Demon Horde MC Teil 3: Outlaw Ride - Sarah Hawthorne - E-Book

Demon Horde MC Teil 3: Outlaw Ride E-Book

Sarah Hawthorne

5,0

Beschreibung

Der hartgesottene Biker Clint Remmick ist seinen Clubbrüdern des Demon Horde MC treu ergeben. Er hat hart daran gearbeitet, seine Spielsucht in den Griff zu bekommen, und er scheut kein Risiko, um seinen Brüdern zu helfen. Als sich jedoch der Gesundheitszustand seiner Großmutter verschlechtert, zieht er aus dem Clubhaus aus, um sich um sie zu kümmern. Um seinen Aufgaben im MC weiterhin gerecht zu werden, stellt er die Krankenschwester Jo ein. Damit, dass Jo auch ihn kurieren würde, hat er nicht gerechnet. Jo Smith arbeitet gerne für die süße alte Anne Remmick und ist besonders fasziniert von ihrem tätowierten Bad-Boy-Enkel. Clints hartes Äußeres macht ihr ein wenig Angst, aber sie fühlt sich trotzdem zu dem sexy Biker hingezogen. Bald brennt sie darauf, die Distanz zwischen ihnen zu verringern. Als Clint und seine Clubbrüder einen gefährlichen Job in Reno erledigen müssen, ist Jo die perfekte Tarnung. Während die Lust zwischen Jo und Clint brodelt setzt Clint alles daran, Jo vor den Feinden des Demon Horde MC zu beschützen. Aber als Clint von einem rivalisierenden Club gefangen wird, muss Jo ihn retten … und ihre Beziehung. Abschlussband der Demon Horde MC-Trilogie.

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Sarah Hawthorne

Demon Horde MC Teil 3: Outlaw Ride

Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übersetzt von Julia Weisenberger.

© 2018 by Sarah Hawthorne unter dem Originaltitel „Outlaw Ride (The Demon Horde Motorcycle Club Series Book 3)“

© 2022 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamour.de

[email protected]

© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg

(www.art-for-your-book.de)

© Coverfoto: Shutterstock.com

ISBN Print: 978-3-86495-562-4

ISBN eBook: 978-3-86495-563-1

Dieses Werk wurde im Auftrag von Harlequin Books ULC vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Alle Rechte vorbehalten. Dies ist ein Werk der Fiktion. Namen, Darsteller, Orte und Handlung entspringen entweder der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv eingesetzt. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Vorkommnissen, Schauplätzen oder Personen, lebend oder verstorben, ist rein zufällig.

Widmung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Epilog

Autorin

Widmung

Kapitel 1

Clint

Alle waren da und drängten sich im Versammlungsraum, den wir Kapelle nannten. Alle Männer aus meinem Heimatclub in Tacoma und zwei Kerle von der Führung in Los Angeles starrten mich an. Ich hatte ein großes Diagramm der Operation erstellt, damit jeder dem Fluss des Geldes leicht folgen konnte. Meine Hände zitterten und ich war furchtbar nervös.

Das hier war mein erster Versuch, etwas mit der Clubleitung gemeinsam zu machen. Ich hatte mich das letzte Jahr aus meiner Spielsucht herausgekämpft, und jetzt war ich bereit, meinen Beitrag zu leisten. Tate hatte es damit verbracht, dafür zu sorgen, dass ich verdammt fleißig war und mir vertraut, ehe ich es selbst getan hatte. Ich musste dem Club etwas zurückgeben und ich hatte eine Idee für ein neues Geschäftsvorhaben. Wir würden Autos aus Asien importieren, die in den USA aus verschiedenen Gründen illegal waren – manchmal fuhren sie einfach zu schnell, ein anderes Mal galten sie als unsicher. Es war egal, denn ich konnte das Fahrzeug nach den Wünschen des Kunden umrüsten und der Club würde den Papierkram mit dem Staat erledigen, um das Auto zuzulassen. Ich kannte sogar einen Typ, der einen ständigen Nachschub an Käufern versprach. Ich brauchte nur die Zustimmung der Clubleitung.

„Das ist mein Plan.“ Ich legte meinen improvisierten Zeigestab auf die Staffelei. In Wirklichkeit handelte es sich um ein Stück Aluminiumschweißdraht, den ich aus der Werkstatt des Clubhauses mitgenommen hatte. Ich hoffte, es würde niemandem auffallen. Immerhin versuchte ich, professionell zu wirken. „Noch Fragen?“

„Warum könnt ihr das gleiche Geschäftsmodell nicht auch hier vor Ort in der Werkstatt des Clubs durchführen?“, meldete sich Volk zu Wort. Er war der Präsident des gesamten verdammten Motorradclubimperiums der Demon Horde und hatte das Sagen, wenn es um das Geld ging. „Warum müsst ihr in eine andere Werkstatt gehen? Das wird viel teurer.“

Ich hatte diese Frage vorausgesehen und ging zu dem Teil meiner Präsentation über, der sich mit Marktforschung beschäftigte.

„Ich denke, dass die Beschränkung unseres Vorhabens auf das abgesicherte Gelände des Clubs unseren Kundenstamm verkleinern wird. Ja, unser Hauptgeschäft wird die Reparatur unserer Importfahrzeuge für den Wiederverkauf sein, aber wir können auf jeden Fall auch einfachere Arbeiten wie Ölwechsel für Otto Normalverbraucher übernehmen. Es wird auch einfacher sein, Informationen vor dem Finanzamt zu verbergen und vor den verdammten Bullen getarnt zu sein.“ Scheiße. Ich räusperte mich. „Indem wir in der Öffentlichkeit stehen, werden wir für die Strafverfolgungsbehörden weniger sichtbar sein.“

„Ich bin bereit, darüber abzustimmen“, verkündete Volk und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Tate, willst du die Ehre übernehmen?“

Eine Abstimmung aller Clubmitglieder und der Clubleitung stand an. Tate ging durch den Raum und rief dazu auf, angefangen mit uns regulären Mitgliedern. Alle zehn sagten „Ja.“ Ich nickte jedem von ihnen zu. Sie wussten, wie viel Zeit ich in meinen Geschäftsplan gesteckt hatte und wie sehr ich wollte, dass das erfolgreich werden würde. Schließlich erreichte die Abstimmung auch Volk, den nationalen Präsidenten, und Hawkeye, den Vizepräsidenten. Sie waren vom Mutterchapter in Los Angeles und es war ihr Geld, das ich ausgeben würde.

