Das magische Zyponom - Ronny Neumann - E-Book

Das magische Zyponom E-Book

Ronny Neumann

0,0

Beschreibung

An seinem sechzehnten Geburtstag, hat Steve einen folgenschweren Autounfall mit seinen Eltern. Als er kurz darauf im Krankenhaus erwacht, muss er plötzlich feststellen, dass seine heile Welt nicht mehr existiert. Ein Arzt erklärt ihm, dass er nicht wegen des Folgen eines Autounfalls im Krankenhaus liegt, sondern wegen des Sturzes von seinem Fahrrad. Die Situation spitzt sich zu, als er dann auch noch erfahren muss, dass seine Eltern schon seit 10 Jahren tot sind und er seitdem bei seiner Tante wohnt. Kurz bevor er den Verstand verliert, lernt er die sprechende Ratte Buddy kennen. Dieser erklärt ihm, dass er nach dem Autounfall nicht mehr in seiner realen Welt erwacht ist, sondern im Reich der Träume. Nur mit der Kraft des magischen Zyponom, könnte Steve in sein normales Leben zurückkehren. Doch dieses Amulett befindet sich in der Unterwelt, die von dem schrecklichen Anasinos beherrscht wird. Gemeinsam mit seinem neuen Freund, macht sich Steve nun auf die Suche. Sehr nützlich auf dieser Reise beweisen sich die magischen Kräfte von Buddy, der sich in einen riesigen Adler verwandeln kann und als Fortbewegungsmittel dient. Nun beginnt eine abenteuerliche Reise, die mit einem spektakulären Ende im Palast von Anasinos endet.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 282

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Das magische Zyponom

TitelseiteVorwortDer UnfallDie Begegnung mit Buddy im KrankenhausAuf der Suche nach ClarkDie Geschichte vom magischen ZyponomDie Entführung von Clarissa in die UnterweltAnkunft in der UnterweltDie Begegnung mit Mr. HudsonDie abenteuerliche BallonfahrtBesuch bei alten FreundenAbenteuer im Gebiet der RiesenspinnenAufbruch in den PalastDie Befreiung von ClarkDie Flucht aus dem PalastDie Schlacht auf dem VorplatzDie Tötung von AnasinosDer bewegende AbschiedImpressum

Das magische Zyponom

Abenteuer im Reich der Träume

von

Ronny Neumann

Vorwort

An seinem sechzehnten Geburtstag, hat Steve einen folgenschweren Autounfall mit seinen Eltern. Als er kurze Zeit später im Krankenhaus erwacht, muss er mit feststellen, dass seine ihm vertraute Welt nicht mehr existiert. Von einem Arzt erfährt er, dass er sich nicht wegen eines Autounfalls in dem Krankenhaus befindet, sondern wegen eines schweren Sturzes von seinem Fahrrad. Die Situation spitzt sich zu, als der Arzt plötzlich behauptet, dass seine Eltern bereits seit 10 Jahren tot sind und er seitdem bei seiner Tante wohnt. Kurz bevor er den Verstand verliert, lernt er die sprechende Ratte Buddy kennen. Diese erklärt ihm, dass er nach dem Autounfall mit seinen Eltern, nicht mehr in seiner realen Welt erwacht ist, sondern im Reich der Träume. Diese Lebewesen nennt man Träumer und besitzen magische Kräfte. Buddy erzählt ihm von Clark Reeds, der vor 20 Jahren, ebenfalls in diesem Krankenhaus als Träumer erwacht ist. Da Steve nun hofft, dass dieser Clark ihm vielleicht behilflich sein könnte, begibt er sich mit Buddy auf die Suche nach ihm. Auf dieser Reise beweist sich die Ratte Buddy als sehr nützlich. Durch seine magischen Kräfte besitzt er die Fähigkeit, sich ein einen riesigen Adler zu verwandeln. Nach erfolgreicher Suche, erfährt Steve von Clark vom magischen Zyponom. Eine Art magisches Medaillon, dass die Kraft besitzt, Steve in seine reale Welt zurück zu transportieren.  Als der dann auch noch erfährt, dass Clark dieses Zyponom bereits in seinem Besitz hat, kann er sein Glück kaum fassen. Doch leider ist die Freude nur von kurzer Dauer. Denn das Zyponom befindet sich in einer goldenen Truhe, die nur mit einem bestimmten Schlüssel geöffnet werden kann. Dieser Schlüssel befindet sich aber in der Unterwelt, die von dem schrecklichen Anasinos beherrscht wird. Er trägt ihn an einer Kette um seinen Hals und ist mit seinem Körper verwachsen. Nur der Tod von Anasinos würde den Schlüssel wieder freigeben. Nun beginnt eine abenteuerliche Reise in die Unterwelt, die mit einem spektakulären Finale im Palast von Anasinos endet.

Der Unfall

Es war der Erste warme Sonnentag in diesem Mai. Tage zuvor hatte es fast jeden Tag nur geregnet und für die Jahreszeit war es viel zu kalt. Steve wurde an diesem Morgen von den warmen Sonnenstrahlen auf seiner Haut geweckt. Lange hatte er sich diesen Tag herbeigesehnt. Denn er war nicht wie jeder andere, sondern sein sechzehnter Geburtstag.

Steve ist ein Junge, wie fast jeder andere Teenager in diesem Alter. Die Schule interessierte ihn nur wenig und auch sonst hat er mehr Unsinn im Kopf, als seine Eltern es recht wäre. Er ist etwa 1,80 m groß, eher schlank und sein dunkles, zottiges Haar trägt er bis über die Stirn. Obwohl er, nicht zuletzt durch seine strahlenden blauen Augen, sehr gut aussieht, hat er noch keine wesentlichen Erfahrungen mit Mädchen gemacht. Natürlich gab es hin und wieder schon mal einen Flirt, aber nichts Ernstes. Seine Liebe gilt in erster Linie seinen Autos. Er sammelt leidenschaftlich Modelle, die er dann wie Trophäen in seinem Zimmer aufstellt. Seine Wände sind tapeziert mit großen Postern, von den schönsten Automarken aus aller Welt. Darum ist für Steve auch heute ein ganz besonderer Tag. Vor zwei Wochen hatte er seinen Führerschein mit Erfolg bestanden und könnte ab heute selber fahren. Insgeheim hoffte er natürlich, dass ihm seine Eltern heute seinen größten Wunsch erfüllen würden. Sein erstes eigenes Auto. Da er aber auch von den finanziellen Schwierigkeiten in diesem Haus wusste, machte er sich keine großen Hoffnungen. Trotzdem konnte er es kaum erwarten, mit was für einer Überraschung seine Eltern auf ihn warteten. Er sprang aus dem Bett, zog seine zerknitterte Jeans über und rannte voller Freude und großen Erwartungen die Treppe herunter.

