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Neue Perspektiven: 80 jüdische Gelehrte kommentieren das Neue Testament Erstmals liegt mit diesem Werk ein vollständiges, von jüdischen Gelehrten kommentiertes Neues Testament vor. Viele Infoboxen und vertiefende Fachartikel zu Geschichte und Gegenwart des Judentums ergänzen die Bibelkommentare. Das eröffnet nicht nur neue Blickwinkel auf die zentralen Texte des christlichen Glaubens – es zeigt, was Christen und Juden verbindet! - Erstmals auf Deutsch: The Jewish Annotated New Testament - Lutherübersetzung mit Kommentaren aus jüdischer Sicht zu jedem Bibelabschnitt - 85 thematische Infoboxen und Einleitungen zu allen Büchern der Bibel - Keine theologischen Vorkenntnisse nötig Unverzichtbar für den qualifizierten christlich-jüdischen Dialog Wie eng jüdische und christliche Geschichte miteinander verbunden sind, zeigt dieses Gemeinschaftswerk. Es bietet nicht nur Hintergrundinfos zum historischen Jesus und zur Entstehung des Neuen Testaments. Mehr als 50 Essays zum Judentum und zur jüdischen Geschichte liefern Grundlagenwissen für den Dialog der Religionen: - Jüdische Glaubenspraxis und Glaubensvorstellungen - Strömungen und Gemeinschaften innerhalb des Judentums - Jüdische Identität und das Verhältnis von Juden und Nichtjuden - Die Situation der Juden in Deutschland und Europa damals und heute Gerade die vertiefenden Essays helfen, vorgefertigte Meinungen zu überdenken und antisemitische Vorurteile mit Fakten zurückzuweisen. Doch vor allem wird mit der jüdisch kommentierten Ausgabe des Neuen Testaments deutlich, dass Judentum und Christentum zentrale Werte gemeinsam haben. Das führt zu einem besseren Verständnis der Vergangenheit und zu einer besseren Theologie für die Zukunft – eine wertvolle Bereicherung für die christlich-jüdischen Beziehungen!
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Seitenzahl: 3421
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Cover
Titelseite
Navigationshilfen
Inhalt
Geleitwort der Herausgeber der Originalausgabe zur deutschen Ausgabe
Vorwort der Herausgeber
Vorworte zur Originalausgabe
Autorinnen und Autoren
Hinweise zur Bibelübersetzung
Abkürzungsverzeichnis
Förderer
Das Neue Testament
Die Evangelien und die Apostelgeschichte
Das Evangelium nach Matthäus
Das Evangelium nach Markus
Das Evangelium nach Lukas
Das Evangelium nach Johannes
Die Apostelgeschichte
Die Briefe und die Offenbarung
Der Brief des Paulus an die Römer
Der erste Brief des Paulus an die Korinther
Der zweite Brief des Paulus an die Korinther
Der Brief des Paulus an die Galater
Der Brief des Paulus an die Epheser
Der Brief des Paulus an die Philipper
Der Brief des Paulus an die Kolosser
Der erste Brief des Paulus an die Thessalonicher
Der zweite Brief des Paulus an die Thessalonicher
Der erste Brief des Paulus an Timotheus
Der zweite Brief des Paulus an Timotheus
Der Brief des Paulus an Titus
Der Brief des Paulus an Philemon
Der Brief an die Hebräer
Der Brief des Jakobus
Der erste Brief des Petrus
Der zweite Brief des Petrus
Der erste Brief des Johannes
Der zweite Brief des Johannes
Der dritte Brief des Johannes
Der Brief des Judas
Die Offenbarung des Johannes
Essays
Zu den Essays
Geschichte
Der griechisch-römische Hintergrund des Neuen Testaments
Jüdische Geschichte von 331 v. u. Z. bis 135 u. Z.
Aufstände gegen Rom
Gesellschaft
Judentum und jüdische Identität
Ioudaios
Archäologie des Landes Israel zur Zeit Jesu
Der Sanhedrin
Jüdisches Familienleben im ersten Jahrhundert u. Z.
Ehe und Ehescheidung
Geschlecht und Geschlechterrollen
Strömungen und Gemeinschaften
Strömungen innerhalb des Judentums in neutestamentlicher Zeit
Die Pharisäer
Messianische Bewegungen
Der historische Jesus
Paulus und das Judentum
Judaisierer, Judenchristen und andere
Juden und Nichtjuden
Jüdische Perspektiven auf Nichtjuden
Der ‚Nächste’ in der jüdischen und christlichen Ethik
Speisen und Mahlgemeinschaft
Die Birkat ha-Minim: Eine jüdische Verwünschung der Christen?
Glaubenspraxis
Das Mosegesetz
Opferkult und Tempel
Die Synagoge
Das Gebet
Zeitrechnung, Kalender und Feste
Die Beschneidung
Taufe und Eucharistie
Die Bestattung Jesu: Texte und archäologische Befunde
Glaubensvorstellungen
Jüdische Wundertäter und Zauberei in der Spätzeit des Zweiten Tempels
Übernatürliche Wesen
‚Logos’ als ein jüdisches Wort: der Johannesprolog als Midrasch
Auferstehung und Jenseitsvorstellungen
Jüdische Literatur/Literarische Quellen
Der Kanon des Neuen Testaments
Die Sprache des Neuen Testaments und die Übersetzung der Bibel
Die Septuaginta
Midrasch und Gleichnisse
Die Schriftrollen vom Toten Meer
Philo von Alexandria
Flavius Josephus
Das Neue Testament zwischen dem Tanach und der rabbinischen Literatur
Überlegungen aus jüdischer Sicht zum christlichen Selbstverständnis
Schriftverheißung und Erfüllung
Reaktionen auf das Neue Testament
Jüdische Reaktionen auf die Anhänger Jesu
Jesus in der rabbinischen Tradition
Jesus in der mittelalterlich-jüdischen Tradition
Jesus im modernen jüdischen Denken
Paulus im jüdischen Denken
Maria in der jüdischen Tradition
Jesus und das Neue Testament in der modernen jiddisch- und hebräischsprachigen Kultur
Das Neue Testament in der jüdischen Kunst
Grundfragen der Christologie
Messianisches Judentum
Falsches Zeugnis geben: Verbreitete Irrtümer über das antike Judentum
Das Neue Testament und die jüdisch-christlichen Beziehungen
Zur Situation in Deutschland und Europa
„Ertragen können wir sie nicht“ – Martin Luther und die Juden
Franz Rosenzweig und Luthers Bibelübersetzung
Zum jüdisch-christlichen Dialog im deutschsprachigen Raum
Jüdische Wegbereiter des Dialogs im deutschsprachigen Raum
Anhang
Zeittafel
Chronologisches Verzeichnis der Herrscher
Wichtige tannaitische Rabbinen
Wichtige amoräische Rabbinen
Kalender
Maße, Gewichte und Geldwerte
Synoptische Parallelen
Der Kanon der Hebräischen Bibel/des Alten Testaments
Textausgaben, Übersetzungen und verwendete Literatur
Der Aufbau und die Einzeltraktate der Mischna, des Talmuds und der Tosefta
Glossar
Impressum
Als viele christliche Kirchen nach 1945 erkannten, welch große Verantwortung sie über die Jahrhunderte hinweg für die Verbreitung antijüdischer Lehren trugen, aber auch, wie diese Lehren dazu halfen, die Saat des Nazi-Antisemitismus einzupflanzen, begann ein schmerzlicher Prozess der Umkehr und Korrektur. Gleich nach Ende des Zweiten Weltkriegs setzte im deutschsprachigen Raum eine Neubewertung des Verhältnisses zwischen Christentum und Judentum ein. Dies lässt sich z.B. erkennen an den berühmten „Zehn Thesen von Seelisberg“, die 1947 auf der ersten Internationalen Konferenz der Christen und Juden (auch „Emergency Conference on Antisemitism“) vom International Council of Christians and Jews beraten und verabschiedet wurden, aber auch an der „Entschließung zur Judenfrage“ des Katholikentages (1948) und an dem „Wort zur Judenfrage“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (1950).
Innerhalb dieses andauernden und bahnbrechenden Prozesses haben Christen erkannt, was sie den Juden, aber auch sich selbst angetan haben, indem sie nicht nur alle Juden pauschal für den Tod Jesu verantwortlich gemacht, sondern auch Jesus und Paulus aus ihren jüdischen Kontexten entfernt und das antike Judentum als verknöchert, legalistisch und korrupt erachtet haben. Als Antwort auf diese Selbstkorrektur haben wir Juden – die über siebzig Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an diesem Buch mitgearbeitet haben und viele andere – in Freundschaft und gegenseitigem Respekt reagiert, indem wir die christlichen Anfänge als Teil der jüdischen Geschichte zu sehen gelernt haben. Dabei wurden Jesus und Paulus, Jakobus und Petrus, Maria, die Mutter Jesu, und Maria Magdalena in ihren ursprünglichen Kontext als jüdische Menschen des ersten Jahrhunderts, die nie ihre jüdische Identität verleugnet haben, zurückversetzt.