„Aye.“ Volk klopfte auf den Tisch. „Das ist eine einfache Abstimmung meines Erachtens.“

„Du hast verdammt viel Arbeit reingesteckt“, begann Hawkeye. Er kaute auf seiner Zigarre und schaute immer noch auf die von mir erstellte Umsatztabelle. „Ich stimme mit Ja. Ich denke, du bist eine gute Investition, Junge.“

Ja. Sie hatten mit Ja gestimmt. Ich atmete tief durch, als hätte mir jemand in die verdammten Rippen getreten. Ich würde mein eigenes Geschäft haben – nun, mit dem Club als Teilhaber. Tate kam herüber und schüttelte mir die Hand.

Sobald ich seine Hand ergriff, ertönte ein Handyklingelton und ich stöhnte auf. Ich würde den Wichser umbringen, der vergessen hatte, sein Handy auszuschalten – dann wurde mir klar, dass es meins war.

Der Klingelton war ungewohnt, weil es der spezielle war, den ich meiner Mutter zugewiesen hatte. Warum zum Teufel rief sie mich um Mitternacht an? Ich entschuldigte mich bei Tate und schickte sie auf die Mailbox. Sie meldete sich sofort wieder.

„Musst du da rangehen, Junge?“, fragte Tate und hob eine Augenbraue.

„Es tut mir leid“, meinte ich zu allen. „Es ist meine Mutter.“

Die Jungs lachten.

„Geh raus auf den Flur für ein kurzes Telefonat“, befahl Volk. „Wir haben noch etwas zu klären.“

Ich ließ alle im Besprechungsraum zurück und schloss die Tür hinter mir, dann rief ich meine Mutter an.

„Es ist deine Oma“, sagte sie sofort. „Ich weiß nicht, wie viel Zeit ihr noch bleibt.“

Nanas Nieren machten wieder Probleme. Verdammt! Damals, als ich gezockt hatte, war sie es gewesen, die mir etwas Geld geliehen hatte. Sie hatte gewusst, wofür und warum ich es brauchte, aber sie hatte es mir trotzdem gegeben, um mir eine Lektion zu erteilen. Als ich es ihr nicht hatte zurückzahlen können, war das Eingeständnis, dass ich ein Problem hatte, eines der Dinge, die mich wachrüttelten und mich clean werden ließen. Ich konnte sie nicht sterben lassen, ohne mich zu verabschieden. Ich holte die Details ein und kehrte zurück in den Besprechungsraum.

„Alles in Ordnung?“, fragte Tate.

„Nicht wirklich. Meine Großmutter ist im Krankenhaus. Wir müssen uns beeilen, ich muss los.“ Ich zog einen Stuhl heran und wollte mich gerade setzen.

„Bleib stehen“, erwiderte Hawkeye und kam zu mir hinüber. Er bot mir seine Hand an. „Du gehst die alte Dame im Krankenhaus besuchen. Wir werden die Einzelheiten mit Tate ausarbeiten. Ich suche einen netten, verlässlichen Mann, der unser Geschäft leitet und die Familie über alles stellt, und das klingt, als wärst du der Richtige.“

„Scheiße. Danke, Mann.“ Nach einer weiteren Runde Händeschütteln war ich unterwegs. In weniger als fünf Minuten saß ich auf meinem Motorrad und fuhr auf die Interstate. Es war eine fast dreistündige Fahrt zum Krankenhaus und ich hoffte, ich würde es rechtzeitig schaffen.

Als ich dort ankam, rannte ich durch die automatischen Glastüren in der Notaufnahme und hielt schlitternd an. Ich hatte keine verdammte Ahnung, wo meine Großmutter – Nana, wie ich sie nannte – war, und am Informationsschalter war niemand zu sehen. Es gab ein großes Paar Doppeltüren, die nur für medizinisches Personal bestimmt waren, also ging ich durch sie hindurch. Ein Alarm ertönte, der in dem sterilen Flur widerhallte. Ich blinzelte und versuchte, mich an das helle Neonlicht zu gewöhnen. Es war ganz anderes als das im whiskeygetränkten Clubhaus.

Nach ein paar Kurven den Flur entlang, verklang der Alarm hinter mir und ich entdeckte eine Sitzecke. Meine Mutter und Tante Margie holten sich gerade Kaffee aus einem Automaten, als ich den Wartebereich betrat.

„Clinton, Baby.“ Mom lächelte. „Ich bin so froh, dass du hier bist. Nana wird wieder. Ich habe versucht, dich anzurufen, aber du warst schon auf dem Weg.“

Ich atmete tief durch. Mir war nicht bewusst gewesen, dass ich den Atem angehalten hatte. Ich liebte meine Oma, doch sie war zweiundachtzig – wir alle wussten, dass ihre Zeit bald kommen konnte. Bis dahin wollte ich, dass sie jeden Moment, der ihr noch blieb, auskostete.

