Das Mann-Frau-Geheimnis - Johannes Huber - E-Book

Das Mann-Frau-Geheimnis E-Book

Johannes Huber

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Beschreibung

Frauen und Männer sind beide Wunderwerke der Natur, von der Evolution in den 300 Millionen Jahren seit Entstehen der Zweigeschlechtlichkeit geschaffen, aber sie sind überaus unterschiedliche Wunderwerke. Der Arzt und Bestsellerautor Johannes Huber zeigt in diesem Buch, welche Unterschiede die Natur zwischen den Geschlechtern gemacht hat und warum sie das getan hat. Dabei nähert er sich dem Geheimnis des Lebens an und sorgt für viele Aha-Erlebnisse über das eigene und das andere Geschlecht. Ein durch und durch unterhaltsam lesbares und wissenschaftliches Buch, das nebenbei zu mehr Sachlichkeit in der Gender-Debatte mahnt.

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Johannes Huber

Das Mann-Frau-Geheimnis

Alle Rechte vorbehalten

© 2023 edition a, Wien

www.edition-a.at

Cover: Bastian Welzer

Satz: Silja Andrej

Gesetzt in der Ingeborg

Gedruckt in Europa

12345—26252423

ISBN 978-3-99001-659-6

eISBN 978-3-99001-660-2

JOHANNES HUBER

DAS MANN FRAUGEHEIMNIS

Die faszinierenden Unterschiedezwischen den WunderwerkenMann und Frau

Aufgezeichnet vonThomas Köpf & Andrea Fehringer

INHALT

ERSTER TEIL

Der große innere Unterschied

ZWEITER TEIL

Das große Gleichgewicht und seine Grauzonen

DRITTER TEIL

Die Natur duldet keine Späße

VIERTER TEIL

Der Geschlechtsunterschied in den einzelnen Organen

FÜNFTER TEIL

Der Einfluss der Umwelt

Einleitung

Dieses Buch handelt von Unterschieden zwischen Frauen und Männern, die dem Postulat der biologischen Gleichheit der Geschlechter unwiderlegbare naturwissenschaftliche Fakten entgegenhalten. Von Unterschieden, die den meisten Frauen, vor allem den Müttern, aber auch den meisten Männern intuitiv bewusst sind, die aber, wissenschaftlich herausgearbeitet, doch immer wieder Aha-Erlebnisse bewirken. Von Unterschieden auch, die sich weder wegoperieren, weghormonbehandeln, wegdiskutieren noch wegregulieren lassen. Sie zeigen, dass beide, sowohl Frauen als auch Männer, Wunderwerke der Natur sind, von der Evolution in den 300 Millionen Jahren seit der Entstehung der Zweigeschlechtlichkeit geschaffen, aber eben überaus unterschiedliche Wunderwerke.

Ehe Ihnen einige dieser Unterschiede erzählt werden, hoffentlich unterhaltsam aufbereitet und manche Ihrer Rätsel bezüglich des anderen Geschlechtes lösend, soll kurz erklärt werden, weshalb dieses Buch geschrieben wurde. Es beginnt in den 1990er-Jahren im Wiener Allgemeinen Krankenahaus.

Trans… was?

Kurz vor der Jahrtausendwende war ich als Leiter der Abteilung für Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH) vermehrt mit einer bis dahin weitgehend unbekannten Patientengruppe befasst. Wir behandelten vor allem Frauen mit Hormonstörungen oder unerfülltem Kinderwunsch. Dabei praktizierten wir eine interdisziplinäre, frauenspezifische Medizin und führten Hormonbehandlungen durch, die damals an sich noch recht neu waren. Unsere Hormonambulanz gab es erst seit den frühen 1980er-Jahren.

