Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Als alter Bauer schreibe ich Geschichten auf, die mir mein Großvater Philipp Schoof nach den jeweiligen Konfirmanden Unterrichten erzählt hat. Immer belohnt von der Oma, die mir jedes Mal zwei Pfeffernüsse und eine Tasse Schokolade spendierte. Die Schokolade stammte aus den Care-Paketen, die ihr Sohn aus Amerika schickte, damals in den Jahren 1947 bis 48. Auch haben mir als kleiner Junge alte Leute aus dem Dorf Geschichten aus früheren Zeiten erzählt. Der Großvater meiner Frau Elisabet hat vieles aus alten Zeiten aufgeschrieben. Ein Onkel aus Poppenwurth hat in einer Dorfkronik vieles aufgeschrieben. Und auch ich habe viel in meinem Leben (geboren 1933) als selbständiger Bauer in den 45 Jahren erlebt. Nun im Alter habe ich Zeit zum Schreiben, finde, es wäre schade, wenn diese alten Geschichten aus den verschiedenen Epochen aus der Dithmarscher Marsch einfach so verloren gingen! Ich versuche den Alltag in früheren Zeiten zu schildern, wie die Menschen gewohnt haben und was bei ihnen auf den Tisch kam. Wie sie sich gesäubert haben, mit dem wenigen vorhandenen Wasser, wie geheizt wurde, mit den wenigen natürlichen Feuerungsmitteln und wie es mit dem Abort geregelt wurde, meist immer einige Meter abseits des Hauses.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 403
Veröffentlichungsjahr: 2013
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Titleseite
Impressum
Über den Autor
Das Schlachtfest in Wulfenhusen
Ernte in Wulfenhusen
Opa Phillipp sein letztes Fest.
In der Chronik von Reinsbüttel schreibt er von dem Dorfleben um 1880
Mein sehr verehrter Herr Amtsvorsteher.
Ein Wettessen
Ein neues Kraftfuttermittel
Eine originelle Wette
Jacob, der Suppenschmied war immer krank!
Die Monarchen.
Martin Kiewitt.
Was ist Üller?
Was hatten die Menschen früher für Schuhzeug an?
Wie wohnten die Menschen früher vor fast 200 Jahren?
Wie sah aber das Haus eines Tagelöhners aus?
Die Technik in der Landwirtschaft hier in der Marsch.
Der Staat und die Landwirtschaft.
Meine Jugendzeit
Die Nazizeit und danach
Nun noch ein Auszug aus einer Chronik bis 1832 von Pastor J. Hansen aus Meldorf und Pastor H. Wolf aus Hemmingstedt.
Der große Brand in Wesselburen am 6. August 1736
Barthold Schoof
oder
die alte knorrige Eiche am Wegesrand
Geschichten aus alten Zeiten von B. Schoof aus Schalkholz
Engelsdorfer Verlag 2010
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.
Copyright (2010) Engelsdorfer Verlag
Alle Rechte beim Autor
www.engelsdorfer-verlag.de
eISBN: 978-3-86268-274-4
Hier in Schalkholz, ein Bauerndorf auf der Geest, gibt es viele abgelegene Feldwege, die zum Spazieren gehen einladen. Und wir, meine Elisabet und ich, nehmen es auch häufig war. Meine Elisabet, zu ihrem Kummer ohne h, sie weiß es erst seit unserer Hochzeit und ignoriert es seitdem eigentlich ständig. Also, meine Elisabet und ich laufen wohl so an 200 Tagen hier durch die Wege, mit den Knicks an den Seiten, die im Sommer Schatten spenden und im Winter uns vor dem oft eisigen Winden schützen. Viele knorrige, aber trotzdem stattliche Eichen stehen auf den Knicks am Wegesrand. Eine davon viel uns eines Tages besonders auf, wie alt mag diese Eiche heute wohl sein, richtig ehrfurchtsvoll standen wir davor und haben sie betrachtet. Das Eichen nur langsam wachsen, weiß ich ja aus eigener Erfahrung, mehrere Eichen hat schon meine Mutter als junge Frau gepflanzt ich kenne sie alle und die ältesten sind mehr als 80 Jahre alt. Im Vergleich mit diesen alten Eichen hier in Schalkholz sind es aber immer noch junge Bäume!
Wir beide haben davor gestanden und uns über sie unsere Gedanken gemacht, wie alt mag diese Eiche wohl schon sein, 150 Jahre, oder eher 200 Jahre? Ja was hat diese Eiche denn schon alles gesehen? Heute fahren hier Schlepper vorbei mit 200 PS und mehr, vorgespannt vor riesigen Güllewagen, mit denen sie nicht nur die Wege verschmieren, sondern bei widrigen Winden die ganze Gegend mit ihrem Gestank verpesten! Es ist besser geworden, seit es die Biogasanlage in Hennstedt gibt, das geb ich zu, aber immer müssen wir schön an die Kante treten, wenn diese Ungetüme uns entgegen kommen. Aber, wenn man auf dem Dorfe leben will, dann gehört das da einfach mit dazu!
Ich werde nun bald 77 Jahre alt. Wenn ich zurückdenke, was ist doch alles in diesen Jahren passiert, wie hat sich allein unsere Welt hier in Schalkholz oder in Strübbel, wo ich geboren und aufgewachsen bin, ja ganze 65 Jahre gelebt habe, verändert. Ich habe es ja noch mit erlebt, wie die Getreideernte noch mit der Sichte, dem Haugeschirr gemäht wurde, ja ich habe es ja noch gelernt und habe noch als Bauer die Vorgewende und einen Gang an der Seite des Feldes mit dem Haugeschirr, mit „Sich und Matthoken“, wie man auf Plattdeutsch dazu sagte, frei gemäht, es durftedoch kein Halm, keine Ähre zu schaden kommen! Es gab zu meiner Zeit ja schon den Selbstbinder, eine Mähmaschine von Pferden gezogen, die das Getreide abmähte und in Garben gebunden an der Seite ablegte. Mein Vater hat ja die erste Mähmaschine hier in der Marsch erlebt, eine „Deering“, in Amerika gebaut und von dem Schmied Siebenhühner in Süderdeich importiert und hier zusammengebaut. Nachts wurde dieser Selbstbinder von Unbekannten beschädigt, man glaubte, dass das wohl Tagelöhner gemacht haben, die Angst um ihre Arbeit, ihren Tagelohn hatten!
Eine Tagelöhner-Kate
Nach dem ersten Weltkrieg soll es gewesen sein, so um 1920. Aber da war diese Eiche ja sicher schon über 100 Jahre alt! Wer ist an dieser Eiche vorher schon vorbei gezogen, wie viel Kriege hat sie erlebt, was für Gesindel ist hier vorbei gezogen, wie viele Männer und Frauen haben in Angesicht ihres Schweißes hier ihren Schatten gesucht, oder bei Sturm und Regen hier nur etwas Schutz gefunden? 200 Jahre, kein Mensch kann solange zurückdenken, da muss man schon auf Geschriebenes, Notiertes zurückgreifen. Per Zufall bekam ich im letzten Jahr die von Hermann Friedrich Schoof aus Poppenwurth handgeschriebene in deutschen Buchstaben gemachte Dorf- Chronik, die Dora Thiedemann geb. Löy schon einmal abgeschrieben hat und damit auch gleich erweitert. Ich habe diese Chronik an meinem Computer abgeschrieben, bin dann von Haus zu Haus gelaufen und habe die Leute aus Poppenwurth und Haferwisch ausgefragt, ihre Häuser fotografiert und damit die Dorfchronik bis 2009 erweitert, es hat mir viel Spaß gemacht!
