Das menschliche Gehirn für Dummies - Frank Amthor - E-Book

Das menschliche Gehirn für Dummies E-Book

Frank Amthor

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Beschreibung

Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, warum die Menschen sich so verhalten, wie sie sich verhalten? Leicht verständlich und anhand vieler Beispiele erläutert Frank Amthor, wie das Gehirn, das Nervensystem und die fünf Sinne funktionieren. Er erklärt, wie das Gehirn unsere Bewegungen, unser Bewusstsein, unsere Wahrnehmungen und Emotionen steuert. Er erläutert auch, was passiert, wenn die Arbeitsteilung im Gehirn gestört ist und wie die Medizin dann weiterhelfen kann. Sie erfahren, was Intelligenz ausmacht, wie wir Sprache erwerben und verarbeiten und wie das Lernen und die Erinnerung funktionieren.

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Das menschliche Gehirn für Dummies

Schummelseite

VERBLÜFFENDE FAKTEN ÜBER DAS GEHIRN

Ihr Gehirn besteht aus etwa 86 Milliarden Nervenzellen. Jede dieser Zellen besitzt zwischen 1.000 und 10.000 Synapsen zu anderen Neuronen. Das ergibt schätzungsweise 100 Billionen Verbindungen. Die meisten Zellen in Ihrem Gehirn befinden sich im Neokortex und Kleinhirn. Das Kleinhirn ist für die Bewegungskoordination verantwortlich, der Neokortex für sensorische Informationen und die Planung komplexer Verhaltensweisen. Jede Nervenzelle des Gehirns ist wie ein kleiner Computer. Die Nervenimpulse zur Informationsübertragung können Geschwindigkeiten von bis zu 400 km/h erreichen – somit schlagen sie jeden Ferrari!Das menschliche Gehirn wiegt durchschnittlich etwa 1,4 Kilogramm und macht nur etwa zwei Prozent des Körpergewichts aus, verbraucht aber rund 20 Prozent der gesamten Energie und des Sauerstoffs des Körpers.Die Energiefresser sind die Neuronen. Sie sind darauf spezialisiert, Informationen zu verarbeiten und weiterzuleiten. Für die Bildung zahlreicher Synapsen entwickelten sich Dendriten, zylindrische Fortsätze. Diese Dendriten erlauben es einer Nervenzelle, so viele Synapsen auszubilden. Die entstehenden Dendritenbäume ermöglichen nicht nur Platz, sondern auch nicht lineare Interaktionen zwischen benachbarten Synapsen. Synapsen in Nähe des Zellkörpers beeinflussen die Erregungsausbreitung stärker als entferntere. Darüber hinaus stellen die Verzweigungen der Dendriten zahlreiche Informationsverarbeitungseinheiten bereit. Sie verarbeiten Tausende zeitlich versetzte präsynaptische Signale zu einem einheitlichen Ausgangssignal.Es gibt elektrische und chemische Synapsen. Chemische Synapsen sind leistungsstärker und flexibler, doch sie reagieren langsamer als elektrische Synapsen. Das Gehirn baut also Elektrizität auf! Diese hat sogar genug Energie, um eine Glühbirne zum Leuchten zu bringen.Ionotrope Rezeptoren, Proteinkomplexe auf der postsynaptischen Seite einer Synapse, reagieren auf spezifische Neurotransmitter. Sie ermöglichen ausgewählten Ionen die Passage durch Ionenkanäle in der Membran, wodurch die synaptische Botschaft weitergeleitet wird. Metabotrope Rezeptoren hingegen setzen keine Ionen durch, sondern lösen eine Signalkaskade in der Zelle aus, die andere Kanäle öffnet. Ionotrope Rezeptoren ermöglichen eine schnelle Signalübertragung, metabotrope Rezeptoren sind meist für langsamere, regulatorische Vorgänge zuständig.Im Laufe der Evolution spezialisierten sich Nervenzellen, um die Umwelt effektiver wahrzunehmen. Daraus resultierten spezifische Rezeptortypen für verschiedene Sinneswahrnehmungen: Fotorezeptoren im Auge ermöglichen das Sehen, Haarzellen im Ohr sind für das Hören zuständig, und Mechanorezeptoren auf der Haut ermöglichen das Tastgefühl. Jeder dieser Rezeptortypen ist speziell darauf ausgerichtet, bestimmte Arten von Umweltreizen zu detektieren und in neuronale Signale umzuwandeln, die dann vom Gehirn interpretiert werden.Um eine Nachricht von Ihrem Kopf bis zu Ihrer Zehe zu schicken, braucht man nur eine Verbindung aus zwei Axonen. Ein Motoneuron aus dem primär-motorischen Kortex schickt sein Axon zum Rückenmark, um dort das Signal an ein Motoneuron zu übertragen, das einen Muskel in Ihrer Zehe steuert. Dieses Motoneuron im Rückenmark schickt sein Axon hinab über Ihr Bein, zum Fuß und bis zur Zehe. Die gesamte Länge Ihres Körpers wird durch zwei Zellen überbrückt.Bei der Betrachtung des Zusammenhangs zwischen Gehirngröße und Intelligenz ist das Verhältnis von Gehirngröße zu Körpergewicht ebenso relevant. Obwohl Elefanten größere Gehirne als Menschen besitzen, ist das Verhältnis von Gehirngröße zu Körpergewicht beim Menschen deutlich höher. Große Körper erfordern oft große Gehirne, da Nervenzellen in großen Körpern längere Axone und dementsprechend größere Zellkörper sowie unterstützende Gliazellen benötigen. Allerdings ist Größe nicht immer entscheidend für Intelligenz: Viele Tiere mit relativ kleinen Gehirnen zeigen erstaunlich intelligentes Verhalten. Vögel, insbesondere Krähen, sind hierfür ein gutes Beispiel, da sie aufgrund der Anforderungen des Fliegens kleinere Gehirne haben und in Intelligenztests kognitive Fähigkeiten siebenjähriger Kinder zeigen. Ebenso beeindrucken Kraken mit ihrem außergewöhnlich komplexen Verhalten und einem im Verhältnis zum Körpergewicht großen Gehirn. Ihr Nervensystem verteilt sich teilweise auf ihre Arme, was unabhängige Bewegungen und komplexe Reaktionen ermöglicht. Kraken zeigen fortgeschrittene kognitive Fähigkeiten wie Neugier, Problemlösung und sogar Spielverhalten.Das Gehirn ist hochgradig plastisch und reorganisiert sich kontinuierlich. Diese Anpassungsfähigkeit ermöglicht es dem Gehirn, sich von Verletzungen zu erholen, neue Fähigkeiten zu erlernen und Erfahrungen zu verarbeiten. Neuronale Verbindungen werden dabei verstärkt, abgeschwächt oder neu gebildet. Nach dem Prinzip «What fires together, wires together» führt die gleichzeitige Aktivierung von Neuronen zur Verstärkung ihrer Verbindung. Neuroplastizität ist ein lebenslanger Prozess und grundlegend für Lernvorgänge, Gedächtnisbildung und die kognitive Entwicklung. Während der Entwicklung bilden sich Unmengen von Synapsen und Neuronen und treten in einen Wettstreit um synaptische Verbindungen. Nicht genutzte Synapsen werden abgebaut, und Neuronen, die zu wenige synaptische Verbindungen bilden, können absterben. Das Gehirn mistet aus! Es kommt somit nicht nur auf die Anzahl der Neuronen an, sondern eher auf ihre effiziente Verschaltung.Die frühere Annahme, dass sich das erwachsene Gehirn nicht regenerieren kann, wird zunehmend revidiert. Neue Studien haben gezeigt, dass bestimmte Bereiche des erwachsenen Gehirns, wie der Hippocampus, der für das Langzeitgedächtnis wesentlich ist, neue Neuronen bilden können. Die Entstehung neuer Neuronen im Hippocampus steht in Verbindung mit Lernen. Auch im olfaktorischen System können sich bei Erwachsenen neue Neuronen und Rezeptoren bilden. In den letzten Jahren wird verstärkt an Stammzellen, die sich während der Entwicklung eines Organismus in die verschiedenen Zelltypen differenzieren, geforscht. Forscher haben sogar einen Weg gefunden, erwachsene, ausdifferenzierte Zellen wieder in Stammzellen zurückzuverwandeln. Das ermöglicht die medikamentöse Beeinflussung der Regeneration von Nervengewebe.

Das menschliche Gehirn für Dummies

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

3. Auflage 2024

© 2024 Wiley-VCH GmbH, Boschstraße 12, 69469 Weinheim, Germany

Original English language edition Neuroscience for Dummies © 2016 by Wiley Publishing, Inc.

All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form. This translation published by arrangement with John Wiley and Sons, Inc.

Copyright der englischsprachigen Originalausgabe Neuroscience for Dummies © 2016 by Wiley Publishing, Inc.