Die Erkenntnis der gemeinsamen Wurzeln von Christentum und rabbinischem Judentum setzte nicht erst in den 1960er Jahren ein. Deutschland, das Ursprungsland der wissenschaftlichen, historisch-kritischen Interpretation der Heiligen Schriften, war auch das Ursprungsland des wissenschaftlichen, historisch-kritischen Studiums des Judentums (Wissenschaft des Judentums) und der Forderung, dass die Ursprünge des Christentums im Kontext des Judentums der Epoche des Zweiten Tempels verstanden werden müssen. Es geschah in Deutschland, dass Moses Mendelssohn, Abraham Geiger, Leo Baeck und andere auf negative Stereotypen über das antike Judentum reagierten (des von Verleumdern so genannten ‚Spätjudentums’, wobei diese das lebendige Judentum jener Zeit ebenso wie die immer noch blühende jüdische Gemeinschaft ignorierten) und seine ethische Lebendigkeit wiederentdeckten. Es geschah in Deutschland – jedenfalls im Wesentlichen –, dass Jesus und Paulus nach zweitausend Jahren wenigstens von einigen Juden und Christen wieder als Juden des ersten Jahrhunderts entdeckt wurden, die der Beachtung der Tora, dem Tempelkult und der jüdischen Identität eine bleibende Bedeutung beimaßen.
Die Spielarten, wie christliche Leser das Judentum in der Antike und durch die Geschichte hindurch missverstanden und entstellt haben, sind bekannt. Im deutschsprachigen Bereich lässt sich eine Linie ziehen von dem Oberammergauer Passionsspiel, Martin Luthers Schrift ‚Von den Juden und ihren Lügen’ bis hin zum ‚Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben’, das die Nazi-Ideologie unterstützte. Jedoch lässt sich seit Ende des Zweiten Weltkriegs eine dauerhafte Bewegung in vielen deutschen Kirchen wie auch bei vielen einzelnen Autoren feststellen, in der es nicht nur darum geht, Lehren der Vergangenheit zurückzuweisen, sondern gegen die andauernden Vorurteile, die sich in der allgemeinen Kultur finden, anzugehen. Die Änderungen im Text des Oberammergauer Passionsspiels, wie sie unter der Regie von Christian Stückl erfolgt sind, stellen ein hervorragendes Beispiel dar.
Die Übersetzung des The Jewish Annotated New Testament ins Deutsche – die erste Übersetzung dieses Buches – stellt einen weiteren bedeutenden Beitrag in diese Richtung dar. Unser Dank geht an Prof. Dr. Wolfgang Kraus, der die Idee dieser Übersetzung mit uns entwickelt hat, an Dr. Florian Voss von der Deutschen Bibelgesellschaft, der das Projekt im Verlag ermöglicht hat, an Prof. Dr. Michael Tilly und Dr. Axel Töllner, die bereit waren, an der deutschen Ausgabe als Herausgeber mitzuwirken, an die Deutsche Bibelgesellschaft, die den Text der Lutherübersetzung zur Verfügung gestellt und das Werk verlegt hat, und an das ‚Institut für christlich-jüdische Studien und Beziehungen’ an der Augustana-Hochschule Neuendettelsau, das sich um die Finanzierung bemüht hat. Wir würdigen ausdrücklich die große Sorgfalt, die die deutschen Herausgeber und Übersetzer an dieses Buch verwendet haben. Schließlich danken wir den deutschen Leserinnen und Lesern, die bereit sind, das Neue Testament in seinem jüdischen Kontext wahrzunehmen und sich damit zu beschäftigen, wie Juden über Jahrhunderte auf christliche Lehren reagiert haben.
Wir haben erlebt, dass wir durch das Studium des Neuen Testaments zu besseren Juden geworden sind, da wir gelernt haben klarer zu sehen, wie unsere eigene Geschichte mit christlicher Theologie und Geschichte verbunden ist – was wir gemeinsam haben und worin wir uns unterscheiden. Wir haben gelernt zu erkennen, wie Texte des Neuen Testaments zu Judenhass führen können, aber auch, was christliche Leserinnen und Leser solchen Interpretationen erwidern können. Die deutsche Ausgabe dieses Werkes zeigt, dass die Zusammenarbeit von Juden und Christen zu einem besseren Verständnis der Vergangenheit und zu einer besseren Theologie für die Zukunft führen kann. Darüber hinaus zeigt sie einen zentralen Wert, den beide, Judentum und Christentum gemeinsam haben: dass Hass in Liebe verwandelt werden kann.
Amy-Jill Levine
Marc Z. Brettler
8. Oktober 2020
„Jesus und Judas“ lautet der Titel eines Vortrags, den Amos Oz (sel. A.) gehalten hat und in dem er an seinen vielbeachteten Roman „Judas“ anknüpft. Zu Beginn des Vortrags verweist er auf seinen Großonkel Joseph Klausner (1874-1958), der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein bedeutendes wissenschaftliches Buch über „Jesus von Nazaret“ und ein nicht weniger bedeutsames mit dem Titel „Von Jesus zu Paulus“ geschrieben hat.
Amos Oz erinnert sich: „Als kleiner Junge besuchte ich eine äußerst traditionelle orthodoxe jüdische Schule in Jerusalem. Wir wurden angewiesen, jedes Mal, wenn wir an einer Kirche oder einem Kreuz vorübergingen, unsere Augen abzuwenden und in die entgegengesetzte Richtung zu schauen. Als Begründung hieß es: ‚Wir Juden haben seit Jahrhunderten, ja seit Jahrtausenden, wegen dieses Menschen gelitten.’ Orthodoxe Juden nennen Jesus häufig nicht bei seinem Namen, sondern bezeichnen ihn abfällig als ‚diesen Menschen’. Onkel Joseph aber sagte, das dürfe ich niemals tun: ‚Wann immer du eine Kirche oder ein Kreuz siehst, sieh ganz genau hin, denn Jesus war einer von uns, einer unserer großen Lehrer, einer unserer bedeutendsten Moralisten, einer unserer größten Visionäre.’“ [1]
Diese Erkenntnis, dass Jesus ins Judentum gehört, steht vor dem Beginn der Beschäftigung mit dem Jewish Annotated New Testament, dessen erste Auflage im Jahr 2011 bei Oxford University Press erschienen ist. Bei einer Begegnung mit Amy-Jill Levine bei der Jahrestagung der Society of New Testament Studies in Amsterdam 2015 wurde der Gedanke geboren, die englische Ausgabe auch auf Deutsch herauszubringen.
Amy-Jill Levine wies darauf hin, dass eine zweite Auflage in Bearbeitung sei und man das Erscheinen der zweiten, umfangreicheren Ausgabe abwarten solle, inzwischen aber schon Vorbereitungen treffen könne.
Nach Gesprächen mit Verlagen und Verhandlungen mit möglichen Geldgebern konnte 2016 Erfolg vermeldet werden: Die Deutsche Bibelgesellschaft war bereit, das Projekt in ihr Verlagsprogramm aufzunehmen und den 2016 revidierten Luthertext als Grundlage zur Verfügung zu stellen. Dr. Florian Voss wurde unser Ansprechpartner bei der Bibelgesellschaft. Oxford University Press war, vermittelt durch Don Kraus, bereit, eine Lizenz für die Übersetzung zu erteilen. Das Institut für christlich-jüdische Studien und Beziehungen an der Augustana-Hochschule in Neuendettelsau bot an, den institutionellen Rahmen zu bieten. Mögliche Geldgeber konnten überzeugt werden, das Projekt zu unterstützen. Damit konnte sich das Team der Herausgeber und Mitarbeiter an die Arbeit machen. Mit Monika Müller konnte eine versierte Übersetzerin für die Essays, Bucheinleitungen und Infoboxen gefunden werden. Jan Raithel schließlich wurde aufgrund seiner theologischen und judaistischen Expertise der ideale Übersetzer der Erläuterungen.
Die zweite Auflage der englischen Ausgabe erschien im Herbst 2017. Wir hatten allerdings bereits vorher Zugang zu den Druckdateien und konnten die Arbeit an der deutschen Ausgabe schon aufnehmen.