„Gott sei Dank.“ Ich ließ mich auf einen Stuhl neben dem Verkaufsautomaten fallen. „Wie geht es ihr?“

„Ihre Nieren kollabieren.“ Mom warf mir einen grimmigen Blick zu. „Sie wird zweimal pro Woche eine Dialyse brauchen. Sieht so aus, als würden wir öfter nach Longview fahren.“ Das winzige Fischerstädtchen, in dem meine Eltern und Nana lebten, hatte kein Krankenhaus, geschweige denn ein Dialysezentrum. Eine Fahrt nach Longview würde zwei Stunden jeweils hin und zurück bedeuten. Das hieße acht Stunden pro Woche auf der Straße für eine Achtzigjährige.

„In Tacoma gibt es doch bestimmt jede Menge Einrichtungen“, platzte ich heraus. Tacoma war riesig und hatte mehrere Kliniken – Nana würde Zugang zu einer hervorragenden medizinischen Versorgung haben. Aber ich war der Einzige in der Familie, der dort lebte. „Sie könnte bei mir wohnen.“

„Also, das ist eine gute Idee“, meinte Tante Margie. „Das würde uns eine Menge Stress ersparen.“

Meine Mutter lächelte und tätschelte mir den Arm. „Schatz, du bist ein neunundzwanzigjähriger Junggeselle.“ Sie rollte mit den Augen. „Du willst doch nicht mit deiner Oma zusammenwohnen.“

„Du weißt, was sie für mich getan hat. Ich würde immer noch auf alles wetten, was ein Ergebnis hat, wenn sie nicht dazwischen gegangen wäre“, entgegnete ich. Diese verrückte Scheißidee war gar nicht so schlecht. Ich verdankte ihr mein Leben und das wenige Geld, das ich hatte sparen können. Sie war der erste Schritt auf meinem Weg zur Besserung gewesen. Ihr das Geld zurückzahlen zu müssen, war ein wichtiger Teil meiner Genesung im letzten Jahr gewesen, und dies war meine Chance, ihr zu helfen.

Dann dachte ich daran, was Hawkeye gesagt hatte. Er wollte einen zuverlässigen Familienmann, der das Importgeschäft leitete. „Ich habe gerade eine große Beförderung bekommen. Ich hatte sowieso vor, aus dem Clubhaus rauszukommen und mir eine richtige Wohnung zu suchen.“

Ich hatte nie darüber nachgedacht, auszuziehen. Mir gefiel es dort. Ich konnte mit nach Hause bringen, wen ich wollte, wann ich wollte. Niemand zuckte mit der Wimper, wenn ich ab und zu eine Stripperin oder Nutte mitbrachte. Whiskey war im Überfluss vorhanden. In den letzten vier Jahren war es das Paradies gewesen.

Aber jetzt hatte ich ein Geschäft. Ich stellte mir vor, wie ich nach einem harten Arbeitstag spät nach Hause kam und versuchte, mich bei lauter, dröhnender Musik und dem Geräusch von Rip und seinem Fick des Monats zu entspannen, die es im Zimmer nebenan trieben. Ich hatte keine Möglichkeit, eine richtige Mahlzeit zu kochen, also lebte ich von belegten Brötchen aus dem Laden um die Ecke. In diesem blöden Krankenhausflur wurde mir klar, dass ich es satthatte. Scheiß auf das Clubhaus, ich konnte einen Tapetenwechsel gebrauchen. Einer der Anwärter wäre begeistert, mein altes Zimmer zu bekommen.

„Es wäre schön, abends mit jemandem zu reden.“ Ich zuckte mit den Achseln. „Außerdem liebe ich Nana und das würde allen helfen.“

„Überleg es dir, Jean.“ Tante Margie schob ihren Arm unter den meiner Mutter. „Mom hat Dads Marine-Pension und das bisschen Rente aus der Zeit, in der sie für das Autohaus gearbeitet hat. Sie könnte die Miete bezahlen und sogar eine Pflegekraft einstellen, die ihm hilft.“

Meine Mutter sah mich an und dann Tante Margie. „In Ordnung. Aber es ist okay, wenn du deine Meinung änderst.“ Sie presste ihre Lippen aufeinander.

Kapitel 2

Jordan

Ich sackte in meinem Stuhl bei der Arbeitsagentur zusammen. Ich war noch nie zuvor entlassen worden. Das Schlimmste war, dass ich nirgendwo wohnen konnte. Als private Pflegekraft lebte ich normalerweise bei meinen Patienten vor Ort. Kein Job bedeutete kein Dach über dem Kopf.

„Die alte Hexe hat dich also endlich gefeuert, was?“ Carla, die Jobberaterin, schenkte mir Kaffee ein. Ihre Mundwinkel zuckten. Sie gab sich Mühe, nicht zu kichern.

„Du hast mich zu diesem Job geschickt, obwohl du wusstest, dass ich gefeuert werden würde?“ Ich schüttete drei Päckchen Kaffeesahne in meine Tasse und schüttelte den Kopf. „Das war nicht nett.“

Carla hielt sich schließlich nicht mehr zurück und lachte. „Elsie feuert jeden. Du hast länger durchgehalten als die meisten.“ Sie reichte mir zwei Aktenordner von ihrem Schreibtisch. „Okay, die nächsten auf der Liste sind eine zweiundachtzigjährige Frau mit beginnendem Nierenversagen, die regelmäßig zur Dialyse muss, oder ein sechsundsiebzigjähriger Vietnamveteran, der sein Bein im Krieg verloren hat. Die letzte Frau, die dort war, hat gesagt, dass er sehr gerne badet. Du bekommst also zwanzig Prozent extra für ihn.“

Das Letzte, was ich wollte, war, dass mich ein Patient anbaggerte. Die alten Männer taten das gerne. Ab und zu kam es vor, dass eine Frau, die neu in der privaten Krankenpflege war, den älteren Herrn für reich hielt und versuchte, ihn zu heiraten oder so. Mich schauderte es. Das Geld war knapp, aber nicht so knapp.

