Das Schneemädchen - Eowyn Ivey - E-Book + Hörbuch

Das Schneemädchen Hörbuch

Eowyn Ivey

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Beschreibung

Alaska, in den 1920er Jahren: Mabel und Jack konnten keine Kinder bekommen. Um den Schmerz und die Enttäuschung hinter sich zu lassen, haben sie an der Zivilisationsgrenze Alaskas ein neues, einfaches Leben als Farmer begonnen. Doch Trauer und der harte Überlebenskampf in der erbarmungslosen Natur schaffen zwischen den beiden, die sich innig lieben, eine scheinbar unüberbrückbare Distanz. Als der erste Schnee fällt, überkommt Mabel für kurze Zeit eine fast kindliche Leichtigkeit. Eine Schneeballschlacht mit Jack entspinnt sich, und sie bauen vor ihrer Hütte zusammen ein Kind aus Schnee. Am nächsten Tag entdecken sie zum ersten Mal das feenhafte blonde Mädchen in Begleitung eines Fuchses, das sie zwischen den Bäumen des Waldes hindurch beobachtet. Woher kommt das Kind? Wie kann es allein in der Wildnis überleben? Und was hat es mit den kleinen Fußspuren auf sich, die von Mabels und Jacks Blockhaus wegführen? «Dieses Buch ist pure Magie, von Deckel zu Deckel durchwoben mit der kalten Schönheit der Wildnis Alaskas. Eowyn Ivey erzählt mit der fesselnden Zartheit des Schneefalls, den sie so wunderbar beschreibt.» Ali Shaw

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Zeit:7 Std. 2 min

Sprecher:Doris Wolters

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Eowyn Ivey

Das Schneemädchen

Roman

Aus dem Englischen von Claudia Arlinghaus, Margarete Längsfeld und Martina Tichy

Rowohlt Digitalbuch

Inhaltsübersicht

WidmungTeil einsKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Teil zweiKapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29Kapitel 30Kapitel 31Kapitel 32Kapitel 33Kapitel 34Kapitel 35Teil dreiKapitel 36Kapitel 37Kapitel 38Kapitel 39Kapitel 40Kapitel 41Kapitel 42Kapitel 43Kapitel 44Kapitel 45Kapitel 46Kapitel 47Kapitel 48Kapitel 49Kapitel 50Kapitel 51Kapitel 52Kapitel 53Kapitel 54EpilogDanksagung
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Meinen Töchtern Grace und Aurora gewidmet

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Teil eins

«Frau, lass uns in den Garten gehen und ein kleines Schneemädchen machen; dann wird es vielleicht lebendig, und wir haben eine kleine Tochter.»

«Mann», sagt die alte Frau, «man kann nie wissen, was wird. Lass uns in den Garten gehen und ein kleines Schneemädchen machen.»

Aus «Das kleine Schneemädchen» von Arthur Ransome[1]

Kapitel 1

Wolverine River, Alaska, 1920

 

Mabel hatte gewusst, es würde still sein. Darum war es ihr schließlich gegangen. Keine glucksenden oder plärrenden Säuglinge. Keine lärmenden Nachbarskinder draußen auf dem Weg. Kein Füßchengetrappel auf den von Generationen ausgetretenen Holzstufen, kein Spielzeugklackern auf dem Küchenfußboden. Alle diese Geräusche, die an Mabels Versagen und Bedauern erinnerten, sollten zurückbleiben, und an ihre Stelle sollte Stille treten.

Sie hatte sich die Stille in der Wildnis Alaskas friedlich vorgestellt wie nächtliches Schneegeriesel, die Luft lautlos, aber voller Verheißung, doch so war sie nicht. Vielmehr raspelten beim Fegen die Besenborsten auf dem Dielenboden, als würde eine scharfzahnige Spitzmaus an Mabels Herzen knabbern. Wenn sie das Geschirr spülte, klapperten Teller und Schüsseln, als wollten sie zerbrechen. Das einzige nicht von ihr selbst verursachte Geräusch war ein jähes «Krok-kroook», das von draußen kam. Mabel wrang den Spüllappen aus und blickte gerade rechtzeitig aus dem Küchenfenster, um einen Raben von einer kahlen Birke zur anderen flattern zu sehen. Keine Kinder, die einander durch das Herbstlaub jagten und beim Namen riefen. Nicht einmal ein einzelnes Kind auf einer Schaukel.

Eines hatte es einmal gegeben. Ein winziges Ding, tot geboren und stumm. Das war zehn Jahre her, aber noch in diesem Moment ertappte sie sich dabei, wie sie die Geburt heraufbeschwor, die Hand nach Jack ausstreckte, um ihn aufzuhalten, zu berühren. Sie hätte es tun sollen. Sie hätte den Kopf des Babys in ihre Hand betten und ihm ein paar Härchen abschneiden sollen, um sie in einem Medaillon um den Hals zu tragen. Sie hätte in das kleine Gesicht blicken und wissen sollen, ob es ein Junge oder ein Mädchen war, und sie hätte es mit Jack zusammen in der Wintererde Pennsylvanias begraben sollen. Sie hätte das Grab kennzeichnen, hätte sich diese Trauer gestatten sollen.

Es war immerhin ein Kind gewesen, wenn es auch mehr einem Wechselbalg aus dem Märchen glich. Verschrumpeltes Gesichtchen, winziger Kiefer, spitz zulaufende Ohren; so viel hatte sie gesehen und beweint, denn sie wusste, sie hätte es trotz allem lieben können.

Mabel stand schon zu lange am Fenster. Der Rabe war längst über die Baumwipfel davongeflogen. Die Sonne war hinter einen Berg gesunken, das Licht fahl geworden. Die Äste waren kahl, das Gras gelblich grau. Keine einzige Schneeflocke. Ihr war, als sei alles Schöne, Glitzernde zu Staub zermahlen und aus der Welt gefegt worden.

Der November war angebrochen, und das machte ihr Angst, weil sie wusste, was er mit sich brachte – Kälte, die über dem Tal lag wie ein nahender Tod, Gletscherwind zwischen den Ritzen des Blockhauses. Eine so allumfassende Dunkelheit, dass auch die Tage düster blieben.

Mabel war in den vergangenen Winter blindlings hineingestolpert, ohne zu wissen, was von diesem neuen, rauen Land zu erwarten war. Jetzt wusste sie es: Von Dezember an würde die Sonne kurz vor Mittag aufgehen, wenige Stunden lang im Zwielicht an den Berggipfeln entlangziehen und wieder sinken. Mabel würde in einem Sessel neben dem Holzofen immerzu einnicken und wieder aus dem Schlaf hochschrecken. Sie würde zu keinem ihrer Lieblingsbücher greifen; die Seiten wären ohne Leben. Sie würde nicht zeichnen; was gäbe es schon in ihrem Skizzenbuch einzufangen? Einen trüben Himmel, schattige Winkel. Es würde ihr von Morgen zu Morgen schwerer fallen, das warme Bett zu verlassen. Schlafwandlerisch würde sie umherstolpern, Mahlzeiten zusammenkratzen und rings um das Blockhaus nasse Wäsche aufhängen. Jack würde sich abmühen, um die Tiere am Leben zu erhalten. Die Tage würden ineinanderfließen, der Würgegriff des Winters würde enger werden.

Ihr Leben lang hatte sie an etwas Größeres geglaubt, an das Mysteriöse, das am Rand des Wahrnehmbaren immer wieder seine Form veränderte. Es war im Flattern von Nachtfalterflügeln auf Glas und in den gesprenkelten Bachbetten die Ahnung von Flussnymphen. Im Geruch der Eichen an dem Sommerabend, als sie sich verliebt hatte, und in der Morgendämmerung, die auf den Kuhteich fiel und das Wasser zu Licht werden ließ.

Mabel konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal ein solches Flimmern wahrgenommen hatte.

Sie nahm sich Jacks Arbeitshemden vor und begann zu flicken. Sie bemühte sich, nicht aus dem Fenster zu sehen. Wenn es nur schneien würde. Vielleicht würde das Weiße die harten Konturen weicher machen. Vielleicht könnte es ein wenig Licht einfangen und in ihre Augen hineinspiegeln.

Doch den ganzen Nachmittag über hingen die dünnen Wolken hoch am Himmel, der Wind riss abgestorbene Blätter von den Ästen, und das Tageslicht flackerte wie eine Kerze. Mabel dachte an die entsetzliche Kälte, die sie allein ins Haus einsperren würde, und ihr Atem wurde flach und schnell. Sie stand auf, ging hin und her. Leise wiederholte sie: «Ich kann das nicht. Ich kann das nicht.»

Es gab Waffen im Haus, und die hatte sie auch schon in Erwägung gezogen. Das Jagdgewehr neben dem Bücherbord, die Schrotflinte über der Tür und einen Revolver, den Jack in der oberen Kommodenschublade aufbewahrte. Sie hatte nie damit geschossen, aber das war es nicht, was sie zurückhielt. Es war das Gewaltsame und unangebracht Blutige einer solchen Tat und die Anwürfe, die sie unweigerlich nach sich ziehen würde. Die Leute würden sagen, sie sei geistesschwach oder von Sinnen gewesen, oder Jack sei ein schlechter Ehemann. Und was würde aus Jack? Wie viel Scham und Wut würde er empfinden?

