Das Ziel bist du - Susanne Sada Rothacker - E-Book

Das Ziel bist du E-Book

Susanne Sada Rothacker

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Beschreibung

„Wer einen Bogen in die Hand nimmt, begegnet sich selbst.“ Wir alle machen beim Bogenschießen Erfahrungen von Kraft und Entspannung, Ehrgeiz und Gelassenheit, Kontrollieren-Wollen und Zulassen-Können und vielem anderen mehr. Und zugleich sind diese Erfahrungen ganz individuell, können sehr persönlich, sogar überraschend sein. Bogenschießen ist wie ein Spiegel: Jeder einzelne Schuss ist der unmittelbare, spür- und sichtbare Ausdruck unseres Zustandes in genau diesem Moment. Und schon der nächste Schuss ist vielleicht ganz anders. Der Blick in diesen Spiegel gelingt am besten in einem ruhigen geschützten, von Achtsamkeit geprägten Umfeld, wie es hier eindrucksvoll und anschaulich geschildert wird. Aber wir können überall und jederzeit in diesen Spiegel schauen. Dieses Buch ist Anregung, Ermunterung und Einladung für alle, die sich tiefer auf das Erlebnis Bogenschießen einlassen wollen. Ein Buch über die Faszination und die Möglichkeiten, den Bogen als Medium zu nutzen. Intuitives Bogenschießen als Unterstützung, um tiefer in Kontakt mit sich zu kommen und Entwicklungsprozesse anzugehen.

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Susanne Sada Rothacker

Das Ziel bist du

Einblicke in das Therapeutische Bogenschießen

Coverillustration: Fabienne Sanke

Umschlaggestaltung: Angelika Alles-Hörnig

Satz: Susanne Haupt

© 2021 Verlag Angelika Hörnig

E-Book 9783938921777

Verlag Angelika Hörnig

Lina-Staab-Weg 4

67071 Ludwigshafen

www.bogenschiessen.de

Susanne Sada Rothacker

Das Ziel bist du

Einblicke in das Therapeutische Bogenschießen

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

Kapitel 1 Die Ausrüstung und ihre therapeutische Bedeutung

Der Bogen

Die Pfeile

Die (Ziel-)Scheibe

Kapitel 2

Der Bogen – Sinnbild für Schutz und Wehrhaftigkeit

Die einzelnen Phasen

Bogenschießen und darinliegende Themen

Entscheidungen treffen

Sich anvertrauen und einen Standpunkt einnehmen

Aufrichtung

Fokussierung und der „richtige“ Abstand

Auszug – Das Sich-Öffnen

Ankern und sich Verankern

Release – Das Loslassen

Nachhalten – der Nachhall

Kapitel 3 Therapeutische Arbeit mit dem Bogen

Der Fokus der Körperpsychotherapie

Die therapeutische Haltung

Kein Richtig, Kein Falsch

Vom Lob der Langsamkeit

Innere Achtsamkeit

Die therapeutischen Beziehungen

Vertrauen entsteht durch Sicherheit

Die Aufgaben des Bogens

Die Aufgaben der Bogenbegleitung

Bemerkungen zum therapeutischen Prozess

Kapitel 4 Fallbeispiele

Ich und mein kleiner Junge

Dein „Stop!“ ist meine Sicherheit – Eine Paarsitzung

Das Gebrüll der Löw*innen

Ohne Meine Angst – Eine Prozessschilderung

Erlebnisberichte

Anhang

Die Autorin

Vorwort

Vor mehr als 15 Jahren baute ich meinen ersten eigenen Holzbogen. Als er fertig zum Einschießen war, legte ich den Pfeil ein, spannte die Sehne, ankerte 1) – und konnte den Pfeil nicht lösen.

Dies blieb den ganzen Tag über so. Während bei den anderen Pfeil um Pfeil flog, stand ich wie paralysiert im vollen Auszug, und musste immer von neuem die Sehne zurückgleiten lassen, den Pfeil ausnocken, und es von vorne versuchen. Während ich wieder und wieder erfolglos versuchte, den Pfeil abzuschießen, und dabei eine Gefühlsachterbahn von Unverständnis, Erstaunen, Verwirrung, Ärger und Verzweiflung durchlitt, war ich zugleich gefesselt: Hier mit diesem Holzbogen in der Hand kam ich mit einem Thema in Kontakt, von dem ich hätte schwören können, dass es keines mehr für mich war: Loslassen. Darüber wollte und musste ich mehr erfahren.