Alle Rechte vorbehalten inklusive des Rechtes auf Reproduktion im Ganzen oder in Teilen und in jeglicher Form. Diese Übersetzung wird mit Genehmigung von John Wiley and Sons, Inc. publiziert.

Wiley, the Wiley logo, Für Dummies, the Dummies Man logo, and related trademarks and trade dress are trademarks or registered trademarks of John Wiley & Sons, Inc. and/or its affiliates, in the United States and other countries. Used by permission.

Wiley, die Bezeichnung »Für Dummies«, das Dummies-Mann-Logo und darauf bezogene Gestaltungen sind Marken oder eingetragene Marken von John Wiley & Sons, Inc., USA, Deutschland und in anderen Ländern.

Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie eventuelle Druckfehler keine Haftung.

Coverfoto: AI_images – stock.adobe.comKorrektur: Birgit Volk

Print ISBN: 978-3-527-72176-4ePub ISBN: 978-3-527-84693-1

Über den Autor

Frank Amthor ist Professor für Psychologie an der Universität von Alabama in Birmingham, wo er auch an der medizinischen Fakultät im Fach Neurobiologie, an der Klinik für Augenheilkunde und im Fachbereich für Biomedizintechnik Stellen bekleidet. Seine Forschungstätigkeit wurde insbesondere vom National Institute of Health gefördert. In seiner wissenschaftlichen Laufbahn hat sich Frank Amthor besonders mit der zentralen und retinalen Verarbeitung visueller Reize und Neuroprothesen beschäftigt. Frank Amthor hat über 100 Fachartikel veröffentlicht, an Büchern mitgearbeitet und Vorträge gehalten.

Dr. Amthor widmet seine Arbeit dem Verständnis der neuronalen Verarbeitungsprozesse. Außerdem beschäftigt er sich mit den Einsatzmöglichkeiten von Neuroprothesen, mit deren Hilfe bestimmte Funktionen wiederhergestellt oder verbessert werden können. Besonders intensiv erforschte er die komplexen Verarbeitungsprozesse, die in den Ganglienzellen der Netzhaut stattfinden. Dazu nutzte er viele moderne neurophysiologische Messtechniken, mit denen man herausfinden kann, was in einzelnen Zellen geschieht. Aktuell beschäftigt er sich damit, das Wissen, das die Forschung über die Netzhaut angesammelt hat, in der Entwicklung von Neuroprothesen einzusetzen.

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titelblatt

Impressum

Über den Autor

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Über dieses Buch

Konventionen in diesem Buch

Was Sie nicht lesen müssen

Törichte Annahmen über den Leser

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Symbole, die in diesem Buch verwendet werden

Wie es weitergeht

Teil I: Darf ich vorstellen: Ihr Nervensystem

Kapitel 1: Ein Kurztrip durch das Nervensystem

Wie unser Nervensystem entstand

Die Funktion des Nervensystems

Sensorik und Motorik

Höhere kognitive Prozesse

Kapitel 2: Unter der Lupe: Gehirnareale und Leitungsbahnen des Rückenmarks

Ein Blick in den Kopf: Das Gehirn und seine Areale

Das Rückenmark: Der Vermittler zwischen den Nervensystemen

Kapitel 3: Wie Neuronen arbeiten

Das Neuron: Eine ganz besondere Zelle

Neuronen als elektrische Signalgeber

Der Kreis schließt sich: Vom Aktionspotenzial zur Neurotransmitterausschüttung

Bewegung durch Motoneuronen

Wir sind nicht nur Nervenzellen: Die Gliazellen

Kapitel 4: Das vegetative Nervensystem

Arbeit hinter den Kulissen: Das vegetative Nervensystem

Teilen und herrschen: Das sympathische und das parasympathische Nervensystem im Alltag

Das vegetative Nervensystem und chronischer Stress

Kapitel 5: Unser Schlaf und zirkadianer Rhythmus

Die biologische Uhr durch Licht synchronisieren

Die verschiedenen Schlafstadien

Der innere Rhythmus und damit verbundene Neurotransmitter

Keine süßen Träume: Schlafstörungen

Kapitel 6: Entstehung und Entwicklung des Gehirns

Entwicklung nach der Befruchtung

Die Entwicklung des Kortex: Schicht für Schicht

Aus Erfahrungen lernen: Plastizität und Entwicklung kortikaler Landkarten

Das alternde Gehirn

Kapitel 7: Methoden der Neurowissenschaft und klinischen Forschung

Läsionen: Was uns Gehirnverletzungen verraten

Messtechniken der elektrischen Aktivität und Informationsübertragung im Gehirn

Bildgebende Verfahren zur Untersuchung von Gehirnfunktionen

Teil II: Die innere und äußere Welt wahrnehmen: Unsere Sinne

Kapitel 8: Einblicke in das Sehen

Ein flüchtiger Blick auf Ihre Augen

Von den Augen zu den Sehzentren im Gehirn

Sehstörungen und optische Täuschungen

Kapitel 9: Der Hörsinn

Das Ohr: Schallwellen einfangen und entschlüsseln

Den Geräuschen einen Sinn geben: Die Hörzentren im Gehirn

Töne lokalisieren

Ich kann dich nicht hören: Gehörlosigkeit und Tinnitus

Kapitel 10: Geruchs- und Geschmackssinn

Wie riecht denn das?

Lassen Sie es sich schmecken!

Lernen und Gedächtnis beim Geschmacks- und Geruchssinn

Den Geruch und Geschmack vermissen

Kapitel 11: Fühlen: Die Sinne der Haut

Ein paar Fakten zur Haut und ihren sensorischen Neuronen

Hautrezeptoren, spinale Schaltkreise und die Verarbeitung im Gehirn

Den Schmerz verstehen

Teil III: Immer in Bewegung bleiben: Das motorische Nervensystem

Kapitel 12: Die Grundlagen der Bewegung

Bewusste und unbewusste Bewegungen

Rückenmark und Leitungsbahnen

Fehler korrigieren: Das Kleinhirn sorgt für Ordnung

Ein Blick auf die motorische Kontrolle in Kortex und Hirnstamm

Kapitel 13: Handlungen planen und ausführen

Vom Reflex zur bewussten oder zielgerichteten Handlung

Die Aufgabe des Frontallappens

Planen, Korrigieren, Lernen: Präfrontalkortex und subkortikale Areale

Das Arbeitsgedächtnis

Handlungen in Gang setzen: Die Basalganglien

Supplementär- und prämotorische Areale

Das Kleinhirn: Bewegungen lernen und koordinieren

Und nun alles zusammen

Kapitel 14: Verletzungen und Erkrankungen des motorischen Systems

Störungen der neuromuskulären Übertragung

Rückenmarksverletzungen

Verletzungen und Degeneration spezifischer Neuronen-Populationen im Gehirn

Teil IV: Höhere kognitive Funktionen: Intelligenz, soziale Kognition und Bewusstsein

Kapitel 15: Intelligenz

Was ist Intelligenz?

Neurobiologische Perspektive der Intelligenz

Kapitel 16: Das exekutive Gehirn

Gehirnareale der Exekutivfunktionen

Die Rolle des Präfrontalkortex beim zielgerichteten Handeln

Das Arbeitsgedächtnis

Entscheidungen treffen: Der Orbitofrontalkortex

Kontrollzentrale des Handelns: Der Gyrus cinguli

Kapitel 17: Soziale Kognition, Emotionen und Empathie

Die Rolle der Emotionen in sozialer Kognition und Intelligenz

Interagieren im sozialen Kontext und Gefühle verstehen

Gehirnareale der sozialen Kognition

Kapitel 18: Lernen und Gedächtnis

Lernen und Gedächtnis: Eine Form der Anpassung an die Umwelt

Mehr oder weniger Signale senden: Anpassung und Verstärkung

Was beim Lernen geschieht: Veränderliche Synapsen

Die Rolle des Hippocampus für Lernen und Gedächtnis

Gedächtnisverlust: Vergessen und Amnesie

Besser lernen können

Kapitel 19: Bewusstsein

Erste psychologische Ansätze

Neurowissenschaftliche Erkenntnisse

Bewusstseinsarten

Unbewusste Verarbeitung: Rindenblindheit, visueller Neglect und andere Phänomene

Kapitel 20: Wenn das Gehirn strauchelt: Ursachen, Auswirkungen und psychopharmakologische Therapiemöglichkeiten

Ursachen und Auswirkungen neurologischer Dysfunktionen und Entwicklungsstörungen

Psychopharmakologie: Vielversprechende Medikamente

Teil V: Der Top-Ten-Teil

Kapitel 21: (Knapp) zehn Innovationen der Neurowissenschaften

Gehirnverletzungen mit Stammzellen heilen

Krankheiten behandeln mit Nanobots

Tiefe Hirnstimulation zur Behandlung neurologischer Störungen

Motorische Neuroprothesen: Intrakranielle Brain-Computer-Interfaces gegen Lähmungen