Die nun neu hinzukommenden Patienten litten besonders stark an ihrer Lebenssituation, wozu erschwerend kam, dass sie kaum darüber zu sprechen wagten. Sie brauchten Hormonbehandlungen, um sie selbst sein zu können. Es handelte sich um Männer, die das Gefühl hatten, im falschen Körper geboren worden zu sein und die deshalb Frauen werden wollten. Was sollten wir für sie tun?

Die Betroffenen waren schon auf viel Unverständnis und Widerstand gestoßen, ehe sie den Weg zu uns gefunden hatten. Also überlegten wir. Sie standen unter enormem Leidensdruck, so viel war klar. Sie fühlten sich nicht wohl in ihrer Haut. Es war also unsere medizinische Pflicht und unser Bedürfnis, ihnen zu helfen. Aber wie?

Zunächst agierten wir beratend, wobei wir Psychologinnen und Psychologen einbanden. Danach führten wir die ersten Hormonbehandlungen durch. Mit der Zeit ging aus der Hormonambulanz eine eigene Transgender-Ambulanz hervor, die ebenfalls unter meiner Leitung stand, die erste im akademischen deutschsprachigen Raum.

Zu den Hormonbehandlungen kamen bald auch chirurgische Eingriffe, also geschlechtsangleichende, genitale Behandlungen in Absprache mit der plastischen Chirurgie, der Urologie und anderen Fachbereichen im AKH.

Unsere Arbeit polarisierte innerhalb der medizinischen Fachdisziplinen. Wir ernteten von Kolleginnen und Kollegen teils Kritik, doch wir konnten uns auch über Beistand und Hilfe freuen. So etwa unterstützte uns die Stadt Wien, indem sie die notwendigen Strukturen schuf. Ambulanzzeiten mussten bewilligt und Schreibkräfte eingestellt werden. Dabei halfen auch der damalige Leiter des AKH, Prof. Reinhard Krepler, und später die Stadträtin Wessely maßgeblich mit. Unsere Oberärztin Dr. Ulrike Kaufmann war von der Gründung der Ambulanz an dabei und leitet sie in fleißiger und umsichtiger Weise noch heute.

Die Bevölkerung sah unsere Arbeit entspannt. Sie reagierte zwar vereinzelt mit Kopfschütteln, griff uns jedoch nicht an. So konnte sich die Ambulanz den Status eines Kompetenzzentrums für Transsexualität erarbeiten und immer mehr an Bedeutung gewinnen. Ich bin stolz darauf, an ihrer Gründung beteiligt gewesen zu sein und bei so vielen Betroffenen an einer Lösung ihrer offensichtlichen Notlage mitgewirkt zu haben. Wer kann schon nachvollziehen, welche psychische Belastung es bedeutet, sich im falschen Körper zu wähnen, und welche Ängste, Depressionen und Identitätskrisen damit einhergehen?

Es erfüllt mich jetzt allerdings mit Sorge, wenn ich die aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet der Transgenderdebatte verfolge. Hier ufert gerade etwas aus und verliert dabei seinen eigentlichen Sinn. Vor allem drei Entwicklungen muss man aus medizinischen und ethischen Gründen als Arzt, Endokrinologe und Gynäkologe als gefährlich einstufen. Die eine ist das zunehmende Vordringen dieser Debatte in die Welt der Kinder und Jugendlichen. Die zweite ist die Verve, mit der die Politik dabei das Private an die Öffentlichkeit zerrt. Die dritte ist die Abschaffung der Frau, worauf das Einebnen der Geschlechterunterschiede hinausläuft.

Aber der Reihe nach.

Eine Gesellschaft definiert sich immer auch durch ihren Umgang mit Minderheiten. Deshalb braucht auch ihr Umgang mit Transpersonen eine Übereinkunft. Die kann im Kern nur darin bestehen, dass es eine Privatangelegenheit ist, wer sein Geschlecht wie definiert und wer seine Sexualität wie auslebt. Alle Menschen sollen auch in diesem Bereich selbstbestimmt und gleichberechtigt sein und tun können, was sie wollen. Wer würde dem widersprechen? Und was sonst wäre dazu noch zu sagen? Der Rest ist aus guten Gründen eben Privatsphäre.