H.F. Schoof hat viel über das Leben in der damaligen Zeit geschrieben, einiges aus dem täglichen Leben, worüber ich vorher noch nie etwas gelesen habe, ich fand das alles sehr interessant! Da ich mich schon länger mit dem Leben unserer Vorfahren beschäftigt habe, viel von Ihnen abgeschrieben und aufgeschrieben habe, kam mir der Gedanke, alles das, was ihr tägliches Leben ausmachte, Ihre Mühsal und Plage und auch ihre Freude, alles, was mir dazu einfällt, einmal zusammen zufassen und aufzuschreiben.
Zuerst aber noch ein paar Worte zu meiner Person: Gewohnt habe ich 65 Jahre in Strübbel, bin hier auch geboren, was mir immer so selbstverständlich war, und ich die Frage nach meinem Geburtsort immer total überflüssig fand. Erst durch meine Kinder lernte ich, dass es gar nicht so selbstverständlich ist, alle drei sind in Heide im Kreiskrankenhaus geboren und somit steht Heide als Geburtsort in ihrem Personalausweis. In Strübbel kam ich zur Schule, leider nur eine kurze Zeit, Kriegsbedingt, unser Lehrer wurde im Herbst 1939 gleich eingezogen. Dann habe ich verschiedene Schulen besucht, ohne dort viel zu lernen, am meisten beschäftigte mich mein Schulweg, um dann wieder, 1948 im April in Strübbel mit der Konfirmation von der Schule entlassen zu werden. Meine Konfirmationsgeschenke bestanden zur Hauptsache aus Rauchutensilien, die teilweise noch vorhanden sind, wie mein Zigarettenetui und das Feuerzeug. Mit der Konfirmation galt ich als Erwachsener und schon am nächsten Morgen hat mein Vater, Besitzer eines verschuldeten, mittleren Bauernhofes, mich um Viertel vor Fünf geweckt, und das an sieben Tagen in der Woche. Nur am Sonntag gab es frei, aber erst nach dem Füttern und nur für mich, oder unseren anderen Helfer, mit dem ich im selben Zimmer schlief. Von einer Fünftagewoche und von Urlaub sprach damals noch keiner in der Landwirtschaft.
1955 habe ich mich mit meiner Elisabet verlobt, und mein Vater, der seit Längerem kränklich war, verpachtete mir zum ersten Januar 1956 den Hof, somit wurde ich dann Bauer und konnte meine Elisabet dann im März heiraten. Ich werde auf unser Leben sicher später noch zurückkommen, nur so viel im Voraus, ich war gerne Bauer, nur der ewige Schreibkram hat mich immer sehr zugesetzt. Ob ich zu doof bin, oder sonst irgendwie behindert, mit der Rechtschreibung stand ich ewig auf dem Kriegsfuß, Ich konnte gute Aufsätze schreiben, aber immer voller Fehler, konnte rechnen, gut Erdkunde und Biologie, in der Landwirtschaftsschule habe ich viel gelernt, meine ich, aber auch in der Landmaschinenkunde, Physik und Chemie bekam ich keine ordentliche Zensur, ich konnte ja keine Rechtschreibung. Nun am Computer ist es ja viel einfacher, vor allem wo nun mein Enkel Tim mir noch den Duden zusätzlich mit einprogrammiert hat. Mir ist in all den Jahren als Bauer nie der Gedanke gekommen, dass ich einmal fleißig schreiben würde. Nun sitze ich hier in Schalkholz als Altbauer und mache mich Gedanken über Früher, über das Leben unserer Vorfahren.
Beginnen möchte ich mit den Vorfahren meiner Mutter, mit Eggert Schmielau, geboren 1691, als Leibeigener der Herren auf dem Gut Krummendiek, in der nähe von Itzehoe. In dem Stammbaum der Schmielaus heist es: Was wir von Eggerts Leben wissen und annehmen müssen, ist Armut und Bedrängnis gewesen. Früh hat er sich Arbeit und Unterkommen im benachbarten Wilster gesucht, wie sich das mit seiner Leibeigenschaft vertrug, ist heute nicht ersichtlich. Als Eggert im Jahre 1717 heiratete, arbeitete er im Wilsterschen Stadtmoor, nicht weit von Burg. Schlechte Deiche schützten das Land, und das Leben wird ein harter Kampf ums tägliche Brot gewesen sein. Das Geburtsregister in Wilster meldet unter den 21.03.1718 die Geburt der Tochter Wiebke, mit den Zusatz: „Eggert Schmielau war wegen der hohen Wassersflut aus Poßfeld in die Stadt gekommen“.
Am 20.02 und am 26.02.1718 haben Sturmfluten in der Wilstermarsch unerhörten Schaden angerichtet.
Die Tatsache, dass die beiden nächsten Kinder in Moorhusen geboren sind, deutet daraufhin, dass sich Eggert Schmielau mehr oder wenig freiwillig für 10-15 Jahre wieder unter die Fuchtel seines Gutsherrn begeben hat. Dann hat er noch wieder einige Jahre in dem Wilster Stadtmoor gearbeitet, wo wieder zwei Kinder geboren wurden. Ein neuer härterer Gutsherr auf Krummendiek scheint Eggert Schmielau mit seinen heranwachsenden Söhnen um 1740 zurückgefordert zu haben. Zu der Zeit war die Tochter Wiebke dann schon 22 Jahre alt!
Eggert aber wollte wohl nicht in diese menschenunwürdigen Verhältnisse zurück. Das freie Land Dithmarschen, das Leibeigene nicht auslieferte, war nicht weit, und dahin entfloh er! Mit ihm flohen seine Frau Jantje, seine Söhne Claus und Jakob im Alter von 11 und 5 Jahren und seine Kinder Sielke und Eggert, deren Alter uns nicht bekannt ist. – Zwei erwachsene Töchter, die derzeitig noch nicht verheirateten Wiebke und Margarethe, mögen aus eigenem Entschluss zurückgeblieben sein. Dass aber auch das jüngste Kind, das halbjährige Töchterlein Trienke zurück gelassen wurde, zeugt von der Not und der Gefahr der Flucht.
Frau Jantje mag körperlich und seelisch der Flucht nicht gewachsen gewesen zu sein, weil ihre Todesdaten nirgends aufzufinden sind und keine Notiz sie mehr nennt!
In Süderhastedt fand Eggert mit seinen vier unmündigen Kindern Zuflucht und Arbeit. Bald nach seiner Ankunft dort starb sein kleiner Sohn Eggert im Frühling 1741, und zwei Jahre später musste er auch seine Tochter Sielke durch den Tod verlieren.
Nach nur fünf weiteren Jahren hat 1748 Eggert selbst sich zum Sterben gelegt. Es war ihm nicht vergönnt, zu erleben, wie sich seine Söhne aus der Armut zu Besitz und Bauerntum hocharbeiteten.
Als 14 jähriger Junge kam sein Sohn Claus zum Bauern in Süderhastedt in Lohn, Kost und Logis. Mit 18 ging er als Knecht zu Vollmacht Behrens in Rösthusen, wo er 7 Jahre lang blieb. Er kam dann als Bauknecht, eine Art Verwalter, zur Ww. Stich nach Wetternwall (Ramhusen bei Eddelak). Er verlobte sich mit Margarethe Meier, Tochter der Ww. Margarethe Meier geb. Lau, die in Dingen eine kleine Landstelle besaß. Mit der Hochzeit 1758 bekam er die kleine Landstelle dazu. Er hatte 700 Thaler gespart, sodass er die beiden Schwestern seiner Frau heraushandeln konnte. Claus muss als Knecht sehr fleißig und sparsam gewesen sein. Zum Schluss besaß er 68 Morgen Land, ca. 90 ha, sodass er seinen beiden Schwiegersöhnen jeder einen Hof vermachen konnte. Claus Schmielau wurden sieben Kinder geboren, wovon vier früh verstorben sind, die beiden Töchter wurden Hoferben, der Sohn Eggert erhielt lediglich 2000 Thaler Courant.
