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Kapitel aus dem Band 'Recherche im Netz' Recherche ist eines der wichtigsten Handwerkszeuge der journalistischen Praxis. Doch wie recherchiert man richtig? Welche Techniken muss man beherrschen – speziell bei der Recherche im Netz? Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gilt es zu beachten? Wie fundiert sind die Suchergebnisse von Google und anderen Suchmaschinen? Wie geht man mit Leaking und Fakes um? Welches Recherchepotential birgt das Soziale Netz? Wie funktionieren Crowdfounding, Crowdsourcing und Crossborder-Reporting, welche Rolle können diese Herangehensweisen in Zukunft spielen? Und: Worin besteht die Herausforderung für die demokratische Öffentlichkeit in der modernen Mediengesellschaft? Diese und weitere fragen werden in diesem Band von Medienexperten, Juristen und Journalismusforschern erörtert und beantwortet.
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Seitenzahl: 27
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Ulrike Langer
Das Publikum als Kreditgeber: Crowdfunding im Journalismus
Europa Verlag AG Zürich
ULRIKELANGER
Das Kapitel beschreibt anhand von konkreten Praxisbeispielen die Chancen, die das Crowdfunding generell für den Journalismus bereithält. Zentrale Fragen werden beantwortet: Welche Themen und Projekte haben am ehesten eine Chance, per Crowdfunding finanziert zu werden? Welche Voraussetzungen sollte ein Journalist vor dem Start eines Crowdfunding-Projekts erfüllen? Können auch Medienunternehmen von Crowdfunding profitieren? Anhand von konkreten Vorschlägen zu Ideenentwicklung, Marketing und zum Einspannen von Netzwerken wird gezeigt, wie interessierte Nutzer motiviert werden können, sich über eine Crowdfunding-Plattform an einem Projekt zu beteiligen.
Das Potenzial von Crowdfunding für fundierte journalistische Arbeit erkennen.
Prinzipien und Strategien des Crowdfunding kennenlernen.
Den »Vertrauens-Check« anwenden, Leistungen präsentieren und eigene Netzwerke einspannen können.
Im November 2009 veröffentlichte die freie Journalistin Lindsey Hoshaw (2009) einen Bericht über den wachsenden Müllteppich im Pazifik und machte damit in der Medienwelt Schlagzeilen. Allerdings weniger wegen des Themas, sondern vor allem aufgrund der ungewöhnlichen Entstehungsgeschichte dieses Beitrags. Der »pazifische Müllteppich« war der erste von Nutzern finanzierte Bericht in der Geschichte der New York Times (NYT). Die Zeitung wollte das finanzielle Risiko der aufwendigen Recherche zunächst nicht eingehen, die Journalistin sammelte deshalb die nötigen 10000 Dollar für ihren vierwöchigen Aufenthalt auf einem Forschungsschiff auf dem Pazifik über die damals noch recht unbekannte Finanzierungsplattform Spot.Us. Erst als klar war, dass die Recherche fruchtbare Ergebnisse erbracht hatte, erkaufte sich die NYT mit weiteren 10000 Dollar das Erstveröffentlichungsrecht für die Geschichte.
Der »pazifische Müllteppich« war in mehrfacher Hinsicht eine Initialzündung. Die Autorin Lindsey Hoshaw profilierte sich mit ihrem viel beachteten Bericht als kompetente Expertin für die Themen Energie und Umwelt und betreibt mittlerweile neben ihrem eigenen Blog (lindsey-hoshaw.com) zwei weitere Blogs unter der NYT-Dachmarke (Green Blog) und beim Wirtschaftsmagazin Forbes (Bright Green). Spot.Us wurde durch diese Veröffentlichung auf der Website einer renommierten Qualitätszeitung einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Mittlerweile sind über Spot.Us mehr als 250 journalistische Projekte mit einem Gesamtvolumen von über 300000 Euro aus Einzelspenden finanziert worden.
Der Fall der NYT und des pazifischen Müllteppichs steht beispielhaft dafür, dass selbst Qualitätsmedien gesellschaftlich wichtige Themen vernachlässigen, wenn sie nicht finanzierbar erscheinen. Vor allem in den USA, aber auch in anderen westlichen Industrieländern dreht sich eine unheilvolle Spirale aus sinkenden Redaktionsbudgets, weniger Redakteurinnen mit immer weniger Zeit für immer mehr Aufgaben und daraus resultierender sinkender Qualität. Die Versuchung, redaktionelle Flächen mit fertig produzierten PR-Beiträgen oder Agenturberichten zu füllen, ist in solchen unterfinanzierten Redaktionen groß. Freie Journalisten wiederum, die sich auf recherche-intensive Themen spezialisiert haben, erhalten immer weniger Aufträge.