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New Jersey, 2019 Eine Liebesgeschichte, die eigentlich gar keine ist. Skyler Johnson und Taylor Standel lernen sich in einem kleinen Café in New Jersey kennen. Doch ihre Geschichte gleicht keinem Märchen. Als Skyler mit ihrer Familie plötzlich nach Amsterdam zieht, vereinfacht sich die Situation dadurch nicht gerade. Sie denkt, das sie Taylor nie wieder sehen wird, aber als er dann überraschend in Amsterdam auftaucht, verändert das alles. Alles scheint perfekt doch kommen ihnen nicht nur einige Dinge dazwischen sondern auch das Leben. Ist Taylor am Ende die Rettung für Skyler oder ist sie die Rettung für sich selbst? Eine Geschichte über den Mut zu träumen und nie damit auf zuhören.
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Seitenzahl: 361
Veröffentlichungsjahr: 2021
DER AUTOR
Saphira Czychon wurde am 01. Oktober 2001 in Braunschweig, einer Stadt in Deutschland geboren und begann schon mit jungen Jahren zu schreiben und Geschichten lebendig werden zu lassen. 2019 veröffentlichte sie Ihren ersten Roman, mit dem Titel „Das Gegenteil von Traurigkeit“ und kann seit dem ihre Finger nicht mehr vom schreiben lassen.
Für Opa, der immer an mich geglaubt hat.
„Er war nah, aber er war nie nah genug. Er hat meine Seele nicht berührt.“
Vorwort
New Jersey, 2019
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
lovely
Ocean Eyes
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Beautiful People
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
The Night We Met
Amsterdam, fünf Monate später
Kapitel 20
Hurricane
Remind Me to Forget
Kapitel 21
Kapitel 22
Call You Mine
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
This Feeling
Kapitel 26
Kapitel 27
See the Way
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
There For You
Kapitel 31
Silence
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Amsterdam, ein halbes Jahr danach
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Someone you loved
Kapitel 49
Kapitel 50
Hollywood Hills
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Looking too closley
Kapitel 58
The Fault in Our Stars
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Auf Wiedersehen
Kapitel 62
Kapitel 63
Before You Go
Kapitel 64
Tomorrow its gonna be one year
Kapitel 65
Since yesterday
Amsterdam, 16 Jahre später
Bevor dieses Buch anfängt, möchte ich noch erwähnen, dass das hier die bearbeitete Auflage meiner bereits erschienen Bücher in den Jahren 2019 und 2020 ist und somit sich von der Grundstory nichts verändert hat sondern nur alles einmal komplett überarbeitet wurde. Wer also „Das Gegenteil von Traurigkeit“, „Das Leben und seine Nebenwirkungen“ und den finalen-Teil „Die, die mit dem Tod tanzten“ gelesen hat, kennt die Story schon. Außerdem möchte ich am Anfang dieses Buches noch loswerden, für die Leute, die die anderen Bücher nicht kennen, dass Themen, wie Depression, Essstörung, Suizid und Sexuelle Nötigung thematisiert werden. Dies könnte für manche leser*innen triggernd sein. Deshalb setzte ich an dieser Stelle eine Trigger Warnung.
Zudem beinhaltet dieses Buch Bilder, die im nahen Zusammenhang mit dieser Geschichte stehen und vieles deshalb mir sehr nah am Herzen liegt. Auch Songtexte, Playlisten, Zeichnungen und vieles mehr sind in diesem Buch enthalten und erzählen die Geschichte von den Hauptcharakteren Skyler Johnson und Taylor Standel. Ebenfalls werdet ihr Details erfahren, die hinter dieser Geschichte stecken und außerdem bekommt ihr ein Zusatz Kapitel zum Ende dieser Geschichte. Viel Spaß beim Lesen, eure Saphira
Um diese Geschichte hier verstehen zu können, muss ich ein wenig ausholen. Also Hey, ich bin es Taylor. Um genau zu sein, Taylor Standel. Ich bin 21 Jahre alt und arbeite momentan bei Wallys, einem kleinen Buch-Kaffee. Das ganze allerdings mehr oder weniger freiwillig.
Bis zu jenem Tag, war mein Leben ziemlich trist. Klar ich hatte meine Freunde und führte im Großen und Ganzen ein erfülltes Leben, aber mir fehlte etwas.
Meine damalige Freundin betrog mich im letzten Sommer, weswegen ich nicht nur zurück in meine Heimatstadt New Jersey zog und erst einmal bei meinem Vater unter kam, sondern auch in eine mittelschwere Depression rutschte. Jeder Tag sah gleich aus, auch wenn ich viel erlebte und meist nur unterwegs war. Meist schlief ich bis um zwölf Uhr, aber das kam ganz drauf an, wie ich Schicht hatte. Da ich aber meist die Spätschicht hatte, konnte ich dem schlafen bis mittags oft nachgehen. Meist musste ich dann bis 21 Uhr arbeiten und dann schaute ich immer spontan was sich ergab. Mit Freunden unterwegs sein, zuhause chillen oder etwas mit der Familie, beziehungsweise meinem Vater unternehmen. Aber trotz alledem fehlte mir etwas, und was es war, wurde mir erst durch Skyler klar.
Sie tritt eines späten Nachmittages Anfang des Jahres in mein Leben und ich bin ihr bis heute noch unfassbar dankbar dafür. Um ehrlich zu sein, hab ich sie nie wirklich war genommen, obwohl sie öfters die Woche vorbei kam und einen heißen Kaffee trank. Und ich war immer wieder aufs Neue fasziniert davon gewesen, wenn sie ein neues Buch lass. Ich lese auch gern. Sogar unfassbar gern, aber oft lässt es die Zeit einfach nicht zu.
Sie war ein hübsches und kluges Mädchen, aber auch ein sehr verletzbares. Mir wurde es erst im Laufe der Zeit klar, wie wundervoll sie doch eigentlich war und wie wertvoll. Und als ich das merkte, war es eigentlich schon zu spät.
Und neugierig? Ich werde euch die Geschichte erzählen. Holt euch eine Tasse Tee und etwas zu knabbern, denn das könnte länger dauern.
