... den Herbst in Rom - Christine Rettberg - E-Book

... den Herbst in Rom E-Book

Christine Rettberg

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Beschreibung

Rom, großartige Stadt am Tiber und dem Straßenmüll. Ewige Stadt der römischen Monumente, Spaghetti und Belle Donne. Christine Rettberg beschreibt, was ihr während einer dreimonatigen Auszeit in Rom gerade vor die Augen und die Feder - pardon - die Tastatur kommt. Ein Reisebericht der amüsanten Art.

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Über das Buch

Rom, großartige Stadt am Tiber und dem Straßenmüll. Ewige Stadt der römischen Monumente, Spaghetti und Belle Donne.

Christine Rettberg beschreibt, was ihr während einer dreimonatigen Auszeit in Rom gerade vor die Augen und die Feder – pardon – die Tastatur kommt.

Ein Reisebericht der amüsanten Art.

Inhaltsverzeichnis

Ciao Bella!

Erster Eindruck

Alles eine Frage der Zeit

Nein, meine Vespa will ich nicht! Oder doch?

Ein Tag am Meer

La dolce far niente!

Vom Glück des frühen Schlenderns

Sonntags immer

Der Alltag im Nichtalltäglichen

Keats und Shelley, die armen Socken

Seltsame Dinge geschehen in Rom…

Vespa, und so weiter

Schockierendes

There will be sunshine after rain!

Busfahren in Rom

Die andere Sicht der Dinge

Die Sonne…das Leben!

Über die Dämmerung

You’re not alone…

Schwelgen in Erinnerungen

Ohne Ellenbogen: Aus die Maus!

Und noch ein Tag am Meer

Das Ende der Saison

Die ewige Kontroverse

Sonntags in Rom

Palazzo Valentini – im Turbogang in die Römerzeit

Heute ist der Park mal dran!

…und heute mal Frascati

Inspiration, bitte kommen!

Alta Moda in Rom

Invito al palazzo

Organisatorisches a la Romana

Meine Vespa – Teil XY

Trans Tiberim – Trastevere

Die Krone der Schöpfung

Das Viertel Coppedè

Und immer lockt die Post – nur nicht hier

Römisch unterwegs

Männer der italienischen Art

Die Sache mit dem Italienisch

Stolper hierhin, stolper dahin

Gourmet-Tour am Morgen

Es regnet, Gott segnet…

Und wieder ein Sonntag

Die Freiheit des Rollens

Ein Gespenst geht um in Italien!

Molto delicioso!

Cinecitta, ein bröckelnder Traum

Du wolle Rose kaufen?

Zwischenbilanz

Il Parrucchiere

Terremoto – Erdbeben

Freundinbesuch

Die Tage werden trüber

Und nochmal lecker Essen…

Und ewig lockt der Kommerz

Die Symbiose von Klassik und Technik

Shoppen, aber nicht soooo….

Jesus, Maria und Josef – und Petrus!

Campo Santo Teutonico

Katakomben und andere Plagen

Auch eine Erfahrung

Auch eine Reise wert – der Aventin

Petersdom, die zweite

Über die römische Gelassenheit

„Moderne“ Kunst

Es gibt immer zwei Seiten

Melancholische Gedanken

Begegnung zwischen den Gleisen

Nachtrag zu Benjamino

Es herbstet

Zum guten Schluss- ein Kuss…

…und noch einige Tipps

Tja, nun sitze ich hier, schaue aus meinem fliegengitterbespannten Schlafzimmerfenster und staune.

Staune, dass ich es tatsächlich gemacht habe. Beinahe springe ich auf, recke die Faust in die Höhe und schreie „I did it“. Natürlich tue ich es nicht, denn ich bin 50 und nicht von der sportlichen Erscheinung, um es freundlich auszudrücken. Mein großes Wohl und Wehe.