Doch eine vor allem dem linken politischen Spektrum zuordenbare Gruppe von Meinungsbildnern scheint besessen zu sein. Besessen von Sexualität, Geschlechteridentität und einer forcierten öffentlichen Diskussion darüber. Trotz aller Umfragen, die belegen, dass die Bevölkerung dringlichere Probleme und andere Interessen hat, mischen sich alle ein, Nichtregierungsorganisationen, Schulen, Arbeitgeber, politische Parteien und sogar Regierungen.

In Deutschland zum Beispiel formulierte der parlamentarische Staatssekretär des Familienministeriums und Queer-Beauftrage der Bundesregierung, Sven Lehmann, unter dem Titel Queer leben einen nationalen Aktionsplan zur Akzeptanz und zum Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Lehmann fordert darin eine aktive Politik gegen Diskriminierung ein, die unter anderem auf eine Änderung des deutschen Grundgesetzes, also der deutschen Verfassung, hinausläuft. Aus bestimmten Gründen scheint man hier gegen offene Türen laufen zu wollen – denn diesen gesetzlichen Schutz gibt es seit langem.

Gemäß einer Übereinkunft der Ampelregierung im Koalitionsvertrag will er den Gleichbehandlungsartikel der Verfassung um ein Verbot der Diskriminierung wegen sexueller Identität ergänzen. Das ist etwa so sinnvoll, wie ein politischer Vorstoß, das Verbot des Tötens von Menschen durch ein Verbot des Tötens von Menschen aufgrund von Habgier zu ergänzen.

Worum geht es Lehmann, der die Sinnlosigkeit seines Vorstoßes ja erkennen muss, wirklich? Um sein Profil als moderner Politiker? Um die Schlagzeile? Müssen wir wirklich dafür das Private um jeden Preis politisch machen?

Auch Lehmann schreckt übrigens nicht davor zurück, Kinder und Jugendliche mit in die Sache hineinzuziehen. Auf sie legte er sogar einen besonderen Fokus seines Aktionsplanes, und er weiß sich dabei wohl gut eingebettet in die aktuelle Diskussions- und Aktionskultur. Denn die Zielgruppen, an die sich die Politik mit ihrem Sendungsbewusstsein in Sachen Geschlechteridentität heranwagt, werden immer jünger. Selbst vor Kindergärten macht sie nicht mehr Halt.

In Zürich zum Beispiel sorgte eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel Drag Story Time für Aufsehen. Dabei handelte es sich um ein freiwilliges Angebot an Schweizer Kindergärten, Dragqueens sollten den Kindern etwas vorlesen.

Die kritischen Fragen, was und wie viel so ein Auftritt wirklich bringt, ob er nicht womöglich zu Abwehrreflexen und Verwirrung führt und ob nicht gerade die kindliche Sexualität der Privatsphäre und dem individuell höchst unterschiedlichen Entdeckungsprozess zu überlassen ist, wagte niemand mehr zu stellen, nachdem ausgerechnet eine groteske rechtsradikale Gruppierung mit Fackeln und Parolen gegen die Drag Story Time demonstriert hatte.

In den vergangenen Jahren haben derartige Eingriffe in die Privatsphäre junger Menschen allerdings immer wieder für Irritationen gesorgt, und zwar quer durch alle Altersgruppen. In einem Gymnasium in der Steiermark sollten Jugendliche auf einen Zettel schreiben, wie oft sie onanieren. Einem Schüler fiel der Zettel aus der Hand und ein Mitschüler schnappte ihn sich und las ihn laut vor der ganzen Klasse vor. Dass der betroffene Schüler das vielleicht sein Leben lang als quälende Erinnerung mit sich tragen wird, versteht jeder einigermaßen empathische Mensch von selbst.