Im Flur duftete es schon nach frischem Kakao und selbst gemachten Pfannkuchen. Doch als Steve die Küche betrat, blieb er verwundert in der Tür stehen. Irgendetwas kam ihn hier seltsam vor. Er vermisste seine Geburtstagstorte, auf dem großen Eichentisch in der Mitte der Küche. In den Jahren zuvor stand sie immer dort, wenn er die Küche betrat. Auch das Verhalten seiner Eltern machte ihn stutzig. Normalerweise war er es gewohnt, dass sie jetzt aufstehen und ihn mit einer warmherzigen Umarmung gratulierten. Aber heute blieben sie regungslos auf ihren Stühlen sitzen. Während seine Mutter lustlos vor sich hinsah und ab und zu an ihrer Tasse nippte, versteckte sein Vater den Kopf hinter einer aufgeschlagenen Zeitung. Wirre Gedanken schossen durch Steve seinen Kopf. Hatten seine Eltern etwa den Geburtstag vergessen? Das wäre das erste Mal in sechzehn Jahren. Außerdem war es sehr unwahrscheinlich, denn er redete ja seit Tagen nur noch davon. Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass seine Eltern ihm nur etwas vorspielten. Ohne sich etwas anmerken zu lassen, ging er mit zögerlichen Schritten zum Tisch. Mit einem brummigen „Guten Morgen“ machte er sich bemerkbar und setzte sich. Als seine Mutter Notiz von ihm nahm, stellte sie ihre Tasse beiseite und stand auf. Aus dem Schrank holte sie eine weitere Tasse und füllte sie mit heißem Kakao.

„Was ist los mit dir?“, lächelte sie ihm zu. „Hast du schlecht geschlafen?“

„Geht so“, antwortete Steve kurz und knapp.

Seine Mutter füllte seinen Teller mit einem frischen Pfannkuchen und setzte sich wieder. Nach mehreren Minuten des Schweigens, ergriff sie aber erneut das Wort.

„Was hast du heute noch so vor?“, wollte sie wissen. „Schließlich hast du ja noch Ferien. Du solltest das schöne Wetter ausnutzen.“

„Weiß nicht“, antwortete Steve wortkarg.

Sein Vater runzelte die Stirn und legte seine Zeitung beiseite. „Kannst du auch in ganzen Sätzen antworten“, brummte er, nahm seine Gabel und stocherte auf seinem Teller herum. „Deine Laune heute ist ja widerlich.“

Steve bemerkte das seltsame grinsen seiner Mutter. So lächelte sie nur, wenn etwas Peinliches aus ihrem Mund folgte.

„Triffst du dich heute wieder mit dieser Jennifer?“, lächelte sie verschämt, während sie an ihrer Tasse nippte.

Steve zuckte innerlich zusammen. Woher wusste sie das nun schon wieder. Er hatte das Mädchen, dass nur ein paar Häuser weiter wohnte, erst zweimal getroffen.

„Woher weißt du von Jennifer?“, platzte es aus ihm heraus.

„Ich habe euch vor zwei Tagen zusammen im Einkaufszentrum gesehen“, erwiderte seine Mutter. „Sie ist ein wirklich hübsches Mädchen.“

Steve spürte, wie sich die Wärme seines Körpers in seinem Kopf sammelte und ihn dadurch zum erröten brachte. Er hasste es, mit seinen Eltern über das Thema Mädchen zu sprechen.

„Interpretiere da nicht so viel hinein“, sagte er nervös. „Sie ist nur eine gute Freundin.“

Sein Vater überlegte einige Sekunden und sah dann verwundert zu seiner Frau. „Jennifer? War der Name seiner Freundin vor ein paar Wochen nicht noch Naomi“.

„Wenn es um die Liebschaften deines Sohnes geht, bist du wie immer, nicht auf dem laufendem“, erwiderte seine Mutter.

Sie lächelte, stand auf und räumte das Geschirr ab. Für Steve war die Grenze der Peinlichkeiten erreicht. Am liebsten würde er jetzt aufstehen und die Küche fluchtartig verlassen. Da er aber wusste, dass seine Eltern nur ein makabres Spiel mit ihm spielten, und er unbedingt wissen wollte, wo dieses Spiel hinführen sollte, ließ er sich nichts anmerken. Er nahm seine Tasse, trank seelenruhig seinen Kakao und richtete seinen Blick zu seiner Mutter.

„Jennifer, ist wirklich nur eine gute Freundin“, betonte er noch einmal mit Nachdruck. „Außerdem, stehen Mädchen sowieso nicht auf mich. Sie stehen auf coole Typen. Coole Jungs, die bereits ihr eigenes Auto besitzen. Nicht auf Loser wie mich, die noch jeden Tag mit ihrem verrosteten Fahrrad zur Schule fahren müssen.“

Diese Bemerkung konnte sich Steve einfach nicht verkneifen. Da seine Eltern durchaus wussten, dass ein eigenes Auto sein größter Wunsch war, hoffte er nun, dass sie endlich reagieren würden. Aber seine Eltern verhielten sich so, als hätten sie Watte in den Ohren. Diese Ignoranz erlebte er häufig. Vor allem dann, wenn er mal wieder etwas Neues haben wollte. Wie zuletzt die begehrten Markenturnschuhe, die schon fast jeder Junge in seiner Klasse trug. Es hatte Wochen gedauert, bis er seine Eltern endlich überzeugen konnte. Aber, dass sie ihn an seinen Geburtstag so ignorieren würden, grenzte schon an einer bodenlosen Frechheit. Sein düsterer Blick, wechselte zwischen seinen Eltern hin und her. Während seine Mutter damit beschäftigt war, die Tassen und Teller in den Geschirrautomaten zu schlichten, stand sein Vater wortlos auf und ging zum Fenster.

