Der auf den Menschen geprägte Graupapagei - Gerd H. Hoffmann - E-Book

Der auf den Menschen geprägte Graupapagei E-Book

Gerd H. Hoffmann

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Beschreibung

Alle auf uns Menschen geprägte Graupapageien sind und bleiben Vögel der Wildnis – wollen uns weder lieben noch gehören! Auch sie werden ein Leben lang von ihren Überlebensinstinkten überwacht, die sie vor Gefahren warnen, keine Rücksicht kennen und sich niemals nach den menschlichen Wünschen richten. Fehlt den Liebhabern dieses Wissen, werden sie auch die Gesetze der Wildnis und die Überlebensstrategien dieses hochintelligenten Vogels unterschätzen. Sie werden – trotz großer Vogelliebe – zu spät erkennen, dass sie den enormen Anforderungen der Einzelhaltung kaum gewachsen sind und früher oder später eine »Zeitbombe« zum Ticken bringen, das unumkehrbare »Harakiri« einleiten und ungewollt zum Tierquäler werden. Der Autor gibt einen tiefen Einblick in einundzwanzig Jahre Realität mit seinem Graupapagei-Mädchen. So gelang es ihm und seiner Frau erst nach sechs Jahren (!), den Graupapagei aus dem Teufelskreis der Probleme zu führen und zu einer faszinierenden Persönlichkeit aufzubauen. Es wird erläutert, warum der Vogel bisher nicht erkrankte und sogar das jahrelange Federproblem restlos besiegt werden konnte. Eine Literatur, die mit neuen erstaunlichen Erkenntnissen Zusammenhänge deutlich macht und manch verzweifelten Halter Hilfe sein könnte, die in Klartext geschrieben, Bildung und logisches Denken voraussetzt, die anderen nicht nachplappert und die so praxisbezogen bisher nicht zu finden war.

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Der auf den Menschen geprägte Graupapagei

Die Wahrheit hinter der grauen Fassade

Gerd H. Hoffmann

DER AUF DEN MENSCHEN GEPRÄGTE GRAUPAPAGE

Die Wahrheit hinter der grauen Fassade

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2022

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.dnb.de abrufbar.

Copyright (2022) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Illustrationen © Gerd H. Hoffmann

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

Aus dem Inhalt

Nur der genetische Bauplan kann der Kompass sein

Der neue Weg – auf Augenhöhe des Vogels

Die intakte soziale Gemeinschaft

Der Erwachsen gewordene Graupapagei

Respekt im Umgang mit dem Graupapagei

Nur das richtige Licht gewährleistet Gesundheit

Ernährung – eine wichtige Säule für Gesundheit

Luftfeuchtigkeit und Haltungshygiene

Das Fazit aus 21 Jahren Einzelhaltung

Was gibt’s denn? Lest doch einfach mal, was aus Rosi geworden ist.

Nur der genetische Bauplan kann der Kompass sein

Als ich im April des Jahres 2001 den Schritt zur Haltung eines auf den Menschen geprägten Graupapageien gewagt habe, war das ein Traum seit meiner Kindheit – aus großer Tierliebe und keine plötzliche Laune! Ich wollte einen nestjungen, handaufgezogenen >Grauen< kennen und verstehen lernen, die Verantwortung für ihn übernehmen, und scheiterte schon nach fast zwei Jahren gesunder und faszinierender Entwicklung, um ein Haar an ihm. Mein damaliges Vogelwissen stieß an Grenzen und aus Gutgläubigkeit vertraute ich Ratschlägen, die für unsere Rosi fast in einer Katastrophe endeten. Ich musste bitter zur Kenntnis nehmen, dass es den „erfahrenen Rat“ zur Einzelhaltung gar nicht gibt – wenn ich von den erschreckend realitäts- und wesensfremden Weisheiten mal absehe. Weisheiten, die oft so falsch vertreten und verbreitet werden, langfristig zum Scheitern führen müssen und Tierheime oder Gnadenhöfe füllen!