„Ich nehme die alte Dame mit der Dialyse.“ Ich öffnete die Akte mit dem Vermerk Anne Remmick. „Mein Auto funktioniert gut genug. Das ganze Hin- und Herfahren zum Zentrum sollte kein Problem sein.“

„Gut, das Vorstellungsgespräch findet morgen um elf Uhr statt.“ Carla machte eine Notiz in ihrem Planer. „Du triffst dich noch mit zwei weiteren Frauen, also musst du dich von deiner besten Seite zeigen. Brauchst du einen Platz zum Übernachten?“

Ich nickte. Als Erwachsene hatte ich noch nie so in der Klemme gesteckt. Wenn man mit seinem Patienten zusammenlebte, konnte es manchmal schwierig sein, den Arbeitsplatz zu wechseln, aber ich hatte bisher nie eine Nacht in einem Motel verbringen müssen, weil ich nicht genug vorausgeplant hatte.

„Ich wäre dir sehr dankbar.“ Ich nahm mir vor, dass ich Carla eine Flasche Wein oder etwas anderes mitbringen sollte. Ich hatte wirklich nicht das Geld, um in einem Motel zu übernachten, wenn es nicht unbedingt nötig war. „Ich kann auf der Couch schlafen.“

„Unsinn.“ Sie lächelte. „Ich habe ein Gästezimmer und eine saubere Dusche. Bis morgen Abend hast du einen neuen Job. Cheryl soll dir noch ein paar Lebensläufe ausdrucken, bevor du gehst. Wir sehen uns heute Abend.“

Ich stand in Carlas Dusche und fragte mich, wie groß ihr Warmwasserboiler war. Sie war schon zur Arbeit gegangen und mein Vorstellungsgespräch würde erst in drei Stunden stattfinden. Ich konnte den Tank komplett leeren und sie würde es nicht merken. Ich schloss die Augen und tauchte den Kopf ein letztes Mal unter das heiße Wasser und drehte dann den Hahn zu. Ich war ein Gast. Ihr ganzes warmes Wasser zu verbrauchen, war nicht sehr nett.

Ich vermisste es, meine eigene Dusche zu haben. Das letzte Mal, dass ich eine Wohnung gehabt hatte, war mit Tony gewesen. Er hatte nachts als Sanitäter gearbeitet und ich tagsüber in einem Pflegeheim. Wir hatten uns nie gesehen. Eines Tages hatte ich früher Feierabend gemacht und war nach Hause gegangen, um ihn zu überraschen – aber ich war diejenige, die überrascht wurde. Alle unsere Möbel waren verschwunden gewesen und unsere Rechnungen unbezahlt.

Das heiße Wasser hatte sich so gut angefühlt. Es brachte mich fast dazu, wieder mit einem Mann ausgehen zu wollen. Mit einem Typen zusammenzuziehen. Mit zwei Einkommen konnten wir es uns leisten, eine Wohnung zu nehmen. Ich schüttelte den Kopf, während ich mein Haar trocknete. Eine eigene Dusche zu haben, war kein ausreichender Grund, um noch einmal den Liebeskummer einer Beziehung durchzustehen.

Nachdem ich mich in ein sauberes Handtuch gewickelt hatte, öffnete ich meinen Koffer auf dem Bett und begutachtete meine Garderobe. Ich besaß ein rotes, trägerloses Kleid zum Ausgehen, das ich letztes Jahr bei Goodwill gekauft hatte. Es war großartig und es passte wie angegossen. Die meisten Menschen trugen Kleidung für besondere Anlässe nur einmal, also waren Secondhand-Läden meine heimlichen Boutiquen. Aber für ein Vorstellungsgespräch war es kaum geeignet. Normalerweise trug ich meine beigefarbene Hose und ein blaues Oberteil, doch beim letzten Mal hatte ich Spaghetti verschüttet und bekam nun den Fleck nicht mehr heraus. Ich hatte nicht gedacht, dass ich so schnell ein neues Outfit für ein Bewerbungsgespräch brauchen würde, also hatte ich mir noch nicht die Mühe gemacht, es zu ersetzen. Verdammt.

Schließlich zog ich meinen besten blauen Kittel an. Carla hatte mir gezeigt, wo sie das Bügeleisen aufbewahrte, also hatte ich ihn gebügelt und mich vergewissert, dass alles faltenfrei war. Ich trug ein bisschen Make-up auf und frisierte mein Haar zu einem französischen Zopf.

Mein Vater hatte dunkle Haut, meine Mutter helle. Anstatt die Haarstruktur von dem einen oder dem anderen zu erben, hatte ich beides erhalten. Meine Mähne war üppig, lockig und immer voll von Knoten. Ich hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass man sie am einfachsten mit einem Zopf und etwas Gel bändigen konnte.

Aus der Ferne konnte ich als Weiße durchgehen, aber aus der Nähe konnte man meine Herkunft an meiner Hautfarbe erkennen. Mein Ex-Freund hatte mir gesagt, ich sähe aus wie ein großes Glas Milch mit zu wenig Schokoladensirup. Romantisch. Meistens nahmen die Leute einfach an, ich sei schwarz und beließen es dabei. Aber die Realität war, dass ich in keine der beiden Welten passte.

