Das Wichtigste im Leben - Eugen Drewermann - E-Book

Das Wichtigste im Leben E-Book

Eugen Drewermann

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Beschreibung

»Es ist das Wichtigste, was wir im Leben lernen können: das eigene Wesen zu finden und ihm treu zu bleiben. Einzig zu diesem Zweck sind wir gemacht; und keine andere Aufgabe ist wichtiger, als herauszufinden, welch ein Reichtum in uns liegt. Erst dann wird unser Herz ganz, erst dann wird unsere Seele weit, erst dann wird unser Denken stark.« Eugen Drewermann hat sich in seinem Werk vor allem der menschlichen Sehnsucht nach Liebe und wahrer Menschlichkeit gewidmet. Er hat unzähligen Menschen geholfen, ihren Glauben an Gott neu zu verstehen und sich von ihrer Angst zu befreien. Im Jahr seines 75. Geburtstages liegt nun endlich eine leicht zugängliche Zusammenstellung seiner wichtigsten Gedanken und schönsten Texte vor. Echte Worte mit Herz und Verstand.

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Seitenzahl: 112

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Cover

Haupttitel

Inhalt

Über den Autor

Über das Buch

Impressum

Hinweise des Verlags

HAUPTTITEL

Eugen Drewermann

Das Wichtigste im Leben

Worte mit Herz und Verstand

Ausgewählt und herausgegeben von Ulrich Peters

Patmos Verlag

Inhalt

Wesentlich werden

Eine Einladung

Zauberwelt der Zuversicht

oder: Wie wir der Enge der Angst entkommen

Energie des Vertrauens

oder: Warum wir Religion nötig haben

Bilderbuch des Lebens

oder: Warum wir unseren Träumen trauen dürfen und wie unser Leben märchenhaft wird

Sehnsucht unserer Seelen

oder: Wie Gott in uns reift

Mutig Mensch sein

oder: Maßnehmen am Menschensohn

Liebe ist ein Stück vom Himmel

oder: Wie unser Leben in ein neues Kraftfeld gerät

Welt voller Wunder

oder: Wie unser Herz ganz, unsere Seele weit und unser Denken stark wird

Reichtum, der in uns ruht

oder: Wie wir unser Leben neu entdecken

Liebe und Tod

oder: Warum die Liebe stärker ist als der Tod

Un(d)endlich leben

oder: Wohin wir kommen, wenn wir gehen

Quellenverzeichnis

BUCH LESEN

Wesentlich werden

Eine Einladung

In unserem Leben geht es um nicht weniger als Alles. Oder, mit den Worten Eugen Drewermanns: „Es geht um Leben und Tod, Sinnsuche und Verzweiflung, Liebe und Angst, Sehnsucht und Einsamkeit – um den Bestand der Welt, die jeder für sich selbst entwirft oder in die hinein er sich geworfen sieht.“ (Das Richtige im Leben tun, 16.)

Aber trotz der Größe dieser Aufgabe ist dieses Alles nicht zu viel für ein Leben – es ist überhaupt kein quantitatives Maß, sondern ein qualitatives. Viel ist nicht dasselbe wie Fülle, und ein volles Leben garantiert noch längst keine Vollendung. Es heißt, nicht die Jahre in unserem Leben zählen, sondern das Leben in unseren Jahren. Darum geht es. Es geht um eine Art Schatz, der in der Mitte unseres Lebens, der Tiefe unserer (All)Tage verborgen liegt und jene, die ihn zu entdecken vermögen, beschenkt und reich macht mit Wissen und Weisheit um die Dinge, die wirklich wichtig und wesentlich sind.

Aus Eugen Drewermanns Worten strömt uns solch innerer Reichtum zu. Als Therapeut und Theologe ist er wie kaum ein anderer mit den Träumen und Sehnsüchten heutiger Menschen vertraut. Er entschlüsselt die Weisheit der Märchen, Mythen und Religionen und erschließt ihre alte und immer neue Wahrheit als Kraft, die das Leben verwandeln kann. Seine Worte weisen den Weg aus der Enge der Angst und in die Tiefe der Seele, in der unser Leben in das Kraftfeld der Liebe gerät. Sie erzählen von der Zauberwelt der Zuversicht und der Energie des Vertrauens. Sie ermutigen uns, unseren tiefsten Träumen zu trauen, mutig Mensch zu sein und zu erleben, wie Gott in uns reift und unser Leben märchenhaft wird. Sie heilen Verwundungen und eröffnen eine Welt voller Wunder, den Reichtum, der in uns ruht und nur darauf wartet, geweckt zu werden. Sie inspirieren, unsere besten Kräfte zusammenzunehmen un(d)endlich zu leben.