Beim Besuch einer uns bekannten Papageien-Haltung hatte ich direkten Kontakt mit einem handzahmen Sittich, dessen große Flügelfedern missgebildet waren. Auf meine Frage: ob diese Missbildung eine Krankheit sei, wurde das verneint und angeblich auch vom Tierarzt so bestätigt. Als ich dann drei Wochen später bei Rosi sah, dass sie recht „schwerfällig“ flog, Tage darauf am rechten Flügel ihre ersten drei großen Flügelfedern ausfielen, ahnte ich noch nichts Schlimmes, vermutete die anstehende Mauser und sah es als normal. Da diese drei Federn aber mehrmals nur wie ein Korkenzieher nachwuchsen und immer, bei acht Zentimeter, wieder ausfielen, sah ich das nicht mehr als normal und erfuhr, dass auch die Polyomaviruserkrankung Symptome dieser Art zeigt oder der Standort des Käfigs zu sonnenarm sei – eine Vitamin-D Bildung ungenügend sein könnte. Rosi wurde mehr und mehr flugunfähig, stürzte beim Start vom Käfig oder unseren Fingern oft ab und verlor durch diese schmerzhaften Erfahrungen das Vertrauen, auf unsere Finger zu steigen. Trotzdem war sie lern- und sprechfreudig, kletterte viel und ließ uns keine weiteren Auffälligkeiten erkennen. Deshalb, und weil der Tierarzt das nicht als eine Krankheit sah; wir schon lange geplant, im September 2003, in eine sonnige Wohnung wechseln wollten, hegten wir die Hoffnung, dass sich dort mit ihren Federn alles wieder zum Guten wenden würde. Doch auch in der neuen Wohnung dauerte es noch bis zum Spätsommer 2004, bis ihre Federn endlich nicht mehr missgebildet, wieder normal und gesund, zu voller Größe aus ihren Hülsen wuchsen. Allerdings war unser früher verdientes Vertrauen, nicht mehr das, was es die ersten, fast zwei Jahre war. Durch die relativ lange Flugunfähigkeit war Ihre Brustmuskulatur noch viel zu schwach, um wieder perfekt fliegen zu können. Wenn sie es doch wagte, stürzte sie meistens ab und landete schmerzhaft auf dem Fußboden. Beim Versuch sie wieder hochzuholen, weigerte sie sich stets, auf unsere Finger zu steigen. Sie flüchtete unter den Tisch, wo ein Einfangen enorm stressig wurde. „Nimm ein Tuch und lege es auf sie, dann kannst du sie am Fußboden ergreifen“, so der Ratschlag unseres Bekannten. Als ich diesen beim nächsten Absturz befolgte, entwich Rosi blitzschnell unter dem Tuch und ein furchtbares Angstschreien begann. So kam ich regelrecht vom Regen in die Traufe. Das bisschen Vertrauen schien nun endgültig dahin!? Um das wieder vollständig zu verdienen, vergingen lange sechs Jahre (!). Jahre, in denen wir uns neben unserem bewährten Tierverständnis mit unseren früheren Tieren, auch am Wissen der forschenden Vogelexperten und nach dem Chinesischen Sprichwort: „Wer zur Quelle gelangen will, muss gegen den Strom schwimmen“, zu orientieren versuchten. Dass das ein von ihren Überlebensinstinkten abhängiger und für uns nicht kalkulierbarer Lern- und Bewährungsweg werden und bleiben würde, wir ahnten es nicht ansatzweise. Auf diesem neuen, sehr erkenntnisreichen Weg zur „Quelle“, gelang es uns, wieder eine gesunde, von Vertrauen geprägte soziale Gemeinschaft mit unserem Vogel leben zu dürfen. Was wir dabei für erforderlich sahen, dazu decke ich unsere Einzelhaltung auf. In Klartext berichte ich von der Wahrheit hinter der grauen Fassade unseres Vogels. Auch wenn meine Ehrlichkeit nicht jedem Liebhaber gefallen wird, ich schreibe nur von der Realität, die wir täglich hautnah von der Wildnis zu begreifen lernen mussten. Bildung und das logische Denken, dass nicht schon das Lesen und Verarbeiten meiner Erkenntnisse überfordern, setze ich voraus. Denn ich werde nicht nur unsere Aktivitäten, sondern auch meine Meinung zur Einzelhaltung auf der Grundlage meiner 21 Jahre Erfahrungen vertreten, musste niemandem nachplappern. Wir selbst haben gnadenlos erfahren, dass ein Vogel der Wildnis nicht mit „schlauen Sprüchen“ gesund bleiben kann. Dass sein Immunsystem, vom seelischen Gleichgewicht abhängig, nur dann alle Vitalstoffe gesundheitswirksam verwerten lassen kann, wenn es keinen Dauerstress gibt. Flugunfähigkeit und Vertrauensverlust lösten auch bei Rosi jahrelangen Dauerstress aus. Um diesen zu neutralisieren, schütten die Nebennieren auch ihr Stresshormon Kortisol aus. Bei ihrem Dauerstress vermutlich im Überfluss, sodass dieses Hormon eher schädlich als nützlich und in der Folge nicht nur ihr Immunsystem aus den Fugen geraten ließ. Um diesen Teufelskreis zu verlassen, sahen wir nicht den Tierarzt mit seiner Medizin gefragt – die ja nur die Symptome bekämpft – sondern unsere weitsichtige Fürsorge, um die Ursachen an der Wurzel zu entschärfen. Für uns beide war es offensichtlich, dass nur wir mit unserem mangelnden Wissen die Verursacher unserer Probleme sind, nicht die Einzelhaltung! Auch wir haben die vielen Zusammenhänge der Wildnis völlig unterschätzt. Das hieß: Unseren eigenen Weg konsequent so zu organisieren und zu gestalten, dass er überwiegend Rosis wilden Wurzeln Rechnung trägt – aber auch interessant für sie bleibt. Ohne die Regeln der Wildnis, die Natur unserer >Grauen< im Detail verstehen zu lernen, war das allerdings nicht möglich, wie unsere bittere Erfahrung ja gezeigt hat. Das heißt auch, dass nicht der Mensch, sondern nur die Überlebensinstinkte die Regie in seinem Leben führen und das nicht verhandelbar ist. Dass sie alle unsere zivilisierten Zumutungen stets auf Sicherheit prüfen und erst dann die Weiche in Richtung gesundes Überleben stellen oder gezwungen sind, das seelische zu Grunde gehen einzuleiten. Auch, dass die mit der Evolution erworbene Begabung, ihre Erfahrung, mit den der Situation entsprechenden Laute erfolgreich überleben zu können, keine Verhaltensstörung, sondern ein ganz natürliches Überlebens- und Anpassungswerkzeug ist. Wir erleben mit ihrer aktiven sozialen Beteiligung täglich, sowohl mit dem Nachplappern, als auch mit den der Situation richtigen Laute, dass ihr das, mit dem Erkennen von Zusammenhängen, nur zum Vorteil gereicht und ausgenutzt wird. Deshalb behaupte ich heute: Rosi mag uns sehr, braucht uns und profitiert von unserer Fürsorge, aber lieben wird sie uns deswegen nicht! Für ihre Strategien nur raffiniert ausnutzen, uns niemals gehören wollen – wir ihr aber schon!

