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Für jede Welt im unendlichen Kosmos wird ein Schicksalhaftes Weltenbuch geführt. Eines existiert für die Erde und eines für die magische Welt Landory, die vor Äonen EINE Welt waren. Eine Schreiberin, die keine Gefühle und kein Herz hat, verfasst diese Bücher. Als der Morgenstern zur Schreiberin erwählt wird, ändert sich etwas, denn sie empfindet Mitgefühl. Sie hilft der Elbin Anysa, die auf Landory geboren wird und laut einer alten Prophezeiung das größte magische Potenzial ihrer Zeit in sich birgt. Um sie vor einem furchteinflößenden Dämon in Sicherheit zu bringen, wird sie durch ein Zeitportal zur Erde gebracht. Im modernen Berlin wächst sie behütet zu einer begnadeten Sängerin heran und kann mit ihrer Magie phantastische Illusionen heraufbeschwören. Als an Anysas 20. Geburtstag mittelalterlich gewandete Elben in Berlin auftauchen und das Mädchen gewaltsam zurück nach Landory holen, überschlagen sich die Ereignisse. Die Schreiberin mischt sich erneut ein. Sie ahnt nicht, dass ihre Handlung den Untergang beider Welten bedeuten könnte. Denn der Dämon will mehr, als beide Welten zu unterjochen. Er will die Sternenwelt zerstören. Dieser Fantasyroman ist der Beginn einer spektakulären Reihe, die einen ganz neuen Blick auf die Geschehnisse in unserer Welt eröffnet.
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Seitenzahl: 611
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Lana Morgenstern
Welten
Symphonie
Band 1
Das Kind
der Welten
Fantasyroman
Prolog
Es ist nicht richtig, dass die Welten getrennte Wege gehen.
Vor der Schreiberin lagen zwei Weltenbücher auf dem Tisch der Unendlichkeit. Auf dem einen Buch stand »Erde«, auf dem anderen »Landory«. Sie seufzte, als sie die Bücher berührte und die Geschichten zwischen den Seiten spürte. Dort standen mehr als Buchstaben und Zahlen. Hier waren Träume verewigt, Gefühle, Hoffnungen, Leben und Tod. So sollte es sein, das war der Lauf der Gezeiten. Aber etwas hatte sich verändert, denn eigentlich sollten nicht zwei Weltenbücher vor der Schreiberin liegen, sondern nur eines.
Einst, als etwas Schlimmeres als der Tod die Sternenwelt vernichten wollte, war die EINE Welt auseinandergebrochen. Verloren im sternenübersäten Kosmos drifteten die beiden Hälften voneinander weg. Doch das Leben war schon immer stark, beide Welten überlebten und formten sich neu. Die Quelle der Magie, welche einst die EINE Welt beherrscht hatte, bildete auf Landory, der Neuen Welt, ein Gefüge. Der andere Teil war nur noch mit einer schwachen Bande mit der Quelle verbunden und blieb auf der Erde, der Alten Welt.
Vorsichtig blätterte die Schreiberin im Weltenbuch der Erde ein paar Seiten zurück und sah damit gleichsam in die Vergangenheit. Das Buch war bereits sehr dick, es würde Jahrtausende brauchen, alles noch einmal durchzulesen. Das Weltenbuch Landorys hingegen wies bedeutend weniger Seiten auf. Dafür waren die mit einer mächtigen Magie verbunden, die duftend wie ein Sommerregen ganz besondere Gefühle in der Schreiberin weckten.
»Sie sollten wieder eins werden«, flüsterte sie mit ihrer melodiösen Stimme. »Es ist nicht richtig, dass die Welten getrennte Wege gehen.«
Allein das Schicksal sah das anders. Niemand hatte vorhersehen können, dass die EINE Welt das Schwert des Weltenschmiedes zu spüren bekommen sollte. Selbst die Zukunft war dafür blind gewesen, das war ein schwarzer Fleck im Gezeitenstrom. Doch seither war viel Zeit vergangen, die Welten gehörten zusammen. Das Schicksal jedoch sah nur einen Weg und wollte ihn nicht verlassen.
»Der Weltenrat lässt es nicht zu«, hatte das Schicksal der Schreiberin die Entscheidung der Hohen Damen und Herren mitgeteilt. »Die Zukunft fliegt bereits voraus und du musst niederschreiben, was sie dir zeigt.«
»Die Lebewesen beider Welten gehören einem Ursprung an, sie stammen aus derselben Quelle. Sie sind eins und sollten auf einer Welt leben«, begehrte die Schreiberin auf, aber das Schicksal hörte ihr nicht zu und verschwand.
Weiße Seiten lagen ausgebreitet vor der Schreiberin. Rein und unberührt sahen sie aus, wie frischgefallener Schnee. Sonnenstrahlen und Sternenglanz brachten sie zum Leuchten. Die Schreiberin fuhr andächtig über die jungfräulichen Seiten des Weltenbuches von Landory, dann sah sie auf den Einband. Dort war leuchtend ein Symbol abgebildet: Ein Notenschlüssel hielt zwei Weltkugeln zusammen, genau so war es einst gewesen.
Sie sah auf. Ihre dunkelgrünen Augen fingen das Licht des Abendsterns ein. Ihr goldenes Haar, das an ihrem Rücken in Wellen bis weit über ihre Hüfte hinabfiel, wirkte wie von der Sonne geküsst. Dann änderte sich ihre Augenfarbe und nahm einen braunen Farbton an, ihr Haar wurde silbern, wie die Sterne am Firmament. Doch auch diese Erscheinung war nicht von langer Dauer und wieder blickten grüne Augen auf das Weltenbuch. Die Schreiberin war ein Wesen, das bereits über die Welt gewandelt war, als das Leben sich neu entfaltet hatte. Wie Phönix immer wieder aus der Asche emporsteigt, war es ihr unmöglich, zu sterben, zu vergehen, ihre eigene Existenz auszulöschen. Als der Weltenschmied sie gefragt hatte, ob sie die neue Schreiberin werden wolle, musste sie zusagen. Sie mochte die beiden Welten und wollte mehr sein als eine ferne Beobachterin.
Die Schreiberin nahm ihre Feder aus Sternenglanz, strich noch einmal sanft über die leere Seite und setzte die Spitze an. Dabei summte sie ein Lied mit einer frühlingsklaren Melodie, welches beschwingt und kraftspendend zwischen den Sternen tanzte.
»Im ungetrübten Glanz einer dämmernden Welt, umgeben von Dunkelheit und schwindenden Träumen, wandelte das Volk der Erhabenen mit Hoffnung im Herzen auf Landory«, begann sie, zu schreiben. »Im Dunklen trieb die Welt dahin, bis jene kamen, die entlang vergehender Träume schritten, welche das Leben zum Erblühen brachte. Der Tod sah das mit Adleraugen und entsandte seine Häscher, denn jedes Leben schwächte seine Macht.«
Die Frau mit dem goldenen Haar hielt inne und schloss die Augen. Sie war eine Seherin, die dann und wann einen kurzen Blick in die Zukunft erhaschen konnte. Umgeben von eisigen Bergen, in deren Innersten das Feuer tobte, wusste sie um die Macht ihres Buches. Das Schicksal band fast immer ihre Hände und führte ihre Feder, auch wenn der Verlauf der Geschichte ihr selbst nicht immer gefiel. Aber wenn die Sterne günstig standen und die Schreiberin sich hinter dem Abendstern verstecken konnte, gelang es ihr, die Fesseln ihres Schwures ein wenig zu lösen. Diesen kurzen Moment nutzte sie und sie versuchte, hier oder da einen Satz zu ergänzen oder eine Warnung zu schicken, welche das Schicksal nicht bemerkte. Entweder sie entsandte einen Raben, der in vielen Welten ein Unheilsbote war, oder sie ließ ein vierblättriges Kleeblatt erblühen. Wenn die Zeit drängte, malte sie es in das Weltenbuch und zugleich erschien es bei der betreffenden Person. Dann wiederum verfasste sie Zeilen am Rand des Buches, die wie kunstvoll verzierte Rahmen wirkten, und deshalb nicht vom Schicksal erkannt werden konnten. Und so entsandte sie auch an jenem Tag, als das Gute über das Böse triumphiert hatte, eine Warnung und nannte sie eine »Prophezeiung«. Die Schreiberin hatte in die Zukunft geblickt und im Luftwirbel der Gezeiten die Zerstörung Landorys als mögliches Ereignis erkannt. Das jedoch durfte nicht geschehen.
Mit ihrer Schreibfeder war es ihr möglich, Zeilen auch in den Kosmos zu verfassen, welche weder vom Schicksal noch von der Zukunft gesehen werden konnten. Auf leisen Schwingen flog die Nachricht nach Landory. Für die eine Erhabene, die das stärkste Seelenlicht seit der Erschaffung des Lebens besaß, war es bereits zu spät. Die Schreiberin hatte ihre Geschichte verfasst. Doch für die anderen Bewohner Landorys und auch für die der Erde bestand noch Hoffnung.
Hoffnung, ein Gefühl, das die Schreiberin nicht ihr Eigen nennen durfte, genauso wenig, wie irgendein anderes Gefühl. Nichts und niemand sollte sie von ihrer Aufgabe abhalten. Doch einst, als die Schreiberin erwählt worden war, hatte niemand in dem Weltenrat bemerkt, dass auch sie über Mitgefühl verfügte und über Hoffnung.