Der Sohn Jacob von Eggert Schmielau machte einen ähnlichen Weg, wie sein Bruder Claus, musste auch als Knecht sein Geld verdienen. War genau so sparsam wie sein Bruder und als er 1762 seine Frau Telsche Meyn heiratete, hatte er sich eine ähnliche Summe zusammen gespart, sodass auch sie sich eine kleine Landstelle erwerben konnten. Seine Frau hat ihm drei Kinder geboren, wovon nur die älteste die Geburt überlebte, dann aber mit 21 Jahren selbst im Kindbett starb.
Eggert Schmielau, der Sohn von Claus Schmielau, ging in Sandhain zur Schule. Seine Lehrer waren Schuster oder Schneider, die nicht selten über 150, in Worten: „Hundertfünfzig“ Schüler in einem Raum unterrichteten. Im Sommer mussten die Kinder auf den Höfen arbeiten, im Winter wurde ihnen Lesen, Schreiben, Rechnen und Religion beigebracht. Eggerts Vater ging selber nie zur Schule, wo er sehr unter gelitten hat, er hätte seinen Sohn gerne zu einem Pastor in St.Michaelisdonn zum Lernen geschickt, aber das wollte Eggert nicht, er wollte lieber auf dem Hof arbeiten. Später hat es ihn gereut, er war im Alter sehr belesen und damit auch gebildet.
Im alter von 25 Jahren heiratete er die kinderlose Ww. des Landesgevollmächtigten Boi, Frau Margarethe Boi geb. Dunker in Lehe bei Brunsbüttel. Die Familie Boi hatte durch Reichtum und außergewöhnliche Bildung ein großes Ansehen in Dithmarschen. Den Hof erbte dann der Bruder, Kirchspielsvogt Boi aus Josenburg. Die Ww. bekam 24 000 Mark, wovon ihr aber 5 000 M für ihr Mobilar abgezogen wurde. Sie wohnten weiter auf diesem Hof mit einem 20 jährigen Hauervertrag, heute würde man es wohl einen Pachtvertrag nennen. Nach dem Tode vom Kspv. Boi konnte Eggert Schmielau diesen Hof in Lehe für 20 000 Thaler Courant erwerben.
Seine Frau Margarethe schenkte ihn drei Kinder, die aber alle früh starben. Nach nur siebenjähriger Ehe starb sie selber. 1794 heiratete Eggert Schmielau Antje Johannssen, die ihm 12 Kinder geboren hat, wovon aber nur fünf Erwachsen wurden, geheiratet haben und eigene Kinder hatten. 1816 ist ihm auch diese Frau gestorben, worauf er 1820 die Ww. Marga Dreessen heiratete, mit der er keine Kinder mehr hatte. Eggert Schmielau, 1761-1848, war damit der Begründer der Schmielau Familien in Dithmarschen.
Was ist es für ein Leben gewesen, damals um 1700 als Leibeigener? Immer den Willen anderer ausgesetzt zu sein, keine Schule, keine Bildung, keine Ausbildung. Alles wird einem bestimmt, nichts wird einem geschenkt. Wo haben solche Menschen gewohnt, was haben sie gegessen, wie gekocht, wie sich gewärmt, wo ihre geringen Habseligkeiten aufbewahrt, wo ihre nasse Kleidung getrocknet, wie sich gegen Mäuse, Läuse und Flöhe gewehrt? In ehemaligen Gutsanlagen in Ostdeutschland sieht man mit unter noch Ruinen von ehemaligen sogenannten Insthäusern. Lange barackenähnliche Backsteinhäuser, an der Längsseite Tür an Tür mit nur wenige Fenster, was auf nur kleine Wohnungen schließen lässt. Irgendwo im Gelände ein Brunnen, keine Toilette in der Wohnung, kein Schornsteinanschluss, nur ein Raum, in dem alles Leben geschieht, mit oft auch noch vielen Kindern. Dann vor dem Ganzen das herrschaftliche Herrenhaus mit damals fast unvorstellbaren Luxus.
Das Eggert Schmielau diese Abhängigkeit nicht gefiel kann sich ja wohl jeder denken, und dass er und seine Kinder nach mehr strebten, geistige Freiheit suchten und Eigenes anstreben, den Erfolg suchten, wer wollte ihnen das Verdenken, und sie haben dann ja auch selbst bewiesen, dass sie dazu auch fähig waren.
Die Schoofen kommen wohl ursprünglich aus den deutschen Ostgebieten. Als wir uns in der nähe von Rostock einen Hof kauften, bekamen wir zuerst keine Post über den Kauf, bis wir erfuhren, in dem Dorf gab es auch einen Claus Schoof, so hatte der die Post bekommen, statt sie mein Sohn Claus zugestellt bekam. In Hoya bei Bremen gab es einen Landrat Schoof, bis zu ihm lässt sich unsere Linie verfolgen. Wurde der von der preußischen Regierung dorthin befohlen? Abkömmlinge waren dann Bauern in Hamelwörden im Land Hadeln-Niedersachsen. Da dort in der Nähe die Pest wütete und er keinen Erbanspruch auf den elterlichen Hof hatte, flüchtete Peter Schoof über die Elbe ins freie Land Dithmarschen. Von ihm stammen fast alle Schoofen hier in Schleswig-Holstein ab, außer einigen wenigen, die als Flüchtlinge direkt aus den Osten kamen.
Hier arbeitete er bei verschiedenen Bauern und heiratete dann die Ww. Trinke von Glan in Kannemoorfelde, deren Mann beim Heu fahren vom Blitz erschlagen wurde. Peter Schoof hatte sich inzwischen soviel Geld übergespart, dass er gleich 5 ha Land zurückkaufte, die man der Witwe gerade weg genommen hatte. Von Generation zu Generation wurde dieser Hof vergrößert, 1950 stand er mit über 90 ha im Landw.Adressbuch.
Hinrich Karsten Schoof ist mein Urururgroßvater, er hat vor 200 Jahren gelebt, von 1774 -1867. Er heiratete in erster Ehe Christine Magdalene von der Heyde und übernahm damit den Hof von seinem Schwiegervater Barthold von der Heyde. 1820 starb seine Frau und er heiratete dann Telsche Elisabeth Petersen aus Ohlen. Im wurden 10 Jungen und zwei Mädchen geboren.
Hinrich Karsten hat sich als Bauer spekulativ auch am Walfang beteiligt, der zuerst auch etwas Geld einbrachte, aber dann nur Verluste. Wieder wurde ein Schiff zurück erwartet und die Nachrichten die ihm voraus eilten, klangen gar nicht gut. Wie es in einer alten Schrift heißt, sah Hinrich Karsten die Ankunft mit Sorge voraus. Seine Frau merkte das und fragte ihn, was für Sorgen er hätte. Darauf hin Offenbarte er sich und seine Frau meinte: „Verschenke deine Aktien doch noch schnell“! Er überlegte nicht lange, gleich nach Mittag machte er sich auf den Weg. Sein Nachbar rief ihn nach, wohin so schnell. Hinrich Karsten antwortete ihm: „Meine Wal-Aktien verschenken“. Darauf der Nachbar: „Wart einen Augenblick, ich will mit“! Dann wanderten die beiden gemeinsam nach Marne und wurden ihre Aktien auch noch los. Hätte er die Aktien behalten, hätte Hinrich Karsten Schoof seinen schönen Hof verkaufen müssen.