19 Jahre gehen wir nun schon konsequent unseren eigenen Weg. Haben sehr viel von unserem Papagei gelernt und sind gemeinsam mit ihm gewachsen. Wir mussten so manche frühere Auffassung korrigieren und erleben täglich, dass ein gesundes, lebensfrohes Zusammenleben mit einem Vogel der Wildnis nur möglich ist, wenn er es will und man sich seinen Regeln, den Regeln der Wildnis unterordnet. Zu akzeptieren, dass sein genetischer Bauplan nur zu den Bedingungen des Regenwaldes, in vielen Millionen Jahren Evolution, gewachsen ist. Es ihm damit nicht einmal möglich war, jedes Territorium seiner Afrikanischen Heimat zu erobern. Dass die Evolution im Wohnzimmer zwar nicht ihr Ende findet, aber die Anpassung an diesen zivilisierten Lebensraum nur begrenzt gesund funktionieren kann. Darin sehen wir unsere Pflicht, eine annähernd, des Regenwaldes ähnliche Haltung zu organisieren – so langfristig ihre Gesundheit sichern zu können. Zur Sicherung Rosis Gesundheit gehört auch, seit dem damaligen Federproblem, dass unsere Besucher zu Rosi Abstand halten müssen. So wollen wir sie vor möglicher Übertragung von Krankheitserregern aller Art schützen. Leider wollen das viele Liebhaber nicht so eng sehen. Sie wundern sich aber, dass es so viele kranke >Graue< gibt. Deren Immunsystem eben nicht immer jeder fragwürdigen Belastung der heutigen Zeit standhalten kann. Es sind ja besonders die >Grauen<, die aus überlebenstaktischen Gründen dazu fähig sind und es ständig beweisen, dass sie mögliche Leiden lange täuschend verbergen können. Oder, bei fehlendem Vertrauen und Verständnis für die nach den Regeln ihrer wilden Wurzeln zu lebenden Art, aus der Bahn geraten. Die sich weder in einem für sie ungeeigneten Lebensraum, noch mit dem aufgezwungenen Menschen oder Partnervogel wirklich wohlfühlen; oft erst nach Jahren an ihrer Unzufriedenheit zerbrechen. Bis hin zur Selbstverstümmelung durch das Federrupfen. Ja, besonders die still abgelehnte Partnerschaft birgt dieses unterschätzte Risiko!