Er steckte seine Hände, in die viel zu groß ausgefallende Jogginghose und schaute hinaus.

„Was für ein herrlicher Sonnentag“, wunderte er. „Eigentlich, das perfekte Wetter zum Radfahren.“

Steve kochte innerlich vor Wut. Er wusste, dass sein Vater ihn mit dieser Bemerkung nur provozieren wollte. Wütend stand er jetzt auf und wollte die Küche verlassen.

„Wo willst du hin?“, rief ihm sein Vater nach, der noch immer am Fenster stand.

Steve drehte sich um und zuckte mit den Schultern. „Wohin wohl? In mein Zimmer natürlich“, antwortete er flapsig und ging weiter.

„Aber erst musst du noch dein Auto um parken“, rief sein Vater erneut.

Steve ging noch einige Schritte und blieb dann plötzlich stehen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, was sein Vater soeben sagte. Er drehte sich um, runzelte die Stirn und sah fragend zu ihm. „Was hast du gerade gesagt?“

„Dein Auto“, lächelte er. „Es steht mitten in der Einfahrt und blockiert meine Garage.“

Steve konnte nicht glauben, was er da hörte. Sein Herz schlug immer schneller und heftiger. Er hatte das Gefühl, als wenn es gleich aus seinem Körper herausexplodieren würde. Er warf seiner Mutter einen nachdenklichen Blick zu, in deren Gesicht, sich ein schadenfreudiges grinsen breitmachte. „Glaubt ihr etwa“, brummelte Steve, „ich habe euer Spiel nicht durchschaut? Ich wusste, dass ihr mich den ganzen Morgen nur verarscht habt.“

Sein Vater hielt seine Hand nach oben. An dem Mittelfinger steckte der Schlüsselbund eines Autos.

„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, mein Junge“, lächelte er. „Warum bleibst du wie angewurzelt dort stehen. Komm zum Fenster und schau dir deine neue Errungenschaft an.“

Steve rannte zum Fenster und schaute erwartungsvoll hinaus. Vor der Garage stand ein älterer, blauer Ford, mit verchromten, glänzenden Felgen. Dieses Auto, kam ihm durchaus bekannt vor. Es war seine Erste Wahl, nach einem Autohausbesuch vor wenigen Tagen. Da es doch sehr teuer war, hätte er nie damit gerechnet, dass seine Eltern, gerade dieses Auto kaufen würden.

„Ihr seid verrückt“, murmelte Steve vor sich hin. „Das Auto war doch viel zu teuer.“

„Und wenn schon“, konterte sein Vater. „Dann werden wir eben in Zukunft, öfter mal, auf den Nachtisch verzichten müssen.“

Voller Freude und inniger Dankbarkeit, umarmte er seine Eltern, die ihm daraufhin, endlich zum Geburtstag gratulierten konnten.

„Ich hoffe, du vergibst mir“, tröstete seine Mutter. „Es ist mir so schwergefallen, so zu tun, als wenn ich dein Geburtstag vergessen hätte. Aber, es war die perfide Idee deines Vaters.“

Steve winkte ab. „Vergeben und vergessen. Hauptsache, ich bekomme jetzt meinen Autoschlüssel und kann eine Probefahrt machen.“

„Nur unter einer Bedingung“, forderte sein Vater. „Deine Mutter und ich begleiten dich. Und ich fahre natürlich als Erster.“

„Wenn es unbedingt sein muss“, erwiderte Steve, drehte sich um und rannte in sein Zimmer.

Er zog sich sein marineblaues Kapuzenshirt über, nahm seine Jacke und rannte wieder die Treppe herunter.

Schon wenige Minuten später, befand er sich auf der Rückbank seines Autos. Die Strecke, die sein Vater fuhr, führte entlang an den schicken Einfamilienhäusern und das große Einkaufszentrum. Da es sein Schulweg war, fuhr Steve hier fast täglich entlang. Die Tatsache zu wissen, dass er dafür in Zukunft sein verrostetes Fahrrad nicht mehr benötigt, machte ihn überglücklich. Sein grinsender Blick, musterte den Innenraum seines Autos. Natürlich hatte es, dem Alter entsprechend, viele Gebrauchsspuren. Die Polster der Sitze, waren an mehreren Stellen gerissen und verschmutzt. Auch dieser markante Geruch, war ihm nicht entgangen. Er erinnerte Steve an seinem Großvater, der starker Kettenraucher war. Obwohl er nie rauchte, wenn Steve mit im Auto saß, roch der Innenraum ständig nach kaltem Rauch. Aber das, waren alles Kleinigkeiten, mit denen er durchaus leben konnte. Zurzeit ärgerte ihm nur, dass er immer noch auf der Rückbank saß und nicht ans Lenkrad durfte.