In einer Wiener Volksschule dienten Sexpuppen als Anschauungsobjekte. Dazu sollten Kinder Kondome über Sektgläser stülpen. Nebenbei erhielten sie den pädagogisch fragwürdigen Hinweis, Pornos seien Actionfilme mit anderen Inhalten.

Die Folge waren auch hier überforderte, verstörte, beschämte oder peinlich berührte Kinder. In einem dokumentierten Fall riss ein kleiner Junge nach so einem Unterricht zum Entsetzen aller beteiligten Eltern einer Freundin seiner Schwester das Kleid vom Leib.

Die Schulen dürfen sich jedenfalls auch ohne Lehmanns Aktionsplan beim »Gendern« und frühzeitigen Sexualisieren von kleinen Kindern von der europäischen Politik gedeckt fühlen. So veröffentlichte das europäische Büro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 2010 als Rahmenkonzept für politische Entscheidungsträger, Bildungseinrichtungen, Gesundheitsbehörden, Expertinnen und Experten seine Standards für die Sexualaufklärung in Europa. Dieses Papier legitimierte das Thema Selbstbefriedigung in Kindergärten samt eigens dafür eingerichteten stillen Ecken.

Fazit. Es gibt Bereiche, in denen Öffentlichkeit nur Schaden anrichten kann. Der heikelste all dieser Bereiche ist die Sexualität, und hier wiederum ist der allerheikelste die Entwicklung der kindlichen Sexualität. Niemand hat das Recht oder gar die Pflicht, in diesen Bereich lautstark mit einer politischen Agenda hineinzuplatzen.

Die Abschaffung der Frau

Eine paradoxe Situation ergibt sich durch die Genderdebatte für den Feminismus. Er wird dabei überflüssig. Denn wozu brauchen wir noch einen Feminismus, wenn es keine feminae, also keine Frauen mehr gibt? Wozu brauchen wir dann noch Frauenrechte?

Frauen wegzukonstruieren und ein Einheitsgeschlecht zu schaffen, das ist, konsequent zu Ende gedacht, das eigentliche Ziel der Genderbewegung. Selbst den einflussreichen, 1981 in Hamburg gegründeten Menschenrechtsverein für Frauen Terre des femmes spaltet dieser Gedanke.

In der Schweiz, künftig auch in Deutschland und früher oder später dann wohl in vielen anderen Ländern können Bürgerinnen und Bürger ab 14 ihr Geschlecht bereits per Amtsweg ändern lassen, ohne hormonelle Behandlungen oder chirurgische Eingriffe. Nicht mehr unsere Physiologie bestimmt, ob wir Frauen oder Männer sind, sondern ein Formular.

Die freie Wahl haben Wechselwillige nicht nur zwischen den Varianten »Frau« und »Mann«, als dritte Option steht ihnen »divers« zur Verfügung. Dies beinhaltet auch nichtbinäre (nicht ausschließlich als männlich oder weiblich identifizierbare) und genderfluide (Begriff für eine Geschlechtsidentität, die sich im Laufe der Zeit oder je nach Situation ändert) Menschen und macht die Lage noch etwas verzwickter. Denn wer das Kästchen »divers« ankreuzt, entscheidet sich im Grunde für alles und nichts, mit allen daran geknüpften verwaltungstechnischen Schwierigkeiten.

Können wir wirklich getrenntgeschlechtliche Toiletten haben, Frauenquoten schaffen oder im Sport zwischen Männern und Frauen unterscheiden, gleichzeitig aber jegliche Kategorisierungen von Mann und Frau wieder aufbrechen? Rein organisatorisch betrachtet ist es da tatsächlich sinnvoller, die Geschlechterzuordnung gleich ganz aufzugeben, zumindest auf amtlicher Ebene. In einem Staat gibt es dann formal keine Frauen und keine Männer mehr, sondern einfach nur noch Menschen.