Nach ein paar Monaten hatte meine Mutter es sattgehabt, in unserem Auto zu leben, und entwurzelte die ganze Familie – meine Eltern, meine Schwester und mich – und wir zogen zurück nach Cleveland, um bei der Tante meines Vaters zu leben. In der Schule hatte niemand mit meiner Schwester und mir gesprochen. Wir waren zuvor nie richtig in einer Schule gewesen und hatten daher nicht alle Verhaltensweisen gekannt, die dafür sorgten, dass wir Anschluss gefunden hätten. Das gemeinsame Rumstehen vor dem Unterricht, die Frage, wer als Nächstes die Schaukel benutzen durfte, der Umgang mit unseren Klassenkameraden – all das war neu für uns gewesen. Aufgrund unserer mangelnden sozialen Fähigkeiten und unserer Hautfarbe waren wir von den Kindern in der Nachbarschaft unserer Tante wie Freaks behandelt worden. Mama hatte einmal versucht, uns in ihre Kirche mitzunehmen, in der Hoffnung, dass wir dort Freunde finden würden. Aber dort war das Gleiche gewesen. Die weißen Kinder hatten auf unsere Haut und unsere Haare geschaut, und dann starrten ihre Eltern alle Mama an und verurteilten sie. Sie hatten unsere ganze Familie verurteilt. Als Daddy vorgeschlagen hatte, das Auto zu beladen und Cleveland zu verlassen, hatte Mama nicht widersprochen.

Jedes Vorstellungsgespräch war wie diese ersten Tage in Cleveland. Ich würde beurteilt werden. Hier im pazifischen Nordwesten schienen die meisten Menschen nicht rassistisch zu sein – oder sie verstanden es wirklich gut, es zu verbergen. Am schlimmsten war es, wenn sie sich darüber freuten, dass ich schwarz war. Es gab ihnen ein gewisses Gefühl der Befriedigung, dass eine farbige Person für sie arbeitete. Mich schauderte es.

Das Vorstellungsgespräch sollte in den Räumen der Jobagentur stattfinden. Ich fuhr früh auf den Parkplatz und holte eines meiner Lehrbücher hervor, „Mikrobiologie für Krankenschwestern.“ Keine sehr unterhaltsame Lektüre, aber ich hatte einen Test vor mir. Ich befand mich im dritten und letzten Jahr des Krankenpflegeprogramms am Pacific Community College und war seit den unangenehmen Tagen in Cleveland weit gekommen.

Zehn Minuten vor dem vereinbarten Termin für das Vorstellungsgespräch schloss ich mein Buch und ging ins Büro. Da ich seit sechs Jahren in der Agentur Dauergast war, kannte mich die Empfangsdame und winkte mich nach hinten in den Besprechungsraum für Bewerbungen durch.

„Miss Smith?“, rief Carla und winkte mich zu sich, dann zwinkerte sie mir zu. Das war ihre Art, mir viel Glück zu wünschen.

In dem kleinen Konferenzraum saßen ein Mann und eine kleine alte Dame an einer Seite des rechteckigen Tisches. Ich musterte die Frau zuerst – sie war diejenige, die ich für mich gewinnen musste. Sie hatte eine Dauerwelle vom Friseur, eine ruhige Hand beim Schminken und trug eine weiße, bestickte Strickjacke. Ihre Hände und ihre Augen waren noch in Ordnung und sie hatte genug Geld und Freunde, um ab und zu in den Schönheitssalon zu gehen. Sie würde eine großartige Patientin sein. Ich setzte mich hin und lächelte.

„Guten Morgen, Ma'am.“ Ich betonte das bisschen Südstaatenakzent, das ich noch hatte. Dann wandte ich mich an den Mann, der neben ihr saß. „Guten Morgen, Sir.“

Das Wort „Sir“blieb mir fast in der Kehle stecken. Ich bezweifelte, dass er oft so genannt wurde. Er trug eine schwarze Lederweste mit einem Aufnäher, auf dem „Demon Horde“ stand. Darunter ein langärmeliges Shirt, das so weit hochgezogen war, dass eine Tätowierung mit einer Skeletthand direkt über seinem Handgelenk hervorlugte. Seine Hände waren sauber, aber dunkler von dem gefärbt, was auch immer sein Job war. Drogenhandel? Morden? Arbeitete er für eine paramilitärische Neonazi-Organisation?

Ich holte tief Luft. Ich versuchte, mich zu beruhigen und keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Er trug keine Hakenkreuze, also war es wahrscheinlich in Ordnung. Ich musste mich auf die Patientin konzentrieren. Wenn ich diesen Job wollte, musste ich sie für mich gewinnen. Aber die Frage war: Wollte ich diesen Job? Wer war dieser Typ und wie passte er ins Bild?

„Freut mich, Sie kennenzulernen, meine Liebe.“ Die alte Dame lächelte. „Ich bin Anne Remmick und ich brauche eine private Pflegerin.“

Ich nickte und schüttelte ihre Hand.

Der Mann räusperte sich. „Clint Remmick, ihr Enkel.“ Er streckte mir seine Hand entgegen. „Ich beiße nicht. Versprochen.“

Verdammt. Ich hatte gezögert, seine Finger zu ergreifen, und es nicht einmal bemerkt.

„Oh, natürlich.“ Ich schüttelte seine Hand. „Ich heiße Jordan Smith, aber bitte nennen Sie mich Jo.“

Ich wandte mich Mrs. Remmick, meiner baldigen Patientin, zu. Es folgten die üblichen „Erzählen Sie mir etwas über sich“-Fragen und dann einige zu meinem beruflichen Werdegang.

„Ihre letzte Stelle hatten Sie nur drei Wochen?“, fragte Clint und sah sich meinen Lebenslauf an. „Warum so kurz?“

Bevor ich antworten konnte, ergriff Carla das Wort. „Manchmal bekommen wir befristete Stellen rein und ich habe sie auf eine dieser Stellen geschickt. Der Patient ist nach Arizona gezogen. Er brauchte die Wärme.“

Ich sah sie an und lächelte. Ich war dankbar für ihre Lüge. Nachdem sie erkannt hatte, dass ich zuverlässig war, hatte sie mich immer weiter beschäftigt, auch wenn das die eine oder andere Notlüge bedeutete.

