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Muhammads Weisheit und Lehre für heute
Sich vom Wort des Propheten Muhammad begleiten zu lassen – für Imam Benjamin Idriz ist das eine Selbstverständlichkeit. Hier lädt er dazu ein, es selbst zu probieren. Für jede Woche des Jahres bietet das Buch einen ausgewählten Abschnitt aus dem Koran und für jeden Freitag, Samstag und Sonntag eines Jahres, den Tagen also, die für Muslime, Juden und Christen die Ruhetage der Woche sind, einen Hadith, eine Lehraussage Muhammads.
Ein Streifzug durch den Koran wird so ergänzt um die Auslegung, die Muhammad seiner Botschaft in konkreten Lebensfragen und Lebenssituationen gab. In aktueller Weise und zeitgemäßer Sprache wird so die Menschenfreundlichkeit und Weisheit, die Lebensdienlichkeit und Zugewandtheit deutlich, die dem Propheten und dem Islam innewohnen und die heute – von Muslimen und Nichtmuslimen – so oft übersehen werden.
Ein Buch, das die Perspektive weitet, spirituell berührt und zum Gespräch einlädt.
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Seitenzahl: 147
Veröffentlichungsjahr: 2025
Angesichts der Tatsache, dass der Prophet Muhammad »zu allen Menschen« gesandt wurde, ist es bedauerlich, dass seine Worte nur einem kleinen Teil der Weltbevölkerung bekannt und überhaupt zugänglich sind. Weit verbreitete Missverständnisse bezüglich des Propheten Muhammad sind der mangelnden Kenntnis seiner Mission geschuldet. Im Koran beklagt Gott in der Sure Sabā´ (34:28), dass »die meisten Menschen kein Wissen über den Gesandten haben«. Daraus ergibt sich eine gewisse Verantwortung für Muslime, das Erbe des Propheten für mehr Menschen zugänglich zu machen.
Diese Hadīth-Sammlung ist ein neuer und innovativer Versuch, die Botschaft des Propheten über den engen muslimischen Rahmen hinaus einer weiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Er ist von der Hoffnung getragen, dass viele Menschen, sowohl Muslime als auch Nichtmuslime, ein zutreffenderes und umfassenderes Bild des Propheten Muhammad erhalten, der »nur als Barmherzigkeit für die Welten« gesandt wurde.
Imam Benjamin Idriz, geboren 1972 in Skopje/Nordmazedonien, ist seit 1995 Imam der Islamischen Gemeinde Penzberg (www.islam-penzberg.de) und seit 2009 Vorsitzender des »Münchner Forum für Islam e. V.« (www.islam-muenchen.de)
Er ist außerdem Autor folgender Bücher: »Grüß Gott, Herr Imam – Eine Religion ist angekommen« (2010); »Der Koran und die Frauen – Ein Imam erklärt vergessene Seiten des Islam« (2019); »Wie verstehen Sie den Koran, Herr Imam? – Grundgedanken für einen Islam Heute und Hier« (2021).
Benjamin Idriz
DAS SCHÖNE WORT
Mit der Weisheit des Korans und der Hadīthe durch das Jahr
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Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln
Umschlag und Innengestaltung: © Edib Agagyshi, Istanbul
ISBN 978-3-641-33022-4V002
www.gtvh.de
Dieses Buch widme ich all jenen, die den Wert respektvoller Worte und menschlicher Würde schätzen und bewahren. Möge es Inspiration und Ansporn sein, die Welt mit Mitgefühl und Weisheit zu gestalten.