Einige Fragen blieben dann freilich zu diskutieren. Was tun bei Wehrpflicht und Rentenantrittsalter? Bei Spitälern, Frauenhäusern oder Toiletten? Wollen wir uns wirklich mit solchen Problemen konfrontieren? Und wozu eigentlich? Weil es politisch inkorrekt zu werden droht, einfach nur ein Mann oder eine Frau zu sein?

Tatsache ist, dass sich die Position westlicher Gesellschaften zum Geschlecht in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat. »Queer« hat seinen Platz in der Gesellschaft gefunden und das ist gut so. Dennoch müssen wir weiterhin definieren, wer wann wo und warum als Frau oder als Mann gilt. Nur so können wir Menschen, vor allem Frauen, vor Benachteiligungen schützen. Derzeit sind wir davon aufgrund einer falsch geführten Diskussion und überstürzten, unlogischen Vorschlägen und Gesetzen weit entfernt.

Die Evolution hat rund 300 Millionen Jahre lang daran gearbeitet, die Zweigeschlechtlichkeit zu etablieren und auszuformen. In dem Bestreben, sie infrage zu stellen, drücken sich ein Hochmut, eine Arroganz und eine Geringschätzung gegenüber der Schöpfung aus, wie es sie in der Geschichte der Menschheit noch nie gegeben hat. Das Ansinnen ist zudem lächerlich. Denn die beiden Geschlechter handstreichartig einfach abzuschaffen, ist natürlich völlig ausgeschlossen, wie das Folgende eindrucksvoll belegen wird.

In Wirklichkeit kann das auch niemand wollen, denn die evolutionär gewachsenen Unterschiede zwischen dem Wunderwerk Frau und dem Wunderwerk Mann gehören zum Faszinierendsten und mitunter Geheimnisvollsten, das dieses Leben, dieser Planet und unsere Biologie, Psychologie und Seelenkunde zu bieten hat.

Was Sie erwartet

Hinter allem steht die große Autorität, Ihre Majestät, die Natur. Man darf nicht diese Kaltblütigkeit an den Tag legen, allzu schnell alles infrage zu stellen. Denn auf dem langen Weg vom Einzeller zu den Pflanzen, zu den Tieren und letztendlich zum Menschen, hat die Evolution jede Menge Wunder vollbracht. Vor diesem Hintergrund sollte man auch die Zweigeschlechtlichkeit sehen.

Das Leben ist die schönste Erfindung der Natur. Dieses Meisterwerk, dieses Wunder, durchdacht bis in die letzte Zelle, verlangt geradezu danach, einen Blick hinter die Kulissen der Entstehungsgeschichte zu werfen. Es geht darum, zu verstehen, warum wir so geworden sind, wie wir sind. Die Evolution hat sich viel überlegt, um uns zum heutigen Menschen zu machen. Da waren grundlegende Veränderungen notwendig, allerhand Anpassungen und jede Menge Nachbesserungen. Wie bei einem Bildhauer, der sein Werk schon lange vor Augen hat, es aber noch in mühseliger Kleinarbeit aus dem riesigen Steinblock heraushämmert und freilegt.

Die Natur ist über die Maßen erfinderisch, wenn es heißt, eine Art zu gestalten und ihr Fortbestehen zu sichern. Mit einem entscheidenden Vorteil: Die Evolution hat sich für ihr Vorhaben mehr Zeit genommen, als der Mensch sich vorstellen kann. Da vergehen schon einmal ein paar Hundert Millionen Jahre, ohne dass wer auf die Uhr schaut oder zu einem Termin hastet. Zeit ist nur ein Vektor im unendlichen Raum, ein Anhaltspunkt, nicht mehr. Mutter Natur hat keinen Stress. Alles blüht und gedeiht nach eigenem Tempo und bestimmter Fasson.

Der Weg vom Einzeller zu den rund 75 Billionen Zellen, aus denen wir heute bestehen, war mühselig und gefährlich. Ein kosmischer Ultra-Marathon.