Sensorische Neuroprothesen: Sinneswahrnehmungen werden wiederhergestellt

Rückmeldung vom Gehirn persönlich: Neurofeedback

Unsere Fähigkeiten optimieren: Das augmentierte Gehirn

Passive Brain-Computer-Interfaces und neuroadaptive Systeme: Unterstützung durch feinfühlige Technik

Kapitel 22: Zehn Tricks der Neuronen

Das Problem mit der Größe lösen

Immer das meiste herausholen

Chemische Kommunikation der Neuronen

Spezialisiert für die Sinne

Signalverarbeitung durch Ionenkanalströme

Signalstärke über weite Entfernungen

Das Axon: Signale vom Kopf bis zum Fuß

Schneller durch Myelinscheiden

Das neuronale Gleichgewicht

Anpassen und Lernen durch die Veränderung der Synapsenstärke

Abbildungsverzeichnis

Stichwortverzeichnis

End User License Agreement

Illustrationsverzeichnis

Kapitel 1

Abbildung 1.1: Größenvergleich verschiedener Großhirnrinden

Kapitel 2

Abbildung 2.1: Die Großhirnrinde © reineg –

stock.adobe.com

Abbildung 2.2: Die Hirnwindungen (Gyri) und Furchen (Sulci) des Neokortex

Abbildung 2.3: Bereiche innerhalb des Frontallappens

Abbildung 2.4: Die Zunahme der Axone mit mehr Nervenzellen

Abbildung 2.5: Die sechs Schichten des Neokortex (Interneuronen sind nicht darges...

Abbildung 2.6: Der Thalamus und das limbische System

Abbildung 2.7: Reziproke Verarbeitung beim Lesen

Abbildung 2.8: Das limbische System

Abbildung 2.9: Die Basalganglien und das Kleinhirn

Abbildung 2.10: Der Rückenmarksreflex

Kapitel 3

Abbildung 3.1: Der Aufbau einer Nervenzelle

Abbildung 3.2: Die Natrium-Kalium-Pumpe

Abbildung 3.3: Signalübertragung an einer Synapse vom präsynaptischen Aktionspote...

Kapitel 4

Abbildung 4.1: Das parasympathische und das sympathische Nervensystem © Tartila –...

Kapitel 5

Abbildung 5.1: Schlafprofil mit Schlafstadien

Kapitel 6

Abbildung 6.1: Embryonale Entwicklung des Hinter-, Mittel- und Vorderhirns

Abbildung 6.2: Gliazellen bilden das Gerüst für die Entwicklung des Neokortex.

Abbildung 6.3: Die sechs Schichten des Neokortex

Kapitel 8

Abbildung 8.1: Lichteintritt ins Auge

Abbildung 8.2: Laterale Hemmung beim Hermann-Gitter

Abbildung 8.3: Fotorezeptoren sind mit Horizontal- und Bipolarzellen verbunden.

Abbildung 8.4: Der Thalamus und die Hirnrinde

Abbildung 8.5: Das Kanizsa-Dreieck – es gibt kein weißes Dreieck!

Kapitel 9

Abbildung 9.1: Der anatomische Aufbau von Außen-, Mittel- und Innenohr

Abbildung 9.2: Die Hörschnecke und das Corti-Organ

Abbildung 9.3: Der Verlauf des akustischen Signals bis zur Hörrinde

Abbildung 9.4: Der primäre auditive Kortex und andere Schlüsselbereiche

Kapitel 10

Abbildung 10.1: Geruchsrezeptoren

Abbildung 10.2: Das olfaktorische System

Abbildung 10.3: Die Zunge und ihre Geschmacksrezeptoren

Abbildung 10.4: Die zentralen Strukturen für die Geschmackswahrnehmung

Kapitel 11

Abbildung 11.1: Die Hautschichten und einige ihrer Rezeptoren

Abbildung 11.2: Ein Mechanorezeptor: Von der Haut bis zum Rückenmark

Abbildung 11.3: Freie Nervenendigungen, Schmerz- und Temperaturrezeptoren

Abbildung 11.4: Der Parietallappen: die somatosensorische Hirnrinde

Abbildung 11.5: Die somatosensorische Landkarte auf der Großhirnrinde

Kapitel 12

Abbildung 12.1: Muskelkontraktion durch übereinander gleitende Muskelfilamente

Abbildung 12.2: Reflexbogen für den Fluchtreflex

Abbildung 12.3: Der Positionsreflex der Gelenke

Abbildung 12.4: Obere Motoneuronen leiten Signale zum Rückenmark und den Hirnstam...

Kapitel 13

Abbildung 13.1: Die motorischen Hirnareale des Präfrontalkortex

Abbildung 13.2: Die Basalganglien und angrenzende Gehirnstrukturen

Abbildung 13.3: Das motorische Kontrollsystem des Gehirns

Kapitel 15

Abbildung 15.1: Phrenologische Karte des Gehirns

Abbildung 15.2: Einige Hirnregionen, bei denen durch eine Schädigung bestimmte Fä...

Kapitel 16

Abbildung 16.1: Der Neokortex, der sich über den älteren Hirnstrukturen gebildet ...

Abbildung 16.2: Die Neuronen des Arbeitsgedächtnisses feuern so lange, wie man si...

Abbildung 16.3: Gamma-Oszillation und die Beschränkung des Arbeitsgedächtnisses a...

Abbildung 16.4: Der Wisconsin-Karten-Sortier-Test

Kapitel 17

Abbildung 17.1: Gehirnareale und Netzwerke der sozialen Kognition

Kapitel 18

Abbildung 18.1: Logikgatter und Neuron im Vergleich

Abbildung 18.2: Das McCulloch-Pitts-Neuronenmodell

Abbildung 18.3: Das Hippocampus-Gedächtnisraster

Kapitel 21

Abbildung 21.1: Aufbau eines Brain-Computer-Interfaces...

Orientierungspunkte

Cover

Titelblatt

Impressum

Über den Autor

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Fangen Sie an zu lesen

Abbildungsverzeichnis

Stichwortverzeichnis

End User License Agreement

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Einleitung

Das große Geheimnis, das unser Gehirn umgibt, lässt sich auf einen einfachen Nenner bringen: Wie kann eine Ansammlung vernetzter Zellen aus uns das machen, was wir sind – nicht nur unsere Wahrnehmung, Gefühle, und unser Verhalten?

Die Forschungserkenntnisse der letzten Jahre vermitteln uns ein gutes Bild davon, wie unser Gehirn in verschiedenen Situationen arbeitet und wie es unser Erleben und Handeln beeinflusst. Das Gehirn ist Zentrum unseres Nervensystems und setzt sich aus Nervenzellen – sogenannte Neuronen – zusammen, die wie komplexe kleine Computer sind und Funktionsgruppen bilden. Diese Funktionsgruppen sind daran beteiligt, wie Sie Entscheidungen treffen oder eben Sinneswahrnehmungen verarbeiten. Zudem gibt es Bereiche im Gehirn, die sich auf die Produktion und Verarbeitung von Sprache spezialisiert haben. Weitere koordinieren die unterschiedlichen Informationsströme und steuern die Kommunikation zwischen den verschiedenen Bereichen unseres Gehirns.

Das Gehirn wird oft als das komplexeste Organ im menschlichen Körper bezeichnet, das unsere Fähigkeit zu denken, zu fühlen, zu lernen und zu handeln steuert. Und das nicht ohne Grund: Es besteht aus rund 100 Milliarden Neuronen und sage und schreibe 100 Billiarden Nervenzellverbindungen, sogenannten Synapsen. So übernimmt es die Koordination von grundlegenden, lebenswichtigen Körperfunktionen wie Atmung, Herzschlag und Stoffwechsel, aber ermöglicht auch faszinierende höhere kognitive Prozesse darunter Wahrnehmung, Erinnern, Lernen, Emotionen, Sprache und vieles mehr.

Um nun zu verstehen, wie das Gehirn funktioniert, müssen Sie drei Dinge wissen:

Wie arbeiten Neuronen?

Wie kommunizieren Neuronen miteinander in neuronalen Funktionsgruppen und Schaltkreisen?

Wie bilden neuronale Schaltkreise im Gehirn einzelne Funktionsbereiche, und was ist ihre Aufgabe?

In diesem Buch möchte ich mit Ihnen Schritt für Schritt das menschliche Gehirn und seine faszinierenden Funktionsweisen erkunden.

