2,99 €
„… wenn das bis Petri Stuhlfeier nich nachlässt, dann oh weia ...“ Das Tiefdruckgebiet Vincerox hängt über den Vier- und Marschlanden - wie ein bedrohliches Damoklesschwert. Karlo würde die Sturmtage am liebsten auf seinem Blümchensofa verbringen. Leider überstürzen sich nicht nur die Ereignisse: Eine Kletterpartie wird Curslacks Hobby-Ermittler zum Verhängnis. Die Heilerin vom Oortkaten erhält Drohbriefe. Kommissar Spannich ermittelt in einem lange zurückliegenden Todesfall im Stelzendorf Overwerder. Der neue Detektivclub Modus Operandi tritt in Aktion. Was sucht der Hotelgast Chandra Shakara am Deich? Wer hat den syrischen Gärtner niedergeschlagen? Warum laufen überall diese stacheligen Minibiber herum? Und wie zum Himmel können sich Gianna und ihre Freundinnen in Sicherheit bringen? Unzählige Sandsäcke später bleibt nur eine Frage: Werden die Hamburger Deiche halten?
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2021
Deich fatal
Silke Schopmeyer
Roman
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen
oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form,
sowie Übersetzungsrechte sind vorbehalten. Die Handlung
und alle handelnden Personen sind frei erfunden.
Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen
wäre rein zufällig.
Copyright © 2020 Silke Schopmeyer ♥ Schortzwerk
Süderquerweg 435
21037 Hamburg
Lektorat: Anja Feldhorst
Cover: Moritz Ortz
Coverfoto: Volker Hochmuth
www.silkeschopmeyer.de
Zu diesem Buch „Sie vermuten ungeklärte Vorkommnisse, kennen womöglich einen ungelösten Fall? Fragen Sie einfach den guten Karlo, den ersten, zweiten und einzigen Detektiv hinterm Deich, zuständig für Recherchen und Archiv … wie der Zufall es will, übernehme ich derzeit keine Fälle. Egal ob verschwundene Gäste, verbuddelte Weltkriegsbomber, Giftmörder, Feuerteufel, dahergelaufene Bilderdiebe … Out of business!“
Karlo will nicht mehr. Mit einem verstauchten Knöchel kann er garantiert keinen Drohbriefschreiber verfolgen – die Geburtsstunde des Detektivclubs Modus Operandi. In ihrem ersten Fall wollen Pastor Christian Himmel, Dorfhistoriker Tobias und Nachbar Peter einem Drohbriefschreiber auf die Schliche kommen. Bei der Beschattung des seltsamen Hotelgasts Chandra Shakara treffen die Neulinge auf Kommissar Spannich, der einen ungeklärten Todesfall – einen Cold Case - rund um Overwerder ermitteln darf.
Die größte Bedrohung richtet sich jedoch gegen die schützenden Deiche der Vier- und Marschlande. Und daran ist nicht nur die winterliche Großwetterlage mit Dauerregen und Nordwestwind schuld. Hat der neue Chef der Hamburger Deiche – Klaus Prinzling – die brenzlige Lage im Griff? Naht die Rettung aus dem Morgenland? Wird es ein Happy End geben, oder droht das Hamburger Paradies in der Wasserhölle unterzugehen?
„Es ist besser, Deiche zu bauen,als darauf zu hoffen,dass die Flut allmählich Vernunft annimmt.“