Eines Nachmittags kam sie, wie so üblich mit ihrem schwarzen Reebok Rucksack in den Laden. Ich nahm an, dass sie immer direkt von der Schule aus herkam. Nie mit Freunden, immer nur allein. Nur sie und ein Buch. Im Normalfall lief es so ab, dass sie zur Theke kam, sich etwas bestellte, wartete und dann auf einen Platz ging. Sie lächelte eigentlich immer, nur nicht an diesem Tag, wo unsere Geschichte begann. Und vielleicht fing deswegen unsere Geschichte an. Weil sie nicht lächelte und ihren Gefühlen freien Lauf ließ. Weil ich sie verstand, ohne sie auch nur ansatzweise zu kennen.
Sie bestellte etwas und ihre Augen waren so unfassbar leer und glänzten im hellen Licht des Ladens und ich könnte schwören, dass sie geweint hatte, bevor sie in den Laden gekommen war. Sie wirkte so verletzt, einsam, allein und vor allem verloren.
Ich nahm ihre Bestellung auf, so wie ich es bei allen Kunden tat, aber sie war nicht einfach nur eine Kundin. Sie war mehr als wie das. Ich war freundlich, wie immer, doch sie lächelte nicht. Sie nahm ihren Kaffee und huschte auf einen freien Platz. Es war kaum etwas los, weswegen sie freie Platzauswahl hatte. Sie stellte den Kaffee auf einem kleinen Tisch vor ihr ab und kramte dann in ihrer Tasche nach ihrem Buch. Sie ließ sich nach hinten auf ihren Stuhl fallen, schlug ihr Buch auf, legte das senfgelbe Lesezeichen auf den Tisch ab und begann zu lesen. Ich wusste nicht warum ich es tat, aber ich beobachtete sie.
1.Weil nichts im Laden los war und ich mich irgendwie beschäftigen wollte.
2.Weil es sich in dem Moment irgendwie richtig angefühlt hat, sie einfach nur anzusehen.
3.Weil schließlich alle guten Dinge drei sind - Weil, sie wunderschön aussah, wie sie da saß, versunken in ihrem Buch.
Ich schaute von ihr weg, drehte mich nach hinten um und schnappte mir eine Tasse vom Tresen. Ich nahm sie in die Hand und trocknete mit einem Geschirrhandtuch die Ränder ab. Ich hörte ein leises Schniefen, und auch wenn es so ruhig und sanft war, zuckte ich zusammen. Ich drehte mich um, und schaute von der Tasse auf und in ihre Richtung. In diesem Moment, in dieser Sekunde, als ich mich umdrehte, warf sie ihr Buch zusammen geklappt auf den Tisch und brach in Tränen aus. Sie hielt sich die Hände vor ihr kleines zartes Gesicht. Ich wusste nicht was ich hätte tun sollen, also griff ich nach einer Packung Taschentücher und ging zu ihr hin. Das schien für mich in diesem Moment und in dieser Situation, das Beste zu sein. Sie war in keiner guten Verfassung, das war mir bewusst und ich wusste, wäre ich nicht zu ihr hingegangen, wäre das Ganze vermutlich nicht gut aus-gegangen.
Sie ließ ihren Kopf auf die Tischoberfläche sinken, als sie merkte, dass ich auf sie zu kam. Ich wollte wissen, was grade in ihrem Kopf vor ging. Worüber sie nachdachte, was sie spürte. Er ich mich versah, tropfte eine Träne zu Boden. Nun stand ich ein paar Zentimeter von ihr entfernt und das einzige was aus meinem Mund rauskam war: „Brauchst du ein Taschentuch?“
Verlegen und auch ein wenig eingeschüchtert schaute sie lang-sam hoch und dann ganz plötzlich trafen sich unsere Blicke. Wir schauten uns einen Moment einfach nur an, dann kam sie auf meine Frage zurück.
„Nein eigentlich nicht, oder vielleicht doch, Danke.“
Sie nahm es hin und tropfte sich die Tränen aus ihrem blassen Gesicht. Sie wirkte geknickt und irgendwie auch irritiert und ich hätte zu gern gewusst, was geschehen ist. Ich hätte sie zu gern gefragt, wer ihr, ihr Lächeln genommen hat. Doch ich ließ es, weil ich schließlich für sie ein Fremder war.
Ich versuchte ihr ein kleines Lächeln zu entlocken und für einen kleinen Moment klappte es auch tatsächlich. Auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt weder ihren Namen, noch sonst irgendetwas über sie wusste, so wusste ich, dass ich sie an diesem Tag das erste Mal wahrnahm. Und ich war mir ziemlich sicher, dass sie etwas fühlte, dass so ähnlich war.
Drei Tage waren vergangen, seit ich sie hier im Laden das letzte Mal gesehen hatte. Sie mit ihrem Buch, den Tränen und diesem unglaublich leeren und ausdrucksstarken Blick. Und drei Tage nachdem dass passiert war, betrat sie wieder den Laden, aber diesmal so, wie ich sie kannte. Mit einem Lächeln im Gesicht. Sie wirkte wieder fröhlich, ganz verändert und überhaupt gar kein Vergleich mehr zu dem, von vor drei Tagen. Sie bestellte dasselbe, wie immer, doch etwas war anders. Sie setze sich mit ihrem heißen Kaffee nicht an irgendeinen Tisch im hinteren Teil des Ladens, sondern direkt an die Theke. Das hatte sie zuvor noch nie getan.
„Danke für neulich“, brachte sie ganz verlegen raus. Ich wusste erst nicht ob sie mich meinte, aber als mir bewusst wurde, dass kein anderer im Laden war und sie ihr Handy nicht in ihren Händen hielt um ihren Freunden etwas mitzuteilen, wurde ich plötzlich ganz nervös. Ich wollte ein Gespräch aufbauen, doch weder wusste ich wie, weder noch, wie sie reagieren würde. Und wenn ich ganz ehrlich war, hatte ich auch Angst davor, wie sie reagieren würde. Aber als ich es einfach tat, sie ansprach, ohne groß drüber nachzudenken, war es plötzlich okay.
Ich hantierte mit einer leeren Tasse und der Kaffemaschine rum und fing an ein Gespräch mit ihr aufzubauen.
„Wie war die Schule?“, fing ich an. Sie schaute leicht erschrocken und verwirrt auf.
„Meinen Sie mich?“, fragte sie und runzelte leicht verlegen ihre Stirn. Daraufhin konnte ich mir ein Lächeln nicht verkneifen.