ERSTES KAPITEL: EINFÜHRUNG
Die Weltanschauung des Propheten zwischen Herabwürdigung und Marginalisierung
Der Ursprung dieses Werkes geht auf mein im Jahr 2018 erschienenes Buch »Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat ...« – Ein Prophet spricht zur ganzen Welt1 zurück. Dieses Werk hatte ich damals als Antwort auf Papst Benedikt XVI. (gest. 2022) verfasst. In einer Vorlesung an der Universität Regensburg hatte dieser am 12. September 2006 den byzantinischen Kaiser Manuel II. Palaiologos (1350‐1425) mit den Worten zitiert: »Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten.« Der Kaiser macht den Propheten Muhammad, Friede sei auf ihm2, hier zur Zielscheibe; er schreibt dem Propheten Unmenschlichkeit, extremistische Züge und Gewaltaffinität zu. Deutlich wird: Dass der Koran und der Prophet Muhammad in unterschiedlicher Art und Weise, absichtlich oder unabsichtlich, bewusst oder unbewusst, hier und dort geächtet, stigmatisiert und an den Pranger gestellt werden, ist nichts Neues. Die Dehumanisierung der Lehre des Propheten Muhammad ist in manchen nichtmuslimischen Kreisen vielmehr ein sehr altes Phänomen.3
Mein Buch aus dem Jahr 2018 ist eine Sammlung von 100 Aussagen des Propheten. Diese Aussagen antworten auf die Vorwürfe, er, Muhammad, habe nur Schlechtes, Inhumanes und Gewalt gebracht. Die Antwort erfolgt unmittelbar: mit den eigenen Worten Muhammads. Denn niemand vermag es besser, die Position des Propheten darzustellen als er selbst. Ich habe ein Exemplar meines Buches an Papst Benedikt XVI. und eines an seinen Nachfolger Papst Franziskus geschickt. Von beiden erhielt ich im Juli 2018 sehr höfliche schriftliche Rückmeldungen, jeweils höchstpersönlich unterschrieben.
Ich habe das Gefühl, dass die beiden geistlichen Oberhäupter der Katholiken den Propheten Muhammad durch mein Buch besser kennengelernt haben und dies zur Verständigung der Religionen beigetragen hat. Insbesondere Papst Franziskus hat sich nicht nur stark für den interreligiösen Dialog eingesetzt, sondern auch unmissverständlich jede Form von Islamfeindlichkeit verurteilt4 und eine pauschale Aburteilung des Islams entschieden zurückgewiesen.5 Er hat den Dialog und die Akzeptanz aller Religionen zu seinen Grundsätzen erhoben. Am 4. Februar 2019 unterzeichneten Papst Franziskus und der Großimam der Al-Azhar Universität, Ahmad Al-Tayyeb, in Abu Dhabi das Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt.6 Dieses sogenannte Abu Dhabi-Abkommen ist ein bedeutendes Schriftstück, das einen historischen Moment markiert.
Als das Buch ausverkauft war, es aber weiterhin Nachfrage nach einer weiteren Auflage gab, entschloss ich mich dazu, das Werk grundlegend zu überarbeiten. Das Buch präsentiert sich nun inhaltlich, optisch und konzeptionell vollkommen neu. Die Ausgabe, die Sie in Händen halten, ist eine Art Sammlung von Hadīthen7 in deutscher Sprache, allerdings nicht in der üblichen Form.8 Es handelt sich vielmehr um den Versuch, die Aussagen des Propheten Muhammad neu auszuwählen und in einer Form zu präsentieren, die sowohl zeitgemäß ist, als auch die Relevanz der Hadīthe für unsere Lebensrealität hervorhebt. Ich lasse sozusagen den Propheten Muhammad in dieser Sammlung in die heutige Welt und zu den heutigen Menschen, ob muslimisch oder nichtmuslimisch, sprechen. Dieses Hadīth-Buch versteht sich als eine Art Update der klassischen Hadīth-Sammlungen.
Hadīth-Wissenschaftler haben in früherer Zeit, basierend auf von ihnen festgelegten Kriterien, die Hadīthe sorgfältig untersucht, klassifiziert, kategorisiert und dokumentiert. Als Ergebnis ihrer Forschung sind dutzende von Hadīth-Sammlungen entstanden. Diese Bücher sollen uns beispielsweise aufzeigen, welcher Hadīth als authentisch (ṣaḥīḥ), gut (ḥasan), schwach (ḍaʿīf) oder gefälscht (mauḍūʿ) betrachtet werden sollte.