„Komm schon, Dad“, meinte Steve genervt. „Es wird Zeit, dass ich endlich ans Steuer darf.“

Sein Vater sah in den Rückspiegel und griente. „Du wirst mich und deine Mutter noch früh genug ins Grab bringen.“

„Willst du damit andeuten, ich kann kein Auto fahren?“

„Es tut mir leid, wenn es so rüberkam“, konterte sein Vater. „Aber, ich wollte es nicht nur andeuten, ich wollte es dir direkt ins Gesicht sagen.“

„Was soll das?“, erwiderte Steve gereizt. „Warum machst du mich jetzt auf einmal so an? Du kannst mich doch überhaupt nicht beurteilen. Du hast mich doch noch nie fahren sehen,“

Sein Vater lachte. „Oh doch. Ich werde nie vergessen, wie du mit meinem neuen Auto, das Garagentor zerlegt hast.“

„Ich bitte dich“, versuchte Steve sich zu entschuldigen. „Ich war damals gerade erst 10 Jahre alt. Da kann man schon mal noch Gaspedal und Bremse verwechseln. Außerdem, meinte mein Fahrlehrer, ich sei ein guter Fahrer. Der Beste in seinem Lehrgang.“

„Und wenn schon“, erwiderte sein Vater. „Wenn ich mich richtig erinnere, bestand der Lehrgang nur aus zwei Teilnehmer. Der eine warst du. Und der andere eine Blindschleiche, der obendrein, eine links und rechtsschwäche hatte.“

„Ich zwinge dich nicht, mit mir zu fahren“, platzte es wütend aus Steve heraus. „Du kannst ja gerne ein Taxi nehmen.“

„Nun hört schon endlich auf“, schlichtete seine Mutter. „Ihr könnt euch doch wenigstens heute mal vertragen.“

Obwohl Steve wusste, dass sein Vater nur scherzte, kletterte sein Puls auf 180. Wütend lehnte er sich zurück und sah schweigend, seitlich aus dem Fenster. Seine Mutter drehte sich zu ihm und versuchte zu trösten. „Er meint es nicht so. Du weißt, dass er sich selbst, für den weltbesten Fahrer hält. Auch an meiner Fahrweise, meckert er ständig herum. Obwohl bewiesen ist, dass Frauen, die Besseren Fahrer sind.“

„Ja, sicher“, lachte sein Vater laut hinter dem Lenkrad.

Der Gesichtsausdruck seiner Mutter veränderte sich. Aus dem tröstendem Blick, wurde ein peinliches Grinsen. Steve hasste es, wenn seine Mutter ihn so ansah. Es war dieser besondere Blick, auf dem immer eine peinliche Frage folgte.

„Sag mal“, fing sie zögernd an, „was läuft da eigentlich, zwischen dir und dieser Jennifer?“

Steve wurde rot und schüttelte verlegen den Kopf. „Was soll das, Mom“, wetterte er. „Ich habe dir gesagt, da ist nichts. Abgesehen davon, würde ich mit dir sowieso nicht darüber reden.“

„Wieso nicht? Ich bin deine Mutter.“

„Es gibt Dinge, die beredet man mit seinen Kumpels und nicht mit den Eltern.“

„Lass ihn, Schatz“, mischte sich sein Vater ein. „Ich glaube, wir haben die Reizbarkeitsgrenze unseres Sohnes, heute mehrfach überschritten. Wir können vom Glück reden, dass dieses Auto keine Schleudersitze hat, sonst würden wir hier schon nicht mehr sitzen.“ Er zeigte mit dem Finger auf einen etwa 500 Meter entfernten Bahnübergang und sah durch den Rückspiegel zu Steve. „Hinter diesen Bahnübergang, kannst du ans Steuer“, lächelte er. „Dann kannst du uns zeigen, was du gelernt hast.“

Aber dazu sollte es nicht mehr kommen. Das Unheil nahm seinen Lauf, als das Auto, den Bahnübergang passierte. Obwohl, die Schranken geöffnet waren, näherte sich von rechts, eine Diesellock. Der Zug prallte mit voller Geschwindigkeit auf das Auto, schleifte es mehrere Meter mit sich, bis es schließlich explodierte.

Die Begegnung mit Buddy im Krankenhaus

Mit dem fürchterlichen Knall der Explosion im Hintergrund, wachte Steve plötzlich in einem Bett auf. Er hatte starke Scherzen und konnte seinen Körper kaum bewegen. Als er langsam die Augen öffnete, stand ein älterer Mann, im weißen Kittel, vor ihm.

Er hatte weiße Haare, und seine Brille, trug er auf dem äußersten Rand seiner Nase. Er hatte eine Akte in der Hand, in der er sich Notizen machte. Steve seine Blicke irrten durch das Zimmer. Schon nach wenigen Sekunden begriff er, dass er sich wahrscheinlich in einem Krankenhaus befand, und der Mann vor ihm, ein Arzt war. Durch seinen Kopf irrten viele Fragen. Was war geschehen? Wie konnte er diese gewaltige Explosion nur überleben? Und vor allem, wo waren seine Eltern und wie geht es ihnen?

Er sah zu dem Arzt und machte sich bemerkbar. „Wo bin ich?“, fragte er mit schmerzverzerrter Stimme.

Der Arzt drehte sich zu ihm, sah über seine Brille hinweg und lächelte. „Im Bostoner General Hospital. Wie fühlst du dich?“

„Mein Kopf“, stöhnte Steve. „Ich habe das Gefühl, als wenn er gleich explodieren würde.“

„Ja, das wundert mich nicht“, antwortete der Arzt, nahm Steve seine Hand und kontrollierte den Puls. „Du hast eine schwere Gehirnerschütterung. Kannst du dich an irgendetwas erinnern?“

Steve schloss seine Augen und konzentrierte sich. „Da war dieser Zug“, erzählte er zögerlich. „Der raste, obwohl die Schranken geöffnet waren, genau auf unser Auto. Dann dieser furchtbare Knall.“ Seine Stimme wurde erregter. „Wo sind meine Eltern? Wie geht es ihnen?“

„Du darfst dich nicht so aufregen“, beruhigte ihn der Arzt.

Mit einer kleinen Lampe, leuchtete er Steve in die Augen. Das grelle Licht dieser Lampe blendete nicht nur, sondern erinnerte ihn auch an das Feuer der Explosion.

„Deine Reflexe sind normal“, meinte der Arzt.

Er beugte sich wieder auf und steckte seine Lampe an den Kittel. Nach einem kurzen Moment des Schweigens, sah er fragend zu Steve.

„Welchen Tag haben wir heute?“

Obwohl er sich über diese Frage wunderte, erzählte er dem Arzt, dass er heute seinen sechzehnten Geburtstag feiert.