Damals gab es z. B. vor der Stadt Marne noch riesige nicht eingedeichte Grünflächen, die dem König von Dänemark unterstanden. Der Friedrichskoog z. B. wurde ja erst 1854 eingedeicht. Diese Vorlandsflächen wurden von Franz Schade, einen Schwager von H. K. Schoof, verwaltet, der die Aufsicht hatte, einzelne Bereiche weiter verpachtete und auch riesige Rinder- und Schafherden in Gräsung nahm, dann natürlich auch die Gelder kassierte, wovon er einen erheblichen Teil in die eigene Tasche stecken konnte. Da er gesundheitlich nicht mehr so ganz auf der Höhe war, bot er H.K.Schoof die Teilhabe an, Schoof sollte nun die Arbeit machen und Franz Schade wollte die Kasse verwalten. Hinrich Karsten schlug schnell ein und konnte sich damit wieder konsolidieren.
Mein Ururgroßvater war Barthold Schoof. Wie schon erwähnt, hatte er elf Geschwister. Ein Bruder ist jung gestorben, ein zweiter Bruder, der älteste ging nach Amerika. Er baute sich im Staate Illinois eine Farm auf, bildete eine Familie und schrieb fleißig nach Hause. In seinem letzten Brief schreibt er, dass er seine Farm gut verkaufen konnte und nun mit Sack und Pack weiter nach Westen ziehen wollte, um sich dort eine neue Farm aufzubauen. Er hat nie wieder geschrieben, ist ihm sein Beutel mit all den Goldstücken zum Verhängnis geworden?
Barthold Schoof, 1800-1878, durfte nur die Winterschule besuchen, angeblich bis zur Konfirmation in einem Kleid. (Das auch Jungs früher Kleider anhatten, ist durch ein Foto belegt, auch mein Vater, Jahrgang 1903 hatte als kleiner Junge ein Kleid an!) Er mochte wohl gerne lesen und wurde dabei von seinem Großvater Barthold von der Heyde unterstütz, der wohl verschiedene Sachbücher sein Eigen nannte. Wie er selber schreibt, hat er nachts beim Kerzenschein gelesen.
Süderdithmarschen gehörte zum Königreich Dänemark, und so zogen auch die Werber des Königs durch den Süden Dithmarschens, um für den König Soldaten zu werben. Da Barthold als einer der älteren Jungens keinen Anspruch auf Vaters Hof hatte, er dazu schon als Junge von kräftiger Gestalt war, folgte er den Werbern nach Kopenhagen. Hier bekam er seine Ausbildung und brachte es bis zum Offizier. In den letzten Jahren war er in der Nähe von Rendsburg stationiert und musste die Straße von Kiel nach Altona kontrollieren, damit Reisende unbehelligt auch ihr Ziel erreichten. Dabei bekam er dann auch mal eine Auszeichnung von 5 Thaler.
Mit 28 Jahren quittierte er den Dienst und kaufte sich von Hinrich Claußen in Wellinghusen einen Hof von 60 ha für 14 000 Mark, dazu kaufte er sich noch Inventar für nochmals 4 000 Mark. Er hatte sich bei den Soldaten 2 000 Mark übergespart, dazu bekam er von seinem Vater 2 000 M, er hatte nun 14 000 Mark Schulden, wer hat ihn diese finanziert? Vielleicht der König dem ehemaligen Offizier? Oder gab es schon Banken? Raiffeisen, 1818-1888 hat sicher erst später die Raiffeisenkassen gegründet?
Er ist sehr erfolgreich Bauer gewesen, hat bald seinen Hof vergrößert, dann einen Sohn in Tiebensee den Kielholz-Hof gekauft und für den zweiten Sohn in Wennemannswisch einen Hof gekauft. Diesen Hof tauschte er nach der Eindeichung 1862 vom Wesselburnerkoog gegen den Dammhof, den später Peter Löy kaufte, und er sich dann einen Hof in Wellinghusen kaufte, direkt in der Nähe von seinem Bruder Karl, seinem Elternhaus. Die beiden Töchter erhielten jeder 20 000 Mark in Goldstücken. Als Altenteiler zog er später mit seiner Frau und dessen unverheirateten Bruder Georg nach Heide, wo er viel aus seinem Leben aufgeschrieben hat.
So hat er die Drainage mit den Tonrohren hier eingeführt. Gekauft hat er die ersten Drains in der Nähe von Celle, ließ sie dann per Schiff zum Wöhrdenerhafen bringen, wo er sie mit seinem Fuhrwerken abholte. Nach einiger Zeit wurde ihm das Ganze zu teuer, vor allem musste für die Drains wiederholt während der Fahrt Zoll bezahlt werden. Da hat er dann mit dem Ziegeleibesitzer Paulsen in Wackenhusen herumgebastelt und nach einigen Versuchen glückte auch hier die Herstellung von Tondrains.
Auch hat er viele Jahre Üller aus den Häusern in Wöhrden gekauft und wohl eine Zeit lang sogar aus Wesselburen, um seine heruntergewirtschafteten Ackerflächen wieder fruchtbar zu machen. Üller war der Abfall aus den Privathäusern, vor allem der aus den Toiletteneimern. Auch ist er sehr früh angefangen zu Mergeln, stark Kalk haltige Sände aus dem Untergrund, teils nur ein Meter unter der Kleierde verborgen, hervor zu graben und übers Land zu verteilen. In meiner Jugendzeit hat Max Jäger aus Wesselburen dafür Maschinen erfunden und damit große Flächen an der Westküste bis nach Holland hinein fruchtbar gemacht.
Interessant fand ich sein Tagebuch, hier vor allem seine Fahrten. So sind sie schnell mal nach Tondern gefahren, oder nach Glückstadt, oder auch nach Schönberg, ganz hinter Kiel, immer mit Pferd und Wagen. Es spielte ja auch keine Rolle, das Personal war gut ausgebildet und oft lebenslang auf dem Hof beschäftigt. Das ging natürlich nur im Sommer, im Winter waren die Wege unpassierbar für Wagengespanne, dann musste man reiten. Das hat Barthold Schoof auch getan, dann meist ohne Familie, so zu seinen Geschwistern im Süden von Dithmarschen. Oder zum Ochsenkauf nach Wedel oder Glückstadt. Zusammen mit seinen Sohn Heinrich ist er nach Wedel geritten, dort haben sie verschiedene Partien Ochsen gekauft. Dann haben sie verschiedene Familien in der Nähe von Glückstadt und Krempe besucht. Bei diesen haben sie dann auch übernachtet. Am nächsten Morgen ging die Besucherei weiter, sie müssen dort mehrere Familien gekannt haben. Dann wurde beschlossen, drei dieser Bekannten wollten sie am anderen Morgen begleiten. Früh zu Pferde ging das dann ja wohl auch los. Zu Mittag vielen die Fünf bei seiner Schwester Anna, verheiratet mit Christian Schmielau in Lehe ein. Die machte ihnen schnell Pfannkuchen mit Äpfel und Speck. Abends kamen alle vergnügt in Wellinghusen an. Die Ochsen waren noch nicht da. Die Drei blieben noch einen Tag da, die Pferde sollten sich etwas ausruhen. So zogen die Drei dann am übernächsten Tag wieder ab. Dann am Nachmittag kamen auch die Ochsen.
Sicher mussten die Ochsentreiber auch wieder zu Fuß nach Wedel zurück. Einmal schickt er zwei fette Ochsen im Februar nach Hamburg, wie sind die dorthin gekommen? Sind diese fetten Ochsen, die sicher seit dem Herbst im Stall angebunden waren, dann ganz nach Hamburg getrieben worden? Schade, dass das nirgends einmal ordentlich beschrieben worden ist. Das große Herden Rinder im Herbst auf den Ochsenweg nach Hamburg getrieben wurden, ist ja bekannt, aber nun zwei im Februar, im Winter?