In Anbetracht dieses bestehenden Erbes der Überlieferungen habe ich 156 Hadīthe ausgewählt. Die traditionellen Überlieferer der im Folgenden aufgeführten Hadīthe sind jeweils angegeben. Die Quellen für die ausgewählten Überlieferungen sind in der Hadīth-Enzyklopädie Dorar zu finden.9 Die Auswahl der Hadīthe orientiert sich an der Akzeptanz, die sie bei früheren Hadīth-Wissenschaftlern fanden, berücksichtigt jedoch zugleich sechs Kriterien, die darauf abzielen, eine Konsistenz, d.h. Widerspruchsfreiheit, der Überlieferungen in Bezug auf den Koran zu gewährleisten, nämlich:
Der Koran als Oberinstanz des Propheten Das Menschsein des Propheten Die Barmherzigkeit des Propheten Die Gerechtigkeit des ProphetenDie Frohe Botschaft des Propheten Die Universalität der prophetischen BotschaftDiese Kriterien bilden die Grundlage für die Auswahl der Hadīthe und spiegeln die zeitlose Relevanz der Lehren des Propheten Muhammad wider. Ich bin der Überzeugung, dass ein Hadīth oder eine Sunna10 diese sechs koranischen Kriterien erfüllen muss. Dabei sollten diese Kriterien jedoch nicht als exklusiv oder abschließend verstanden werden, da aus dem Koran möglicherweise auch andere Kriterien abgeleitet werden können. Die Weisheit des Propheten, die sich in seinen Worten oder seinem Verhalten manifestiert, sollte den Prinzipien des Korans, dem Menschsein, der Barmherzigkeit, der Gerechtigkeit, der Frohen Botschaft und der Universalität der prophetischen Botschaft genügen. Die Lebensweise des Propheten, eben die Sunna, betrachte ich als eine umfassende Geisteshaltung. Die Art und Weise, wie er sprach und lebte, spiegelt seine grundlegende Weltanschauung wider.
Ich betone diese sechs Kriterien, weil in der Geschichte der Muslime aus ideologischen, politischen, geografisch-kulturellen und anderen Gründen Hunderte von Überlieferungen entstanden sind, die sich auf den Propheten berufen, die aber im Widerspruch zur Lehre des Korans, zum gesunden Menschenverstand, zum barmherzigen Charakter des gerechten Propheten sowie zur frohen und universellen Botschaft seiner Mission stehen.
Zum besseren methodologischen Verständnis seien diese sechs Kriterien im Folgenden näher erläutert.
1. Der Koran als Oberinstanz des Propheten
Die höchste Instanz im Islam ist zweifellos der Koran. Als authentische Quelle des prophetischen Lebens stellt er eine unverzichtbare Grundlage dar. Um das Wesen der Mission des Propheten zu verstehen, ist es von entscheidender Bedeutung, auf den Koran zurückzugreifen. Die vorrangige Aufgabe des Propheten bestand darin, die göttliche Offenbarung, die er empfing, an die Menschheit weiterzugeben: »Einem Gesandten obliegt nicht mehr, als die (ihm anvertraute) Botschaft [Koran] klar zu überbringen.«11 In seinen Aussagen und in seinem Handeln war er an den Koran gebunden: »So halte fest an allem, was dir offenbart worden ist: denn, siehe, du bist auf einem geraden Weg.«12 Keinesfalls dürfen die Aussagen, Urteile und Entscheidungen des Propheten Muhammad dem Koran widersprechen. Gott warnt ihn deutlich und unmissverständlich vor jeder möglichen Abweichung vom Koran: »(Es ist) eine Offenbarung vom Erhalter aller Welten. Wenn nun er (dem Wir es anvertraut haben), gewagt hätte, Uns einige (seiner eigenen) Worte zuzuschreiben, Wir hätten ihn fürwahr bei seiner rechten Hand ergriffen [d.h. ihm alle Handlungsfähigkeit entzogen] und hätten fürwahr seine Lebensader durchschnitten, und keiner von euch hätte ihn retten können!«13 Der Prophet sagte selbst: »Ich folge nur dem, was mir offenbart [Koran] wird.«14