Dass der Umgang mit einem handaufgezogenen, einzelnen Graupapagei auch im Wohnzimmer annähernd nach den Maßstäben der Wildnis organisiert sein muss, das wird mit der heute coolen Lebenseinstellung oft als übertrieben ignoriert. Auch deshalb ist das Scheitern mit dem Graupapagei so oft vorprogrammiert. Doch nicht jeder Einzelhalter scheitert, hat es verdient, als Tierquäler an den Pranger gestellt zu werden. Denn ohne sie, die schon viele Jahre verantwortungsbewusst diese enorme Herausforderung gesund meistern, wüssten wir heute nur herzlich wenig von seinen Strategien. Auch nicht, dass er weder ein Vogel für jedermann sein will, noch sein kann – ihm nur wenige Menschen gewachsen sind. Aber das kann eben nur der belastbar begründen, der mit diesem Vogel schon viele Jahre eng zusammenlebt. Ich hatte bisher oft das Gefühl, dass sich hier so mancher Möchtegern-Experte produziert. Der diesen Vogel selbst nie hautnah erlebt hat oder unfähig dazu war, von ihm gar nicht gewollt, nun jede Einzelhaltung unqualifiziert verurteilen muss. Dazu zähle ich auch so einige Paar- und Gruppenhalter, die, stolz im Internet, mit Videos oder Bildern untermauert, ihre Haltung öffentlich machen; die aus meiner Sicht jenseits von Gut und Böse ist. Auch sie und nicht nur viele Einzelhalter missachten leichtfertig den genetischen Bauplan ihrer Graupapageien. Auch sie suchen Fehler überall, nur nicht bei sich selbst. Reden mit Selbstsicherheit ihre „Haftanstalten“ schön und posten dazu noch haarsträubende Beispiele und Ratschläge in ihren Graupapageien-Infos.

Mit einem Vogel der Wildnis eng zusammenzuleben, der sich noch nie untergeordnet und zum domestizierten Haustier degradieren ließ, der unbeirrt nur nach seinem artspezifischen Bauplan gesund leben kann und nicht nach dem aufgezwungenen wesensfremden, ansonsten das „Handtuch“ wirft, da reicht es bei Weitem auch nicht aus, mal schnell einen >Grauen< als Partnervogel dazuzusetzen und alles wird nun gut. Nein, das kann auch für beide Vögel zur Hölle werden! Da gehören schon mehr Wissen und Aktivitäten ins Feld geführt, so meine Beobachtungen. Einige der Halter meinen sogar fest überzeugt, dass sich die Vögel schon im Laufe der Zeit allen Gegebenheiten bei ihnen anpassen werden. Dem widersprechen aber nicht nur die Problem-Graupapageien energisch, sondern auch die Gesetze der Genetik.

Solche Ansichten lassen schon vermuten, dass hier tiefgehendes Wissen zu fehlen scheint. Auf Menschen geprägt, bedeutet doch keinesfalls das Kappen seiner wilden Wurzeln oder das Auslöschen der Gene, Wesensmerkmale und Instinkte. Auch diesen Vögeln geht es in erster Linie ums Überleben. Mit welchem Partner sie ihr Überleben teilen wollen, wer die Voraussetzungen dafür erfüllt, ist auch bei ihnen vom grünen Licht ihrer Überlebensinstinkte abhängig – ist nicht verhandelbar!