Hans Kasper
Inhaltsverzeichnis
1 Schwarz vor Augen
2 Wasserhölle
3 Oenanthe conioides
4 Warwisch
5 Shakara Power
6 Cold Case Overwerder
7 Wo ist Rosa?
8 Wassermassen
9 Im Kistendorf
10 Neue Ingredienzien
11 Nutria im Kofferraum
12 Tacheles
13 Auf der Lauer
14 Herren der Lage
15 Alles schwarz
16 Scheue Pferde
17 Energiewochenende
18 Erosionen
20 Deichliebe
21 Bombenkonzert
22 Inschallah
23 Knall auf Fall
24 Quellkade
25 Nächtliche Besucher
26 Platt am Boden
27 Korken gezogen
Epilog
Dank
Karlo ermittelt auch hier …
„Schluss! Jetzt ist endgültig Schluss. Das war absolut das letzte Mal!“ Christian von Braunschweig-Lüneburg warf einen prüfenden Blick über die Schulter auf die sechshundert Reiter hinter ihm. Seine Offiziere hatten die Kürassiere und die Arkebusiere gut im Griff. Ihre Pferde schnauften Atemdampf in die klare Winterluft. Bei Artlenburg hatten sie das feste Eis der Elbe überquert und danach den laublosen Sachsenwald hinter sich gelassen. Immer begleitet von Wut. Diese verdammte Wut! Über viele Jahre hatte sie sich angestaut. Wut über die Arroganz, die Eigenmächtigkeit der Hamburger und ihrer Verbündeten in Lübeck. Die jüngste Überschwemmung seiner weitläufigen Ländereien lag nicht lange zurück. Und dann die Gerichte: Endlose Verhandlungen und Schriftsätze waren verfasst worden. Wie viele Jahre sollten sie noch warten, bis sie ihr Recht bekamen? Das ihm bereits zugesichert worden war! Was wollten sie mit dem Mandatum inhibitorum erreichen? Aufschub! Einspruch! Wie oft denn noch? Vor über hundert Jahren hatte der alte Kaiser seinen Vorvätern zugesagt, dass die Stunden ihres Deichs gezählt seien. Gold. Gold hätte schon längst in seinen Säckel fließen sollen. Nichts war seitdem passiert. Keine Unze hatten die Pfeffersäcke gezahlt. Berufung hatten sie eingelegt. Diese Verbrecher! Keinen Deut hatten sich die Hansestädter um die Lüneburger geschert. Zu lange schon hatten er und seine Vorfahren tatenlos zugesehen, wie sich die Wortbrecher aus Hamburg und Lübeck auf ihre Kosten bereicherten. Hanseaten! Ehrenmänner wollten das sein? Davon hatten sie in den letzten Jahren nichts gespürt. Hinhalten wollte man sie. Immer nur aufschieben, hinhalten, vertrösten. Vor allem die Lübecker taten sich darin groß – sie waren Meister der Verzögerung. Weil sie es allen recht machen wollten. Den Hamburgern. Den Dänen. Anfangs auch ihnen, den Lüneburgern. Das hatte er mittlerweile verstanden. Alles nur Hinhaltetaktik. Dieser verdammte Deich bedeutete Unglück. Die Zeit des Wartens musste ein Ende haben. Diesmal würde keiner sie aufhalten! Mit einem lauten Schrei trieb er seinen treuen Holsteiner zur Eile an.
„Madonna! Hört das denn nie auf!“ Gianna tänzelte die Treppe herunter, die bei ihrem Federgewicht das Knarzen versagte. „Wie macht ihr das nur? Regen, Regen immer nur Regen. Seit Wochen schon. Langsam muss der Himmel doch leer sein! Es dürfte zur Abwechslung auch mal schneien. Das sähe wenigstens schön aus und Rosa könnte draußen spielen.“
„Guten Morgen, Signorina Moretti“, grüßte Karlo von seinem üblichen Platz an der Rezeption. Die kleine Rosa saß auf seinem Schoß und knabberte an einem Croissant, das dick mit Nutella beschmiert war. Ihre verstrubbelten Löckchen standen wie die Wellen ihres Vaters morgens in alle Richtungen ab. „Ausgeschlafen?“
„Bis die principessa mich um fünf Uhr geweckt hat …“
„Ab sechs konntest du dich doch wieder umdrehen.“
„Si, grazie. Die drei Stunden hab ich auch gebraucht.“ Sie reckte sich kurz. „Aber als dann der Regen aufs Dach prasselte …“
Die Schiebetür zum Frühstücksraum öffnete sich und Erne eilte mit geschäftigen Schritten auf die Rezeption zu. Sie trug eines ihrer Twinsets und eine praktische Jerseyhose. Alles in Beige gehalten.
„Moin, Gianna. Chef, bevor ich’s vergess. Die Lichterkette am Haus muss wech. Wir ham Mitte Februar! Wiehnacht is nu schon lange rum. Die ham bannig dollen Sturm angesagt die nächsten Tage.“
Karlo fuhr sich durchs wirre Haar und seufzte wie immer, wenn seine Frauen ihm Aufgaben zugedachten. Darin waren Erne und Gianna Weltklasse. Und Mini-Moretti schien langsam aber sicher in ihre Fußstapfen zu treten. Einen Trotzanfall hatte er heute Morgen nur mit Hilfe einer Extraportion Nutella eindämmen können. An diesem Freitag wollte er eigentlich in Ruhe seine beiden Tageszeitungen lesen und dann sehen, was der Tag so brachte. Mit Rosa einen kleinen Ausflug unternehmen. Vielleicht ins Billebad. Das liebte sie.
„Wie jetzt … bei dem Wetter soll ich da raus? Auf die Leiter?“
„Erne hat recht, amore.“ Gianna schenkte ihrer Hausdame ein dankbares Lächeln. „Die Lichterketten sind schon locker und klappern gegen zwei Fenster in den oberen Zimmern. Mindestens drei Gäste haben sich bereits beschwert.“
„Aber es regnet! Forte! Fortissimo!“ Karlo reckte die Hände in die Höhe. Vergnügt quietschend tat Rosa es ihm gleich. Dabei fiel ihr das Croissant aus den kleinen Händen direkt auf einen Artikel in der Bergedorfer Zeitung. Das Gesicht des Bezirksamtsleiters zierte nun ein dicker Nutellafleck.