Als Verleger bin ich stolz und dankbar, dass Eugen Drewermann uns sein Werk anvertraut hat. Als Leser schöpfe ich nicht weniger dankbar Vertrauen, Lebenskraft und Inspiration aus seinen Worten. Dieser Band versammelt einige seiner wichtigsten Gedanken und schönsten Texte, einen Querschnitt und kleine Summe aus der Substanz von Drewermanns vieltausendseitigem und unerschöpflichem Werk. Aber diese Sammlung hat es in sich. Angesichts einer Situation, in der jede und jeder von uns in der Gefahr ist, sich im Vielerlei seiner Aufgaben und seines Alltags, von Nachrichten, Notwendigkeiten und Neuigkeiten zu verlieren und in der selbst Freizeit zu einer Forderung wird, laden sie selbstbewusst dazu ein, sich einfach zu sammeln und zur Mitte und Achse des eigenen Lebens zurückzufinden. Die Hoffnung, die in allen seinen Gedanken steckt und letztlich seine Worte, seine Werke und sein Wirken tragen, ist Eugen Drewermanns Wunsch, es möge der Welt und den Menschen gelingen, wirklich wesentlich zu werden. Das ist das Wichtigste. Wie gesagt: Es geht um Alles, um nicht mehr und nicht weniger.

Eugen Drewermann formuliert seine Einladung selbst so: „Es ist das Wichtigste, was wir im Leben lernen können: das eigene Wesen zu finden und ihm treu zu bleiben. Allein darauf kommt es an, und nur auf diese Weise dienen wir Gott ganz: daß wir begreifen, wer wir selber sind, und den Mut gewinnen, uns selber zu leben. Denn es gibt Melodien, es gibt Worte, es gibt Bilder, es gibt Gesänge, die nur in uns, in unserer Seele schlummern, und es bildet die zentrale Aufgabe unseres Lebens, sie auszusagen und auszusingen. Einzig zu diesem Zweck sind wir gemacht; und keine andere Aufgabe ist wichtiger, als herauszufinden, welch ein Reichtum in uns liegt. Erst dann wird unser Herz ganz, erst dann wird unsere Seele weit, erst dann wird unser Denken stark. Und erst mit allen Kräften, die in uns angelegt sind, dienen und preisen wir unseren Schöpfer, wie er es verdient.“ (Markus II, 289f.)

Ich widme diesen Band Eugen Drewermann zum 75. Geburtstag und in Dankbarkeit für viele Jahre ungewöhnlich reicher, reifer und freundschaftlicher Zusammenarbeit.

Ulrich Peters

Zauberwelt der Zuversicht

oder: Wie wir der Enge der Angst entkommen

„Gebt Gott, was Gottes ist“ (Mt 22,21) – das ist praktisch übersetzt, gerade so viel wie: „Gebt den Menschen den Mut, endlich zu leben.“

Matthäus III, 97, 328

Keine bessere Verkündigung ist als ein Mensch, der zu leben beginnt, und der schönste Lobpreis Gottes ist ein glücklicher Mensch. Wem das zu wenig ist, der hat keine Ahnung, wie gefährdet wir wirklich sind, wie ausgespannt zwischen Himmel und Abgrund. Dies, einen Menschen lebendig zu machen, ist das einzige Wunder in der Nähe Gottes; wer da auf andere wartet, vertut sich oder macht aus dem Evangelium einen abergläubischen Humbug. Denn so ist Gott nicht, daß er irgendetwas sternschnuppenartig an uns vorbei in unser Leben fallen lässt. Das ganze Evangelium besteht darin, daß wir es durch uns leben auf den anderen hin, und dann wird man sehen, was stimmt. Da mag man staunen und dankbar sein, aber es ist am Ende alles, was der Gott Israels zu sagen hat. Dies, daß er mit uns geht, ist die einzig wichtige Erfahrung der ganzen Bibel, und daß er bei uns ist und möchte, daß wir leben. Die Verherrlichung Gottes besteht darin, gemeinsam zu kämpfen gegen jede Art von Krankheit, die aus Angst, Mutlosigkeit, Verzweiflung und Enge entsteht. Und das beste Gebet, das wir an Gott richten, ist dieses: uns aufzurichten und gerade zu gehen und hellen Auges zu blicken und mutig zu sprechen das bißchen Wahrheit, das wir leben können.