Der Fluss dagegen – das war etwas anderes. Keiner Menschenseele wäre ein Vorwurf zu machen, nicht einmal ihrer eigenen. Es wäre ein unglücklicher falscher Schritt. Die Leute würden sagen, hätte sie doch nur gewusst, dass das Eis sie nicht trägt. Hätte sie doch nur um seine Gefahren gewusst.

Der Nachmittag ging in die Abenddämmerung über, und Mabel trat vom Fenster, um eine Öllampe auf dem Tisch anzuzünden, ganz so, als werde sie das Abendessen bereiten und auf Jacks Rückkehr warten, als werde dieser Tag enden wie alle anderen, doch im Geiste folgte sie schon dem Pfad durch den Wald zum Wolverine River. Als die Lampe brannte, schnürte sie sich die Lederstiefel zu, zog den Wintermantel über das Hauskleid und trat nach draußen. Ihre bloßen Hände und ihr Kopf blieben dem Wind ausgesetzt.

Auf ihrem Weg durch den kahlen Wald war sie zugleich euphorisch und gefühllos, beherrscht von der Klarheit ihres Vorhabens. Sie dachte nicht an das, was sie zurückließ, sondern nahm in großer Schärfe, wie in Schwarzweiß, nur diesen einen Moment wahr. Den schweren Tritt ihrer Stiefel auf der gefrorenen Erde. Den eisigen Wind in ihren Haaren. Ihre tiefe Atmung. Sie war seltsam stark und zuversichtlich.

Sie trat aus dem Wald und blieb am Ufer des zugefrorenen Flusses stehen. Es war ruhig bis auf einen gelegentlichen Windstoß, der ihr den Rock an die Wollstrümpfe wehte und Treibsand übers Eis wirbelte. Flussaufwärts verbreiterte sich das vom Gletscher gespeiste Tal mit Kiesbänken, Treibholz und verschlungenen flachen Wasserläufen auf achthundert Meter, hier aber war der Fluss schmal und tief. Mabel konnte die Schieferklippe auf der anderen Seite sehen, die in schwarzes Eis abfiel. Das Wasser darunter würde ihr weit über den Kopf reichen.

Die Klippe setzte sie sich als Ziel, obwohl sie vermutlich ertrinken würde, bevor sie sie erreichte. Das Eis war keine fünf Zentimeter dick, doch selbst im tiefsten Winter würde niemand wagen, es an dieser tückischen Stelle zu überqueren.

Zuerst verfingen sich ihre Stiefel an Gesteinsbrocken, die im sandigen Boden festgefroren waren, dann aber stolperte sie das Steilufer hinunter und überquerte ein schmales Rinnsal, auf dem das Eis dünn und brüchig war. Sie brach mit jedem zweiten Schritt ein und trat auf trockenen Sand. Danach überquerte sie eine Kiesbank und raffte den Rock, um über ein Stück Treibholz zu steigen, das die Elemente gebleicht hatten.

Als sie zum Hauptarm des Flusses gelangte, durch den noch Wasser ins Tal strömte, war das Eis nicht mehr brüchig und weiß, sondern schwarz und elastisch, als habe es sich erst am Vorabend gebildet. Sie schob ihre Stiefelsohlen auf die Fläche und hätte fast über ihr absurdes Verhalten gelacht: sich vorzusehen, um ja nicht auszurutschen, wo sie doch darum betete, einzubrechen.

Wenige Schritte von festem Grund entfernt blieb sie stehen und schaute zwischen ihren Stiefeln nach unten. Es war, als ginge sie auf Glas. Sie konnte die Granitbrocken unter dem fließenden, tief türkisgrünen Wasser sehen. Ein vergilbtes Blatt glitt vorüber, und sie stellte sich vor, wie sie daneben trieb und durch das vollkommen durchsichtige Eis kurz nach oben blickte. Würde sie den Himmel sehen können, bevor sich ihre Lungen mit Wasser füllten?

Hier und da waren handtellergroße Blasen zu weißen Kreisen gefroren, andernorts durchzogen lange Risse das Eis. Sie fragte sich, ob es an diesen Stellen brüchiger war und ob sie sie betreten oder meiden sollte. Sie straffte die Schultern, blickte geradeaus und ging weiter, ohne nach unten zu schauen.

Als sie die Mitte des Flusslaufes überquerte, schien sie auf Armeslänge an die Klippenwand heranzureichen, das Wasser toste gedämpft, und das Eis unter ihr gab ein wenig nach. Wider Willen blickte sie nach unten, und was sie sah, erschreckte sie. Keine Blasen. Keine Risse. Nur bodenlose Schwärze, als habe sie den Nachthimmel unter den Stiefeln. Sie verlagerte ihr Gewicht, um noch einen Schritt auf die Klippe zuzugehen, da ertönte ein Knall, ein lautes, hallendes Ploppen wie beim Entkorken einer Sektflasche. Mabel spreizte die Zehen, ihre Knie zitterten. Sie wartete darauf, dass das Eis nachgab, ihr Körper in den Fluss stürzte. Dann gab es einen erneuten Knall, und sie war überzeugt, dass das Eis unter ihren Stiefeln absackte, aber millimeterweise, nahezu unmerklich bis auf das entsetzliche Geräusch.

Sie wartete und atmete, und das Wasser kam nicht. Das Eis trug sie. Sie schob die Füße langsam vorwärts, zuerst einen, dann den anderen, ein ums andere Mal, ein langsames Schlurfen, bis sie dort stand, wo das Eis an die Klippe stieß. Sie hatte sich nie vorgestellt, einmal hier zu sein, auf der anderen Seite des Flusses. Sie drückte die bloßen Hände, dann der Länge nach den ganzen Körper an den kalten Schiefer, bis ihre Stirn an das Gestein gepresst war und sie es riechen konnte, alt und feucht.

Allmählich durchdrang die Kälte sie, darum ließ sie die Arme sinken, wandte sich von der Klippe ab und trat denselben Weg zurück an, den sie gekommen war. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Ihre Beine waren wackelig. Würde sie jetzt, da sie auf dem Nachhauseweg war, zum Tod durchbrechen?

Als sie sich festem Boden näherte, wäre sie am liebsten das letzte Stück gerannt, doch das Eis war zu glatt, deshalb schlitterte sie wie beim Schlittschuhlaufen und stolperte dann die Böschung hinauf. Sie keuchte und hustete und lachte beinahe, als sei alles eine alberne, verrückte Mutprobe gewesen. Dann stützte sie die Hände auf die Oberschenkel und bemühte sich nach vorn gebeugt, zur Ruhe zu kommen.

Als sie sich langsam aufrichtete, lag das Land unendlich weit vor ihr. Die Sonne sank über dem Fluss und warf einen kalten rosa Schein auf die weiß bemützten Berge, die das Tal zu beiden Seiten einrahmten. Flussaufwärts erstreckten sich Weidengestrüpp und Kiesbänke, Fichtenwälder und in den Niederungen Pappelhaine stahlblau bis hin zu den Bergen. Keine Felder oder Zäune, Häuser oder Straßen; nicht ein einziges Lebewesen, so weit sie sehen konnte. Nur Wildnis.

Sie war schön, das war Mabel bewusst, aber von einer Schönheit, die einen aufriss und blankscheuerte, sodass man hilflos und schutzlos war, sofern man überhaupt am Leben blieb. Mabel kehrte dem Fluss den Rücken zu und ging nach Hause.

Die Lampe brannte noch, als sie zurückkam; das Küchenfenster leuchtete, und als sie die Tür öffnete und hineinging, umfingen sie Wärme und flackerndes Licht. Alles war ungewohnt und golden. Sie hatte nicht damit gerechnet, hierher zurückzukehren.

Sie hatte das Gefühl, Stunden fort gewesen zu sein, aber es war nicht einmal sechs Uhr abends, und Jack war noch nicht zu Hause. Sie zog den Mantel aus, trat an den Holzofen und ließ die Hitze schmerzhaft in Hände und Füße dringen. Sobald sie die Finger öffnen und schließen konnte, holte sie Töpfe und Tiegel hervor, verwundert, dass sie zu einer so profanen Verrichtung fähig war. Sie legte Holz nach, kochte das Abendessen und setzte sich dann aufrecht an den klobigen Tisch, die Hände im Schoß gefaltet. Minuten später kam Jack zur Tür herein, stampfte den Schmutz von den Stiefeln und wischte Stroh von seinem Wollmantel.

Überzeugt davon, dass er irgendwie wusste, was sie überlebt hatte, beobachtete sie ihn und wartete. Er wusch sich die Hände im Spülstein, setzte sich ihr gegenüber und senkte den Kopf.

«Herr, segne dieses Mahl», murmelte er. «Amen.»

Sie legte auf jeden Teller eine Kartoffel, dazu gekochte Möhren und rote Bohnen. Keiner von beiden sprach. Nur das Kratzen von Messern und Gabeln war zu hören. Mabel versuchte zu essen, konnte sich aber nicht überwinden. Die Wörter lagen wie Granitbrocken in ihrem Schoß, und als sie schließlich sprach, war jedes einzelne so schwer und beladen, dass sie es eben noch zustande brachte.

«Ich war heute am Fluss.»

Er hob den Kopf nicht. Sie wartete darauf, dass er fragte, warum sie so etwas getan habe. Vielleicht könnte sie es ihm dann sagen.

Jack stach in seine Möhren, dann schaufelte er die Bohnen mit einem Stück Brot auf die Gabel. Er gab nicht zu erkennen, ob er sie gehört hatte.