Während Erne auf die Haustür zuging, bedachte sie die Kleine mit einem strengen Blick, der jedoch in wenigen Sekunden einem Lächeln wich. Auch wenn sie mit den lockeren Erziehungsmethoden von Karlo nicht immer einverstanden war, konnte sie seiner Tochter nie lange böse sein. Mit einem entschlossenen Griff öffnete sie die schwere Haustür, um sie nach einem kurzen Blick auf den Parkplatz wieder ins Schloss fallen zu lassen. Pfützen, so weit das Auge reichte. Ungläubig schüttelte sie den Kopf. „Du ahnst es nich … wenn das bis Petri Stuhlfeier nich nachlässt, dann oh weia …“
„Petri Stuhlfeier?“ Auch wenn Karlo schon mehrere Jahre in Curslack wohnte, kannte er noch längst nicht alle Bräuche oder Bauernregeln.
„Hat Petri Stuhlfeier viel Eis und viel Ost, bringt der Februar noch starken Frost.“
„Ost?“, wollte Gianna wissen.
„Wind. Wenn das so richtich bläst. Von allen Seiten. Nord, Süd, Ost, West. Man bloß nich zu lang aus Nordwest.“
„Egal wo der herkommt“, murmelte Karlo. „So oder so ist es arschkalt da draußen!“
„Asskalt“, brabbelte Rosa ihm nach und grinste glücklich über das neu gelernte Wort. „Asskalt!“
„Karlo, no! Nicht solche Worte vor der Kleinen!“, ermahnte ihn Gianna. Sie streckte die Arme nach ihrer Tochter aus und hob sie über den wuchtigen Tresen. „Tesoro, mein Schatz“, flüsterte sie in Rosas dichte Locken. „So etwas sagen wir nicht. Sehr kalt … es ist sehr kalt da draußen. Freddissimo!“
„Sehr kalt“, wiederholte Rosa und reckte einen Zeigefinger in die Höhe. „Asskalt!“
„Wind aus West bedeutet nix Gutes. Aus Nordwest kommt die Katastrophe. Wie bei der Hollandflut in den Fuffzigern. Da sind in einer Nacht fast zweitausend Menschen ertrunken. Das war schlimm … noch schlimmer als wie bei uns zweiunsechzich.“
„Ach Erne, nun mal den Teufel nicht an die Wand. Die Technik ist doch viel weiter heute“, wiegelte Karlo Ernes übliche Schwarzmalerei ab.
„Die Natur macht, wat sie will, min Jung.“ Erne schüttelte den Kopf. Ein paar Strähnen hatten sich aus ihrer Hochsteckfrisur gelöst. „Ob mit oder ohne Technik.“
„Aber …“ Karlo wollte etwas entgegnen, als sich die Haustür erneut öffnete. Mit dem Rücken zu ihnen blieb Pastor Christian Himmel auf der Schwelle stehen und schüttelte seinen überdimensionalen Schirm aus. Als er ihnen schließlich das Gesicht zuwandte, fragte sich Karlo, wie ein Mann stets so perfekt aussehen konnte. Natürlich hatte der strömende Regen Christians Frisur nichts anhaben können. In den letzten Jahren waren ein paar silberne Strähnen in seinen kurzgehaltenen dunklen Wellen aufgetaucht. Er hätte als Richard Geres und George Clooneys deutscher Neffe durchgehen können. Sein eleganter Regenmantel umhüllte die übliche schwarze Kluft. Nur die halbhohen Boots und der Hosenaufschlag hatten ein paar Schlammspritzer abbekommen.
„Sol lucet omnibus!“, verkündete er mit einem gewinnenden Lächeln.
Erne strahlte ihn an. „Guten Morgen, Herr Pastor.“ Verstohlen richtete sie Hochsteckfrisur und Twinset.
„Er nu wieder, dir auch einen guten Tag!“, begrüßte Karlo seinen Freund und Nachbarn. „Du sprichst wie immer in Rätseln.“
„Die Sonne scheint für jeden, mein Lieber.“
„Sol lucebit omnibus“, entgegnete Gianna mit einem herausfordernden Grinsen.
Der Pastor sah sie ratlos an.
„Welche Sonne? Ich sehe keine Sonne da draußen“, stellte Gianna fest. „Deshalb solltest du deinen schlauen Satz ins Futur setzen, amico. Futur 1 natürlich“, sagte sie mit erhobenem Zeigefinger.
Nach einem kurzen Moment des Staunens brach Christian Himmel in schallendes Gelächter aus. „Ich liebe intelligente Frauen! Holde Gianna, du bist dir wirklich sicher, in Italien keine ledige Schwester zurückgelassen zu haben? Die genauso hübsch ist? Und dazu noch eine Virtuosin auf meiner Orgel?“ Mit einem Schritt bewegte er sich auf seine Nachbarin zu und küsste sie auf beide Wangen. Rosa streichelte er über den Lockenschopf.
„Moment mal, muss ich jetzt den typischen italienischen Macho mimen oder lässt du auch so die Finger von meiner Frau?“ Demonstrativ erhob sich Karlo von seinem Platz.