Als das Schicksal die verbotene Handlung der Schreiberin bemerkte, war es bereits zu spät. Was einmal im Weltenbuch festgehalten war, konnte nicht mehr geändert werden. Das Schicksal lief los, denn es wollte den vorgezeichneten Weg der Zukunft beschreiten und nicht mühevoll einen neuen suchen. Die Schreiberin nutzte ihre Macht und lieferte sich ein Wettrennen mit dem Schicksal. Die Prophezeiung erreichte ihr Ziel und wurde von der Zukunft aufgenommen.
Von diesem Wettrennen und dem Kampf der Schreiberin bekamen weder die Bewohner der Erde noch die Landorys etwas mit. Ihre Geschichten wurden im »Schicksalhaften Weltenbuch« auf ewig niedergeschrieben. Doch all jene Geschichten, welche bisher nur die Zukunft kannte und die noch nicht im Weltenbuch verewigt wurden, waren veränderbar. Denn erst wenn ein Leben, eine Geschichte, ein Traum oder ein Tod im Buch niedergeschrieben waren, standen sie für alle Zeiten fest.
Surenas Seelenlicht
Ich brauche mein Herzblut und Eure Nähe, Zerstörer.
Verzeih mir, Erhabene, denn ich konnte dein Schicksal nicht ändern«, flüsterte die Schreiberin. »Aber dein Opfer soll nicht umsonst gewesen sein, denn auch ich sehe den Plan des Bösen, Landory mit Furcht und Schrecken zu überziehen.« Sie atmete tief durch und begann, das soeben Erblickte niederzuschreiben. Ihre Hand war ruhig, aber ihre Gedanken in Aufruhr. War es richtig, dass die Erhabene dieses Opfer brachte?»Du bist die Schreiberin und nicht das Schicksal«, ermahnte sie sich.Sie wusste um das Vergangene, wusste um dessen Einfluss auf die Zukunft. Wenn sie zurückblickte, war dort Dunkelheit, die in Schwaden in die Gegenwart waberte. Musste sie nicht eingreifen, wenn eine Zerstörung zu erkennen war, die eine ganze Welt betraf? Die Schreiberin konnte sich nicht entscheiden und notierte, was die Zukunft ihr offenbarte.»Flieh, Erhabene und rette dein Leben!« Mit diesen Worten versuchte sie ein letztes Mal, die Frau vor dem sicheren Tod zu bewahren. Doch für die Erhabene war es bereits zu spät.
Glitzernde Spinnweben hielten sich an den Bäumen fest und tanzten mit ihren losen Enden im sachten Wind. Tautropfen saßen auf den hauchdünnen Fäden und nahmen begierig jeden Sonnenstrahl auf, um den Wald in ein leuchtendes Märchenland zu verwandeln. Die großen Bäume standen weit auseinander, um den grünen Wiesen genügend Freiräume zu lassen. Das Blätterdach leuchtete in den unterschiedlichsten Grüntönen und spielte mit den vereinzelten Sonnenstrahlen, die einen Weg zum Waldboden fanden. Vögel zwitscherten ihre lieblichen Lieder und das Rauschen der Bäume glich der Symphonie des Sonnenaufgangs.
Die Luft war angereichert mit einem würzigen Duft nach nassen Blättern und Holz. Die Tiere des Waldes suchten am Boden und in der Luft nach Nahrung, um sich auf den Herbst vorzubereiten. Der Spätsommer im Land der Elben neigte sich dem Ende zu und der Wind brachte das Versprechen von Kälte und Veränderung mit.
Es war ein perfekter Tag in Adarak und ein jeder Besucher hätte sich gern auf das weiche Moos unter einen Baum gesetzt, um zu entspannen und die Schönheit der Natur zu genießen. Dieser Ort war der schönste im elbischen Land, wenn nicht sogar auf der ganzen Welt, die Landory genannt wurde. Und dieser Ort war auch der mächtigste. Eine uralte Magie ruhte zwischen den hohen Bäumen. Eine Kraft, die Landory einst erschaffen hatte und die es wieder zerstören konnte. Hier, an dieser Stelle, war der Beginn und hier würde alles enden. Das Schicksal Landorys sollte in diesem Paradies besiegelt werden, vor den Toren Tharuls, der Hauptstadt Adaraks.
Aber nicht, wenn ich das Ende noch aufhalten kann, dachte Surena, die Königin der Elben. Stolz und erhaben stand sie auf einer großen Waldlichtung und lauschte dem Rauschen der Blätter. Ihr weißes, bodenlanges Kleid bewegte sich sanft im Wind. Ihr silbernes, leicht gelocktes Haar umspielte ein gütiges und wunderschönes Gesicht. Kaum ein Wesen konnte sich ihrer Aura entziehen und das Leben selbst verneigte sich vor ihr. Wenn sie durch den »Heiligen Wald« schritt, sangen die Vögel besonders laut und melodiös, die Bäume rauschten aufgeregt und Blumen sprossen aus dem Boden. In ihren blauen Augen spiegelte sich stets der Wald wider, egal wo in Adarak sie sich auch befand. Ihr Blick fesselte jeden Betrachter, ihr betörender Duft erinnerte an den Moment nach einem Sommerregen. Surena war das verkörperte Leben und wurde genau deshalb von den Dämonen der Unterwelt umso mehr gehasst.
Die Königin drehte sich langsam im Kreis. Noch war alles friedlich. Kein Hinweis deutete auf das hin, was geschehen könnte … nein, was geschehen würde. Surena ließ ihren Blick noch einmal durch den Heiligen Wald schweifen, nahm sämtliche Sinneseindrücke in sich auf und atmete tief durch. Dieses Paradies würde nur noch für Sekunden existieren, denn Surena nahm eine tödliche Gefahr wahr, die sich ihr näherte.
Schlagartig verstummten die natürlichen Geräusche des Waldes. Kein Vogel war zu hören, der zwitschernd sein Lied sang. Kein Ast bewegte sich und das alltägliche Rauschen blieb aus. Die Sonne verbarg sich innerhalb weniger Atemzüge hinter dunklen Wolken und das Blätterdach der Bäume wurde fahl und krank. Schwarze Punkte legten sich auf die Blätter und fraßen das saftige Grün begierig auf. Nichts deutete mehr auf die einstige Vielfalt in diesem Wald hin. Es schien, als hätte jegliches Leben diesen Wald verlassen und Platz gemacht für etwas … anderes, etwas Dunkles.
Doch es war nicht völlig still.
Etwas war im Heiligen Wald zu hören, das nicht dorthin gehörte. Der Boden erbebte. Zuerst war die Erschütterung kaum wahrnehmbar, doch sie wurde immer stärker. Blätter und Äste auf dem Waldboden bewegten sich, kleine Kiesel sprangen umher. Die Luft war nicht mehr erfüllt vom würzigen Duft nach Leben, sondern wurde durch Fäulnisdämpfe verunreinigt. Der Tod schlich durch das Unterholz und gierte hungrig nach seiner Beute. Stimmen wurden laut, Geschrei kam hinzu. Das Brüllen unzähliger Tiere ließ die Bäume erzittern. Die Vögel, die sich bisher ruhig zwischen den Ästen verborgen hatten, flogen panisch auf.
Die Schatten zwischen den Bäumen bewegten sich, zogen sich in die Länge, dann in die Breite und teilten sich. Aus der Dunkelheit entsprangen viele Menschen, schwer bewaffnet mit Schwertern, Bögen und Äxten. Ihre Harnische waren so schwarz, wie ihre Seelen, die Arm- und Beinschienen, die sie trugen, waren mit scharfen Zacken versehen, damit jede noch so geringe Berührung leidvoll enden musste. Diese Menschen gehörten zum Dämonenheer, welches Tristok anführte, der Herrscher über Meridor. Er war es, der Adarak einnehmen und die starke Magie des Landes für sich vereinnahmen wollte. Würde ihm das gelingen, stand der Eroberung Landorys nichts mehr im Wege.
Er sah gar nicht so bedrohlich aus mit seinen knapp zwei Metern Körpergröße und den langen schwarzen Haaren. Sein Bart war gestutzt, die Haare zu einem Zopf zusammengebunden. Tristok war ein Mann der Muße und liebte intellektuelle Konversationen. Die Elbin wäre ihm sicherlich eine gute Gesprächspartnerin gewesen, denn sie hatte in ihrem langen Leben sehr viel gesehen und erlebt. Aber es war ihm nie gelungen, Surena gefangen zu nehmen und die Schwarze Magier in ihren Körper einzupflanzen. In diesem Fall würde sie ihm jetzt nicht gegenüberstehen, sondern ihr Heimatland an seiner Seite erobern.
Tristoks schlanke Statur steckte in einem einfachen Lederharnisch, weder Bein- noch Armschienen schützten ihn. Er brauchte keinen Schutz, denn kein Schwert oder Bogen würde ihm jemals etwas anhaben können. Würden nicht tausende von Soldaten und Dämonen um ihn herumstehen, hätte er ein Mann wie jeder andere auf Landory sein können. Aber ein besonderes Merkmal zeichnete ihn aus: seine Augen. Sie hatten eine eisblaue Farbe. Je nachdem, wie das Licht auf seine Augen fiel, waren sie entweder in ein Blau getaucht, wie es der Ozean trug, oder in ein eisiges helles Blau, das wie dickes Eis wirkte. An diese Augen erinnerte sich jeder, der sie einmal gesehen hatte, wenn er auch das dazugehörige Gesicht vergessen sollte.
