Das stille Kind - Bertha Mercator - E-Book

Das stille Kind E-Book

Bertha Mercator

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Beschreibung

Es war ein stürmischer, dunkler Ostermorgen, als unser Kind zum ersten Mal die klaren Augen aufschlug. Nun mochte es draußen hageln, schneien und regnen, alles bunt durcheinander. Im Hause drinnen war eitel Sonnenschein und Fröhlichkeit.

„Wir waren unser sechse,
Und heute sind wir sieben,
Du nette kleine Hexe,
Wir wollen brav dich lieben!“,

so sang unser Richard, der Älteste, der immer auf alles gleich einen Vers wusste ...

Ein liebreiches christliches Kinderbuch von Bertha Mercator, deutsche Pfarrfrau, 11.6.1881 - 2.6.1906.

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Veröffentlichungsjahr: 2019

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Bertha Mercator

Das stille Kind

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Das stille Kind

 

Es war ein stürmischer, dunkler Ostermorgen, als unser Kind zum ersten Mal die klaren Augen aufschlug. Nun mochte es draußen hageln, schneien und regnen, alles bunt durcheinander. Im Hause drinnen war eitel Sonnenschein und Fröhlichkeit.

„Wir waren unser sechse,

Und heute sind wir sieben,

Du nette kleine Hexe,

Wir wollen brav dich lieben!“,

so sang unser Richard, der Älteste, der immer auf alles gleich einen Vers wusste.

Paul, der Quintaner, der im Alter nach Richard kam, freute sich stillschweigend wie gewöhnlich; aber er sah aus, als wäre es heiliger Abend bei uns.

Dann kamen Hans und Lisbeth, die Zwillinge, die immer recht viel Lärm machten vor Freude. Sogar in der stillen Stube, wo Mutter mit dem neuen Schwesterchen lag, konnten sie ihre lustigen Freudenrufe nicht lassen, sodass Vater sie bald wieder wegschickte.

Indessen saßen Olli und Grete, die Kleinen, die noch nicht zur Schule gingen, bei ihren Puppen und spielten Ostern, Geburtstag und Kindtaufe. Denn Tante Sophiechen, die gerade wieder einmal zu Besuch da war, hatte es ihnen schon gesagt, nächstens käme nun Schwesterchens Taufe. Sie hatte ihnen erlaubt, die beiden bunten Eier, die ihnen der Osterhase heute früh in die Pantoffelchen gelegt hatte, zum Tauffest zu verbrauchen. Eins war von Schokolade, das andere von Zucker.

Das wurde ein herrlicher Schmaus!

 

Bald kam der Frühling ins Land. Statt Sturmwind gab es Sonnenschein, statt Schneeflocken zarten Blütenschnee. Aber nun lag Sorge und Trauer über dem ganzen Hause. Vor einigen Tagen hatte Schwesterchen angefangen zu husten. Die Kinder hatten erst noch darüber gelacht, wenn es die winzigen Händchen spreizte, ganz rot im Gesichtchen wurde und hustete.

„Genau wie ein Mensch“, sagten Hans und Lisbeth.

Aber nach jedem Husten schrie das Kindchen so jämmerlich, dass es niemand gern anhören mochte, und die Mutter sagte:

„Es hat Brust- oder Halsschmerzen; könnte es mir’s nur klagen, mein armes Vögelchen!“

Das Schreien wurde immer heiserer und seltsamer; zuletzt war es nur noch wie ein hastiges Seufzen, ganz ohne Klang und Ton.

„Es ist eine starke Heiserkeit“, erklärte der Doktor; „es wird vorübergehen, sobald der Husten sich verliert.“

 Doch siehe, der Husten verlor sich und die Heiserkeit blieb. Schwesterchen ballte die kleinen Hände, riss den niedlichen Mund auf und strengte sich an, als möchte es mit aller Kraft losschreien, aber kein Tönlein kam zum Vorschein.

Das war sehr traurig.

„Es wird sich geben“, sagte der Doktor und kam jeden Morgen, um nachzuforschen, ob es sich gegeben hätte.

Der kleine Hals bekam feuchte Umschläge; mit einem langen Pinsel kam der Doktor und pinselte dem Kindchen den Schlund hinunter. Man tat, was Menschen tun können, und manches Gebet schickten Eltern und Kinder auch zum lieben Gott hinauf, dass er es besser machen möge mit dem armen, stummen Schwesterchen. Aber es ging, wie es in dem Spruch heißt:

„Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege.“

 

Tag um Tag zog ins Land und das Kind blieb stumm. Endlich sah es auch der Doktor ein; er hatte es gar nicht glauben wollen, weil es ihm so leid tat.