„Bitte sag du zu mir, ich komme mir sonst so alt vor. Ich heiße Taylor Standel, aber für dich nur Taylor.“
Es dauerte einen kleinen Moment, aber sie erwiderte mein Lächeln.
„Ich heiße Skyler Johnson, aber du kannst mich auch Sky nennen, so tun es zumindest die meisten.“
Sie schaute mich an und lächelte, als hätte sie nie etwas anderes getan.
„Na dann, schön dich kennenzulernen, Skyler.“ Mein Grinsen im Gesicht wurde immer breiter und wahrscheinlich wurde ich auch leicht rot.
Das ist eine Macke von mir, die ich schon seit der Grundschule habe. Selbst wenn der Lehrer mich nur aufgerufen hatte, um etwas an die Tafel zu schreiben, zum Beispiel, wurde ich rot, wie eine Tomate im Gesicht. Ich weiß bis heute nicht, warum das so ist, ich weiß nur, dass sich bis heute nichts daran geändert hat.
In diesem Moment als Skyler und ich uns einfach nur anlächelten, wünschte ich mir, wir hätten uns unter anderen Bedingungen kennengelernt. Richtige Person, nur zur falschen Zeit. Und so begann wohl die schönste, schmerzhafteste und unvergesslichste Zeit meines Lebens.
Auch wenn wir uns noch nicht lange kannten, so wusste ich, seit sie das letzte Mal im Laden war, schon eine ganze Menge über sie. Wo sie zur Schule ging, welche ihre Lieblingsbücher waren, wo sie unbedingt einmal hinreisen wollte, was sie in ihrer Freizeit tat. Und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass sie so gar nicht mein Typ wäre und ich mich jedes Mal aufs Neue freute, wenn sie den Laden betrat.
Das einzige Problem, was da nur blieb, war das Problem mit meiner Ex-Freundin und ich weiß nicht, ob es überhaupt irgend-wann einmal ganz weg sein wird.
Abgesehen davon, habe ich starke Probleme zuhause und das bitte nicht falsch verstehen, ich liebe meine Familie von ganzen Herzen, aber manchmal gehen die mir alle ganz schön auf die Nerven. Ich weiß nicht was ich tun soll, wenn Skyler eines Tages, was früher oder später mal passieren wird, mit zu mir möchte, dann wird es ein Problem sein. Mein Vater ist Alkoholiker und das ist mir um ehrlich zu sein total peinlich und unangenehm.
Sie war genau das, was ich über die Jahre immer vergeblich gesucht hatte. Wären nur all diese Probleme nicht da. Dann wäre das Ganze viel einfacher. Aber so ist es nicht. Es ist nie einfach im Leben. Es gibt immer wieder Momente, die man einfach überstehen muss. Ganz egal wie schlimm sie sind. Deswegen leben wir.
An dem Tag, an dem ich das erste Mal mit ihr sprach, in diesem einen Moment, fühlte sich alles andere, wie eine Lüge an. So etwas hatte ich noch nie gefühlt. Da war ich mir sicher.
Es war ein verregneter Mittwochnachmittag. Durch unsere großen Fenster konnte man draußen sehen wie buchstäblich die Welt unter ging. So stark regnete und stürmte es. Menschen liefen mit Regenschirmen durch die Straßen von New Jersey, gejagt von heftigen Windstößen, so stark, als würde jeden Moment ein Wirbelsturm aus dem Nichts auftauchen und uns alle in seinen Bann ziehen. Hier drin war es ruhig. Die orange-matt leuchtenden Lampen schufen eine gemütliche und schöne Atmosphäre. Außer ein paar Leuten, ich glaube es waren vier oder so, war nichts im Café los. Normalerweise ist es so, dass mir solche Tage eher weniger im Gedächtnis blieben, aber dieser Tag hier, dieser Tag war besonders.
Und er ist bis heute in meinem Kopf geblieben.
Ich war grade im Begriff das Behältnis der Kaffeemaschine mit Pulver aufzufüllen, als die Tür zum Laden aufging und jemand total Durchnässt den Laden betrat. Durch die große Kapuze konnte ich nicht erkennen, wer es war, aber als die Kapuze dann entfernt war, freute ich mich umso mehr, dass es Skyler war. Trotz des miesen Wetters sah sie total fröhlich aus.
„Na Johnson, was geht? Was machst du denn bei diesem Wetter draußen?“, fragte ich sie und setzte mein charmantestes Lächeln auf und wartete auf Erwiderung. Sie Schaute in meine Richtung, lächelte und kam dann mit großen Schritten auf die Theke zu.
„Na Herr Standel, das Wetter ist doch wundervoll, ich wüsste nicht, warum ich nicht rausgehen sollte“, sagte sie und lachte dabei.
Ohne dass Sie auch nur ein Hauch sagen musste, wusste ich, dass sie einen Kaffee wollte. Den wie immer.
Ich machte also ihre Bestellung, die eigentlich gar keine Bestellung war, weil sie ja nicht bestellt hatte fertig und schieb ihr die Tasse rüber.
„Geht aufs Haus und pass auf, ist ziemlich heiß.“
„Ach echt? Ich dachte er wäre kalt.“ Jetzt lachten wir beide.
„Standel“, rief plötzlich eine sehr vertraute Stimme hinter mir.
„Mach erst einmal Pause, ich löse dich ab.“
Es war mein Kollege Jeff, der mir in dem Moment, als ich mich zu ihm umdrehte, zu zwinkerte.
„Thanks bro!“ Ich boxte ihm leicht in seine Schulter. Ihr müsst wissen, wir verstehen uns echt sehr gut und unternehmen auch privat viel miteinander.
„Ach Jeff?“, sagte ich und drehte mich zurück zur Theke um und schaute ihn an.
„Jo, wobei kann ich dir behilflich sein?“ Er setzte ein neugieriges Gesicht auf.
„Ich hätte ganz gern auch einen Kaffee, aber nicht zu stark und mit Süßstoff, statt Zucker, weil ich ja auf meine Linie achte“, sagte ich um ihn ein wenig zu ärgern und stützte mich mit meinen Armen am Tresen auf. „Ach ja, wie könnte ich das bloß vergessen. Und mit Karamellsirup, aber der, der nicht so klebt.“
So mehr ich redete, desto mehr rollte er die Augen zur Seite, und Skyler konnte sich plötzlich das Lachen nicht mehr verkneifen und fing laut an zu lachen. Ziel erreicht würde ich sagen.
