Der Altar von Schloss Tirol im Fokus -  - E-Book

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Beschreibung

Das Retabel von Schloss Tirol ist um 1370 datiert und damit das wohl älteste weitgehend vollständig erhaltene Flügelretabel im Alpenraum. Außerdem ist es eines der ersten wichtigen Ausstellungsstücke, das bereits 1826/1827 in das Tiroler Landesmuseum kam. 2016 starteten die Tiroler Landesmuseen ein Projekt zur Erforschung und Konservierung des Retabels. Ziel des Projektes war von Beginn an nicht nur das Generieren von Fachinhalten, sondern auch die Vermittlung der Forschungstätigkeiten an die Museumsbesucher*innen und die breite Öffentlichkeit. In diesem Kontext fanden laufend Veranstaltungen statt und Bildmaterial wurde in einer interaktiven Online-Präsentation veröffentlicht (altarinteraktiv.tiroler-landesmuseen.at). Bei der Tagung am 20. und 21. April 2023 in Innsbruck und Schloss Tirol wurden die Ergebnisse der Untersuchungen vorgestellt und Aspekte der Materialien, der Geschichte und Ikonografie des Retabels gemeinsam mit Fachleuten aus Restaurierung, Naturwissenschaft, Kunstgeschichte, Geschichte und Kulturwissenschaft diskutiert. Die Tagungsbeiträge sind in diesem Band zusammengestellt.

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INHALT

VORWORT

Karl C. Berger / Leo Andergassen / Laura Resenberg

FORSCHUNG AUSSTELLEN – PROZESSE VERMITTELN

Das Projekt zum Altar von Schloss Tirol

Claudia Mark

DER ALTAR VON SCHLOSS TIROL – FLÜGELRETABEL UND RELIQUIENSCHREIN

Lothar Schultes

MITTELALTERLICHE RETABEL – ANMERKUNGEN ZU FUNKTION UND KONSTRUKTION

Erwin Emmerling

RETABEL VON SCHLOSS TIROL. RESTAURIERUNGSGESCHICHTE UND KONSTRUKTION

Laura Resenberg

MAL- UND FASSTECHNIKEN AM RETABEL VON SCHLOSS TIROL

Cristina Thieme

STUDY OF THE PAINT MATERIALS USED ON THE GOTHIC ALTAR OF TYROL CASTLE (1370–72)

Jana Sanyova

MAKRO, MIKRO, NANO – BLATTMETALLAUFLAGEN AM RETABEL AUS SCHLOSS TIROL: MATERIALANALYTIK UND KUNSTTECHNOLOGISCHE EINORDNUNG

Christine Berberich / Marcus Koch

ZUR REKONSTRUKTION VON METALLAUFLAGEN UND MALTECHNIKEN AM RETABEL VON SCHLOSS TIROL

Anna Rommel-Mayet

TAFELTEIL

DER ALTAR VON SCHLOSS TIROL IM KULTISCHEN KONTEXT

Raum, Programm und Reliquien

Leo Andergassen

DIE FRÜHEN HABSBURGER – EIN ÜBERBLICK

Alois Niederstätter

HERZOG LEOPOLD III. UND TIROL

Christian Lackner

ELISABETH VON BÖHMEN UND VIRIDIS VISCONTI. BIOGRAPHISCHE STREIFLICHTER AUF DIE STIFTERINNEN

Julia Hörmann-Thurn und Taxis

ZUR VERKÜNDIGUNG AN MARIA MIT GESIEGELTER URKUNDE AUF DEM ALTARRETABEL DER KAPELLE VON SCHLOSS TIROL

Harald Wolter-von dem Knesebeck

VON JOSEFSHOSEN UND MARIENBRÜSTEN

Das Weihnachtsbild des Tiroler Altars im Kontext

Fabian Wolf

VORWORT

Im Oktober 1826 erreichte den Vorstand des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum ein Schreiben des Meraner Bürgermeisters Josef Valentin Haller. Dieser berichtet, dass der „Feldaltar in zwey Kisten wohlgepakt“ nach Innsbruck geliefert werde. Bei diesem Altar handelte es sich um das Retabel von Schloss Tirol, das vom Museumsverein zuvor erworben wurde. Die zwei großen Flügel sowie die Nischenflügel waren nicht Teil des Ankaufs, standen damals im Eigentum von Erzherzog Johann und wurden 1826 bzw. 1827 dem Ferdinandeum geschenkt. Bereits 1828 kamen Altarschrein und Flügel – ein eigenes Museumsgebäude gab es noch nicht – zur Ausstattung der Kapelle St. Bartlmä nach Innsbruck-Wilten. Obwohl schriftliche Zeugnisse hierfür fehlen, dürfte diese Überstellung mit der Person von Alois Röggl in Verbindung stehen, der damals sowohl Abt des Prämonstratenserstifts Wilten als auch erster Kurator des Ferdinandeums war und damit die zweithöchste Position im Verwaltungsausschuss des Museums innehatte. Im Jahr 1938 – also 110 Jahre später – übergab das Stift Wilten „aus Gründen der Denkmalpflege zum Zwecke einer besseren und sicheren Verwahrung das Hauptstück der Kunstsammlungen des Stiftes“ dem Landesmuseum. Seither wird das Retabel innerhalb des Ferdinandeums als Leihgabe geführt – gleichwohl sich bis heute keine konkreten Hinweise auf eine Übertragung des Eigentums finden lassen. Die Eigentumsfrage war einer jener Gründe, weshalb die mehrmaligen Versuche, das Retabel nach Schloss Tirol zu bringen, stets scheiterten. Besonders schwerwiegend aber war der konservatorische Zustand des denkmalgeschützten Altars, der bereits 1977 festgestellt wurde und einem Ausfuhrverbot gleichkam. Selbst zahlreiche politische Interventionen änderten an der Situation nichts, verhärteten vielmehr die unterschiedlichen Meinungen und führten gar zu Ressentiments.

Nun, im 200-jährigen Bestandsjahr des Vereins Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, ist es doch gelungen: Die zwei großen Flügel sowie die Nischenflügel können trotz der noch nicht vollständig geklärten Eigentümerfrage, aber mit wohlwollender Zustimmung von Franz Pegger, Vereinsvorstand des Ferdinandeum, und Reimund Schreier, Abt von Stift Wilten, auf Schloss Tirol präsentiert werden. Essentielle Grundlage dafür waren umfangreiche kunsttechnische Untersuchungen, die 2016 mit der Anfertigung von Röntgenaufnahmen begannen. Diese Forschungen wurden vom Bereich Restaurierung der Tiroler Landesmuseen mit Laura Resenberg und ihrem Team durchgeführt und von Michaele Frick vom Bundesdenkmalamt stets mit großer Fachexpertise begleitet. Die Untersuchungen waren in einen intensiven Austausch mit verschiedenen Institutionen und Expert*innen in Europa eingebunden. Beteiligt waren etwa das IRPA Institut Royal du Patrimonie Artistique (IRPA KIK, Brüssel) oder das Doerner Institut der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München. Die Forschungsergebnisse führten zu einer Neupräsentation des Altars im Ferdinandeum sowie – als Kooperation zwischen den Tiroler Landesmuseen und dem Landesmuseum Schloss Tirol – 2023 zur Tagung „Das Retabel von Schloss Tirol. Kunsttechnologie, Geschichte, Ikonographie“. Dass die Flügel des Altars auf Schloss Tirol präsentiert werden können, ist also keiner politischen Einflussnahme von außen geschuldet. Vielmehr haben zwei Landesmuseen durch ein sensibles und partnerschaftliches Zusammenwirken auf Augenhöhe Hindernisse Schritt für Schritt beseitigt.

Die beiden Institutionen stehen damit im Einklang mit dem Vereinszweck des Vereins Ferdinandeum, der seine „Tätigkeiten vorrangig in den Grenzen des historischen Landes Tirol, wie sich dieses seit Beginn der Neuzeit darstellt“ ausüben will. Die Idee, für ein bestimmtes Land ein Museum zu errichten, entstand im „nationalen“ 19. Jahrhundert. Das Innsbrucker Ferdinandeum war, nachdem zuvor in Budapest und Graz ähnliche Einrichtungen gegründet wurden, 1823 das erst dritte Museum dieser Art im österreichischen Kaiserreich. 200 Jahre und zahlreiche politische Veränderungen und Grenzziehungen später muss man sich die Frage stellen, was es im Zeitalter der europäischen Einigung bedeuten kann, als Landesmuseum zu agieren? Soll ein Landesmuseum, so wie es einst gedacht war, tatsächlich lediglich innerhalb eines von Verwaltungsgrenzen definierten Gebiets wirken? Wenn nein, was sollen dann Landesmuseen sein und welche Aufgabe haben sie?

