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Szenen aus dem Leben des Zillertaler Bauernbuben und Wanderhändlers Peter Prosch, der im 18. Jahrhundert als eine Art Hofnarr an deutschen Fürstenhöfen Karriere machte. Er entkam damit zwar der Armut, opferte aber seine Menschenwürde und musste mit einer gespaltenen Identität leben. Der Tiroler Dramatiker Felix Mitterer verarbeitet die 1789 erschienenen Lebenserinnerungen des Peter Prosch zu einem bitterbös-komischen Zeitbild der ausgehenden Feudalzeit und stellt einen provokanten Bezug zur heutigen Tiroler Fremdenverkehrs-Identität her. Darüber hinaus ist sein Peter Prosch ganz allgemein die Charakterstudie eines Menschen, der sich verkauft, der eine Rolle spielt, um in der Gesellschaft aufsteigen zu können. Das Buch bringt neben dem Text des Stücks und einem Statement des Autors einen Auszug aus der originalen Autobiographie des Peter Prosch, die in der Erstausgabe erhaltenen Kupferstiche und einen historischen Beitrag zum Thema.
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Seitenzahl: 94
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Felix Mitterer
Die Herausgabe der Werksammlung wurde vom Land Tirol und von der Gemeinde Telfs gefördert.
© 2001
HAYMON verlag
Innsbruck-Wien
www.haymonverlag.at
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Aufführungsrechte für alle Stücke beim Österreichischen Bühnenverlag Kaiser & Co., Am Gestade 5/II, A-1010 Wien
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
ISBN 978-3-7099-7636-4
Umschlaggestaltung:
hœretzeder grafische gestaltung, Scheffau/Tirol
Dieses Stück wurde dem Sammelband »Stücke 3«, erschienen 2001 im Haymon Verlag, entnommen. Den Sammelband »Stücke 3« erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.haymonverlag.at.
Das wunderbare Schicksal
Biographische Daten und Werkverzeichnis
DAS WUNDERBARE SCHICKSAL
Aus dem Leben des Hoftyrolers Peter Prosch
1744 wird im Zillertal ein Bauernbub namens Koppen-Peterl geboren, der — frühzeitig verwaist und in großer Not — im Alter von zwölf Jahren träumt, die Kaiserin Maria Theresia habe ihm ein Brantweinhäusl bauen lassen und einen Hut voll Geld geschenkt. Also geht der Bauernbub nach Wien, wird tatsächlich zur Kaiserin vorgelassen, erzählt ihr seinen Traum und erhält das Erträumte. Von nun an geht es wirtschaftlich aufwärts, aber mit dem Menschen Peterl bergab. Er hat bemerkt, daß der Adel Gefallen findet an dem „urwüchsigen Tyroler Naturkind”, und so beginnt er, sich zum Narren zu machen. Jahrzehntelang zieht er — vor allem in Süddeutschland — von einem Adelshof zum anderen, läßt sich auf die unglaublichste Weise traktieren, avanciert zum weitum bekannten „Hoftyroler”, wahrscheinlich zum letzten Hofnarren, den die Geschichte kennt. Am Ende ist er ein relativ wohlhabender Mann, aber bezahlt hat er dafür mit seiner Menschenwürde und einer gespaltenen Identität. Draußen in den deutschen Fürstentümern spielt er den Deppen, daheim im Zillertal den erfolgreichen und weltgewandten Wanderhändler.
1789 — im Jahr der Französischen Revolution — erscheint seine, wahrscheinlich mit Hilfe eines Ghostwriters verfaßte Autobiografie „Leben und Ereignisse des Peter Prosch ...” in einem Münchner Verlag. Um keine Schwierigkeiten zu bekommen und den Absatz des Buches nicht zu gefährden, enthält es keine offensichtliche Kritik an den Verhältnissen. Das Buch wird daher von denen, die Peter Prosch traktierten, mit Begeisterung gelesen, gerät zu einer Art frühem Bestseller. 1964 erscheint im Münchner Kösel-Verlag ein Nachdruck, den ich lese; seitdem geht mir der Peter Prosch nicht mehr aus dem Kopf. Er repräsentiert für mich auch den ersten Fremdenverkehrstiroler. Der Topograf Johann Staffler beschreibt 1842 sehr gut diesen bis heute zutreffenden Umstand: „Diese Verschmitztheit gibt sich insbesondere bei vielen wandernden Zillertalern in der angewöhnten Manier kund, sobald sie das Ausland betreten, einen jeden, ohne Rücksicht auf Stand und Rang, mit ‚Du’ anzusprechen, und sich als rohe, ganz ungebildete Natursöhne zu verstellen. Dabei beabsichtigen diese Leute, durch allerlei lustige Schwänke und Späße oft sehr derber Art, die Aufmerksamkeit an sich zu ziehen, und somit ihr Handelsinteresse zu fördern. Allein diese Sitte gereicht sowohl dem Zillertaler als auch seinem Vaterland nur zum Nachteile.”