So begann mein Bogenweg, indem ich mit dem Bogen experimentierte und rang. Ich konnte mich dabei auf bekannte und oft auf neue Art und Weise erfahren und immer mehr den Reichtum an Metaphern und Symboliken von Pfeil und Bogen entdecken. Ein Reichtum, eine Vielfalt und zugleich Eindeutigkeit, die mich bis heute fasziniert und begeistert. Von dieser Faszination und den Möglichkeiten, den Bogen als Medium zu nutzen, handeln die folgenden Seiten.

Ich verstehe den Begriff „therapeutisch“ vor allem in seiner Bedeutung von „unterstützen“, im besten Sinne „heilen“; als Hinweis darauf, dass es darum geht, tiefer in Kontakt mit sich zu kommen und Entwicklungsprozesse einzugehen.

Daher lag mir beim Schreiben sehr daran, all diejenigen zu erreichen, die eine Anziehung zum Bogen in sich spüren; gleich, ob sie diesen schon einmal in der Hand hatten oder nicht. Die es neugierig macht, was durch und mit ihm erfahren werden kann, weil sie dies für sich nutzen oder in ihrer Arbeit einsetzen möchten.

Mir war ein wissenschaftlich fundierter Überbau nicht wichtig, und ich habe daher eine Sprache gewählt, die weitgehend ohne Fachbegriffe auskommt, und, wenn dies doch einmal nötig war, sie in einfacher Weise erklärt. Um den Inhalt dabei gendergerecht zu gestalten, wählte ich das Gender-Sternchen.

Dafür, dass ich all dies hier beschreiben konnte, möchte ich mich bei allen meinen Klient*innen, sowie Teilnehmer*innen meiner Gruppen, Workshops und Ausbildungen im therapeutischen Bogenschießen von ganzem Herzen für ihr Vertrauen, ihre Offenheit und ihren Mut bedanken, sich immer wieder eingelassen und mit mir ihre Erfahrungen und Erkenntnisse geteilt zu haben. Ein besonderes Danke gilt denjenigen, die mir erlaubten, ihre Fotos und Berichte zu verwenden.

Ich habe hier nur über das schreiben können und wollen, was ich bisher selbst erfahren, begleitet und erkannt habe. Die nächsten Jahre werden mir bestimmt weitere Einsichten auf diesem spannenden Weg bringen.

Susanne Sada Rothacker, Oktober 2021

Kapitel 1

Die Ausrüstung und ihre therapeutische Bedeutung

Der Bogen

Braucht es einen bestimmten Bogen, um damit therapeutisch arbeiten zu können? Ich würde diese Frage weder kategorisch verneinen noch bejahen. Denn in erster Linie kommt es darauf an, um welche Erfahrungsmöglichkeiten in der Arbeit mit Pfeil und Bogen es gehen soll. Liegt z.B. die Entspannung (äußere wie auch innere) im Fokus; oder geht es mehr um wahrnehmen, zulassen und ausdrücken dessen, was ist? So wird für das Arbeiten an Entspannung, Rhythmus, Synchronizität etc. nicht unbedingt ein Bogen benötigt, der lange im vollen Auszug gehalten werden kann. Bei einer Arbeit, die sich mehr dem Untersuchen, Experimentieren und Ausdrücken des momentan Wahrnehmbaren verschrieben hat, kann dies jedoch wichtig sein.

Neben dieser Grundsatzfrage ist auch die eigene Vorliebe entscheidend. Da ich die ersten Schritte meines Bogenweges mit einem selbstgebauten Langbogen gegangen bin, und mich die Schlichtheit und Natürlichkeit darin sehr ansprach, habe ich diese Bogenart auch in meine therapeutische Arbeit übernommen, allerdings nicht mehr als einen reinen Holzbogen, sondern mit Glasfaser laminiert.

Der Langbogen ist „wie aus einem Guss“ hergestellt, alles ist schon in und an ihm vorhanden, nichts muss noch dazu geschraubt werden. Dies könnte schon als eine erste Metapher gesehen werden: Alles, was es braucht, ist schon vorhanden, geht ineinander über und gehört untrennbar zusammen.

Wie beim Bogen, so auch beim Menschen. Und wie der Mensch ist auch dieser Bogen nicht mehr ganz ursprünglich, sondern durch die Glasfaserschicht künstlicher, aber damit auch moderner geworden, der heutigen Zeit angepasst.