Und legte ihnen die Hände auf 131

Wir sind in dieses Dasein getreten als erwünscht, als eingeladen, als berufen. Es gäbe uns nicht auf dieser Erde, stünde nicht ganz sicher fest, daß Gott uns an seiner Tafel haben möchte. Wenn dieses Gefühl, beliebt genug zu sein, um dazuzugehören, tief genug ist, braucht die Profilierungsneurose uns nicht mehr zu verschleißen in endlosen Quälereien. Es ist möglich, ruhig dabeizusein, den anderen gelten zu lassen und selber einfach den Ort einzunehmen, an den das Schicksal uns hinstellt. Mehr ist gar nicht nötig, als den Platz auszufüllen, der für uns richtig ist.

Aber fühlen, denken sollten wir, daß dieses ganze Dasein wie ein Geschenk ist, wie ein Segen … Dieses Gefühl trägt hin zu Gott. Eingeladene sind wir, bei Gott Angekommene sind wir, und wir brauchen es nicht mehr zu erzwingen und zu betreiben im Konkurrenzkampf untereinander … Ist es nicht so, daß wir unser Dasein völlig anders betrachten könnten, fühlten wir uns einmal wirklich als Eingeladene? Wir brauchten um die Eintrittskarte nicht zu kämpfen, wir müßten nicht erst beweisen, wer wir sind, durch Leistung, Anstrengung als Emporkömmlinge. Wir wären höchst erwünscht im Leben und es gäbe unsichtbar so etwas wie einen Anruf, der uns erreicht und bittet, da zu sein in dieser Welt: Was wir das Leben nennen, sei nicht der Kampf der Fittesten gegen die Konkurrenten, sondern eine Vorbereitung für ein königliches Mahl; an dieser Tafel Platz zu nehmen sei unsere Würde, die uns unsichtbar schon jetzt verliehen sei.

Wenn der Himmel die Erde berührt 134f., 142f.

„Die Gottesfurcht ist der Weisheit Anfang“? Soll wirklich das Verhältnis zwischen Gott und Mensch gründen auf Angst, eben auf „Furcht“? … Allein daß hier die Rede geht von Gottesfurcht, ist ein schlimmes sprachliches Mißverständnis des hebräischen Textes. Es sollte freier und richtiger übersetzt heißen: allein Gott ernst zu „nehmen“, und es würde so viel bedeuten wie: vor nichts anderem Respekt zu haben und nichts anderes für letztgültig zu erklären außer allein Gott! Alle anderen Dinge verdienen in diesem Sinne nicht, daß man sich von ihnen ins Bockshorn jagen lässt, denn einzig wichtig und einzig notwendig als Maßstab des Lebens, als Garant von Vertrauen, als Rückhalt im Dasein ist Gott allein. Statt mit „Gottesfurcht“ sollte man das Wort deshalb übersetzen mit: „sich festzumachen allein in Gott“.

Ist das aber nun der Anfang der Weisheit? Natürlich nicht! Sondern der „Anfang“ ist im Hebräischen so viel wie das Prinzip, der Inbegriff, nicht der zeitliche Beginn, sodaß danach noch eine Folge anderer Dinge kommen könnte, anstelle der Gottesfurcht z. B. die Gottesliebe; es ist ja gar nicht möglich, mit Furcht zu beginnen und dann aus der Schreckensgewalt Gottes am Ende die Liebe zu Gott zu läutern. Wenn man aber sagen würde: „sich allein in Gott festmachen“, so bildet eine solche Haltung in der Tat die Grundlage, das Prinzip von allem, was einen Menschen richtig leben läßt; dementsprechend hätten wir in einer solchen Paraphrase den Inhalt dieses Satzes gewiss einigermaßen richtig wiedergegeben …

Wer Gott findet, wer ein Gegenüber hat, dem er absolut vertrauen kann, und damit aufhört, irgendetwas auf der Welt sonst noch zu „fürchten“, der reift wie ein blühender Baum, und die Schönheit seines Wachsens und die Fülle seiner Früchte sind das, was wir weise nennen. Ein ganzer Mensch zu sein, geboren aus Vertrauen statt aus Einschüchterung und Furcht.