Der Arzt blickte verwundert in seine Akte. „Tatsächlich“, nickte er freundlich. „Meinen herzlichen Glückwunsch.“

„Ja, danke“, sagte Steve zögerlich. „Aber warum diese Frage?“

Der Arzt nahm seine Brille ab, nahm dessen Bügel in seinen Mundwinkel und kaute auf diesen nachdenklich herum.

„Ich befürchte, du leidest an einer vorübergehenden Amnesie“, erklärte er. „Hervorgerufen, durch deine schwere Gehirnerschütterung.“

„Amnesie?“, fragte Steve verwundert.

„Gedächtnisverlust“, fügte der Arzt bestimmend hinzu.

„Ich weiß, was eine Amnesie bedeutet“, wiegelte Steve ab. „Aber sie müssen sich irren. Ich habe keine Gedächtnislücken. Ich kann mich an alles genau erinnern.“

Der Arzt setzte seine Brille wieder auf, steckte seine Hände in die Tasche und runzelte die Stirn.

„Leider muss ich dir mitteilen, dass die Erinnerungen in deinem Kopf, nicht real sind.“

„Was wollen sie damit sagen?“, fragte Steve.

„Du bist nicht hier, in diesem Krankenhaus, weil du einen Unfall mit deinen Eltern hattest“, erklärte der Arzt. „Du bist hier, weil du heute Morgen, mit deinem Fahrrad schwer gestürzt bist. Meinen Informationen zufolge, hat sich dein Vorderrad gelöst und du hast dich mehrfach überschlagen.“

„Ein Sturz?“, wunderte Steve. „Mit dem Fahrrad? Das ist völlig unmöglich. Ich kann mich an keinen Sturz erinnern. Abgesehen davon, habe ich jetzt noch den fürchterlichen Knall der Explosion des Autos in meinem Ohr.“

Der Arzt setzte sich aufs Bett, schaute über seine Brille und warf Steve einen düsteren Blick zu. „Überlege doch mal, Junge. Glaubst du denn wirklich, du würdest hier vor mir liegen, wenn es diese verheerende Explosion, tatsächlich gegeben hätte. Dieses fürchterliche Unglück, hätte wahrscheinlich niemand überlebt. Auch du nicht.“

Der Arzt klopfte Steve freundlich auf die Schulter, stand auf und ging zur Tür. Er öffnete sie und wandte sich dann noch einmal zu Steve.

„Mach dir keine Sorgen, Junge. In der Regel, verschwinden diese Gedächtnislücken nach zwei bis drei Tagen wieder. Dann solltest du dich schon wieder an alles erinnern können.“

Er drehte sich wieder um und verließ das Zimmer.

Steve war fassungslos. Er konnte nicht glauben, was er da hörte. Was wollte der Arzt ihm damit sagen? Das er verrückt ist, und sich den Autounfall nur einbildet. Auf der anderen Seite, hatte der Arzt natürlich recht. Nach so einer schweren Explosion, hätte er, wie eine Mumie eingewickelt, in diesem Bett liegen müssen. Aber abgesehen, von höllischen Kopfschmerzen, hatte er nicht ein einziger Kratzer an seinem Körper.

Noch während er sich den Kopf zerbrach, ging plötzlich die Tür auf und seine Tante betrat das Zimmer. Als Steve sie erblickte, erstarrte er und wurde leichenblass. Denn, dass sie jetzt plötzlich in diesem Zimmer stand, war eigentlich völlig unmöglich.

Seine Tante starb vor zwei Jahren, an den Folgen einer schweren Lungenentzündung. Wahrscheinlich wurde es ihr zum Verhängnis, dass sie, wie ihr Vater, viele Jahre Kettenraucher war. Dass sie jetzt plötzlich vor ihm stand, raubte Steve fast den Verstand.

Seine Tante gab ihn einen Kuss auf die Stirn und setzte sich auf das Bett.

„Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht“, lächelte sie liebevoll. „Ich habe mich sofort auf dem Weg gemacht, als mich das Krankenhaus in meinem Büro anrief.“

Steve sagte kein Wort. Er lag wie gelähmt in seinem Bett und starrte seine Tante an, als ob sie von einem anderen Stern kam.

„Was ist los mit dir?“, fragte seine Tante verwirrt. „Du siehst mich an, als wenn ich ein Geist wäre.“

„Tante Sally!“, platzte es plötzlich aus Steve heraus.

„Ja, richtig geraten“, witzelte sie. „Was ist los mit dir? Als du mich das letzte Mal so entgeistert angesehen hast, hatte ich mir aus Versehen, meine Haare blau gefärbt. Was ist los? Habe ich mich seit heute Morgen so sehr verändert? Sollte ich vielleicht mal in den Spiegel schauen? Ist mir in der Zwischenzeit, irgendein hässlicher Pickel auf meiner Nase gewachsen?“

„Nein..., aber...“ stotterte Steve.

Was ist?“, fragte seine Tante inzwischen gereizt. „Ich weiß, es war noch nie deine Stärke, aber könntest du vielleicht einmal in ganzen Sätzen antworten.“

„Ich weiß überhaupt nicht, wie ich es dir sagen soll“, zögerte Steve ängstlich. „Aber, du durftest überhaupt nicht hier sein. Du bist seit zwei Jahren tot.“

Tante Sally verzog das Gesicht, als hätte sie in einen faulen Apfel gebissen.