Das Gespräch war ziemlich ruhig. Normalerweise versuche ich, irgendwie Eindruck zu schinden, aber der große Kerl in Leder hatte mich aus dem Konzept gebracht.

„Also, lassen Sie uns über den Zeitplan reden“, sagte Clint. „Ich arbeite und Nana sollte nicht alleine zu Hause sein.“

„Nun, ich gehe aufs College.“ Ich schluckte. Das war oft das Aus für meine Bewerbungen. Die Familien wollten keine private Pflegekraft mit anderen Verpflichtungen in ihrem Leben. Ich versuchte, die Situation zu entschärfen. „Ich habe Abendkurse, die wir einplanen müssen. Und ich muss manchmal lernen, aber ich verspreche, dass das meine Arbeit nicht beeinträchtigen wird.“

Ich starrte auf meine Hände hinunter. Vielleicht wäre die Badezeit mit dem Veteranen nicht so schlimm, wenn ich zusätzliche Handtücher benutzen würde. Definitiv eine Menge zusätzlicher Handtücher.

„Oh, das ist schön, meine Liebe.“ Die alte Dame lächelte. „Was lernen Sie?“

„Krankenpflege, Ma'am.“ Ich holte tief Luft. „Ich möchte das, was ich lerne, bei meinen Patienten anwenden.“

„Und wie lange dauert es, bis Sie fertig sind?“ Sie nahm vorsichtig ihren Bleistift in die Hand und schrieb etwas auf meinen Lebenslauf.

Ich räusperte mich. Oh ja. Dieser Job ging mir gerade flöten. „Eigentlich nur noch ein Semester. Ich werde also Ende Mai fertig sein.“ Es war Mitte Januar. Wenn sie jemanden für einen längeren Zeitraum suchten, würde das nicht ich sein. Ich hatte vor, mir eine richtige Stelle als Krankenschwester zu suchen, sobald ich meinen staatlich geprüften Abschluss in der Tasche hatte.

„Das wäre also nur eine vorübergehende Stelle für Sie?“, fragte Clint und runzelte die Stirn. „Haben Sie vor, sich nach Ihrem Abschluss einen anderen Job zu suchen?“

„Ja, Sir.“ Ich atmete tief aus. Wenigstens würde ich zwanzig Prozent mehr Geld für den unheimlichen Veteran bekommen.

„Das ist schön zu hören.“ Anne zwinkerte ihrem Enkel zu. „Wenn du es leid bist, dass deine alte Oma bei dir wohnt, kann Jo einfach ihren neuen Job anfangen. Diese Idee gefällt mir.“ Sie drehte sich zu mir um und nickte. „Und mir gefällt, dass Sie sich weiterbilden. Ich finde, es zeigt Mut. Eine Frau sollte immer in der Lage sein, für sich selbst zu sorgen. Ich habe Buchhaltung gemacht, als meine Mädchen klein waren. Ich habe selbst ein paar Kurse belegt.“

„Wow, danke.“ Ich wusste nicht, was ich noch sagen sollte, und verschränkte die Hände im Schoß. Ich war mir nicht sicher, wer hier die Hosen anhatte, Anne oder ihr Enkel.

Clint sah mich an und dann wieder zu Anne. „Was immer du willst, Nana.“ Er senkte den Kopf. „Ich möchte nur, dass du glücklich bist.“

„Danke.“ Sie lächelte mich an. „Ich mag Sie. Sie haben den Job. Können Sie in einer Woche anfangen?“

Die Welt blieb stehen und ich ließ die Worte in meinem Kopf Revue passieren. Noch nie hatte mir jemand eine Stelle direkt beim Vorstellungsgespräch angeboten.

„Ja.“ Ich sah Carla an. Hatte sie so etwas schon einmal erlebt? „Ich kann anfangen, wann immer Sie möchten.“

Clint schob ein Stück Papier über den Tisch. „Hier ist die Adresse. Sie können schon am Donnerstag einziehen.“

Kapitel 3

Jordan

Am Donnerstag stand ich vor dem ebenerdigen Haus aus den 1960er Jahren und klopfte an die Tür. Einzugstage waren ziemlich simpel. Man lernte die Familie kennen, sie zeigten einem das Zimmer, vielleicht bekam man einen Zeitplan. Alle legten ihr bestes Benehmen an den Tag. Man sah nie, dass die Mutter die Oma anschrie oder jemand fünf Stunden lang vergaß, die Windeln zu wechseln. Die Familien zeigten sich in den ersten Tagen von ihrer besten Seite. Danach wurde es chaotisch.

Die Tür ging auf und vor mir stand Clint. Der große, furchteinflößende Typ, der ein langärmeliges Hemd trug, aber diesmal keine Weste. Er wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab.

„Willkommen.“ Er trat für mich zur Seite. „Kommen Sie herein.“

Ich ging an ihm vorbei und fand mich im Wohnzimmer wieder. Normalerweise herrschte hier ein totales Chaos oder es sah aus wie in einem Krankenhaus, aber das hier war schockierend, selbst mit all meiner Erfahrung. Es war völlig leer.

„Sind Sie gerade erst eingezogen?“, fragte ich.

Er nickte. „Ja, ich habe gestern Abend die Schlüssel von der Vermietungsagentur bekommen. Nana musste ein paar Papiere unterschreiben, also ist sie zurück an die Küste. Sie wird in zwei Tagen für ihren nächsten Dialysetermin hier sein. Bis dahin sind nur wir beide hier“, erklärte er. „Also, äh, kann ich Ihnen mit Ihren Sachen helfen?“

Es passte alles zusammen. Nana lebte in einer Kleinstadt und musste näher an der Großstadt wohnen. Er war wahrscheinlich das einzige Familienmitglied, das sie aufnehmen konnte. Es machte jetzt viel mehr Sinn, warum ein furchterregender Biker mit einer Achtzigjährigen zusammenlebte.