Als dann die erste Eisenbahnverbindung von Altona nach Kiel über Glückstadt und Wrist lief, ist er des öfteren nach Glückstadt geritten, dann mit dem Zug nach Hamburg gefahren. Dann von Hamburg nach Kiel gefahren, hat sich dann dort ein Pferd gemietet und ist für mehrere Tage in die Probstei geritten. Seine dritte Frau Margarethe hat dort einige Jahre gelebt, ob deren Bekannten ihn dorthin gezogen haben? So tauchen immer wieder Fragen auf! So berichtet er einmal in seinem Tagebuch: „Claus Rolfs kam den Bullen bezahlen“. Was war das für ein Bulle, ein Zucht- oder ein Mastbulle, und was hat er gekostet?
Einmal hat er einen besonderen Hengst. Mehrere Bauern hätten ihn wohl gerne gehabt dann verkauft er den Hengst für 1200 Mark, aber der Käufer hat nicht so viel Geld. Auch der Tierarzt bietet auf den Rotschimmel-Hengst, zuletzt bekommt Reimer Rolfs den Hengst für die 1200 M. Eine Kuh kostete damals 80-90 Mark, ein großer magerer Ochse bis 40 M. Er verkauft fette Ochsen für 58 M, einen weiteren weißen Hengst für 360 Mark. Die Tiere werden im Winter gegen Ungeziefer mit einem Gemisch aus lange eingeweichten Tabak und Arsenik gewaschen.
In einem nassen Sommer holt er sich zu seinen eigenen Leuten zwei Hauer, Getreidemäher mit der hier üblichen „Haugeschirr“, sie fordern 16 Mark pro Scheffel Getreide. (ca. 650 qm). Eine Woche später fährt er wieder nach Wesselburen, da forderten die Hauer 18 M, dann 24 M, und in der vierten Woche gar 28 Mark. Es muss ein nasser Ernteherbst gewesen sein mit viel Lager- getreide, was dann viel Arbeit macht. So haben die Bauern schon immer ihre Sorgen mit dem Wetter gehabt, zu viel Regen macht viel Arbeit und meist wenig Geld am Ende!
Im Herbst haben sie schon mal ein Schwein geschlachtet. Am 4. Januar werden dann noch einmal ein junger Stier und 4 Mastschweine geschlachtet. Ja, so ein großer Haushalt braucht natürlich auch eine Menge Fleisch, vor allem viel Fett und Speck in der Pfanne. Dazu kam dann meist auch noch eine große Anzahl Geflügel, als Frischfleisch, als Sonntagsbraten auf den Tisch! Es gab nicht viel, was an Lebensmittel zugekauft wurde, Salz, Zucker, verschiedene Gewürze, und Brot vom Bäcker. Benötigt wurden Tuche, Garne, Zwirn, für die Kleidung und viele Gläser zum Einkochen der Lebensmittel, ob Fleisch, Gemüse oder was auch immer.
Seine Schwiegermutter ist in Rendsburg geboren, hat in Friedrichstadt ihren Mann, Johannes Albertz, einen Rechtsanwalt geheiratet. In Preetz hat sie ihre Kinder geboren, hier hat ihr Mann Johannes eine Anwaltspraxis eröffnet. Später ist er im Alter von 60 Jahren in Schönberg gestorben, also ist er später mit seiner Praxis nach Schönberg umgezogen, denke ich. Ob sie dann das Haus, die Praxis dort gut verkaufen konnten? Jedenfalls ist die Witwe mit ihren zwei Söhnen und einer unverheirateten Tochter auf den Lichtenhof in Röst bei Albersdorf gezogen. Eine Tochter war in Haarlem in Holland mit einem Pastor verheiratet. Ein Bruder von ihrem Mann lebte in Friedrichstadt, einer lebte in Rendsburg und ein Bruder, Friedrich Albertz hatte sich im Hedwigenkoog eingeheiratet. Die waren kinderlos und der Hof fiel dann nach seinem Tod an ihre Familie. Damals gab es keine Eisenbahn, wie haben die Menschen nur diese weiten Distanzen bewältigt, mit Sack und Pack, wie wir so sagen?
Interessant ist für mich, das in Röst 1835 nur das Acker- und Weideland zum Hof zählt, die Moorländereien und Waldflächen wurden anteilsmäßig von der Allgemeinheit verwaltet und eingeteilt. So waren in Röst als auch in anderen Geestdörfern sicher noch Hirten beschäftigt, die die Rinder und Schafe zu Herden zusammen sammelten und in den Sommermonaten über die Moorländereien trieben. Die beiden Jungen, Georg und Fritz Albertz waren vielleicht nicht die tüchtigsten Bauern, und als dann die Mutter 1838 starb, da wurde das Geld knapp, es musste zu verdient werden und so bewarb Margarethe Albertz sich als Haushälterin bei Barthold Schoof.
Barthold Schoof seine erste Frau starb im Kindbett. Seine zweite Frau war auch im Kindbett gestorben und hinterließ zwei kleine Jungen, die mussten versorgt werden, und so kam Margarethe Alberts nach Wellinghusen als Mutterersatz. Am 29.10.1841 heiratete Barthold Schoof die 36 jährige Magarethe Albertz, sie gebar ihm noch drei gesunde Kinder. Ihre Brüder verkauften ihren Hof in Röst und zogen mit auf den Hof in Wellinghusen, wo sie als Familienangehörige mitgearbeitet haben, aber auch an allem sonstigen Teilhaben konnten. Von Fritz, den älteren fehlt bald jede Spur, aber Georg ist zuletzt auch noch als Junggeselle mit nach Heide aufs Altenteil gezogen und ist 1874 in Wöhrden auf dem Schoofen Familiengrab beerdigt worden.
Karl Reimer Schoof, 1844-1931, der jüngste Sohn von Barthold und Margarethe bekam 1868 den väterlichen Hof in Wellinghusen. Eine Schwester von ihn heiratete einen jungen Bauern aus den Desmerciereskoog, Jens Lorenz Ingwersen, sie kauften ihrem Bruder den Kielholzhof ab, den sie 1876, schon nach 11 Jahren mit großem Gewinn an Kielholz wieder verkauften. Sie zogen daraufhin nach Altona in die Nähe ihrer Schwester, die dort mit einem Postmeister verheiratet war, um dort nun ein schönes Leben zu genießen. Sie hatten zwei Söhne, der eine wanderte nach Seattle im Staate Washington USA aus, der Zweite war viele Jahre Richter am Amtsgericht in Wesselburen.
Heinrich Schoof verkaufte den Kielholzhof an seine Schwester und Schwager Ingwersen. Dafür kaufte er sich den Dreessenhof in Preil bei Lunden. Schon nach wenigen Jahren verkaufte er diesen Hof wieder und kaufte sich einen größeren Hof in Altseegard bei Husby- Flensburg. Gestorben ist er auf den Hof Rellin in der Nähe von Oldenburg, ob er auch hier inzwischen Besitzer oder nur Pächter war, weiß heute keiner mehr genau. Früher war das Höfe kaufen oder Tauschen sehr viel einfacher, die Behörden kümmerten sich kaum darum, Steuern brauchte keiner für den Kauf bezahlen. Durch den Bahnbau, den Straßenausbau, den Stromanschluss oder nur den Ausbau der Entwässerung konnte ein Hof schnell viel wertvoller werden!