Die Glasfaserschicht macht den Bogen nicht nur widerstandsfähiger gegen Wettereinflüsse und Temperaturschwankungen, sondern auch gegen einen unvorsichtigen und vielleicht raueren Umgang. Er benötigt nicht immer eine so achtsame und behutsame Behandlung wie ein reiner Holzbogen. So kann er auch einmal über Stunden hin aufgespannt stehen bleiben und muss nicht nach längerem Ruhen jedes Mal vorsichtig erwärmt und eingeschossen werden. Ein solcher Bogen gestaltet das Mit-ihm-Sein ziemlich unbedenklich. Dies hat den großen Vorteil, dass die Aufmerksamkeit, statt auf den Bogen, auf das gerichtet werden kann, was in der Begegnung mit Pfeil und Bogen und sich selbst geschieht.

Ein laminierter Bogen kann aufgrund der größeren Belastbarkeit der Glasfasern viel länger im vollen Auszug gehalten werden als ein reiner Holzbogen. Für manche Klient*innen wird dies zu einem wahren Geschenk, denn im vollen Auszug kommen sie nicht nur unmittelbar mit der aufgebauten Spannung in Kontakt, sondern auch mit ihrer eigenen Kraft. Ich werde in einem späteren Kapitel noch ausführlicher darauf eingehen, was dies für sie bedeuten kann.2) All diese Gründe haben mich dazu bewogen, diese Art von Bögen für meine therapeutische Arbeit zu nutzen.

Daneben gibt es auch noch den ästhetischen Aspekt, denn Bögen sollen nicht nur funktional sein, sondern auch optisch und haptisch ansprechen. Ich schreibe hier ganz bewusst nicht „schön sein“, denn der Begriff der Schönheit hat ja meist auch einen sehr individuellen Aspekt. Ansprechend sein bedeutet für mich, dass mich etwas an diesem Bogen anzieht, mich in diesem Moment zu ihm hinzieht. Dies können sowohl ein Gefallen sein als auch Gefühle des Widerstreits oder eines inneren Aufbegehrens.

Oftmals spielen Assoziationen beim Betrachten des Bogens eine Rolle dabei, wie auf ihn reagiert wird. Manchmal sind diese für die Klient*innen nachvollziehbar, manches Mal sind sie jedoch auch überrascht von ihrer eigenen Reaktion. So griff eine Klientin stets nach Bögen mit sehr gleichmäßiger Struktur. Darauf einmal aufmerksam gemacht, antwortete sie spontan, dass jene mit einer ausgeprägten Maserung ihr einfach zu wild und für sie dadurch eher unberechenbarer seien.

Um eine möglichst große Bandbreite der Auswahl und auch der damit verbundenen Gedankenspiele bieten zu können, sind die Bögen, die ich nutze, mit unterschiedlichen Holzauflagen gearbeitet, und dadurch in einer helleren oder dunkleren Grundfarbe. Innerhalb einer bestimmten Holzsorte gibt es dann welche mit stärkerer Maserung oder mit Unregelmäßigkeiten, und solche mit einem sehr ebenmäßiges Aussehen.

Bei der Beschäftigung mit dem Bogenschießen stellt meistens die Zugstärke des Bogens einen zentralen Aspekt dar. Nicht umsonst lautet oft die erste Frage: „Wie stark ist der denn?“ Es kann für die therapeutische Arbeit mit dem Bogenschießen durchaus interessant und wichtig sein, die Klient*innen die Zugstärke der einzelnen Bögen wissen zu lassen. So kann einmal gemeinsam genauer erforscht werden, welchen Einfluss sie bei der Wahl eines Bogens hat, und wie sie sich davon leiten lassen.

Gerade bei Menschen, die gelernt haben, dass sie nur dann angenommen und geliebt werden, wenn sie Leistung erbringen und sich anstrengen, kann das Wissen um die Stärke des Bogens dazu führen, dass sie sich eher einen starken Bogen heraussuchen, den sie sich beweisen müssen oder mit dem sie zu kämpfen haben. Denn für sie ist dies der Ausdruck, sich wirklich angestrengt zu haben und damit die Aussicht auf Anerkennung zu erhalten. Oder sie landen, falls sie den Bogen nicht ziehen können und auf einen leichteren Bogen zurückgreifen müssen, der oft als „schwächerer“ Bogen gewertet wird, unweigerlich in dem Gefühl des Versagt-Habens. Ich selbst erwähne die Pfundzahl3) der einzelnen Bögen meistens nicht.

Zum einen, weil ich gerade den Leistungsorientierten ermöglichen möchte, sich nicht stetig überfordern zu müssen und auch einmal die Leichtigkeit des Seins erfahren zu können. Zum anderen, weil ich es oftmals bedeutsamer finde, wie die Wahl des Bogens ausfällt, wenn dieses Kriterium wegfällt, und von was sich die Klient*innen dann anziehen lassen.