Ein normaler Mann war Tristok bei Weitem nicht. Ein Wimpernschlag von ihm reichte aus, um ganze Landstriche zu verwüsten. Wirkte er Magie, nahmen seine eisblauen Augen eine schwarze Farbe an und ließen jeden erstarren, der ihn nur ansah.
Tristok trat an den Rand der großen Waldlichtung und beobachtete Surenas erhabene weiße Gestalt.»Muss mir diese Hexe schon wieder im Weg stehen?«, grollte er unheilvoll und wütend. Er brauchte diesen Ort, er musste ihn erobern, um seinen Siegeszug fortzusetzen. Nur Surena stand noch zwischen ihm und der magischen Quelle. Sie war eine Elbin, die unbewaffnet und allein für ein ungeübtes Auge kaum eine Gefahr darstellte. Aber er, Tristok, unterschätzte sie nicht und würde ihr nicht allein gegenübertreten.
Doch wo nur war ihr Volk? Hatte es etwa eingesehen, dass Tristok mächtiger war als Surena und versteckte sich jetzt hinter den hohen Mauern Tharuls?
Tristok sah zur Seite. Neben den Soldaten tauchten jetzt Dämonen und Monster auf, deren schiere Anzahl die der Krieger um ein Vielfaches übertraf. Wolfsähnliche Kreaturen mit messerscharfen Krallen wühlten den Waldboden auf. Dort, wo sie entlangliefen, blieb nur Asche zurück, denn sie entsprangen der Unterwelt und der Tod folgte ihnen auf dem Fuß.
Jenseits der Lichtung waren unbezähmbare Drachen zu hören, die sich schreiend in die Tiefe fallen ließen und das Blätterdach der weitläufigen Wälder zerfetzten. Sie wollten sich ebenfalls an der Eroberung des Landes beteiligen, denn die Elben hatten sie einst in den Norden verbannt, wo das ewige Eis sie an das »Rückgrat Landorys« fesselte. Diese Drachen hatten keinen Herrn und würden niemals irgendjemandes Befehle entgegennehmen. Aber sie schmiedeten nur zu gern Bündnisse, wenn sie ihnen zum Vorteil gereichten. Als Tristok zu ihnen gekommen war und ihnen seinen Plan geschildert hatte, waren die Drachen bereit gewesen, mit ihm gemeinsam das elbische Volk zu vernichten, denn die Drachen sannen seit Langem auf Rache.
Mannsgroße Spinnen webten mit armdicken Seilen gefährliche Netze zwischen den Bäumen und fingen damit die fliehenden Tiere ein. Das Brechen von Knochen und das Schmatzen der großen Arachnenmäuler hallte durch den Wald und wurde nur durch das Getöse des heranstürmenden Heeres übertönt. Die Kronen der Bäume wankten bedrohlich, viele knickten um und wurden unter der heranpreschenden Meute zermalmt. Der Heilige Wald wurde zerstört und das bereitete Tristok tiefste Zufriedenheit.
Auf Surenas porzellanartigem Gesicht zeigte sich keine noch so geringe Regung. Sie sah in Tristoks Augen und erstarrte nicht vor ihnen, wie so viele andere Menschen und Elben. Nein, sie konnte seinem Blick standhalten, spurlos ging er dennoch nicht an ihr vorbei. Ihre empfindsame Seele litt sehr unter Tristoks Aura, unter seinem Blick, unter seiner ganzen Erscheinung. Er war ein Dämon, älter als sie selbst und hatte schon gegen ihre Eltern gekämpft. Bisher konnte jeder dieser Kriege vom elbischen Volk gewonnen werden. Diesmal aber stand der Sieg auf Messers Schneide und konnte nicht ohne ein Opfer errungen werden.
Eine flüsternde Stimme drang an Surenas Ohren und durchbrach ihre düsteren Gedanken.
»Flieh, Erhabene und rette dein Leben!« Es war der Wind, der ihr diesen Ratschlag gab, allein Surena rührte sich nicht. Sie spürte das Böse, die Qual und den Tod, die von Tristok ausgingen. Niemals konnte sie zulassen, dass er ihre Heimat erobern und zerstören würde.
»Nein«, antwortete sie dem Wind.
»Du wirst das Unausweichliche nur hinauszögern«, gab der Wind nicht auf.
»Das kannst du nicht wissen«, erwiderte Surena.
»Das Schicksal hat seine Fäden gesponnen, die Zeit Landorys ist vorbei. Flieh in die Gestade zwischen den großen Sternen. Dort bist du mit deiner Familie in Sicherheit.«
Bevor Surena darauf antworten konnte, kamen weitere wispernde Stimmen hinzu.
»Die großen Sterne rücken zusammen, das Tor in die Gestade ist frei. Flieh, Erhabene, flieh, denn das Ende erscheint bald im Weltenbuch.« Es waren die Natur, die Magie sowie das Leben, die im Chor an Surenas Vernunft appellieren wollten.
Die Elbenkönigin gab ihnen keine Antwort, weder stumm noch laut. Sie hatte ihre Entscheidung getroffen und wollte Adarak wie auch Landory die Chance geben, das Schicksal vom Gegenteil zu überzeugen.
Ohne Rüstung, durch keine Waffe und keinen Krieger geschützt, der um ihr Leben kämpfen würde, wirkte sie auf der großen Lichtung völlig schutzlos und verlassen. Surena war allein gekommen, sie hatte Tharul in der Nacht unerkannt verlassen, um hier ihr Schicksal zu erfüllen. Nur sie allein war in der Lage, das Dämonenheer aufzuhalten. Doch welchen Preis würde sie dafür zahlen?
»Meine Kinder werden in Frieden aufwachsen«, flüsterte sie sich selbst Mut zu. »Wenn er auch nur von kurzer Dauer sein wird.«
Sie musste an die Prophezeiung denken, die sich ihr in der vergangenen Nacht eröffnet und sie zu diesem Schritt gezwungen hatte. Sollte sie ihr Opfer nicht bringen, offenbarte der Blick in die Zukunft Tristoks baldigen Sieg und das Ende der ihr bekannten Welt. Und nicht nur Landorys Schicksal stand auf dem Spiel, sondern ebenso das einer anderen Welt.
Die Erschütterung im Boden intensivierte sich und Surena sah sich um. Die Lichtung war groß und die Elbin würde die Angreifer rechtzeitig genug erkennen. Um zu siegen, musste sie Tristok so dicht wie nur möglich an sich heranlassen. Das Böse musste sie berühren, damit sie es in sich aufnehmen und verbannen konnte. Damit würde aber auch ihre eigene Vernichtung einhergehen.
Angst bemächtigte sich ihrer, kroch wie ein schleichendes Gift durch ihre Adern und flüsterte, sie solle fliehen. Ist mein Opfer wirklich sinnvoll?, fragte sie sich nicht zum ersten Mal an diesem Tag. Alles in ihr schrie danach, umzukehren. Sie sollte in das Schloss von Tharul zurückkehren, ihre Kinder an sich nehmen, Schutz suchen zwischen den Sternen und …
»Ich habe keine Wahl«, flüsterte sie und brach ihren Gedanken ab. Eine Träne rollte an ihrer Wange hinab. Es gab keine Fluchtmöglichkeit für sie. Würde sie Tristok nicht aufhalten, würde nicht nur Adarak fallen. Aber was wäre, sollte ihr Opfer sinnlos sein? War es zu spät, hatte sie zu lange mit sich gehadert? Hatte der Wind etwa recht und das Ende Landorys stand in baldiger Zukunft bevor und würde im Weltenbuch verfasst werden?
Ein Schrei ließ sie zum Himmel emporschauen. Die Drachen hatten sie entdeckt und stürzten sich angriffslustig in die Tiefe. Mit ihren riesigen Flügeln verursachten sie einen gewaltigen Sturm und nur mit Mühe konnte Surena aufrecht stehenbleiben. Ein Drache kam auf nur wenige Meter an sie heran und die Elbin vermochte, das Böse in seinem Blick zu erkennen. Doch als seine Krallen sie packen und zerreißen wollten, trafen sie auf eine unsichtbare, aber undurchdringliche Barriere.
Mit einem wütenden Schrei versuchte der Drache, Surena nochmals zu ergreifen. Ihr Schutzschild hielt seinem Angriff jedoch stand und die kleinen Risse auf dessen Oberfläche schlossen sich augenblicklich wieder. Mehr als das konnte sie nicht tun, denn sie würde ihre ganze Kraft dafür benötigen, Tristok in die Unterwelt zu verbannen. Töten konnte sie ihn nicht, dafür reichte ihre Magie nicht aus. Ein Gefängnis musste genügen.
Nun war es soweit, das Dämonenheer war am Rand der Lichtung komplett aufmarschiert. Der Herrscher über Meridor beobachtete das Treiben auf der Lichtung. Ihm war klar, dass die Drachen keine Chance hatten. Sie waren sehr stark, aber genauso dumm und leichtgläubig. Er bewegte seine Hand und im nächsten Moment traf eine Druckwelle die geflügelten Monster. Sie stoben in alle Richtungen auseinander und die Elbin war frei. Tristok hatte das sicher nicht aus reiner Nächstenliebe getan. Vielmehr waren die Drachen ihm im Weg gewesen für das, was jetzt kommen sollte. Denn nun würde er Surena, die mächtigste Magierin des elbischen Volkes, endlich vernichten und sich ihre Magie aneignen. Sie war allein, kein einziger Krieger schützte sie. Doch Tristok unterschätzte sie nicht. Vielmehr vermutete er, dass sie keine Elben und Menschen opfern wollte.
»Wie nobel«, sagte er leise und schnaubte verächtlich.