Alle Umstehenden stimmten in Christians Gelächter ein. „Deine Frau? Oh! Habt ihr’s endlich getan? Etwa ohne meinen allseits beliebten Segen?“ Er zog die perfekt gezupften Augenbrauen hoch.
Gianna verzog das Gesicht. Erne grinste in sich hinein. Rosa sah irritiert von einem zum anderen, und Karlo verdrehte die Augen. Christian hatte mal wieder seinen wunden Punkt getroffen. Dieser Idiot! Eilig ließ er sich auf seinen Stuhl fallen und warf einen Blick auf den Computermonitor vor sich. „Ist denn das Zimmer für diese Person namens Chakachaka aus Berlin schon fertig?“
„Chakachaka?“ Erne sah ihren Chef an, als hätte er sie nach dem Rezept für einen makrobiotischen Auflauf gefragt.
„Du meinst wahrscheinlich Frau Chandra Shakara“, vermutete Gianna.
„Shakira?“, fragte Christian interessiert. „Da würde ich doch glatt mein Schlittschuhdate morgen absagen.“
„Shakara. Das war eine Online-Reservierung – für ein paar Tage“, informierte ihn Gianna wie aus der Pistole geschossen.
„Wieso gehen wir eigentlich alle so selbstverständlich davon aus, dass es sich bei besagter Person um eine Frau handelt?“, wollte Karlo wissen.
„Weil …“, überlegte Gianna. „… der Name mit einem a aufhört.“
„Dein Cousin heißt Andrea und sein Vater Mattia, wenn mich nicht alles täuscht.“
„Aber … Chandra klingt trotzdem nach einer Frau.“
Karlo runzelte die Stirn. „Klingt etwas kompliziert, die Gute: Keine künstlichen Raumerfrischer. Nur Kernseife. Jeden Morgen eine frische Karaffe Wasser. Veganes Frühstück mit frischem Ingwertee …“ Beim Weiterlesen schüttelte er ungläubig den Kopf. „Als Pitta-Typ würde sie einen warmen Brei aus Dinkel, Weizen, Hafer oder Gerste bevorzugen. Dazu frische Früchte.“
„Wat für’n Tüdelkram! Pitta?“, wunderte sich Erne.
„Ich kenn nur Pitabrot vom Türken“, überlegte Christian.
„Im Ayurveda werden drei Typen unterschieden: Vata, Pitta und noch einer, an den ich mich nicht mehr erinnere“, erklärte Gianna. „Darüber haben wir mal beim Schwangerenyoga gesprochen. Außerdem kennt sich Alke damit ein bisschen aus.“
„Die berühmte Alke.“ Karlo zog eine Augenbraue hoch. „Was haben wir früher nur ohne sie gemacht?“
„Ignorante!“
„Also, meine Mutter is schon zu ihre Mutter Beke hin. Zum Besprechen. Als man da noch nich viel drüber geschnackt hat“, entgegnete Erne mit Nachdruck. „Bei mein Ischias hat sie wahre Wunder gewirkt, und meine Nachbarin war ganz fix mit ihre Gürtelrose durch. “
„Ich weiß, ich weiß.“ Karlo hob beschwichtigend die Hände. „Auch einige Frauen unserer Sangesbrüder schwören auf ihre wundersamen Heilkräfte.“ Trotzdem konnte er nicht nachvollziehen, dass so viel Tamtam um die von Gianna neu entdeckte Heilerin vom Oortkaten gemacht wurde. Zum Glück war er selten krank. In solchen Fällen wandte er sich zuerst an die Dorfapothekerin oder an die Gemeinschaftspraxis bei seiner Chorgaststätte. Drei Schulmediziner, die ihn verlässlich mit Pillen und Spritzen versorgten. „Dann kann uns Alke bestimmt auch erklären, warum Chandras Zimmer gen Osten ausgerichtet sein muss. Beten Ayurvedis vielleicht nach Mekka?“
„Du ahnst es nich!“ Erne schüttelte ungläubig den Kopf. „Wat fürn Getüddel.“
„Bis jetzt haben wir noch jeden Gast glücklich machen können“, entgegnete Gianna schulterzuckend.
„Ach ja?“ Karlo runzelte die Stirn. Christian grinste.
„Wat is denn nu mit der Kette?“, mahnte Erne.
„Si amore, sei so lieb!“
„Habt ihr mal rausgeguckt? Es gießt! In Strömen!“
„Laut Wetterbericht wird sich daran in den nächsten Tagen nicht viel ändern“, stellte der Pastor nach einem kurzen Aufleuchten seines Handys fest.
„Alles klar.“ Karlo verschränkte die Arme vor der Brust. „Mein lieber Nachbar, wo du gerade hier bist und anscheinend nichts Besseres vorhast: Wir zwei gehen jetzt da raus und hängen die verfluchte Lichterkette ab.“
„Na, na, wer wird denn da fluchen im Angesicht eines Gottesmannes?“ Christian setzte eine strenge Miene auf.