Über dieses Buch

Zugegeben, die Neurowissenschaften sind kein ganz einfaches Fachgebiet. Das Gehirn ist eine der komplexesten Strukturen des Universums und das Herzstück des Nervensystems. Doch in diesem Buch möchte ich dieses komplizierte Thema so darstellen, dass es jeder verstehen kann – ganz egal, ob es sich dabei um einen Studienanfänger der Neurowissenschaften oder um Menschen handelt, die sich in der Freizeit mit dem Themenbereich beschäftigen und etwas mehr über sich selbst herausfinden wollen.

Und keine Sorge, wenn Sie auf Fachbegriffe wie Gyrus cinguli oder vestibulospinaler Reflex stoßen, dann ich werde Ihnen mit einfachen Worten erläutern, was sie bedeuten.

Dieses Buch ist nach dem Baukastenprinzip aufgebaut, damit Sie alle Informationen schnell finden. Jedes Kapitel besteht aus verschiedenen Abschnitten, und jeder Abschnitt beschäftigt sich mit bestimmten Themen der Neurowissenschaften, wie zum Beispiel:

den Hauptbestandteilen des Nervensystems: Neuronen und Gliazellen,

wie Neuronen arbeiten und welche unterschiedlichen Neuronen es gibt,

welche Systeme bei der Planung und Ausführung bestimmter Aktionen beteiligt sind,

der Rolle des Neokortex bei der Verarbeitung von Gedanken.

Das Großartige am Aufbau dieses Buches ist, dass Sie selbst entscheiden können, an welcher Stelle Sie in das Thema einsteigen und was Sie lesen möchten. Sie können ganz nach Belieben zwischen den Kapiteln hin und her springen. Sie müssen nur im Inhaltsverzeichnis oder Index nachschauen, und schon finden Sie die Informationen, die Sie suchen.

Konventionen in diesem Buch

Um Ihnen den Umgang mit diesem Buch zu erleichtern, habe ich mich an einige Konventionen gehalten:

Kursiv

gedruckt sind Worte, denen ich Nachdruck verleihen möchte, oder neue Begriffe, die erklärt werden.

Fett gedruckt

werden die Schlagwörter in Aufzählungen.

Was Sie nicht lesen müssen

Alles, was Sie nicht lesen möchten, müssen Sie auch nicht lesen. Da dieses Buch in verschiedene Teile und Kapitel gegliedert ist und Sie anhand der Überschriften leicht erkennen, wovon sie handeln, können Sie bei dem Thema einsteigen, das Sie interessiert. Außerdem gehe ich davon aus, dass Sie keine biologischen oder neurowissenschaftlichen Vorkenntnisse besitzen. Deshalb beginne ich jedes Thema mit den notwendigen Grundlagen, bevor ich mich den komplizierteren Themenbereichen widme. Wenn Sie schon viel über Neuronen oder über die Anatomie des Gehirns wissen, können Sie einige der ersten Kapitel überspringen.

Törichte Annahmen über den Leser

Während ich das Buch schrieb, habe ich mir einige Gedanken über Sie gemacht:

Sie sind keine Neurowissenschaftlerin und keine Neurochirurgen, doch das Thema interessiert Sie. (Wenn Sie sehen, dass Ihr Neurochirurg in diesem Buch blättert, bevor er Sie operieren möchte, sollten Sie allerdings lieber noch eine zweite Meinung einholen.)

Sie nehmen an einem Kurs teil, bei dem Themen wie Gehirnfunktionen, Wahrnehmung oder Verhalten eine Rolle spielen, und haben das Gefühl, dass Sie besser abschneiden, wenn Sie etwas Vorwissen über die Funktionen des Nervensystems und seiner Bestandteile mitbringen.

Sie möchten leicht verständliche Informationen. Und wenn das alles auch noch mit ein wenig Humor geht, umso besser.

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Dieses Buch ist in fünf Teile gegliedert, damit Sie schnell die Informationen finden, nach denen Sie suchen. Jeder Teil beschäftigt sich mit einem speziellen Thema der Neurowissenschaften und enthält einzelne Kapitel, die diese Themen genauer behandeln.

Teil I: Darf ich vorstellen: Ihr Nervensystem

In Teil I erläutere ich die allgemeine Struktur des Gehirns und des Nervensystems und erkläre, wie Nervenzellen arbeiten. Kapitel 1 gibt Ihnen bereits einen kurzen Überblick über das, was Sie in diesem Buch erwarten können. Es startet mit der evolutionären Entwicklung des Nervensystems und seiner Funktionen. Sie erhalten auch erste Einblicke darin, wie wir die Welt wahrnehmen (Sensorik) und mit ihr interagieren (Motorik). Kapitel 1 schließt mit einem Exkurs zu höheren kognitiven Prozessen wie Sprache und Gedächtnis ab und führt dabei den Präfrontalkortex als zentralen Akteur dieser Prozesse ein. In Kapitel 2 finden Sie interessante Informationen zum Gehirn, Rückenmark und peripheren Nervensystem. Und in Kapitel 3 stelle ich Ihnen die Nervenzellen, die Bausteine des zentralen Nervensystems, näher vor. In Kapitel 4 widmen wir uns dem vegetativen Nervensystem, welches fleißig und meist unbemerkt im Hintergrund arbeitet. Kapitel 5 führt uns in die Welt des Schlafes ein, und Sie erfahren, wieso Schlaf so wichtig für unser Gehirn ist und welche verschiedenen Schlafstadien wir in der Nacht erleben. Das Kapitel 6 befasst sich mit der individuellen Entwicklung des Gehirns und der Entstehung von Schaltkreisen. Kapitel 7 bietet Ihnen einen Einblick in die Methoden der Neurowissenschaften, und Sie erfahren, wie Forscherinnen und Forscher die Geheimnisse des Gehirns untersuchen.

Teil II: Die innere und äußere Welt wahrnehmen: Unsere Sinne

In Teil II dieses Buches erfahren Sie, wie die verschiedenen Sinne funktionieren. In Kapitel 8 erkläre ich das visuelle System. Ich beginne mit den Fotorezeptoren und verfolge das visuelle Signal durch verschiedene Hirnareale, die optische Reize verarbeiten. Kapitel 9 beschäftigt sich mit dem akustischen System. Der Geruchs- und Geschmackssinn sind die Themen von Kapitel 10.Kapitel 11 schließt den Teil mit der Haut als Sinnesorgan – von den Sinnesrezeptoren bis hin zur Reizverarbeitung im Gehirn.

Teil III: Immer in Bewegung bleiben: Das motorische Nervensystem

Die Entstehung und Steuerung von Bewegungen ist das Thema von Teil III. Das motorische Nervensystem ist hierarchisch aufgebaut. Es beginnt am Muskel und an der motorischen Nervenzelle und reicht über Rückenmarksreflexe und neuronale Schaltkreise bis hin zu den Bereichen der Hirnrinde, in der Bewegungen gesteuert werden. Auch die frontale und präfrontale Region der Hirnrinde, die zur Planung und Ausführung von Bewegungen wichtig ist, gehört dazu. In Kapitel 12 erfahren Sie mehr zu den Grundlagen der Bewegung und Bewegungen, die sich auf der Steuerungsebene des Rückenmarks abspielen. Ich erkläre, wie das Rückenmark mit dem Hirnstamm und den übergeordneten Regionen in Verbindung steht. Mehr über die Hirnrinde und über die Planung und Steuerung von Bewegungen erfahren Sie in Kapitel 13. In Kapitel 14 beschäftige ich mich mit motorischen Störungen und ihrer Ursache.

Teil IV: Höhere kognitive Funktionen: Intelligenz, soziale Kognition und Bewusstsein

Teil IV beschäftigt sich mit den sogenannten höheren kognitiven Funktionen und umfasst Intelligenz, exekutive Funktionen und Entscheidungsfindung, soziale Kognition, Lernen und Gedächtnis und Bewusstsein. In Kapitel 15 beschreibe ich, was Intelligenz ist, und biete eine neurobiologische Perspektive auf das Thema Intelligenz. Das exekutive Gehirn als zentrale Steuerungsinstanz lernen Sie in Kapitel 16 kennen. In Kapitel 17 erfahren Sie mehr über soziale Kognition, Sprache und Mimik, Emotionsverarbeitung und Empathie. In Kapitel 18 geht es um Lernen und Gedächtnis. Kapitel 19 beschäftigt sich mit dem Thema Bewusstsein. In Kapitel 20 beschreibe ich genetische Störungen, Entwicklungsstörungen und psychische Funktionsstörungen. Ich erläutere Krankheiten, und Sie erfahren einiges über Medikamente, die das Gehirn beeinflussen.