Einige Meilensteine dieser Reise wollen wir hier näher betrachten. Schon zu Beginn gab es ein entscheidendes Problem: Der Einzeller war in seiner Beschaffenheit ziemlich simpel gestrickt. Der Einfaltspinsel konnte sich nur teilen und eine gleiche andere Zelle bilden, sonst nichts.

Beide Zellen waren ident. Eine ziemlich langweilige Art der Weitergabe: Aus eins mach noch eins. Mehr war nicht drinnen. Die Natur überlegte sich also, wie sich hier der Horizont am besten erweitern ließe, damit eine Diversifizierung stattfindet, eine Anpassung an die Umwelt, eine Weiterentwicklung, ein Upgrade.

Es kommt einem so vor, als hätte die Evolution ein Forschungslabor der Ewigkeit vor Augen gehabt, inklusive Think-Tank und Quantencomputer. Denn immer schon oblag es dem Bauplan des Schicksals, neue Experimente anzugehen, um die Entwicklung der Menschheit auf Schiene zu bringen.

Viren als Treiber der Fortpflanzung

Um der Langeweile der Einzeller etwas mehr Pep einzuhauchen, griff die Evolutionsbiologie auf Viren zurück. Diese Viren nisteten sich im Genom der Zellen ein, aber nicht um sie krank zu machen oder gar zu töten, sondern um mit ihnen zu kooperieren. Genial eigentlich: Wer zusammenarbeitet, schafft neue Möglichkeiten biologischer Expansion – das beinhaltete ein völlig neues Verständnis der Evolution.

Die Natur nutzte die Viren zur Fortpflanzung.

Auf Dauer schien diese Zweckgemeinschaft aber zu unsicher. Viren halten sich nicht immer an Abmachungen, sie folgen ihrer eigenen Logik und die ist ziemlich egoistisch. Die Evolution hatte eine andere Idee, um den Aktionsgrad des Schaffens zu erweitern. Sie beschloss: Wir machen zwei unterschiedliche Lebewesen, und diese Lebewesen kommen dann zusammen, können ihre Gene austauschen und so immer wieder Neues in einem dritten Lebewesen entstehen lassen. Wir splitten das Leben, um auf die Zukunft zu bauen.

Der Plan sah vor: Zwei unterschiedliche Zellen sollten sich zu einer dritten verschmelzen und dabei alle Gene neu ordnen, um eine bessere Anpassung zu ermöglichen. Das Schicksal sah sich um und nickte zufrieden. Die Geschlechter waren entstanden.

Diese völlige Neuorientierung in der Entstehungsgeschichte wäre durch reine Mutation nicht passiert. Das hätte viel zu lange gedauert. Der Clou war, fremde DNA zu inkorporieren und zum Teil unseres Genoms zu machen. Der Mensch heute besteht zu einem beachtlichen Teil aus Viren-DNA, das nur nebenbei.

Ob sich eine Zelle männlich oder weiblich ausbildte, war zunächst äußerlichen Einflüssen geschuldet. Wärme, Nahrungsangebot und Umwelt entschieden darüber, welches Geschlecht die Zelle annahm.

Bei wärmeren Temperaturen entstanden bei manchen Arten eher Weibchen, doch damit werden wir uns im Laufe des Buches noch ausführlicher beschäftigen. Mutter Natur war diese geschlechtsbildende Wankelmütigkeit, basierend auf Zufallserscheinungen, zu vage. Aus dem Grund stellte sie dafür ein eigenes Chromosom ab: das Y-Chromosom. Adam war geboren. Servus.

Mit Eva an der Hand. Der Mann und die Frau. Aus einer Überlegung der Evolution. Dahinter steht die große Autorität von Mutter Natur.