Ein Mensch braucht mehr als nur Moral 381f., 401

Es ist und bleibt die ewige Frage der menschlichen Ge­schichte, von welchen Mächten wir uns im letzten bestimmen lassen. Einzig die Liebe ist imstande, einen Menschen als göttlich zu erkennen; und einzig die Angst ist imstande, einen Menschen zum Gott zu erheben; an diesen beiden Möglichkeiten entscheiden sich Himmel und Hölle. Jede Verbundenheit der Liebe zu einem anderen Menschen besitzt die Kraft, die eigene Person wie die Person des anderen zu erweitern, zu bestätigen und zu verselbständigen jede Angstbindung hingegen verkleinert, demütigt und versklavt; während die Liebe bereichert, beutet die Angst nur immer weiter aus.

Markus I, 359f.

Das, wovor wir am meisten Angst haben, ist häufig das, worauf wir am meisten hoffen. Das, was wir oft wie einen Alptraum fürchten, erweist sich nach Wegfall der Angst nicht selten als Inhalt längst verschwiegener Wunschträume.

Markus I, 447

Jede Art von Angst lohnt sich, sofern Sie Menschlichkeit gebiert; jedes Ausweichen aus Angst aber schafft nichts als Demütigungen, Beschämungen und Erniedrigungen und eine nicht endende Kette von Schande und Pein …

Die Angst … fängt an der eigenen Gartentür an und hört nicht auf bis zum Rand der Welt. Wir haben Angst vor allem, vor den Mitbewohnern, den Nachbarn, den Verwandten, vor den Kollegen, vor jedem, dem wir gerade in die Augen schauen. Aber wichtiger als unsere Angst ist es, daß wir uns selber anschauen können. Dahinter gibt es kein Zurück. Am Ende gibt es nur eines, was wir fürchten sollten: aus lauter Angst schließlich überhaupt nicht wirklich zu leben.

Markus I, 568f.

Weiß Gott, es gibt diese Angst einer äußersten Verlassenheit, in der ein Mensch sich wie lebendig tot empfindet, als bedeckte ihn bereits der Staub der Verwesung und als gäbe nur noch der heiße Atem seiner Not ein letztes Zeugnis von seinem Leben, das längst schon aufgehört hat, noch weiter lebensfähig zu sein: er hat die einzige Sünde begangen, die das Leben niemals vergibt: er hat sich verloren.

Markus II, 491

Das Leben im Felde der Angst, der Mangelhaftigkeit und des Ungenügens, der Selbstübersteigung und der lateralen Feindseligkeit ist nicht nur tödlich, es ist mörderisch. Und so leben wir denn alle, meint die Bibel, als Menschen, die es nicht aushalten, nur Kreatur, nur Mensch zu sein, Behinderte der Schöpfung, die versuchen, sich selber aus dem Staube als ein Phönix neu zu schaffen, Elende, denen der Mut fehlte, sich zu den eigenen Schwächen zu bekennen, Daseinslügner und Verkrochene, die sich vor den kritischen Augen der anderen nur im Schutze ihrer Feigenblätter darzubieten wagen, und Wesen, die nur eines retten könnte: ein rückhaltloses Eingeständnis dessen, was sie sind. Aber um wahr zu sein, bedarf es … eines Vertrauens, absolut akzeptiert und anerkannt zu sein, und gerade dieses Vertrauen erscheint im Umkreis der Angst … als das Allerunmöglichste und das Allerunwahrscheinlichste. Nichts ist in der Höhle der Gnadenlosigkeit und Angst so schwer, wie etwas Wärme, Menschlichkeit und Güte im Umgang mit sich selber neu zu lernen: Es stellt die ganze Kunst des Überlebens im ewigen Eis völlig in Frage, es droht, die Sicherheit der Iglus zu zerschmelzen und die tote Schönheit der Eisblumen abzutauen; es droht, die eigene Existenz wieder auf eben den Nullpunkt zurückzuwerfen, von dem man doch sein Leben lang loskommen wollte. Aber nur so gewinnt das Dasein seine Leichtigkeit und seine Menschlichkeit zurück, und gerade die Unerträglichkeit jedes andern Versuchs zu leben zeigt auf die Dauer immer unausweichlicher, daß allein das Vertrauen und die Gnade den Menschen menschlich leben läßt. Oft genug erst, wenn gar nichts anderes mehr übrigbleibt, unter dem Druck des Leids, angesichts eines drohenden oder bereits ins Haus stehenden physischen oder psychischen Zusammenbruchs, merkt man wie einfach dieses Leben wirklich sein kann, wenn man es sich nicht immer wieder mit Minderwertigkeitsgefühlen, Selbstüberforderungen und Ängsten aller Art verstellt.

Psychoanalyse und Moraltheologie III, 51f.

Nichts ist so schwierig,