Während der englische Text auf Grundlage der New Revised Standard Version verfasst wurde, stellt die vorliegende Übersetzung eine Adaption an den der deutschen Ausgabe zugrunde liegenden Text der revidierten Lutherbibel von 2017 dar. Das bedeutet, dass wir so exakt wie möglich die englischen Erläuterungen wiedergegeben haben, sofern sie sich auf inhaltliche Aspekte des Bibeltextes bzw. auf den griechischen Urtext beziehen. Wo sie sich speziell auf den Text der NRSV beziehen, haben wir sie in Absprache mit den Autorinnen und Autoren der englischen Ausgabe an den Luthertext angeglichen, an einigen Stellen auch übergangen. In wenigen Fällen finden sich Anmerkungen der deutschen Herausgeber, etwa wenn ein Hinweis auf Besonderheiten der Lutherbibel angemessen schien. Bei den Essays war die Situation anders: Sie wurden exakt aus dem Englischen übersetzt. Alle Übersetzungen wurden im Herausgeberkreis zusammen mit Florian Voss diskutiert. Der Essay von Yaakov Ariel zum Thema „Messianisches Judentum“ wurde von den deutschen Herausgebern um einen Anhang ergänzt, der die Situation in Deutschland bzw. in Europa beschreibt. Zusätzlich in die deutsche Ausgabe aufgenommen wurden Essays von Jehoschua Ahrens, Daniel Alter, Micha Brumlik und Walter Homolka. Auch sie beziehen sich auf Besonderheiten der Situation in Deutschland und Europa.
Im Zuge der Übersetzung wurden zahlreiche Stellenangaben überprüft. Dabei konnten wir verschiedene Druckfehler beseitigen, was auch in eine künftige englische Neuauflage Eingang finden wird. Die Textausgaben, die den deutschen Zitaten antiker Schriften sowie auch Talmud und Midrasch zugrunde liegen, sind im Anhang aufgeführt. Bei etwaigen Differenzen zu englischen Ausgaben bekam die deutsche Ausgabe den Vorzug. Ältere Texte wurden hinsichtlich der Rechtschreibung modernisiert.
Der fruchtbare Dialog zwischen Juden und Christen – Christen und Juden hat in den letzten Jahrzehnten dazu beigetragen, dass beide Seiten gelernt haben, sich besser zu verstehen und zu respektieren. Das hat in jüdischen und christlichen Erklärungen und Dokumenten Niederschlag gefunden. Noch gibt es viel zu tun, denn was auf der Ebene von Fachgelehrten, Leitungsorganen oder Arbeitskreisen gilt, trifft noch nicht für die Allgemeinheit bzw. die Situation in den Gemeinden zu. Antijüdische Stereotype und Vorurteile sind noch immer weit verbreitet. Das Jewish Annotated New Testament ist nicht nur selbst eine Frucht dieses Dialogs, sondern es liefert einen herausragenden jüdischen Beitrag zur Vertiefung des gegenseitigen Verständnisses und bietet zahlreiche Impulse für die Weiterentwicklung einer neuen Bestimmung des christlich-jüdischen Gesprächs.
Dass das Neue Testament auch für jüdische Leserinnen und Leser von Bedeutung ist, betonen Marc Zvi Brettler und Amy-Jill Levine: “Many Jews have avoided reading the New Testament for various reasons: a concern that it would disparage Jews and Judaism; the presupposition that its texts would not only be strange but also alienating; perhaps even a fear of being seduced by the gospels. JANT, written entirely by Jews, might allow Jewish readers to find the text initially less alien, or alienating. We also wanted to show Jewish readers parts of our own history, since much of the New Testament is Jewish history: its principal figures are Jews; its imagery draws from the Scriptures of Israel; its legacy has impacted relations between Synagogue and Church for the past two millennia.” [1]
Jüdische Bibelwissenschaft und christliche Bibelwissenschaft begegnen sich heute auf der Ebene von Personen und Sachfragen. Leitend dabei sind der Respekt vor dem jeweils anderen und eine Methodologie, die frei ist von konfessionellen Zwängen. Die wissenschaftliche Methodik der Bibelexegese ist inzwischen konfessionsübergreifend. Unterschiede in der Auslegung verlaufen nicht mehr entlang der Grenzen einer Religion, sondern haben sachlich bedingte Ursachen, die sich aufgrund unterschiedlicher philologischer oder historischer Erkenntnisse quer zu den Religionsgemeinschaften ergeben. Auch für die Mitgliedschaft in wissenschaftlichen Gesellschaften ist nicht die Religionszugehörigkeit, sondern der Sachverstand von entscheidender Bedeutung.
Jüdische und christliche Bibelwissenschaft können sich damit auf einer Ebene begegnen, auf der der auszulegende Text absolute Priorität erhält. Dennoch werden sich durch die jeweilige religiöse und kulturelle Prägung unterschiedliche Perspektiven ergeben, die jedoch für die jeweils andere Seite immer wieder fruchtbar sein und den eigenen Horizont erweitern können.
Dies sind die Gründe, warum wir das Jewish Annotated New Testament ins Deutsche übertragen haben, denn wir sind davon überzeugt, dass eine Perspektive, die durch jüdische Autorinnen und Autoren geprägt ist, für alle, die am Neuen Testament und am Gespräch zwischen den Religionsgemeinschaften interessiert sind, von großer Bedeutung ist. Noch etwas kommt hinzu: Der ursprünglich jüdische Kontext, in dem große Teile des Neuen Testaments entstanden sind – und der in Kirchen und christlicher Theologie lange Zeit verleugnet oder ignoriert wurde – kommt damit zu seinem notwendigen Recht.
Bereits im Jahr 2009 erschien bei der Deutschen Bibelgesellschaft eine Übersetzung der Septuaginta, des Griechischen Alten Testaments, deren Geleitwort jeweils von einem Vertreter der Evangelischen, der Katholischen und der Orthodoxen Kirche sowie der Allgemeinen Rabbinerkonferenz unterzeichnet wurde.
Mit dem vorliegenden Band erscheint nun bei der Deutschen Bibelgesellschaft eine genuin jüdische Auslegung und Erläuterung des Neuen Testaments. Man kann dies als ein weiteres hoffnungsvolles Zeichen verstehen.
Am Schluss steht der Dank:
Amy-Jill Levine und Marc Zvi Brettler danken wir für das Vertrauen, drei christlichen Theologen die Herausgeberschaft anzuvertrauen. Oxford University Press danken wir für die Gewährung der Lizenz, der Deutschen Bibelgesellschaft für die Aufnahme in ihr Verlagsprogramm und Florian Voss für die intensive Begleitung der Arbeit.
Den Geldgebern danken wir für erhebliche finanzielle Unterstützung. Im Einzelnen sind dies: Stuttgarter Lehrhaus, Stiftung für interreligiösen Dialog; Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern; Begegnung von Christen und Juden. Verein zur Förderung des christlich-jüdischen Gesprächs in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern e.V.; Evangelische Kirche im Rheinland; Evangelische Kirche in Mitteldeutschland; Im Dialog. Evangelischer Arbeitskreis für das christlich-jüdische Gespräch in Hessen und Nassau; Evangelische Kirche von Westfalen; Evangelische Kirche der Pfalz; Evangelische Kirche in Deutschland; Evangelische Landeskirche in Baden; Evangelische Landeskirche in Württemberg; Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers.
Weiterhin danken wir Jan Raithel und Florian Voss für ihre wertvolle Mitarbeit bei der Erstellung dieser deutschen Ausgabe sowie der Übersetzerin Monika Müller für ihre Arbeit. Schließlich danken wir Jonathan Müller, der an der Registererstellung mitgewirkt hat, sowie unseren studentischen Hilfskräften Ira Dibra, Nora Hempel, Kerstin Kirsch (Saarbrücken), Lisa-Marie Gerle und Christoph Lehmann (Tübingen).
Bei aller Freude, dass wir dieses Werk nun vorlegen können, wurde uns auch bewusst, was „Dolmetschen für Kunst und Arbeit sei“ (Martin Luther), und wir möchten gern auf uns beziehen, was der Enkel von Jesus Sirach schreibt, der die hebräische Schrift seines Großvaters ins Griechische übersetzt hat:
„Darum bitte ich euch, dies Buch freundlich aufzunehmen und aufmerksam zu lesen und dort Nachsicht zu üben, wo es scheint, dass wir einige der Worte nicht recht getroffen haben, obwohl wir uns bemühten, gut zu übersetzen. Denn was in hebräischer Sprache geschrieben ist, wirkt nicht ebenso, wenn man es in einer anderen Sprache wiedergibt.“ (Sirach, Prolog, 15-22)
Saarbrücken – Tübingen – Neuendettelsau
Wolfgang Kraus – Michael Tilly – Axel Töllner
8. Mai 2021
„… für meine Brüder, die meine Stammverwandten sind nach dem Fleisch. Sie sind Israeliten, denen die Kindschaft gehört und die Herrlichkeit und die Bundesschlüsse und das Gesetz und der Gottesdienst und die Verheißungen, denen auch die Väter gehören und aus denen Christus herkommt nach dem Fleisch. Gott, der da ist über allem, sei gelobt in Ewigkeit … denn Gottes Gaben und Berufung können ihn nicht gereuen.“
Saulus (Paulus) von Tarsus, Brief an die Gemeinde in Rom (9,3-5; 11,29)
Vor fast zwei Jahrtausenden entstanden die frühesten Texte, die dann später Teil des Neuen Testaments wurden. Diese Zeitspanne war geprägt von einer größtenteils schmerzlichen Beziehung zwischen Juden und Christen. Auch wenn sich die jüdische Wahrnehmung von Christen und die christliche Wahrnehmung von Juden in den letzten Jahrzehnten merklich gebessert haben, missverstehen beide immer noch viele Texte und Traditionen der jeweils anderen. Die Veröffentlichung dieses Buchs zeugt von dieser wesentlichen Verbesserung. Unser Ideal wäre erreicht, wenn das Werk dazu dienen kann, unser Wissen sowohl über unsere gemeinsame Geschichte als auch über die Gründe unserer Trennung zu vertiefen.