Der Prophet verkörperte die praktische Umsetzung der theoretischen Offenbarung. Das bedeutet, dass GOTT als Derjenige, Der Hinweise, Ratschläge, Orientierung, Verweise und Normen vorgibt, und der PROPHET, der diese göttliche Lehre in die Praxis umsetzt, untrennbar zusammengehörende und nicht etwa komplementäre Komponenten sind. Wenn im Koran immer wieder betont wird, »Gebt acht auf Gott und den Gesandten«15 (atī‘ūllah war-rasūl), dann sind GOTT und der GESANDTE als eine Instanz und nicht als sich ergänzende oder gar konkurrierende Elemente zu verstehen. Der Koran als Wegweiser und der Prophet als praktische Anwendung des Korans sind die zwei Seiten derselben Medaille. Daraus ergibt sich, dass die Aussagen des Propheten und sein Verhalten im Einklang mit der Offenbarung des Korans stehen müssen. ‘Āischa, die Ehefrau des Propheten Muhammad, beschrieb ihn darum prägnant als den lebendigen Koran. Als ein Mann sie nach der Wesensart des Propheten fragte, antwortete sie: »Liest du denn den Koran nicht? Seine Verhaltensweise entspricht dem Koran!«16
Der Koran ist Wort für Wort, Buchstabe für Buchstabe dokumentiert, ohne dass ein Vers in zwei Versionen vorhanden wäre. Im Unterschied dazu gibt es von ein und demselben Hadīth bisweilen mehrere Varianten. Allein die Authentizität des Korans ist unumstritten. Nur der Koran gilt als »eine göttliche Schrift – keinen Zweifel soll es darüber geben«17, und genau dieses Schriftstück ist vor jeglicher Verfälschung, Änderung, Hinzufügung oder Streichung durch Gott selbst bewahrt: »Siehe, Wir Selbst sind es, Die diese Ermahnung [Koran], Schritt für Schritt, herabgesandt haben: und, siehe, Wir sind es, Die sie (vor aller Verfälschung) hüten werden.«18 Diese göttliche Versicherung bezüglich des Korantextes besteht exklusiv für den Koran. Alle anderen Überlieferungen, einschließlich solcher, die dem Propheten Muhammad zugeschrieben sind und erst etwa 200 Jahre nach seinem Tod niedergeschrieben wurden, können diese göttliche Gewährleistung nicht für sich beanspruchen. Vor diesem Hintergrund muss jede Überlieferung, die dem Propheten Muhammad zugeschrieben wird, zunächst den Filter des Korans durchlaufen.
Der Koran ist die absolute Oberinstanz. Wenn eine Überlieferung im Einklang mit dem Koran steht, können wir davon ausgehen, dass sie korrekt ist. Jede Überlieferung, die dem Propheten zugeschrieben wird, jedoch im Widerspruch zum Koran steht, kann unabhängig von der Person, die sie überliefert hat, verworfen werden. Der bedeutende Islamgelehrte Imam Abu Hanīfa (699-767) konstatierte treffend: Die Ablehnung einer durch einen Menschen überlieferten, vermeintlichen Prophetenaussage, welche mit dem Koran nicht vereinbar ist, bedeutet nicht eine Ablehnung des Propheten selbst. Der Zweifel bezieht sich auf den Überlieferer und nicht auf den Propheten19; denn der Prophet kann nicht im Widerspruch zum Koran stehen.