„Sonst noch ein Wunsch, der Herr?“
„Mit Mandelmilch bitte.“ Jetzt konnte auch ich mir das Lachen nicht mehr verkneifen und plötzlich hörte man im ganzen Laden nur noch Gekicher und das Wetter schien garnicht mehr so schlimm zu sein.
Die Welt konnte untergehen, solange wir hier waren und Lachten, war alles in Ordnung.
„Jeff, das war natürlich nur ein Spaß. Kann ja sein, dass ein Kunde das wirklich mal bestellt. Man weiß ja nie“, ergänzte ich nach wenigen Sekunden.
Jeff schaute jetzt total verwirrt zu mir und Skyler hinüber.
„Also was darf es jetzt sein?“
„Einen Kaffee. Einfach nur ein ganz normaler Kaffee.“
„Kommt sofort.“
Es dauerte keine zwei Minuten und auch ich hatte meinen Kaffee.
ich nahm unsere beiden Tassen und ging damit zu einem kleinen Tisch, der etwas weiter abseits der anderen Tische lag.
„Willst du mir jetzt also Gesellschaft leisten, ja?“, fragte sie mich, als wir uns gesetzt hatten.
„Nichts lieber als das.“ Wir lachten beide wieder.
Es dauerte einen kleinen Moment, bis wir richtig ins Gespräch kamen, aber irgendwann flossen die Worte ganz von selbst.
„Was machst du denn so in deiner Freizeit, Johnson?“, fragte ich sie und lehnte mich in meinen Stuhl zurück.
Sie strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und klemmte sie sich hinter ihr rechtes Ohr. „Naja, ich lese unfassbar gern, wie du weißt und ich backe gern.“
„Und was backst du gern so?“
„Vieles“, sagte sie, „aber ich backe ziemlich oft Veganen Schokokuchen.“
„Du bist also Veganerin?“
„Mehr Vegetarierin, als Veganerin, aber ab und zu esse ich ganz gern mal Vegan.“
Sie nahm einen großen Schluck von ihrem warmen Kaffee. „Nur meine Familie mag den veganen Kuchen nicht so. Das erste Mal hab ich ihn an dem Geburtstag von meinem älteren Bruder gemacht. Sie fanden ihn in Ordnung, haben ihn aber seit dem nicht mehr gegessen.“
„Ich bin mir ziemlich sicher, dass er gut schmeckt. Wir können ihn ja irgendwann mal zusammen essen.“
So vergingen Minuten, wenn ich mich nicht täuschte, sogar eine ganze Stunde. Eine Stunde in der wir einfach nur da saßen, warmen Kaffee tranken und uns über alles unterhalten konnten, was uns bewegte. Und dann ganz plötzlich aus dem nichts heraus tat sie etwas, womit ich nicht gerechnet hatte.
„Du Taylor, mir ist das jetzt ein wenig unangenehm, aber-“ Ich unterbrach sie.
„Skyler?“
Erwartungsvoll schaute sie mich an.
„Ja?“
„Dir muss nichts unangenehm sein.“ Ich lächelte ihr zu, weil ich merkte, dass sie verunsichert war. Sie holte einen kleinen zusammen gefalteten Zettel aus ihrer Jackentasche hervor und schob ihn zu mir rüber. Er war winzig. Um genau zu sein ziemlich winzig. Ich nahm ihn an und schaute sie an.
„Ich würde mich freuen, wenn du mir schreiben würdest, aber das musst du nicht falls-“ Ich unterbrach sie mitten im Satz. „Das werde ich.“ Ich lächelte sie an. Sie lächelte zurück, nahm ihre Sachen zusammen und ging.
Von diesemTag an konnte ich also wann immer ich auch wollt, mit ihr Kontakt aufnehmen. Und das war wirklich ein wunderbares Gefühl. Ich kannte sie kaum, aber es fühlte sich an, als würde ich sie schon Ewigkeiten kennen.
Gleich am nächsten Morgen war das Erste was ich nach dem Aufstehen tat, mein Handy in die Hand zu nehmen und Skylers Nummer einzutippen.
Im ersten Moment kamen mir Gedanken auf wie, was wenn sie dich nur verarscht und das alles nur ein blöder Scherz von ihr und ihren Freunden ist. Doch diese Gedanken verschwanden auch im selben Moment wieder, weil ich wusste, dass Skyler nicht so war. Sie war anders und das wusste ich vom ersten Augenblick an.
Ich öffnete meinen Whatsapp Account und schrieb ihr eine Massage.
Hey Skyler, Ich bin es Taylor
von Wallys. Wie geht es dir?
Ich schloss den Chat, packte mein Handy an die Seite und machte mich dann für die Arbeit fertig.
Es war ein ziemlich langer und stressiger Arbeitstag, weswegen ich erst nach Feierabend dazu kam, meine Nachrichten zu checken. Auf dem Weg Nachhause, den ich immer zu Fuß ging, weil ich nur ungefähr 20 Minuten entfernt wohnte, schaute Ich mir meine Nachrichten an. Es waren drei Nachrichten drauf. Zwei von meinen besten Freunden und eine von Skyler.
Sie schrieb:
Hey Taylor, mir geht es soweit ganz gut, Danke der Nachfrage und dir?
Die Nachricht war knapp fünf Stunden alt. Ich schrieb ihr etwas zurück und ging dann weiter nach Hause. Ehe ich mich versah, war der Tag zu Ende und ich fiel kaputt in mein Bett.
Die letzten Tage waren ziemlich stressig, um ehrlich zu sein. Die Arbeit hat mich ganz schön eingespannt und wirklich viel Freizeit blieb nicht wirklich übrig. Zudem hatte ich endlich einen Anwalt vom Gericht gestellt bekommen und somit war ich schon einen kleinen Schritt weiter.
Ihr fragt euch jetzt mit Sicherheit warum ein Anwalt, ja das geht alles aufs Konto meiner Ex-Freundin. Nur zum Verständnis. Sie betrog mich, Ich ertappte sie dabei und dann fing sie an Behauptungen aufzustellen, wie zum Beispiel, dass ich 12 000 Euro von ihr genommen hätte, ohne sie um Erlaubnis zu bitten und nun ihr das Geld nicht zurück zahlen wollte. Um das klar zustellen, dass ist natürlich völliger Unsinn.