Als dauerhafte und öffentlich zugängliche Institution ist ein Landesmuseum zunächst einmal ein Ort für Geschichte, Kunst und Kultur in einer bestimmten Region. Dieser einfache Satz führt zu zahlreichen Konsequenzen: Geschichte, Kunst und Kultur können nämlich niemals ausschließlich durch Grenzen definiert werden, sind vielmehr stets in überregionale Kontexte und Zusammenhänge eingebettet. Dies zeigt sich beispielsweise insbesondere am Altar von Schloss Tirol mit seinen politischen, ikonographischen und kulturtechnologischen Bedeutungen. Deshalb interessieren sich Landesmuseen zwar verstärkt für Themen, die einen Bezug zur Region haben, die Beschäftigung macht aber nicht an aktuellen oder historischen Verwaltungsgrenzen Halt. Thematisiert werden sowohl Kontinuitäten als auch Veränderungen. Eine Region wird solchermaßen als gewordene, aber auch als stets werdende Kulturlandschaft verstanden. Über Dauer und Wandel nachzudenken bedeutet freilich auch, museale Objekte nach deren gegenwärtiger Bedeutung und emotionaler Dimension zu befragen. Materiell mögen die musealen Gegenstände gleich oder ähnlich wie vor hunderten von Jahren sein. Doch sind sie heute in teilweise vollkommen unterschiedliche Zusammenhänge gebettet. Deshalb sind auch Objektgeschichte und Provenienz zu zentralen Fragestellungen geworden. Warum kam der Altar von Schloss Tirol vor knapp 200 Jahren über Umwege nach Innsbruck und warum hat es so lange gedauert, bis die vier Flügel wieder auf Schloss Tirol präsentiert werden können? Gerade an diesem Beispiel zeigt es sich, welche Bedeutung Verwaltungsgrenzen haben können – oder welche Bedeutung solchen Grenzen von Menschen zuerkannt wird. Hier setzt deshalb eine weitere Aufgabe eines gegenwärtigen Landesmuseums ein: Der Fokus liegt nicht im Herausbilden des Trennenden, wie es in den Nationalmuseen des 19. Jahrhunderts üblich war, sondern im Aufzeigen des Verbindenden. Solche Verbindungen sind vielfach geschichtlich begründet. Der Verweis auf das Historische ist Argumentationsgrundlage, fordert aber, dass Landesmuseen mit und in der Gegenwart fest verankert sind und ein offenes und kritisches Geschichtsbewusstsein pflegen. Landesmuseen haben sich dadurch zu einem Raum für Neugierde und Freude, zu einem Forum für Diskurse und Diskussionen und zu einer Inspirationsquelle für sinnliche Erfahrungen, Bildung, Reflexion und Wissensaustausch entwickelt. Und nicht zuletzt sind sie Orte geworden, in denen Bequemes und Heimeliges zurechtgerückt und hinterfragt werden. Landesmuseen stehen mitten in der Gesellschaft, müssen deshalb oft unbequem sein und unangenehme Fragen zulassen. Sie greifen Themen auf, die für Menschen in einer Region relevant sind und bereiten diese Facetten für Menschen, die hier leben, aber auch für Menschen, die das Land besuchen, auf: Landesmuseen sind Orte für Menschen. Dementsprechend wird Kultur als ein Geflecht von Beziehungen und Zusammenhängen präsentiert, werden regionale Potentiale in überregionale Zusammenhänge gestellt. Folglich sind Landesmuseen stets Verbinder, Türöffner und Brückenbauer. Sie sind Synapsen und Bindeglieder zwischen verschiedenen Ländern und Sprachen sowie zwischen verschiedenen Kulturen, die in einer Region leben, lebten oder Beziehungen zu diesem Gebiet hatten.

Die Zusammenarbeit zwischen den Tiroler Landesmuseen und dem Südtiroler Landesmuseum Schloss Tirol ist dieser Überzeugung geschuldet. Es ist eine Kollaboration auf Augenhöhe, die sich freundschaftlich und partnerschaftlich gestaltet. Eingedenk der Historie ist es zweifellos auch ein emotionales Zusammenwirken. Die Tiroler Landesmuseen sind Museen für Nord- und Osttirol, aber auch für Südtirol und das Trentino; außerdem für Vorarlberg, Salzburg, Kärnten, Bayern, Norditalien und andere Gebiete – je nachdem, welche Themen angesprochen und Objekte präsentiert werden. Vice versa müssen die Südtiroler Landemuseen Museen für Südtirol, aber auch und insbesondere für Nord- und Osttirol, das Trentino und selbstverständlich auch für andere Regionen sein. Diese Herangehensweise fokussiert sich in der Geschichte und der gegenwärtigen Bedeutung des Altars von Schloss Tirol. So erfüllen das Südtiroler Landesmuseum Schloss Tirol sowie die Tiroler Landesmuseen gemeinsam den Wunsch von Erzherzog Johann, den er anlässlich der Grundsteinlegung des Innsbrucker Ferdinandeums aussprach: Ein Landesmuseum soll „kein starres Behältnis toter Sammlungen“ sein, sondern eine „Stätte lebendiger, wahrhaft nützlicher Tätigkeit“ – eine Aufgabe, die seit 200 Jahren ihre Gültigkeit behalten hat.

Karl C. Berger / Leo Andergassen / Laura Resenberg

FORSCHUNG AUSSTELLEN – PROZESSE VERMITTELN

DAS PROJEKT ZUM ALTAR VON SCHLOSS TIROL

Claudia Mark

„Jedenfalls wird das Museum 2061 eine Forschungseinrichtung sein, die auf Augenhöhe mit den Universitäten agiert. Ein Ausgangspunkt für die Museumsforschung wird eine Forschung am Objekt sein, also die Sammlungen im Spannungsfeld der Betrachtung durch alle Menschen, die Lust daran haben, gesammelte Dinge oder Dokumente zum Sprechen zu bringen. Die Forschung am Objekt wird eine zentrale Rolle einnehmen und wird auch von den maßgeblichen Förderstellen als Grundlagenforschung ernstgenommen und finanziert werden.“1

„Als Einrichtungen einer demokratischen Gesellschaft können wir diese Antworten aber nicht nur mit uns selbst verhandeln. Das Nachdenken über unsere Arbeit kann nicht nur hinter verschlossenen Türen stattfinden. Machen wir für die Besuchenden sichtbar, verständlich, warum wir handeln, wie wir handeln.“2

Im Rahmen von „Museum 2061. Die Zukunft des Museums beginnt jetzt“, einer Netzwerkveranstaltung des Museumsbund Österreich, debattierten Museums mitarbeiter*innen der jüngeren Generation darüber, wie sie sich Museen der Zukunft vorstellen und was sie sich von den aktuellen Museumsverantwortlichen erwarten. Zukunftsentwürfe und Utopien für das Museum wurden keineswegs erst in den letzten Jahren ersonnen. Mit einem kritischen Blick in die Geschichte der Institution das eigene Tun in der Gegenwart zu reflektieren und davon ausgehend zukünftige Ziele und Aufgabenfelder abzuleiten, ist ein bekanntes Phänomen: „Die Zielrichtung der Reflexion ist nichts anderes als die Gegenwart, die in der Vorstellung der Zukunft diskussionsfähig wird.“3 Längst als Klassiker der museologischen Fachliteratur gilt der 1970 vom Kunsthistoriker und Museums-direktor Gerhard Bott herausgegebene Band „Das Museum der Zukunft“4, in dem internationale Expert*innen (bis auf eine Frau ausschließlich Männer) aus der Museumspraxis und den benachbarten Feldern Kunst, Kultur und Wissenschaft „Vorstellungen zur erwarteten und erwünschten Entwicklung der Institution“5 diskutierten. Diese Publikation stand am Beginn eines Aufbruchs der Institution Museum. Das Museum sollte kein Elfenbeinturm der Wissenschaft mehr sein, sondern „[...] Beziehung zur Gesellschaft aufnehmen und als Bildungsinstitution verstanden werden, so die Forderung.“6 50 Jahre danach unterziehen das Wiener Kollektiv schnittpunkt. ausstellungstheorie & praxis und Joachim Baur die historische Publikation einer Revision. „Wie wir uns die Zukunft vorstellen – also wie wir sie imaginieren und uns gegenseitig präsentieren –, das wandelt sich, wie alles, abhängig von gesellschaftlichen Verhältnissen. 1970 war Optimismus, ja, Utopie. 2020 ist Neoliberalismus, Klimawandel und Corona“, so die Heraus geber*innen im Vorwort von „Das Museum der Zukunft. 43 neue Beiträge zur Diskussion über die Zukunft des Museums.“7 In den letzten Jahren wurde zahlreiche Tagungen abgehalten, Publikationen herausgegeben und Räume der kritischen Wissensproduktion in Museen geschaffen, deren Haltung bereits an ihren programmatischen Titeln abzulesen ist: „Transparentes Museum“8, „Sich mit Sammlungen anlegen“9, „Müde Museen: Oder Wie Ausstellungen unser Denken verändern könnten“10, „Zukunft der Forschung in Museen“11 – um nur einige zu nennen. Die Heraus geber*innen, Autor*innen, Initiator*innen und Macher*innen sehen sich der Idee einer kritischen Museumspraxis verpflichtet, wie auch die Verfasserin.

Wissen zu schaffen ist ein Prozess, der in Museen und an Universitäten täglich stattfindet. Doch inwiefern unterscheiden sich Museen von anderen Forschungseinrichtungen? Die weniger sichtbaren Aufgaben von Museen wie die Forschungsleistungen an ihren Sammlungen treten in den Hintergrund, während Ausstellungen die öffentliche Wahrnehmung prägen. Wie können Expert*innen an Museen das basale Potential sichtbarer machen und in der Gesellschaft stärker positionieren? Wie sieht die Zukunft der Forschung in den Museen aus?

Dem Bedürfnis der möglichst multiplen Kontextualisierung der Exponate in Ausstellungen folgte in den letzten Jahren eine wichtige Konsequenz: Das Offenlegen und Sichtbarmachen der damit einhergehenden Arbeit, sei es jene von Kurator*innen, Wissenschaftler*innen oder Restaurator*innen. Laura Resenberg, leitende Restauratorin in den Tiroler Landesmuseen, spricht von einer Bewusstmachung für ihre Berufsgruppe und deren in der Regel wenig öffentlich wirksamen Tätigkeit, nämlich des direkten und unmittelbaren Arbeitens mit und an den Objekten. „Wir müssen uns mehr zeigen, um mehr Verständnis für unsere Arbeit, für ihre Bedeutung, den nötigen Aufwand [...] zu bekommen.“12 Die Tate Modern in London widmet sich intensiv der audience research, nicht als Marketinginstrument, sondern als eine Art Leitdisziplin in der strategischen Gesamtausrichtung des Museums. Direktor Chris Dercon zog bei der Tagung „Die Zukunft der Forschung in Museen“ pointiert das Fazit: Die Besucher*innen kommen nicht vorrangig, um die Originale zu erleben, sondern um mehr über die Prozesse zu erfahren, die ihrer Präsentation vorangehen.13

Forschungsleistungen von wissenschaftlich ausgebildeten Restaurator*innen rücken zunehmend in den Fokus. Ein prominentes Beispiel hierfür ist die „Operation Nachtwache“ im Amsterdamer Rijksmuseum. Seit Juli 2019 erfolgt die Restaurierung und Untersuchung von Rembrandts Meisterwerk in einem gläsernen Kubus direkt in den Ausstellungsräumen. Der Verlauf der Maßnahmen ist ebenfalls online zu verfolgen.14 Auch Ausstellungsmacher*innen agieren transparenter. Die Öffnung der Museen durch Inklusion und Partizipation gilt gleichermaßen für die museale Kernaufgabe des Forschens. Es ist die Verpflichtung der Museen, Initiativen zu ergreifen, die anvertrauten Sammlungen zugänglich zu machen und Fragen zu eröffnen im Austausch untereinander und durch Kooperation.