Nun ja, aber keiner kann mir verbieten, mit dem Gedanken zu spielen und auch das ist schon lustig. Kopfkino heißt das heute.

Ich habe das gemacht, was eigentlich viele wollen. Eine Auszeit nehmen. Ein Sabbatical. Für drei Monate. Nur ich, Rom und ein Sack voll Inspiration. Hoffe ich.

Klar, auch ich habe „Eat, pray, love“ gesehen, ein Film, den mein liebster Ehemann übrigens nicht besonders leiden kann. Es ist, glaube ich, ein Film, für den sich nur Frauen begeistern können. Und vor dem Männer Angst haben, weil die Protagonistin Liz völlig irrational reagiert.

Und das bin ich nicht. Moment, irrational wahrscheinlich schon, denn ich bin ja eine Frau, aber ich bin nicht Liz. Ich liebe meinen Mann, meine Familie, mein Heim. Und doch war da immer der Traum, einmal drei Monate nach Rom zum Schreiben zu gehen. Nicht als Flucht. Auch nicht als Selbstfindungstrip, nein, einfach, weil es schön ist, weil ich mich was trauen will und weil man seine Träume ja schließlich leben soll, wie es immer so schön heißt.

Ciao Bella!

Ich habe das große Glück, einen liebe- und verständnisvollen Ehemann zu haben.

Es fing bei einem Frühstück vor eineinhalb Jahren an, als ich versonnen äußerte, einer meiner großen Träume sei es, einmal drei Monate zum Schreiben nach Rom zu gehen. Seine Reaktion: „Warum machst du es dann nicht?“ verblüffte mich. „Äh, Haus, Kinder, Arbeit?“ entgegnete ich und ließ mal lieber „Angst“ beiseite, weil „Angst gildet bestimmt nicht“, wie wir als Kinder zu sagen pflegten.

„Das kriegen wir schon hin“, beschied mir mein liebster Ehemann.

Aha. Da hatte ich es. Wer sagte noch gleich, pass auf, was du dir wünscht, es könnte in Erfüllung gehen?

Nun denn, nach einer Vorlaufzeit – Gespräche mit dem Arbeitgeber, Kinderorganisation etc. waren schließlich nötig – machten mein Mann und ich uns auf den Weg. Das gemeinsame Ziel war zunächst Venedig und am Montag war es dann soweit. Ich stieg in den Bus nach Rom und er blieb draußen stehen.

Oh je! Hatte ich das richtig gemacht? Am liebsten würde ich ihn jetzt unter den Arm klemmen und mitnehmen. Aber sein Arbeitgeber würde da mehr Tamtam drum machen, als Apothekerin bin ich schließlich eher ersetzbar. Ich spürte, wie schwer es ihm fiel, mich ziehen zu lassen. Auf mich wartet das Abenteuer. Auf ihn die Waschmaschine. Da muss man schon seeehr großherzig sein.

Erster Eindruck

Ich bin nicht zum ersten Mal in Rom. Meine Eltern erfüllten mir schon zu meiner Konfirmation diesen Wunsch, die große Stadt der römischen Antike zu sehen. Damals war ich noch sicher, dass ich Archäologie studieren würde. Ich bereitete mit 14 die gesamte Stadtführung für eine Woche vor. Freiwillig. Und sie war tatsächlich interessant. So sagten mir zumindest die stolzen Eltern.

Seitdem bin ich noch viele Male hier gewesen, manchmal zwei Tage, manchmal eine Woche, noch niemals jedoch drei Monate.