Teil V: Der Top-Ten-Teil

Was wäre ein … für Dummies-Buch ohne den Top-Ten-Teil? In diesem letzten Teil des Buches erhalten Sie einen Ausblick auf die Innovationen, die wir gegenwärtig beobachten können, sowie auf jene, die in naher Zukunft Realität werden könnten. Außerdem lernen Sie einiges über Neuronen. Kapitel 21 bietet faszinierende Einblicke in verschiedene, teils vielversprechende Behandlungsmethoden der Medizinforschung und erstaunliche Anwendungen der Neurowissenschaften für das Alltagsleben. In Kapitel 22 erfahren Sie, wie Nervenzellen arbeiten: Ich stelle Ihnen zehn wirklich verblüffende Eigenschaften von Neuronen vor.

Symbole, die in diesem Buch verwendet werden

Bestimmte Symbole kennzeichnen in diesem Buch besondere Informationen:

Manchmal sieht man Dinge klarer, wenn man sie aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Dabei helfen Ihnen die »Tipps«.

Dieses Symbol kennzeichnet wichtige Begriffe und allgemeine Grundlagen, die Sie sich vielleicht merken möchten.

Bei einem so komplizierten Bereich wie den Neurowissenschaften ist Fachchinesisch manchmal unvermeidlich. Zum Glück müssen Sie nicht alle Einzelheiten wissen. Doch für die ganz Neugierigen habe ich an diesen Stellen ein paar interessante Fakten zusammengetragen. Sie können diese Abschnitte also lesen oder einfach links liegen lassen.

Um das Gehirn und seinen Einfluss auf Verhalten, Psyche oder Motorik ranken sich einige Mythen. Hier möchte ich einige Missverständnisse aufklären.

Ohne die Arbeit vieler Wissenschaftler wüssten wir heute nicht so viel über das Gehirn. Sie stellten Fragen und suchten nach Antworten. Dieses Symbol weist Sie auf wichtige Studien oder Beobachtungen hin, die wesentlich zum heutigen Wissensstand über das Gehirn und seine Funktion beigetragen haben.

Wie es weitergeht

Das Buch soll Ihnen dabei helfen, die Funktionsweise der Nervenzellen, des Nervensystems und vor allem des Gehirns zu verstehen. Doch es gibt noch viele interessante neurowissenschaftliche Themen, die den Rahmen dieses Buches sprengen würden. Dazu gehören beispielsweise die Stoffwechselvorgänge in den Nervenzellen, Second-Messenger-Kaskaden, traditionelle Lerntheorien oder die moderne Genetik. Ich hoffe jedenfalls, dass Sie nach der Lektüre dieses Buches Lust auf noch mehr Wissen rund um Ihr faszinierendes Gehirn bekommen haben!

Teil I

Darf ich vorstellen: Ihr Nervensystem

IN DIESEM TEIL…

Eine Reise durch die Strukturen des Gehirns: Der Neokortex, der Thalamus, das limbische System und das RückenmarkDas vegetative Nervensystem: Sympathikus und Parasympathikus – zwei wichtige Gegenspieler sorgen für das GleichgewichtDas schlummernde Gehirn: Schlaf und der zirkadiane RhythmusVom Embryo zum Erwachsenen: Die individuelle Entwicklung des menschlichen GehirnsEntschlüsselung des Gehirns: Methoden und Techniken in der Neurowissenschaft

Kapitel 1

Ein Kurztrip durch das Nervensystem

IN DIESEM KAPITEL

Die evolutionäre Entwicklung des NervensystemsDie grundlegenden Funktionen des NervensystemsWir nehmen die Welt wahr und agieren mit ihr: Sensorik und MotorikJetzt wird es komplex: Höhere kognitive Prozesse und der präfrontale Kortex

Das Gehirn, das Sie in Ihrem Kopf herumtragen, ist eine der komplexesten Strukturen, die wir derzeit in unserem Universum kennen. Die etwa 1.400 Gramm schweren Ansammlung von 100 Milliarden Nervenzellen bestimmt, wie Sie die Welt sehen. Gleichzeitig beeinflussen Ihre Erfahrungen, wie sich Ihr Gehirn dann verändert und neu anordnet. Dies geschieht nicht nur während Ihrer Entwicklung und Kindheit, sondern während Ihres gesamten Lebens. Sie lernen nun Schritt für Schritt das Gehirn und das Nervensystem kennen.

Wie unser Nervensystem entstand

Unsere Erde entstand vor etwa 4,5 Milliarden Jahren. Evolutionsbiologen gehen davon aus, dass weniger als eine Milliarde Jahre später einzellige Prokaryoten (Zellen ohne Zellkern) auf der Erde existierten. Geophysiker glauben, unser Planet hatte sich damals so weit abgekühlt, dass Leben entstehen konnte. Jedoch sind wir zu diesem Zeitpunkt noch weit entfernt von unserem jetzigen Gehirn!

Es dauerte weitere Milliarden Jahre, bis sich Eukaryoten (Zellen mit einem Zellkern) und erste Mehrzeller entwickelten. Die Entstehung des mehrzelligen Lebens fand in den Ozeanen unseres Planeten statt.

Spezialisieren und kommunizieren

Mehrzellige Organismen bestehen aus verschiedenen Zellen, die im Organismus verschiedene Aufgaben übernehmen. Dazu mussten sich die Zellen spezialisieren und einen Weg finden, um miteinander zu kommunizieren.

Stellen Sie sich einen Zellklumpen aus einigen Dutzend Zellen vor, der vor Milliarden von Jahren in einem primitiven Ozean schwamm. Die Zellen im Inneren dieses Zellklumpens haben keinen Kontakt zum Meerwasser, erledigen dafür aber einige Stoffwechselaufgaben besser als andere Zellen. Die inneren Zellen besitzen allerdings keine Möglichkeit, an die Nährstoffe im Meerwasser heranzukommen und die Abbauprodukte wieder loszuwerden. Um diese Aufgabe zu bewältigen, müssen sie mit den Zellen, die sie umgeben, zusammenarbeiten.

In den Zellen im Inneren des Zellklumpens werden nun andere Gene aktiviert als bei den Zellen an der Oberfläche der Mehrzeller. Sie beginnen zudem, Stoffe auszuschütten, die als Signalstoffe auf andere Zellen wirken. Diese Schritte beschreiben den Prozess der Spezialisierung und Kommunikation von Zellen in Mehrzellern.

Vor ca. 2 bis 4,2 Millionen Jahren begann so langsam die Geschichte des Menschen und unseres Gehirns. Spuren des ersten Homo sapiens – der moderne Mensch, wie er heute noch in Form Ihrer Nachbarin oder Ihres Steuerberaters existiert – reichen etwa 300.000 Jahre zurück. Wenn wir also die Gesamtzeitspanne der Evolution betrachten, erkennen wir zwei Fakten: Erstens, uns Menschen gibt es erst seit Kurzem auf der Erde, zweitens, das menschliche Gehirn hat sich Zeit für seine Entwicklung gelassen. Gut Ding will Weile haben!

Sich koordiniert bewegen

Strömungen, Gezeiten und Wellen trieben diese Mehrzeller durch den Ozean. Einige Organismen spezialisierten sich auf die Fotosynthese und entwickelten Auftriebsmechanismen, um in die oberen Wasserregionen, in die das Sonnenlicht noch reicht, zu gelangen.

Ein Teil der mehrzelligen Organismen hatte den Vorteil, sich aktiv mithilfe von kleinen Geißeln zu bewegen. Doch Geißeln, die sich ungeordnet bewegen, sind wenig hilfreich. (Stellen Sie sich ein Ruderboot vor, in dem jeder Ruderer in eine andere Richtung rudert.) Ohne eine Form der Kommunikation, mit der die Geißelbewegungen synchronisiert werden, ist es unmöglich, schnell voranzukommen. Deshalb entwickelten sich Netzwerke spezialisierter Zellen, die durch sogenannte Gap Junctions (Zell-Zell-Kanäle) miteinander verbunden waren. Diese Netzwerke ermöglichten eine schnelle Signalweiterleitung innerhalb ringförmiger Nervennetze, die auf die Geißelbewegung spezialisiert waren.

Die Entwicklung komplexer Tiere

Aus den Zellklumpen, die ein einfaches Nervensystem besaßen und in der Lage waren, sich im Ozean zielgerichtet zu bewegen, entwickelten sich komplexe Tiere mit sensorischen und anders spezialisierten Nervenzellen.

Viele Neurowissenschaftler unterteilen das Tierreich in Säugetiere, Wirbeltiere, die nicht zu den Säugetieren zählen, und wirbellose Tiere. Dazu ein kleiner Überblick über diese Kategorien:

Wirbellose:

Die entwicklungsgeschichtlich ältesten vielzelligen Tiere sind die Wirbellosen. Ihre Entstehung war vor etwa 500 Millionen Jahren. Dazu gehören beispielsweise Weichtiere, Würmer und Insekten. Sie stellen den größten Teil aller Tierarten. Die Wirbellosen haben Neuronen, die einige Ähnlichkeiten mit den Neuronen der Wirbeltiere aufweisen, doch ihre Nervensysteme unterscheiden sich deutlich voneinander. Einige Wirbellose besitzen ein großes Gehirn oder sind sehr anpassungsfähig. Besonders sind Weichtiere wie der Oktopus, die Forscher immer wieder mit ihren Fähigkeiten überraschen. Oktopoden sind sehr einfallsreich, wenn sie an Nahrung kommen wollen, die sich in verschlossenen Kästen oder Gläsern befindet.