„Tot?“, protestierte sie. „Na vielen Dank auch. Ich mache mich extra auf den weiten Weg hierher, um zu sehen wie es dir geht, und du hältst mich für einen Zombie.“

Steve sah verlegen nach unten. „Tut mir leid, aber…“

„Du musst dich nicht entschuldigen“, unterbrach ihn seine Tante, die inzwischen wieder lächelte. „Ich hatte schon Gelegenheit, mit dem Arzt zu reden. Er hat mir erzählt, dass du an einer vorübergehenden Amnesie leidest. Das du zur Zeit Erinnerungen hast, die du nicht einordnen kannst. Ich hatte ja mit vielem gerechnet, als ich dieses Zimmer betrat. Aber, dass du mich für tot hältst, ist schon krass.“

Als sie merkte, dass Steve nicht reagierte und seine Gesichtsfarbe immer noch leichenblass war, streichelte sie seinen Arm. „Steve“, sagte sie beruhigend, „entspann dich. Wie du siehst, lebe ich ja noch. Sag mir lieber wie es dir geht. Wie konnte es nur zu diesem schweren Sturz kommen? Hast du etwa Alkohol getrunken?“

„Was? Nein!“, protestierte Steve. „Abgesehen davon, bin ich auch nicht mit dem Rad gestützt.“

„Bist du nicht?“, fragte seine Tante verwirrt. „Aber der Arzt da draußen hat doch gesagt…“

„Es ist mir egal, was die Ärzte da draußen sagen“, unterbrach Steve sie wutentbrannt. „Seitdem ich hier in diesem Krankenhaus aufgewacht bin, weiß ich nicht mehr was wahr ist, und was ich mir nur einbilde. Ich habe allmählich das Gefühl, meinen Verstand zu verlieren. Ich bin nicht mit dem Rad gestürzt! Ich hatte einen Autounfall mit Mom und Dad.“

Der Gesichtsausdruck seiner Tante änderte sich schlagartig. Aus dem freundlichen Lächeln, wurde ein entsetzter, starrer Blick. „Ein Autounfall? Mit deinen Eltern?“

Aufgeregt, fasste sie Steve an die Stirn. „Hast du vielleicht Fieber? Geht es dir auch wirklich gut?“

„Nein, mir geht es nicht gut, verdammt nochmal“, zürnte Steve und schob dabei die Hand seiner Tante beiseite. „Wie würdest du dich fühlen, wenn du merkst, dass du langsam verrückt wirst.“

„Du bist nicht verrückt“, versuchte ihn seine Tante zu beruhigen. „Diese Verwirrungen, sind Auswirkungen deiner Amnesie.“

„Du hältst mich also nicht für verrückt?“, spottete Steve. „Gerade du? In meinen Erinnerungen bist du seit zwei Jahren tot. Jetzt stehst du plötzlich in diesem Zimmer und sprichst mit mir. Jeder zweite Patient in einer geschlossenen Psychiatrie, ist normaler, als ich es bin.“

Seine Tante beruhigte ihn. „Ich halte dich nicht für verrückt, weil ich den Grund für deine Verwirrungen kenne. Deine Amnesie. Du solltest sie vorrübergehend akzeptieren.“

„Ich werde sie aber nicht akzeptieren“, erwiderte Steve erregt. „Ich möchte nur eines von dir wissen. Warum sind meine Eltern nicht hier. Wo sind sie?“

Tante Sally fuhr mit ihrer Hand durch Steve sein Haar.

„Diesmal musst du aber ganz schön hart auf dem Kopf gefallen sein.“

Steve griff nach der Hand seiner Tante, hielt sie fest uns sah wütend in ihre Augen. „Tante Sally! Wo ist Mom und Dad?

Wo sind meine Eltern?“

Es folgten einige Sekunden des Schweigens. Tante Sally öffnete ihre Handtasche, holte ein Taschentuch heraus und wischte sich damit ihre Tränen aus dem Gesicht. Dann nahm sie Steve seine Hand, umklammerte sie mit ihren Händen und sah ihn voller Mitleid in die Augen.

„Schätzchen“, sagte sie aufgewühlt, „deine Eltern sind vor zehn Jahren an einem Autounfall tödlich verunglückt. Seitdem, wohnst du bei mir. Kannst du dich wirklich nicht erinnern?“

Steve stockte der Atem. Er fühlte plötzlich einen schmerzhaften Stich in seiner Brust. So stark, als hätte man ihm, mit einem Messer, mitten ins Herz gestochen. Er konnte nicht glauben, was seine Tante ihm da erzählte. Seine Eltern tot? Unmöglich. Mit starrem Blick, sah er seine Tante an und wollte losschreien. Aber, weil sein Körper wie gelähmt war, brachte er kein Wort heraus. Er fühlte, dass seine Augen feucht wurden, und Trähnen über seine Wangen flossen. Er lehnte sich zurück auf sein Kissen und wandte sich von seiner Tante ab. Wie im Rausch, hörte er, wie sie im Hintergrund weitererzählte.

„Deine Eltern, waren damals unterwegs, zu einer Betriebsfeier deines Vaters. Du warst gerade erst sechs Jahre alt. Weil du nicht alleine bleiben konntest, brachten sie dich zu mir um auf dich aufzupassen. Ich kann es bis heute nicht beschreiben, aber, ich hatte den ganzen Abend so ein fürchterliches Gefühl im Bauch. Als es dann, gegen Mitternacht klingelte, standen zwei Polizisten in der Wohnungstür. Als ich in ihre Gesichter sah, wusste ich, dass deine Eltern tot sind. Für uns beide, begann eine sehr schwere Zeit.

Ich habe dann die Vormundschaft beantragt, und dich bei mir aufgenommen. Wegen dir, habe ich extra mit dem Rauchen aufgehört.“

Tante Sally, wischte sich immer wieder ihre Trähnen aus dem Gesicht. Als sie merkte, dass Steve nicht reagierte, streichelte sie ihm seine Wangen. „Es tut mir unendlich leid, Steve.“

„Ich möchte, dass du jetzt gehst“, erwiderte Steve, fast weinend. „Ich möchte alleine sein.“

„Wie du willst“, antwortete seine Tante wehmütig. „Vielleicht, brauchst du wirklich erst einmal Zeit mit dir selbst.“

In diesen Moment, betrat eine Schwester das Zimmer, die eine Spritze in der Hand hielt. „Die Zeit ist um, Mrs. O’Connor“, sagte sie freundlich, aber bestimmend. „Sie müssen jetzt gehen.“

Tante Sally gab Steve einen Kuss auf die Stirn, der immer noch von ihr abgewendet, auf der Seite lag. „Ich werde morgen wieder nach dir sehen“, sagte sie wehmütig. „Vielleicht, geht es dir dann schon besser.“ Dann stand sie auf, nahm ihre Handtasche und verließ weinend das Zimmer.