Nachmittags erhielt ich eine Nachricht von Skyler, worin sie mich fragte, ob wir uns nicht mal auf einen Kaffee oder sowas treffen wollten. Das lehnte ich natürlich nicht ab, und so kam es, dass wir uns zweieinhalb Wochen später auf einen Kaffee verabredeten.
Zumindest war es so, dass wir das planten.
Es war ein Mittwoch im Februar. Skyler und ich kannten uns nun schon fast einen Monat, also schrieben seit fast einem Monat miteinander und diese Woche sollte es zu unserem ersten Treffen außerhalb der Arbeit kommen. Ich hatte die ganze Woche über frei, was echt mal ziemlich entspannend war. Geplant war es mich an diesem schönen Mittwoch mit ihr zu treffen, allerdings musste ich auch zur Bank nach Trenton. Dort habe ich gelebt, bevor ich wieder hierher gezogen bin. Es liegt ungefähr eine Stunde von meinem jetzigen Wohnort entfernt. Beides ging auf jeden Fall nicht, das war mir bewusst.
Verabredungen abzusagen, war schon immer eines der Dinge, die ich am meisten hasste. So leid es mir auch tat, aber an diesem Tag blieb mir nichts anderes übrig. Ich schrieb Skyler noch schnell eine knappe Nachricht, dass ich es nicht schaffte und machte mich dann mit meinen Dad auf dem Weg nach Trenton.
Natürlich war es für mich nicht grade toll, dass ich die Verabredung absagen musste, und ich tat dies auch wirklich ungern und hatte ein schlechtes Gewissen gegenüber Skyler, aber an diesem Tag musste ich einfach andere Prioritäten setzen und ich war mich sicher, dass sie es verstehen würde.
Am Donnerstag, den Tag darauf, versuchten wir es dann erneut.
Betonung lag auf versuchten.
Erneut musste ich die Verabredung mit Skyler absagen, was mir auch wirklich total leid tat, aber auch dieses Mal ging es nicht anders. Mittlerweile musste sie bestimmt diejenige sein, die sich verarscht vorkam. Wahrscheinlich dachte sie, dass ich es nicht ernst mit ihr meine und sie nur verarsche, obwohl das ganz und garnicht der Fall war. Im Gegenteil. Ich war sehr interessiert daran, sie näher kennenzulernen.
Nun war es also schon Freitag. Die Woche war fast wieder um und dieses Mal verging sie viel schneller, als sonst. Vielleicht kam es mir aber auch einfach nur so vor. Sonst zog sich so eine Woche immer wie Kaugummi. Und das meine ich ernst.
Nach zwei vergeblichen Versuchen, war nun heute endlich der Tag gekommen, an dem Skyler und ich uns das erste Mal außerhalb der Arbeit trafen. 15 Uhr in der Altstadt, bei dem knallroten Kiosk war unser Treffpunkt. Ich machte mich pünktlich auf den Weg und wartete dann an der Bushaltestelle auf sie.
Normalerweise bin ich immer ein wenig zu spät, um ehrlich zu sein.
Nicht nur bei Treffen, sondern auch auf der Arbeit, weswegen mir meine Chefin meist nicht die Frühschicht gibt. Das ist auf jeden Fall eine Sache, an der ich noch arbeiten muss. Pünktlich sein. Jedenfalls war an diesem Tag ich derjenige, der als erstes da war. Das passiert ziemlich selten. Wenn es hochkommt ein bis höchstens zweimal im Jahr. Drei Minuten vergingen und Skyler tauchte auf. Wir waren beide ziemlich zurückhaltend und wussten zuerst nicht, wie wir uns dem anderen gegenüber verhalten sollten.
„Hast du Lust zu Starbucks zugehen?“, schlug ich ihr vor.
„Ja, können wir machen.“, antwortete sie mir verlegen und wirkte dabei leicht eingeschüchtert.
Im Laden angekommen bestellten wir uns beide einen Kräuter-Tee und suchten uns einen freien Platz, der relativ nahe am Ausgang lag.
„Also, wie war die Schule heute?“, fragte ich sie um die Stimmung ein bisschen aufzulockern und ein Gespräch aufzubauen. Dabei lächelte ich selbstverständlich, wie ich es immer tat.
„Nun, ich hatte heute einen Arzttermin, weshalb ich heute nicht in der Schule war. Und generell läuft es mit der Schule momentan nicht so gut.“
„Das heißt?“
„Ich habe dir ja bereits erklärt, dass ich-“, sie schniefte kurz, ehe sie weitersprach. „dass ich momentan wieder ziemlich stark mit meinen Depressionen zu kämpfen habe und ich deswegen die Schule nicht ganz auf die Reihe kriege. Und dann ist da noch diese Essstörung, dieser Selbsthass und das Leben. Es zerreißt mich irgendwie.“ Und das sagte sie mit gesenktem Kopf und plötzlich tropfte eine Träne auf dem Tisch. Ich griff reflexartig in meine rechte Jackentasche und fischte ein Taschentuch heraus.
„Hier.“ Ich hielt es ihr hin. Dankend nahm sie es an und tupfte sich die Tränen aus dem Gesicht.
„Weißt du, ich habe keine Ahnung wann das alles anfing und wann ich angefangen habe das Leben als etwas schreckliches anzusehen.
Ich weiß nicht warum das so ist und warum es so schmerzt.“
Während sie das sagte, liefen immer mehr Tränen aus ihren smaragdgrünen Augen. Und es tat mir so weh, sie so zusehen. So zerbrochen und zerrissen. So allein. Ich wollte ihr helfen, doch ich wusste nicht, was ich tun sollte.
„Weißt du, Depressionen sind nicht einfach so von heut auf Morgen da. Sie entstehen meist über einen ziemlich langen Zeitraum. Bei manchen sogar über Jahre und sie merken es garnicht richtig. Meist erst dann, wenn man schon ganz tief drin ist. Was ich sagen möchte ist, dass eine Depression nicht du bist. Es ist wie eine schwarze große Qualle. Etwas großes, schwarzes, böses. Sie redet uns ein, wir sein nichts wert und wir glauben das. Wir glauben alles, was dieses Ding versucht uns einzureden. Doch das dürfen wir nicht zulassen.