Als ich diesmal vom Busbahnhof Porta Tiburtina in ein Taxi stieg, fand ich mal wieder alles eklig. Der Taxifahrer, obwohl sehr nett, durfte wahrscheinlich noch ganze drei Zähne sein eigen nennen, das Taxi sah aus, als hätte es jemand von innen mit Kohle eingerieben und es stank nach Zigarettenqualm. Ich war müde, mir war heiß, meine 35 Kilo Gepäck korrelierten nicht gut mit meinen diversen Kilos Lebendgewicht. Unsicher, ob er mir den richtigen Preis für die Fahrt quer durch die Stadt abknöpfen würde, irritiert von dem halben Verkehrsinfarkt, der sich vor meinen Augen abspielte und verängstigt von dem Tempo, mit dem er spielend zwischen, vor und hinter den anderen Autos her lavierte, sah ich meinem ungewissen Schicksal entgegen.

Die Stadt, mal wieder laut, heiß, dreckig, ich verschwitzt, klebrig müde. Nicht gut.

Wir kamen dann irgendwann an, in einer schmuddeligen Wohnsiedlung, mit komisch, betonierten Neubauten aus den Siebzigern. Ein paar Bäume fristen tapfer ihr Dasein im Straßenstaub. Die Polizeisirene bohrt sich einem in die Ohren. Was soll sie machen, sonst geht und fährt hier schließlich keiner zur Seite.

Von Ferdinando, meinem Vermieter, werde ich zurückhaltend empfangen. Mein Italienisch reicht über Einkaufsphrasen kaum hinaus, da wird eine freundliche Diskussion nun einmal schwierig. Das Zimmer mutet mir erst wie eine Kellerwohnung an, zudem riecht es, als wäre es bisher jeden Abend als Pokerzimmer zweckentfremdet worden. Prost Mahlzeit.

Die Wohnung ist abgesichert wie ein Hochsicherheitstrakt, zwei doppelte Schlösser an der Tür, vor den Fenstern massive Gitter, die Terrassentür mit einer dicken Eisengittertür, die abschließbar und noch mit einem dicken Hängeschloss gesichert ist. Ach du je. Hat man Angst, dass ich raus will oder jemand reinkommt?

Die nächste Katastrophe ereilt mich in der Garage.

Mein liebster Ehemann hat mir zum Geburtstag einen Motorroller geschenkt. Und ja, ich habe mich darüber sehr gefreut. Eine supertolle Überraschung.

Nun stehe ich vor dieser supertollen Überraschung.

Statt der schnittigen, knallroten Automatikvespa meiner Träume, steht ein ausgeblichenes, altersschwaches Etwas mit Gangschaltung vor mir. Die Papiere weisen sie als gebürtig 1995 aus. Eine halbe Ewigkeit, will mir scheinen. Na, vielleicht gar nicht so schlecht. Eine Delle mehr oder weniger wird ihr nichts ausmachen. Und klauen wird man sie auch nicht so schnell wollen. Ist doch was. Aber wie soll ich sie nur fahren? Ich beschließe, die Angelegenheit noch einen Tag auf sich warten zu lassen und gehe mit meinem Vermieter durch die drei gesicherten Tore zurück. Vielleicht sollte ich mir Notizen zu den gefühlt tausend Schlüsseln machen, die ich mittlerweile in der Hand halte?

Ein Lichtblick: Ich werde zum Abendessen eingeladen. In zwei Stunden. Die Tür fällt ins Schloss.

Was habe ich mir da nur eingebrockt? Ich lasse mich auf einen der ultramodernen Swingsessel fallen, die vor zwanzig Jahren schon bessere Tage gesehen haben.

Da fällt ein Gedanke wie ein Rettungsanker in meinen Sinn: warte es erstmal ab. Du hast viele Dinge am Anfang blöd gefunden. Gib dir Zeit, dich daran zu gewöhnen.

Ok. Ich pack dann erstmal aus. Räume die eine Schrankseite aus, an die ich leichter rankomme, im Moment befinden sich noch Tischdecken und Handtücher darin, und räume meinen Kram hinein. Ist das eine leichte Staubschicht, die hier alles überzieht? „Christine“, ermahne ich mich. „Du hast selber keinen Putzfimmel. Warum beschwerst du dich hier?“

Dann gehe ich einkaufen.