«Er ist bis zu den Klippen zugefroren», sagte sie fast flüsternd. Mit gesenktem Blick und flachem Atem wartete sie, aber es folgte nichts als Jacks Kauen und seine Gabel auf dem Teller.

Mabel hob den Blick und sah seine vom Wind geröteten Hände und die ausgefransten Manschetten, die Krähenfüße, die sich an den Winkeln seiner gesenkten Augen ausbreiteten. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal seine Haut berührt hatte, und dieser Gedanke schmerzte in ihrer Brust wie Einsamkeit. Dann entdeckte sie ein paar silberne Strähnen in seinem rotbraunen Bart. Wann waren die aufgetaucht? Also ergraute auch er allmählich. Beide vergingen sie, ohne dass der andere es wahrnahm.

Mabel schob ihr Essen mit der Gabel hin und her. Sie blickte auf die Lampe, die von der Decke hing und Lichtfragmente verströmte. Sie weinte. Einen Augenblick saß sie da und ließ die Tränen bis zu den Mundwinkeln herablaufen. Jack aß weiter, den Kopf gesenkt. Sie stand auf und trug ihren Teller mit dem Essen zu der kleinen Küchenanrichte. Abgewandt wischte sie sich mit ihrer Schürze über das Gesicht.

«Das Eis ist noch nicht fest», sagte Jack am Tisch. «Bleib da lieber weg.»

Mabel schluckte, räusperte sich.

«Ja. Natürlich», sagte sie.

Sie machte sich an der Anrichte zu schaffen, bis ihre Augen wieder trocken waren, dann kehrte sie an den Tisch zurück und löffelte noch Möhren auf Jacks Teller.

«Wie geht’s mit dem neuen Feld voran?», fragte sie.

«Es macht sich.» Er schob sich mit der Gabel ein Kartoffelstück in den Mund, wischte ihn gleich mit dem Handrücken ab. «Die nächsten Tage kriege ich die restlichen Bäume gefällt und weggeschleppt. Danach brenne ich die Stümpfe ab.»

«Soll ich mitkommen und dir helfen? Ich könnte mich um die Stumpffeuer kümmern.»

«Nein. Ich komme schon zurecht.»

An diesem Abend im Bett war sie sich Jacks Anwesenheit besonders bewusst, des Geruchs nach Stroh und Fichtenästen in seinen Haaren und seinem Bart, seines Gewichts auf dem knarzenden Bett, des Geräuschs seiner langsamen, müden Atemzüge. Er lag von ihr abgewandt auf der Seite. Sie streckte die Hand aus, wollte seine Schulter berühren, ließ dann aber den Arm sinken und blickte im Dunkeln auf seinen Rücken.

«Meinst du, wir kommen durch den Winter?», fragte sie.

Er antwortete nicht. Vielleicht war er eingeschlafen. Sie drehte sich um und wandte das Gesicht zur Bohlenwand.

Als er sprach, fragte sich Mabel, ob seine Stimme vor Erschöpfung oder zu viel Gefühl rau klang. «Was bleibt uns anderes übrig?»

Kapitel 2

Als Jack hinaustrat, um das Pferd anzuschirren, war der Morgen so kalt, dass seine Lederstiefel steif blieben und die Hände ihm nicht recht gehorchen wollten. Der Nordwind blies unablässig vom Fluss herauf. Jack wäre lieber im Haus geblieben, doch er hatte Mabels in Handtücher eingeschlagene Kuchen schon in eine Kiste gepackt, um sie in die Stadt zu bringen. Er schlug sich auf die Arme und stampfte mit den Füßen, um den Blutfluss in Gang zu bringen. Es war verdammt kalt, und selbst die lange Unterhose mit dem Drillichstoff darüber fühlte sich an wie ein dürftiges Baumwolltuch um die Beine. Es war ihm nicht leichtgefallen, die Behaglichkeit des Holzofens zurückzulassen und sich dem hier allein auszusetzen. Die Sonne versprach, auf der anderen Seite des Flusses aufzugehen, doch ihr Licht war schwach und silbrig und spendete kaum Trost.

Jack stieg in den offenen Wagen und schüttelte die Zügel. Ohne über die Schulter zurückzublicken, spürte er, wie das Blockhaus hinter ihm zwischen den Fichten verschwand.

Als der Weg über ein offenes Feld führte, schien das Pferd über seine eigenen Hufe zu stolpern, dann warf es den Kopf zurück. Jack brachte den Wagen zum Stehen und ließ den Blick über das Feld und die fernen Bäume schweifen, sah aber nichts.

Dieses vermaledeite Pferd. Er hatte ein braves, sanftes Zugtier gewollt, bedächtig und kräftig. Aber Pferde waren hier oben äußerst rar, und er hatte keine große Auswahl gehabt – eine alte Stute mit Senkrücken, die aussah, als würde sie auf dem letzten Loch pfeifen, und das hier, jung und kaum eingewöhnt, eher dazu geeignet, auf einem Turnierplatz zu paradieren, als zu arbeiten. Jack fürchtete, es würde ihn noch ins Grab bringen.

Erst neulich hatte er Baumstämme von dem neuen Feld geschleppt, als das Pferd vor einem Ast scheute und Jack abwarf. Es stürmte vorwärts, und er wäre um ein Haar von dem Stamm zerquetscht worden. Seine Unterarme und Schienbeine waren aufgeschürft, und jeden Morgen tat ihm der Rücken weh.

Und hier lag das eigentliche Problem. Es war nicht das nervöse Pferd, sondern der erschöpfte alte Mann. Die Wahrheit wand sich in seiner Magengrube wie eine unrechte Tat. Diese Arbeit war zu viel für einen Mann in seinem Alter. Er kam nicht voran, obwohl er jeden Tag so lange und so schwer schuftete, wie er nur konnte. Nach einem langen Sommer und einem schneefreien Herbst hatte er nicht annähernd genug Land gerodet, um davon leben zu können. Er hatte in diesem Jahr von einem kleinen Feld eine klägliche Kartoffelernte eingebracht, für die kaum mehr zu bekommen war als Mehl für den Winter. Er hatte ausgerechnet, dass ihnen von dem Verkauf seines Anteils an der Farm zu Hause im Osten genug Geld für ein weiteres Jahr blieb, aber nur, wenn Mabel fortlaufend ihre Kuchen in der Stadt verkaufte.

Auch das war nicht recht, dass Mabel die rauen Fußböden selbst schrubbte und nebenbei Gebäck verkaufte. Wie anders ihr Leben hätte verlaufen können. Als Tochter eines Literaturprofessors aus privilegierter Familie hätte sie Literatur und Kunst studieren und die Nachmittage in Gesellschaft anderer feinsinniger Damen verbringen können. Mit Personal, Teetassen aus Porzellan und Petits Fours, die andere gebacken hatten.

Am Ende eines halb gerodeten Feldes zuckte das Pferd wieder zusammen, warf den Kopf zurück und schnaubte. Jack zog die Zügel an. Blinzelnd betrachtete er die gefällten Bäume ringsum und dahinter die aufrechten Birken, Fichten und Pappeln. Der Wald stand schweigend, nicht ein einziger Vogel zwitscherte. Das Pferd stampfte mit einem Huf auf die harte Erde und hielt dann still. Jack versuchte, ruhiger zu atmen, um sehen und hören zu können. Etwas beobachtete ihn.

Ein lächerlicher Gedanke. Wer sollte schon da draußen sein? Er fragte sich nicht zum ersten Mal, ob wilde Tiere einem dieses Gefühl geben konnten. Dumme Geschöpfe wie Kühe und Hühner konnten einem Mann den ganzen Tag auf den Rücken starren, ohne dass es ihn im Nacken kribbelte. Aber vielleicht waren Waldtiere anders. Er versuchte sich vorzustellen, wie ein Bär durch den Wald tappte, auf und ab, und dabei ihn und das Pferd beäugte. Kam ihm wenig wahrscheinlich vor, da der Winter so nah war. Bären suchten sich jetzt Höhlen.

Hier und da blieb sein Blick an einem Baumstumpf oder einer schattigen Stelle zwischen den Bäumen hängen. Lass gut sein, alter Mann, sagte er sich. Du machst dich noch verrückt, wenn du dauernd Ausschau hältst nach etwas, das gar nicht da ist.

Er wollte gerade die Zügel schütteln, blickte aber doch noch ein letztes Mal über die Schulter, da sah er es – eine blitzschnelle Bewegung, einen braunroten Schemen. Das Pferd schnaubte. Langsam drehte Jack sich auf dem Wagensitz um.

Ein Rotfuchs schnürte zwischen den gefällten Bäumen umher. Er verschwand kurz, tauchte plötzlich wieder auf, näher am Wald, rannte, die buschige rote Lunte tief am Boden. Er blieb stehen und wandte den Kopf. Einen Moment lang traf sich sein Blick mit Jacks, und darin, in der verengten goldenen Iris, sah Jack die Wildheit dieses Landstrichs. Als würde er der Wildnis selbst direkt ins Auge schauen.

Er blickte wieder nach vorn, schüttelte die Zügel und ließ das Pferd traben; beide waren begierig, den Fuchs hinter sich zu lassen. Die nächste Stunde rumpelte er mit dem Wagen zusammengekauert und frierend kilometerweit durch unberührten Wald. Als er sich der Stadt näherte, beschleunigte das Pferd seine Schritte, und Jack musste es zügeln, damit die Kiste nicht vom Wagen stürzte.