Im deutschsprachigen Raum zu einem frühen Zeitpunkt startete im April 2016 in den Tiroler Landesmuseen das inter disziplinäre Forschungsprojekt zum Altar von Schloss Tirol unter zwei wesentlichen Prämissen: einerseits die interne und externe Zusammenarbeit zwischen Kunsthistoriker*innen, Historiker*innen, Kunsttechnolog*innen, Restaurator*innen und Naturwissenschaftler*innen anzuregen und andererseits das Publikum von Beginn an und laufend Anteil daran haben zu lassen.15

Das Retabel von Schloss Tirol ist das älteste im Alpenraum erhaltene und das einzige überkommene aus dem 14. Jahrhundert, das im höfischen Umfeld entstanden ist. Von außergewöhnlicher Bedeutung ist der Altar von Schloss Tirol aber auch in Bezug auf die Sammlungsgeschichte des Ferdinandeums. Bereits drei Jahre nach der Gründung des „Tirolischen Nationalmuseum“ gelangten die Altarflügel und der Schrein 1826/27 über verschlungene Wege und mehrere Besitzer in die Sammlungen der noch jungen Institution, zu deren Preziosen er bis heute zählt.16

Durch seine Forschungstätigkeit nachhaltig mit dem Altar von Schloss Tirol verbunden ist Vinzenz Oberhammer. 1948 veröffentlichte er bis zum Erscheinen der vorliegenden Publikation die einzige umfassende Monografie, die er bemerkenswerterweise mit einem Lob auf die Restaurierungstechniken seiner Zeit einleitete: „Immer wieder setzt es in Staunen, wie auf dem Gebiete der Kunstgeschichte auch heute noch Neufunde möglich sind, die gelegentlich einem ganzen Kunstkreise Licht geben. [...] Zugleich fördert auch eine außerordentlich verfeinerte Technik der Restaurierung selbst an bereits bekannten Kunstwerken gelegentlich völlig Unbekanntes, Überraschendes zu Tage [...].“17 Dabei bezog Oberhammer sich auf die Restaurierung des Altars während des Zweiten Weltkriegs in München.18

70 Jahre nach Oberhammers Veröffentlichung erschien eine wissenschaftliche Neubewertung durch verfeinerte kunsttechnische Verfahren und naturwissenschaftliche Analysen vielversprechend. Zwischenzeitlich waren zahlreiche Aufsätze vornehmlich zu Fragen der Zuschreibung, Formaltypologie und Ikonografie erschienen, seitens der Konservierung-Restaurierung stand eine aktuelle wissenschaftliche Untersuchung noch aus. Sie sollte ein umfassendes Verständnis der materiellen Zusammensetzung und Herstellungstechniken des Retabels bringen, um ein zukunftsweisendes Konzept für die Konservierung dieses bedeutenden Werks zu entwickeln.

Alle Untersuchungen der Restaurator*innen und Naturwissenschaftler*innen sind einerseits wichtige Grundlage für die Entwicklung eines Konservierungskonzepts. Andererseits ergeben die Befunde auch Material für weitere Forschung. Je präziser und detaillierter die Erfassung und Beschreibung der feststellbaren Techniken und Materialien sind, desto besser können diese später untereinander am jeweiligen Objekt oder mit anderen Objekten verglichen werden.19

Der Altar von Schloss Tirol war während der gesamten Laufzeit des Projekts in einem eigens gestalteten Raum in der Dauerausstellung des Ferdinandeums zu sehen. Für das Konzept waren der Architekt Christian Höller, der Fotograf Günter R. Wett und die Verfasserin als Kuratorin verantwortlich (Abb. 1). Der Raum diente als Labor für die am Objekt durchgeführten Untersuchungen, welche von Besucher*innen direkt mitverfolgt werden konnten. Diese Form der Präsentation war von Beginn an integraler Teil eines ergebnisoffenen, interdisziplinären Prozesses, getragen von der Idee, dass Museen auch Orte der lebendigen Forschung und der Teilhabe des Publikums sein können. Museen, die eines ihrer wesentlichen Potentiale heute in den Mittelpunkt stellen, begreifen sich als Orte vermittelter Forschung, die sich nicht allein auf einen exklusiven Kreis von Spezialist*innen beschränkt, sondern sich an ein in Hinblick auf Alter, Bildung und Erwartungen heterogenes Publikum wendet.

Abb. 1: Digitaler Entwurf zur Raumsituation von Architekt DI Christian Höller

Durch einen abgedunkelten Bereich ging man auf ein hinterleuchtetes Röntgenbild zu (Abb. 2), dessen Informationsgehalt es war, die Konstruktion des Altarschreins als einfach genagelte Holzkiste aufzuzeigen. Aus kuratorischer Sicht wies die Röntgenaufnahme symbolisch über das „Durchleuchten“, das „Ins-Innere-Schauen“ und die Bloßlegung dessen, was unter der Oberfläche liegt, hinaus, denn beim Betreten des Raums erweiterte sich das Röntgenbild zu einem dreidimensionalen Ausstellungselement (Abb. 3).

Abb. 2: Hinterleuchtetes Röntgenbild im Eingangsbereich, © TLM, Foto: Günter R. Wett

Hintereinanderliegende, transparente Paneele und horizontale Ablagen aus Glas waren Träger von Informationen. Extrakte bisheriger Publikationen vermittelten Themen wie Provenienz, Evakuierung aus dem Ferdinandeum und Restaurierung während des Zweiten Weltkriegs (Abb. 4), Rückgabeforderungen seitens der autonomen Provinz Bozen-Südtirol, einstiger ritueller Gebrauch des Retabels, Ikonografie der Darstellungen des Marienlebens sowie Fragen der Zuschreibung. Gezeigt wurde aber auch unveröffentlichte Korrespondenz etwa zur Restaurierung im Zweiten Weltkrieg aus dem Archiv des Ferdinandeums (Abb. 5), um auf Leerstellen und Derivate hinzuweisen. Gegenüber dem Displayelement befand sich ein Studientisch mit zu Büchern gebundenen Aufsätzen zum Altar von Schloss Tirol, beginnend mit den ersten Erwähnungen im frühen 19. Jahrhundert. Hier konnten sich die Besucher*innen in Eigenregie weiter in die Themen vertiefen (Abb. 7).

Die Blickachse war über die Länge des Raums freigehalten. Das in einer „black box“ akzentuiert beleuchtete Retabel war als Preziose inszeniert. Es war von allen Seiten einsehbar, auf Augenhöhe wurden selbst die in den Kreidegrund auf der Rückseite geritzten Inschriften im Streiflicht lesbar (Abb. 6).

Abb. 3: Ausstellungselement mit Informationspaneelen, © TLM, Foto: Günter R. Wett

Vermittlung braucht Anschaulichkeit – das war schon vor 650 Jahren zur Entstehungszeit des Retabels so, um durch die Inszenierung des Öffnens und Schließens der Flügel die gemalten Szenen aus dem Marienleben und die womöglich im Schrein verwahrten Reliquien zu zeigen oder zu verbergen. In diesem Wissen wurde der Altar von Schloss Tirol im Rahmen des Forschungsprojekts in einem eigens für ihn inszenierten Raum präsentiert, der sich den Ergebnissen entsprechend veränderte (Abb. 8). So wurde eine interaktive digitale Präsentation sowohl in den Projektraum eingebracht als auch online veröffentlicht.20 Darunter war erstmals Fotomaterial der von 1939 bis 1942 in München durchgeführten Restaurierung zu sehen, das den „nazarenischen“ Vorzustand vom Anfang des 19. Jahrhunderts dokumentiert und im Zuge des Projektverlaufs im Archiv des Doerner Instituts aufgefunden wurde. Das interaktive Tool wurde laufend um Aufnahmen verschiedenster bildgebender Verfahren erweitert, die miteinander verglichen und mittels Detailansichten studiert werden konnten. Mit der für das Projekt begründeten Reihe „Forschung im Gespräch“ boten Vorträge, Führungen oder Diskussionen Einblicke zu verschiedenen Teilbereichen des Projekts und zeigten die Vernetzung von externen und internen Expert*Innen auf.

Abb. 4: Layout des Informationsmaterials über die Evakuierung

Abb. 5: Korrespondenz zur Restaurierung im Zweiten Weltkrieg, TLM, Museumsakten, MA 193/1942/II

Abb. 6: Blickachse über die Länge des Raums auf das Retabel, © TLM, Foto: Günter R. Wett

Abb. 7: Rückseite des Retabels mit Blick auf den Studientisch, © TLM, Foto: Günter R. Wett

Die Frage nach dem Zweck von präventiver Konservierung und kunsttechnischen Untersuchungen macht die Frage der Zeitlichkeit selbst zum Thema. In diesem Sinn weist das Projekt zum Altar von Schloss Tirol über den konkreten Forschungsgegenstand hinaus. Auf einer Metaebene reflektierte es das Museum an sich, das im permanenten Spannungsverhältnis von Alt und Neu, von Geschichte und Gegenwart steht. In dieser Zwiesprache zeigt sich die Vergangenheit ebenso unvorhersehbar wie die Zukunft, unter Berücksichtigung der zweifachen Verankerung sowohl in Bezug auf die Entstehungszeit eines Kunstwerks wie auch unter Berücksichtigung der historischen Bedingtheit der Betrachter*in und der Institution.

Abb. 8: Modifikation des Raums im Herbst 2022, links vom Retabel Rekonstruktionen von Metallauflagen und Maltechniken von Dipl. Rest. (Univ.) Anna Rommel-Mayet, © TLM, Foto: Günter R. Wett

Museen sind die Austragungsorte und Erfahrungsräume dieser Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen. „Dies bedeutet nicht nur ein neues Verständnis vom Ausstellungsmachen, sondern hat auch neue Wege in den Sammlungsordnungen zur Folge. Wenn schon das Museum eine Zeitmaschine ist [...], warum kann es dann nicht eine Maschine sein, in der normative Zeitlichkeiten sowohl in Bezug auf den Betrachtungsgegenstand als auch auf Repräsentationsmodi selbst hinterfragt, durchgerüttelt und permanent reformuliert werden.“21

1 schnittpunkt: This will be tomorrow, in: Museumsbund Österreich (Hg.): [Broschüre zu:] Museum 2061. Die Zukunft des Museums beginnt Jetzt (Linz, 28. April 2016, 27./28. April 2017), [Graz] 2017, S. 4–7, S. 7.