Der Mensch besteht aus zwei Hormonwelten

Der Unterschied zwischen dem männlichen Y-Chromosom und dem weiblichen X-Chromosom war gewaltig, eine Revolution. Er bestimmte nicht nur das Geschlecht, sondern durchströmte das ganze Lebewesen auf wundersame Weise und schuf zwei Hormonwelten. Doch bei dieser Einteilung des Menschen in zwei Gruppen gab es immer wieder auch Grauzonen, wo die Zuordnung nicht immer hundertprozentig genau zu treffen war.

Wir werden noch von Berühmtheiten aus der Historie hören, die mit den sogenannten Normvarianten von Mann und Frau nicht übereinstimmten. Frankreichs Nationalheldin Jeanne d’Arc, die Jungfrau von Orléans, hatte in Wahrheit männliche Gene. Königin Elisabeth von England litt am Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (kurz MRKHS), einer angeborenen Fehlbildung des weiblichen Genitals. Sie hatte keine Scheide, konnte keinen Geschlechtsverkehr ausüben und auch keine Kinder bekommen.

Aberrationen gab es immer wieder. Die Natur hat ihre Launen und experimentiert. Die Geschichte ist voll von berühmten Fällen, die die Ausnahme bildeten. Es war immer so, und das muss man auch akzeptieren. Doch im Großen und Ganzen war die genetische und hormonelle Zweigeschlechtlichkeit am erfolgreichsten.

Damit kein falscher Eindruck entsteht: Ich habe eine, wie schon eingangs erwähnt, Transgender-Ambulanz im AKH gegründet. Wir waren die Ersten im deutschsprachigen Raum, die das auf universitärem Boden gemacht haben.

Aber seit einiger Zeit haben europäische Politiker, vor allem in Deutschland, diese Kaltblütigkeit, das an sich vorprogrammierte Wunderwerk Mensch zu annullieren und es dem Amt oder einem sozialen Konstrukt zu überlassen, ob man sich dem einen oder anderen Geschlecht angehörig fühlt. Übersehend, dass man damit – und das ist uns Gynäkologen natürlich extrem wichtig – eines infrage stellt, nämlich was wir immer wieder in der letzten Zeit propagiert haben: dass es in der Medizin eine geschlechterunterschiedliche Behandlungsmöglichkeit geben muss und gibt.

Geschlechtsspezifische Medizin bedeutet, eine für Mann und Frau maßgeschneiderte Behandlung zu ermöglichen. Dass Männer und Frauen oftmals an ein und der derselben Krankheit in ganz unterschiedlicher Weise leiden, wird in diesem Buch anhand von zehn Fakten aufgezeigt. Das Mann-Frau-Geheimnis – für Sie gelüftet und zwischen zwei Buchdeckel gebettet.

Krankheiten verlaufen anders bei Mann und Frau

Krankheiten sind nicht unisex. Sie verlaufen anders, wenn der Mensch eine Frau oder ein Mann ist. Darüber lässt sich nicht streiten. Der Medikamentenverbrauch, die Metabolisierung, die Erscheinung, überhaupt der gesamte Verlauf von Krankheiten. Wenn man das jetzt zu annullieren versucht, ist die Chance auf individuelle Betreuung aussichtslos.

Ich möchte auch davor warnen, bei noch nicht abgeschlossener Pubertät eine Geschlechtsveränderung zu starten und Pubertätshemmer einzusetzen, die erwiesenermaßen Hirntumore hervorrufen können. Dieses grob fahrlässige Unterfangen scheint in der hitzigen Diskussion völlig untergegangen oder ausgeklammert worden zu sein.

Dass bei der Verabreichung solcher Medikamente mitunter Meningeome entstehen, wie das im Fachjournal The Lancet veröffentlicht wurde, scheint in der Debatte rund um die sogenannte Gender-Fluidität niemanden zu interessieren.