Das Wort „Jewish“ im Titel The Jewish Annotated New Testament erfüllt mehrere Funktionen: Erstens verweisen die Erläuterungen und Essays in diesem Band auf Aspekte des Judentums im ersten und zweiten Jahrhundert, die das Verständnis des Neuen Testaments vertiefen: Bräuche, Literatur sowie die Art und Weise der Auslegung biblischer Texte. Wir halten es für wichtig, dass sowohl Juden als auch Nichtjuden begreifen, wie sehr bedeutende Teile des Neuen Testaments in vielerlei Hinsicht den jüdischen Bräuchen und Überzeugungen ähneln, die in den Schriftrollen vom Toten Meer, den Werken von Philo und Josephus, der pseudepigraphischen und deuterokanonischen Literatur, den Targumim (Übersetzungen der Bibel ins Aramäische) sowie – etwas später – der rabbinischen Literatur zu finden sind, und dass viele Stellen des Neuen Testaments auf jüdische Ursprünge zurückgehen. Jesus war Jude, ebenso Paulus; die uns als Matthäus und Johannes bekannten Autoren waren wahrscheinlich Juden, ebenfalls die Autoren des Jakobusbriefs und der Offenbarung. Als sie ihre Schriften verfassten, hatten sich die Wege des Judentums und des Christentums noch nicht getrennt. Weitere Autoren wie etwa der des Lukasevangeliums und der Apostelgeschichte waren, obwohl wahrscheinlich nicht selber Juden, zutiefst beeinflusst vom jüdischen Denken des ersten und zweiten Jahrhunderts wie auch von der jüdischen Übersetzung des Tanach ins Griechische, der Septuaginta. Kenntnisse der vielfältigen jüdischen Gemeinschaften, die überall im Römischen Reich lebten, – ihrer Sitten und Bräuche, ihrer religiösen Praktiken – sind unerlässlich für das Verständnis der neutestamentlichen Schriften, ebenso wie eine grundsätzliche Vertrautheit mit der altrömischen Welt. Die Vertrautheit mit dem Neuen Testament hilft uns Jüdinnen und Juden wiederum, etwas von unserer eigenen Geschichte wiederzuerlangen.
Zweitens: Wir heben Verbindungen zwischen dem Neuen Testament und der späteren jüdischen (insbesondere rabbinischen) Literatur hervor, damit der Leser nachverfolgen kann, wie sich – sowohl ähnliche als auch abweichende – Ideen und Konzepte im Lauf der Zeit entwickelt haben. In der rabbinischen Literatur zum Beispiel wird der gesamte Psalter meistens David zugeschrieben, obwohl weniger als die Hälfte der Psalmen eine davidische Überschrift trägt und etliche ausdrücklich anderen Autoren, etwa Korach, zugeschrieben werden. Wie und wann kam es dazu, dass die Rabbiner alle Psalmen als davidisch (bBB 14b) ansahen? Apg 4,25 leitet ein Zitat aus Psalm 2 – einem Psalm ohne ausdrücklich davidische Überschrift – mit den Worten ein: „du hast durch den Mund unseres Vaters David, deines Knechtes, durch den Heiligen Geist gesagt“. Dieser Vers liefert einen wichtigen Beweis dafür, dass die Vorstellung einer davidischen Autorenschaft der Psalmen bereits im ersten oder im frühen zweiten Jahrhundert u.Z. existierte und keine rabbinische Neuerung war. Die asketischen Tendenzen und das Interesse an der Auferstehung, an Himmel und Hölle sowie die Schilderungen gefallener Engel und des satanisch Bösen in einigen neutestamentlichen Texten lassen die Leserinnen und Leser wiederum erkennen, dass solche Vorstellungen auch im frühen Judentum existierten.
Drittens: Dieses Werk spricht Probleme an, die möglicherweise insbesondere jüdische Leserinnen und Leser des Neuen Testaments beschäftigen. Das gilt vor allem für Textstellen, die dazu dienten, Antijudaismus und antijüdische Stereotype aufrechtzuerhalten, welche nichtjüdische Leserinnen und Leser manchmal in die Texte hineinlesen. Zusätzlich zur Betonung des jüdischen Hintergrunds – oder besser: des jüdischen Kontexts – des Neuen Testaments richten wir ein besonderes Augenmerk auf solche Stellen, die über Juden oder über jüdische Gruppen wie etwa die Pharisäer oder „die Juden“ im Johannesevangelium in negativen Stereotypen sprechen. Allzu lange wurden die Juden bezichtigt, „Christusmörder“ zu sein (s. 1Thess 2,14b-16), mit Judas identifiziert oder als die korrupten Nachkommen der „Geldwechsler“ im Tempel angesehen (Mt 21,12; Mk 11,15; Joh 2,14-15, vgl. Lk 16,14). Die Autorinnen und Autoren dieses Werks wollen keine Apologetik betreiben, indem sie behaupten, diese Aussagen seien harmlos. Vielmehr verorten sie diese in einen bestimmten Kontext und zeigen auf, dass sie zur polemischen Sprache der Debattenkultur des ersten Jahrhunderts gehören, oder merken an, dass die Aussagen durch die spätere christliche Tradition möglicherweise nicht immer richtig verstanden wurden. Ein besonders gutes Beispiel hierfür ist in den Erläuterungen zu Matthäus 27,25 zu lesen: „Da antwortete alles Volk und sprach: Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ (ein Vers, der nur im Matthäusevangelium vorkommt). Die Erläuterung führt an, dass sich dieser Vers möglicherweise auf die Zerstörung des Zweiten Tempels im Jahre 70 n.Chr. bezieht und dass die „Kinder“ speziell die Generation nach Jesus sein könnte, die diese Zerstörung noch erlebte, und nicht alle künftigen Juden. In ähnlicher Weise legen die Erläuterungen zur Offenbarung nahe, die Polemik gegen die „Versammlung des Satans, die sagen, sie seien Juden, und sind‘s nicht“ (Offb 3,9), richte sich keineswegs gegen die Juden, sondern gegen nichtjüdische Anhänger Jesu, die jüdische Praktiken förderten. Diese Erläuterungen können den Schaden zwar nicht wiedergutmachen, den solche Verse zwei Jahrtausende lang angerichtet haben; sie können aber uns allen zur Einsicht verhelfen, dass bestimmte böswillige Interpretationen des Neuen Testaments nicht, wie bisher angenommen, auf den Texten selbst fußen. Und in jedem Fall sollen die Erläuterungen und Essays christlichen Lehrern und Predigern dabei helfen, die „gute Nachricht“ (die eigentliche Bedeutung des griechischen euangelion, „Evangelium“) von Jesus in ihrer Verkündigung nicht durch antijüdische Stereotype zu beflecken.
Bisweilen müssen Leserinnen und Leser mit diesen Texten des Neuen Testaments ringen (und dasselbe gilt nach unserer Überzeugung auch für die gemeinsamen Schriften – den Tanach der Synagoge und das Alte Testament der Kirche), da sie oft Vorstellungen ausdrücken, die uns mindestens unbequem sind. Beim Studium solcher Texte geht es nicht darum, sie zu rechtfertigen, sondern sie in ihrem historischen Kontext zu verstehen und anzuerkennen, dass ihre Erben sie unterschiedlich interpretieren. Einige Texte des Neuen Testaments scheinen zum Beispiel eine Enterbungstheologie oder auch Substitutionstheologie zu vertreten. Diese behauptet in ihrer schärfsten Ausprägung, dass die Juden, indem sie Jesus erst abwiesen und dann töteten, ihren Status als Gottes Bundesvolk verloren hätten und die Verheißungen an Abraham nunmehr ausschließlich den Anhängern Jesu gälten. Nach dieser Sichtweise wurden die Juden und das Judentum also durch die Christen und das Christentum abgelöst bzw. ersetzt. Am offensichtlichsten tritt diese Theologie in Hebr 8,13 zutage: „Indem er sagt: ‚einen neuen Bund’ [Jer 31,31-34], hat er den ersten zu einem alten gemacht. Was aber alt wird und betagt ist, das ist dem Ende nahe.“ Genaueres Hinsehen führt zu tieferer Erkenntnis und folglich zu einem tieferen Verständnis dafür, wie sich solche unterschiedlichen Überzeugungen bzw. Traditionen entwickeln konnten.