Auch Karl Schoof ist mit seiner Frau Amalie und Tochter Margarethe und die gerade schulpflichtige Tochter Dorothea nach Altona aufs Altenteil gezogen. So wohnte er bei seinen zwei Schwestern in der Nähe. Mit seiner Tochter Ethe, die körperlich etwas behindert war, und den Nachkömmling, seine kleine Dora, die dann in Altona zur Schule kam. Als dann der Krieg 1914-18 kam, tauschte er auf Geheis seines geliebten Kaisers seine Goldtaler gegen Papiernoten um. Dann 1920 wurde sein Geld schon knapp und er zog nach Heide zurück. Bald brachten seine Gläubiger ihn sein Geld zurück, es taugte nichts mehr, im November 1923 gab es für eine Billion Mark eine ganze Rentenmark!!!!
Die größeren autarken Bauern, die es sich leisten konnten, aufs Altenteil zu ziehen, die verkauften damals ihren Söhnen den Hof. Mit dem Erlös konnten sie dann in ruhe ihr Alter genießen. Eine Geldentwertung hatte es noch nie gegeben, wohl gab es auch früher schon mal schlechte Zeiten, die aber am Wert des Geldes meist spurlos vorübergingen. Auf den kleineren Höfen war es meist selbstverständlich, dass die Alten Besitzer blieben, ein Sohn wurde zum Erbe bestimmt und zog dann mit seiner jungen Frau mit in den Haushalt ein, es sparte ja viel Geld, war aber für den Familienfrieden nicht immer ganz glücklich. Besitzer wurden diese in der Regel erst, wenn der Alte, der Großvater dann gestorben ist.
Aber auch bei den Tagelöhnern war es nicht viel anders, hatten sie sich in ihrem arbeitsreichem Leben ein eigenes Haus erworben, so blieb eins der Kinder zu Hause, oft die Tochter, die dann mit ihrem Mann den Hausstand übernahm, Oma und Opa sorgten sich um Haus und Garten, Oma zog die Kinder groß, Opa versorgte den meist großen Garten und hackte Holz. All das Reisig, die Zweige der Büsche und Bäume, die heute auf dem Feld verbrannt werden, wurden früher sorgfältig zusammen gesammelt, auf große Haufen geschichtet und dann im Sommer in der losen Zeit fein zerhackt, dann vor allem fürs Anheizen der Öfen und dem Herd verwandt. Wollte mann schnell etwas heißes Wasser haben, dann wurde das Herdloch voller „Sprock“ gelegt und angezündet, gleich hatte mann ein loderndes Feuer und eine schnelle Hitze. Natürlich war dies Feuer dann auch wieder schnell heruntergebrannt. Wollte man weiter braten oder kochen, dann musste man größere Holzstücke unterlegen, wollte mann länger etwas Glut halten, dann legte man einen halben, oder auch ganzen Brikett in die Glut.
Zu meinem Urgroßvater Karl Reimer lässt sich aus den alten Erzählungen vor allem seine Korrektheit erwähnen. Im war es wohl gar nicht gegeben, andere Leute übers Ohr zu hauen. So wurde mir erzählt, er habe bei gutem Wetter schon Viertel vor 6 Uhr morgens vor seinem Hof gestanden und auf seine Tagelöhner aus Wöhrden gewartet. Wer vorzeitig kam, mit dem hat er sich unterhalten, sich nach dem Ergehen der Ehefrau und den Kindern erkundigt, wer dann rechtzeitig kam, den hat er mit Moin gegrüßt und dann gleich seine Arbeit aufgegeben. Kam aber einer etwas verspätet, dann hatte er für ihn nicht einmal mehr das Moin übrig, dem trug er dann gleich seine Arbeit auf.
Mein Vetter Ernst erzählte: „Sein Großvater Hermann Stahl habe sich beim Nachbar Karl Reimer einmal etwas Geld geliehen, um sich einen Schweinestall zu bauen. Die Summe wurde auf den Deckel einer Zigarrenkiste aufgeschrieben, und jedes Mal wenn Hermann Stahl eine Summe abzahlte, wurde es darunter notiert.
Mein Großvater als der älteste, sollte Pastor werden. Er hat sich mit Händen und Füssen dagegen gewehrt, und dann auch mit einigen Drehs es geschafft, dass er doch Bauer werden durfte. Sein Bruder Karl Ernst wollte gerne Abitur machen und eventuell Rechtsanwalt oder vielleicht Richter werden, aber das ließ sein Vater nicht zu, als Jüngster war er Hoferbe und musste damit Bauer werden. Beide hatten später sechs Jungs, Karl seine mussten erst einmal Abitur machen, dann konnten sie sich immer noch entscheiden. Mein Großvater aber sagte einfach zu seinen Jungs: „Jüm ward Buur, -Ihr werdet Bauer, basta“! Mein Vater währe wohl gerne so etwas wie ein Amtsrat geworden, er war im Krieg in Russland in der Zivilverwaltung tätig, gerade von so einer Arbeit hätte er immer geträumt, hat er oft gesagt. Fazit: Großvater hat aus seinem Leben wenig gelernt!
Mein Großvater war schon 18 Jahre alt, als er noch eine kleine Schwester bekam. Er war wohl sehr erbost drüber, wenn er einem traf, dann sagte er: „Ick heff noch een Söster kreegen, kannst mie gratuleern, denn geef ik ock een ut, ower denn hol dorfun de Snuut! – Ich habe noch eine Schwester bekommen, du kannst mich gratulieren, dann gebe ich auch einen aus, aber dann halte deinen Mund davon“!
Schon früh hat Karl Reimer seinen Hof abgegeben und ist 1904 mit seiner Frau Amalie, der Tochter Margarethe und der kleinen Dorothea, immer Dotti genannt nach Altona gezogen. Klar, seine beiden Schwestern wohnten ja schon dort, trotzdem wundert es mich, dass sie so weit von der Heimat weg zogen. Einige meinten, er hätte es getan, um der als Kleinkind so intelligent scheinenden Tochter eine bessere Schulbildung zu bieten.
Diese wurde dann Krankenschwester, OP Schwester, trat in den Bodelschwinghschen Anstalten ein, war einige Jahre in Amerika tätig und hat dann viele Jahre in Bethel gearbeitet, wo sie dann auch ihr Alter verlebte. Sie hat dann nach dem Krieg einmal die ganze Familie Schoof besucht. Sie war wohl von den Nichten und Neffen gefürchtet. Jedenfalls setzte bei uns ein großes Reinemachen an, es wurde geschrubbt und gescheuert. Es kamen dann ihre beiden Brüder mit ihren Frauen bei uns an, sie rannten durchs Haus, auch durch den Stall, schnell gab es eine Tasse Kaffee und schon ging es weiter, uns Kinder hat sie gar nicht erst begrüßt, ich habe die Gesellschaft nur von der Küche aus durch den Flur eilen sehen. Ich glaube, meine Eltern waren dann ganz erleichtert, als die Prozedur dann vorbei war!
1890 brannte während des Dreschens mit der Dreschmaschine die Scheune in Wellinhusen ab. Es kam die Kriminalpolizei zum Verhör, so auch zu Amalie, Karls Ehefrau. Der Kommissar fragte, wann Amalie zum letzten Mal in der Scheune gewesen war. Ja, da musste sie erst einmal überlegen: „Ja“, meinte sie dann, „das muss vorigen Winter gewesen sein, als Reimer Rolfs hier war und wir Karl suchten und nicht finden konnten“, antwortete sie dann den verdutzten Kommissar, gemeint hatte der wohl, ob sie in den letzten Stunden dort gewesen war.