2 Köhne, Eckart: Mut zur Transparenz! in: Görgen-Lammers, Annabelle (Hg.): Transparentes Museum. Dokumentation, Reflexion, Evaluation eines Pilotprojektes, Katalog Hamburger Kunsthalle 2016, Hamburg 2019, S. 13–14, S. 14.

3 schnittpunkt/Baur, Joachim (Hg.): Das Museum der Zukunft. 43 neue Beiträge zur Diskussion über die Zukunft des Museums, Bielefeld 2020, S. 11.

4 Bott, Gerhard (Hg.): Das Museum der Zukunft. 43 Beiträge zur Diskussion über die Zukunft des Museums, Köln 1970.

5 schnittpunkt/Baur: Zukunft (wie Anm. 3), S. 11.

6 Dies.: Zukunft (wie Anm. 3), S. 18.

7 Dies.: Zukunft (wie Anm. 3), S. 11.

8 Görgen-Lammers (Hg.): Transparentes Museum (wie Anm. 2).

9 Griesser-Stermscheg, Martina/Sternfeld, Nora/Ziaja, Luisa: Sich mit Sammlungen anlegen. Gemeinsame Dinge und alternative Archive (= Schriftenreihe curating. ausstellungstheorie & praxis 5), Berlin– Boston 2020.

10 Tyradellis, Daniel: Müde Museen. Oder: Wie Ausstellungen unser Denken verändern könnten, Hamburg 2014.

11 Hoins, Katharina/von Mallinckrodt, Felicitas: [Tagungsbericht zu:] Die Zukunft der Forschung in den Museen (Hannover, 11.–12. Juni 2014), in: ArtHist.net, 25. Juni 2014, URL: https://arthist.net/reviews/8074/view=pdf (Zugriff: 15. Mai 2023).

12 Baier, Uta: Ein Juwel Tiroler Gotik, URL: https://www.restauro.de/altar-tirol/ (Zugriff 15. Mai 2023).

13 Vgl. Hoins/von Mallinckrodt: Forschung (wie Anm. 11).

14 URL: https://www.rijksmuseum.nl/en/whats-on/exhibitions/operation-night-watch (Zugriff 15. Mai 2023).

15 Initiiert wurde dieses Projekt vom damaligen Direktor der Tiroler Landesmuseen Wolfgang Meighörner, der Restauratorin Laura Resenberg und der Verfasserin.

16 Vgl. Ammann, Gert: Zur Geschichte der Provenienz des Altares von Schloss Tirol, in: Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum 80, Innsbruck 2000, S. 57–66.

17 Oberhammer, Vinzenz: Der Altar von Schloss Tirol, Innsbruck 1948, S. 7.

18 Vgl. Oberhammer: Altar (wie Anm. 17), S. 21 ff. – Im Zuge der Freilegungsarbeiten an den Flügelaußenseiten kamen die Darstellungen der Stifterfiguren und ihrer Gemahlinnen sowie die Wappen zum Vorschein. Erstmals brachte Oberhammer die Entstehung des Retabels mit einem konkreten politischen Ereignis in Verbindung: 1363 war die Grafschaft Tirol von Margarete „Maultasch“ an Herzog Rudolf IV. von Österreich übergeben worden. Nach dessen Tod sicherten sich seine am Retabel gezeigten Brüder Albrecht III. und Leopold III. die Herrschaft über Tirol.

19 Vgl. Laura Resenberg, Kunsttechnische Forschung am Retabel von Schloss Tirol, Short Story #14 in der Ausstellung „Im Detail. Die Welt der Konservierung und Restaurierung“, URL: https://www.tiroler-landesmuseen.at/ausstellung/im-detail/ (Zugriff 15. Mai 2023); vgl. auch den Beitrag von Laura Resenberg in vorliegendem Band.

20 URL: https://altarinteraktiv.tiroler-landesmuseen.at (Zugriff 15. Mai 2023).

21 von Bose, Friedrich: Das Museum der Zukunft ist auch nicht mehr das, was es mal war, in: schnittpunkt/Baur (Hg.): Zukunft (wie Anm. 3), S. 269–274, S. 270.

DER ALTAR VON SCHLOSS TIROL – FLÜGELRETABEL UND RELIQUIENSCHREIN

Lothar Schultes

Als Erzherzog Johann 1804 Schloss Tirol besuchte, präsentierte ihm der damalige Schlosshauptmannschaft-Verwalter Johann Georg von Goldrainer „einen Feldaltar, welchen 2 vier Schuh hohe, wieder 2 zwey Schuh hohe, und 6 einen Schuh hohe Gemählde wahrhaft köstlich machen“ (Abb. 1).1 Die Beschreibung der dargestellten Szenen lässt darauf schließen, dass er damals die beiden Flügel mit dem Marienleben sah. Die Darstellungen der Rückseite sind hingegen nicht erwähnt, da sie bereits vor 1804 vollständig übermalt wurden.2 Die beiden zwei Schuh hohen Bilder sind mit jenen Tafeln identisch, mit denen die beiden Reliquienfächer des Schreins verschlossen waren. Bei den sechs einen Schuh hohen Gemälden „von Pyramidenform“ handelte es sich offenbar um die bemalten Wimperge über der Mittelnische und auf den beiden Flügeln, wobei sich die Zahl wohl daraus ergibt, dass der halbe Wimperg mit der Darstellung Gottvaters mitgerechnet wurde.

Es ist anzunehmen, dass Goldrainer die Flügelbilder an sich nahm, um sie vor Plünderung zu bewahren. 1809, am Beginn des Tiroler Freiheitskampfes, hielt sich Andreas Hofer im Schloss auf. Sein Freund Joseph von Hormayr verlas hier das Besitzergreifungspatent. Hormayr war außerdem Anreger und Führer des Alpenbundes, dem auch sein Gönner Erzherzog Johann angehörte.3 Da der Altar aus der Zeit der Erwerbung des Landes durch die Habsburger stammt, war er als „Landesheiligtum“ gewiss von großer symbolischer Bedeutung.4 Dies erklärt wohl auch, warum Goldrainer die Flügelbilder 1809 dem Erzherzog als Beweis der „Anhänglichkeit an das österreichische Kaiserhaus“ zum Geschenk machte. Das Schloss war dann kurz im Besitz von Baron Sebastian von Haussmann, der es abreißen wollte. Das geschichtsträchtige Gebäude konnte aber durch den Burghofbauern Joseph Kofler erworben werden und kam schließlich 1814 durch Josef Glatz in den Besitz der Stadt Meran, die es zwei Jahre später im Rahmen einer Huldigungsfeier dem Kaiser Franz I. schenkte.5

Abb. 1: Altar von Schloss Tirol, um 1366/1370, 249 x 279 (geöffnet) x 28 cm, Innsbruck, © Tiroler Landesmuseen

Abb. 2: Rundkirche St. Bartlmä am Ufer der Sill, urk. 1275, ab 1828 Standort des Altars von Schloss Tirol (vor der Zerstörung im 2. Weltkrieg), Stadtarchiv/Stadtmuseum Ph-Pl-661

Wegen der politischen Ereignisse konnten die Tafeln des Altars erst 1813 nach Wien gesendet werden. Wie aus dem Dankschreiben des Erzherzogs hervorgeht, ließ er sie dort durch „hiesige Künstler ausbessern und vollkommen herstellen“.6 Von einer vollständigen Übermalung kann dabei jedoch keine Rede sein, da gewisse Partien wie der nackte Oberkörper Mariens bereits zuvor übermalt waren.7 Die von Johann veranlasste Restaurierung dürfte von Karl Ruß (Russ) ausgeführt worden sein, dem späteren Kustos der k. k. Gemäldegalerie. Er war ab 1810 Kammermaler des Erzherzogs, für den er unter anderem Gemälde zur Geschichte Österreichs schuf. Als Restaurator behob er übrigens zudem die Schäden an den aus Frankreich zurückgestellten Gemälden der kaiserlichen Sammlungen.8

1826 schenkte Erzherzog Johann die großen Flügelbilder – und einstweilen nur diese – dem neu gegründeten Tirolischen Nationalmuseum, dem heutigen Ferdinandeum.9 Im selben Jahr traf dort auch der Mittelteil des Altars „in zwey Kisten wohlgepakt“ ein. Im Erwerbsbuch ist vermerkt: „…in alter Feldaltar aus dem Schlosse Tirol, mit 5 Basreliefs: die Geburt; die h. 3 Könige; die Heimsuchung Mariens, der anglische Grus in 2 Stiken, samt einer kleinen geschnitzten Maria, vom Herrn Bürgermeister Haller aus Meran.“ Die Aufteilung auf zwei Kisten legt nahe, dass der turmartige Aufsatz für den Transport abmontiert wurde. Die genannte Madonna war in einem Schächtelchen und konnte daher nicht die originale Mittelfigur gewesen sein. Auch an der ursprünglichen Zugehörigkeit der „Basreliefs“ wurde bereits damals gezweifelt. Da die Flügel mit den gemalten Marienszenen seit der Übersendung an Erzherzog Johann fehlten, hatte man diese offenbar durch geschnitzte Darstellungen ersetzt, um den verbliebenen Rest des Retabels als Feldaltar nutzen zu können. Tatsächlich stimmten die Reliefs ja thematisch weitgehend mit den Gemälden überein.

Zum damaligen Zustand des Schreins vermerkt Haller: „Wie natürlich, hat auch die Fassung, und besonders das gemahlte Haupt Christi sehr gelitten. Er ist zu wenig alterthümlich geschätzt worden, und deßwegen an einem etwas vernachläßigten Orte gestanden, übrigens vielleicht aber doch schon früher so verletzet gewesen.“ Die Nachricht lässt vermuten, dass sich das Retabel seit einiger Zeit nicht mehr in der Schlosskapelle befand und beschädigt war. Tatsächlich sind ja die Flügelgemälde heute ungleich besser erhalten als die Architektur des Mittelteils. Da man im Museum erkannte, dass Teile fehlten, wurde der Vorstand beauftragt, „wegen der abgängig Pertierungsstücke des Altares nähere …rkundigung einzuziehen“. 1827 erbat und erhielt das Museum von …rzherzog Johann auch die zwei „Gemälde zu den Flügelthüren“.