„Entschuldige, die verdammte Lichterkette natürlich.“
≋ ≋ ≋
Dick vermummt in wasserabweisende Winterjacken standen Karlo und Christian vor der kleinen Kate. Entschlossen hämmerten sie an die Tür. Innerhalb kürzester Zeit war die feuchte Kälte in ihre Gliedmaßen gezogen. Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde ihnen geöffnet.
„Mensch Peter, muss ich erst die Tür einschlagen?“
Erstaunt blickte Peter Timmke seine unverhofften Besucher an. Karlo hatte sich noch immer nicht an dessen Typveränderung gewöhnt, für die sich eine Erzieherin der nahegelegenen Kindertagesstätte verantwortlich zeichnete. Seit ihrem gemeinsamen Sabbatjahr, das die beiden Frischverliebten mit dem Rucksack in Asien und Australien verbracht hatten, kam Peter wie ein surfender Hipster rüber. Die ölverschmierten T-Shirts und wild abstehenden Haare schienen endgültig der Vergangenheit anzugehören. „Tschuldigt, Leute, aber Gitta is grad da.“
„Gitta? Hast du jetzt noch ’ne Zweitfrau neben Meike?“, fragte der Pastor mit einem anzüglichen Lächeln. „Können wir eventuell behilflich sein?“
„Gitta ist die Hebamme, du Eumel“, informierte ihn Karlo. Rund um Rosas Geburt hatte Gianna ebenfalls auf Gittas Dienste geschworen.
„Ah. Terra incognita!“, entgegnete Christian.
„Hä?“ Peter sah verständnislos von einem zum anderen.
„Dieser Bildungsbürger hier will uns sagen, dass der Bereich Geburtsvorbereitung und damit verbundene Dienstleistungen – bis auf den Akt der Taufe – für ihn noch unerforschtes Gebiet darstellen.“
„Aha.“ Peter fuhr sich irritiert durch sein kurzgeschnittenes Haar. „Was gibt’s denn?“
„Hast du noch meine Leiter bei dir stehen?“
„Klar, auf der andern Seite. An der Hauswand. Wieso denn?“
„Die Lichterketten müssen runter.“
„Seine Frauen sind spitze im Delegieren“, grinste Christian.
Karlo verzog keine Miene.
„Bei dem Scheißwetter? Seid ihr nich ganz dicht?“ Entgeistert sah Peter die beiden an.
„Kommst du kurz mit?“, bat ihn sein Nachbar in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
Nach einem kurzen Seufzen vergewisserte er sich, dass die Damen im Wohnzimmer keine Hilfe benötigten, dann griff er nach seinem voluminösen Regenparka.
„Gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung“, kommentierte der Pastor.
„Aber dann macht mal hinne, Jungs. Als werdender Vater will ich mir nich den Tod holen. Echt nich.“
„Als Vater hab ich das auch nicht vor.“
„Übrigens haben auch Singles ohne Anhang eine Daseinsberechtigung.“
Begleitet vom beständig prasselnden Regen trugen sie die Leiter bis zur linken Hausecke des Vierländer Hofs. Peter und Christian übernahmen die Sicherung, während Karlo vorsichtig nach oben kletterte. Im unteren Bereich des Reetdachs befanden sich an der Außenkante metallene Bügel, an denen das eine Ende der Kette angebracht worden war. Um den Punkt zu erreichen, stellte er sich auf eine Sprosse im oberen Drittel der langen Aluminiumleiter. „Gebt euch Mühe, Jungs. Ich werde noch gebraucht“, rief er den beiden Männern zu, die die Leiter gegen den Wind stemmten.
„Ain’t no mountain high enough …“, sang Christian laut zu ihm hoch.
„Bergsteiger ham doch alle ’n Knall …“, schrie Karlo durch den heftigen Wind, der gefühlt mit jeder Stufe zugenommen hatte.
„Sieh zu!“, feuerte Peter ihn an und zog sich dabei die Kapuze tiefer ins Gesicht.
Mit wenigen Handgriffen konnte Karlo dieses Ende der Lichterkette erfolgreich abnehmen. Vorsichtig stieg er die Stufen wieder hinunter und atmete einmal tief aus. In den letzten Tagen hatte sich die Aufhängung in der Mitte bereits von selbst gelöst. Deshalb mussten sie die Leiter lediglich zum anderen Hausende tragen. Da alle drei in den wenigen Minuten bereits empfindlich durchgefroren waren, erledigten sie diese Aufgabe mit entschlossenen Schritten. Eilig kletterte Karlo die Sprossen empor und versuchte sein Glück erneut. Nach weniger als einer Minute hielt er das Ende der Kette in einer Hand und verkündete nicht ohne Stolz: „Auftrag erledigt, Männer. Ich komm dann mal runter.“
„Können wir das schaffen? Jo, wir schaffen das!“, beglückwünschte ihn Christian.