Wirbeltiere, die nicht zu den Säugetieren zählen:

Diese Tiere stehen den Säugetieren viel näher. Dazu gehören Reptilien (Krokodile), Amphibien (Frösche), Fische, Vögel und auch die Vorgänger der Vögel, die Dinosaurier. Diese Wirbeltiere besitzen relativ zentralisierte Gehirne, die viele Strukturen aufweisen, die man auch bei Säugetieren findet. Dazu gehören der Hirnstamm, das Kleinhirn und die Colliculi inferiores und superiores (untere und obere Hügelchen). Diese Strukturen unterscheiden sich deutlich von denen der Wirbellosen.

Säugetiere:

Die Entwicklung der Säugetiere fand in der Ära statt, in der Dinosaurier die Erde dominierten. Erst nachdem diese vor 65 Millionen Jahren ausgestorben waren, stiegen die Säuger zu den vorherrschenden Landtieren auf. Das Nervensystem der Säugetiere weist untereinander eine hohe Ähnlichkeit auf, die ausgeprägter ist als bei den nicht säugenden Wirbeltieren. Ein markanter Unterschied zwischen den Gehirnen dieser beiden Tiergruppen (Säugetiere versus Wirbeltiere) liegt in der Entwicklung des Neokortex.

Der Neokortex

Wenn Sie ein menschliches Gehirn von oben oder von der Seite betrachten, ist fast alles, was Sie sehen, die Großhirnrinde – auch Neokortex genannt. Er wird »neo« genannt, weil er der stammesgeschichtlich jüngste Teil des Gehirns von Säugetieren ist. Der Neokortex vergrößerte sich massiv bei Säugetieren in der Evolution und legte sich über alle älteren Hirnbereiche. Der Neokortex ließ den Rest des Gehirns, der sich davor entwickelt hatte, vergleichsweise klein erscheinen. Er besteht aus ca. 20 bis 23 Milliarden Neuronen (das sind die Nervenzellen im Gehirn), die in spezifisch strukturierten Schichten und Säulen angeordnet und organisiert sind. Der Neokortex wurde zu einer zusätzlichen Verarbeitungsebene für sensorische Reize und für die motorische Kontrolle. Der Neokortex ist ausschließlich bei Säugetieren zu finden. Er ist bei Primaten und besonders beim Menschen am stärksten ausgeprägt. Reptilien und Vögel haben zwar keinen Neokortex, verfügen jedoch über relativ kleine Gehirne mit hoch spezialisierten Bereichen, die ähnliche Funktionen übernehmen. Es ist offensichtlich, dass Vögel trotz ihrer kleineren Gehirne ebenfalls komplexe Probleme lösen können. Ein Beispiel hierfür ist die Intelligenz und Geschicklichkeit von Krähen und Raben. Diese beeindruckenden Vögel nutzen Werkzeuge, meistern Intelligenztests und sind in der Lage, sich in die Perspektive anderer Wesen hineinzuversetzen, was auf ausgeprägte soziale Fähigkeiten hindeutet.

Abbildung 1.1 zeigt eine Seitenansicht des Gehirns verschiedener Tiere – Frosch, Katze, Rhesusaffe und Schimpanse – im Vergleich zu einem menschlichen Gehirn. Die Darstellungen sind nicht maßstabsgetreu.

Abbildung 1.1: Größenvergleich verschiedener Großhirnrinden

Frosch: Das Gehirn eines Frosches ist relativ einfach aufgebaut und ist eher eine Erweiterung des Rückenmarks. Frösche haben zusätzlich zum

optischen Tectum

noch ein Hirnareal, das

Cerebrum anterior

genannt wird. Dieses entspricht jedoch nicht dem Neokortex.

Katze: Bei Katzen ist das Gehirn von einem Neokortex bedeckt, wobei der Präfrontalkortex klein ist. Sie zeigen ein gewisses Maß an Intelligenz, nutzen aber keine Werkzeuge und kommunizieren vorwiegend durch Laute.

Affen und Schimpansen: Bei diesen Tieren sind die präfrontalen Hirnareale größer. Sie leben oft in komplexen sozialen Gruppen mit ausgeprägten Hierarchien, nutzen Werkzeuge und kommunizieren über verschiedene Gesichtsausdrücke und Laute.

Mensch: Der Frontallappen bildet etwa die Hälfte der menschlichen Hirnrinde, und ein großer Teil davon ist der präfrontale Kortex. Ein Sagittalschnitt durch das menschliche Gehirn zeigt die Dominanz des Neokortex über subkortikale Strukturen, die sich während der Evolution der Säugetiere entwickelt haben.

Es kommt nicht immer auf die Größe an …

Die Leistungsfähigkeit eines Gehirns hängt weniger von seiner Größe ab, sondern eher von der beeindruckenden Anzahl von Nervenzellen und deren Verknüpfungen. Die Verbindungen zwischen Neuronen werden Synapsen genannt. Diese Verbindungen werden im menschlichen Gehirn auf ca. 100 Billionen geschätzt und ermöglichen es den Neuronen, miteinander zu kommunizieren und Informationen zu übertragen.

Neurowissenschaftler sind sich nicht ganz sicher, wie und warum sich der Neokortex bei Säugetieren entwickelt hat. Im Vergleich zu Vögeln, die wegen des Fliegens mehr die Größe und das Gewicht des Gehirns optimieren mussten, war der Mensch weniger eingeschränkt und konnte sich ein größeres Gehirn leisten. Leisten, weil die Entwicklung, aber auch die Versorgung eines großen Gehirns kostspielig ist. Das menschliche Gehirn, dessen Gewicht nur ca. zwei Prozent des gesamten Körpergewichts ausmacht, benötigt etwa 20 Prozent des gesamten Energiebedarfs unseres Organismus.

Der Neokortex scheint jedoch einer der wichtigsten Schritte für die Entwicklung der Säugetiere zu sein, denn er ermöglicht es ihnen, sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Ein offensichtlicher Vorteil besteht darin, dass ein Areal des Neokortex, das eine bestimmte Funktion hat, seine Größe leicht zugunsten einer anderen Funktion verschieben kann, wenn besondere Bedingungen das notwendig machen.

Nehmen Sie beispielsweise an, dass ein Säugetier sich primär visuell orientiert. Doch aufgrund von veränderten Umweltbedingungen muss es sich plötzlich mehr auf akustische Signale verlassen, um zu überleben. Die visuellen und akustischen Signale liegen auf dem Kortex eng beieinander und konkurrieren um Synapsen. Diese Konkurrenzsituation ermöglicht es dem Säugetier, die kortikale Verarbeitung von visuell auf akustisch umzulernen/umzuschalten.

Die Funktion des Nervensystems

Zuvor haben Sie erfahren, dass Spezialisierung und Kommunikation ein Erfolgsrezept für das effiziente Zusammenspiel komplexer Strukturen sind. In Bezug auf unser Nervensystem ergeben sich nun drei wichtige Fragen:

Welche funktionalen Einheiten gibt es im Nervensystem?

Wie sind die einzelnen Einheiten verbunden, und wie kommunizieren sie miteinander?

Wie unterscheiden sich diese Einheiten in ihrer Spezialisierung und ihrem Aussehen?

In den folgenden Abschnitten werden Sie die Antworten auf diese Fragen finden.

Die wichtige Rolle der Nervenzellen

Das Nervensystem, das detailliert in Kapitel 2 beschrieben wird, besteht aus dem zentralen Nervensystem (Gehirn, Retina und Rückenmark), dem peripheren Nervensystem (sensorische und motorischen Nervenaxone, die das Zentralnervensystem mit den Gliedmaßen und den Organen verbinden) und dem vegetativen Nervensystem (siehe auch Kapitel 4). Zum vegetativen Nervensystem zählen das autonome Nervensystem, das Körperfunktionen wie Verdauung oder Herzfrequenz regelt, und das enterische Nervensystem, das das gastrointestinale System kontrolliert.

In der kurzen Geschichte der Neurowissenschaften gab es schon viele haarsträubende, pseudowissenschaftliche Theorien dazu, wie das Gehirn funktionieren könnte. Zwei dieser Theorien sind die Äquipotenzialtheorie und die Phrenologie.