Der Supermarkt ist gerade einen Steinwurf entfernt. Auf halbem Weg sitzen junge Männer wahrscheinlich nicht italienischen Ursprungs herum und … nun… und sitzen eben einfach da. Ich sollte später abends hier wohl nicht langgehen. Es ist sieben Uhr. Müsste noch hinhauen. Ich stolpere weiter.

Der Supermarkt befindet sich im Untergeschoss eines unspektakulären Einganges. Er ist gut sortiert und hat vernünftige Preise. Viele Angebote. Ich erstehe die wichtigsten Dinge. Nein, nicht Wein, d.h. nicht nur, ich kaufe Käse, Tomaten, Bresaola, Oliven. Denn, noch ein Stolperstein für mich, es gibt nur einen Gasherd. Oh weh! Ich habe Angst vor Feuer. Aber sowas von. Todesmutig kaufe ich mir trotzdem ein Paket Nudeln. Fürs erste soll aber die kalte Küche reichen. Keks dazu, ich lieb schon seit Ewigkeiten „Mulino Bianco“, was der Mensch halt so braucht.

Um halb neun, äußerst pünktlich, klingelt Ferdinando. Es regnet und ich bekomme einen Schirm in die Hand gedrückt, denn wir müssen um die Ecke gehen.

Ich betrete im vierten Stock eine schön eingerichtete Wohnung und setze mich an den gedeckten Tisch. Die Hausherrin Anna redet mit Händen und Füßen. Sie bekommen Antworten aus mir heraus, von denen ich nicht vermutet hätte, sie auf Italienisch formulieren zu können. Das Essen ist schmackhaft, nicht zu überkandidelt, aber vier Gänge, der Wein extrem lecker. Hier übrigens merke: Italiener trinken zum Essen immer zunächst Weißwein. Erst später kommt, vielleicht, der bei uns so beliebte italienische Rotwein hinzu. Die Stimmung wird lockerer. Der Abend ist richtig schön.

Als ich in meiner Wohnung bin und noch einen Absacker trinken will, stelle ich fest, dass Anna mir einen Weißwein, Wasser und zwei Dosen Bier in den Kühlschrank gestellt hat. Ich bin gerührt. Vielleicht war das mit Rom doch keine so dumme Idee.

Alles eine Frage der Zeit

Was tue ich am ersten Tag in Rom? Ich genieße das, was mir am meisten abgeht, die Zeit. Lentamente! Wie der Italiener so zu sagen pflegt. Langsam. Oder vielleicht noch mehr: Tranquillamente, was ruhig, gelassen heißt.

Als ich den Kopf zur Tür heraus stecke, kommt mir alles schon nicht mehr so abstoßend vor. Die Luft ist noch frisch, der Himmel blitzblau. Ich steige in den Bus, den mir Google-Maps genannt hat, um zum Palazzo Doria Pamphilj zu kommen und bleibe eine Stunde drin sitzen, weil ich nicht weiß, wo ich aussteigen soll. Pech gehabt, informieren geht über einsteigen. Am Agricoltura im Viertel „EUR“, also dem von Mussolini errichteten Stadtteil Roms, steige ich in einen Bus, nachdem ich gefragt habe und lasse mich zum Piazza Venezia kutschieren. Die Sache mit dem Fahrkartenabstempeln hatte sich übrigens verdächtig ruhig angehört, und am nächsten Tag stelle ich fest, dass ich wohl an diesem Tag nur schwarzgefahren bin. Merde! Soll heißen Sch… hört sich auf Italienisch aber doch so viel schöner an!