»Sie ist schutzlos. Wir sollten angreifen«, riss Anaruba den Herrscher aus seinen Gedanken. Tristok drehte sich nicht zu dem Dämon um, als er ihn fragte: »Wollt Ihr mir einen Ratschlag erteilen?« Er hatte seine Stimme kaum erhoben und sie hätte im Gebrüll der wartenden Dämonen und Soldaten untergehen sollen. Doch sie tat es nicht und schwebte leicht wie eine Frühlingsbrise über das gewaltige Heer. Anaruba stellte sich kerzengerade auf und schüttelte den Kopf.
»Nein, Herr, verzeiht mir«, antwortete er schnell und wich ein paar Schritte zurück. Er hatte bemerkt, dass Tristok seine Magie ergriffen hatte, die er auch gegen ihn einsetzen würde. Obwohl Anaruba selbst ein großer Magier war, konnte er mit der Magie des Zerstörers, wie Tristok auch genannt wurde, nicht mithalten.
So galant Tristok aussah, so grobschlächtig war Anaruba. Er verlor schnell die Kontrolle über sich, war jähzornig und tötete gern den Überbringer schlechter Nachrichten. Seine schwarzen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht, seine Augen ruhten kaum einen Wimpernschlag lang auf einem Punkt. Er ließ sich nichts befehlen, außer von seinem Herrn. Deshalb schluckte er seine Wut schnell herunter, umfasste seinen Beidhänder mit einer Hand und wartete.
Tristok hatte seine Aufmerksamkeit wieder auf Surena gelenkt. Die sah ihm stumm entgegen. Ob sie schreien wird, wenn ich ihr das Herz aus dem Körper reiße?, fragte er sich. Wie es mir wohl munden wird?
Bald würde er es herausfinden und bereits die Vorfreude darauf zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht. Er hob seinen rechten Arm und die Meute um ihn herum verstummte augenblicklich. Die Luft knisterte vor Anspannung und Surena blickte ein letztes Mal hinauf zum Himmel. Dann ließ Tristok seinen Arm herabsausen. Sein Dämonenherr preschte los und überflutete die Lichtung. Menschen, Monster und Dämonen kamen von allen Seiten, sodass die Elbin eingekreist war.
Anaruba folgte den Monstern mit seinem großen Beidhänder. Mit diesem Schwert wollte er die Elbin in zwei Teile zerteilen. Er hoffte, dass der Plan seines Herrn aufgehen würde. Immerhin war Surena allein und konnte gegen eine solch große Anzahl von Soldaten, Monstern, Dämonen und Magiern nichts ausrichten – zumindest nicht auf Dauer. Und dann, wenn sein Herr Adarak eingenommen hätte und durch den Kampf geschwächt wäre, würde Anarubas Plan fruchten. Denn er hatte nicht vor, auf ewig Tristoks Handlanger zu sein.
An diesem Plan arbeitete er bereits viele Jahre. Es fiel ihm nicht leicht, sein Geheimnis zu wahren, und so manches Mal wären ihm seine Ungeduld und sein Jähzorn beinah zum Verhängnis geworden. Er musste sich zusammenreißen, jetzt, da sein Ziel so nah war.
Anaruba konnte eine Elbin mit Schwarzer Magie infizieren, ein Vorhaben, das Tristok nicht geglückt war. Bald würde er sich diese Elbin holen und dann wäre er der Herrscher über Landory. Doch jetzt galt es, eine Schlacht zu gewinnen.
Surenas Körper vibrierte. Auch sie hatte ihre Magie ergriffen. Ihr Anhänger, der bisher ruhig auf ihrer Brust gelegen hatte, leuchtete sanft auf. Er sah aus, wie ein Regentropfen aus milchig-weißem Kristall und in seiner Mitte ruhte ein Licht. Dieses Licht wurde immer größer, bis es den Tropfen überstrahlte. Schließlich begann die ganze Elbin zu leuchten, breitete ihre Arme aus und atmete tief ein. Den Gestank von verfaultem Fleisch und Tod, der in der Luft hing, nahm sie nur am Rande wahr. Sie brauchte die Magie des Landes, denn in Adarak ruhte die Weltenquelle Landorys. Nirgendwo gab es mehr gebündelte Magie als hier und nur darum war dieser Ort genau der richtige, um zu sterben.
Die übrig gebliebenen Bäume neigten zuerst ihre Kronen zur Lichtung, bis der Sog immer stärker wurde. Ihre dicken Stämme folgten dem Sog und lautstark brach das Holz. Tristok sah sich verwundert um. Ihm war nicht klar, warum Surena das tat, denn mit ihrer Handlung zog sie die Gefahr zu sich heran.
Jetzt wurden die Drachen über dem Wald von dem gewaltigen Sog zu Boden gezogen. Panisch versuchten sie, sich ihm zu entziehen. Sie waren indes nicht stark genug und fielen krachend in das heranstürmende Dämonenheer. Als die geflügelten Monster wild um sich schlugen und versuchten, sich wieder vom Boden zu erheben, gab es unzählige Opfer. Die wolfsähnlichen Kreaturen unterschieden nicht zwischen Freund und Feind. Die Drachen waren für sie in diesem Moment Opfer, die in Reichweite gekommen waren, und sie stürzten sich auf sie.
Die restlichen Gegner sprangen über die Kämpfenden hinweg und rannten auf Surena zu. Die sah ihnen mit unbewegter Miene entgegen. Die Dunkelheit legte sich über den Heiligen Wald und so wirkte Surena als strahlende Erscheinung, wie ein Licht in der Nacht. Die Elbin wurde immer mehr eingekreist, bis die Klauen der Dämonen an ihrem Schutzschild kratzten.
Surena konnte ringsumher keine Natur mehr erkennen. Die Lichtung war schwarz, die Bäume lagen am Boden und der Himmel verfinsterte sich zusehends.
Als sie spürte, dass sie keine weitere Magie mehr in sich aufnehmen konnte, hielt sie inne. Für einen Wimpernschlag lang war es so still, wie in einer Grabkammer. Nichts und niemand bewegte sich, die Bäume blieben mitten im Fallen in der Luft stehen, als würde etwas sie aufhalten. Vögel standen bewegungslos und starr am Himmel, ihre Flügel weit ausgebreitet. Die Krallen der Monster hatten Surenas Schutzschild durchdrungen und kratzten bereits an ihrem Gewand. Doch sie kamen nicht weiter.
Nur eine einzige Person konnte sich diesem Stillstand der Zeit entziehen. Tristok kam langsam näher, stieß die Soldaten um, die mitten im Laufen erstarrt waren, und kam endlich bei Surena an.
»Möchtet Ihr mit mir allein sein, Königin?«, fragte er im süffisanten Tonfall. Seine Augen waren schwarz, wie die Nacht, seine Haut glühte. Das war ein Anzeichen dafür, dass er ebenfalls sehr viel Magie in sich aufgenommen hatte, genauso wie Surena.
»Eure Vernichtung ist eine sehr private Angelegenheit«, erklärte Surena leise. »Ich möchte Euch nicht vor Eurem Heer demütigen.«
»Wie aufmerksam von Euch«, bedankte sich Tristok, hob seine rechte Hand und ließ ein Messer aus schwarzem Feuer darin erscheinen.
»Ihr verkennt nur die Lage, Hoheit. Denn es ist Eure Vernichtung, welche diesen Tag krönen wird. Ihr gestattet?«
Noch bevor er das letzte Wort ausgesprochen hatte, verringerte er die Distanz zu Surena, beugte sich vor und rammte ihr das Messer mitten ins Herz. Es war so einfach, ihr Körper so zart. Ohne auf einen Widerstand zu treffen, versank die Klinge bis zum Heft. Surena ließ es zu, wehrte sich nicht und hieß die Waffe willkommen.
»Was …?« Tristok starrte Surena an. Es war zu einfach. Er hatte mit einem harten magischen Kampf gerechnet. Er hatte gedacht, die meisten seiner Soldaten würden sterben, sein Heer dezimiert werden. Und nun sollte er den Sieg davontragen, ohne auch nur einen Mann zu verlieren? Hier stimmte etwas nicht!
Auf Surenas Gesicht hingegen erschien kein erschrockener, schmerzerfüllter Ausdruck. Es war vielmehr ein Lächeln, das sie ihm schenkte, ein wissendes Lächeln.
»Ich brauche mein Herzblut und Eure Nähe, Zerstörer«, erklärte die Elbenkönigin.
Sie umfasste mit beiden Händen seine Faust, die noch immer das Messer hielt, zog ihn noch dichter an sich heran und küsste ihn.
Tristok riss die Augen weit auf. Er versuchte, sich aus Surenas Griff zu lösen, aber sie war um vieles stärker als er. Die Zeit schnellte mit einem harten Ruck wieder in die Realität zurück, die Stille wurde durch das ohrenbetäubende Dröhnen des heranpreschenden Heeres durchbrochen. Doch dieses Heer kam nicht weit.
Surena drückte ihre Lippen auf die von Tristok, öffnete ihren Mund und atmete tief ein. Sämtliche Magie, die der Zerstörer in sich trug, sog sie in sich ein, sodass er sie nicht mehr kontrollieren konnte. Wann immer er sie gegen die Elbin entsenden wollte, entzog sie sich seiner Hand, wie nasse Seife.