Und tatsächlich hat das Studium des Neuen Testaments viele Juden – auch die Herausgeber dieses Buchs – zu besseren, umfassender informierten Juden gemacht. Die Vertrautheit mit dem Neuen Testament hilft dabei zu erkennen, welche verschiedenen Optionen für Juden im ersten Jahrhundert möglich waren (Jesus oder Johannes dem Täufer zu folgen; sich der Gemeinde am Toten Meer anzuschließen oder sich die pharisäische Lehre anzueignen; sich auf Seiten Roms oder der Aufständischen zu schlagen usw.). So hilft es auch dabei, besser zu verstehen, weshalb die meisten Menschen im jüdischen Volk Jesus bzw. der sich in seinem Namen entwickelnden Bewegung nicht folgten. Bisweilen stellen wir fest, dass viele der neutestamentlichen Texte fundamentale jüdische Werte auf vorzügliche Weise wiedergeben: die Liebe zu Gott und zu seinem Nächsten (Lk 10,25-28, Dtn 6,5 zitierend; Lev 19,18; Jos 22,5; zur Liebe zu Gott s. ARN 48 [67a]; zum Primat von Lev 19,18 s. R. Aqiva in jNed 9,4/41c, der anmerkt, dies sei „ein Hauptprinzip der Tora“); Zedaqa (die in Wohltätigkeit ausgedrückte Rechtschaffenheit; Mk 10,21; Mt 25,34–40; s. Jer 22,3; Spr 21,3; zu ihrem Primat in rabbinischen Texten s. bBB 9a; bSukk 49b); die Sehnsucht nach dem Königreich bzw. der Herrschaft Gottes (Mt 16,24–26) und der Verbesserung der Welt (Offb 21,1–4); vgl. das Alenu-Gebet: „die Welt durch die Herrschaft des Allmächtigen zu verbessern“. Es ist Nichtchristen durchaus möglich, einen Großteil der (sehr jüdischen) Botschaft des Neuen Testaments wertzuschätzen, ohne dabei den Boten zu verehren.
Viele Jüdinnen und Juden sind mit dem Neuen Testament nicht vertraut oder fürchten sich sogar, es zu lesen. Sein Inhalt und seine Erzählformen sind ihnen fremd, und sie brauchen erläuternde Notizen. Andere wiederum halten die neutestamentlichen Schriften für irrelevant für ihr Leben oder argwöhnen, jegliches kommentierte Neue Testament ziele auf Überredung oder gar Bekehrung. Dieser Band, zumal von jüdischen Gelehrten herausgegeben und geschrieben, soll diesen Verdacht nicht erwecken. Es ist nicht unsere Absicht, jemanden zur Konversion zu bewegen – weder Juden zum Christentum noch Christen von ihren eigenen Kirchen fort. Vielmehr will dieses Buch allen Leserinnen und Lesern dabei helfen, die Bedeutung der neutestamentlichen Schriften innerhalb ihres je eigenen sozialen, historischen und religiösen Kontexts zu verstehen; einige der Essays beschreiben den Einfluss, den das Neue Testament auf jüdisch-christliche Beziehungen geübt hat. Ferner sind wir überzeugt, dass Juden die christliche Bibel – das, was aus christlicher Perspektive Altes und Neues Testament genannt wird – verstehen sollten, denn in dieser Form ist sie für die meisten englischsprachigen Menschen die Heilige Schrift: Es ist für Juden schwierig, ihre Mitmenschen zu verstehen oder die breite Gesellschaft, zu der jüdische Staatsbürger auch gehören, ohne mit dem Neuen Testament vertraut zu sein. Genauso, wie wir uns als Juden wünschen, dass unsere Mitmenschen unsere Texte, Überzeugungen und Praktiken verstehen, so sollten wir mit den Grundlagen des Christentums ebenfalls vertraut sein.
Es gibt weitere Gründe für eine jüdische Vertrautheit mit diesen Texten. Das Neue Testament ist eine wichtige Quelle für die Literatur, Kunst und Musik in der westlichen Kultur. Um die Meisterwerke Bachs umfassend zu würdigen, ist es sinnvoll, die Texte zu kennen, die ihnen zugrunde liegen. Die Vertrautheit mit den Schilderungen der frühen Kindheit Jesu im Matthäus- und Lukasevangelium hilft dabei, die großartigen Porträts der Madonna mit Kind zu schätzen; Kenntnisse des Neuen Testaments liefern den notwendigen Hintergrund, um zu verstehen, wie die Kulturen Jesus und Judas, Maria Magdalena und Petrus über die Jahrhunderte dargestellt haben. Das Neue Testament ist nicht nur ein religiös bedeutsames Buch, es ist ebenfalls ein Buch kultureller Bedeutung.
Das Wort Jewish im Titel erfüllt noch eine letzte, wichtige Funktion: Es spiegelt die Empfindungen der Mitwirkenden wider. Nicht nur jüdische Gelehrte verfügen über die Kompetenz zum Verfassen dieser Erläuterungen, die vielerlei Kenntnisse zu den Themen Hebräisch, Tanach, Zweiter Tempel und rabbinische Texte voraussetzen. Es ist überall ersichtlich, wie viel die Mitwirkenden der Gelehrsamkeit von Forscherinnen und Forschern jeglichen religiösen Hintergrunds verdanken. Dank der zunehmenden Anzahl jüdischer Gelehrter mit Sachkenntnis auf diesem Gebiet war es zugleich möglich, eine ausreichende Zahl an Mitwirkenden ausfindig zu machen, was die Offenheit gegenüber dem Studium religiöser Texte belegt und auch die wachsende Kooperation zwischen jüdischer und christlicher Forschung hervorhebt, wenn es darum geht, sowohl die Unterschiede als auch die Gemeinsamkeiten zwischen dem frühen Christentum und dem Judentum jener Ära zu verstehen.
Als professionelle Geisteswissenschaftler bringen die Autorinnen und Autoren der Erläuterungen und Essays dem Text die gebührende Achtung entgegen, die alle religiösen Texte verdienen. Ein genaues Verständnis des Griechischen, in dem das Neue Testament verfasst wurde, sowie fundierte Kenntnisse der griechischen wie römischen literarischen Konventionen, die es beeinflusst haben, sind für ein richtiges Verständnis des Neuen Testaments unerlässlich – genauso wie Kenntnisse nahöstlicher Kultur und der Sprachen des Altertums notwendig sind, um die gemeinsamen Schriften der Juden und der Christen zu verstehen. Die Erläuterungen legen nicht nur besonderen Wert auf das, was aus einer jüdischen Perspektive von besonderem Interesse sein könnte, sondern sie liefern auch Informationen zu geschichtlichen Hintergründen, sprachlichen Details und zeigen Bezüge zu früheren biblischen Texten, wie sie jede kommentierte Bibel bietet. Die Erläuterungen wollen und können auch nicht ein letztes Urteil über die Bedeutung der Texte sprechen, weder im Altertum noch heute: Neue Entdeckungen und neue Theorien werden unser Wissen ständig erweitern. Außerdem sind die, die an diesem Band mitgearbeitet haben, in einigen Fällen untereinander uneins, und in weiteren Fällen waren Herausgeberin und Herausgeber anderer Meinung als die Mitarbeitenden. Dies liegt in der Natur biblischer Studien. Wir sind der Meinung, dass die in diesem Werk enthaltenen Diskussionen der Kategorie von Debatten entsprechen, die im Namen des Dienstes an Gott geführt werden, wie mAv 5,17 schreibt:
„Jeder Streit, der im Namen des Himmels [geführt wird], hat endlich dauernden Erfolg; aber [jeder Streit,] der nicht im Namen des Himmels [geführt wird], hat endlich keinen dauernden Erfolg. Was ist ein Streit, der im Namen des Himmels [geführt wurde]? Das ist der Streit zwischen Hillel und Schammaj; und [was ist ein Streit,] der nicht im Namen des Himmels [geführt wurde]? Das ist der Streit des Korach und seiner ganzen Rotte.“
Solche Studien können auch zu einem noch viel größeren Ergebnis führen. Der verstorbene Krister Stendahl, lutherischer Neutestamentler, emeritierter Bischof von Stockholm und ehemaliger Professor und Dekan der Harvard Divinity School, prägte den Ausdruck „heiliger Neid“, um auszudrücken, dass eine andere religiöse Tradition als die eigene schöne und bedeutsame Vorstellungen hervorrufen könnte. Keine Religion enthält die allumfassende, vollkommen ausgedrückte Weisheit, und Vieles im Neuen Testament finden wir sowohl schön als auch bedeutsam. So ist Paulus‘ Beschreibung der Liebe in 1Kor 13,4–7 etwa außerordentlich faszinierend: „Die Liebe ist langmütig und freundlich, … sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, … sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit, sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.“
Genauso wie wir durch die gemeinsame Arbeit an diesem wegweisenden Projekt – das erste Mal, dass jüdische Gelehrte Erläuterungen und Essays zum gesamten Neuen Testament verfasst haben – viel gelernt haben, so hoffen und erwarten wir gleichermaßen, dass alle, die diese Erläuterungen und Essays lesen, ein tieferes Verständnis für dieses zentrale religiöse Werk gewinnen. Wir hoffen, dass nichtjüdische Leserinnen und Leser anerkennen können, dass wesentliche Teile des Neuen Testaments dem Herzen des Judentums entstammen. Wir hoffen ebenso, sie in die Lage zu versetzen, diese Texte zu verstehen, ohne falsche Vorstellungen über die Zeugnisse Jesu und seiner frühesten Anhänger in sie hineinzuinterpretieren. Und wir hoffen schließlich, dass jüdische Leserinnen und Leser durch dieses Werk offener für das Neue Testament werden (viele von ihnen sind mit seinem Inhalt nicht vertraut), dass diese neuen Leserinnen und Leser vertrauter mit den Traditionen ihrer Mitmenschen werden und dass das Lesen sogar „heiligen Neid“ in ihnen erwecken möge.