Zu Hause würde man Alpine nicht als Stadt bezeichnet haben. Es bestand nur aus wenigen staubbedeckten Häusern mit falschen Fassaden, die sich zwischen die Bahngleise und den Wolverine River duckten. In der Nähe hatten einige Siedler den Grund gerodet und ihn dann verlassen. Manche waren fortgegangen, um Gold zu waschen oder bei der Eisenbahn zu arbeiten, aber die meisten waren nach Hause geflohen, ohne die Absicht, jemals nach Alaska zurückzukehren.

Jack trug die Kiste mit den Kuchen zur Hotelgaststätte. Die Ehefrau des Besitzers öffnete ihm die Tür. Betty, weit über sechzig, trug die Haare kurz geschnitten wie ein Mann und führte die Geschäfte gewissermaßen allein. Roy, ihr Mann, arbeitete bei der Bezirksverwaltung und war selten zu Hause.

«Guten Morgen, Betty», sagte Jack.

«Er ist scheußlich, soweit ich sehen kann.» Sie schlug die Tür hinter ihm zu. «Höllisch kalt und kein Schnee in Sicht. So was ist mir mein Lebtag noch nicht untergekommen. Bringst du Mabels Kuchen?»

«Jawohl, Ma’am.» Er stellte sie auf den Tresen und befreite sie von den Handtüchern.

«Die Frau kann backen, das ist jedenfalls sicher», sagte sie. «Alle wollen immer nur ihren Kuchen.»

«Freut mich zu hören.»

Sie zählte einige Geldscheine aus der Kasse und legte sie neben die Kiste auf den Tresen.

«Ich weiß zwar, dass ich deswegen ein paar Kunden verlieren werde, Jack, aber leider brauchen wir von jetzt an keine Kuchen mehr. Meine Schwester zieht zu uns, und Roy sagt, sie muss sich ihren Unterhalt mit Backen verdienen.»

Er steckte die Geldscheine in seine Manteltasche, als hätte er nicht gehört, was sie gesagt hatte. Aber dann begriff er.

«Keine Kuchen mehr? Wirklich nicht?»

«Tut mir leid, Jack. Ich weiß, der Zeitpunkt ist ungünstig, jetzt, wo der Winter vor der Tür steht, aber …» Sie stockte und wirkte ausnahmsweise verlegen.

«Wir könnten mit dem Preis runtergehen, falls euch das etwas nutzt», sagte er. «Wir brauchen jeden Penny, den wir kriegen können.»

«Tut mir leid. Kann ich dir einen Kaffee und was zum Frühstück anbieten?»

«Kaffee wäre prima.» Er wählte einen Tisch an einem kleinen Fenster, das auf den Fluss hinausging.

«Geht aufs Haus», sagte sie und stellte ihm die Tasse hin.

Er war nie geblieben, wenn er die Kuchen in die Stadt brachte, aber heute Morgen zog es ihn nicht zu seinem Gehöft zurück. Was sollte er Mabel sagen? Dass sie einpacken und mit eingezogenem Schwanz heimkehren müssten? Aufgeben wie so viele vor ihnen? Er rührte Zucker in den Kaffee und sah aus dem Fenster. Ein Mann in ausgelatschten Lederstiefeln, dessen Aussehen staubverkrustete Berglager heraufbeschwor, ging am Flussufer entlang. Er hatte einen Schlafsack auf den Rucksack geschnallt, führte einen struppigen Husky am Strick und hielt in der anderen Hand ein Jagdgewehr. Hinter ihm sah Jack die von weißem Dunst verhüllten Berggipfel. In den Bergen schneite es. Bald würde es auch hier im Tal schneien.

«Hör mal, in der Mine suchen sie Arbeiter.» Betty schob ihm einen Teller Eier mit Speck hin. «Würde man sich wohl nicht gerade als Beruf aussuchen, könnte einem aber durch einen Engpass helfen.»

«Die Kohlenmine im Norden?»

«Ja. Sie zahlen nicht schlecht, und sie machen weiter, solange sie die Bahngleise frei halten können. Sie stellen Verpflegung und Unterkunft und schicken einen mit ein bisschen zusätzlichem Geld in der Tasche nach Hause. Ist vielleicht ’ne Überlegung wert.»

«Danke. Auch hierfür.» Er deutete auf den Teller.

«Gern geschehen.»

Eine elende Schufterei war das, der Kohlenbergbau. Bauern waren für Licht und Luft geboren, nicht für Stollen, die man durch Felsen getrieben hatte. Zu Hause hatte er Männer aus den Minen zurückkehren sehen, die Gesichter schwarz von Kohlenstaub, und sie husteten verschmutztes Blut. Selbst wenn er den Willen und die Kraft dazu aufbrächte, er müsste Mabel Tage, vielleicht Wochen am Stück auf dem Gehöft allein lassen.

Aber sie brauchten dringend bares Geld. Ein, zwei Monate könnten genügen, um sie bis zur nächsten Ernte durchzubringen. Für ein, zwei Monate konnte er so gut wie alles auf sich nehmen.

Er aß den letzten Happen Speck und wollte gerade aufbrechen, als George Benson lärmend durch die Tür der Gaststätte kam.

«Betty, Betty, Betty. Was hast du heute für mich? Einen von diesen Kuchen?»

«Frisch vom Gehöft, George. Setz dich, ich bring dir ein Stück.»

George drehte sich zu den Tischen um und erspähte Jack.

«Ah, guten Tag, Nachbar! Ich sag dir was – deine Frau backt einen fabelhaften Apfelkuchen.» Er warf seinen Mantel über eine Stuhllehne und klopfte sich auf den rundlichen Bauch.

«Was dagegen, wenn ich mich zu dir setze?»

«Nur zu.»

George wohnte mit seiner Frau und den drei Söhnen ungefähr fünfzehn Kilometer außerhalb der Stadt, in entgegengesetzter Richtung von Jacks und Mabels Gehöft. Jack war ihm ein paarmal im Gemischtwarenladen und hier in der Gaststätte begegnet. Er schien ein gutmütiger Mann zu sein und verhielt sich immer so, als wären sie seit langem Freunde. Sie waren ungefähr gleich alt.

«Wie geht’s bei dir voran?», fragte George, als er sich ihm gegenübersetzte.

«Wird schon.»

«Hast du Hilfe da draußen?»

«Nein. Bin allein zugange. Habe ein, zwei gute Felder gerodet. Gäbe immer noch mehr zu tun. Du kennst das ja.»

«Wir sollten uns ab und zu gegenseitig aushelfen – ich und meine Söhne kommen mit unseren Zugpferden zu dir, und ein andermal gehst du uns zur Hand.»

«Das ist ein großzügiges Angebot.»

«Wir könnten dir helfen, ein paar Dinge zu erledigen», fuhr George fort, «und deine Frau könnte rüberkommen und mit Esther quatschen, von Frau zu Frau, übers Backen oder Nähen oder was sie sonst zu bekakeln haben. Esther hat uns Männer manchmal satt. Sie wäre begeistert, wenn ihr kämt.»

Jack sagte weder ja noch nein.

«Eure Kinder sind alle erwachsen und aus dem Haus?», fragte George.

Das hatte Jack nicht erwartet. Er und Mabel waren schon so alt, nicht wahr, dass sie erwachsene Kinder mit eigener Familie haben könnten. Er fragte sich, ob ihm anzusehen war, wie er sich fühlte: als hätte ihm jemand ein Bein gestellt.

«Nein. Wir haben keine.»

«Wie bitte? Ihr habt keine, sagst du?»

«Nein.»

Er musterte George. Wenn man sagte, man habe keine Kinder, hörte sich das nach einer freien Entscheidung an, und das wäre ein ausgemachter Blödsinn. Wenn man sagte, dass man keine haben konnte, erzeugte man Verlegenheit, und die Leute bezweifelten die Zeugungskraft des Mannes oder die Gesundheit seiner Frau.

Jack wartete und schluckte.

«So lässt sich’s auch leben, nehme ich an.» George schüttelte kichernd den Kopf. «Geht bei euch bestimmt viel leiser zu. Manchmal treiben mich meine Jungs in den Suff. Streiten pausenlos, und wenn sie sich morgens aus dem Bett quälen, sehen sie aus, als hätten die Pocken sie erwischt. Den jüngsten zum Arbeiten zu kriegen, ist so leicht wie ein Ringkampf mit ’nem Wildschwein.»

Jack lachte befreit und trank einen Schluck Kaffee.

«Ich hatte einen Bruder, der war auch so. Es war fast bequemer, ihn einfach schlafen zu lassen.»

«Ja, so sind sie manchmal, zumindest, bis sie einen eigenen Hof haben und kapieren, worum es geht.»

Betty kam mit einer Tasse und einem Stück Kuchen für George an den Tisch.

«Ich hab Jack eben erzählt, dass sie im Bergwerk Arbeiter suchen», sagte sie, als sie heißen Kaffee einschenkte. «Weißt du, damit sie durch den Winter kommen.»

George hob die Augenbrauen, runzelte dann die Stirn, sprach aber nicht, bis Betty wieder in die Küche gegangen war.

«Das machst du nicht, oder?»

«Ist immerhin ’ne Überlegung wert.»

«Gütiger Himmel. Hast du den Verstand verloren? Du und ich, wir sind keine Jungspunde mehr, und die Dreckslöcher da oben sind allenfalls was für junge Männer.»

Jack nickte, das Gespräch war ihm unangenehm.