Als Surena genügend Schwarze Magie in sich aufgenommen hatte, hielt sie inne und sah ihn an. Sie löste ihre Lippen von ihm und sagte: »Ihr werdet mir nun in die Unterwelt folgen. Da ich Eure Magie in mir trage, seid Ihr untrennbar an mich gebunden.«
Tristok vermochte nun, sich endlich von ihr zu lösen, und stolperte einige Schritte rückwärts. Seine rechte Hand war rot von ihrem Blut, ihrem Herzblut.
»Halt!«, schrie er und das Dämonenheer blieb tatsächlich stehen. Nur wenige Meter trennten es noch von den beiden Kontrahenten, als die Elbin jene Worte sprach, die nie über ihre Lippen kommen sollten.
»Ich unterwerfe mich den Latharl, den mächtigen Sieben der Unterwelt«, rief Surena in den mittlerweile pechschwarzen Himmel. Ihre Stimme klang nicht mehr so fest, die Schwäche darin war deutlich zu erkennen.
»Nein!«, schrie Tristok. »Tötet sie!«
Das Dämonenheer setzte sich wieder in Bewegung, doch es war zu spät. Eiseskälte kroch wie eine Schlange über den Ascheboden, Eis legte sich über die Soldaten und Monster. Die Latharl kamen, die mächtigesten sieben Magier Landorys, die ihr Dasein in der Unterwelt fristen mussten.
Surenas Anhänger erlosch in diesem Moment, denn seine Trägerin war nur noch eine leere Hülle. »Flieh, Iliah, sie kommen«, waren ihre letzten Worte, dann verschwand sie unter massigen schwarzen Körpern.
Ihre Seele jedoch wurde von anderen Wesen geholt. Die Eiseskälte ließ die Monster innehalten, denn sie konnten sich fast nicht mehr bewegen. Ihre Gliedmaßen drohten, einzufrieren.
Dann waren sie da. Die Latharl, schwarz gewandet in Umhänge und mit tief ins Gesicht gezogenen Kapuzen, kamen auf Surena zu. Sie berührten die Monster, welche die Elbin in Stücke zerreißen wollten, und die Kreaturen zerfielen augenblicklich zu Asche.
»Du bist für immer unser«, prophezeite ein Latharl und beugte sich zu Surena hinab.
Er war so groß wie die Elbin, offenbarte aber das ganze Gegenteil ihrer Erscheinung. Während sie das Leben verkörperte, die Liebe, die Hoffnung und den Glauben an das Gute, war er der Tod, das Leid und der Schmerz. Rotglühende Augen, die vor Triumph hell aufloderten, sahen die Elbin an.
Zum ersten Mal seit Anbeginn der Zeit würde nun eine Elbin, ein reines Wesen, in die Unterwelt geholt und auf Ewigkeit der Verdammnis angehören. Noch nie war sie mit dem Bösen in Berührung gekommen, hatte jedem Argwohn, jeder Hinterlist, Neid und Missgunst widerstanden. Sie war so sehr anders als die Menschen, sie war wie unberührter Schnee. Nun würde sie am eigenen Leib erfahren, was Leid bedeutete, und ihre Seele würde die Dunkelheit zu spüren bekommen. Dadurch war ihr der endgültige Tod versagt, ihr Leben war aber auch ausgehaucht. Zwischen den Welten würde sie niemals Ruhe finden und die Latharl konnten sich für alle Zeit, die noch kommen würde, an ihrem Leid erfreuen.
Surena schloss endgültig die Augen. Der Latharl berührte ihre Stirn. An dieser Stelle wurde ihre Haut unmittelbar schwarz. Der Verfall breitete sich in Wellen über ihren ganzen Körper aus und innerhalb weniger Augenblicke war die Elbin nicht mehr zu erkennen. Sie war zu Asche geworden. Inmitten der Asche aber war noch ein schwaches Leuchten auszumachen: Das war Surenas Seelenlicht.
Der Latharl nahm es auf und hielt es in seiner Hand. Als ein zweiter Latharl nach ihrem Anhänger greifen wollte, stoben blaue Funken heraus, die in seine Hand einschlugen. Er schrie auf und ließ den Anhänger los.
Plötzlich intensivierte sich das Leuchten des Seelenlichts und nahm an Temperatur zu. Der Latharl sah verwundert auf das immer heller werdende Licht. Aus der schwachen Wärme wurde Hitze und schließlich schien es, als würde der Latharl eine kleine Sonne in der Hand halten.
Er ließ das Seelenlicht fallen, doch allein, es fiel nicht zu Boden. Vielmehr flog es in den Anhänger, den Surena getragen hatte, und vereinigte sich mit dessen Licht. Das Schmuckstück stieg in die Höhe, als würde es jemand aufheben. Und noch bevor ein Latharl erneut danach greifen konnte, flog es davon.
»Sie hat uns betrogen«, grollte einer der Schwarzen Magier. »Ihre Magie ist für uns verloren.«
»Ihre Seele ist dennoch unser«, antwortete ein anderer und deutete auf Surenas Asche. Über ihr zeichnete sich ganz schwach die Silhouette der Elbin ab. Wie leichter Nebel schwebte sie knapp über der Asche.
Ein Latharl hob seine Hand und die Seele der Elbin richtete sich auf. Surena öffnete die Augen und sah ihn an.
»Wir werden dein Seelenlicht wiederbekommen. Es gibt keine Hoffnung für dich.«
Die Elbenkönigin antwortete nicht darauf. Nur mit Erlaubnis eines der Latharl war es ihr möglich, zu sprechen oder sich zu bewegen. Selbst den Schmerz, der tief in ihrem Inneren saß, konnte sie nicht zeigen. Und er würde größer werden, je heftiger die mächtigen Sieben sie bestrafen wollten.
Plötzlich war ein leises Summen zu hören. Die vereiste Landschaft erwärmte sich wieder, Wasser floß von den eingefrorenen Kreaturen und Menschen herab. Sie tauten auf.
»Wie ist das möglich?«, wollte ein Latharl wissen.
Aus dem Summen wurde bald eine Melodie, lieblich und zart wie ein Frühlingswind, der mit den Tautropfen eines Sonnenaufgangs spielte.
Surenas Anhänger kam zurück und schwebte hoch über dem dämonischen Heer. Das Seelenlicht intensivierte sich wieder und bald war der Anhänger nicht mehr zu erkennen. Die Latharl spürten die enorme Magie, die von dem Schmuckstück ausging, drehten sich um und kehrten mit Surenas Seele in die Unterwelt zurück.
Das Dämonenheer erwachte aus seiner Starre. Einige Soldaten schauten in den Himmel und beobachteten, wie silberne Wellen von der kleinen Sonne ausgingen, die sich wie ein Tuch über ihnen ausbreiteten. Die Magie Surenas entfaltete ihre ganze Kraft und senkte sich über alles herab. Sie tötete bedingungslos und zerstörte auch die Reste der Natur. Kein lebendes Wesen vermochte dieser Kraft zu entkommen.
Panische Schreie waren zu hören, denn jeder versuchte, dem silbernen Tuch zu entfliehen.
Tristok war erstarrt. Er spürte, wie seine Seele in die Unterwelt gesogen wurde. »Anaruba«, rief er nach seinem Handlanger. »Helft mir!«
Doch der große Dämon, der Tristok um einen ganzen Kopf überragte, zog sich zurück.
»Helft Euch doch selbst, Herr«, erwiderte er, drehte sich um und rannte leichtfüßig davon. Er wusste nicht, ob er der todbringenden Magie würde entkommen können. Jeder Soldat, der ihm im Wege stand, jede einzelne Kreatur wurde von ihm getötet. Er wendete viel Magie auf, um einen starken Schutzschild zu wirken, denn der Tod war nur noch etwa drei Meter vom Boden entfernt. Um ihn herum wurde das gesamte Heer pulverisiert. Anders war es nicht zu bezeichnen, denn wen oder was auch immer das leuchtend silberne Tuch berührte, zerfiel augenblicklich in kleine Staubkörner und verschwand im Licht.
Schließlich war er aus der Gefahrenzone heraus und hörte einen markerschütternden Schrei, als Tristoks Seele in die Unterwelt hinabgezogen wurde.
»Meine Zeit wird kommen«, zischte Anaruba und rannte fort, in Richtung Meridor. Er brauchte nur noch ein wenig Geduld.
Als die Magie ihr zerstörerisches Werk beendet hatte, zog sie sich wieder in den Anhänger zurück. Nur schwach war noch ein leichtes Glimmen in seiner Mitte zu erkennen. Nun flog der Anhänger Richtung Norden davon, nach Tharul, um seine neue Trägerin zu finden.
Die Prophezeiung
Ein Opfer der Wissenden, der Lesenden, das Herz einer Mutter.
Das Schicksal beobachte von der Milchstraße aus, was die Schreiberin tat. Sie mischte sich in die Geschicke der Zukunft ein und versperrte dem Schicksal seinen längst fest gelegten Weg. Das durfte nicht sein und das Schicksal ging dagegen vor.»Die Prophezeiung wird entschlüsselt werden«, zischte es und flog nach Landory. »Aber es wird der Novize sein, das angeblich Böse. Es hat genau dasselbe Recht, auf der Welt zu wandeln, wie das Gute. Ohne Licht gibt es keinen Schatten, ohne Schatten kein Licht. Gibt es kein Licht, verschwindet das Leben. Und ohne Leben gibt es mich nicht.«Das Schicksal fuhr als kühler Wind getarnt durch die Mauerritzen der Burg Wendrock und berührte einen der Novizen. Das Wissen durchflutete ihn augenblicklich und er griff nach dem richtigen Buch. Dann flog das Schicksal weiter, zum Land der Erhabenen. Es verwirrte die Gedanken des Königs, auf dass der eine andere Entscheidung treffen möge. Um ganz sicher zu gehen, sorgte es dafür, dass Drachen vom Rückgrat Landorys das Reich der Erhabenen angreifen würden. Auf diese Weise wäre der König gezwungen, seine Armee nach Norden auszuschicken und nicht nach Süden. Mit sich selbst zufrieden flog das Schicksal zurück, nahm seinen angestammten Platz ein und sponn seine Fäden neu.Die Schreiberin bemerkte das wohl, offenbarte ihr Wissen jedoch nicht. Sie hatte nicht die Kraft, die Drachen zu lenken. So entsandte sie Hilfe, um das Eingreifen des Schicksals abzumildern.