„Bleib du mal lieber bei deinen Bibelversen, Meister!“, entgegnete Karlo, während er sich den Anfang des dünnen Kabels ums linke Handgelenk wickelte. „Bob der Baumeister passt echt nicht zu dir.“
„Pass auf, Alter. Das bläst jetzt richtich!“ Mit aller Kraft hielt Peter die zitternde Leiter fest und spähte angespannt nach oben. In der Tat hatte der Sturm in den letzten Minuten noch an Kraft zugenommen. Fast in Zeitlupe stieg Karlo die feuchten Stufen hinunter. Dabei warf er einen kurzen Blick durchs Fenster in den hell erleuchteten Frühstücksraum und erspähte seine kleine Rosa, die gedankenversunken in der neu eingerichteten Kinderecke spielte. Baute sie einen Turm aus den neuen Duplo-Steinen? Würde sie gleich wieder aufs Schaukelpferd steigen?
„Vorsicht!“, rief Peter zu ihm hoch.
„Was denn?“
„Die Kette, ey! Pass auf!“
Karlo starrte an sich herunter. „Oh, shit!“ Sein linkes Bein hatte sich in der Lichterkette verheddert. Verzweifelt versuchte er, sie abzuschütteln. Ohne Erfolg. Beim nächsten Schritt rutschte er von der feuchten Sprosse ab.
„Aaaahhh …!“
Auch wenn die Hortensien seinen Aufprall abfederten, wurde ihm sofort schwarz vor Augen.
„Meine Dame, die Herren: Machen wir uns nichts vor – die Lage ist ernst. Sollten die aktuellen Wasserstände noch weiter steigen, könnte es für einige Länder äußerst kritisch werden. Ich gehe davon aus, dass Sie bereits einen Krisenstab eingerichtet haben?“, erkundigte sich Madame Méticule, ohne die dünnen Lippen zu verziehen. Ein starker französischer Akzent verlieh ihr die Aura einer strengen Gouvernante - Widerspruch zwecklos. An diesem Montagmorgen war die EU-Beauftragte für die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken extra aus Brüssel angereist. Im knitterfreien Chanel-Kostüm, Größe 34. Die blonden Haare zu einem festen Dutt hochgesteckt. Mit der Frühmaschine und einem Hamburger Taxi ging es in den schmucklosen Stadtteil Hammerbrook zur ersten Krisensitzung auf ihrer Liste. Nach diesem Termin würde sie weiter an die deutsche Nordseeküste reisen. In nüchterner Büroatmosphäre empfing der Hamburger Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer – Ressort Deichaufsicht und Deichverteidigung – den hohen Besuch mit Filterkaffee und trockenen Besprechungskeksen.
„Ma chère Madame Méticule …“, begann der Hamburger Verkehrssenator Dr. Gernot Brüggemann in seinem besten Schulfranzösisch. Dabei nestelte er am obersten goldenen Knopf seines marineblauen Zweireihers. „… bien sûr, selbstverständlich sind wir bestens vorbereitet. Bei uns greift ein Rädchen ins andere, nicht wahr, Herr Prinzling?“
„Das will ich meinen“, entgegnete der neue Ressortleiter für den Deichschutz. Auch wenn er sich äußerlich nichts anmerken ließ, rannen ihm ein paar Schweißperlen am Nacken hinunter. Nach vielen Jahren im Ortsamt der Vier- und Marschlande war Klaus Prinzling erst vor Kurzem in die Behörde gewechselt und noch immer damit beschäftigt, alle relevanten Rädchen kennenzulernen. „Aufgrund der, sagen wir mal, schwierigen Großwetterlage sind bereits vor einigen Tagen die Katastrophendienststäbe und der Krisenstab unserer Behörde zusammengetreten.“
„Bon.“ Die EU-Beamtin tippte etwas in ihr flaches Laptop. „Wie sieht‘s mit den Maßnahmen … à long terme … langfristig aus? Alors, wie weit sind Sie mit den Gesprächen vor Ort?“
„Madame Méticule, seien Sie versichert, da sind wir absolut guter Dinge.“ Der Senator schenkte dem hohen Besuch dasselbe aufmerksame Lächeln wie seinen Sekretärinnen, Praktikantinnen und Tennispartnerinnen. Mit der Rechten fuhr er sich durchs volle graumelierte Haar. „In den letzten Jahren hat die überwiegende Mehrheit der Anwohner im kritischen Bereich bereits verkauft.“
„Das ist mir bekannt, Herr Brüggemann.“ Die Beamtin klickte sich durch ihre Dateien, ohne das Lächeln zu erwidern. Sie schätzte den durchaus attraktiven Politiker auf Mitte vierzig. „Ah voilà, Trotzdem geht es jetzt um die letzten Häuser im Deich. Die müssen alle weg. Restlos. Sans exception!“
„Rien ne va plus“, warf Herr Prinzling grinsend ein.