«Es geht mich ja verdammt noch mal nichts an, aber du scheinst ein netter Kerl zu sein», fuhr George fort. «Weißt du, warum sie Leute suchen?»

«Nee.»

«Sie haben Mühe, die Leute zu halten, seit es dort vor ein paar Jahren gebrannt hat. Vierzehn Mann tot. Manche so schlimm verkohlt, dass man sie nicht mehr unterscheiden konnte. Sechs von ihnen hat man nie gefunden. Ich sag dir, Jack, es lohnt die paar Kröten nicht, die sie dir bezahlen würden.»

«Das sehe ich schon ein, aber … ich stehe mit dem Rücken zur Wand. Ich weiß einfach nicht, wie ich’s schaffen soll.»

«Du musst bis zur Ernte durchkommen? Saatgeld fürs Frühjahr hast du?»

Jack lächelte gequält. «Wenn wir nicht von Zeit zu Zeit etwas essen müssten.»

«Du hast Säcke mit Möhren und Kartoffeln eingelagert, oder?»

«Sicher.»

«Hast du dir schon einen Elch erlegt?»

Jack schüttelte den Kopf. «Bin nie ein großer Jäger gewesen.»

«Ach was – das ist doch keine große Sache. Häng dir ein bisschen Fleisch in den Stall, und ihr seid bis zum Frühjahr versorgt, du und deine Frau. Schmeckt nicht gerade wie Kuchen oder Kaviar, aber ihr müsst nicht hungern.»

Jack blickte in seine leere Kaffeetasse.

«So geht es den meisten von uns», sagte George. «Die ersten Jahre sind mager. Ich sag dir, danach habt ihr Elchfleisch und Kartoffeln vielleicht über, aber ihr kommt über die Runden.»

«Stimmt schon.»

Als sei alles besiegelt, verzehrte George mit wenigen großen Bissen den Rest seines Kuchenstücks, wischte sich mit der Serviette den Mund ab und stand auf. Er reichte Jack die Hand.

«Ich muss weiter. Esther wirft mir vor, dass ich den Tag vertrödle, wenn ich jetzt nicht nach Hause fahre.» Sein Händedruck war fest und freundschaftlich. «Vergiss nicht, was ich dir gesagt hab. Und wenn du so weit bist, die Felder zu roden, kommen wir gerne rüber und helfen. Der Tag vergeht schneller, wenn man Gesellschaft hat.»

Jack nickte. «Ich weiß es sehr zu schätzen.»

Er blieb allein am Tisch sitzen. Vielleicht war es falsch von ihnen, sich so abzusondern, Mabel hatte keine einzige Freundin, mit der sie sich austauschen konnte. Georges Frau mochte ein Geschenk des Himmels sein, besonders, wenn er, Jack, nach Norden ging, um im Bergwerk zu arbeiten, und Mabel auf dem Gehöft zurückblieb.

Sie würde abwehren. Hatten sie nicht alles hinter sich gelassen, um ein neues Leben zu beginnen, nur sie beide? Ich brauche Ruhe und Frieden, hatte sie ihm mehr als einmal gesagt. Sie war gewelkt und in sich zusammengesunken, und das hatte angefangen, als sie das Baby verloren hatten. Sie sagte, sie könne kein weiteres Familientreffen mehr ertragen, mit all dem dummen Geplänkel und Klatsch. Doch Jack erinnerte sich an noch etwas. Er erinnerte sich an die schwangeren Frauen, die lächelnd über ihren Bauch strichen, und an die Neugeborenen, die wimmerten, wenn sie unter den Verwandten herumgereicht wurden. Er erinnerte sich an das kleine Mädchen, das Mabel am Rock gezupft und «Mama» zu ihr gesagt hatte, weil es sie mit einer anderen Frau verwechselt hatte, und an Mabels Gesicht, als wäre sie geohrfeigt worden. Er erinnerte sich auch, dass er sie im Stich gelassen, sich weiter mit einer Gruppe Männer unterhalten und so getan hatte, als hätte er es nicht bemerkt.

Der älteste Sohn der Bensons würde demnächst heiraten, und es würde nicht lange dauern, bis ein Baby im Haus herumkrabbelte. Jack dachte an Mabel, an das kleine, traurige Lächeln und das Zucken in ihren Augenwinkeln, das Tränen auslösen sollte, die aber nie kamen.

Er nickte Betty zu, nahm die leere Kiste und ging hinaus zum Wagen.

Kapitel 3

Es war, als hielte der bleierne Himmel den Atem an. Der Dezember nahte, und im Tal schneite es noch immer nicht. Mehrere Tage verharrte die Temperatur bei dreißig Grad minus. Wenn Mabel hinausging, um die Hühner zu füttern, war sie wie betäubt von der Kälte, die ihr schneidend unter die Haut drang und in Hüftknochen und Gelenken schmerzte. Sie beobachtete ein paar trockene Schneeflocken, aber es war nur ein Gestöber, das vom Flusswind an freistehenden Gesteinsbrocken und Baumstümpfen zu kleinen schmutzigen Verwehungen aufgehäuft wurde. Es war schwierig, den spärlichen Schnee von dem Gletschersand zu unterscheiden, der stoßweise vom Flussbett heraufgeblasen wurde und alles überzog.

Jack sagte, die Leute in der Stadt seien froh, dass bisher kein Schnee gefallen war – so blieben die Bahngleise frei, und die Kohlenmine war in Betrieb. Andere aber sorgten sich, weil der tiefe Frost einen späten Frühling und spätes Pflanzen zur Folge haben würde.

Die Tage wurden kürzer. Das Licht reichte nur sechs Stunden, und es war ein dürftiges Licht. Mabel ordnete ihre Tage nach immer demselben Muster – waschen, flicken, kochen, waschen, flicken, kochen – und versuchte, sich nicht vorzustellen, unter dem Eis zu treiben wie ein vergilbtes Blatt.

Der Backtag war ein kleines Geschenk, ein Grund zur Freude. Sie stand früh auf und holte die Mehldose und eine Büchse Schmalz hervor, als sie Jacks Hand auf ihrer Schulter spürte.

«Nicht nötig», sagte er.

«Warum nicht?»

«Betty sagt, keine Kuchen mehr.»

«Diese Woche?»

«Nie mehr. Ihre Schwester backt jetzt für sie.»

«Oh», Mabel stellte das Mehl ins Regal zurück, verblüfft über die Schwere ihrer Enttäuschung. Die Kuchen waren ihr einziger echter Beitrag zum Unterhalt gewesen, eine Aufgabe, auf die sie einigermaßen stolz gewesen war. Und die Geld einbrachte.

«Wird es reichen, Jack, ohne das?»

«Ich finde schon eine Lösung. Mach dir deswegen keine Sorgen.»

Mabel erinnerte sich jetzt, dass sie einmal neben einem leeren Bett aufgewacht war. Er hatte bei flackerndem Kerzenschein am Küchentisch gesessen, vor ausgebreiteten Papieren. Sie war wieder eingeschlafen; damals hatte sie sich nichts weiter dabei gedacht. Aber heute Morgen sah er alt und müde aus. Er ging leicht gebeugt; er hatte gestöhnt, als er aus dem Bett stieg, und sich das Kreuz gehalten. Als Mabel ihn gefragt hatte, was ihm fehle, hatte er etwas von dem Pferd gemurmelt und dass es ihm gutgehe. Und als sie anfing, ihn zu bemuttern, hatte er abgewunken. Lass mich, hatte er gesagt. Lass mich einfach.

Mabel brachte ihm übriggebliebene Kekse und ein hartgekochtes Ei zum Frühstück.

«George Benson kommt nachher mit seinen Jungs vorbei, um mir beim Schleppen der Stämme zu helfen», sagte er, während er das Ei pellte. Ihren erstaunten Blick bemerkte er offenbar nicht.

«George Benson?», fragte sie. «Und wer ist George Benson?»

«Hmm? Was?»

«Ich kenne den Mann nicht.»

«Ich hab dir schon mal von ihm erzählt.» Er nahm einen Bissen Ei und sagte mit halbvollem Mund: «Du weißt doch, er und Esther wohnen flussabwärts gleich hinter der Stadt.»

«Nein. Wusste ich nicht.»

«Sie werden in ein paar Stunden hier sein. Kümmere dich nicht ums Mittagessen – wir arbeiten durch. Aber rechne mit drei zusätzlichen Tellern beim Abendessen.»

«Ich dachte … Waren wir uns nicht einig … Warum kommen die her?»

Jack schwieg, dann stand er vom Tisch auf und griff nach seinen Lederstiefeln vor der Tür. Er setzte sich wieder hin, zog die Stiefel an und schnürte sie mit raschen, entschlossenen Bewegungen zu.

«Was soll ich sagen, Mabel? Ich bin auf Hilfe angewiesen.» Er hielt den Kopf gesenkt und zog die Schnürsenkel straff. «So einfach ist das.» Er nahm seinen Mantel vom Haken und knöpfte ihn beim Hinausgehen zu, als könne er es nicht erwarten, das Zimmer zu verlassen.

George Benson traf mit zweien seiner Söhne etwa eine Stunde später ein. Der ältere Junge mochte achtzehn oder zwanzig sein, der jüngere nicht viel älter als dreizehn oder vierzehn. Mabel sah durch das Fenster, wie sie und Jack sich am Stall trafen. Sie begrüßten sich rundum mit Handschlag, Jack nickte und grinste dabei. Die Männer beluden sich mit Werkzeug und führten das Pferdegespann, das die Bensons mitgebracht hatten, in Richtung Feld. Sie kamen nicht ins Haus. Mabel wartete darauf, dass Jack zu ihr herübersah, ihr zuwinkte wie sonst manchmal morgens, aber er tat es nicht.