Skyler, du darfst diesem Ding nicht die Kontrolle über dein Leben überlassen.“
Die Wörter sprudelten einfach so aus mir heraus und das überraschte sogar mich selbst.
„Hast du Ahnung von dem was du da sagst? Also ich mein hast du auch-“
Ich unterbrach sie. „Depression?... Ja, ich habe auch welche. Schon eine ganze Ewigkeit, aber ich komme irgendwie damit zurecht.“ Ich sagte das, als wäre es selbstverständlich, dass man irgendwie damit zu recht käme. In Wirklichkeit aber zerriss es mich in tausend Stücke, aber zu diesem Zeitpunkt hatte ich es noch nicht einsehen wollen.
„Meinst du es besteht die Chance irgendwann wieder ganz gesund zu sein? Wieder normal leben zu können, ohne den ganzen Tag daran zu denken, dass man am liebsten sterben möchte?“
„Du möchtest nicht sterben, Skyler… Du möchtest nur dass der Schmerz aufhört. Und um ehrlich zu sein, kann ich deine Frage nicht beantworten. Ich weiß es nicht.“ Wir schauten uns einen kurzen Moment in die Augen.
„Also hast du einen Freund?“, fragte ich sie und dachte damit könnte ich die Stimmung etwas auflockern, doch irgendwie erreichte ich damit eher das Gegenteil.
„Ich habe keinen Freund und generell hatte ich auch noch nie eine richtige Beziehung und wahrscheinlich werde ich auch nie eine haben.“ Ihr Blick senkte sich erneut.
„Nicht?“ Ich runzelte die Stirn.
„Nein, es hat nie wirklich gepasst. Entweder habe ich geliebt und der Andere nicht oder anders herum. Es war noch nie beidseitig. Ich würde das zu gern erleben, bevor ich sterbe. Aber vielleicht ist es auch ganz gut, dass ich noch keine Beziehung hatte.“
„Beziehungen sind schon etwas seltsames, aber auch etwas Schönes.“ Ich schmunzelte sie an und sie tat das Selbe. Kurz danach ließ sie den Kopf wieder sinken. In ihrem Kopf schien eine Menge vorzugehen.
Ein Moment der Stille brach aus. Ich hörte ein leises Schniefen und dann schaute sie mich an. Mit Tränen in den Augen. Sie wirkte so verletzt und kaputt. Ich konnte es in ihren Augen sehen.
„Was ist das Gegenteil von Traurigkeit?“, sagte sie weinend. Sie schaute mich so fragend an. Als suchte sie in meinen Augen nach antworten.
„Ich glaube alles was einen strahlen lässt. Alles was einen glücklich macht. Alles was einem, einen Grund zum Leben gibt. Du bist das Gegenteil von Traurigkeit.“
„Ich? Dir ist bewusst das ich hier heulend vor dir sitze und du willst mir sagen, dass ich das Gegenteil von Traurigkeit bin?“ Sie schaute mich fragend an. Suchte weiter nach Antworten.
„Ja, ich meine es so, wie ich es gesagt habe. Du strahlst. Du hast etwas Positives an dir.“ Ich erwartete, dass sie es abstritt doch nichts dergleichen passierte. Sogar das Gegenteil geschah. Sie nahm es an.
„Danke“, sagte sie verlegen.
„Hast du Lust noch einen Moment in die Bibliothek zu gehen?
Vielleicht bringt dich das ja auf andere Gedanken.“
„Ja, sehr gern sogar.“
Wir zogen unsere Jacken an und gingen dann nach draußen in den Regen. Wir schlenderten noch einen Moment durch die Stadt und landeten schließlich in der großen Stadtbibliothek mitten in der Innenstadt von New Jersey.
„Und du liest also gern Romane, ja?“
„Woher weißt du das? Stalkst du mich etwa?“ Sie schaute mich erstaunt an.
„Nein, Skyler“, sagte ich und musste lachten. „Ich weiß das, weil du immer nur Romane dabei hast, wenn du bei Wallys bist. Deswegen vermute ich das.“
Sie lächelte einen Moment.
„Stimmt, das hat mich wohl verraten.“
„Allerdings.“ Ich lächelte sie an.
Wir schlenderten noch ein wenig durch die große Stadtbibliothek und am Ende verließ Skyler sie mit fünf neuen Büchern, die ich ihr zum Lesen aufgeschwatzt hatte. Ich brachte sie noch mit zur Bushaltestelle und wartete dort noch mit ihr, bis schließlich der Bus kam. Doch diese ganzen 13 Minuten die wir dort standen, sprachen wir kein einziges Wort. Ihr Bus kam und dann fragte sie mich ganz süß: „Darf ich dich umarmen?“
„Klar“, sagte ich und nahm sie in meine Arme.
Sie löste sich aus der Umarmung und stieg in den Bus ein. Ich schaute ihr noch nach, bis ich mich auf dem Weg zur Bahnhaltestelle machte. So endete der Tag der alles ins Rollen brachte.
Er war der Anfang vom Ende und umgekehrt.
- Zitat Stephen King
Ich wachte mit der wohl schrecklichsten Erkältung seit langem auf.
Mein Kopf dröhnte und mein Hals schmerzte. Ich war schon Ewigkeiten nicht mehr so stark krank gewesen, wie zu diesem Zeitpunkt. Trotz alledem schleppte ich mich zur Arbeit und überstand den Tag wohl oder Übel.
Abends zuhause angekommen legte ich mich gleich in mein Bett und ging ans Handy. Eine Nachricht von Skyler hatte mich in der Zwischenzeit erreicht.
Hey du, Ich wollte fragen, ob du am
Donnerstag schon was vor hast?
Mein Kopf ratterte kurz. Stimmt, Donnerstag war Valentinstag. Ich schmunzelte in mein Handy hinein und tippte dann eine Nachricht ein.
Du meinst außer, dass ich
mich mit dir treffe?
Haha ein ziemlich guter Plan,
wenn du mich fragst.
Ich packte mein Handy wieder an die Seite und kuschelte mich in mein Bett ein. Ich hoffte sehr, dass ich bis Donnerstag wieder komplett fit sei, damit ich mich mit ihr treffen konnte. Das Letzte was ich wollte, war sie zu enttäuschen.
Auch wenn wir uns noch nicht lang kannten und wir auch noch nicht so viel übereinander wussten, war es mir trotzdem wichtig sie nicht hängen zu lassen.