Amy-Jill Levine
Marc Zvi Brettler
28. Siwan 5771 / 30. Juni 2011
Wir freuen uns, diese vollständig überarbeitete und erheblich erweiterte zweite Auflage des Jewish Annotated New Testament vorlegen zu können. Die 2011 veröffentlichte erste Auflage wurde von zahlreichen christlichen Gruppen und einzelnen Christinnen und Christen aus dem gesamten kirchlichen Spektrum – Katholiken und Orthodoxen, landeskirchlichen Protestanten und konservativen Evangelikalen – als dringend benötigt und wegweisend gefeiert. Jüdinnen und Juden, sowohl orthodox als auch säkular, würdigten das Werk ebenfalls als sehr wertvoll. Mit dem Jewish Annotated New Testament verfasste zum ersten Mal eine Gruppe von jüdischen Gelehrten einen vollständigen Kommentar zum Neuen Testament. Das Werk erreichte ein breites jüdisches wie christliches Publikum und trug dazu bei, sowohl die jüdische Vertrautheit mit dem Neuen Testament als auch das christliche Bewusstsein für den jüdischen Kontext des Neuen Testaments zu fördern. Es findet bei Akademien, an Universitäten und theologischen Seminaren sowohl bei jüdischen und christlichen als auch gemeinschaftlichen jüdisch-christlichen Studiengruppen breite Verwendung. Viele christliche Geistliche und Religionspädagogen aus verschiedenen Konfessionen und Einrichtungen haben uns mitgeteilt, dass sie die Erkenntnisse aus diesem Buch in ihre Predigten und Andachten einfließen ließen. Dieser Band hat bewirkt, so wurde uns vielfach gesagt, dass Predigten korrigiert und antijüdische Lehren vermieden wurden und dass Christen in den Kirchen, Schulen und Bibelgruppen mehr über Jesus und seine Anhänger gelernt haben. Jüdische Leserinnen und Leser haben uns gesagt, dieses Werk habe sie ermutigt, zum ersten Mal das Neue Testament zu lesen, über die komplexe Beziehung zwischen Judentum und Christentum nachzudenken und zu einem besseren Verständnis sowohl ihrer christlichen Brüder und Schwestern als auch ihrer eigenen jüdischen Geschichte zu gelangen. Viele haben auch konstruktive Kritik geäußert – und uns dazu motiviert, diese überarbeitete und erweiterte zweite Auflage herauszugeben. Wir haben alle Erläuterungen zu den biblischen Büchern ergänzt; dort, wo die erste Auflage oft jüdische Quellenangaben aufführte, kommen in der zweiten Auflage weitere Zitate aus jüdischen Primärquellen hinzu (z.B. Philo, Josephus, die Schriftrollen vom Toten Meer, pseudepigraphische Schriften, rabbinische Literatur, Targumim). Wir haben auch allgemeine Einführungen zu jedem kanonischen Bereich des Neuen Testaments hinzugefügt, um Orientierungshilfen zu den Gattungen der Evangelien, der Apostelgeschichte, der Briefe und der Offenbarung zu geben, sodass diese zweite Auflage auch als Einführung ins Neue Testament dienen kann.
Die größte Änderung betrifft die Essays. Alle dreißig Essays der ersten Auflage wurden überarbeitet und oft beträchtlich erweitert. (Geza Vermes, Autor von „Jewish Miracle Workers in the Late Second Temple Period“, verstarb 2013; sein Essay wurde von Gideon Bohak überarbeitet.) Auf Bitten seitens der Leserschaft hat sich die Anzahl der Essays auf vierundfünfzig beinahe verdoppelt, da wir viele neue Beiträge beauftragt hatten, zum Beispiel Mary in Jewish Tradition (Maria in der jüdischen Tradition), Scripture Fulfillment (Schriftverheißung und Erfüllung) oder The New Testament and Jewish-Christian Relations (Das Neue Testament und die jüdisch-christlichen Beziehungen).
Wie in der ersten Auflage sind alle, die an diesem Werk mitgearbeitet haben, Jüdinnen und Juden und repräsentieren ein breites religiöses Spektrum. Sie sind in Nord- und Südamerika, Europa, Australien oder Israel aufgewachsen und lehren dort. Einige Leser werden es vielleicht einfacher finden, anhand dieser Essays in die Welt des Neuen Testaments einzutauchen, während andere lieber mit den Texten des Neuen Testaments selbst beginnen wollen. Wie die erste Auflage so ist auch diese zweite Auflage von The Jewish Annotated New Testament Ergebnis einer weitreichenden Zusammenarbeit auf vielen Ebenen. Beide, Herausgeberin und Herausgeber, haben jedes Wort in jeder Erläuterung und jedem Essay überprüft und mit den Autorinnen und Autoren über viele Monate einen intensiven Schriftwechsel geführt. Wir arbeiteten auch eng zusammen mit Donald Kraus, dem Herausgeber der Bibelausgaben von Oxford University Press, und mit Steve Wiggins, Herausgeber der Sparte Bibles and Biblical Studies von Oxford University Press. Die Sorgfalt, die Don und Steve diesem Projekt widmeten, ist auf jeder Seite offensichtlich. Wir bedanken uns auch bei Claudia Dukeshire, Production Editor; Lisa Grzan, Production Manager; Theresa Stockton, Team Leader; und Erina Zadra, Manufacturing Controller, allesamt Mitarbeiterinnen von Oxford University Press, welche die umfangreiche Detailarbeit auf sich nahmen, die mit jeder Veröffentlichung dieser Art verbunden ist. Die Peachtree Editorial Services bereiteten das Manuskript für die Produktion vor und lasen alle Seiten mit ihrer gewohnten Sorgfalt und Aufmerksamkeit Korrektur. 2Krogh Typesetters aus Dänemark erstellten das Design und setzten das Buch ins Layout. Allen drücken wir an dieser Stelle unsere Dankbarkeit aus.
Die Bibelausgaben von Oxford University Press tragen traditionsgemäß keine Widmungsseiten. Dennoch wollen wir uns bei unseren Familien bedanken, die zwei Auflagen dieses Projekts durchlebt und dabei oft mehr über das Neue Testament und seinen jüdischen Hintergrund gelernt haben, als sie erwarteten oder auch wollten: Jay, Sarah Elizabeth und Alexander David Geller; Tova Hartman, Talya und Ezra Brettler. Wegen Eurer Unterstützung, Eurer Liebe und Eures Verständnisses können wir solche Projekte realisieren.
Es ist unser Wunsch, dass diese zweite Auflage dieselbe Wirkung wie die erste haben möge: dass alle Leserinnen und Leser zu einem besseren Verständnis des Neuen Testaments gelangen und die Mitglieder verschiedener religiöser Gemeinschaften zu einer tieferen Einsicht in unsere Gemeinsamkeiten wie unsere Unterschiede – und dass wir erkennen, wie wir trotz unserer Unterschiede besser zusammenleben können. Wir sind davon überzeugt, dass ein besseres Verständnis der heiligen Schriften einer jeden Religion in dieser globalen Gesellschaft unerlässlich ist, und wir glauben, dass dieses Buch einen kleinen Beitrag dazu leisten kann, die Art von Verständnis und Kooperation zu fördern, die so dringend notwendig ist, während wir versuchen, uns im einundzwanzigsten Jahrhundert zurechtzufinden.
Amy-Jill Levine
Marc Zvi Brettler
24. Tischri 5777 / 26. Oktober 2016
Der hier abgedruckte Bibeltext stellt die zum Reformationsjubiläum 2017 überarbeitete (revidierte) Fassung der Bibelübersetzung Martin Luthers dar. Nach den großen kirchenamtlichen Revisionen des letzten Jahrhunderts (1912 und 1984) wurde der Text der Lutherbibel in den Jahren 2010 bis 2015 einer erneuten Überprüfung unterzogen. Dies geschah durch einen Kreis von Fachleuten, die die Evangelische Kirche in Deutschland berief, und in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bibelgesellschaft. Im Unterschied zur letzten Revision, die für die verschiedenen Bibelteile stufenweise abgeschlossen wurde (Altes Testament 1964, Apokryphen 1970, Neues Testament 1984), wurden bei der aktuellen Revision alle Kanonteile im Zusammenhang bearbeitet.