Es wurde Abend, Mabel zündete die Lampen an und bereitete das Essen zu. Wenn die Männer von der Arbeit hereinkämen, wollte sie sich bemühen, freundlich, aber nicht übertrieben zuvorkommend zu sein. Sie wollte so etwas nicht fördern. Jack mochte an diesem Tag ausnahmsweise Hilfe benötigt haben, aber Freunde oder Nachbarn brauchten sie nicht. Wenn doch, wozu waren sie dann hierhergekommen? Sie hätten zu Hause bleiben können, wo es wahrlich genug Leute gab. Nein, der Sinn der Sache war gewesen, zu zweit ein wenig Trost zu finden. Hatte Jack das nicht begriffen?

Als die Männer zurückkamen, würdigten sie Mabel kaum eines Blickes. Sie waren nicht ungehobelt. George Benson und seine Jungs nickten höflich und sagten Danke und Ma’am und Reichen Sie mir bitte die Kartoffeln, aber ohne Mabel dabei richtig anzusehen. Vor allem unterhielten sie sich laut über die Arbeit, die Pferde, das Wetter und die Ernte. Sie scherzten über kaputtes Werkzeug und die hirnverbrannte Idee, in dieser gottverlassenen Gegend zu siedeln, und George schlug sich aufs Knie und entschuldigte sich für seine rüde Ausdrucksweise, und Jack lachte laut auf, und die zwei Jungs stopften sich die Mäuler voll. Die ganze Zeit hielt sich Mabel an der Küchenanrichte auf, aus dem Schein der Öllampe heraus.

Sie hatten Partner sein wollen, sie und Jack. Dies hatte ihr neues gemeinsames Leben sein sollen. Jetzt saß er lachend mit Fremden zusammen, während er sie, Mabel, seit Jahren nicht angelächelt hatte.

Nach dem Abendessen zog George seine müden Jungs von den Stühlen und verkündete, es sei Zeit, nach Hause zu gehen.

«Eure Mutter wird sich fragen, wo zum Teufel wir stecken, verdammt noch mal», sagte er und nickte Mabel zu. «Vielen Dank für das gute Essen. Hören Sie, ich habe Jack gesagt, Sie beide müssen uns besuchen. Esther möchte Sie gern kennenlernen. Die meisten Siedler hier in der Gegend sind schmuddelige alte Junggesellen. Ein bisschen weibliche Gesellschaft würde ihr ganz gut tun.»

Sie hätte sich bei ihnen für die Hilfe bedanken und sagen sollen, sie werde nächstens vorbeikommen, um seine Frau kennenzulernen, aber sie sagte nichts. Sie konnte sich durch die Augen dieser Männer sehen – eine verklemmte Frau aus dem Osten. Ihr gefiel nicht, was sie sah.

Sobald George und seine Jungs gegangen waren, machte sie auf dem Ofen Wasser heiß und spülte die Teller; das Geklapper verschaffte ihr einige Befriedigung, und ihr Zorn verrauchte ganz, als sie sah, dass Jack im Sessel neben dem Ofen längst eingeschlafen war. Sie war mit ihrem vergeblichen Geklapper allein.

Sie bedeckte ihre Hände mit der Schürze, nahm die Schüssel mit dem schmutzigen Spülwasser, schob mit dem Ellenbogen den Türriegel auf und trat hinaus. Sie ging über den eisglatten Hof und schüttete das Wasser in eine schmale Rinne hinter dem Haus. Dampf hüllte sie ein und löste sich langsam auf. Über ihr glitzerten metallisch die fernen Sterne, und der Nachthimmel kam ihr grausam vor. Die kalte Luft füllte ihre Nase und kühlte ihre Haut. Hier beim Haus war die Luft still, aber sie konnte den Wind unten am Fluss heulen hören.

Es vergingen ein paar Tage, ehe Jack die Bensons wieder erwähnte, und er schnitt das Thema an, als befänden sie sich mitten in einem Gespräch.

«George meint, wir sollen an Erntedank gegen Mittag vorbeikommen. Ich habe ihm gesagt, du backst einen Kuchen. Er vermisst deine Kuchen drüben im Hotel.»

Mabel sagte weder ja noch nein und stellte auch keine Fragen. Sie wunderte sich, wie Jack sicher sein konnte, dass sie ihn überhaupt gehört hatte.

Während sie in der Schachtel mit ihren Rezepten kramte und versuchte zu entscheiden, was sie backen sollte, dachte sie an die Erntedankfeiern im Allegheny River Valley, wo Jacks Tanten, Onkel, Vettern und Cousinen, Großeltern und Enkelkinder, Freunde und Nachbarn sich zum Feiern auf der Farm der Familie eingefunden hatten. Solche Tage waren für Mabel die allerschlimmsten gewesen. Schon als Kind hatte sie sich unter vielen Menschen unbehaglich gefühlt, und mit dem Älterwerden fand sie das Geplauder und die neugierigen Fragen erst recht unerträglich. Während die Männer über die Obstwiese schlenderten und Geschäftliches besprachen, war sie im Frauenreich voll Geburt und Tod gefangen, und beides schien ihr als Thema für belangloses Geschwätz nicht geeignet. Unmittelbar unter der Oberfläche dieses Geplauders lauerte außerdem die Anspielung auf ihr Versagen, getuschelt und abgebrochen, wenn sie Zimmer betrat und verließ. Vielleicht, so wurde geflüstert, vielleicht hätte Jack sich eine robustere Frau suchen sollen, eine, die schwere Arbeit nicht scheute, eine mit gebärfreudigem Becken. Diese hochgestochenen Damen konnten vielleicht über Politik und hohe Literatur diskutieren, aber konnten sie um Himmels willen ein Kind gebären? Seht ihr ihre Haltung? Höher könnte sie ihre Nase nicht tragen. Dieser stocksteife Rücken! Eine ach so zarte Konstitution. Zu stolz, um ein Waisenkind anzunehmen.

Mabel entschuldigte sich dann, um draußen frische Luft zu schnappen, doch das erregte nur die Aufmerksamkeit einer neugierigen Großtante oder wohlmeinenden Schwägerin, die ihr riet, wenn sie nur entgegenkommender, freundlicher wäre, dann würde sie sich vielleicht besser mit Jacks Verwandtschaft verstehen.

Vielleicht würde es mit den Bensons genauso sein. Vielleicht würden sie feststellen, dass sie nicht dafür geeignet war, als Siedlerin in Alaska zu überleben. Würden sie aburteilen als unfruchtbar, kalt und eine Last für Jack. Schon bildete sich tiefe Abneigung in ihr. Sie erwog, Jack zu sagen, sie sei zu krank, um hinzugehen. Doch am Morgen des Erntedanktages stand sie früh auf, lange vor Jack, legte mehr Holz in den Ofen und rollte den Teig aus. Sie wollte einen Walnusskuchen nach dem Rezept ihrer Mutter backen und einen Kuchen aus getrockneten Äpfeln. War das genug, zwei Kuchen? Sie hatte gesehen, wie die Jungs futterten, wie sie ihre Teller mit großen Bissen im Nu leerten. Vielleicht buk sie besser drei? Was, wenn die Krusten pappig wurden oder die Bensons keine Walnüsse oder Äpfel mochten? Es sollte ihr einerlei sein, was die Bensons dachten. Und doch, mit den Kuchen repräsentierte sie sich selbst. Sie mochte schroff und undankbar sein, aber weiß Gott, backen konnte sie.

Als die Kuchen im Holzbackofen waren, wählte Mabel ein dunkles Baumwollkleid, von dem sie hoffte, dass es angemessen war. Sie erhitzte das Bügeleisen auf dem Ofen. Sie wollte annehmbar aussehen, aber nicht wie eine übertrieben elegante Fremde. Als sie fertig war und die Kuchen aus dem Ofen genommen hatte, suchte sie Wolldecken und Gesichtsschutz für sich und Jack zusammen. Sie hatten eine lange, kalte Fahrt im offenen Wagen vor sich.

Nachdem Jack die Tiere gefüttert und getränkt und das Pferd angeschirrt hatte, setzte Mabel sich neben ihn auf den Wagensitz, die noch warmen, in Handtücher eingeschlagenen Kuchen auf dem Schoß. Ein unerwartet aufgeregter Schauer lief ihr über den Rücken. Was immer bei den Bensons geschehen würde, es war gut, aus dem Haus zu kommen. Sie hatte das Gehöft seit Wochen nicht verlassen. Auch Jack wirkte vergnügter. Er schnalzte dem Pferd zu, und als sie dem Weg folgten, der von ihrem Besitz wegführte, zeigte er Mabel, wo er gerodet hatte, und erzählte ihr von seinen Ideen für das Frühjahr. Er schilderte, wie das Pferd ihn neulich beinahe getötet hätte und wie es vor einem Rotfuchs gescheut hatte.

Mabel hakte sich bei ihm unter. «Du hast eine ganze Menge geleistet.»

«Ohne die Bensons hätte ich es nicht geschafft. Ihre Arbeitspferde sind einfach fabelhaft. Da kann diese Kreatur hier nicht mithalten.» Er schüttelte sachte die Zügel.