2. Das Menschsein des Propheten
Der Koran betont nachdrücklich, dass der Prophet Muhammad, ebenso wie alle anderen Gesandten, von sterblicher Natur war.20 Gemäß dem Koran war der Prophet weder ein König noch ein Engel noch der Sohn Gottes. Er ist vergleichbar mit Jesus, dem Sohn der Maria, der von sich selbst sagte: »Siehe, ich bin ein Diener Gottes. Er hat mir Offenbarung gewährt und mich zu einem Propheten gemacht und mich gesegnet gemacht, wo immer ich sein mag; und Er hat mir Gebet und Mildtätigkeit geboten, solange ich lebe.«21 Der wesentliche Unterschied des Propheten zu anderen Menschen liegt darin, dass ihm Offenbarungen zuteilwurden. Als Mensch hatte der Prophet die gleichen Eigenschaften wie andere Menschen auch: Er wurde geboren, wuchs auf, lebte eine bestimmte Zeit, heiratete, bekam Kinder und starb. Er war einer, der Emotionen und Gefühle hatte. Er lachte und weinte, freute sich und trauerte, betete und genoss sein Leben. Um seine Menschlichkeit zu unterstreichen, übermittelt uns der Koran, was der Prophet Muhammad über sich selbst sagte:
– »Ich bin nur ein sterblicher Mensch wie ihr alle. Es ist mir offenbart worden, dass euer Gott der Eine und Einzige Gott ist (…).«22
– »Ich sage euch nicht: ›Gottes Schätze sind bei mir‹; noch sage ich: ›Ich kenne die Wirklichkeit, die jenseits der Reichweite der menschlichen Wahrnehmung (ghayb) ist‹; noch sage ich euch: ›Siehe, ich bin ein Engel‹; ich folge nur dem, was mir offenbart wird.«23
– »Ich weiß nicht, was mit mir oder mit euch geschehen wird; ich folge nur dem, was mir offenbart wird.«24
All diese Verse verdeutlichen das Menschsein des Propheten und zeigen, dass er keinerlei übermenschliche Eigenschaften besaß. Sie zeigen außerdem, dass der Prophet es klar zurückwies, über Vorherwissen der Zukunft oder irgendeine Kenntnis über das, »was jenseits der Reichweite der menschlichen Wahrnehmung ist«25 (al-ghayb), zu verfügen. Mit diesen Hinweisen warnt Gott uns vor der Gefahr der Vergötterung Seines Propheten; Er will uns davor bewahren, Seinem Gesandten übermenschliche Kompetenzen zuzuschreiben.
Die Betonung des Menschseins des Propheten im Koran unterstreicht auch, dass er seine Vernunft und Emotionen einsetzte und dabei in weltlichen Angelegenheiten sowohl richtige als auch falsche Entscheidungen traf. Er verdeutlichte dies mit den Worten: »Ich bin nur ein Mensch, wenn ich euch bezüglich eurer Religion etwas befehle, so nehmt dies an, doch wenn ich euch etwas von meiner eigenen Ansicht sage, vergesst nicht, dass ich nur ein Mensch bin.«26 Der Hintergrund dieser Aussage lässt sich an einem Beispiel verdeutlichen: Als der Gesandte Gottes nach Medina kam, beobachtete er Bauern, die Datteln bestäubten. Auf seine Frage hin, was sie täten, antworteten sie, dass sie die Datteln bestäubten. Daraufhin riet er ihnen davon ab. Sie folgten seinem Rat in der Annahme, er handele göttlich inspiriert, was jedoch zu einem schlechten Ernteergebnis führte – die Knospen fielen ab oder die Ernte war gering. Eine vergleichbare Überlieferung berichtet, dass der Prophet an einer Gruppe vorbeiging, die Datteln bestäubte, und er seine Meinung äußerte, dass dies nicht nützlich sei. Als sie daraufhin aufhörten, fielen im nächsten Jahr die Datteln von den Bäumen. Als ihm dies berichtet wurde, erklärte er: »Ihr wisst besser über eure Welt Bescheid und was für euch nützlich ist.«27 Diese Überlieferungen zeigen, dass der Prophet nicht über Fachkenntnis in allen Bereichen verfügte und Entscheidungen in weltlichen Angelegenheiten wie Landwirtschaft, Medizin, Astronomie, Handwerk usw. der Kompetenz von Fachleuten überließ.