Bei uns hat sich bewährt, dass Rosi in unserer Gemeinschaft mit zwei tierliebenden Personen aufgewachsen ist – die immer für sie da waren. Sie somit von der Möglichkeit des Prüfens und Abwägens unserer Eignung für eine Partnerschaft profitierte, um dann, mit dem Erwachsenwerden, den ihr strategisch wichtigen Partner selbst auszuwählen.

Mit dieser naturgemäßen Auswahl änderte sich bei uns Vieles; musste ich zu akzeptieren lernen, das ich, ihr einfühlsamer enger Vertrauter der Kindheitsjahre, der sie ja aus großer Tierliebe angeschafft hat, ohne ersichtlichen Grund, jetzt nur noch als geduldet, immer mehr in die zweite Reihe degradiert wurde – meine Frau ihren Vorstellungen entsprach. Das war schon enttäuschend für mich, entspricht aber nun mal ihrem Wesen und birgt nicht die Gefahr, dass ich nur von etwas träume, was aber niemals funktionieren wird. Dass wir trotzdem alle beide für Rosi wichtig sind, ihr Begehren zu akzeptieren haben und uns ein Leben lang von ihr vereinnahmen und ausnutzen lassen müssen, dazu wären viele menschliche Schaltzentralen nicht bereit. So weit soll ja die Beziehung nicht gehen – muss sie aber beim einzelnen, handaufgezogenen Graupapagei. Es wird schon nicht so schlimm kommen, er ist doch nur ein Tier, lebt bei uns und wir nicht bei ihm, habe ich oft gehört. Da somit neben Respekt und Achtung auch viel Wissen und die praxisnah aufklärende Literatur, vom handaufgezogenen Einzelvogel, fehlt, versuchen sich die meisten Liebhaber nur auf gut Glück – und scheitern früher oder später jämmerlich. Können sich dann nicht erklären, warum ausgerechnet ihr Vogel zum Problemvogel wurde. Ahnen nicht, dass nur ihre ungewollte Persönlichkeit das Problem sein könnte. Die den Graupapagei nicht wirklich für eine vertraute Partnerschaft überzeugen kann. Ja, es ist die Einzelhaltung, die meistens aufgezwungene Partnerschaft, die für die Mehrzahl der Vögel und ihre Halter auf Dauer nicht zu der Erfüllung wachsen lässt, die sich doch beide Seiten erhofft hatten. Sie ist extrem schwierig, weil sie mit Disziplin und Nachsicht, das Fühlen und Verstehen der Wildnis erfordert; mit hart verdientem Vertrauen viel tiefer gehen muss, als jedermann es zu glauben meint. Weil die Einzelhaltung nicht nur leben mit, sondern für den Vogel bedeutet!

Deswegen sind es nur relativ wenige, handaufgezogene Graupapageien, die wirklich lebenslang so zu vertrauen bereit sind, dass sie das mit den Gesetzen der Wildnis in Einklang bringen können. Und wenn, dann ist es an Bedingungen geknüpft – die heute nur noch wenige Menschen umsetzen können. Glauben Sie mir: Der Graupapagei kann lange und still testen, und nur die Person könnte eine Chance bekommen, die sich als ausgesprochen sympathisch und konservativ-verlässlich bewährt. Die sich im Besonderen für die Verfolgung seiner Ziele auch um die „Kralle wickeln“ und ausnutzen lässt. Alle anderen werden nur raffiniert getäuscht. Auch wenn sie noch so tierlieb sind, bekommen sie den „Fuß nicht in die Tür“, fühlen sich dann bitter enttäuscht und begehen Fehler. Da aber auch der oder die „Auserwählte“ nicht weiß, ob es dann auch in den nächsten Jahren noch berufs- oder familienplanerisch möglich ist, sich vom Vogel weiter so vereinnahmen lassen zu können, damit der nicht durch eine ungewollte Pflegeperson seelisch zu Grunde geht, sollte man besser die Finger vom Einzelvogel lassen.