«Hast du seine Frau schon kennengelernt?»

«Nein. Bloß George und seine Söhne. George war früher Goldgräber, aber dann ist er Esther begegnet, und sie haben beschlossen, sich niederzulassen und eine Familie zu gründen.» Jack zögerte, räusperte sich. «Scheint mir jedenfalls ein netter Kerl zu sein. Er hat uns sehr geholfen.»

«Ja, allerdings.»

Als sie bei den Bensons ankamen, trat gerade jemand aus dem Stall. Mabel dachte zuerst, es sei George, der sich da mit einem flatternden, kopflosen Truthahn abmühte, aber dafür war die Person zu klein. Außerdem schaute ein dicker grauer Zopf unter der Wollmütze hervor.

«Das muss Esther sein», sagte Jack.

«Meinst du?»

Die Frau hob das Kinn zum Gruß und rang mit dem großen, sterbenden Vogel in ihren Armen. Blut spritzte um ihre Füße.

«Geht schon mal ins Haus», rief sie ihnen zu. «Die Jungs helfen euch dann mit dem Pferd.»

Drinnen setzte sich Mabel allein an den vollgestellten Küchentisch, Jack verschwand mit George und dem jüngeren Sohn nach draußen. Die Hände im Schoß, den Rücken gerade, überlegte sie, wo sie wohl essen würden. Der Tisch war überladen mit Stapeln von Katalogen, gespülten, leeren Einmachgläsern und Stoffballen. Es roch stark nach Kohl und sauren Moosbeeren. Das Blockhaus war nicht viel größer als das von Jack und Mabel, hatte aber ein Dachgeschoss, wo sich vermutlich die Betten befanden. Das Haus war so krumm und schief, dass einem fast schwindlig werden konnte; der Fußboden senkte sich zu einer Seite, und die Ecken waren nicht rechtwinklig. Steine, gebleichte Tierschädel und getrocknete Wildblumen waren auf den Fensterbänken aufgereiht. Ohne sich vom Fleck zu rühren, ließ Mabel neugierig ihren Blick schweifen.

Sie zuckte zusammen, als die Tür aufgestoßen wurde.

«Dieser verflixte Vogel. Man sollte meinen, er lässt’s gut sein und gibt den Geist auf. Aber nein, er macht einen Mordsaufstand, dabei hat er nicht mal mehr ’nen Kopf am Hals.»

«Oh. Ach du meine Güte. Kann ich irgendwie helfen?»

Ohne die schmutzigen Stiefel auszuziehen, stampfte die Frau am Tisch vorbei und warf den Truthahn auf die überfüllte Anrichte. Eine Schmalzdose fiel krachend zu Boden; Esther kickte sie zur Seite und wandte sich Mabel zu, die verwirrt und ein wenig verschreckt aufstand.

Esther streckte grinsend ihre blutbefleckte Hand aus.

«Mabel? Hab ich recht? Mabel?»

Mabel nickte und ließ sich von Esther kräftig die Hand schütteln.

«Esther. Aber das hast du dir wohl schon gedacht. Schön, euch endlich hier zu haben.»

Unter dem Wollmantel trug Esther eine geblümte Bluse und eine Männer-Drillichhose. Ihr Gesicht war blutbefleckt. Als sie die Wollmütze herunternahm, standen struppige Haarsträhnen ab. Sie schwang den Zopf auf den Rücken und füllte Wasser in einen großen Topf.

«Man sollte meinen, bei all den Männern hier findet sich einer, der mir einen Truthahn schlachtet und rupft. Pustekuchen.»

«Kann ich ganz bestimmt nichts tun?» Vielleicht würde Esther sich ja noch für ihr Aussehen oder für die Unordnung im Haus entschuldigen. Vielleicht gab es ja eine Erklärung, einen Grund dafür.

«Nein, nein. Mach’s dir einfach gemütlich. Du kannst uns Tee machen, wenn du magst, solange ich den verfluchten Vogel in den Ofen schiebe.»

«Oh. Ja. Danke.»

«Weißt du, was unser Jüngster angestellt hat? Wir halten uns ein paar Truthähne, nur, um sie bei Anlässen wie heute zu braten, und er geht gestern hin und schießt ein Dutzend Schneehühner. Fürs Erntedankfest, sagt er. Was brauch ich zum Erntedank ein Dutzend tote Schneehühner? Wozu Truthähne füttern, wenn man dann Schneehühner isst?»

Sie sah Mabel an, als erwarte sie eine Antwort.

«Ich … Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Ich wüsste nicht, dass ich schon mal ein Schneehuhn gegessen hätte.»

«Schmeckt ja ganz gut. Aber zu Erntedank muss es für mich Truthahn sein, fertig.»

«Ich habe Kuchen mitgebracht. Zum Nachtisch. Ich habe sie dort auf den Stuhl gestellt. Ich wusste nicht recht, wohin damit.»

«Großartig! Ich hatte keine Zeit, an was Süßes auch nur zu denken. George sagt, es ist schwachsinnig von Betty, auf deine Kuchen zu verzichten. Er schwärmt davon. Nicht, dass er sie nötig hätte. Hast du die Wampe von dem Mann gesehen?»

Wieder sah sie Mabel erwartungsvoll an.

«Oh, das würde ich nicht …»

Esthers schallendes Gelächter ließ Mabel zusammenfahren.

«Ich sag ihm immer, er allein hält dieses Lokal am Laufen, und das sieht man ihm langsam an», sagte sie.

Es kam Mabel vor, als sei sie durch ein Loch in eine andere Welt gefallen. Diese hatte nichts gemein mit ihrer stillen, wohlgeordneten Welt aus Dunkelheit und Licht und Schwermut. Diese hier war unaufgeräumt, aber anheimelnd und mit Lachen erfüllt. George machte sich über die beiden Frauen lustig, die redeten «wie ein Wasserfall», statt sich ums Essen zu kümmern. Es war längst Abend geworden, als das Mahl aufgetragen wurde, doch das schien niemanden zu stören. Der Truthahn war außen trocken und innen halb roh. Jeder musste sein Stück vorsichtig auswählen und abschneiden. Die Soße war klumpig. Der Kartoffelbrei war cremig und perfekt gelungen. Esther entschuldigte sich für nichts. Zum Essen balancierten sie ihre Teller auf dem Schoß. Niemand sprach ein Tischgebet, aber George hielt sein Glas in die Höhe und sagte: «Auf unsere Nachbarn. Und darauf, dass wir durch den nächsten Winter kommen.» Alle hoben die Gläser.

«Und darauf, dass wir nächstes Jahr Schneehühner essen», sagte Esther, und alle lachten.

Nach dem Kuchen erzählten die Bensons Geschichten aus ihrer Zeit auf dem Hof, davon, wie einmal so hoch Schnee gelegen hatte, dass die Pferde ganz nach Belieben Zäune überschreiten konnten, von solcher Kälte, dass das schmutzige Spülwasser beim Ausschütten gefroren war.

«Aber ich möchte nirgends anders auf der Welt leben», sagte Esther. «Und ihr? Kommt ihr beide von einer Farm im Süden?»

«Nein. Aber Jacks Familie besitzt eine Farm am Allegheny in Pennsylvania.»

«Was wird da angebaut?», fragte George.

«Äpfel und Futtergras vor allem», sagte Jack.

Esther wandte sich an Mabel. «Und du?»

«Ich bin vermutlich das schwarze Schaf. Niemandem in meiner Familie würde es einfallen, auf einer Farm zu leben oder nach Alaska zu ziehen. Mein Vater war Literaturprofessor an der Universität von Pennsylvania.»

«Und das hast du alles aufgegeben, um hierherzukommen? Was hast du dir dabei gedacht, um Gottes willen?» Esther stieß Mabel schelmisch mit dem Ellenbogen an. «Er hat dich überredet, was? So ist es oft. Die Männer schleppen ihre armen Frauen mit ins Abenteuer im fernen Norden, dabei wünschen die sich nichts weiter als ein heißes Bad und eine Haushälterin.»

«Nein, nein. So war es nicht.» Alle Blicke richteten sich auf sie, sogar Jacks. Sie zögerte, fuhr dann aber fort: «Ich wollte hierherkommen. Jack auch, aber letztendlich habe ich ihn dazu gedrängt. Warum, weiß ich selbst nicht so genau. Ich glaube, wir hatten eine Veränderung nötig. Wir mussten etwas für uns selbst tun. Hört sich das einleuchtend an? Den eigenen Boden bestellen und wissen, dass er einem voll und ganz gehört. Nichts für selbstverständlich halten. Alaska schien uns der richtige Ort für einen Neuanfang zu sein.»

Esther grinste. «Du hast es nicht schlecht getroffen mit ihr, was, Jack? Posaun das bloß nicht herum. Solche wie sie gibt’s nicht viele.»

Obwohl Mabel nicht aufblickte, wusste sie, dass Jack sie beobachtete, und sie errötete. Sie sprach selten so, wenn auch Männer anwesend waren. Vielleicht hatte sie zu viel gesagt.

Als um sie herum andere Gesprächsthemen aufkamen, überlegte sie, ob sie die Wahrheit gesagt hatte. Waren sie deshalb in den Norden gekommen – um eine Existenz aufzubauen? Oder war sie von Angst getrieben worden? Angst vor dem Grau, nicht nur in ihren Haarsträhnen und welkenden Wangen, sondern dem Grau, das tiefer reichte, bis ins Mark, sodass sie dachte, sie könne sich jeden Moment in feinen Staub verwandeln und einfach mit dem Wind fortrieseln.