Grundanliegen der Revision 2017 war es, die Übersetzung Martin Luthers anhand der hebräischen und griechischen Ausgangstexte auf exegetische und sachliche Richtigkeit zu überprüfen. Auf sprachliche Modernisierungen wurde weitestgehend verzichtet. Nur dort, wo Worte oder Ausdrücke nicht mehr oder falsch verstanden werden können, kam es zu einer sprachlichen Anpassung. So wurde zum Beispiel der nicht mehr verständliche Begriff „Wehmutter“ durch das heute gebräuchliche Synonym „Hebamme“ ersetzt (Genesis 35,17). An etlichen anderen Stellen kehrte man dagegen sogar zum Wortlaut der Übersetzung Martin Luthers zurück. In Römer 10,10 heißt es jetzt wieder wie bei Luther selbst: „Wer mit dem Herzen glaubt, wird gerecht; und wer mit dem Munde bekennt, wird selig.“ Die vorhergehende Revision hatte – sachlich durchaus richtig – hier den Begriff „gerettet“ eingesetzt, damit aber einen zentralen theologischen Begriff preisgegeben, der einen festen Bestandteil der evangelisch-lutherischen Tradition darstellt.
Die Schreibung der Personen- und Ortsnamen folgt in der Lutherbibel seit 1984 weitgehend den „Loccumer Richtlinien zur einheitlichen Schreibung biblischer Eigennamen“, die im Interesse einer ökumenischen Vereinheitlichung der Namensformen von einer evangelisch-katholischen Kommission erarbeitet worden sind. Lediglich bei Namen, die in der evangelischen Tradition einen besonderen Stellenwert haben, wurde von dieser ökumenischen Regelung abgewichen und die lange vertraute Lutherschreibweise beibehalten.
Bei Versangaben verweist ein nachgestelltes „a“ bzw. „b“ jeweils auf die erste bzw. zweite Vershälfte (z.B. Gen 2,4b).
Die im Deutschen Titel als „Traktat“ gekennzeichneten Titel entstammen der Ordnung der Mischna, die später die Talmudim bzw. die Tosefta strukturiert. So verweist „San“ je nach vorangestelltem Kürzel auf den Traktat Sanhedrin in der Mischna (mSan), im Jerusalemer Talmud (jSan), im Babylonischen Talmud (bSan) oder in der Tosefta (tSan).
NT - jüdisch erklärt Originaltitel/Alternative Bezeichnung Deutscher Titel/Beschreibung§ Abschnitt//Parallelstelle1Clem Erster Clemensbrief1 Esdr 1. Esdras in der LXX2Esdr 2. Esdras in der LXX (entspricht Esra-Nehemia)4Esr Viertes Buch Esra5 Esr Fünftes Buch Esra6 Esr Sechstes Buch Esra1-4 Kgt 1. bis 4. Buch der Königtümer in der LXX (entspricht 1/2 Sam und 1/2 Kön)3 Makk Drittes Buch der Makkabäer4 Makk Viertes Buch der MakkabäerActPaul Acta Pauli PaulusaktenActPetr Acta Petri / Praxeis Petrou PetrusaktenActPil Acta Pilati PilatusaktenALD Aramäisches Levi-DokumentAnm. zu Verweis auf einen anderen KommentarApkAbr Abraham-ApokalypseApkEl Elia-ApokalypseApkMos Moses-ApokalypseApkPetr Petrus-ApokalypseApkSedr Sedrach-ApokalypseApkZef Zefania-ApokalypseAr ‘Arachin Traktat ‘Arachin („Schätzungen“)Ar.thes. ThesmophoriazousaiAristophanes, Frauen am Thesmophoriafestaram. aramäischArat.phaen. Phaenomena Aratos von Soloi, HimmelserscheinungenArist AristeasbriefArist.e.N. Ethica Nicomachea Aristoteles, Nikomachische EthikArist.gen.an. De generatione animalium Aristoteles, Über die Entstehung der TiereArist.pol. Politica Aristoteles, Politische DingeAristob. Aristobulos AristobulARN A/B Avot de Rabbi Natan Kommentar des Mischnatraktats „Avot“ durch R. Natan (Fassung A/B)AS ‘Avoda Sara Traktat ‘Avoda Sara („Götzendienst“)AscJes Ascensio Isaiae Himmelfahrt des JesajaAth.inc. De incarnatione Verbi Athanasius, Über die Menschwerdung des LogosäthHen Äthiopischer (Erster) HenochAug.doctr.chr. De doctrina Christiana Augustinus, Über die christliche Wissensaneignung und LehreAug.op.mon. De opere monachorum Augustinus, Über die Arbeit der MöncheAv ’Avot Traktat [Pirqe] Avot („[Sprüche der] Väter“)b Talmud Bavli Babylonischer TalmudBarn BarnabasbriefBB Bava Batra Traktat Bava Batra („Hintere Pforte“)Bech Bechorot Traktat Bechorot („Erstgeburten“)BemR Bemidbar (Numeri) Rabba Midrasch zum Buch NumeriBer Berachot Traktat Berachot („Segenssprüche“)BerR Bereschit (Genesis) Rabba Midrasch zum Buch GenesisBez Beza/Jom Tov Traktat Beza/Jom Tov („Ei/Festtag“)BGU Berliner Griechische UrkundenBik Bikkurim Traktat Bikkurim („Erstlinge“)BM Bava Mezi‘a Traktat Bava Mezi‘a („Mittlere Pforte“)BQ Bava Qamma Traktat Bava Qamma („Vordere Pforte“)Calvin, Inst. Institutio Christianae Religionis Calvin, Unterweisung in der christlichen ReligionCatull.carm. Carmina Catull, Lieder/GedichteCD Damaskusschrift (aus der Kairoer Geniza / Cairo Document)Chag Chagiga Traktat Chagiga („Festfeier“)Chal Challa Traktat Challa („Teigabgabe“)Chrys.hom.2Thess Homiliae in epistulam ii ad ThessalonicensesJohannes Chrysostomos, Predigten über den zweiten ThessalonicherbriefChrys.hom.Mt Homiliae in Matthaeum Johannes Chrysostomos, Predigten über das MatthäusevangeliumChul Chullin Traktat Chullin („Profanes“)Cic.cael. Pro Caelio Cicero, [Verteidigungsrede] für Marcus Caelius RufusCic.Cat. In Catilinam Cicero, [Anklage] gegen CatilinaCic.clu. Pro A. Cluentio Habito Cicero, [Verteidigungsrede] für Aulus Cluentius HabitusCic.Flac. Pro L. Valerio Flacco Cicero, [Verteidigungsrede] für Lucius Valerius FlaccusCic.n.d. De natura deorum Cicero, Vom Wesen der GötterCic.off. De officiis Cicero, Über die PflichtenCic.or. De oratore Cicero, Über den RednerCic.phil. Orationes Philippicae Cicero, Philippische RedenCic.somn. Somnium Scipionis Cicero, Scipios TraumCic.ver. In Verrem Cicero, [Anklage] gegen Gaius VerresCIJ Corpus Inscriptionum JudaicarumCIL Corpus Inscriptionum LatinarumClaud.epithal. Epithalamium de nuptiis Honorii Augusti Claudianus, Brautlied zur Hochzeit des Kaisers HonoriusClaud.fescennina Fescennina dicta Honorio Augusto et Mariae Claudianus, Fescenninische Verse für Augustus und MariaClem.paid. Paidagogos Clemens von Alexandria, „Erzieher“Clem.strom. Stromateis Clemens von Alexandria, „Teppiche“D.L. Vitae philosophorum Diogenes Laertios, Leben der PhilosophenDem Demai Traktat Demai („Zweifelhaftes“)DER Derech Eretz Rabba „Weg der Welt“ (Midrasch)DevR Devarim (Deuteronomium) Rabba Midrasch zum Buch DeuteronomiumDid. Didache [ton dodeka apostolon] ZwölfapostellehreDio.Chrys.or. Orationes Dio Chrysostomos, RedenDiod. Bibliotheca historica Diodorus von Sizilien, Historische BibliothekDion.Hal.ant.Rom. Antiquitates Romanae Dionysius von Halikarnassos, Römische AltertümerEchaR ’Echa (Klagelieder) Rabbati Midrasch zum Buch KlageliederEd ‘Edujot Traktat ‘Edujot („Zeugnisse“)Epict.fr. Fragmenta Epiktetus, FragmenteEpiph.haer. Liber de haeresibus (Panárion) Epiphanios von Salamis, Gegen die Häresien („Medizinkasten“)EpJer Epistula Ieremiae Brief des Jeremia / Baruch Kap. 6Er ‘Eruvin Traktat ‘Eruvin („Vermischungen“)Eurip.Bacch. Bacchae