Und es gibt noch einen weiteren wichtigen Gewinn, wenn das Wissen um die Zugstärke weggelassen wird. Gewohnte, oft stereotype Gedanken und Handlungsmuster funktionieren dann nicht mehr, und dies eröffnet meist erst die Möglichkeit für andere, neue und vielleicht auch überraschende Erfahrungen. Gerade in der Arbeit mit Paaren oder Gruppen entsteht so eine – möglicherweise ungewohnt – konkurrenzfreie Situation, denn das sonst so übliche Vergleichen und Messen fällt weg.

Dies kann für einzelne eine große Erleichterung bedeuten, da sie sich nun weder nach innen noch nach außen rechtfertigen müssen, warum sie „nur“ diesen leichten Bogen gewählt haben, oder vielleicht als einzige einen starken.

Andererseits kann es auch Verunsicherung, Verwirrung, Enttäuschung oder gar Ärger hervorrufen, das Zuggewicht nicht zu wissen, weil damit ein Prinzip aufgehoben wird, dem zu folgen wir so sehr gewohnt sind: die Unterteilung in weniger oder mehr, richtig oder falsch, gut oder schlecht.

Wird die Zugstärke also bedeutungslos und damit das Bewerten-Können, wird nicht nur eine Orientierungshilfe weggenommen, sondern auch ein gewohntes Ordnungsmuster in Frage gestellt, wenn auch nicht explizit und geradeheraus. Zumindest bietet es keine Ankerpunkte im Außen mehr, an denen sich festgehalten werden könnte. Es muss mir als Begleitung bewusst sein, dass ich damit möglicherweise auch eine, vorerst wichtige, Sicherheitsleine kappen kann.

Neben der Zugstärke kann auch die Länge eines Bogens Bedeutung erhalten. Üblicherweise werden die Bögen auf die Körpergröße der Schütz*innen abgestimmt und reichen dabei meist von 58 Zoll (dies entspricht einer Körpergröße von 1,20–1,30 m) bis 71 Zoll, was für Personen ab 1,76 m gedacht ist. Ich benutze hauptsächlich 68- und 70-Zoll Bögen, da ich meistens mit Erwachsenen arbeite.

Jedoch habe ich auch kürzere Bögen. Diese kommen oft dann zum Einsatz, wenn sich Klient*innen in bestimmten Gefühls-Zuständen befinden, sich z.B. schwach und verletzlich fühlen, und dann einen Bogen brauchen, der ihnen dazu verhilft, diese Gefühle auch zuzulassen und auszudrücken. Diese kleinen Bögen können auch dann wichtig werden, wenn die Klient*innen mit ihrem „inneren Kind“ in Kontakt kommen. Dieses kann voll ausgelassener Spielfreude, neugierig und abenteuerlustig sein, aber auch trotzig und verstockt, ängstlich und in sich verkrochen. Um damit sein zu können, braucht es neben dem wohlwollenden Da-Sein der Begleitung auch einen kindergemäßen Bogen, der sie ihr Klein-Sein sichtbar machen lässt, es unterstreicht und manchmal auch verstärkt.

Daher macht es Sinn, mehrere verschieden starke und lange Bögen zur Verfügung zu haben. Ich habe mich nach längerem Ausprobieren dazu entschlossen, mir Bögen herstellen zu lassen, die bei 15 lb beginnen und bis 36 lb gehen, da es nach meiner Erfahrung oftmals, und nicht nur zu Beginn, einen leichteren braucht als die im Handel üblichen 20-lb-Bogen.

Der Bogen nimmt in der therapeutischen Arbeit die Rolle eines Gegenübers ein, das gleichermaßen fördert und fordert. Daher sollte er „auf Augenhöhe“ der Klient*innen, und weder zu schwach angesiedelt noch zu überwältigend für sie sein. Er sollte stets für Dialog und Auseinandersetzungen zur Verfügung stehen und diesen nicht ausweichen. Es sollte den Klient*innen möglich sein, einen Bogen zu finden, der ihnen das Siegen nicht allzu leicht macht, der aber in seiner Stärke auch nicht so übermächtig ist, dass ein Scheitern an ihm vorprogrammiert wäre. Einen Bogen, der es ermöglicht, mit ihm zu experimentieren und zu forschen, zu flirten und zu ringen.