Gut, also ich steige am Piazza Venezia aus, einem der Touristenknotenpunkte Roms. Ein seltsames Gefühl überfällt mich. Ich bin ruhig. So ruhig. Um mich herum das Touristengewusel, doch mich kann das gar nicht berühren. Ich habe Zeit! Langsam schlendere ich zur Galleria, denn nur die habe ich heute im Visier. Ein Palazzo, für den ich mir nie Zeit genommen habe und er passt wunderbar in mein Programm. Denn hier ist kaum ein Mensch. Draußen strömen die Massen vorbei, doch hier im Innenhof rauschen die hohen Palmen im Wind. Das Licht fällt schräg und setzt wunderbare Schatten in den Gang.

Ja! Ich will alles! Bilderausstellung und private Appartements!

Ich liebe es, wenn ich allein mit Bildern und Räumen auf du und du bin. Kaum Besucher hier. Natürlich schlecht fürs Geschäft, aber gut für meine unruhige Seele. Die Säle sind beeindruckend schön, die Bilder, obwohl bunt zusammengestellt, hochklassig bis hin zu Velazquez berühmten Gemälde von Papst Innozenz. „Zu ähnlich! Zu ähnlich!“ soll der entsetzt gerufen haben, als es ihm von Velazquez präsentiert wurde.

Ein paar Bilder Caravaggios hängen hier. Ich glaube, viele sind von ihm sowieso nicht erhalten. So um die sechzig. Also ist das hier schon viel. Dann geht es zu den privaten Appartements. Nur eine andere Dame ist mit dabei. Sie ist Deutsche wie ich. Ihren Mann interessiere das alles nicht, deswegen fahre sie inzwischen immer alleine in die Metropolen. Paris, Prag. In Rom ist sie zum dritten Male. Na sowas! Rom, Stadt der einsamen Frauen, oder was?

Irgendwann lande ich wieder zu Hause.

Und mache einen italienischen Abend. Der Bresaola, die Oliven und ich. Und eine Flasche Weißwein. Wie die echten Italiener.

Nein, meine Vespa will ich nicht! Oder doch?

Ich stehe davor und muss es jetzt wagen. Ich habe es geschafft, den Hochsicherheitsbereich der Garage zu öffnen. Das Nummernschild habe ich in der Tasche, den Brief von Anna-Julia, der jungen Vorbesitzerin meines Rollers, auch, in dem sie mir noch einige Tipps gibt.

Ha! Ich müsste erstmal eine Grundahnung haben!

Nun gut, frisch ans Werk. Unterm Sitz war doch Stauraum. Nach einigem Hin und Hergezicke gibt der Sitz auf und lässt sich öffnen. Fehlanzeige. Ein schmutziger Tankdeckel starrt mir entgegen. Hier kommt wohl diese seltsame Öl-Benzin-Mischung herein, von der Anna-Julia schreibt. Aha. Dann mal das ganze Ding drehen, denn es steht mit der Schnauze zur Wand. Leider kann ich dann nur noch Kurven fahren, denn das Rad steht schief. Gut, dass mich hier unten keiner sieht. Nach einigen Minuten Bedenkzeit fällt mir ein, dass es vielleicht am Lenkradschloss liegen mag. Eben wie beim Auto. Und klick! Auf wunderbare Weise löst sich das Schloss und ich kann auf geraden Wegen aus der Garage heraus.

Ferdinando hatte mir am ersten Abend gezeigt, wo ich hin sollte, denn hier gibt es an jeder Ecke Gommista und Werkstätten für Motorinos. Inzwischen bin ich zittrig auf den Beinen, denn so einen Roller ohne Motor eine schiefe Ebene hinaufzufahren grenzt an Gewichtheben. Wenn ich mich nur nicht so blöd anstellen würde!

Irgendwann lande ich dann bei der Werkstatt. Netterweise tauschen sie mir das Nummernschild aus und ich frage beherzt, ob sie mir zeigen könnten, wie ich mit dem Motordings umgehen muss. Ich bekomme einen Termin für Freitagmorgen um halb neun. Oder neun. Je nachdem. Das trifft sich gut, denn mit Anna und Ferdinando hatte ich ausgemacht, dass es am günstigsten wäre, am Sonntag ein paar Fahrversuche zu machen.