Mabel erinnerte sich an den Nachmittag vor nicht ganz zwei Jahren. Sonnig und strahlend. Der Duft der Obstwiese lag in der Luft. Jack saß auf der Verandaschaukel seines Elternhauses und beschattete die Augen vor der Sonne. Es war ein Familienpicknick, doch sie waren diesen einen Moment unter sich. Sie hatte den zusammengefalteten Handzettel aus der Tasche ihres Kleides gezogen – «Juni 1918. Alaska, unsere neue Heimat.»

Sie sollten gehen, sagte sie.

Nach Hause?, fragte er.

Nein, sagte sie und hielt ihm die Anzeige hin. Nach Norden.

Die Bundesregierung suchte Farmer, die sich entlang der neuen Bahnstrecke ansiedelten. Die Alaska-Eisenbahn und eine Dampfschifffahrtsgesellschaft boten denen, die so mutig waren, sich auf die Reise zu machen, verbilligte Tarife an.

Sie hatte sich um einen gelassenen Tonfall bemüht, damit die Verzweiflung ihr nicht die Stimme brach. Jack begegnete ihrer neuen Begeisterung mit Skepsis. Sie wurden beide bald fünfzig. Gewiss, als junger Mann hatte er davon geträumt, nach Alaska zu gehen, sich in einer so wilden, großartigen Gegend zu bewähren, aber war es dafür jetzt nicht zu spät?

Solche Zweifel hatte Jack mit Sicherheit, sprach sie aber nicht aus. Er verkaufte seinen Brüdern seinen Anteil an dem Land und dem Betrieb. Mabel packte die Koffer voll mit Geschirr und Töpfen und so vielen Büchern, wie hineinpassten. Sie fuhren mit der Eisenbahn an die Westküste, dann mit dem Dampfer von Seattle nach Seward, Alaska, und wieder mit dem Zug nach Alpine. Ohne Vorankündigung, ohne irgendwelche Anzeichen von Zivilisation hatte der Zug unterwegs hin und wieder gehalten, ein einzelner Mann war ausgestiegen, hatte sein Gepäck geschultert und war zwischen Fichten und Flusstälern verschwunden. Mabel hatte ihre Hand auf Jacks Arm gelegt, aber er starrte mit unergründlicher Miene aus dem Zugfenster.

Sie hatte sich ausgemalt, wie sie beide auf grünen Feldern arbeiten würden, umringt von Bergen, so hoch und schneebedeckt wie die Schweizer Alpen. Die Luft würde klar und kalt sein, der Himmel unendlich weit und blau. Seite an Seite, verschwitzt und müde, würden sie sich gegenseitig anlächeln, wie sie es als junge Liebende getan hatten. Es würde ein hartes Leben werden, aber es würde ihnen allein gehören. Hier am Rand der Welt, weit entfernt von allem, was vertraut und sicher war, würden sie sich inmitten der Wildnis ein neues Heim bauen, als Partner, weit entfernt von den Schatten kultivierter Obstgärten und den Generationen erwartungsvoller Familienmitglieder.

Aber hier waren sie nun. Nie zusammen auf den Feldern. Sprachen immer weniger miteinander. Im ersten Sommer hatte sie in der Stadt in dem schmuddeligen Hotel gewohnt, während Jack das Blockhaus und den Stall baute. Auf der Kante der schmalen Matratze sitzend, auf der gewiss mehr Bergarbeiter und Pelztierjäger gelegen hatten als Frauen aus Pennsylvania, erwog Mabel, ihrer Schwester zu schreiben. Sie war allein. Die unermüdliche Sonne vergönnte ihr nicht einen Augenblick Ruhe. Aus allem, was sie vor sich sah – den Spitzengardinen am Fenster, der Schindelverschalung, ihren eigenen alternden Händen –, war die Farbe gewichen. Wenn sie das Hotelzimmer verließ, gab es nur einen einzigen schlammigen, tief gefurchten Pfad entlang den Bahngleisen. Er begann zwischen Bäumen, und er endete zwischen Bäumen. Keine Bürgersteige. Keine Cafés oder Buchhandlungen. Nur Betty in ihren Männerhemden und Arbeitshosen mit ihren ewigen Ratschlägen, wie man Sauerkraut und Elchfleisch einmacht, wie man das Jucken von Mückenstichen mit Essig lindert, wie man Bären durch das Blasen in ein Rinderhorn abwehrt.

Mabel wollte ihrer Schwester schreiben, konnte aber nicht eingestehen, dass sie einem Irrtum erlegen war. Alle hatten sie gewarnt, dass Alaska nur für vereinsamte Männer und anspruchslose Frauen etwas sei, dass für sie kein Platz sei in der Wildnis. Sie drückte die Anzeige, die eine neue Heimat verhieß, an die Brust und schrieb keinen Brief.

Als Jack sie dann auf das Gehöft holte, war sie entschlossen, an ihren Traum zu glauben. Das also war Alaska – rau, hart. Ein Holzhaus aus frisch geschlagenen, entrindeten Baumstämmen, ein Fleckchen Erde voller Baumstümpfe als Hof, Berge, deren Zacken sich in den Himmel bohrten. Jeden Tag fragte sie, kann ich mit dir auf die Felder kommen, und er sagte nein, bleib hier. Abends kam er mit gebeugtem Rücken zurück, übersät mit blauen Flecken und Insektenstichen. Sie kochte und putzte, kochte und putzte und sah sich zunehmend aufgezehrt von dem Grau, bis selbst ihre Augen trüber wurden und die Welt ringsum der Farben beraubt war.

Mabel strich sich mit den Händen über den Schoß, fuhr wieder und wieder die Knitterfalten im Stoff nach, bis ihre Ohren ein paar von den Worten um sie herum aufschnappten. Es ging um das Bergwerk nördlich der Stadt.

«Ich sag’s noch mal, Jack, verschwende keinen weiteren Gedanken daran. Das ist nur eine schnelle Methode, aus dieser Welt zu scheiden.»

Mabel saß ganz ruhig.

«Habe ich das Wort Kohlenbergwerk gehört?», fragte sie.

«Ich weiß, die Zeiten sind schwierig, Mabel, aber dafür muss man sich nicht schämen», sagte George und zwinkerte ihr zu. «Behalte deinen Mann einfach zu Hause und verliert nicht den Mut. Das wird schon wieder.»

Als George und seine Söhne sich darüber unterhielten, auf wie viele grauenhafte Arten jemand unter Tage zum Krüppel werden oder zu Tode kommen konnte, wandte Mabel sich Jack zu und flüsterte eindringlich: «Du hast daran gedacht, mich allein zu lassen, um im Bergwerk zu arbeiten?»

«Darüber sprechen wir später», sagte er.

«Ihr braucht nichts weiter als einen Elch im Stall. Und dann spart ihr euer Geld fürs Frühjahr», sagte George. Mabel runzelte verständnislos die Stirn.

«Einen Elch», fragte sie, «in unserem Stall?»

Esther lachte.

«Keinen lebendigen, meine Liebe», sagte sie. «Fleisch. Damit ihr was zu essen habt. Wir haben es in den Anfangsjahren auch so gemacht. Am Ende kriegt ihr Stampfkartoffeln, Bratkartoffeln, gekochtes Fleisch, gebratenes Fleisch mächtig über, aber sie bringen euch durch.»

«Ziemlich spät im Jahr für Elche», murmelte der jüngste Sohn, der mit den Händen in den Taschen in der Küche stand. «Er hätte sich besser kurz vor der Brunftzeit einen besorgt.»

«Sind aber noch welche draußen, Garrett», sagte George. «Er muss sich bloß ein bisschen mehr anstrengen, um einen aufzuspüren.»

Der Junge hob zweifelnd die Schultern.

«Hört nicht auf ihn.» Esther deutete mit dem Daumen auf den Jungen. «Er hält sich für den nächsten Daniel Boone, ihr wisst schon, den berühmten Pelztierjäger.»

Einer der älteren Söhne knuffte Garrett lachend in den Arm. Der jüngere ballte die Fäuste und schubste seinen älteren Bruder dermaßen von sich, dass der gegen den Küchentisch stieß. Es kam zu einer lautstarken Rangelei, und Mabel erschrak, bis sie sah, dass die Sache George und Esther kaltließ. Als das Getümmel schließlich sogar den Bensons zu viel wurde, brüllte Esther: «Jetzt reicht’s, Jungs», und da beruhigten sie sich.

«Garrett nimmt vielleicht den Mund zu voll, aber ich sag dir, Jack, er kann mit einem Gewehr umgehen.» George wies mit vorgeschobenem Kinn stolz auf seinen Jüngsten. «Seinen ersten Elch hat er geschossen, da war er zehn. Er bringt mehr Wild nach Hause als wir Übrigen zusammen.»

Esther beugte sich zu Mabel hinüber und sagte: «Einschließlich der verflixten Schneehühner.»

Mabel versuchte zu lächeln, doch ihre Gedanken schlugen Purzelbäume. Er würde sie im Stich lassen, würde sie in dem kleinen, dunklen Haus allein lassen.

Jetzt sprachen die Männer über die Elchjagd, und sie hatte wieder einmal das eigentümliche Gefühl, dass sie sich schon zuvor über dieses Thema unterhalten hatten und sie die unwissende Außenstehende war.