Die Schwester ging an das Bett und zog die Spritze auf. „In der Spritze befindet sich ein Schlafmittel“, bemerkte sie. „Schlafen, ist jetzt für dich, die beste Medizin.“ Sie zog die Bettdecke beiseite, machte Steve seinen Hintern frei und steckte die Spritzte hinein. Steve, der sich durch den Schock, noch immer wie im Rausch befand, bekam von dem allem nicht viel mit. Die Spritze gab ihm letztendlich den Rest. Wenige Minuten später, schlief er erschöpft ein.

Etwa drei Stunden später, wurde er durch eine Schwester geweckt, die das Abendessen hereinbrachte. Sie stellte einen riesigen Teller auf den Nachttisch, der voll mit belegten Schnitten war. Außerdem, war er verziert, mit mehreren Käsestücken und Tomaten. Die Schwester wünschte noch einen guten Appetit und verschwand genauso schnell, wie sie gekommen war. Steve verspürte keinen Hunger. Er fühlte sich immer noch schwach und schläfrig. Aber er wollte unbedingt ins Bad, um sich frisch zu machen. Langsam raffte er sich auf und setzte sich an den Bettrand. Mit Erstaunen stellte er fest, dass ihm sehr schwindlig war. Langsam stand er auf und bewegte sich vorsichtig ins Bad. Als er am Waschbecken ankam, öffnete er langsam den verrosteten Hahn. Mit seinen Händen, schöpfte er mehrfach Wasser und erfrischte damit sein Gesicht. Nachdem er sich abgetrocknet hatte, sah er verwirrt in den Spiegel, der über dem Waschbecken hing.

„Ich bin doch nicht verrückt“, murmelte er vor sich hin. „Das kann doch alles nur ein Alptraum sein.“

Plötzlich sah er im Spiegelbild, wie hinter ihm eine Ratte durchs Zimmer rannte. Aufgeregt, griff er nach einer Rolle Toilettenpapier, drehte sich zu ihr und bewarf sie damit. Die Rolle verfehlte aber nur knapp ihr Ziel.

Entsetzt, sah die Ratte zu Steve. „Bist du Wahnsinnig geworden!“, rief sie wütend, mit einer männlichen Stimme. „Warum, bewirfst du mich. Ich habe dir überhaupt nichts getan.“

Steve stockte der Atem. Er konnte nicht glauben, was er da hörte. Eine sprechende Ratte. Unmöglich. Durch den Schock, geriet er leicht ins Wanken und drohte nach hinten zu fallen.

Aber er konnte sich, gerade noch rechtzeitig, mit beiden Händen am Waschbecken festhalten. Die Ratte, die nun feststellte, dass Steve sie verstand, sah ihn daraufhin verwirrt an. „Kannst du mich etwa verstehen?“, fragte sie.

Ängstlich rannte Steve aus dem Bad, um den Wahnsinn zu entkommen. Aber, noch leicht benommen von dem Schlafmittel, rutschte er aus. Er stieß mit dem Kopf an den Bettpfosten, fiel auf dem Rücken zu Boden und verlor die Besinnung.

Als er kurze Zeit später wieder zu sich kam, saß die Ratte auf seinem Brustkorb und putzte sich. „Du kannst froh sein, dass du jetzt keine Beule an deinem Kopf hast“, bemerkte sie. „Warum läufst du auch vor mir weg?“

Steve glaubte, dass sein Gehirn jetzt völlig verrücktspielt. „Du kannst reden!“, platzte es aus ihm heraus.

„Natürlich!“, antwortete die Ratte. „Du sprichst doch auch.“

Wie versteinert, lag Steve am Boden. Er wollte aufstehen, konnte es aber nicht. Seine Arme und Beine waren wie gelähmt. Da er immer ängstlicher wurde, bildeten sich mittlerweile Schweißperlen auf seine Stirn.

„Was…, was willst du von mir?“, stotterte er.

„Was ist das für eine dämliche Frage“, erwiderte die Ratte. Dabei hoppelte sie über Steve hinweg und sprang über das Bett auf den Nachttisch. „Was sollte ich von dir wollen?“, fragte sie weiter. „Sehe ich aus, wie ein gefräßiges Monster, dass dich zum Abendessen verspeisen will?“

Gierig, sah sie dabei auf den gefüllten Abendbrotsteller.

„Da wir schon beim Thema essen sind“, lächelte sie zu Steve, „hättest du etwas dagegen, wenn ich mir von deinem Teller etwas nehme?“

Steve konnte vor lauter Angst nicht antworten, nickte aber zustimmend mit dem Kopf.

Die Ratte nahm ein Stück Käse und steckte es in ihren Mund.

„Du musst wissen“, erzählte sie, „das Essen hier im Krankenhaus, schmeckt wirklich ausgezeichnet. Besonders dieser leckere Käse, hat es mir angetan. Wenn das nicht so wäre, würde ich wahrscheinlich nicht mehr hier sein.“

Steve hatte sich in der Zwischenzeit Mut gefasst und sich auf sein Bett gesetzt. Die Ratte, sah er aber weiter ungläubig und verzweifelt an. Noch immer, hielt er sie für eine Halluzination.

„Greif zu!“, sagte die Ratte mit vollem Mund. „Du könntest auch etwas zu Essen vertragen. Du siehst um die Nase, ziemlich blass aus.“

Doch Steve reagierte nicht. Seine Augen waren weit geöffnet und er zitterte ein wenig. Sein Körper war immer noch wie gelähmt.

„Warum, fürchtest du dich vor mir?“, fragte die Ratte entsetzt. „Keine Angst, ich bin nur eine Ratte. Ich fresse dich schon nicht.“

„Wieso…, wieso kannst du reden?“, stotterte Steve.

„Das ist die hier die falsche Frage“, erwiderte die Ratte. „Die richtige Frage wäre, warum kannst du mich hören?“

„Naja“, grübelte Steve, „ich hätte da so eine Vermutung.“

„Raus damit!“, fragte gespannt die Ratte.

„Was willst du hören?“, platzte es wütend aus Steve heraus.