Mit zusammengekniffenen Augen taxierte die Besucherin den akkuraten Bürstenschnitt ihres Gegenübers. „Encore … noch einmal: Wie wir alle wissen, haben neueste Messungen aufgezeigt, dass der heutige Zustand der europäischen Deiche nicht ausreicht. Absolument pas! Es befinden sich noch zu viele Gebäude im Bereich der …“ Sie tippte etwas in ihr Handy. „… Binnenböschung. Wenn die Hauswände direkt an die Deichgrundgrenze anschließen, besteht IMMER die Gefahr eines Bruchs. Toujours!“
„Mit Verlaub, meine Dame, diese Gefahr wird aber seit vielen Jahren billigend in Kauf genommen“, gab Herr Prinzling zu bedenken. Das Grinsen war gänzlich aus seinem Gesicht verschwunden. „Damit ist es jetzt endgültig vorbei. Tout de suite. Ab SOFORT.“ Ihr strenger Blick verharrte ausdruckslos auf dem Bildschirm. „Aufgrund der gültigen Bemessungswasserstände ist seit mehreren Jahren geplant, dass die gesamte Deichanlage erhöht werden muss. So ein Desaster wie 1962 wollen Sie in Ihrer Stadt sicherlich nicht noch einmal erleben.“
„Vor allem, da der große Krisenmanager auch nicht mehr unter uns weilt.“
Madame Méticule sah ihn verständnislos an. „Pardon?“
„Monsieur Helmut Schmidt? Unser Altkanzler?“
„Was Herr Prinzling damit sagen will“, meldete sich Herr Dr. Brüggemann wieder zu Wort. „Wir nehmen unsere Verpflichtungen sehr ernst, Madame. Soweit ich informiert bin, liegen allen Grundbesitzern seit Längerem Angebote vor, die zu einem Gutteil … mal mit mehr, mal mit weniger … sagen wir … Nachbesserungen … angenommen wurden.“
„Na ja, also manche …“, schaltete sich die vierte Teilnehmerin der morgendlichen Runde zögerlich in das Gespräch ein.
„Ja?“, wollte Madame Méticule von der Rothaarigen auf der anderen Seite des Tisches wissen, die bis jetzt wenige Notizen auf einem Block hinterlassen und sich außerdem um die Versorgung mit Kaffee gekümmert hatte.
Herr Prinzling räusperte sich vernehmlich und sah seine Assistentin, die ihm schon im Ortsamt zur Seite gestanden hatte, mahnend an. „Was meine geschätzte Kollegin, Frau Erd-Fels, damit sagen will: Auch wenn vereinzelte Deichbewohner bisweilen recht … eigensinnig sein können …“ Senator Brüggemann bedachte seine Untergebenen jeweils mit einem scharfen Blick. „… an den meisten Stellen stehen wir glücklicherweise kurz vorm Abschluss.“
Madame Méticule schloss für eine Millisekunde die Augen. Dann wandte sie sich vom Bildschirm ab und sammelte sich kurz. „Meine Herrschaften … bien entendu … damit wir uns richtig verstehen: Auf persönliche Befindlichkeiten können wir in unserer Situation keinerlei Rücksicht nehmen. AUSNAHMSLOS. Was sollen denn die Niederländer sagen. Les Pays-Bas? Wenn die sich derartige Eigensinnigkeiten leisten würden, wäre Holland in Nullkommanichts eine riesige Wasserfläche“, wischte sie mit einer eindeutigen Geste den Einwand vom Tisch. Wie Grundschüler kurz vorm Schulverweis senkten alle Anwesenden den Blick auf die Tischplatte. „Und wenn ich sage ausnahmslos, dann meine ich das auch.“ Es folgte eine bedeutsame Pause, in der sie sich wieder ihrem Laptop zuwandte. „En plus … unsere Untersuchungen haben außerdem ergeben, dass sich an einer Stelle vor dem Deich eine alte Siedlung befindet …“ Sie tippte wieder etwas in ihren Laptop. „Overwerder. Diese Häuser auf … Stelzen … müssen auch weg.“
„Overwerder? Die Hippiesiedlung?“ Klaus Prinzling wurde hellhörig. Schon zu seiner Zeit im Ortsamt waren ihm die engagierten Hüttenbewohner stets als suspekter Haufen erschienen. Wer konnte nur so blöd sein und sein Haus freiwillig vor dem Deich bauen?
„Entschuldigen Sie, Herr Prinzling, aber Hippiesiedlung würde ich das Ganze nicht unbedingt nennen“, wendete Herr Dr. Brüggemann ein. „Soweit ich informiert bin, haben sich dort viele Naturliebhaber ein kleines Paradies geschaffen. Ich kenne da noch den ehemaligen Fahrer eines Parteikollegen, der hat mit Hippies so viel zu tun wie Sie mit Rapmusik, werter Herr Kollege.“
Herr Prinzling verzog keine Miene.
„Paradies hin oder her“, unterbrach Madame Méticule die Ausführungen des Senators und blickte wieder von ihrem Laptop auf. „Wenn die Wasserstände immer stärker steigen. Wenn regelmäßige Sturmfluten drohen. Wenn Dürrephasen im Sommer Risse in den Deichen verursachen. Wenn diese Häuser dort einstürzen und die Reste auf die durchweichten Deiche drücken, dann hat hier keiner mehr ein Paradies auf Erden. Dann kommt die Wasserhölle. C’est l’enfer!“ Mit emporgereckten Händen unterstrich sie ihre letzte Ansage.