„Ich kann mein eigenes Zeug holen. Ich habe nicht viel.“ Hinter ihm war ein Flur und ich reckte den Hals, um mich umzusehen. „Könnten Sie mir zeigen, welches Zimmer meins ist?“

Er führte mich in einen Raum. Ein einfaches Schlafzimmer, ein kleiner Schrank, ein hohes, rechteckiges, einfach verglastes Fenster im Stil der 1960er Jahre. Kein Bett. Verdammt. Na ja, ich hatte einen anständigen Schlafsack.

„Danke.“ Ich lächelte. „Das ist perfekt.“

Er überließ es mir, meinen eigenen Einzug zu erledigen. Es dauerte nicht lange. Ich hatte einen Koffer mit Kleidern und ein paar Kartons mit Fotos und Badutensilien. Als ich gerade die Kleidung aufhängte, klopfte Clint an meine Tür.

„Kommen Ihre Sachen jetzt oder später?“, fragte er und lehnte sich gegen den Rahmen. „Haben Sie einen Freund mit einem Lastwagen oder so? Ich kann bei allem helfen, wenn nötig.“

„Nun, normalerweise wird ein Bett zur Verfügung gestellt.“ Ich hielt mir den Mund mit der Hand zu. Verdammt. Es war nie gut, seinen brandneuen Chef um etwas Teures zu bitten. „Ich erwarte nicht, dass Sie mir Möbel kaufen. Ich werde einfach einen Schlafsack benutzen, bis ich eines besorgen kann.“

„Aber die meisten Leute haben ein Bett für Sie?“ Er runzelte die Stirn. „Deshalb haben Sie kein eigenes?“

„Es ist in Ordnung, wirklich“, versicherte ich ihm. „Ich habe einen guten Schlafsack und der Boden hier ist mit Teppich ausgelegt, also wird es schon gehen.“

„Nein. Es ist nicht in Ordnung.“ Clint schüttelte den Kopf. „Ich hätte daran denken sollen. Bringen Sie Ihre Sachen unter und kommen Sie dann zu mir. Wir werden eine brandneue Matratze kaufen.“

Nachdem er gegangen war, fummelte ich an meinen Kleidern herum und richtete meine persönlichen Fotos auf der Fensterbank etwa fünfzehn Mal neu an. Ich wollte Zeit schinden. Ich wollte wirklich auf sein Angebot eingehen. Es machte nie Spaß, auf dem Boden zu schlafen, aber er hatte eine nagelneue Matratze erwähnt. Ich hatte noch nie auf einer neuen übernachtet. Ich schloss die Augen und versuchte, mir vorzustellen, dass es keine Vertiefungen von den Vorbesitzern gab, die Federn nicht verzogen waren und sie nicht nach Chemie und Desinfektionsmittel stank. Das klang großartig.

Schließlich hörte ich ihn klopfen. „Jo? Wir sollten bald aufbrechen“, rief er vom Flur aus. „Der Laden schließt bald.“

Langsam öffnete ich die Tür. Er trug erneut seine Weste. Demon Horde. Ich wiederholte diese Worte immer wieder. Es musste eine Gruppierung sein, aber was für eine?

„Gut, okay.“ Die Verlockung einer bequemen neuen Matratze war zu groß, um ihr zu widerstehen. Ich schnappte mir meine Handtasche und folgte ihm durch den Flur zur Tür hinaus.

Er hielt vor einem verbeulten braunen Pick-up und öffnete die Beifahrertür. Für mich. Ich blieb wie angewurzelt stehen. Er wollte, dass ich zu ihm ins Auto stieg. Sein Hemdsärmel war etwas weiter hochgekrempelt – um die Hand des tätowierten Skeletts lag eine seltsam aussehende Kette. Mein Herz klopfte in meinen Ohren. Wollte er mich entführen und mich als eine Art Opfergabe mitnehmen? Ich wusste, dass Carla ihn überprüft hatte und alles in Ordnung war, aber ich war trotzdem nervös.

„Steigen Sie ein?“ Er hob eine Augenbraue.

„Was ist die Demon Horde?“, fragte ich. Ich kreuzte die Arme vor der Brust. Ich hatte nicht vor, mit ihm in ein Auto zu steigen, bis ich das wusste. „Auf Ihrer Weste steht Demon Horde. Ist das eine Art Organisation?“

„Ja.“ Er fuhr sich durch die Haare. „Ähm, es ist ein Club. Alle meine Freunde sind Mitglieder. Wir mögen alle Motorräder.“

„Oh.“ In meinem Kopf machte es klick. „Sie sind also ein Biker?“

„Ich bevorzuge den Begriff Motorradenthusiast.“ Er lachte und zuckte mit den Achseln. „Es ist ein Zitat aus einer Fernsehserie.“

„Es ist also kein Rassismus- oder Nazi-Kram?“, fragte ich unverblümt. Ich war es leid, um den heißen Brei herumzureden. „Hören Sie, ich muss das fragen. Sie haben eine Menge Tattoos und die meisten sind verdeckt. Ich will nur wissen, ob Sie mich nicht umbringen und an einem Baum aufhängen werden.“

„Hey.“ Er ergriff meine Hand. „Ich verspreche Ihnen, dass ich kein verrückter Rassist bin und Ihnen nichts tun werde. Bei mir sind Sie absolut sicher. Ich werde alles tun, was Sie wollen, um es zu beweisen. Was auch immer.“

Es gab nicht den Hauch eines Lachens oder einer Lüge. Ich suchte in seinen Augen, hörte auf seinen Tonfall. Ich beobachtete sogar seine Eigenheiten. Nichts, was mir zeigen würde, dass er log. Ich schaute nach unten, wo er meine Hand hielt, und sah wieder die Tätowierung an.