Nachdem ich mich am Montagabend hingelegt hatte und hoffte, dass die Erkältung schnell wieder vorbei ging, wurde ich Dienstagmorgen wach und fühlte mich schlechter denn je. Ich holte mir eine Krankmeldung von meinem Hausarzt, da ich es beim besten Willen nicht geschafft hätte, zu arbeiten. Nicht unter diesen Umständen.
Zurück vom Arzt, legte ich mich in mein Bett und verbrachte den ganzen restlichen Tag dort. Zwei Tage später schien allerdings immer noch keine Besserung in Sicht und so kam es, wie es kamen musste. Ich entschied mich schließlich nachmittags dazu, das Treffen mit Skyler abzusagen.
Ich versetzte Skyler Johnson am Valentinstag.
Der selbe Abend, aus Skylers Sicht -
Noch am selben Abend brach eine kleine Welt für mich zusammen.
Nicht, wegen der Tatsache das es Taylor war der mich versetzte, sondern einfach weil ich versetzt wurde.
Ich hatte noch nie eine Verabredung am Valentinstag und dann hab ich mal eine und was passiert? Natürlich, ich werde versetzt.
Klar hatte ich Verständnis dafür, dass er krank war, aber ich hatte mich so gefreut und mal wieder wurde ich, wie so oft in meinem Leben enttäuscht. Ich weiß, dass klingt wahrscheinlich komisch für den ein oder anderen, aber ich fühlte etwas für Taylor. Ich weiß nicht genau was es war, aber da war etwas. Und was ich wusste war, dass es auf irgendeiner Weise weh tut. Weil beides weh tut.
Etwas verlieren und etwas bekommen und ich nicht genau wusste ob die ganze Sache mit mir und Taylor Sinn machte und ob es überhaupt eine Zukunft für und beide gab, oder ob ich am Ende nicht doch wieder enttäuscht werden würde. Ich wusste einfach garnichts.
Ich habe dich gefunden, als ich dich am wenigsten gesucht habe und dafür möchte ich dir danken. Auch wenn wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnten, wohin dass alles führt und dass wir uns am Ende gegenseitig mehr traurig, als wie glücklich machten, bin ich dir unfassbar dankbar und ich werde es immer sein.
Es ist nun mal so, dass wir unser ganzes Leben lang ein und denselben Prozess Tag für Tag durchlaufen. Wir lieben, wir hassen und wir vergeben. An manchen Tagen schmerzt es, ja, aber wir müssen uns auch daran erinnern, dass es wieder besser wird. Das es wieder heilt, bis hin zu dem Punkt, das wir es wieder lieben. Das wir unser Leben lieben und leben. Und das es so war, wurde mir erst durch ihm klar.
Eine Woche später dann sollte es zum erneuten Treffen von mir und Taylor kommen. Dieses Mal aber waren wir in einem kleinen Park verabredet, der nur ungefähr 15 Minuten (normales Schritttempo) entfernt lag. Vor zwei Jahren war dieser Park praktisch mein zweites Zuhause. Vielleicht sogar hielt ich mich mehr dort auf, als wie in meinem eigentlichen Zuhause. Der Grund dafür war meine Depression, die zu diesem Zeitpunkt am immer stärker werden war.
In den Sommerferien 2017, Ich erinnere mich noch, als wäre es gestern gewesen, war ich so gut wie jeden Tag dort. Ich saß jeden Tag dort auf einer Bank, mit Kopfhörern in den Ohren und spielte meine „Sad Songs“ Playlist ab. Tag für Tag. Woche für Woche. Auch wenn es regnete.
Das Ganze hat bis zum heutigen Tag nicht wirklich aufgehört. Klar ich war im darauf folgendem Jahr so gut wie kaum an diesem Ort, aber das hieß nicht, dass es mir gut ging. Ganz im Gegenteil. Ich war im wahrsten Sinne des Wortes fast tot. Als sich das Jahr 2017, was ganz am Rande bemerkt, ein komplett bescheuertes Jahr war, dem Ende neigte, rutschte ich in eine Essstörung. Um genau zu sein in die Anorexie. Ein ganzes Jahr später konnte ich mit Hilfe meiner Therapeutin, den Grund dafür ausfindig machen.
Es war mein geringes Selbstwertgefühl. Ich konnte mich nie akzeptieren geschweige denn mögen. Und um ehrlich zu sein, hab ich mich gehasst und so ging es immer weiter Berg ab.
Durch Die Anorexie hat das Schulische bei mir sehr gelitten. Ich hungerte mich bis ins tiefste hinunter und fand mich immer noch zu Fett. Es blieb Monate so und dann irgendwann ganz plötzlich ging es endlich wieder Berg auf. Ich nahm langsam zu, versuchte mich wieder der Welt zu öffnen, nur die Schule, das war eines der Dinge, die ich bis zu diesem Tag immer noch nicht auf die Reihe bekam.
Das war auch ein Grund, warum ich ein Praktikum machte und das erst einmal als Ersatz für die Schule gelten ließ.
Ich fuhr also morgens zum Praktikum und freute mich den ganzen Tag, wie ein kleines Kind auf dieses treffen.
Ich kam von meinem Praktikum nachhause, trank noch einen kleinen Schluck Wasser und machte mich dann gegen 16:30 Uhr auf dem Weg in den Park.
Eigentlich war es sogar geplant sich einen Tag zuvor zutreffen, allerdings kam ein Zahnarztbesuch dazwischen, weswegen es leider nicht klappte.
Ich wartete auf einer Bank auf ihn. Sogar die Pralinen, die ich ihm eigentlich schon vergangene Woche am Valentinstag geben wollte, hatte ich dabei. Ich dachte vielleicht, dass er sich ein wenig darüber freuen würde.
Schon ganze fünf Minuten nach mir traf auch er ein. Er ging den kurzen Weg zur Wiese hinunter und kam mir entgegen. Zur Begrüßung umarmten wir uns kurz und gingen dann zu der Bank, auf der ich zuvor gewartet hatte.
Nun waren wir hier. Er, seine braunen Haare zu einem sogenannten Männer-Dutt gemacht und seinem gut aussehenden Lächeln. Und ich mit der Angst, dass er mir wichtig wird und dann einfach so wieder aus meinem Leben verschwindet. So wie es die meisten vor ihm getan hatten.