Eine Bäuerin eines so großen Hofes hatte genug mit dem Haushalt zu tun, wozu noch das Melken, das Füttern der kleinen Kälber gehörte, dazu natürlich auch das ganze Geflügel vom Huhn bis zur Gans, gar nicht zu vergessen der große Garten. Mussten doch täglich an die 20 Personen satt gemacht werden. Mit den 6 Kindern waren sie selber schon acht. Zwei Mädchen, eine Lüttdeern, ein Schuljunge für leichte Dienste, Lüttknecht und Grotknecht und drei Tagelöhner waren ständig am Tisch. Dazu kam noch oft Besuch aus der Stadt, irgendwelche Vettern und Cousinen, die gerne die billige Landluft genießen wollten, und sowieso, sie verreisten gerne und hatten entsprechend auch oft Besuch. Eine besondere Herausforderung war immer für die Hausfrau das Dreschen mit der Dreschmaschine, dann kamen noch einmal rund 25 Mann dazu. Oder das Schlachten, wenn mehrere Schweine und ein Ochse auf einmal ihr Leben lassen mussten. Ja, eine Bäuerin musste früher ganz schön etwas leisten, umsonst gab es nicht den Spruch: „Eine Bäuerin kann mehr in ihrer Schürze hin austragen, als was der Bauer mit 4 Pferden hinein fahren kann“.
Mein Großvater hieß wohl Philipp Barthold Schoof, 1869 – 1950, jedenfalls steht sein Name Philipp so auf seinem Grabstein. Ich fand seinen Namen aber auch anders in seinen verschiedenen Aufzeichnungen geschrieben. Schlimm für ihn war es wohl, wenn die Jungs auf der Straße Fiiilipp schrien, dann hat er immer versucht, sie zu verhauen. Er wollte lieber Phillipp genannt werden, und so wird er in meinen Berichten denn auch so genannt. Er hat seinen Kindern verboten, einen seiner Enkel diesen schrecklichen Namen zu geben. Mit meinen Namen hat meine Mutter sich wohl durchgesetzt, immerhin ist es ja nur sein Zweitname und mein Ururgroßvater Barthold hatte einen guten Ruf in der Familie.
Phillipp war wohl als Kind schon sehr eigenwillig, er war überall drauf und immer leicht in Gefahr, deshalb haben seine Eltern ihn im Sommer mit einem langen Tau im Garten an einen Baum gebunden. So hat er es später auch mit seinen eigenen Kindern gemacht. Kamen die ersten Acht Jahr auf Jahr, so sollen bis zu drei Kinder an der Auffahrt zum Hof angebunden worden sein.
Er kam zu einem Pastor in die Schule, doch der schickte ihn bald wieder nach Hause, angeblich hat er den einzigen Hahn der Frau Pastorin den Hals umgedreht. Später kam er in Hamburg auf ein Realgymnasium, hier wurde er ganz krank. Konnte das Essen nicht bei sich behalten und magerte ab, so musste er wieder nach Hause.
Als junger Mann war er, zusammen mit dem späteren Amtsvorsteher Paul Voß in Hohenwestedt auf der Landwirtschaftsschule. Ihre Väter beschlossen eines Tages, ihr Sprösslinge dort einmal zu besuchen, hatten sie doch selbst hier einmal die Schulbank gedrückt. Ganz verwundert schauen sie drein, als sie ihre beiden Jungens auf dem Bahnhof stehen sehen.: „Wie wusstet ihr, dass wir heute kommen, schön das ihr uns hier abholt“! Die beiden kommen ganz schön ins Stottern, Abholen haben sie ihre Väter auch nicht wollen und zur Schule könnten sie nun auch nicht, denn der Direktor hätte sie gerade wegen groben Unfugs von der Schule verwiesen! Gut, das die beiden Väter nun da sind, mit ein paar Thaler können sie den Rauswurf wieder rückgängig machen und dabei gleich sich noch einmal an ihre eigene Jugendzeit erinnern.
Mein Vater erzählte immer, Phillipp hätte sich den Hof selbst gekauft, erst dann seinen Vater um Hilfe gebeten. Aus den Aufzeichnungen von Karl Reimer geht hervor, dass er erst einmal den Hof in Wulfenhusen kauft. Der Hof gehörte zur Zuckerfabrik de Voß, der nun wohl Pleite war. Ein Makler Postel hat den Hof und mehrere andere dann gekauft. Auf Wulfenhusen standen früher zwei Höfe nebeneinander auf den Wurten. Der eine Hof ist dann abgebrannt, nur das Backhaus ist stehen geblieben. Die in Lehm gemauerten Steine wurden gesäubert und an dem Backhaus aufgeschichtet, so hat Karl Reimer dann gleich das Backhaus zum Abriss verkauft, und die Ziegelsteine gleich mit. Er schreibt in seinem Wirtschaftsbuch: Habe den Hof Wulfenhusen gekauft, 43 Morgen und 7 Scheffel (ca. 58 ha) für 114 000 Mark. Daselbst ein Backhaus verkauft für 500 Mark und Steine für 50 Mark. Gleich wurden 10 Pferde, 75 St. Hornvieh und 56 Schafe gekauft, Saatkorn, Ackergeräte und Ackerwagen wurden angeschafft.
Im Dezember 1893 bekommt Phillipp den Hof für 120 000 Mark. Inzwischen hatte Karl Reimer aber noch die Landstelle von Großmann hinzu gekauft, so dass der Hof nun 63 ha groß ist. Sein Bruder Karl Ernst bekommt den väterlichen Hof von ca. 80 ha 1904 für 116 000 Mark, die vier Töchter bekommen jeder 20 000 Mark bar auf die Hand. Ethe und Dotti, wie auch Karl Reimer sein Vermögen, verschwindet 1923 durch die Inflation wie von selbst.
In der Wohnung in Wulfenhusen hatten viele Jahre Arbeiter der Zuckerfabrik gewohnt. Als Phillipp nun heiraten will, muss das Vorderhaus erst einmal gründlich renoviert werden Es sollen auch Fußböden eingezogen werden, dazu muss der Boden ausgehoben werden. Als die Leute anfangen zu graben, stoßen sie auf beste Eichenbohlen, die mindestens dann noch bis 1960 gelegen haben, die Fußböden wurden wohl nie sauber gemacht.
In einer Denkschrift zur Goldenen Hochzeit von Phillipp und Bertha Schoof heißt es: Phillipp reitet nach Wellinghusen, um seine Eltern zu besuchen. Zur Heimkehr wird ihm sein Pferd zugeführt, er verabschiedet sich, besteigt das Pferd und sagt: „Morgen will ik mie dat Jowoort holn“, – Morgen will ich mir das Jawort holen -, damit gibt er dem Pferd die Hacken und er braust ab. Mutter Anna Amalie schreit auf: „Watt hett de Jung secht, dat Jowoort holn, ja fun ween denn, wakeen is dat? Voter, spann rasch an, wie wüllt im no“! – Was hat der Junge gesagt, er will sich das Jawort holen, ja von wem denn, wer ist das? Vater, spanne schnell den Wagen an, wir wollen ihn nach -! Es wurde auch angespannt und die Eltern sausten hinter ihren Sohn her, ihre Neugier zu befriedigen und eventuell auch ihre Rechte geltend zu machen.
Die andere gebäudelose Hälfte von dem Hof kauft Heinrich Maack, er läßt darauf ein neues Gebäude errichten und sein Sohn Rudolf wird hier dann Bauer. 1909 kann Phillipp diesen Hof mit 53 ha noch dazu kaufen, sodass er nun in Wulfenhusen auf 116 ha alleine regieren kann.
Den elterlichen Bauernhof meiner Großmutter Bertha geb. Frauen hat mein Vater später von Omas Bruder Hermann Frauen in Strübbel gekauft. Sie waren kinderlos und wollten nach Heide aufs Altenteil ziehen. Als kleiner Knirps mochte ich schon gerne Geschichten von Früher hören. So saß ich dann oft beim Schuster zu Süden mit der alten Grete Opitz und ihren Bruder Wilhelm Holst auf einer Bank mitten zwischen Ihnen. Grete wackelte immer mit dem Kopf und ihre Hände zitterten ewig, aber geistig war sie noch rege. Das Erzählen lag ihr nicht so, das musste Onkel Wilhelm, aber sie gab oft den Anstoß zu den einzelnen Erzählungen. Leider habe ich so viel davon vergessen, aber ein wenig habe ich doch noch im Kopf.