„Zeigen Sie mir Ihre Tattoos?“ Ich schämte mich ein wenig für die Frage. Er hatte gerade diese leidenschaftliche Ansage gemacht, und ehrlich gesagt, glaubte ich ihm. Aber ich musste einfach auf Nummer sicher gehen. Ich musste mich selbst vergewissern, dass ich in Sicherheit war.

„Natürlich.“ Er streifte sich die Weste von den Schultern und reichte sie mir. „Halten Sie mal?“

Das Leder war warm von seinem Körper, als ich es über meinen Arm legte. Ich dachte, er würde vielleicht die Ärmel hochschieben oder den Ausschnitt seines Shirts herunterziehen. Stattdessen griff er nach dem Saum und zog es einfach aus.

Mir lief das Wasser im Mund zusammen, als ich sah, was darunter lag. Seine Arme waren vom Ansatz seiner Schulter bis zum Handgelenk mit Skeletten bedeckt, die Ketten hielten. Dann drehte er sich um. Ein weiteres Skelett, das diesmal eine Krone trug, fuhr auf einem Motorrad. Während ich auf seinen Rücken starrte, wurde mir klar, dass er ziemlich viele Muskeln hatte. Muskeln, die ich anfassen wollte – und zwar nicht auf eine klinische Art und Weise. Schweißperlen bildeten sich zwischen meinen Schulterblättern, während ich einen guten Blick auf seinen nackten Oberkörper warf.

Er drehte sich zu mir um und da war noch eine letzte Tätowierung, die mir vorher nicht aufgefallen war. Ich konnte nicht genau erkennen, was es war, aber es befand sich auf seiner unglaublich gut geformten Brust. Direkt über seinem Herzen. Ich streckte die Hand aus, um es nachzuzeichnen. Bevor ich ihn berühren konnte, hielt er mein Handgelenk fest.

„Shit!“, quiekte ich und riss meine Hand zurück. Ich hatte den Mann dazu gebracht, mir in der Einfahrt seinen Körper zu zeigen, damit ich ihn betrachten konnte. „Ich wollte dich nicht anfassen, ich habe mir nur die Tätowierung angesehen. Es tut mir leid, ich hätte dich nicht darum bitten sollen. Hör mal, lass uns die ganze Bettsache vergessen. Ich werde mir mit meinem ersten Gehaltsscheck eins besorgen.“ Ich war unwillkürlich ins Duzen gefallen, drückte ihm nun seine Weste in die Hand und machte mich auf den Weg zurück zum Haus.

„Hey, Jo.“ Er joggte hinter mir her. „Bleib stehen, lass uns reden, okay?“

Ich drehte mich um und sah einen Berg von Muskeln direkt vor meinem Gesicht. Ich riss den Blick los und schaute auf. Halte Blickkontakt, erinnerte ich mich. Starr nicht auf diese fantastische Brust.

„Mach dir keine Sorgen.“ Seine Augen waren eisblau und entschlossen. Offenbar war es Zeit, dass wir beide uns duzten. „Du bist eine alleinstehende Frau, die in ein Haus mit Leuten zieht, die du nicht kennst. Du fühlst dich verletzlich, das verstehe ich. Ich werde alles tun, damit du dich wohl fühlst. Und wenn das bedeutet, dass ich den ganzen Tag oben ohne herumlaufe, mache ich das.“ Er zeigte ein Grinsen, aber dann erstarb es. „Ich wollte nur witzig sein und das kam so rüber, als ob ich dich anbaggern würde. Was ich nicht tue. Ich will nur nicht, dass du Angst vor mir hast. Du wohnst in meinem Haus, das heißt, es ist meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass du und Nana sicher und beschützt seid.“

Ich nickte. Verdammt noch mal, ich glaubte ihm. Die Nummer vom guten Kerl, die er abzog, war echt.

„Bist du bereit, ein Bett zu holen?“, fragte er. „Wir können es ein anderes Mal machen oder ich kann einfach etwas aussuchen und du musst gar nicht mit. Was immer dazu führt, dass du dich wohlfühlst.“

„Ich komme mit.“ Ich lächelte. Er war so nett gewesen. Das war das Mindeste, was ich tun konnte.

Er zog sein Shirt und seine Weste an und wir stiegen in den Wagen. Es war eine kurze, aber ruhige Fahrt zum Laden. Ich atmete den Geruch von Plastik ein, als wir eintraten. Ich hatte noch nie neue Möbel gekauft.

„Hallo!“ Der Verkäufer strahlte uns an, wahrscheinlich roch er Frischfleisch. „Welche Größe suchen Sie denn? Doppelbett? California King?“

„Einzelbett“, antwortete ich.

„Doppelbett“, sagte Clint zur selben Zeit wie ich.

Der Verkäufer schaute von Clint zu mir zurück und wartete, bis wir uns entschieden hatten.

Ich räusperte mich. „Ein Einzelbett würde mir mehr Platz in meinem Zimmer verschaffen.“ Ich wandte mich wieder an den Verkäufer. „Wir suchen eine Einzelbettmatratze.“

Der Mann, Gary, war sichtlich enttäuscht, dass er mit unserem Besuch seine Verkaufsquote nicht erfüllen würde. Er drehte sich um und ging in eine bestimmte Richtung. Ich beeilte mich, ihm zu folgen.

„Hier sind die Matratzen für Einzelbetten.“ Er gestikulierte auf einen Haufen Matratzen, die auf Kinderbettrahmen lagen. Der eine war ein Rennwagen, der andere ein rosa Schlitten. „Liegen Sie mal Probe und teilen Sie mir mit, welche Ihnen zusagt.“