Es hätte den Altar nun vervollständigen und im k. k. Lyzealgebäude in der heutigen Universitätsstraße präsentieren können, doch bewilligte es bereits im Jahr darauf die Aufstellung des „alten Altares, welcher sich im Museum befindet“, in der „Rotunde nächst dem Kloster Wilten“.10 Gemeint ist damit St. Bartlmä, die älteste, im Zweiten Weltkrieg zerstörte und anschließend wiederaufgebaute Kirche Innsbrucks (Abb. 2).11 Wie die Inventarkarte des Ferdinandeums vermerkt, wurde der Altar 1848 durch den Wiltener Abt Alois Röggl aus bäuerlichem Besitz im Dorf Tirol käuflich erworben, was angesichts der hier berichteten Vorgeschichte nicht nachvollziehbar ist.12

Abb. 3: Der Altar von Schloss Tirol in den Sammlungen des Stiftes Wilten, Fotografie, 1920er-Jahre, Innsbruck, Stift Wilten, Archiv

Ein undatiertes Inventar des Klosters Wilten vermerkt im roten Saal unter Nr. 1: „ein Flügelaltar mit Bildwerken und Reliquien. Soll ein Feldaltar von Schloß Tirol gewesen sein. Das Mittelbild fehlt. In architektonischer und bildlicher Hinsicht höchst interessant. Dürfte der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts angehören.“13 Da mit Mittelbild eindeutig eine Skulptur gemeint ist, kann es sich bei diesen Bildwerken nur um die erwähnten fünf Basreliefs gehandelt haben, die aber später durch die originalen Gemälde ersetzt wurden. Dies wird durch eine unveröffentlichte, wohl aus den 1920er Jahren stammende Fotografie bestätigt, die am Mittelteil des Altars statt der fehlenden Wimperge einen neugotischen Fries zeigt. Außerdem stand damals in der Nische eine spätgotische, nicht zugehörige Figur der hl. Margarethe, die heute im Stiftsmuseum ausgestellt ist (Abb. 3).14

Erklärungsbedürftig bleibt die mehrfach erwähnte Funktion des Retabels als „Feldaltar“. Damit ist laut Adelungs „Grammatisch-kritischem Wörterbuch der hochdeutschen Mundart“ von 1811 ein tragbarer Altar gemeint, welchen man über Feld tragen kann, oder ein Altar, der „im Felde bey den Kriegsheeren gebraucht“ wird.15 Die Vermutung drängt sich auf, dass man ihn wirklich über die Felder trug, um das Land angesichts der feindlichen Bedrohung zu segnen. Vielleicht betete man vor ihm sogar vor den Schlachten.16

Wie erwähnt, ist im Inventar des Klosters Wilten auch von Reliquien die Rede. Tatsächlich diente das untere, nur 26 cm hohe Fach des Schreins offenbar der Aufbewahrung von Gebeinen (Abb. 1). Jüngste Untersuchungen ergaben eine Entstehung des jetzigen Gitters im 19. Jahrhundert, weshalb eine Rekonstruktion des originalen Zustands kaum möglich ist. Die bereits von Oberhammer verworfene, bei der Tagung aber wieder aufgegriffene Existenz bemalter Predellenflügel ist wegen des extremen Breitformats kaum wahrscheinlich.17 Ähnliches gilt für ein Reliquienaltärchen der Zeit um 1400 aus einer Feldkapelle in Obervellach (Kärnten). Auch dort ist das Gitter ergänzt und erlaubt keine sichere Aussage über das ursprüngliche Aussehen.18 Beim Altar von Schloss Tirol war zudem nur ein mittleres, von Blechwänden abgeteiltes Fach von der Rückseite her durch ein Türchen zugänglich. Die aufwändige Sicherung lässt auf einen besonders kostbaren Inhalt schließen. Rechts und links davon wäre Platz für jene „capita integra holoserico rubro inclusa de 11.000 virginibus“ gewesen, die noch 1638 in einem Inventar der Kapelle von Schloss Tirol verzeichnet sind. Aber auch in den darüberliegenden, die Mittelnische flankierenden Fächern befanden sich wohl einst Kostbarkeiten wie die 1638 erwähnten sechs „vascula quadrata“, womit vielleicht Reliquienkästchen gemeint sind.19

Abb. 4: Schrank für heilige Gefäße, um 1300, Eichenholz, 165 x 115 cm, Bad Doberan, ehemalige Zisterzienser-Abteikirche, Wikimedia Commons, © Ralf Roletschek

Damit ist der Altar von Schloss Tirol ein „klassisches“ Reliquienretabel. Als Ausgangspunkt der Entwicklung gelten Schränke wie jener aus der Liebfrauenkirche von Halberstadt, der sich seit dem 19. Jahrhundert im dortigen Domschatz befindet. Dieses angeblich älteste erhaltene sakrale Möbel wurde zuletzt von Hans-Joachim Krause anhand archivalischer Quellen zwischen 1239/1241 und 1249 datiert. Der Form nach handelt es sich um einen Stollenschrank aus Eichenholz. Außer der Rückseite sind alle Flächen bemalt, bei den Flügeltüren auch die Innenseiten. Da der Schrein Marienreliquien enthielt, dürfte sich in seinem oberen Fach ursprünglich die aus derselben Kirche stammende Madonna befunden haben. Damit glich das Möbel bereits weitgehend den späteren Flügelaltären.20

Ein weiterer Schrank in der ehemaligen Zisterzienserkirche in Bad Doberan wurde früher für den Vorgänger des heutigen Hochaltars gehalten. Tatsächlich entspricht seine Form mit dem dreieckigen Aufsatz frühen Retabeln, zumal die zahlreichen Fächer erst bei geöffneten Flügeln sichtbar werden (Abb. 4). Der Aufsatz hat die Form eines zierlichen Wimpergs und enthält in einem Dreipass die Reliefbüste des segnenden Christus, eine Parallele zur gemalten Darstellung auf dem Altar von Schloss Tirol. Sein geöffnetes Buch trug einst eine Inschrift mit einem Hinweis auf den sorgfältigen Umgang mit den im Schrank aufbewahrten heiligen Gefäßen. Dass hier nicht nur Kelche aufbewahrt wurden, geht auch aus den Darstellungen auf der Innenseite der Flügel hervor, die links den Priesterkönig Melchisedek mit erhobenem Kelch und rechts Abel mit dem Opferlamm zeigen. Norbert Wolf vermutet, dass der Schrank einst in die (nicht mehr vorhandenen, aber rekonstruierbaren) Chorschranken der Kirche eingefügt war. Er ist somit Teil der Chorausstattung des frühen 14. Jahrhunderts, die in einmaliger Vollständigkeit außerdem noch den Levitenstuhl, einen weiteren, sehr großen Schrank, das Mönchsgestühl und vor allem das Hochaltarretabel umfasst.21

Ein vergleichbarer, um 1325 entstandener Kasten befindet sich in der Zisterzienserkirche von Løgumkloster (Kloster Lügum, lat. Locus Die) im heutigen Dänemark.22 Auch hier wurde eine ursprüngliche Aufstellung auf dem Hochaltar vermutet, was jedoch auszuschließen ist. Der Schrank besitzt bemalte Flügel, aber keinen Aufsatz. Diese Form lässt sich bis tief ins 15. Jahrhundert weiterverfolgen, wie die Exemplare im Schlossmuseum in Güstrow und in der Allerheiligenkirche von Kleinschwarzenlohe in Mittelfranken belegen.23 Im Dom von Marienwerder stand ein weiterer, seit dem Zweiten Weltkrieg verschollener Reliquienschrank, den Bischof Johann I. (1376–1409) anfertigen ließ.24 Das Möbel hatte keine Schauseite, sondern ließ sich nur an den beiden Schmalseiten öffnen. Die Türen waren außen schmucklos, erst beim Öffnen kam die bemalte Innenseite zum Vorschein. Damit präsentierte sich der Schrank als gemalte Bilderwand, ähnlich dem Schrein des Altars von Schloss Tirol.

Im Bad Doberan ist, wie erwähnt, auch das Hochaltarretabel erhalten, das als ältester Flügelaltar gilt (Abb. 5). Tatsächlich liegt die vermutete Entstehung um 1300 durch die dendrochronologische Datierung des Dachstuhls auf das Jahr 1297 nahe. Nur die unterste Figurenreihe wurde erst um 1368 hinzugefügt. Der Altar hat die 1552 erfolgte Auflösung des Klosters und die Übergabe an die Herzöge von Mecklenburg weitgehend unbeschadet überstanden. Formal besteht er aus einem breiten Schrein mit einer Mittelnische und Reliquienfächern sowie den reliefgeschmückten Flügeln. Die heute offenen Arkadennischen waren durch Türchen an der Rückseite zugänglich. Ein Inventar von 1552 vermerkt im Hochaltar Heiltümer verschiedenster Art, aber auch Kelche, Ringe und Siegel. Wie sich herausstellte, barg die Mittelnische ursprünglich die jetzt in einen Hängeleuchter integrierte stehende Madonna mit Kind. Die Pyxis, die sie gemeinsam mit dem Jesuskind hält, enthielt wahrscheinlich das Allerheiligste oder eine wundertätige blutende Hostie.25 Der Schrein und die Flügel werden durch wimpergartige Aufsätze bekrönt, die auf jene des Altars von Schloss Tirol vorausweisen. Dies gilt auch für die hohen, zartgliedrigen Türme, von denen der mittlere eine ähnlich dominierende Stellung einnimmt.