Fast 500 Jahre später saß eine Elbin an einem Fenster und spürte im Spiel der Gezeiten, dass sich die Schatten der Vergangenheit langsam der Gegenwart näherten. Sie wusste um eine Gefahr, wollte sie aber nicht wahrhaben.
»Bitte kehr nach Tharul zurück, denn das Böse ist dir auf der Spur«, wiederholte Iliah leise die mahnenden Worte ihres Bruders. Bisher war jede seiner Warnungen ins Leere gelaufen, denn die Zeit offenbarte keine Gefahr. Heute aber hatte sich etwas geändert. Der Wind außerhalb ihres kleinen Hauses brachte ein Wispern und Zischen mit, ein Kichern … Ein Ruck war durch Landory, durch Adarak und durch ihr Dorf Dara gegangen. Als hätte jemand ein neues Kapitel aufgeschlagen und damit begonnen, eine neue Geschichte auf die leeren Seiten zu schreiben.
Iliah konnte spüren, wie das Böse mit eisigen Fängen nach ihr leckte und versuchte, sie zu vereinnahmen. Fröstelnd sah sie aus dem Fenster. Trüb zogen dicke Wolken über den herbstlichen Himmel. Das Licht der Sonne konnte sich nicht mehr durch die Wolken kämpfen. Bäume und Sträucher im Garten wirkten farblos und grau. Ein kühler, böiger Wind wehte vom Yanuzi-Gebirge herab und brachte in seinem Gefolge trockenes Laub mit sich. Unbarmherzig trieb er die unzähligen Blätter über die steinigen Straßen des Dorfes. Kein Blatt entkam der Gewalt des Windes, er fand sie hinter jeder Ecke.
Iliah saß an ihrem kleinen Fenster in der Webstube und beobachtete das hektische Treiben, während der Tag sich langsam seinem Ende entgegen neigte. Draußen war es düster, kalt und nass. Ihr kam es vor, als sei schon eine Ewigkeit vergangen, seit sie im Sommer die warmen Strahlen der Sonne genießen konnte und durch Wälder lief, die voller Stolz ihr grünes Kleid präsentierten. Jetzt waren die Bäume trocken, manche gar tot. Ihr einst grünes Gewand war verdorrt und zerrissen. Alles ist vergänglich, dachte sie in diesem Moment und ihr betrübtes Gemüt wurde noch trauriger.
Der Elbin war nicht aufgefallen, wie kalt es zwischenzeitlich in der kleinen Webstube geworden war. Schnell legte sie sich einen dicken Wollschal über die Schultern, um die Wärme wieder in ihren Körper zu locken. Um die Dunkelheit zu vertreiben, zündete sie eine Kerze an. Deren Licht tauchte den Raum in ein Wechselspiel aus Licht und Schatten. Unterdes war der Wind stärker geworden und drückte die kalte Herbstluft durch die verwitterten Mauer- und Fensterritzen der kleinen Stube. Der eiserne Ofen war noch kalt, da es um diese Zeit sonst nicht so kühl wurde. Aber dennoch, Elben froren nicht so leicht. Iliah verstand ihre momentane Empfindlichkeit nicht so recht. Ihre weichen, ebenmäßigen Gesichtszüge verzogen sich zu einem kleinen Schmunzeln. Sicherlich war ihre Schwangerschaft schuld daran.
Nur wenigen Elbinnen war es vergönnt, jemals ein Kind zu empfangen. Jede Elbin, die ein Kind bekommen hatte, reagierte anders auf die damit verbundene Umstellung ihres Körpers. Iliah kannte nur wenige Frauen, die ein Kind bekommen hatten. Zu gern hätte sie sich mit ihnen unterhalten, doch sie wollte Tharul nicht betreten, wo einige der werdenden Mütter lebten. Im Zorn hatte sie die Hauptstadt Adaraks verlassen und wollte keinen Fuß mehr hineinsetzen. Doch nun, da neues Leben unter ihrem Herzen heranwuchs, änderte sich ihre Sicht. Der Streit mit ihrem Bruder tat ihr von Herzen leid und sie war bereits mehr als einmal versucht gewesen, seinem Angebot zu folgen, nach Tharul zurückzukehren. Aber was würde dann aus Andero werden, ihrem geliebten Mann? Würde ihr Bruder ihn endlich akzeptieren oder würde er ihn erneut aus Tharul verweisen?
Iliah schüttelte den Kopf. Ihr silbernes Haar, das glatt herunterfiel, umspielte ihr wunderschönes Gesicht, welches vom Licht der Kerze in ein warmes Orange getaucht wurde.
Um ihre schlanken Finger vor der Kälte zu schützen, zog sie die Hände in die Ärmel ihres Gewandes zurück. Während sie auf die Wärme wartete, betrachtete sie den halb fertigen Teppich auf dem Webstuhl. In zwei Wochen schon, zum Fest der Kanabha, sollte er der ehrwürdigen Elbenpriesterin als Geschenk des Dorfes Dara überreicht werden. Wenn ich weiter so trödle, wird der Teppich nicht rechtzeitig fertig, überlegte Iliah.
Seufzend richtete sie sich auf, ergriff das Schiffchen und nahm ihre Arbeit am Webstuhl wieder auf. Aber ihre Finger, noch immer starr vor Kälte, protestierten schmerzend gegen jede Bewegung. Da sie das Schiffchen nicht richtig halten konnte, unterlief ihr ein Fehler im Muster. Iliah runzelte die Stirn und trennte den Fehler wieder auf. Ihre Bewegungen waren fahrig, mehrmals entglitt der Faden ihren Fingern. Als sie zum zweiten Mal denselben Fehler in das Muster webte, legte sie das Schiffchen wieder beiseite.
»So kann ich den Teppich nicht fertig bekommen«, murmelte sie und widmete sich erneut dem interessanten Treiben des Windes vor ihrem Fenster. Sie rieb ihre Hände aneinander und hauchte hin und wieder hinein, damit ihre Finger wieder warm und geschmeidig wurden. Dabei fiel ihr Blick auf die Pergamentrolle, die auf dem Tisch lag.
In ihren traurigen Blick mischte sich eine Hoffnungslosigkeit, die sie körperlich schmerzte.
Dort, auf dem kleinen runden Tisch mit der reich verzierten Tischplatte, lag ihr Todesurteil. Die Pergamentrolle war alt, über fünfhundert Jahre sollte sie angeblich sein. Zumindest hatte Tanako ihr das gesagt. Der selbst für einen Elben große Mann war ihr aus Tharul hierher gefolgt und hatte sich mit einem Laden für den alltäglichen Bedarf in Dara niedergelassen. Iliah war wohl bewusst, dass er das auf den Befehl ihres Bruders getan hatte. Auf der anderen Seite war Tanako ihr bester Freund, der sie schon seit langer Zeit durchs Leben begleitete.
»Es ist die Prophezeiung, Iliah«, hatte er gesagt, als sie ihm die Pergamentrolle gezeigt hatte. »In der Großen Bibliothek habe ich viel darüber gelesen. Die Prophezeiung galt als verschollen und nun taucht sie plötzlich wieder auf. Das ist ein Zeichen. Kehr nach Tharul zurück, denn die Prophezeiung wird sich gewiss erfüllen. Warum sollte sie sich sonst offenbaren? Warum sonst lag sie auf deiner Türschwelle? Iliah, ich flehe dich an, geh nach Tharul, bevor es zu spät ist. Bitte! Und wenn du es nur für deine ungeborenen Kinder tust!«
Tanakos Worte jagten noch immer durch Iliahs Geist. Sie hatte seine Warnung in den Wind geschlagen, denn sie wollte und konnte ihm nicht recht geben. Doch nun, da die Geburt ihrer Kinder bald bevorstand, hatte sich ihre Sichtweise verändert.
Iliah nahm die Pergamentrolle wieder einmal in die Hand. Sie fühlte sich samtig weich an und war warm unter ihren kalten Fingern. Im Halbdunkel der Webstube leuchtete die Schrift hell auf. Die Worte waren deutlich zu erkennen. Doch es war weniger die Schrift an sich, die gelesen werden musste. Der Inhalt offenbarte sich Iliah in ihrem Geist. Sie hätte die Worte nur überfliegen müssen, um dennoch den genauen Inhalt wiedergeben zu können. Als sie Tanako die Pergamentrolle gegeben hatte, konnte er ihren Inhalt nur bruchstückhaft lesen. Auch im Geist kam ihm nicht die Erkenntnis, was dort geschrieben stand. Erst als Iliah ihm alles vorgelesen hatte, verstand er die schicksalhafte Bedeutung dieser Botschaft.