Die Äquipotenzialtheorie besagt, dass das Gehirn ein einziger großer neuronaler Schaltkreis ist und vor allem die Masse des Gehirns seine Leistungsfähigkeit ausmacht. Man war der Meinung, dass der Aufbau des Gehirns wenig mit seiner Funktion zu tun hat. Das ist gefährlich, denn aus der Architektur wissen wir, wie kläglich es enden kann, wenn man sich beim Bau keine Gedanken über die Funktion macht.

Das andere Extrem waren die Phrenologen. Sie waren der Ansicht, dass verschiedene geistige Fähigkeiten und Charakterzüge einschließlich Vorsicht, Mut, aber auch kriminelle Neigungen in bestimmten Hirnarealen liegen. Sie glaubten, dass die Entwicklung dieser Eigenschaften am knöchernen Schädel über diesen Hirnregionen ablesbar sei. Phrenologen nahmen an, dass diese Hirnregionen wachsen und den darüberliegenden Schädel nach außen drücken. Diese Annahmen waren stark vereinfacht, nicht auf wissenschaftlichen Beweisen basierend und führten oft zu Vorurteilen und Fehlurteilen. Zum Glück hat die Phrenologie heute keinen wissenschaftlichen Wert mehr und wird als nicht haltbar angesehen. Die Phrenologie wird noch einmal im Kontext der Intelligenz in Kapitel 15 behandelt.

Die Spezialisierung unseres Nervensystems spiegelt sich in den verschiedenen Typen von Neuronen wider. Die vier wichtigsten Arten von Nervenzellen sind:

Sensorische Neuronen:

Diese Nervenzellen sind auf Sinneswahrnehmungen spezialisiert. Sie geben Informationen der Sinnesorgane wie Haut, Augen und Ohren oder der inneren Organe an das Gehirn weiter.

Motorische Neuronen:

Sie leiten elektrische Signale vom Gehirn oder Rückenmark zu den Muskeln, was die Kontraktion der Muskelfasern auslöst. Dies ermöglicht es uns, willkürliche Bewegungen auszuführen, unsere Körperhaltung zu kontrollieren und auf äußere Reize zu reagieren, beispielsweise wenn Sie zur Tür hinausstürmen, weil Sie gehört haben, dass der Postbote klingelt.

Projektionsneuronen:

Die langen Axone dieser Neutronen (auch Pyramidenzellen genannt) übertragen Signale von einer Gehirnregion in eine andere.

Interneuronen: Sie haben eine zentrale Rolle bei der Kommunikation zwischen anderen Nervenzellen und leiten Signale von einem Bereich des Nervensystems zu einem anderen weiter. Außerdem verarbeiten sie eingehende Informationen, vergleichen beispielsweise, ob diese bereits im Gedächtnis gespeichert sind, und nutzen Informationen, um eine bestimmte Reaktion zu planen und auszuführen.

Was das Nervensystem grundlegend von anderen funktionellen Gruppen von Zellen unterscheidet, ist die Komplexität, mit der die Nervenzellen untereinander verschaltet sind. Das menschliche Gehirn besteht aus etwa 100 Milliarden Neuronen. Ein typisches Neuron kann eine beeindruckende Anzahl von Verbindungen zu anderen Neuronen aufbauen – von Hunderten bis Tausenden. Die Pyramidenzellen als echte Netzwerkkönige können sogar noch mehr synaptische Verbindungen herstellen. Das macht in Summe etwa 100 Billionen Synapsen im Gehirn! Da bekommt der Begriff »vernetzt sein« eine ganz neue Bedeutung – nicht nur im digitalen Zeitalter. (In Kapitel 3 erfahren Sie mehr über Neuronen und ihre Funktion.)

Signalverarbeitung in Schaltkreisen, Segmenten und Modulen

Von der Seite oder von oben betrachtet macht die Großhirnrinde (oder der Neokortex) den größten Teil des Gehirns aus. Diese ist fast einen viertel Quadratmeter groß und liegt in vielen Falten (sogenannte Gyri; Einzahl: Gyrus), damit sie überhaupt in den Schädel passt.

Das Gehirns ist in verschiedene funktionelle Areale oder Schaltkreise unterteilt, die jeweils spezialisierte Aufgaben erfüllen. Diese funktionellen Unterteilungen helfen bei der Verarbeitung von Reizen, die von den Sinnesorganen aufgenommen werden (zum Beispiel akustische oder optische Reize), der Steuerung von Bewegungen (zum Beispiel die Bewegung der Gliedmaßen oder der Zunge), der Verarbeitung von Sprache und vielen anderen komplexen kognitiven Prozessen. Dabei bestimmt nicht der Bereich des Gehirns selbst seine Funktion, sondern die Art der Signale und der Ort, an dem sie entstehen, entscheiden darüber. Selbst wenn die Nervenzellen des Hörzentrums denen im Sehzentrum oder im motorischen Zentrum gleichen, ist das Hörzentrum eben das Hörzentrum, weil es die Signale aus der Hörschnecke (einem Teil des Innenohres) verarbeitet und an Bereiche sendet, die akustische Informationen weiterverarbeiten.

Auch andere Teile des Nervensystems bestehen aus Schaltkreisen oder Leitungsbahnen:

Das Rückenmark

verläuft im Wirbelkanal der Wirbelsäule und ist in verschiedene Abschnitte unterteilt, die als Rückenmarkssegmente bezeichnet werden. Jedes Segment ist mit spezifischen Bereichen des Körpers (Hals, Brust, Lende und so weiter) verbunden und hat Nervenwurzeln, die aus dem Rückenmark austreten und Informationen zu Muskeln und Sinnesorganen transportieren.

Das Kleinhirn

, eine markante Struktur an der Rückseite des Gehirns unterhalb der Großhirnrinde, steuert die Feinabstimmung von Bewegungen und spielt eine wichtige Rolle beim Erlernen von Bewegungsabläufen. Im Kleinhirn formen neuronale Schaltkreise verschiedene Module, die für die Planung und Ausführung von Bewegungen und das Gleichgewicht verantwortlich sind.

Die graue und die weiße Substanz

Die Struktur des Neokortex kann man mit einem gefalteten Tuch vergleichen. Die äußeren drei bis vier Millimeter dieses Tuches bilden die graue Substanz. Im Querschnitt des Gehirns erkennen Sie, dass das Gehirn zu einem viel größeren Teil aus weißer als aus der grauen Substanz besteht. Die weiße Substanz bilden die myelinisierten Axone. Das sind Nervenfasern, die die Nervenzellen miteinander verbinden und mit einer fetthaltigen Substanz umzogen sind. Die graue Substanz besteht aus den Nervenzellkörper und Dendriten, die dunkler sind als ihre Axone und ihr die graue Farbe verleihen. Die Dendriten nehmen elektrische Reize auf und leiten sie an den Zellkörper weiter. In Kapitel 2 können Sie sich den Aufbau der weißen und grauen Substanz des Neokortex noch genauer anschauen.

Was für eine Ladung: Elektrizität im Gehirn

Die meisten Nervenzellen sind darauf spezialisiert, Informationen zu verarbeiten oder weiterzuleiten. Sie besitzen zwei verschiedene Verzweigungen, die aus dem Zellkörper entspringen: die Dendriten und die Axone. Dendriten nehmen die elektrischen Impulse anderer Nervenzellen auf. Axone sind der Teil der Nervenzelle, der Reize weiterleitet und an andere Nervenzellen oder Organe abgibt.

Die Länge der Dendriten kann von Mikrometern (μm) bis zu einigen Millimetern reichen. Axone können dagegen bis zu einen Meter lang werden. Zum Beispiel kann das Axon einer motorischen Nervenzelle im Rückenmark bis zu einen Meter lang sein, um Befehle von der Wirbelsäule zu den Muskeln in den Extremitäten zu übertragen. Da die Verzweigungen der Nervenzellen mitunter sehr weit reichen, brauchen sie Mechanismen, mit denen sie Signale trotz größerer Distanzen schnell verarbeiten können.

Gliazellen, eine weitere wichtige Zellgruppe im Nervensystem, die neben den Neuronen existieren, nutzen für die Weiterleitung von Signalen über weite Distanzen einen Trick. Sie bilden eine Myelin-Umhüllung, das ist eine isolierende Schicht aus Fett, um die Axone. Die Funktion der Myelin-Umhüllung gleicht der Isolierung bei Elektrokabeln. Sie isoliert, schützt und ermöglicht eine schnelle Übertragung der Ladung. Gliazellen erfüllen verschiedene unterstützende und schützende Funktionen, die für die normale Funktion des Nervensystems unerlässlich sind, und arbeiten somit Hand in Hand mit den Neuronen.

Im Gegensatz zu den Gliazellen übertragen Neuronen Signale über elektrische Ladung entlang ihrer Axone. Einkommende Signale werden über die Dendriten in den Zellkörper geleitet. Der Zellkörper wandelt diese elektrische Energie in Impulse um, die entlang des Axons zu einem anderen Neuron gesendet werden. Wenn Sie mehr darüber wissen möchten, wie Neuronen generell miteinander kommunizieren, sollten Sie zu Kapitel 3 weiterblättern. In den Kapiteln in Teil II erfahren Sie, wie die Reizübertragung im sensorischen Nervensystem funktioniert.