Gott hat einen Propheten von uns und für uns28 entsandt, der einen »gewaltigen schönen Charakter«29 besitzt und die Aufgabe hat, uns »ein gutes Vorbild«30 zu sein. Auch für diejenigen, die ihn nicht persönlich gesehen haben, ist es nach seinem Tod eine Verpflichtung, sich ihn in religiösen Ritualen und moralischen Angelegenheiten zum Vorbild zu nehmen. Allerdings sind die Muslime nicht aufgefordert, ihn in weltlichen und zeitgebundenen Aspekten, wie etwa seiner damaligen Kleidung unter bestimmten klimatischen Bedingungen, nachzuahmen (taqlīd). Denn die Zeiten und Umstände ändern sich, während die moralischen Werte des Propheten sowie seine grundlegende Weltanschauung zeitlos bleiben. Hierin liegt die Bedeutung seines vorbildlichen Verhaltens. Sein Charakter sollte uns dazu dienen, eine Umgebung und Welt zu gestalten, in der Barmherzigkeit die Oberhand hat.
3. Die Barmherzigkeit des Propheten
Barmherzigkeit, Güte und Mitgefühl waren die herausragenden Eigen-schaften des Propheten Muhammad: »Wir haben dich nur als Barmherzigkeit für alle Welten gesandt.«31 Kaum ein anderer Vers ist so weit verbreitet und bekannt wie dieser und im Munde von Millionen von Muslimen. Die Barmherzigkeit symbolisiert seinen Willen, eine Welt zu schaffen, in der Frieden, Liebe und Versöhnung herrschen. Ein weiterer Vers verdeutlicht dies: »Wegen der Barmherzigkeit Gottes warst du (o Prophet) zu ihnen milde. Doch wärest du grob und harten Herzens gewesen, sie wären dir davongelaufen. Daher verzeihe ihnen, und bitte für sie um Vergebung!«32
Der Prophet selbst beschreibt den Kern seiner Mission mit den Worten: »Ich bin nicht entsandt als Fluch, sondern als Gnade.«33 Trotz dieser göttlichen Verse und prophetischen Aussagen, die die Barmherzigkeit des Propheten sehr deutlich betonen, sind auch Überlieferungen entstanden, die seiner Barmherzigkeit diametral widersprechen.
Wo Grausamkeit und Gewalt verübt werden, kann man nicht den Anspruch erheben, sich auf den Propheten zu beziehen: »Den Barmherzigen gegenüber ist Gott barmherzig. Seid barmherzig gegenüber denen, die auf Erden sind, dann sind auch die im Himmel (Gott und die Engel) euch gegenüber barmherzig.«34 An dieser Überlieferung sollen sich die Menschen im Hinblick auf ihr Verhalten gegenüber anderen Geschöpfen orientieren. Der barmherzige Umgang mit anderen Menschen ist die Voraussetzung, um Gottes Barmherzigkeit zu erlangen: »Wer nicht barmherzig ist, der findet auch kein Erbarmen.«35 Das bedeutet, dass Liebe, Achtung und Barmherzigkeit die tragenden Elemente des Muslimseins werden müssen. Die Barmherzigkeit des Propheten motiviert Menschen, Liebe zu allen Geschöpfen zu empfinden. Wer die Kraft der Barmherzigkeit des Propheten erlebt, lässt unweigerlich davon ab, anderen erbarmungslos oder mit Verachtung zu begegnen. Wer Barmherzigkeit übt, kann sich mit dem Propheten identifizieren.
Die Betonung der Barmherzigkeit des Propheten dient dazu, seine Inten-tion zu unterstreichen, die Menschen zur Nachahmung seines Verhaltens zu inspirieren. Die Barmherzigkeit sollte im täglichen Leben praktiziert werden, was im Wesentlichen bedeutet, dass die Lebensweise des Propheten in der Lebensweise eines Menschen selbst nachgeahmt werden sollte. Ein gottgefälliges Leben zu führen bedeutet im Kern, dem Propheten in seiner Barmherzigkeit nachzueifern. Dort, wo Gnade, Barmherzigkeit und Vergebung sind, erkennen wir den wahren Anhänger des Propheten.
4. Die Gerechtigkeit des Propheten
Das Konzept des Islam und seine Vorstellung von der Ordnung der Welt basieren auf den Werten von mizān und ‘adl: mizān
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