Diente im früheren 18. Jahrhundert diese Verstellung nur als Verkaufswerbung für das jeweilige Handelsprodukt, so kamen dann später die echten Profis, die Tiroler Sängergesellschaften, die sich ausschließlich mit ihrem „Tirolertum” ihr Geld verdienten. Heinrich Heine hörte so eine Gesellschaft in London und meinte: „Ich habe nicht mitklatschen können.” Goethe zog sich eleganter aus der Affäre, als ihn einer der Sänger fragte, wie es ihm gefallen habe: „Da mußt du besser Zeisig und Sperling fragen!” Man kann feststellen, daß sich bis heute daran nichts geändert hat, außer, daß neben der Musik das Handelsprodukt nun unsere Landschaft ist, die auf diese Weise verkauft wird.
Nach 200 Jahren habe ich also aus der Autobiografie des Peter Prosch ein Theaterstück gemacht, das nicht anders als bitterbös-komisch werden konnte und nicht nur von uns Fremdenverkehrstirolern handelt, sondern von jedem, der sich mit Haut und Haar verkauft, der eine Rolle spielt, um in der Gesellschaft aufsteigen zu können. Eine Figur kommt in meinem Stück vor, die in Proschs Buch so nicht auftaucht. Es ist eine Tiroler Wanderhändlerin, die in Wahrheit als Wanderprostituierte lebt. Gefunden habe ich diese Figur in einem anderen Buch mit dem Titel „Merkwürdiges Leben einer sehr schönen und weit und breit gereisten Tyrolerin«, erschienen 1744 in Frankfurt und Leipzig. Nach der Lektüre der beiden Bücher entsteht übrigens der merkwürdige Eindruck, daß damals in der gebildeten Welt der „Tyroler” als Synonym galt für einen lustigen Narren und die „Tyrolerin” als Synonym für die wandernde Prostituierte. Letzteres Image dürfte abgebaut sein, ersteres noch nicht.
Peter Prosch (1744-1804):
Peter 1 (12)
Peter 2 (18-40)
Peter 3 (40-55)
Kinder
Maidäl 1 (11)
Thresl (11)
Franzl (12)
Frauen von Peter
Maidäl 2
Thraindäl
Kaiserin Maria Theresia (1717-1780)
Kurfürstin Maria Anna von Bayern
Königin Marie-Antoinette (1755-1793)
Kaiser Franz I. (1708-1765)
Kurfürst Maximilian III. von Bayern (1727-1777)
König Ludwig XVI. von Frankreich (1754-1793)
Fürstbischof Ignaz Friedrich
Tyrolerin
Gräfin Martinitz in Wien
Gräfin Seefeld in München
Gräfin Trapp in Innsbruck
Kammerdiener in Wien (franz. Akzent)
Läufer in Bayern (ital. Akzent)
Major von Bubenhofen
Physikus
1. Grenadier in Wien (ungar. Akzent)
2. Grenadier in Wien
1. Grenadier in München
2. Grenadier in München
Kammerdiener in München
Kavalier in München
Domherr
Nachfolger des Fürstbischofs
Beichtvater des Fürstbischofs (Kapuziner)
Der Affe Schmiedl
Postmeisterin
Hoftyroler
Kaufmann
Weiblicher Automat
Lakai in Paris
Im Dorf
Mutter Prosch
1. Mann
2. Mann
1. Mädchen
2. Mädchen
Blasi-Sohn
Pfarrer
Peters Schwester
Wirt Pachmayr
Arbeiter
Gefängnis Innsbruck
Prügelvater
Häftlinge
Dorfbewohner
Auftritt Peter 3 in seiner Tiroler Fantasietracht und mit gelber Perücke. Er ist versoffen, heruntergekommen (wenn auch nicht arm), kaputt.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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