Das Zusammenleben mit handaufgezogenen Graupapageien wird schon seit Ewigkeiten praktiziert und daran wird sich auch nichts ändern. Nur wie cool und wesensfremd das als selbstverständlich umgesetzt, wie egoistisch versucht wird, den genetischen Bauplan, durch das Aufdrücken menschlicher Ansichten, zu ignorieren oder auszuhebeln, das ist erbärmlich. Nein, ich will nicht alle und alles kritisieren. Es geht mir nur um die Vertreter der andauernden Respektlosigkeit. Die alles besser wissen und kleinreden, die über der Natur stehen wollen. Deren Käfig oder Voliere mit Seilen, Ästen und buntem Spielzeug zur Selbstbedienung regelrecht vollgestopft, der sozialen Seele aber nichts Wichtiges tun kann. Dieser hochintelligente Papagei will dazugehören, will ständig gefordert werden und integriert auch „Mitreden“ dürfen.

Doch tadellose Haltungen gibt es zum Glück noch in jeder Haltungsform. Nur sie können Vorbild sein und wir vergleichen sie stets mit unserer Haltung. Suchen nach Anregungen und umsetzbaren Ideen und haben viel gelernt. So denke ich heute schon: Ja, unser eigener Weg, das Orientieren an der „Quelle“, unser großer Respekt vor den Überlebensinstinkten haben sich bewährt. So halten wir bereits 21 Jahre, mit gewachsener, lückenloser Gewährleistung einer stabilen sozialen Gemeinschaft, mit regenwaldähnlichen Bedingungen und solider Haltungshygiene, ein Graupapageien-Mädchen, das sogar ihr jahrelanges Federproblem restlos besiegen konnte. Bis jetzt keine Aspergillose erfahren musste und auch keinen Tierarzt benötigte. Die weder zum Schreihals, noch zu einer Klette geworden ist. Mit der Respektierung ihres genetischen Bauplanes, dazu die bedarfsgerechte Ernährung und dazugehören zu dürfen, hat mir unsere seit 19 Jahren veränderte Praxis gezeigt, dass viele der Probleme überwiegend hausgemacht, auf Halterversagen beruhen und vermeidbar sein könnten. Ein Vogel der Wildnis nicht zwangsläufig zum Verlierer werden muss. Aus unseren Beobachtungen, wie sie schon auf kleinste Veränderungen mit ihrer Art zu kommunizieren reagiert, ziehen wir zeitnah Schlussfolgerungen, gehen mit Augenmaß und Respekt darauf ein, versuchen uns auf ihrer Ebene auch als Ihresgleichen zu verstehen zu geben und haben gelernt, mit einem gesunden Graupapagei im Wohnzimmer zu leben. Wo keinesfalls der respekteinflößende Schwarm für intelligente Sicherheit erforderlich ist, sondern auch die Erfahrungen mit dem kleinen Familien-Schwarm Garant für Geborgenheit sein können. Ohne tiefgründiges Wissen, viel Zeit und ein außergewöhnliches Tierverständnis, ohne Bereitschaft, sich vom Vogel rund um die Uhr sehr raffiniert vereinnahmen zu lassen und damit große Abstriche der eigenen Lebensgewohnheiten hinnehmen zu müssen, auch das Verzichten und geschickte Unterordnen zu lernen, geht beim Graupapagei nicht viel.

Für das richtige Verstehen seines Vogels muss man auch wissen: Bei der Handaufzucht des Graupapageien läuft der gleiche Prozess der Prägung ab, wie bei einer Naturbrut; wo jedes Vogel-Küken etwas ganz Natürliches erwartet und in der Regel auch bekommt. Das aber in fast allen Fällen urplötzlich und viel zu zeitig beendet wird – die lückenlose, Erfahrung vermittelnde Geborgenheit der Eltern-Kind-Bindung.