Die Elbin legte die Pergamentrolle wieder auf den Tisch. Sie kannte ihren Inhalt auswendig und auch jetzt erschien er vor ihrem geistigen Auge:
Kalter Nordwind schleicht in milde Gefilde; Tücke und Hinterlist folgen ihm und säen Hass in die Herzen. Der Friede wird enden, das große Land der Menschen geteilt. Ungesühnter Königsmord, keine geeinte Kraft, um zu bekämpfen, was vom Rückgrat Landorys her das Land wabernd überzieht.Zerrissen das Band der Edlen aus Adarak, gut gemeinte Worte laufen ins Leere. ER wird kommen, erwachen wie ein Bär aus dem Winterschlaf. Doch erst die elbische Geburt läutet ein, was im Schicksalhaften Weltenbuch geschrieben steht. Wenn die Sonne hoch am Horizont der Nacht den Vortritt lässt, wird geboren, den ihr Asranyias nennt. Das Gefüge der Magie gestört, seine Aura allwissend für jene Träger. Auf den ersten Schrei folgen der Tod, die Verfolgung, das Ende einer Ära. Doch nur er fügt zusammen, was zusammengehört, nur er kehrt Innerstes nach Außen, nur er stellt eure Welt auf den Kopf und setzt alles auf Anfang. Doch seine Geburt ruft die Handlanger des Bösen auf den Plan. Bringt ihn an jenen Ort, wo menschliche Legenden weilen und wartet zwanzig Jahr. Wenn ER zurückkehrt und das Land verwüstet, so seid ihr bereit, das einstige Band neu zu knüpfen. Doch gebet Acht, denn ihr werdet den Retter jagen, verraten und töten.Nur gemeinsam mit Hoffnung und Leid werdet ihr siegen. Doch der Tod wird folgen und zwei Opfer verlangen. Ein Opfer der Wissenden, der Lesenden, das Herz einer Mutter. Ein Opfer der Leidenden, der Kämpfenden, das Herz einer Bardin.Seid gewarnt, denn ER ist nur der Anfang.
Das Herz einer Mutter, wiederholte sie stumm. Damit war ihr eigenes Herz gemeint. Sie konnte nicht sagen, woher dieses Wissen kam, aber sie spürte tief in sich, dass sie den Asranyias zur Welt bringen würde. Und dass sie dabei sterben musste. Aber was würde dann mit ihren Kindern geschehen? Wer von den beiden war dieser Retter, dessen Schicksal bereits festgeschrieben stand?
»Vielleicht sollte ich fliehen?«, murmelte sie und strich unbewusst über ihren Bauch. »Der Weg nach Tharul steht mir offen. Warum nur gehe ich nicht?« Sie schüttelte den Kopf und wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. »Der rechte Zeitpunkt fehlt. Ich kann nicht gehen.«
Iliah summte ein melancholisches Lied, das ihr gerade in den Sinn kam, und legte ihre rechte Hand auf den stark gewölbten Bauch.
Tief in ihre Gedanken versunken bemerkte sie nicht, dass die Tür zur Webstube leise geöffnet wurde. Ein großer Mann trat ein, sein dunkelbraunes Haar war vom Wind zerzaust. An seinem Mantel klebten einige Blätter, weitere fielen auf den Boden und kennzeichneten seinen Weg in die Stube. Nachdenklich ruhten seine braunen Augen auf Iliah, bewunderten ihre Schönheit, das makellose Gesicht, ihr silbernes Haar, das vom Kerzenschein rötlich schimmerte und einen Tanz von Licht und Schatten auf ihr veranstaltete. Seine weichen Lederstiefel verursachten keinerlei Geräusche auf dem Holzboden, als er sich ihr langsam näherte.
Andero wollte Iliah nicht erschrecken und machte sich mit einem Räuspern bemerkbar, da ihre feinen Elbensinne ihn wohl nicht ankündigten, wie es sonst der Fall war. Sie drehte sich um und blickte ihn mit ihren blauen Augen an. Sofort musste Andero lächeln. Er liebte diesen Blick von ihr, er konnte darin versinken und wollte am liebsten nie mehr aus ihm auftauchen. Aber es lag nicht nur Freude in diesem Blick, sondern auch Kummer. Sie war übermüdet, Sorge zeichnete ihr Gesicht und das Funkeln ihrer Augen hatte nachgelassen.
Andero setzte sich neben seine Frau und strich ihr mit einer zärtlichen Geste eine widerspenstige Strähne aus dem Gesicht. Ohne ein Wort zog er Iliah zu sich und umarmte sie sanft. In den Armen ihres geliebten Mannes schloss sie die Augen und fühlte sich geliebt und geborgen. Für einen kurzen Augenblick war aller Kummer verflogen, die Welt war wieder in Ordnung.
»Mach dir nicht so viele Sorgen, Geliebte«, sagte Andero sanft und küsste sie auf die Stirn. »Es ist ein Wunder, dass wir überhaupt mit einem Kind gesegnet werden und dann gleich Zwillinge. Das gibt es doch sehr selten.«
»Eines meiner Kinder ist bereits jetzt vom Schicksal gezeichnet. Es muss kämpfen und sterben und hat kein Anrecht auf ein Leben«, erwiderte Iliah verzweifelt.
Dass auch ihr Leben in Gefahr war, ihre Zeit abgelaufen und sie ihr Leben für ihre Kinder geben würde, sagte sie Andero nicht. Er kannte zwar die Prophezeiung, doch den letzten Absatz hatte sie ihm nicht vorgelesen, das war ein Geheimnis unter vielen. Doch dass ihr Gatte gar nicht an die Prophezeiung glauben wollte, konnte sie nicht verstehen.
»Erinnert dich der Zeitpunkt, an dem die Kinder zur Welt kommen, denn an gar nichts?«
»Ich weiß, dass du die Prophezeiung meinst, aber zum einen ist darin nur von einem Kind die Rede und du bekommst Zwillinge. Und zum anderen gibt es noch zwei andere Elbinnen, die ebenfalls schwanger sind. Und die bekommen jeweils nur ein Kind. Ich habe mit dem Schmied Machus gesprochen. Dessen Sohn hat eine Schmiede in Tharul und dort leben die beiden anderen Schwangeren. Sie erfüllen die Prophezeiung eher als du, Liebes.«
»Hast du mir nicht erzählt, dass der König der geteilten Mark von seinen eigenen Söhnen getötet wurde?«, wollte Iliah wissen. »Das ist der Königsmord, von dem in der Prophezeiung die Rede ist.«
»Das mag sein, aber das betrifft dich nicht«, wollte Andero seine Frau beruhigen.
»Aber das ist erst kürzlich geschehen. Bald werden meine Kinder zu Welt kommen. Alles passt zusammen«, erwiderte Iliah.
»Dieser Retter der Welt wird mit Sicherheit ein Magier sein. Du aber bist keine Magierin, Geliebte, genauso wenig wie ich.«
Andero konnte nicht wissen, dass er Unrecht hatte, denn ihre Kinder besaßen sehr wohl magische Fähigkeiten. Iliah konnte die Magie in sich spüren, denn einen kleinen Funken davon hatte sie von ihrer Mutter geerbt. Wie groß würde die Magie in ihren Kindern sein? Würden sie diese Gabe für das Gute einsetzen?
Sie schloss die Augen. Natürlich werden sich meine Kinder für das Gute einsetzen. Ich vertraue ihnen, sprach sie zu sich selbst.
Andero wusste nicht, dass die Magie in ihrer Familie einst stark verbreitet gewesen war. Und er musste es auch nicht wissen, sonst hätte er sich nur unnötige Sorgen um sie gemacht. Für Andero war sie eine einfache Elbin, die der elbischen Königsfamilie im Schloss von Tharul gedient hatte.
»Liebes, ich habe vorhin Tanako getroffen. Er erzählte mir, dass er wunderbare Seidentücher bekommen hat. Genau die, die du so sehr magst«, riss er Iliah aus ihren Grübeleien. Er wollte unbedingt das Thema wechseln, um ein Lächeln auf Ilias Gesicht zu zaubern. Ein Lächeln von ihr reichte aus, um ihm den Tag zu retten.
»Wie wäre es, wenn wir morgen zu ihm gehen und dir etwas Schönes davon aussuchen?« Er sah seine Frau aufmunternd an, aber die reagierte nicht. »Du könntest dir aus dem schönen Stoff ein Kleid für das Fest schneidern. Das wird deine Schönheit noch mehr zur Geltung bringen. Was meinst du?« Wieder kam keine Reaktion von seiner Frau. Sein Lächeln verblasste und Sorge zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Diese Sorge galt aber nicht nur Iliah, sondern war auch der Frage geschuldet, wer Tanako in Wirklichkeit war.
Andero stand auf und ging ans Fenster.
»Weißt du, als ich mich vorhin mit Tanako unterhalten habe, kam in mir wieder der Verdacht auf, dass er gar kein Kaufmann ist. Es wird erzählt, dass er beobachtet wurde, wie er im Wald Übungen mit einem Schwert vollführte. Und die waren wohl nicht nur zur Selbstverteidigung geeignet. Nein, er soll mit dem Schwert geradezu tanzen, wie es nur die besten Schwertmeister des Elbenkönigs vermögen. Ich glaube, dass Tanako kein Kaufmann ist.«
Er sprach diese Vermutung nicht zum ersten Mal laut aus. Iliah reagierte nicht darauf. Was sollte sie ihm sagen? Dass er recht hatte?