„Seitdem ich in diesem Krankenhaus aufgewacht bin, hat sich mein Leben in eine Katastrophe verwandelt. Meine Eltern sollen plötzlich tot sein. Und meine Tante, die eigentlich tot ist, steht auf einmal putz munter, in diesem Zimmer. Glaube mir, jedem Psychiater, dem ich das erzähle, würde mich in eine Zwangsjacke stecken.“

Die Ratte überlegte. „Dann denkst du also, du bist verrückt?“, fragte sie.

„Ja“, wütete Steve. „Das kommt meiner Vermutung schon sehr nahe.“

„Eine Möglichkeit, die man bei dir nicht völlig außer Betracht lassen sollte“, witzelte die Ratte. „Aber ich kann dich beruhigen. Du bist völlig normal.“

„Völlig normal?“, erwiderte Steve entsetzt. „Für dich ist es also normal, dass ich mich als Mensch, mit dir unterhalten kann? Sei ehrlich, wann hast du das letzte Mal mit einem geredet?“

Die Ratte bewegte ihren Kopf nach oben und überlegte. „Lass mich nachdenken“, sagte sie in sich gehend und sah wieder zu Steve. „Das muss jetzt etwa 20 Jahre her sein. Es war genau hier, in diesem Zimmer.“

„Komm schon“, erwiderte Steve, „hör auf mich zu verarschen. Es gibt keine Ratten, die 20 Jahre alt werden.“

„Erlaube mal!“, protestierte die Ratte. „Ich werde im nächsten Monat 81 Jahre alt.“

Steve, der noch immer auf dem Bettrand saß, hielt die Ratte für einen unheimlichen Lügner. Aus dem Biologieunterricht wusste er, dass Ratten maximal zwei Jahre alt werden. Aber, um die Ratte nicht zu verärgern, ließ er sich nichts anmerken und neckte sie. „Wow“, wunderte er höhnisch. „81 Jahre! Dafür hast du dich aber gut gehalten.“

Da die Ratte dachte, dass Steve das Kompliment ernst meinte, wurde sie jetzt eitel. „Ja, findest du?“, wunderte die Ratte fast verschämt.

„Naja, ich treibe auch täglich Sport und achte auch sonst auf eine gute Figur.“

In diesen Moment, steckte sie sich ein Stück Käse in den Mund und verschluckte sich. Die Ratte hustete immer wieder und bekam kaum noch Luft. Als Steve bemerkte, dass die Situation ernst wurde, klopfte er sie auf den Rücken. Durch das Klopfen löste sich das Stück, schoss aus dem Mund der Ratte, mitten in Steve sein Gesicht.

„Danke!“, sagte die Ratte, noch immer hustend. „Du hast mir wahrscheinlich das Leben gerettet.“

Steve nahm das Ende der Bettdecke und wischte sich den Schleim aus dem Gesicht. „Vielleicht, solltest du beim Essen nicht so schlingen“, bemerkte er. „Dann hättest du die Chance, auch 82 Jahre alt zu werden.“

Aber die Ratte ließ sich nicht belehren. Erneut, griff sie nach einem Stück Käse und stopfte es in ihren Mund.

Steve schüttelte den Kopf und sah sie nachdenklich an.

„Hast du auch einen Namen?“, fragte er.

„Natürlich!“, platzte es aus ihr heraus. „Was denkst du denn. Mein Name ist Bud. Aber meine Freunde nennen mich Buddy.“

Steve runzelte die Stirn. „Was für Freunde?“

„Ja, ist schon gut“, knurrte Buddy. „Eigentlich habe ich überhaupt keine Freunde. Aber, wenn ich welche hätte, dürften sie mich Buddy nennen. Wie heißt du eigentlich?“

„Steven. Steven O´Connor. Meine Freunde nennen mich Steve. Und im Gegensatz zu dir, habe ich auch welche.“

„Wir schweifen vom Thema ab“, sagte Buddy beleidigt. „Wo waren wir stehen geblieben?“

Steve legte sich auf das Bett, streifte die Bettdecke über seinen Körper und verschränkte beide Arme hinter seinen Kopf. „Bei der Person“, bemerkte Steve gelangweilt, „mit der du hier, vor 20 Jahren im Zimmer erzählt haben willst.“

Buddy überlegte. „Ach ja, ich erinnere mich“, erwiderte er schließlich. „Sein Name war Clark Reeds und er hatte das gleiche Schicksal, wie du. Nach einem schweren Autounfall mit seiner Frau, wachte er auch in diesem Zimmer auf. Als er sich nach seiner Frau erkundete, und die Ärzte nach ihr suchten, stellten sie jedoch fest, dass Clark ledig war und noch nie eine Frau besessen hat. Als die Ärzte ihm das erzählten, flippte er völlig aus. Er war kurz davor, den Verstand zu verlieren.“

„Also, war er auch verrückt?“, fragte Steve nach.

„Keineswegs!“, protestierte Buddy. „Genauso wenig, wie du es bist.“

Buddy hoppelte vom Nachttisch, auf das Kopfkissen von Steve und sah ihn mit einem geheimnisvollen Blick, tief in die Augen. „Glaube mir, Steve“, erzählte er weiter, „für diese Verwirrungen, hier in diesem Krankenhaus, gibt es eine ganz einfache Erklärung. Du…“

Plötzlich ging die Tür auf und eine Schwester betrat das Zimmer.

„Versteck mich!“, rief Buddy und huschte hektisch unter die Bettdecke von Steve.

„Steven, ist alles in Ordnung mit dir?“, wollte die Schwester wissen. „Ich habe dich reden hören.“

„Mir…, mir geht es gut“, stotterte Steve. „Ich rede manchmal mit mir selbst. Dumme Angewohnheit. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich als Einzelkind aufgewachsen bin.“

Die Schwester sah zum Nachttisch, auf dem sich der noch fast volle Abendbrotsteller befand. „Hast du keinen Hunger?“, fragte sie nachdenklich. „Du hast ja kaum etwas gegessen.“

„Nicht wirklich“, antwortete Steve verlegen.