„Nun malen Sie mal nicht den Teufel an die …“, bemühte sich Herr Prinzling, seine Besucherin zu besänftigen.
„Non!“ Ihr rechter Zeigefinger deutete zunächst nach oben und dann auf jeden ihrer Gesprächspartner im Raum. „Wenn Sie hier nicht Ihre Aufgaben erledigen, dann werden Sie es mit noch ganz anderen Teufeln zu tun bekommen! Das versichere ich Ihnen.“ Mit nach wie vor erhobenem Zeigefinger blickte sie Herrn Prinzling streng in die Augen. Er verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust.
„Madame et messieurs“, holte Madame Méticule zu ihrer finalen Ansprache aus. „Meine Dame, meine Herren, die EU-Kommission geht davon aus, dass die Angelegenheit geregelt wird. Zu HUNDERT Prozent. Auch wenn der ältere Herr mit dem orangefarbenen Toupet auf seiner Seite des Atlantiks den Klimawandel nach wie vor leugnet: Wir können uns derartige Fehleinschätzungen nicht leisten. Wenn der Meeresspiegel weiter steigt, werden wir nicht abwarten und zusehen. Zur Erhöhung und dem bestmöglichen Schutz der Deiche gibt es keine Alternative.“ Ein letzter strenger Blick wanderte durch den Raum. „Bon, ich denke, wir haben hier alles besprochen. In spätestens vier Wochen erwarte ich einen Zwischenbericht. Wollen wir alle hoffen, dass es dafür nicht schon zu spät ist.“ Die Französin räumte die Unterlagen zusammen, um sie in ihrer edlen Aktentasche zu verstauen.
Entschlossen klappte die Notärztin ihre Ledertasche zu, die bestimmt schon über mehrere Jahrzehnte treue Dienste leistete. Als er seine Umgebung wieder deutlicher wahrnehmen konnte, wunderte sich Karlo darüber, dass seine Behandlung in Jeans und Wollpulli erfolgte.
„Nochmal Glück gehabt, würde ich sagen. Verstauchter Knöchel und eine leichte Gehirnerschütterung.“
„Nur verstaucht?“, stöhnte Karlo auf Elfis Blümchensofa, wo ihn Christian und Peter – ebenfalls unter Stöhnen – vorhin abgelegt hatten. Trotz Giannas ausdrücklicher Missbilligung stand das Erbmöbelstück nach wie vor in seinem kleinen Fernsehzimmer. „Tut ein Bruch etwa noch mehr weh?“
„Kommt drauf an.“
„Worauf?“
„Na, auf Ihr ganz persönliches Schmerzempfinden.“ Augenzwinkernd blickte die Ärztin zu Gianna hinüber, die Rosa auf dem Arm trug.
„Also, an solche Schmerzen kann ich mich echt nicht erinnern. Als hätte jemand einen glühenden Nagel in meinen Knöchel geschlagen.“
„Bis jetzt hat Ihre persönliche Krankenschwester alles richtig gemacht. Hochlagern war schon mal eine sehr gute Idee. Legen Sie ruhig wieder das Kühlpad auf die Bandage. Alternativ empfehle ich auch Quarkwickel. Wirkt manchmal Wunder. Nehmen Sie heute zwei von den Tabletten hier.“ Die Medizinerin reichte ihm eine silberne Packung. „Ruhen Sie sich in den nächsten Stunden ein wenig aus. Keine weiteren Leiteraktionen in dieser Woche. Ihr Gleichgewichtssinn muss sich erst erholen.“
„Keine Angst, das wird nicht passieren“, entgegnete Karlo und warf Gianna dabei einen vorwurfsvollen Blick zu.
Die ließ sich nichts anmerken und wandte sich freundlich an die Ärztin. „Ich bring Sie dann mal raus, Frau Doktor Heiling.“ Gemeinsam gingen die Frauen zur Tür.
„Am besten nehm ich den Trupp der freiwilligen Feuerwehr gleich mit. Sonst wird von Ihrem Frühstücksbuffet nicht mehr viel übrigbleiben.“ Sie grinste. „Die Jungs freuen sich momentan über jeden Einsatz, der nichts mit überschwemmten Kellern oder fast ertrunkenem Vieh zu tun hat.“
„Freiwillige Feuerwehr?“ Irritiert blickte Karlo den beiden Frauen hinterher.
„Ich hab irgendwann aufgehört zu zählen, aber da unten tummeln sich einige kräftige Männer in Uniform“, informierte ihn Gianna ebenfalls grinsend. „Pompieri.“
Lachend fügte die Notärztin hinzu: „Wer hier im Landgebiet den Notruf wählt, der darf in der Regel mit vielen Rettern rechnen.