»Tanako sieht eher aus wie ein Krieger. Seine Gangart, jede Bewegung und dieser kraftvolle Körper passen nicht so recht zum Beruf eines Händlers. Der Kaufmann Dintro ist leicht untersetzt und etwas dicklich, er sieht gänzlich anders aus als Tanako. Irgendwoher kenne ich Tanako, sein Gesicht kommt mir so bekannt vor. Vielleicht kenne ich ihn aus Tharul, wo ich dich getroffen habe. Ich weiß nicht so recht«, grübelte er vor sich hin. Andero sah Iliah an und wartete auf eine Antwort. »Geliebter, nicht alle Kaufmänner müssen klein und dick sein«, wollte sie ihn beruhigen.
Aber ihr Mann wollte sich nicht beruhigen lassen. Er verspürte diese Unruhe diesmal mehr als sonst, wenn er Tanako erblickt hatte. Und als sein Blick jetzt auf die Pergamentrolle fiel, die auf dem kleinen Tisch lag, verfinsterte sich seine Miene. Als dieses Schriftstück vor einem Jahr plötzlich auf der Türschwelle aufgetaucht war, hatte das Leiden seiner Frau begonnen. Es war an niemanden adressiert gewesen. Darum hatte er die Rolle an sich genommen und versucht, ihren Inhalt zu lesen. Doch das war ihm nicht möglich gewesen. Iliah jedoch hatte keine Probleme damit gehabt und erst auf sein tagelanges und inständiges Flehen hin hatte sie ihm ihren Inhalt offenbart. Prophezeiung, pah! Er glaubte nicht an einen solchen Unsinn. Und selbst wenn diese Prophezeiung stimmen sollte, warum sollte sie dann ausgerechnet seine Iliah treffen? Brauchte der Retter der Welt nicht eigentlich Magie, um retten zu können? Und wovor sollten sie gerettet werden? Er hatte zwar gehört, dass aus dem dunklen Land Meridor vermehrt Übergriffe auf die Mark gemeldet wurden. Aber das war noch kein Grund, gleich vom Untergang der Welt zu sprechen. Und dass der Königsmord geschehen war, konnte ein reiner Zufall sein. Vielleicht war die Prophezeiung bekannt und irgendein Schurke nutzte diesen Umstands und hatte für den Königsmord gesorgt?
Andero sah Iliah an. Vom ersten Tag an hatten Geheimnisse seine Frau umgeben.
»Warum warst du eigentlich im Schloss der elbischen Königsfamilie?«, hakte er nach. Es war nicht das erste Mal, dass er seiner Frau diese Frage stellte und er kannte ihre Antwort bereits, noch bevor Iliah sie aussprach.
»Du weißt doch, dass ich in der Küche gearbeitet habe«, sagte sie schwunglos, ohne ihn dabei anzusehen.
Andero wollte ihr zu gern glauben, aber es steckte mehr dahinter, das hatte er im Gefühl. Sie war nicht nur eine einfache Küchenmagd gewesen, sondern musste von höherem Stand sein. Iliah konnte sich sehr gewählt ausdrücken, hatte perfekte Manieren und einigen kostbaren Schmuck. Aber das allein war nicht Grund genug für Anderos Misstrauen.
Vielmehr lag es an der Reaktion der Elben im Dorf. Als sie in Dara angekommen waren, begegneten die Elben Iliah mit viel Respekt und einige knicksten sogar vor ihr, als wäre sie von adeligem Blut. Sie redete kaum über ihre Familie und Andero hatte bisher nicht ein weiteres Familienmitglied kennengelernt. Er wusste nur, dass sie einen Bruder hatte, mit dem sie zerstritten war. Darum war Iliah aus Tharul weggegangen. Mehr konnte und wollte sie ihm nicht verraten und er hatte gespürt, wie schmerzhaft die Erinnerung für sie war.
Er seufzte. Jetzt war auch nicht der Zeitpunkt für eine Diskussion. Mit einem Lächeln setzte er sich zu seiner Frau und nahm sie in den Arm. Es tat so gut, sie bei sich zu wissen, ihren betörenden Duft zu riechen und ihre Wärme zu spüren. Bald würde ihre Familie größer werden und sie würden ein glückliches Leben haben.
Das verspreche ich dir, Iliah, gab er ihr ein stummes Versprechen. Wir werden glücklich sein und mit unseren Kindern in Frieden leben können.
»Es ist schon spät, Liebes. Lass uns zu Abend essen. Ich bereite alles vor und du kommst dann nach. Na, wie wär das?« Er wollte die düstere Stimmung in der Webstube durchbrechen.
»Wenn du meinst …«, sagte Iliah, löste sich aus der Umarmung ihres Mannes und drehte sich wieder zum Fenster.
Seufzend erhob sich Andero und ging zur Tür. Er öffnete sie und drehte sich noch einmal zu Iliah um. Die war schon wieder tief in ihren Gedanken versunken und bemerkte seinen besorgten Blick nicht.
»Ich liebe dich«, sagte er, bekam aber wieder keine Antwort. Daraufhin ging er in den Flur hinaus und schloss die Tür hinter sich.
Die Nacht senkte sich über das Dorf Dara. Schwarzgraue Schatten strichen langsam vorüber, als der Mond irgendwo hinter den Wolken mit seiner einsamen Wanderung begann. Ohne dass sie sich der Geste bewusst war, strich Iliah sanft über ihren gewölbten Bauch und hielt schützend die Hände darauf. »Niemand wird euch jemals etwas zuleide tun, niemand«, sagte sie leise in die Stille des Raumes hinein.
Sie war sehr müde, hatte aber keinen Hunger und wollte daher das Abendessen ausfallen lassen. Seufzend erhob sie sich, nahm die Kerze und verließ die Webstube, um sich in ihre Kammer zu begeben.
Andero hatte die Öllampe auf dem kleinen Tisch in ihrer Kammer bereits entzündet. Die kleine Flamme verbreitete einen angenehmen Duft und tauchte den Raum in ein warmes Licht. Iliah löschte ihre mitgebrachte Kerze und stellte sie auf den Tisch.
Langsam schälte sie sich aus ihrer Kleidung und zog das Gewand für die Nacht an. Eine wunderschöne Kette zierte ihren Hals. Deren Anhänger fing das schwache Licht der Kerze ein und nutzte es, um in den unterschiedlichsten Rottönen zu funkeln. Wer genau hinsah, konnte im Inneren des Anhängers einen leuchtenden kleinen Punkt entdecken. Bei diesem Phänomen handelte es sich um eine starke Magie, die dem Kristall innewohnte.
Die Kette bestand aus dem unzerstörbaren Material Mintri. Sie war so feingliedrig und dünn, dass sie den Eindruck erweckte, bei der kleinsten Berührung in tausend kleine Stücke zu zerspringen. Der Anhänger, der etwa halb so groß wie ihre Handfläche war, hatte die Form eines Tropfens und bestand aus einem milchigweißen Kristall. Ein silbernes Band umschmeichelte ihn, als müsse es den Tropfen und das Licht in seinem Inneren beschützen.
Liebevoll nahm sie den Anhänger in ihre Hand und hielt ihn kurz fest. Diesen Kristall wollte sie eines Tages ihrer Tochter schenken. Er war das einzige Erbstück, das sie ihr vererben konnte. Lächelnd gab sie den Anhänger wieder frei. Ihre Kette behielt sie um den Hals, niemals würde sie sie ablegen.
Als sie sich fröstelnd in ihr Bett kuschelte, stellte sie erfreut fest, dass Andero auch daran gedacht hatte, einen in Tücher gewickelten angewärmten Ziegelstein unter ihre Decke zu legen. Schnell legte sie sich in das Bett und zog die Decke bis zum Hals hoch. Wohlige Wärme breitete sich in ihr aus und machte sie schläfrig. Es dauerte nicht lange, bis ihr die Augen zufielen und sie in einen ruhigen, traumlosen Schlaf versank.
»Wann? Sagt mir genau, wann es soweit ist! Und kommt mir nicht wieder mit euren Ausflüchten, Magier!«, donnerte Torak Mandro wutentbrannt. »Ihr wisst, wie viel auf dem Spiel steht, also antwortet mir gefälligst!«
Ohne anzuklopfen hatte Torak, der oberste Kriegsherr von Meridor, die Tür zum Studierzimmer des Meistermagiers Nordazu aufgerissen und ließ sie krachend hinter sich ins Schloss fallen. Die harten Sohlen seiner schweren Reitstiefel verursachten auf dem hölzernen Fußboden ein scharrendes Geräusch. Die schwarzen Haare klebten nass an seinem großen Kopf. Seine Kleidung war dreckig vom Staub der Straße. Matsch tropfte von seinen Stiefeln, der hässliche Flecken auf dem sauberen Fußboden hinterließ. Die Flecken ähnelten denen, die auf seiner Hose waren. Das dunkelgrüne Wams war halb aufgeknöpft, sodass die Brustbehaarung des Mannes zum Vorschein kam.
Er sah ganz anders aus als der alte Mann in dem wuchtigen Stuhl vor ihm. Nordazus fast durchsichtige Haut spannte sich wie Pergament über seine Knochen. Seine Finger wirkten wie die eines Skeletts, lang und knochig. Die schwarze Robe wurde von einem Band aus goldenen Fäden gehalten, an dessen Enden sich Kordeln mit Diamanten befanden. Die glatten schlohweißen Haare lagen eng an seinem Kopf und waren ordentlich zu einem Zopf gebunden.
Nordazu blickte überrascht auf und setzte bereits an, seinen Mund vor Ekel zu verziehen, als er sich eines Besseren besann. Er hatte nicht mit Torak gerechnet, da der eigentlich das Heer im Süden von Meridor gegen die Nordmark führen sollte.