Wie ich das Höllengefährt wieder zurückbekam, und was ich tat, als es auf dem Weg bergab in die Tiefen der Garage plötzlich bockte, will ich lieber nicht erzählen, denn es ist zu peinlich, einzugestehen, dass ich aus Versehen einen Gang eingelegt hatte und deswegen das kleine Tierchen bockte, so dass ich es quasi auf den Hinterläufen in seinen Stall schleifen musste.

Ein Tag am Meer

Rom liegt am Meer. Zumindest gefühlt. Eigentlich fährt man zum Lido di Ostia, der Sommerfrische der Römer. Ostia, der antike Hafen, liegt durch Versandung inzwischen 7 km landeinwärts.

In meinem Reiseführer stand aber, dass man, wenn man’s ruhiger liebt, nach Santa Marinella kurz vor Civitavecchia fahren soll. Der Bahnhof läge 500 Meter vom Strand entfernt.

Na, ob das mal stimmt? Das wäre ja zu schön um wahr zu sein.

Nun gut. Dieser Tag gehört dem Meer. Einfach auf einer Liege unter einem Strandschirm den Tag verträumen, das wär‘s für heute.

Ich steige in die um die Ecke liegende Metro ein. Nee halt. Ich habe das Gefühl, als würde ich die Eingeweide der Erde betreten, denn ich muss Treppen um Treppen, Rolltreppe, wieder Treppe hinunter. Bald müsste ich den Erdkern erreicht haben. Wollte man sicher gehen, dass auch keine steinzeitlichen Siedlungen vom U-Bahnbau berührt wurden? In London liegen schließlich mehrere Linien übereinander, aber in Rom gibt es nur zwei, bis jetzt, eine dritte ist in Bau. Und diese zwei Linien kreuzen sich einmal. Erstaunlich…

Naja, einmal drin, komme ich relativ rasch, verglichen mit dem Bus, am Hauptbahnhof von Rom Stazione Termini an.

Am Fahrkartenautomat möchte ich ein Ticket ziehen, die Schlange am einzigen geöffneten von etwa zehn Schaltern ist mir definitiv zu lang. Und da ist es wieder, was ich hier absolut nicht leiden kann. Ein junger Mann baut sich neben mir auf und fragt mich, ob er mir helfen kann. Oh Mann! Ich suche sein T-Shirt ab. Kein Zeichen eines Serviceunternehmens oder der Bahn. Nichts.

„Christine, nicht immer so negativ!“ ermahne ich mich.

Ja, gut, ich will nach Santa Marinella.

Ah, so, ans Meer und so.

Genau.

„Ja, hier drücken und da und für den Rückfahrtschein hier“ – und siehe da, 9,60 Euro.

Der Preis ist gut, denke ich mir. Sind schließlich 70 km bis dahin

Der junge Mann beginnt auf Deutsch mit mir zu reden. Düsseldorf, Köln, Oberhausen. Da hat er mal gearbeitet. Jaja, 1.FC Köln ist klasse. Und jetzt soll ich ihm doch bitte einen Kaffee ausgeben.

Meine Skepsis scheint mal wieder recht behalten zu haben. Portemonnaie hatte ich sowieso auf meiner anderen Seite festgekrallt, aber dieses oft genug berechtigte Misstrauen stört mich.

Und ich ergreife die Flucht, während ich den Typen noch hinter mir herpöbeln höre.

Dann muss ich wieder einen elenden Fußmarsch hinlegen, da die Gleise nach Civitavecchia wie beim Starnberger Bahnhof in München nach hinten versetzt liegen.

Endlich sitze ich im himmlisch klimatisierten Zug und fahre los.

Der Bagel, den ich mir unterwegs gekauft habe, schmeckt traumhaft. Frischkäse, Tomate, Basilikum. Fantastisch!