Abb. 5: Hochaltarretabel, um 1300, Eichenholz, Gesamthöhe ca. 10 m, Schrein 271 x 289 cm, Bad Doberan, ehemalige Zisterzienser-Abteikirche, Wikimedia Commons, © W. Bulach

Im Aufbau ähnlich ist das Hochaltarretabel der ehemaligen Benediktiner-Abteikirche von Cismar, ohne jenem von Doberan im architektonischen Aufwand gleichzukommen (Abb. 6).26 Es steht bis heute im gotischen Chor, während das Langhaus seit der Barockzeit in Wohnungen unterteilt ist. Der Altar wird von drei hohen Türmen überragt, die als Baldachine für etwas ältere Figuren dienen. Möglicherweise stammen sie von einem früheren, mit der großen Reliquienund Geldstiftung von 1296 zu verbindenden Retabel. Die fünf tiefen Nischen des Schreins sind durch Säulchen und durchbrochene Zwischenwände getrennt und waren früher durch Borde in zwei Stockwerke unterteilt. Es ist zu vermuten, dass hier zu besonderen Anlässen Behältnisse für den reichen Reliquienschatz des Klosters aufgestellt waren, darunter Blutstropfen Christi und ein Dorn seiner Krone. Dass sie dauerhaft gezeigt wurden, ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil dadurch die Reliefs verdeckt gewesen wären. Diese tragen noch die weitgehend originale Fassung und zeigen Motive aus dem Leben und der Passion Jesu sowie auf den Flügeln Szenen aus der Vita des hl. Benedikt und des Evangelisten Johannes. Das mittlere Relief mit der Geißelung Christi ist als Türchen ausgebildet und kann von hinten geöffnet werden, um so die Flügel von innen zu schließen. Wie beim Altar von Schloss Tirol sind Schrein und Flügel von Wimpergen bekrönt, die hier aber keine Malereien, sondern Reliefs enthalten.

Beim Reliquienaltar aus dem Kloster Altenberg bei Wetzlar fehlt zwar dieses Element, doch ist er wegen der betonten Mittelnische mit dem Altar von Schloss Tirol vergleichbar (Abb. 7). Auf sie sind auch die Gemälde der Flügel bezogen. So wenden sich in Altenberg die Könige dezidiert der zentralen Marienfigur zu und das Christuskind dreht sich zu ihnen hin. Die Madonna wird beidseitig von einer an Fenstermaßwerk erinnernden Zierarchitektur flankiert, hinter der sich Fächer für Reliquien befanden. Man hat das Retabel mit der Erhebung der Gebeine der seligen Gertrud, der Tochter der hl. Elisabeth, im Jahr 1348 verbunden, es wird jedoch wegen der engen Beziehungen zur Kölner Malerei nun eher um 1330 datiert. Ursprünglich wohl auf dem Hochaltar, kam es später auf die Nonnenempore der einstigen Klosterkirche. Im 19. Jahrhundert gelangten die Flügel nach Schloss Braunfeld und wurden 1925 vom Frankfurter Städel angekauft, wo sie erst jüngst mit dem Mittelteil und der thronenden Madonna wieder vereint werden konnten.27

Etwa zur selben Zeit entstand ein Reliquienaltärchen, das vielleicht aus dem Kölner Klarissenkloster stammt und sich heute als Leihgabe der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen im Bayerischen Nationalmuseum in München befindet.28 Die nicht zugehörige Elfenbeinmadonna steht hier in der mittleren von drei fensterähnlichen Nischen, in deren Fächern sich einst Reliquien befanden. Die bekrönenden Wimperge nehmen das ähnliche Motiv am Altar von Schloss Tirol vorweg, wo es allerdings durch die eingefügten Malereien einen ganz anderen, an italienische Werke erinnernden Eindruck erweckt.

Abb. 6: Hochaltarretabel, um 1310/1320, Eichenholz, ca. 650 x 637 cm (geöffnet), Cismar, ehemalige Benediktiner-Abteikirche, Wikimedia Commons, © Hans A. Rosbach

Ein weiteres, etwa ein Jahrzehnt später entstandenes Reliquienaltärchen kam als Dauerleihgabe des Kölner Schnütgen-Museums ins Germanische Nationalmuseum in Nürnberg (Abb. 11). Das zentrale Kruzifix war einst von Maria und Johannes begleitet, deren Figuren sich weiterhin im Schnütgen-Museum befinden. Das Mittelfeld wird von 43 Reliquienfächern umrahmt, deren filigranes Maßwerk leider weitgehend zerstört ist. Die dreieckigen Spitzen der Flügel sind auf ähnliche Weise für Malereien genutzt wie am linken Flügel des Altars von Schloss Tirol, sonst überwiegen aber die Unterschiede.29

Dies gilt ebenso für den fast zur Gänze vergoldeten, reich mit Skulpturen besetzen Altar der Frauenkirche von Oberwesel (Abb. 8). Wie das Retabel in Cismar besitzt er drei große, figurenbesetzte Türme, zu denen hier je zwei weitere in den Zwischenräumen kommen. Schrein und Flügel werden von einer reichen, zierlichen Architektur mit zwei Reihen fast vollplastischer Figuren gegliedert. Die Reliquien waren in ein filigranes Sockelgeschoss eingefügt. Im Schrein ermöglichte ein Schiebemechanismus ein Herausziehen des Maßwerkgitters. Eine Weiheurkunde von 1331 gibt für den Chor und den Hochaltar einen zeitlichen Anhaltspunkt. Während man das Datum früher auf das ganze Retabel bezog, dachte Robert Suckale an eine Entstehung in zwei Phasen, um 1330 und um 1350. Dabei wären Teile des älteren Altaraufsatzes in den jetzigen integriert worden.30 Obwohl sich die Parallelen zum Altar von Schloss Tirol sonst in Grenzen halten, sind beide Werke durch ein völlig singuläres Merkmal verbunden: das Kruzifix, das bei geschlossenen Flügeln die Fuge verdeckte und zugleich die Gestalten der trauernden Maria und Johannes zu einer Kreuzigungsgruppe ergänzte. Während das Kreuz von Oberwesel über Umwege in das Landesmuseum Mainz gelangte, hat es sich beim Altar von Schloss Tirol nicht erhalten.31 Da es durch die Übermalung der Außenseiten um 1500 seine Funktion verlor, ging es wohl schon damals verloren. Aus diesem Grund hat es offenbar auch keine Abriebspuren hinterlassen.

Abb. 7: Reliquienaltar aus Kloster Altenberg bei Wetzlar, um 1330, 153,7 x 243,8 cm, Frankfurt, Städel, Inv.-Nr. SG 358-361, © Städel Museum, Frankfurt am Main

Abb. 8: Clarenaltar aus dem Klarissenkloster St. Clara, Hochfestseite, um 1345, Köln, Dom, Wikimedia Commons, © Frank Vincentz

Die Altäre in der Zisterzienser-Abteikirche von Marienstatt im Westerwald und aus St. Clara in Köln sind nur bedingt mit jenem von Schloss Tirol vergleichbar und sollen deshalb nur kurz erwähnt werden (Abb. 8). Während der eine bis heute am ursprünglichen Platz steht, gelangte der andere erst nach Abbruch des Klarissenklosters 1804 in den Kölner Dom. Beide Retabel sind strukturell eng verwandt und entstanden um die Jahrhundertmitte in Köln. Der Mittelteil ist jeweils besonders hervorgehoben und das unterste Geschoss besteht aus einer Reihe durchbrochener Maßwerkfenster, hinter denen einst Reliquien verwahrt wurden. In Marienstatt befindet sich unterhalb der zentralen Marienkrönungsgruppe eine vergitterte Nische, die ursprünglich von einer Flügeltür geschlossen werden konnte.32 Diese Tür ist beim Clarenaltar in Köln erhalten und zeigt die selten dargestellte, legendäre Martinsmesse. Das Motiv deutet an, dass dahinter die Monstranz mit der geweihten Hostie verwahrt wurde.33 Die Funktion der bemalten Tür entspricht damit weitgehend den beiden Flügeln zu Seiten der Mittelnische des Altars von Schloss Tirol.

Abb. 9: Reliquienaltar, 1376 (?), ehemals Stift Stams, aquarellierte Zeichnung von Wolfgang Lebersorg, um 1630, Stams, Stiftsarchiv

Räumlich, zeitlich und formal näher steht der verlorene Tabernakelaltar der Zisterzienserkirche von Stams in Tirol, dessen Aussehen in einer aquarellierten Zeichnung in der Klosterchronik von etwa 1630 überliefert ist (Abb. 9). Das zentrale, von einem hohen Turm bekrönte Gehäuse barg hier eine Statue der stehenden Madonna. Es konnte mit den beweglichen Doppelflügeln völlig geschlossen werden. Diese sind jeweils zweigeteilt: Während im oberen, von Wimpergen bekrönten Teil stehende Heilige dargestellt sind, bestehen die unteren Felder aus zahlreichen Kästchen mit Reliquien. Sollten diese nur gemalt gewesen sein, kann es sich dabei nicht um jene Stücke gehandelt haben, die Kaiser Karl IV. 1360 dem Kloster geschenkt hatte. Unklar ist außerdem, ob die auf der Zeichnung vermerkte Jahreszahl 1376 tatsächlich das Vollendungsdatum angibt.34 Jedenfalls dürfte es sich bei dem dargestellten Retabel um den Altar der Marienkapelle und nicht, wie vermutet, um den einstigen Hochaltar der Klosterkirche handeln, den Abt Heinrich Grussit als „egregius artifex tam sculpturae quam picturae“ nach zweijähriger Arbeit in seinem Todesjahr 1389 vollendete. Dieses Werk bestand offenbar aus Skulpturen und Gemälden und kann deshalb auch nicht mit der großen, in der Kunstsammlung des Stiftes erhaltenen Tafel der Marienkrönung identisch sein. Diese ist dem Nekrolog zufolge ein Werk des Hofmalers Leopolds III., Konrad im Tiergarten, der urkundlich zwischen 1379 und 1406 nachzuweisen ist. Da diese „tabula picta“ ausdrücklich „ad publicum altare“ bestimmt war, stand auch sie nicht auf dem Hochaltar, sondern wahrscheinlich auf der Höhe des Lettners.35

Es ist offenbar noch nicht bemerkt worden, dass ein Altärchen im Museum Mayer van den Bergh in Antwerpen aus dem Umkreis des Melchior Broederlam im Aufbau sehr weitgehende Übereinstimmungen mit dem Stamser Altar, aber auch mit jenem von Schloss Tirol zeigt (Abb. 1, 9, 10, 12). Dies gilt sowohl für das hohe, die verlorene Mittelfigur bekrönende Türmchen als auch für den gezackten oberen Abschluss der Flügel. Das kostbare Werk stammt angeblich aus dem Oratorium Philipps des Kühnen in der Kartause von Champmol.36 Es liegt nahe, dass die spezielle Form des Stamser Altars tatsächlich von niederländischen Turmretabeln abzuleiten ist, wobei ich nicht in der Lage bin, ein zeitlich früheres Vergleichsbeispiel zu nennen.