Der Frauen-Bauernhof in Strübbel
So erzählten sie mir auch von meinen Urgroßeltern Frauen. Timm Heinrich war in Zennhusen geboren, sein Vater kaufte ihn den Hof in Strübbel. 1870 heiratete er die 11 Jahre jüngere Anna Löy aus Tödienwisch. Timm Heinrich wurde in Strübbel „Fiete Buur“ genannt, seine Frau bald „Anna Nosche“, Timm liebte die Gemütlichkeit, rauchte gerne Pfeife und trank gerne einen Rum Grog, aber jeder Aufregung ging er möglichst aus dem Weg. Im Gegensatz dazu seine quirlige junge Frau, die liebte den Trubel und gehörte bald überall dazu. Sie hatte auch einen sechsten Sinn für Krankheiten, wusste, welcher Tee gerade gut tat, ob kalter oder warmer Umschlag. Es wurde bald kein Kind im Dorf geboren, wo Anna Nosche nicht dabei war. Sie besprach dann im Alter die Gürtelrose, Kälberflechten und Kinderwarzen. Auch hat sie wohl eine ganze Zeit in der Schule den Mädchen Handarbeitsstunden gegeben.
Typisch für sie ist folgende Geschichte: Direkt gegenüber lag die Gastwirtschaft Battschlag, sie wurde bewirtschaftet von Bruder und Schwester. Eines Abends erschießt Heinrich Jessen aus Schülp seinen Schwager durchs Fenster, im Beisein von Georg Peters und Nikolaus Löy. Die Schwester ist gerade am Melken, erfasst gleich die Situation und sagt spontan: „Das hat Hein Jessen getan“! Dann rennt sie aus dem Haus, weil auch sie sich bedroht fühlt, rennt zu Timm und Anna Frauen. Als sie dort das erlebte schildert, fällt Fiete Buur in Ohnmacht. Anna Nosche bittet die Nachbarin, sich um ihren Mann zu kümmern, dann ruft sie den Knecht und geht zur Wirtschaft.
Dort sieht sie, dass dem Mann nicht mehr zu helfen ist, und schickt den Knecht zu Pferde nach Wesselburen um den Gendarmen zu holen. Niklaus Löy ist wohl nach Haus gelaufen, Georg Peters hat sich dann etwas als Kriminalist betätigt, er fand aber in der Dunkelheit nichts Auffälliges. Die beiden besprechen nun den Fall und werden sich einig, dass es wohl Hein Jessen war, der als Schwager Angst hatte um sein Erbe, denn die schon etwas ältere Schwester wollte noch heiraten, wenn sie noch Kinder bekommen würde, gebe es für ihn dort nichts mehr zu holen! Vielleicht hat Hein Jessen das Gespräch mit gehört, jedenfalls finden sie ihn am Morgen im Baum hängend.
Wilhelm Holst bekam beim Schuster sein Gnadenbrot, genau so wie sein Bruder Hermann bei der Schwerster Dora Leiß von der Gastwirtschaft zu Norden des Dorfes. Beide waren Junggeselle und hatten sich zusammen eine Schäferei aufgebaut. Der Sohn von ihrem Schwager und Schuster Karl Opitz hatte mit der Schusterei nicht viel im Sinn, er wollte auch kein Schäfer sein, nein, Bauer wollte er werden.
1923 im Frühjahr stabilisierte sich die Mark wieder etwas und da wollte Peter Paulsen in Strübbel seinen Hof verkaufen. Das war nun gerade das Richtige für Tetje Opitz. Die beiden Junggesellen wurden sich auch mit Paulsen einig, mussten aber erst einmal ihre Schäferei verkaufen. Das dauerte natürlich etwas, und als sie dann das Geld in Händen hatten, sprudelte die Inflation wieder munter fort. Statt nun das Geld schnell in Dollars anzulegen, ließen sie das Geld zu Hause liegen und schnell war es dann wertlos. Solange Wilhelm Holst lebte, lag das Geld in der untersten Komodenschublade im Flur. Und oft hat es geheißen, „Willst du mal ein paar Millionen sehen, die ganze Schieblade ist voll davon. Ja, so sind ja so viele damals ihr Vermögen los geworden!
Die beiden Holst – Männer hatten sich aus kleinen Verhältnissen mit viel Fleiß und Sparsamkeit hochgearbeitet, das Schicksal hat es zum Schluss wirklich nicht gut gemeint mit den beiden Schäfern! Viel hat Wilhelm erzählt aus ihrem Leben, wie sie als junge Schäfer auf Wanderschaft waren. So kamen sie einmal in Eiderstedt zur Schafschur, wo man sie noch nicht kannte. Sie hatten schon eine damals ganz moderne Schermaschine, mit einer Kurbel und einen elastischen Schlauch zur Schere hin, mit der man viel schneller die Wolle herunter hatte, als mit der altmodischen Klippschere! Da sie aber dort unbekannt waren, mussten sie ganz hinten sich anstellen. Eigentlich brauchten sie nun noch zwei Mann zum Kurbeln, aber sie sagten erst einmal nichts. Dann wurde ihnen ein Schaf zu geführt und Wilhelm hat wie wild gekurbelt, Hermann dabei das Schaf aus der Wolle geholt. Beide hätten dann geschrien: „Schoop her, Schoop her“, und nach jeder Schur immer wieder „Schoop her“. Mittags dann hätten die beiden jeder einen Mann zum Kurbeln gekriegt und hätten ihren Platz ganz vorne bekommen.
Oma Bertha erzählte, dass sie gleich nach ihrer Konfirmation täglich nach Wesselburen lief, um das Weisnähen zu lernen. Das Leben eines jungen Mädchens war damals ganz auf die spätere Ehe eingestellt. Wer es sich leisten konnte, nähte sich seine gesamte Aussteuer vor der Hochzeit zurecht. Bettwäsche, Nachthemden, Tischwäsche und so weiter, immer für sich und den zukünftigen Ehemann. Möglichst mit feinen Stickereien und immer mit ihrem Mädchen- Monogram. Auf vielen Höfen wurde noch Flachs angebaut und auch selbst gewebt.
Wenn sie erzählte aus ihrer Jugendzeit, dann kam sie leicht ins Schwärmen, sie hat wohl eine sonnige Kindheit gehabt. Sie und ihr Bruder Hermann waren etwas nach dem Vater geraten, ihre Schwester Grete, später mit Peter Dohrn Tödienwisch verheiratet, war ganz nach der Mutter geraten. Ich erinnere mich noch, als die Beiden zu uns zur Goldenen Hochzeit unserer Großeltern im Mai 1944 kamen. Sie musste sehr unter der Gicht leiden, konnte sich kaum bewegen. Mein Vater hob sie ganz vorsichtig aus ihrer Halbchaise (Kutsche mit Halbverdeck) und zwischen Schmerz und Fröhlichkeit sagte sie, sie hätte nicht gedacht, dass noch einmal ein so stattlicher junger Mann sie auf Händen tragen würde!
Im Mai 1894 haben meine Großeltern geheiratet, im Mai 1895 wurde Heinrich geboren, am dritten Januar 1903 wurde mein Vater als Achter geboren, drei Jahre später folgte die jüngste Tochter. Alle 6 Jungen sind im Krieg gewesen, 1914-18 und 1939-45, alle sind sie wieder nach Hause gekommen, auch die zwei Schwiegersöhne, nur der älteste Enkel ist im Krieg geblieben! So entscheidet das Schicksal doch oft sehr unterschiedlich!