Euripides, BakchenEurip.Hel. Helena Euripides, HelenaEurip.Iph.Taur. Iphigenia at Tauris Euripides, Iphigenie bei den TaurernEus.h.e. Historia ecclesiastica Eusebius, KirchengeschichteEvNik NikodemusevangeliumEvPetr PetrusevangeliumEvThom ThomasevangeliumGai.inst. Institutiones Gajus, RechtssätzeGeb.Man Oratio Manasse Das Gebet ManassesGit Gittin Traktat Gittin („Scheidebriefe“)GLAJJ Greek and Latin Authors on Jews and Judaism (Stern, Menachem [Hg.])gr. griechischgrBar Griechischer (Dritter) BaruchGreg.Naz.or. Oratio in laudem Basilii Gregor von Nazianz, Lobrede auf BasiliusHB Hebräische BibelHdt. Historiai Herodot, Historienhebr. hebräischhebrHen Hebräischer (Dritter) HenochHerm vis Hirt des Hermas, VisionenHes.theog. Theogonia Hesiod, Das Werden der GötterHist.aug., Hadr. Vita Hadriani Kaisergeschichte, Vita des HadrianusHom.Il. Homer, IliasHom.Od. Homer, OdysseeHor Horajot Traktat Horajot („Entscheidungen“)Hor.od. Horaz, OdenHor.sat. Horaz, SatirenHs, Hss Handschrift, HandschriftenIamb.myst. Iamblichus, De mysteriis Iamblichus, Über die GeheimlehrenIgnEph Ignatius von Antiochien, Brief an die Gemeinde in EphesusIgnMagn Ignatius von Antiochien, Brief an die Gemeinde in MagnesiaIgnPhld Ignatius von Antiochien, Brief an die Gemeinde in PhiladelphiaIgnPol Ignatius von Antiochien, Brief an Polykarp von SmyrnaIgnSmyrn Ignatius von Antiochien, Brief an die die Gemeinde in SmyrnaIren.haer. Adversus haereses Irenäus von Lyon, Gegen die HäresienIust.apol. Apologiae Justin der Märtyrer, ApologienIust.dial. Dialogus cum Tryphone Judaeo Justin der Märtyrer, Dialog mit dem Juden TryphonIuv.sat. Juvenal, SatirenJad Jadajim Traktat Jadajim („Hände“)Jev Jevamot Traktat Jevamot („Schwagerehen“)Jom Joma Traktat Joma („[der Versöhnungs-] Tag“)Jos.Ant. Antiquitates Judaicae Flavius Josephus, Jüdische AltertümerJos.Apion. Contra Apionem Flavius Josephus, Gegen ApionJos.Bell. De Bello Judaico Flavius Josephus, Der jüdische KriegJos.Vit. Vita Flavius Josephus, AutobiographieJosAs Joseph und AsenethJub JubiläenbuchKall.hymn. Kallimachus, HymnenKap. KapitelKel Kelim Traktat Kelim („Geräte“)Ker Keritot Traktat Keritot („Ausrottungen“)Ket Ketubbot Traktat Ketubbot („Hochzeitsverschreibungen“)Kil Kil’ajim Traktat Kil’ajim („Verschiedenartiges“)LAB Liber Antiquitatum Biblicarum Buch der biblischen Altertümer (Pseudo-Philo)lat. lateinischLiv. Ab urbe condita Titus Livius, Von der Gründung der Stadt (Rom)Luc.dea.Syr. De Dea Syria Lukian von Samosata, Von der syrischen GöttinLuc.nav. Navigium Lukian von Samosata, Das SchiffLXX Septuagintam ein vorangestelltes „m“ verweist auf einen MischnatraktatMaas Ma‘aserot Traktat Ma‘aserot („Der erste Zehnte“)Mach Machschirin Traktat Machschirin („Geeignetes [zum Unreinwerden]“)Mak Makkot Traktat Makkot („Prügelstrafe“)Mart.Epigr. Epigrammaton libri duodecim Martial, Zwölf Bücher der EpigrammeMartJes Martyrium Isaiae Martyrium JesajasMartPerp Martyrium Perpetuae Martyrium der Perpetua und der FelicitasMartPol Martyrium Policarpi Martyrium des PolykarpMechJ Mechilta deRabbi Jischma‘el Mechilta („Auslegungsregel“) des Rabbi Jischma‘el (halachischer Midrasch)MechSch Mechilta deRabbi Schim’on bar Jochai Mechilta („Auslegungsregel“) des Rabbi Schim’on bar Jochai (halachischer Midrasch)Meg Megilla Traktat Megilla („Esterrolle“)MegTaan Megillat Ta‘anit FastenrolleMeil Me‘ila Traktat Me‘ila („Veruntreuung“)Men Menachot Traktat Menachot („Speiseopfer“)Mid Middot Traktat Middot („Maße“)Miq Mikwa’ot Traktat Mikwa’ot („Tauchbäder“)MMisch Midrasch Mischle Midrasch zum SprüchebuchMQ Mo‘ed Qatan Traktat Mo‘ed Qatan („Halbfeiertage“)MSch Ma‘aser Scheni Traktat Ma‘aser Scheni („Der zweite Zehnt“)MT Masoretischer TextMTann Midrasch Tanna’im Midrasch zum Buch DeuteronomiumMTeh Midrasch Tehillim Midrasch zu den PsalmenNaz Nazir Traktat Nazir („Geweihter“)Ned Nedarim Traktat Nedarim („Gelübde“)Neg Nega‘im Traktat Nega‘im („Plagen“)Nid Nidda Traktat Nidda („Unreinheit [der Frau]“)NT Neues TestamentOdSal Oden SalomosOhal Ohalot Traktat Ohalot („Zelte“)Or.Afr. Epistula ad Africanus Origenes, Epistel an Julius AfricanusOr.Cels. Contra Celsum Origenes, Gegen CelsiusOr.comm.Mt Commentarius in Matthaeum Origenes, Kommentar zum MatthäusevangeliumOr.comm.Rom Commentarius in epistolam Pauli Origenes, Kommentar zum Römerbrief ad RomanosOr.hom.Ps. Homiliae in Psalmos Origenes, PsalmenpredigtenOr.princ. De principiis Origenes, Über die GrundlagenOrl ‘Orla Traktat ‘Orla („Vorhaut / unbeschnittene Bäume“)Ov.am. Ovid, Ars amatoria Ovid, LiebeskunstOv.met. Ovid, Metamorphoseon libri Ovid, Bücher der VerwandlungenPar Para Traktat Para („die [rote] Kuh“)Paus.descr. Graeciae descriptio Pausanias, Beschreibung GriechenlandsPea Pe’a Traktat Pe’a („Ackerecke“)Pes Pesachim Traktat Pesachim („Pesachopfer“)PesK Pesiqta deRav Kahana Pesiqta („Abschnitte“) des Rav Kahana (Homilien-Midrasch)PesR Pesiqta Rabbati Pesiqta Rabbati (Homilien-Midrasch)PGrM Papyri Graecae magicae Griechische ZauberpapyriPhilo Abr. De Abrahamo Philo von Alexandria, Über AbrahamPhilo agr. De agricultura Philo von Alexandria, Über die LandwirtschaftPhilo apol. Apologia pro Judaeis Philo von Alexandria, ApologiePhilo Cher. De Cherubim Philo von Alexandria, Über die CherubimPhilo conf. De confusione linguarum Philo von Alexandria, Über die Verwirrung der SprachenPhilo congr. De congressu quaerendae eruditionis Gratia Philo von Alexandria, Über das Zusammenleben um der Allgemeinbildung willenPhilo cont. De vita contemplativa Philo von Alexandria, Über das betrachtende LebenPhilo decal. De decalogo Philo von Alexandria, Über den DekalogPhilo det. Quod deterius potiori insidiari soleat Philo von Alexandria, Über die Nachstellungen, die das Schlechte dem Besseren bereitetPhilo ebr. De ebrietate Philo von Alexandria, Über die TrunkenheitPhilo Flacc. In Flaccum Philo von Alexandria, Gegen FlaccusPhilo gig. De gigantibus Philo von Alexandria, Über die RiesenPhilo her. Quis rerum divinarum heres sit Philo von Alexandria, Wer Erbe der göttlichen Dinge istPhilo Jos. De Josepho Philo von Alexandria, Über JosephPhilo leg.all. Legum allegoriae Philo von Alexandria, Allegorische Erklärung des Heiligen GesetzbuchesPhilo legat. Legatio ad Gaium Philo von Alexandria, Gesandtschaft an CaligulaPhilo migr. De migratione Abrahami Philo von Alexandria, Über Abrahams WanderungPhilo Mos. De vita Mosis Philo von Alexandria, Über das Leben des MosePhilo mut. De mutatione nominum Philo von Alexandria, Über die NamensänderungPhilo opif. De opificio mundi Philo von Alexandria, Über die WeltschöpfungPhilo plant. De plantatione Philo von Alexandria, Über die Pflanzung NoahsPhilo post. De posteritate Caini