Abb. 10: Turmretabel, Umkreis Melchior Broederlam, Ende 14. Jh., Eichenholz, 137 x 47,5 cm (geöffnet), Antwerpen, Museum Mayer van den Bergh, © KIK-IRPA, Brussels (Belgium), Rolland, Thierry

Abb. 11: Hochaltar, um 1360/1365, Nürnberg, ehem. Deutschordenskirche St. Jakob, bei geschlossenen Flügeln, Wikimedia Commons, © DALIBRI

Wie ein Dorn am Boden nahelegt, enthielt das Türmchen des Altars von Schloss Tirol einst eine Figur, wobei nicht zuletzt wegen des darunter gemalten Christusbildes am ehesten an einen Schmerzensmann oder Auferstandenen zu denken wäre. Eine vergleichbare Darstellung befindet sich im Aufsatz des silbervergoldeten Reliquienaltärchens von Mariapfarr, das 1443 von Peter Grillinger für 108 „stuck heiltum“ gestiftet wurde.37 Diese sind, wie am erwähnten Nürnberger Reliquienaltärchen, um eine Kreuzigungsgruppe angeordnet. Beim Altar von Schloss Tirol wäre der Schmerzensmann sowohl im geöffneten als auch im geschlossenen Zustand zu sehen gewesen, hätte sich also sowohl auf die Kreuzigung als auch auf die Marienszenen bezogen. Henze dachte hingegen an die in der Kapelle verbliebene Figur des hl. Pankratius, des Patrons der unteren Schlosskapelle, was von der Größe her unmöglich und ikonographisch wenig stimmig wäre.38 Viel eher stand die 78 cm hohe Figur, deren Qualität eine herzogliche Stiftung vermuten lässt, im Schrein des verlorenen, 1638 noch vorhandenen Retabels der unteren Schlosskapelle.39

Abb. 12: Altar von Schloss Tirol, Kopie, Schloss Tirol, Kapelle, Wikimedia Commons, © ManfredK

Ein Werk, das sich hervorragend zum Vergleich mit dem Altar von Schloss Tirol eignet, ist das wenig ältere Retabel von St. Jakob in Nürnberg (Abb. 1, 11, 12). Dies gilt insbesondere für die oberen Abschlüsse der Flügel, deren Wimperge auf ähnliche Weise für Gemälde genutzt wurden. Jiři Fajt hielt die Übereinstimmungen sogar für „so außergewöhnlich, dass man im Falle des Retabels von Schloss Tirol nur von dessen direkter Beeinflussung durch die Nürnberger Lösung ausgehen kann“. Er griff den Vorschlag auf, den Meister des Altars von St. Jakob mit Sebald Weinschröter, dem Nürnberger Hofmaler Kaiser Karls IV., zu identifizieren, dem er weitere Werke zuschrieb. Auch diese stehen stilistisch den Gemälden des Altars von Schloss Tirol so nahe, dass ein engerer Zusammenhang zu überlegen wäre.40

Mit der kaiserlichen Hofkunst hat man auch den sogenannten Böhmischen Altar im Dom von Brandenburg verbunden (Abb. 13). Eine Urkunde von 1375 berichtet: „... completa est hec archa... per manus Nicolai Tabernaculi... “, wobei der Ausdruck Tabernaculus darauf hinweisen könnte, dass der Meister auch architektonisch geschult war. Das Retabel wurde mehrmals verändert und vom Hochaltar ins südliche Querhaus versetzt. Die Außenseite zeigt eine doppelte Reihe von gemalten Heiligen, die Innenseite ist mit Ausnahme der Predellenflügel skulptural gestaltet. Die jetzt abgelaugten Figuren waren ursprünglich reich gefasst, das Holz stammt aus Böhmen, was die mehrfach vermutete Stiftung durch Kaiser Karl IV. bestätigen würde. Wie beim Altar von Schloss Tirol sind Schrein und Flügel von Wimpergen und Fialen bekrönt. Im Zuge der letzten Restaurierung stellte sich heraus, dass hinter den Figuren unsichtbar Reliquien verborgen sind, wodurch der Altar selbst zum Reliquiar wird. Verloren sind hingegen jene sichtbaren Reliquien, die einst in den Nischen der Predella zu sehen waren. Diese ist zwar, ebenso wie der Schrein, eine moderne Rekonstruktion, wäre aber dennoch in Anordnung und Funktion mit dem Reliquienfach des Altars von Schloss Tirol vergleichbar.41

Auch das Retabel der Marien-Wallfahrtskirche von Schotten in Hessen wurde mehrfach verändert. So hat man etwa den fehlenden Dreiturmaufsatz erst 1977 wiedergefunden. Der originale Mittelteil besteht hier wie beim Altar von Schloss Tirol aus einer Mittelnische mit einer thronenden, von Gemälden flankierten Madonna. Diese ersetzt seit 1910 die ursprüngliche Figur, die wohl etwas größer war. Stilistisch sind die Malereien avancierter als jene des Altars von Schloss Tirol. Da keine Quellen erhalten sind, schwankt die Datierung zwischen 1370 und 1390, wobei Fajt und Hörsch zuletzt zu einer frühen Entstehungszeit tendierten.42 Wir wollen diesen Überblick mit einem Werk schließen, das zeigt, wie der Typus des Altars von Schloss Tirol bis in die Zeit des Schönen Stils tradiert wurde. So weist der auf der Rückseite 1415 datierte Flügelaltar der St. Johanniskirche von Wernigerode im Grunde noch immer eine ähnliche Gliederung mit einer (hier allerdings stehenden) Marienskulptur in der Mittelnische und einer mit Halbfiguren geschmückten Wimperg-Fialenreihe auf (Abb. 14).43

Damit reiht sich das Retabel von Schloss Tirol in eine Entwicklung ein, die vom späten 13. bis zum frühen 15. Jahrhundert verfolgt werden kann. Von allen Vergleichsbeispielen weist der Altar von St. Jakob in Nürnberg im Aufbau und im Stil der Malereien die engsten Übereinstimmungen auf. Was aber auch dort fehlt, sind die Anspielungen auf den Kaiser und seine Insignien. So wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass Christus in der Szene der Marienkrönung eine hohe Mitrenkrone mit Pendilien trägt (Taf. XVI, S. 153). Diese entspricht weitgehend jener, mit der Karl IV. auf der Südwand der Marienkapelle von Burg Karlstein dargestellt ist.44 Als Parallele wurde auf das Missale des kaiserlichen Kanzlers, Johannes von Neumarkt, aus der Zeit nach 1364 hingewiesen, in dem Gottvater und Christus im kaiserlichen Ornat und mit Insignien gezeigt werden. Man hat gefragt, ob sich Karl IV. hier tatsächlich als Christus darstellen ließ. Dass er sich als Vertreter Christi auf Erden sah, hat er jedenfalls selbst in seiner Autobiographie formuliert.45

Abb. 13: Brandenburger Altar (ehemaliger Hochaltar), um 1375, 117 (ohne die etwa 50 cm hohen Wimperge) x 532 cm (geöffnet), Brandenburg an der Havel, Dom, Wikimedia Commons, © Jörg Blobelt

Abb. 14: Flügelaltar, dat. 1415, etwas verändert im 19. Jh., Wernigerode, ehemalige Stiftskirche, Wikimedia Commons, © ErwinMeier

Am Altar von Schloss Tirol wird Maria nicht von Christus, sondern von drei fliegenden Engeln gekrönt, die selbst Kronen tragen. Einer von ihnen gleicht einem Seraph. Mutter und Sohn halten gemeinsam den Reichsapfel, während Christus seine Rechte segnend erhebt. Seine Züge erinnern etwas an die Figur Karls IV. an der Pfarrkirche von Mühlhausen, sodass man sogar an ein „verkleidetes“ Porträt des Kaisers denken könnte.46 Rechts neben dem Thron naht ein Engel mit einem Zepter und einem weiteren Reichsapfel. In alledem „die visuelle Demonstration des Anspruchs der Habsburger auf die Kaiserkrone“ zu sehen, besteht kein Grund, da ihre Chancen auf eine Nachfolge im Reich seit der Geburt von Karls Sohn Wenzel im Jahr 1361 de facto zunichte waren.47 Vielmehr sind die kaiserlichen Insignien hier ein Zeugnis der Ehrerbietung gegenüber dem Kaiser als Vater und Schwiegervater.

Diese demonstrative Bescheidenheit ist wohl auch dafür verantwortlich, dass Albrecht III. und Leopold III. am Altar von Schloss Tirol auf einen Erzherzogshut verzichten.48 Offensichtlich war ihnen noch jener Konflikt in Erinnerung, nach dem ihr Bruder Rudolf IV. seinem kaiserlichen Schwiegervater geloben musste, sich fortan „weder mit keiserlichen oder kuniglichen bogen, crucze, cronen, sceptir, swerte noch in anderen sachen“ präsentieren zu wollen.49 Umso bemerkenswerter ist, dass Elisabeth von Luxemburg, die achtjährige Tochter Karls IV. und Gattin Albrechts III., auf dem Altar eine Bügelkrone trägt.50

In diesem Zusammenhang erhält auch das ritterliche, die Schwerter erhebende Gefolge der Heiligen Drei Könige eine besondere Bedeutung. So las Kaiser Karl IV. beim Gottesdienst mit erhobenem Schwert aus dem Evangelium, wie eine Miniatur der „Grandes Chroniques de France“ belegt.51 Bemerkenswert ist außerdem, dass die Könige bei der Anbetung des Kindes ihre Kronen aufbehalten. Und schließlich wäre auch noch auf den gekrönten Apostel mit dem Weihrauchfass beim Marientod hinzuweisen. Oberhammer identifizierte ihn mit Jakobus dem Älteren, der bereits den Märtyrertod erlitten hatte.52 Da seine Züge entfernt an jene Karls IV. erinnern, ist man auch hier versucht, an ein „verkleidetes“ Bildnis zu denken. Als Parallele wäre an einen der Könige des Morgan-Diptychons in New York zu erinnern, der als Identifikationsporträt des Kaisers gilt.53

