet mich schon mein Schatten, er klettert an mir empor und packt mich an der Gurgel. Wurde unser Ordensgründer von einem Sinnenreiz heimgesucht, da jeder Heilige nun einmal als Mensch beginnt, dann stürzte er sich nackt in eiskaltes Wasser, das es hier nicht gibt, sonst würde ich jetzt sofort hineinspringen. Eine Verlockung, der man widerstanden hat, ist wie ein Verlobungsring, mit dem der Herr sich inniger um unsere Seelen schließt, sagte Franziskus. Dergleichen Verrücktes sagte und tat er mehr. Am Anfang seiner Karriere als Heiliger zog er mitten in der Stadt, kein Wasser weit und breit, in einem Anfall von Exhibitionismus die Kleider aus. Er wollte nackt sein und neu anfangen. Die Versuchung dazu muss ich in diesem Moment unterdrücken.

Es ist jetzt ruhiger. Sie schlafen. Oder tun zumindest so, als ob. Auch Alard Haagen, Wange auf dem nassen Kissen, Mundbewegungen wie ein Fisch. Wieder starre ich hinüber zum Turm mit dem Rad im orangefarbenen Licht, zu den aufleuchtenden Fenstern im Dunkel über dem Dorf. Arme hängen am Körper herab. Ich denke an dich. Hände an meinem Geschlecht, wo der Kuttenstoff sich wie Schmirgelpapier anfühlt. Denkst du in diesem Moment auch an mich? Mein ganzer Körper ist schweißnass in diesem Gewand, in dem ich ersticke bei allem, was ich tue und denke. Zieh es doch aus. Höre ich dich das sagen aus der schwarzen Hitze dort drüben, Tricia? Hebe dich weg von mir, Satan, müsste ich jetzt eigentlich denken. Als ich mich umdrehe, sehe ich nur mich selbst als Negativ unter den Nachtlampen. Ich gehe in mein Zimmerchen zurück, ich könnte mich jetzt auch schlafen legen, mich ausstrecken unter der Weihwasserschale mit Palmzweig und den Orgasmus ins Taschentuch bis kurz vor die Entladung bringen, noch mal und noch mal. Einer der wenigen Orte hier und auf Erden, wo ich unbeobachtet bin, sogar ohne Schatten, denn im Dunkel ist alles Schatten. Mit mir selbst also, hinterfotziger Schnüffel, und im Kopf nichts als das andere Geschlecht.

Stattdessen entschließe ich mich, auf Mark Freelink zu warten. Warum dauert die Zwiesprache mit Mansuetus so lange, wo bleibt der Junge? Die Unterredung mit dem Streichstock. Wehe dem renitenten Schüler, der vom Eber bespielt wird wie eine Kniegeige. Aber Mark Freelink und renitent? Ich schiebe das Buch aus der Klosterbücherei, die Geschichte der Päpste, in dem ich zu lesen versucht habe, an den Tischrand. Auf der aufgeschlagenen Seite das Luther-Porträt von Albrecht Dürer, da trägt der Reformator noch die gleiche Kutte wie ich. Ich fühle mich ertappt, als ich das beschlagnahmte Comic-Heft aus Mark Freelinks Spind vor mich hin lege. Die ersten Seiten fehlen, von den anderen sind viele zerrissen, zerknittert oder aneinandergeklebt, allesamt sind sie vollgekritzelt und vollgemalt. Körniges Kriegspapier. Eine Inkunabel aus der Zeit der Bombenangriffe oder noch früher. Keine nur halb bekleideten Tierfiguren. Der Held ist ein Herr im Zweireiher mit Krawatte, der auf jeder Seite eine andere Person durch die Luft schleudert, zu Boden wirft, verprügelt. Patsch! Bauz! Hier, du Schuft, nimm das! Whamm! Der Held heißt Dick Bos, und da stehen auf einmal all die Onomatopöien und Ausrufe, die ich auf dem Schulhof und anderswo höre. Auch: Die haste schon mal, du Jämmerling!

Schlagartig werde ich aus der Lektüre gerissen und schaue zum Fenster gegenüber, wo fast in derselben Sekunde das Licht ausgeht. Ich rieche die Bäume und höre das Unhörbare, das doch hörbar ist wie ferne Brandung, die Stille tost. Als ich mich über die Fensterbank nach draußen lehne, ist in der Dunkelheit nichts zu sehen. Tappt Mark Freelink da unten herum? Ich rufe seinen Namen, leise, keine Antwort, im Laub raschelt eine Taube. Was nun? Zuerst im Waschraum die Thermoskanne füllen gegen den beißenden Durst. Das laue Wasser, das mir über den Kopf strömt, lässt mich das Gesicht verziehen, als wäre es mit etwas wie Firnis in Berührung gekommen, der jetzt in der Hitze abblättert. Aus meinem Haar tropft es unter die Kutte, über Rücken und Brust, wo es sofort verdampft. Durstig wie ein Hirsch, aber wie viel ich auch trinke, es beißt weiter.

Ich muss Freelink suchen. Allerdings wird hier dann das Chaos ausbrechen, noch bevor ich die Treppe halb unten bin. Doch da laufe ich schon in meiner sich blähenden Kutte, nichts darunter, was sich an den Beinen und höher merkwürdig anfühlt. Licht an im Treppenhaus, obwohl ich kein Licht brauche, ich finde die Stufen und Windungen auch so, Hand am Geländer mit den Messingknöpfen in regelmäßigen Abständen. Rittlings die Geländer hinunterrutschen, lässt das junge Volk deshalb auch bleiben. Oben ist es noch ruhig. Mark Freelink wird mir wahrscheinlich gleich auf der Treppe entgegenkommen. Aber nein. Unten lasse ich die Tür zum Schulhof weit offen als Leuchtbake, falls Mark in der Finsternis die Orientierung verliert. Sohn eines Schiffers. Ich rufe in gedämpftem Ton seinen Namen, jetzt selber in der Dunkelheit, in der meine Stimme sich anhört, als hätte ich mir ein Kissen aufs Gesicht gedrückt. Etwas weiter, jenseits der Mauer, der dünne Schein einer Straßenlaterne. Wäre ich nur dort. Keine Antwort. Baum. Nächster Baum. Ich kenne diesen Schulhof wie mein Gebetbuch, aber nachts bin ich hier noch nie gewesen, geschweige denn, dass ich eine Vorstellung von der bizarren Stille gehabt hätte, durch die ich mich jetzt vorantaste. Freelink, wo bist du? Wo steckt der Junge bloß? Vielleicht noch im Schulgebäude? Aber warum? Sollte ich nicht besser zu den neunundneunzig Schafen zurückkehren, die ich dem Evangelium zufolge zurückgelassen habe, um das eine verlorene zu suchen? Was würde Wiro oder ein anderer in dieser Situation tun?