Nach dem Schlüpfen aus dem Ei, mit dem einige Tage später erstmaligen Öffnen der Augen, wo das Vogel-Küken heute leider immer öfter aus einem Brutkasten kommend nicht seine leibliche Vogel-Mutter, sondern eine menschliche Person als erste zu sehen und zu hören bekommt, beginnt in den ersten nur wenigen Stunden die sensible Prägungsphase. Die dabei zuerst erblickte Person, wird der kleine Vogel dann in einer lückenlos-anschließenden Kennenlernen und Bindungszeit, vielleicht zuerst als Artgenosse, aber mit Sicherheit als Elternteil zu vertrauen lernen. Diese Vorgänge sind vom Grundsatz her „naturgemäß“ und auch erforderlich – sind von entscheidender Bedeutung für die gesunde Zukunft jedes >Grauen<. Sollte die aufziehende Person wechseln, das Küken keinen ununterbrochenen Mutter-Kind-Kontakt mit seiner geprägten, vertrauten ersten Person erleben und dabei sehr intensiv von ihr lernen, vergleichbar wie beim Menschen auch, dann kann schnell das Fundament, als wichtige Grundlage für ein später gesundes Vogelleben, ins Wanken geraten. Wurde oft nur der Grundstein für die späteren Verhaltensstörungen gelegt. Dazu kommt bei der Handaufzucht, auch vergleichbar zur menschlichen Mutter mit ihrer wertvollen Muttermilch, die fehlende Ernährung aus dem Kropf der Elterntiere. Wo die teils vorverdaute, mit Enzymen vermischte Nahrung, die lebenswichtige Darmflora aufzubauen und das angeborene Immunsystem zu stärken helfen. Unwissende Halter sich mögliche Krankheiten oder Verhaltensstörungen in der Folgezeit nicht mal ansatzweise erklären können. Ungewöhnlich an dieser heute gewollten, aber selten notwendigen Praxis der Handaufzucht, ist diese enorme Herausforderung für seine Gesundheit, mit seinem Vogel eine soziale, psychisch stabile Gemeinschaft leben zu müssen. Deshalb ist mir wichtig, dass Sie auch auf den nachfolgenden Seiten die Problematik >Leben für den Einzelvogel< selbst erkennen. Bei all Ihrer Vogelliebe meine Warnungen vor diesem Kraftakt verstehen. Ich will Ihnen aus unserer Praxis vor Augen führen, was es heißt: Tagein, tagaus, fürsorglich und lehrend, wie mit dem eigenen Kind, möglichst immer in der Nähe seines gefiederten Partners, mit den Ansichten eines Vogels der Wildnis und seiner kaum zu glaubenden Intelligenz, verständnisvoll und nachsichtig umgehen zu müssen. Es wird ja nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird, sagen Sie? Sie ahnen nicht einmal annähernd, wie heiß ein Graupapagei servieren kann und wie schnell und nachhaltig sich vor Ihnen schon die Mehrzahl der Halter daran verbrannt hat. Denn nicht nur, wenn er sein Unbehagen zum Ausdruck bringen will, sondern auch, wenn er sich in seiner Gemeinschaft wohl, sozial geborgen und respektiert fühlt, lebt er seine Gefühle stimmgewaltig, emotional und mit viel Raffinesse auch besitzergreifend. Unbeeindruckt jedes zivilisierten Verständnisses und aller Versuche, seine oft nervenaufreibenden Aktivitäten unterbinden zu wollen. Provoziert damit viele Halter und deren Nachbarn bis über den Rand des Erträglichen und leider auch zu Fehlern. Dabei will er nur verstanden werden, sich einmischen dürfen und seinen Menschen Wohlfühlen oder Frust zeigen. Glauben Sie mir, er beobachtet jede Kleinigkeit, hört jedes Wort und speichert alles ab. Lebt intelligent von und mit diesen Erinnerungen. Lernt besser mit Ihnen umzugehen, als Sie mit ihm. Zeigt seine Stärken nicht sofort und vermittelt meistens den Anschein, kein Wässerchen trüben zu können, aber in ihm steckt wilde Natur. Er weiß ganz genau, was er will, trifft seine Entscheidungen nur nach den Sicherheitsmaßstäben der Wildnis und erst dann, wenn er davon überzeugt ist, alles unter Kontrolle hat. Dabei ist er in für ihn unsicheren Situationen trotzdem dringend auf die Unterstützung, mit immer den gleichen beruhigenden Worten, durch seine vertrauten Menschen angewiesen. Das alles zu verstehen, wo eins und eins beim Graupapagei nicht immer zwei sind, gleicht oftmals einer regelrechten Wissenschaft. Gelingt nur mit viel Geduld, sehr starken Nerven und fundiertem Wissen im Umgang mit ihm, aber niemals mit dem Ausloten seiner Belastbarkeitsgrenzen. Oft werden im Rahmen der persönlichen Lebensgestaltung, aus Unwissenheit oder haarsträubenden Ratschlägen, die scheinbar gute individuelle Anpassung an vorhandene Gegebenheiten seiner Umwelt falsch verstanden, eben nicht als instinktive Überlebensstrategie erkannt. Mit folgenschweren Auswirkungen für die Zukunft. Mit der Meinung: Er ist ja in Menschenhand, im Klima Deutschlands und nicht unter Seinesgleichen im Regenwald geboren, muten ihm Halter völlig wesensfremde Umgangs-, Haltungs- und Ernährungspraktiken zu. Die er versucht, je nach Persönlichkeitstyp, oft über Jahre zu lernen und zu bewältigen. Die aber den einen früher, den anderen später, unwiderruflich aus der Bahn werfen können. Die ich als Folter seiner Gene bezeichne. Nein, er wird wohl kaum den Regenwald beanspruchen wollen, aber alle damit verbundenen ähnlichen Bedingungen zum Leben. Die im Erbgut seit vielen Millionen Jahren festgeschrieben sind, die er von den Eltern so weitervererbt bekommen hat. Die ihn als Afrikanischen Graupapagei und nicht als Deutschen Sperling auszeichnen.