Es gibt Dutzende Arbeiten, die zeigen, dass wenn man in der Pubertät solche Hemmer verwendet, um zum Beispiel die Androgene, die männlichen Hormone, zu unterdrücken, eben mit der Zeit neurologische Probleme auftauchen können. Und das wird im multimedialen Streit momentan völlig negiert. Warum? Entweder wissen es die Politiker nicht, oder sie verschweigen es. Aber wahrscheinlich wissen sie es nicht. Wenn sie es wirklich nicht verstehen, dann trifft das zu, was immer wieder gesagt wird – nämlich:

In der Politik sind die Unbelesenen und die Unerfahrenen im Vormarsch.

Steht die Evolution an einer neuen Schwelle?

Die Entscheidungsträger mögen ahnungslos sein, was die medizinischen Hintergründe betrifft, dennoch haben sie die Macht, aus ihren kruden Ideen Gesetze zu schmieden.

Darüber werden wir uns ausführlich unterhalten.

Abschließend soll noch die Frage gestellt werden, warum die Änderung des eigenen Geschlechtes zu einem Hauptthema unserer Zeit geworden ist? Ist es ein nicht ungefährlicher – Trend, der von Social-Media-Influencern und gewissen Medien propagiert wird? Oder gibt es vielleicht biologische Ursachen dafür, die in jenem Ozean von hormonähnlichen Stoffen liegen, der als ein noch nicht ganz wahrgenommenes Gefahrenmoment in der globalen Verschmutzung zu finden ist. Und so vielleicht das reproduktive Ende des hedonistischen Zeitalters einläutet, noch bevor die Erdtemperatur um einige Grade ansteigt.

Oder ist es womöglich doch so, dass wir an einer neuen Schwelle der Evolution stehen? An einem Punkt, wosich der Mensch in seiner geschlechtlichen Ausrichtung verändert?

Sehen wir uns die Fakten an. Die Medizin kennt reichlich Antworten.

ERSTER TEIL

Der große innere Unterschied

Jede Schöpfung unterliegt einer gewissen Zeitlichkeit. Vielleicht haben diejenigen ja tatsächlich recht, die dem Menschen die natürlich gegebene Zweigeschlechtlichkeit absprechen. Weil es gerade schicklich ist und ein Narrativ bedient, das manche mit Freiheit und Wandel verwechseln. Leben ist Entwicklung.

Wir Menschen haben eine Kindheit, wir werden erwachsen, wir haben ein Ende. Der Endlichkeit und der Zeitlichkeit unterliegen auch die großen Zivilisationen und Kulturen, genauso wie wir Menschen. Sie sind mit einem Leben vergleichbar: die Ägypter, die Römer, die Völkerwanderung, Byzanz, China, Südamerika. Kulturen entstanden da und dort, hatten ihren Höhepunkt und gingen letzten Endes wieder unter. Das ist der Lauf der Dinge. Der Kreis der Ewigkeit.

Entstehung, Aufstieg und Zerfall.

Oder das Denken im Allgemeinen. Das kollektive Bewusstsein mancher großen Ideen. Die Demokratie zum Beispiel, vielleicht hat auch sie ein Ende, obwohl wir sie heute als die beste aller Möglichkeiten ansehen. Alles war schon da, veränderte sich und schuf Platz für Neues. Ob das auch für die Zweigeschlechtlichkeit gilt?

Es kommen immer wieder Gedanken, die florieren, die angebetet werden, und dann verschwinden sie wieder hinter dem Gazeschleier der Geschichte.

Das Ganze gilt natürlich auch für die kosmische Welt. Vor fünf Milliarden Jahren ist unser Sonnensystem entstanden. In weiteren fünf Milliarden Jahren wird der Andromedanebel unser Sonnensystem okkupiert haben, und es wird nicht mehr da sein. Auch für den Kosmos scheint die Endlichkeit zu gelten – genauso wie für das, was wir Leben bezeichnen. Alles Wimpernschläge.

Als Gynäkologe kennt man den Atem der Schöpfung