Der modulare Aufbau des Nervensystems

Die Neuronen arbeiten in kleinen Einheiten neuronaler Schaltkreise, die aus mehreren Hundert Nervenzellen bestehen und sich aus unterschiedlichen Neuronenarten zusammensetzen. Diese Schaltkreise verarbeiten eingehende Signale und senden die Ergebnisse über die Projektionsneuronen an andere Schaltkreise.

Mehrere neuronale Schaltkreise bilden einzelne Module, die verschiedene Funktionen besitzen, wie zum Beispiel senkrechte Linien zu erkennen, 10.000 Hertz-Töne wahrzunehmen, einen bestimmten Fingermuskel zu bewegen oder die Herzfrequenz zu erhöhen. Gruppen gleicher Module bilden große Hirnregionen. Alle Hirnmodule, das Rückenmark, peripheres und vegetatives Nervensystem arbeiten zusammen. Sie regulieren die Funktionen Ihres Organismus und sorgen dafür, dass Sie überleben. Doch das ist nicht alles: Wir haben Gefühle, Erinnerungen, Sehnsüchte und sind neugierig. Wir können sprechen, uns selbst reflektieren, beherrschen viele Techniken und machen uns Gedanken über unseren Platz im Universum.

Sensorik und Motorik

Tiere besitzen ein Nervensystem, Pflanzen nicht. Warum ist das so? Beide sind Vielzeller, und viele Pflanzen wie etwa Bäume sind viel größer als die größten Tiere. Der Hauptunterschied liegt darin, dass sich Tiere aktiv bewegen können und Pflanzen ortsgebunden – sessil – leben. Das Nervensystem ermöglicht diese aktive Bewegung.

Das verschwundene Gehirn

Seescheiden sind sessile Manteltiere, die auf dem Meeresgrund leben und ihre Nährstoffe aus dem Meerwasser filtern. Das Interessante an diesen Tieren ist, dass sie im Larvenstadium über eine Gehirnanlage (ein Zerebralganglion) verfügen, die es ihnen ermöglicht, zu schwimmen. Diese Anlage bildet sich jedoch wieder zurück. Als ausgewachsenes Tier lebt die Seescheide am Meeresboden und ist dort, wie eine Pflanze verankert. Ein Zentralganglion wird nun nicht mehr benötigt und bildet sich zurück.

Die Welt wahrnehmen

Sensorische Nervenzellen messen innerhalb und außerhalb unseres Körpers Energien oder Substanzen. Zu diesen Nervenzellen gehören die Fotorezeptoren im Auge, die Licht wahrnehmen (siehe Kapitel 8). Die Haarzellen in der Hörschnecke (Cochlea) nehmen akustische Reize auf (Kapitel 9). Es gibt Sinneszellen, die bestimmte Moleküle wahrnehmen können und uns erlauben, zu schmecken und zu riechen (Kapitel 10). Außerdem messen Mechanorezeptoren in der Haut Druck und Vibration und sind Teil unseres somatosensorischen Systems (Kapitel 11).

Unser Körper besitzt zudem Messfühler, die die Körpertemperatur, die CO2-Konzentration, den Blutdruck und andere Körperfunktionen überwachen. Das zentrale und das vegetative Nervensystem (beide werden in Kapitel 4 noch genauer beschrieben) verwenden die Signale dieser inneren Sensoren, um unsere Körperfunktionen zu steuern und in einem Gleichgewicht (Homöostase) zu halten. Das alles geschieht meist, ohne dass wir etwas davon bemerken.

Die sensorischen Neuronen sind von allen Nervenzellen am höchsten spezialisiert und besitzen ausgeklügelte Mechanismen, um bestimmte Reize wahrzunehmen. So können manche Tiere das Magnetfeld der Erde spüren (insbesondere Vögel und Fische, aber auch manche Säugetiere wie Fledermäuse und Wale). Der genaue Mechanismus, wie diese Tiere das Magnetfeld der Erde spüren, ist noch nicht vollständig verstanden und wird weiterhin erforscht. Bei Fischen und Säugetieren nimmt man an, dass sie über Zellen verfügen, die Magnetit-Kristalle enthalten. Diese Kristalle befinden sich im Zellplasma (Säugetiere) oder in spezialisierten Sinnesorganen (Fische) und wirken wie winzige Kompassnadeln. Dies ermöglicht es den Tieren, sich im Magnetfeld zu orientieren.

Immer in Bewegung: Motorische Nervenzellen

Unsere Bewegungen werden durch die Koordination und Interaktion zwischen sensorischen, motorischen und interneuronalen Schaltkreisen ermöglicht. Wichtig dabei ist:

Sensorische Neuronen

empfangen Informationen direkt aus der Umwelt über die Sinnesorgane und nicht von anderen Neuronen.

Motorische Neuronen übermitteln Signale an Muskeln, Drüsen oder Organe statt an andere Nervenzellen.

Es gibt verschiedene Arten von Bewegungen. Die bewusste Bewegung ist das, was die meisten Menschen unter Bewegung verstehen. Sie heben die Hand, gehen oder greifen nach Ihrer Kaffeetasse. Diese Bewegung wird vom zentralen Nervensystem gesteuert, dessen motorische Neuronen die quergestreifte Muskulatur innervieren (die gleichen Muskeln und Neuronen sind an automatischen Reflexbewegungen beteiligt). Wir besitzen jedoch auch glatte Muskulatur, die von Neuronen des vegetativen Nervensystems versorgt wird. Diese Muskeln finden Sie im Verdauungstrakt oder in den Pupillen.

Bewegung ist ein solch wichtiger Bereich der Neurowissenschaften, dass ich es hier nur kurz anschneide, ihm aber den gesamten Teil III dieses Buches gewidmet habe.

Höhere kognitive Prozesse

Die großen Bereiche des Gehirns, die nicht direkt an der Bewegungskontrolle oder an der Verarbeitung sensorischer Reize beteiligt sind, werden Assoziationskortex genannt. Der Assoziationskortex ist für höhere kognitive Prozesse wie beispielsweise unser Gedächtnis und die Aufmerksamkeit, aber auch für die Interpretation der Sinneseindrücke verantwortlich. Er ermöglicht es uns, Informationen aus der Umwelt zu verstehen, zu verarbeiten und darauf angemessen zu reagieren, und trägt so zu unserer Wahrnehmung, unserem Denken und unserem Verhalten bei.

Der Präfrontalkortex: Dreh- und Angelpunkt der Kognition

Die intelligentesten Säugetiere wie Menschenaffen, Wale oder Elefanten besitzen die größte Großhirnrinde. Sie haben bereits gelernt, dass die Größe des Neokortex nicht allein entscheidet über die Leistungsfähigkeit des Gehirns und die Intelligenz eines Lebewesens. Die Größe des Frontallappens und dessen Größe im Verhältnis zum restlichen Neokortex jedoch spielen eine wichtige Rolle.

Der vorderste Teil des Frontallappens wird Präfrontalkortex genannt. Dieser Bereich ist bei Primaten und besonders beim Menschen sehr ausgedehnt. Der Präfrontalkortex ermöglicht es uns, Handlungen zu planen, Entscheidungen zu treffen, Informationen im Kopf zu behalten, Emotionen und Impulse zu kontrollieren und flexibel zu agieren.

Ohne ausgeprägten Frontalkortex würde Ihr Verhalten von Ihren momentanen Bedürfnissen und den Ereignissen in Ihrer direkten Umwelt bestimmt werden. Wären Sie eine Eidechse, hätten Sie entweder Hunger, würden frieren, nach einem Partner suchen oder sich vor einem Räuber in Sicherheit bringen. Sie hätten eine Reihe Verhaltensmuster gespeichert, zwischen denen Ihr Gehirn wählen könnte. Wenn Sie beispielsweise einen Partner suchen, folgen Sie dem Suche-nach-Liebe-Programm. Wenn Sie über sich einen Greifvogel sehen, würden Sie allerdings sofort auf das Greifvogel-Vermeidungs-Programm umschwenken und einen Stein suchen, unter dem Sie verschwinden können.

Säugetiere haben durch ihren Präfrontalkortex die Möglichkeit, komplexe, mehrstufige Handlungsentscheidungen zu treffen. Dies ist besonders relevant in großen sozialen Gruppen, um individuelle Beziehungen zu den anderen Gruppenmitgliedern zu etablieren und miteinander in den »Überlebens-Programmen« zu kooperieren (beispielsweise bei geteilten Arbeitsschritten in der Nahrungsbeschaffung).

Intelligenz, Sprache und Gedächtnis