Die Pfeile

Da meine Bögen zwar nicht mehr vollständig, aber doch zum großen Teil aus Holz sind, verwende ich auch Holzpfeile. Holz ist Natur, und daher auch deren Gesetzen unterworfen. Es reagiert und verändert sich durch äußere Einflüsse, ist lebendig.

Holzschäfte besitzen oft ihre ganz eigenen Maserungen, die auch hier von ebenmäßig bis zu flammend reichen können. Solange sie unbehandelt und nicht gebeizt oder lackiert sind, bieten sie die wunderbare Möglichkeit, verziert, bemalt oder beschrieben zu werden. Dadurch kann ihnen eine Bedeutung oder Botschaft mitgegeben werden, die sie, werden sie abgeschossen, symbolisch nach außen in die Welt tragen.

Natürlich ist es nicht immer möglich, auf diese Weise Pfeile mit einer Aussage zu versehen. Dann können die Federfarben wichtig werden. Farben rufen bestimmte Assoziationen hervor, die unterschiedlichste Facetten haben können. Sie können Ausdruck der Freude, der Stärke und des Stolzes sein, der Angst, der Trauer und des Leids, und ebenso des Widerwillens, der Abwehr oder gar des Ekels.

So steht Rot oft für das Herz mit den Aspekten von Freude, Liebe und Wärme, aber auch für Warnung, Wut oder Schmerz. Weiß wiederum kann mit der Vorstellung von Unschuld, Reinheit und Natürlichkeit verbunden werden, und ebenso mit Uneindeutigkeit oder Nebulösem.

Würde jetzt nur ein Set an Federfarben zur Verfügung stehen, könnte damit nicht allzu viel ausgedrückt werden. Um also mehr Möglichkeiten zu bieten, auch durch Farben sprechen zu können, sollte beim Bestellen oder Bauen von Pfeilen eine größere Farbpalette in Frage kommen.

Es sollte auch nicht unbedingt auf eine möglichst harmonische Farbauswahl und Zusammenstellung geachtet werden. Vielmehr kann es Sinn machen, auch bunte und auffällige Farben zu wählen; Farben, die eher düster oder langweilig erscheinen oder die selbst vielleicht nicht unbedingt verwendet würden. Je mehr also die eigene Bereitschaft besteht, über eigene Vorlieben bei den Federfarben hinauszugehen, desto größer wird damit die Bandbreite von Assoziations- und Bedeutungsmöglichkeiten für die Klient*innen.

Das Durchsehen der eigenen vorhandenen Pfeile kann also die Frage begleiten, welche Aspekte und damit Farben vielleicht noch fehlen und wichtig wären. Ich lasse mich dabei auch gern von den Ideen und Wünschen meiner Klient*innen, Gruppen- und Workshopteilnehmer*innen inspirieren und leiten.

Ein weiterer Aspekt des Pfeils ist für mich noch von zentraler Bedeutung. Ich fordere alle meine Klient*innen und Teilnehmer*innen zumindest einmal auf, den Pfeil an seiner Messingspitze zu berühren, denn die Spitzen, die ich verwende, sind scharf. Sie können verletzten und theoretisch sogar tödlich sein. Auch wenn dies gerne ausgeblendet werden mag: Mit dem Pfeil wird der Bogen zur Waffe. Dies ist ein Aspekt, der weder beschönigt noch vermieden werden soll, sondern der ganz im Gegenteil in der therapeutischen Arbeit sehr wertvoll sein kann. Dazu schreibe ich an anderer noch Stelle ausführlicher.4)

Das Wesentliche jedoch, was den Pfeil ausmacht, ist, dass er irgendwann abgeschossen wird. Durch diesen Akt wird er gesehen und auch gehört, wenn er in die Scheibe fliegt oder mit einer sog. Heulspitze5) versehen ist. Und nicht nur er, sondern auch das, wofür er steht oder was er mit sich trägt. Für manche ist dies schon eine fast unglaubliche Erfahrung, dass das, was sie nach außen bringen, tatsächlich wahrgenommen werden kann und auch wird.

Der fliegende Pfeil ist eine unschätzbar kraftvolle und eindrückliche Metapher für alles, was von ihnen weg, nach außen muss. Seien dies nun quälende Gedanken, belastende oder drängende Gefühle, oder Worte, die schon immer einmal von ihnen gesagt werden mussten. All dies können sie mit den Pfeilen aus sich heraus und von sich fort schießen. Gleichzeitig unterstützen die Pfeile die Klient*innen dabei herauszufinden, was sich in ihnen bewegt, mit was sie in Kontakt sind.