Wir redeten am Anfang ziemlich viel belangloses, ohne wirklichen Sinn, doch ganz plötzlich aus dem Nichts, stellte er mir eine Frage.
Und es war nicht einfach irgendeine Frage. Zumindest für mich nicht.
„Bin ich eigentlich dein Typ?“, fragte er und schaute gespannt zu mir hinüber.
„Ja, schon und bin ich dein Typ?“, fragte ich ihn und schaute neugierig auf seine Antwort zu ihm.
„Ja, total.“
Diese Antwort überraschte mich etwas, um ehrlich zu sein. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass er mir sagt, dass ich sein Typ bin.
Wirklich nicht.
„Hast du vielleicht Lust mal zusammen einen Horrorfilm zugucken?“
oder „Wir können ja dann zusammen lernen“, waren nur zwei Dinge, die er mir an diesem Nachmittag beziehungsweise frühen Abend vorschlug. Nur bis heute, haben wir all diese Sachen nie getan. Nicht weil wir keine Zeit hatten sondern einfach, weil es nie gepasst hat. Und ich weiß noch nicht mal genau weshalb das so war.
So ging es den ganzen Nachmittag weiter. Wir redeten viel, tauschten uns aus, auch wenn es meist nur viel Belangloses war, aber es war mit einer guten Mischung aus Neugier und Interesse.
Das machte das ganze so spannend und interessant. Abends brachte er mich sogar noch mit Nachhause, was er wirklich nicht hätte machen müssen, aber er tat es und das rechnete ich ihm hoch an.
Zuhause angekommen legte ich mich nur noch in mein Bett, schloss meine Augen und ließ den ganzen Tag nochmal Revue passieren.
Im Leben ist es so, wenn du eine Person wirklich liebst und etwas für sie empfindest, und nicht nur dieses Gefühl jemanden zu lieben, dann kann diese eine Person dein ganzes Leben durcheinander bringen. Sie kann dafür sorgen, dass deine Probleme vielleicht garnicht mehr so groß scheinen, wie du vielleicht dachtest. Wenn du eine Person wirklich gern hast, dann kann sie erreichen, dass es dir gut geht. Was ich sagen möchte ist, dass diese eine Person deinem Leben wieder einen Sinn geben kann. Aber zugleich kann diese eine Person auch das ganze Gegenteil erreichen. Sie kann dich verletzen und plötzlich sind deine Probleme doppelt so groß, wie vorher. Und man kann nichts wirklich dagegen tun, außer seine Gefühle, zu zulassen. Wenn es weh tut, aber trotzdem schön ist, dann ist es, es wert. Dann ist es echt. Das ist wichtig, weil es von den meisten Personen unterschätzt wird. Und für mich bist du diese eine Person. Ob das gut ist oder schlecht, weiß ich nicht.
„Im Leben kann man sich nicht aussuchen, ob man verletzt wird oder nicht, man kann nur entscheiden von wem. Ich bin glücklich mit meiner Entscheidung und ich hoffe, du bist es auch.“ (Zitat von John Green, Das Schicksal ist ein mieser Verräter).
An diesem Tag fühlte es sich so verdammt echt an. Ich hatte so viel Hoffnung, dass aus uns wirklich etwas werden könnte, aber das hier, das ist keine Lovestory, da muss ich euch enttäuschen.
Am darauf folgenden Samstag hielt ich es dann einfach nicht mehr aus und gestand ihm das, was ich schon bei unseren ersten Treffen gefühlt hatte. Ich schrieb ihm einen ziemlich langen Text auf WhatsApp und hoffte natürlich, dass ich es mir damit nicht verscherzte und ich es später nicht bereuen würde. Aber man bereut ja meistens immer das, was man nicht getan hat, stimmts?
Hey Taylor, es gibt da etwas
was ich dir sagen muss
Ja?
Hab irgendwie voll Angst,
dir das zu sagen. Wir hatten ja
vor zwei Tagen bzw. Donnerstag
das Gespräch, ob du mein Typ
wärst, und ich muss ehrlich sagen,
dass du total mein Typ bist.
Immer wenn wir schreiben und
du generell in meiner Nähe bist,
fühle ich mich immer total wohl.
Als wir uns am Donnerstag getroffen
hatten, hatte ich irgendwie voll
das Kribbeln im Bauch. Ich muss
dir das irgendwie sagen,
bevor ich mich in etwas reinsteigere,
was garnicht ist. Wie denkst du
darüber oder wie siehst du das?
Ich bin wirklich froh darüber,
dass du dich soweit wohl fühlst :)
Das tu ich auch. Ich mag dich ziemlich
und denke nicht dass du dich in etwas
reinsteigerst was nicht ist :D
Ich habe dir ja am Donnerstag schon
durch die Blume hindurch gesagt,
dass es bei mir ähnlich ist, allerdings
habe ich dir auch gesagt, dass ich
erstmal auf „Abstand“ gehe,
weil ich schlechte Erfahrungen
gesammelt habe. Ich finde das wir uns
gern weiter sehen können und
gucken wohin das führt :) aber ich
möchte erstmal nichts überstürzen,
wenn du verstehst.
Einen Tag nach dieser Nachricht trafen wir uns erneut. Allerdings nicht allein. Er stellte mir eine seiner besten Freunde vor. Und noch am selben Abend nannte er mich Babe und schrieb mir, dass er mich lieb hat. Und er wusste wahrscheinlich nicht, was er dadurch anrichtete. Es war vielleicht nicht unbedingt seine Absicht, aber auf einer gewissen Art, war genau das, dass was mich so verletzte und auch unsicher machte.
Erst sagte er, er will auf Abstand gehen und dann bin ich aber wiederum sein Babe. Das ist etwas was ich nicht ganz nachvollziehen kann. Wahrscheinlich gibt es auch Menschen die mich nicht nachvollziehen können, aber jeder empfindet nun mal anders.
Ich war schon immer ein sehr zerbrechliches und emotionales Mädchen. Hab wegen jeder Kleinigkeit geheult, aber seit diese Depressionen da sind, hat sich das ganze stark verschlimmert.
Er bot mir an diesem Tag an, mich am Dienstag vom Praktikum abzuholen. Mich freute dieses Angebot natürlich, aber irgendwie fand ich es auch komisch und leicht beängstigend.