Diese Zusammenhänge lassen daran zweifeln, dass der Altar von Schloss Tirol, wie bisher vermutet, erst zu Beginn der Huldigungsreise Albrechts III. und Leopolds III. in Auftrag gegeben wurde. Eher ist davon auszugehen, dass der Anlass seiner Entstehung die Heirat Albrechts und Elisabeths im Jahr 1366 war. Damals wurde der zwischen Kaiser Karl und Rudolph IV. geschlossene Brünner Erbvertrag erneuert, wobei neben Albrecht auch sein Bruder Leopold III. gleichberechtigt aufscheint.54 Diese Vereinbarung sicherte den Habsburgern den endgültigen Besitz Tirols, was die Geste Leopolds erklärt, der sich schützend und bergend über das Wappen des Landes beugt. Da Albrecht und Leopold im Dezember 1366 mit Karl IV. an einem Hoftag in Nürnberg teilnahmen, hatten sie dort wohl Gelegenheit, das eben vollendete Retabel von St. Jakob kennenzulernen, das, wie erwähnt, dem Altar von Schloss Tirol sehr nahe steht. Es ist deshalb zu vermuten, dass die Auftragsvergabe noch im selben Jahr erfolgte und der Kaiser dabei einen wichtigen Anteil hatte. Dies würde nicht nur die stilistische Nähe zum Schaffen seines Nürnberger Hofmalers Sebald Weinschröter, sondern auch die erstaunlich große Zahl von Reliquien erklären, die einst auf Schloss Tirol vorhanden waren.55 Diese könnten, wie im Stift Stams, ein Geschenk Karls gewesen sein, doch fehlen dafür urkundliche Belege. Nachdem 1369 der Streit um Tirol mit den Wittelsbachern im Frieden von Schärding beigelegt werden konnte, war der Weg für die Huldigungsreise von Albrecht III. und Leopold III. durch das neu erworbene Land frei.56 Es spricht daher vieles dafür, dass der Altar spätestens beim Antritt dieser Reise vollendet in der Kapelle von Schloss Tirol stand.

1 Ammann, Gert: Zur Geschichte der Provenienz des Altares von Schloss Tirol, in: Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum 80/2000, Innsbruck 2000, S. 57–66, S. 57, URL: https://www.zobodat.at/pdf/VeroeffFerd_80_0057-0066.pdf (Zugriff: 3. März 2023). An neuerer Literatur wäre zu nennen: Egg, Erich: Gotik in Tirol. Die Flügelaltäre, Innsbruck 1985, S. 51 ff. – Ammann, Gert: Der Altar von Schloss Tirol, um 1370/73, in: Ammann, Gert (Hg.): Sammellust. 175 Jahre Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck/Wien 1998, S. 24 f. – Trattner, Irma: Die Tafelmalerei von 1260/70 bis ca. 1430, in: Brucher, Günter (Hg.): Geschichte der bildenden Kunst in Österreich 2: Gotik, München–London–New York 2000, S. 344–396, S. 540, Kat.-Nr. 279, Abb. S. 167. – Wolf, Norbert: Das Retabel aus Schloss Tirol im Kontext von Kult und politischer Propaganda, in: Krohm, Hartmut/Krüger, Klaus/Weniger, Matthias (Hg.): Entstehung und Frühgeschichte des Flügelaltarschreins, Wiesbaden 2001, S. 111–124. – Wolf, Norbert: Deutsche Schnitz retabel des 14. Jahrhunderts (= Jahresgabe des deutschen Vereins für Kunstwissenschaft 2000/2001), Berlin 2002, S. 152–165, Abb. 92–98. – Kahsnitz, Rainer: Die großen Schnitzaltäre. Spätgotik in Süddeutschland. Österreich, Südtirol, München 2005, S. 23 f., Abb. 4 f. – Frauscher, Edith: Der Altar von Schloss Tirol. phil. Dipl., Universität Wien, Wien 2005. – Kofler Engl, Waltraud: Malerei von 1270 bis 1430, in: Naredi-Rainer, Paul/Madersbacher, Lukas (Hg.): Kunst in Tirol 1: Von den Anfängen bis zur Renaissance, Innsbruck–Wien–Bozen 2007, S. 295– 338, S. 306, 332 f., Kat.-Nr. 215, Taf. S. 444 f. – Hörmann-Thurn und Taxis, Julia/Meighörner, Wolfgang/Mersiowsky, Mark: Der Altar von Schloss Tirol und seine Rückseite. Eine Miszelle zu neuen Forschungsaspekten, in: Wissenschaftliches Jahrbuch der Tiroler Landesmuseen 2011, Innsbruck–Wien–Bozen 2011, S. 72–83, URL: https://www.zobodat.at/pdf/WissJbTirolerLM_4_0073-0082.pdf (Zugriff: 29. April 2023). – Gürtler, Eleonore: Altar von Schloss Tirol, um 1370/72, in: Meighörner, Wolfgang (Hg.): Kunstschätze des Mittelalters, Katalog Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum 2011–2012, Innsbruck 2011, S. 32–45. – Reichart, Helga: Der Altar von Schloss Tirol. Hauptzeugnis der späten Trecento-Malerei im Alpenraum, in: Der Schlern 86 (1), 2012, S. 42–55. – Andergassen, Leo: Schloss Tirol. Residenzburg der Tiroler Grafen, Regensburg 2015, S. 61–65. – Ders.: Aspekte des Kunsttransfers zwischen Österreich und Tirol im Spätmittelalter, in: Haidacher, Christoph/Mersio, Mark (Hg.): 1363–2023. 650 Jahre Tirol mit Österreich, Innsbruck 2015, S. 309– 330, S. 310–313. – Henze, Ulrich: Präsentation und Rezeption: Inszeniertes Heiltum im späten Mittelalter. Zur Interaktion von Bildern und Reliquien 1250–1420, Heidelberg 2019, S. 139–148, Abb. 66–69, URL: http://archiv.ub.uniheidelberg.de/artdok/volltexte/2019/6452 (Zugriff: 14. April 2023). – Wikipedia: Flügelaltar von Schloss Tirol, URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Fl%C3%BCgelaltar_von_Schloss_Tirol (Zugriff: 2. April 2023).

2 Zu den Übermalungen vgl. den Beitrag von Laura Resenberg im vorliegenden Band.

3 Landi, Walter: Joseph von Hormayr zu Hortenburg (1781–1848). Romantische Historiographie im Zeitalter der Restauration zwischen patriotischer Loyalität und liberalen Unruhen, in: Bellabarba, Marco et al. (Hg.): Eliten in Tirol zwischen Ancien Régime und Vormärz (= Veröffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs 31), Innsbruck– Wien–Bozen 2010, S. 385–405. – Wikipedia: Joseph von Hormayr, URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_von_Hormayr (Zugriff: 25. April 2023). – Wikipedia: Alpenbund, URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Alpenbund (Zugriff: 25. April 2023).

4 Morsak, Louis C.: Die herzogliche Altarstiftung für Schloss Tirol. Rechtsdenkmal und Landesheiligtum (= Forschungen zur Rechtsarchäologie und rechtlichen Volkskunde 9), Zürich 1987, S. 123–144.

5 Andergassen: Schloss Tirol (wie Anm. 1), S. 12 f.

6 Ammann: Provenienz (wie Anm. 1), S. 58 f.

7 Zur Restauriergeschichte vgl. den Beitrag von Laura Resenberg im vorliegenden Band.

8 Melly, Eduard: Karl Russ. Umriss eines Künstlerlebens, Wien 1844, S. 19, 22, URL: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10068237?page= (Zugriff: 24. April 2023). – Beaufort, E.: Russ Karl, in: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Bd. 9, Wien 1988, S. 332 f.

9 Hörmann, Julia: Castel Tirolo, Schloss Tirol 2008, S. 52 schreibt hingegen, Erzherzog Johann habe den Altar 1826 von einem gewissen Herrn von Sagburg erworben und dem Ferdinandeum geschenkt, was so nicht der Fall gewesen sein kann.

10 Ammann: Provenienz (wie Anm. 1), S. 60 f.

11 Aichner, Christof: Innsbruck erinnert sich. Die Sill mit Sankt Bartlmä, 28. Juni 2022, URL: https://innsbruck-erinnert.at/die-sill-mit-sanktbartlmae (Zugriff: 5. April 2023).

12 Ammann: Provenienz (wie Anm. 1), S. 57. – Frau Mag. Christina Zenz und Frau Mag. Ulrike Hofer teilten dazu mit: „Dieser Widerspruch hinsichtlich der Erwerbungsgeschichte des Altars besteht und kann leider zum jetzigen Zeitpunkt nicht aufgelöst werden“ (Mail vom 19. April 2023).

13 Ammann: Provenienz (wie Anm. 1).

14 Für das Foto und die Recherchen zum Verbleib der Reliefs sei Frau Mag. Miriam Trojer, der Archiv- und Bibliotheksleiterin des Stiftes, herzlich gedankt.

15 URL: https://lexika.digitale-sammlungen.de/adelung/lemma/bsb00009132_1_0_703 (Zugriff: 3. März 2023).

16 Ob die erwähnten Beschädigungen mit dieser Verwendung als Feldaltar in Zusammenhang stehen, bliebe zu klären.

17 Oberhammer, Vinzenz: Der Altar von Schloss Tirol, Innsbruck–Wien 1948, S. 12 f.

18 Baum, Elfriede: Katalog des Museums mittelalterlicher österreichischer Kunst, Wien–München 1971, S. 21 f., Kat.-Nr. 3; Belvedere Sammlung online: Obervellacher Altar, URL: https://sammlung.belvedere.at/objects/3647/obervellacher-altar (Zugriff: 2. April 2023).

19 Oberhammer: Altar (wie Anm. 17), S. 16.

20 URL: https://www.kulturstiftung.de/maria-ohne-mund/ (Zugriff: 19. März 2023); DEUTSCHE INSCHRIFTEN ONLINE DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 21 (Hans Fuhrmann), URL: https://www.inschriften.net/halberstadt-dom/inschrift/nr/di075-0021.html?tx_hisodat_sources%5Baction%5D=show&tx_hisodat_sources%5Bcontroller%5D=Sources&cHash=42fded7321ee80e5531767fc1081714d (Zugriff: 19. März 2023).

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