Wem seine Ansprüche nicht schon vor der Anschaffung bekannt sind, der kann und wird mit dem >Grauen< sein „blaues Wunder“ erleben. Und der hat locker das Potential dazu, Ihre Nerven „glühen“ zu lassen. Auch wird Ihnen keiner sagen können, mit welcher Wesensstärke, welchen Erbanlagen er aus dem Ei geschlüpft ist. Welche Erfahrung er schon in einer Vogelhandlung oder beim Vorbesitzer sammeln musste oder welchen Charakter er mit Ihren Fehlern oder Können ausleben wird. Die meisten Liebhaber gehen der Faszination Jungvogel „auf den Leim“. Doch auch der wird schon von seinen Überlebensinstinkten überwacht und entscheidet auf seinem Weg zum Erwachsenwerden nach deren Vorgaben und nicht nach Ihren Wünschen. Auch wenn sein Verhalten das manchmal nicht vermuten lässt. Und genau das macht die in der Regel aufgezwungene menschliche Partnerschaft mit einer Handaufzucht nicht berechenbar. Kein Mensch würde sich mit dem aufgezwungenen Partner wohlfühlen, warum dann der Graupapagei? Deshalb rate ich bei Handaufzuchten nicht gern zur Umstellung auf die Paarweise Haltung. Durch die Prägung ist der Mensch genauso interessant und oft passiert es, dass einer des zusammenwachsen sollenden Vogelpaares, weiterhin auch bei seinem Menschen das Glück versucht. Ein Wechselbad der Gefühle ihn aus der Bahn werfen kann. Ich will nicht leichtfertig zu einer Haltungsform auffordern, die durchaus gelingen kann, aber viel Weitsicht und Sachkenntnis erfordert. Der Vogel auch schnell vom Regen in die Traufe geraten könnte. Es gibt viele Möglichkeiten zur Verbesserung einer schon Jahre bestehenden Einzelhaltung, wenn, aus welchen Gründen auch immer, ein Einzelvogel ans Herz gewachsen ist. Wichtig ist, dass man Stress schnell erkennt und an seiner Wurzel entschärft, damit man sich später nicht chancenlos mit seinen Symptomen herumzuschlagen hat. Wenn er zum Schreihals geworden, die Federn ausreist oder seine Nase bereits zu tropfen beginnt. Ihm für ein starkes Immunsystem mal das Gefühl seines natürlichen Lebensraumes des Regenwaldes, auch im Wohnzimmer annähernd erleben zu lassen. Ihm nicht leichtfertig den genetischen Bauplan einer Vogel-Art überstülpen zu wollen, die sich unter völlig anderen klimatischen Bedingungen entwickelt hat. Da aber auch jeder Graupapagei innerhalb seiner genetischen Grenzen, dem Erbgut, variiert, spielen für die Entwicklung seines Charakters viele Faktoren eine Rolle – wie ich bereits schrieb, gibt es kein Umgangs-Patent-Rezept. Für die nach seiner Art zu leben wichtigen Grundregeln, aber schon. Über deren Schatten kann auch er nicht springen, wenn er gesund bleiben will. Diese so wichtigen Grundregeln sind, als tragende Säulen jeder Haltung, das A und O. Wo ein >Grauer< eine gewisse Toleranz erlaubt, ist innerhalb seines genetischen Rahmens verschieden und bleibt allein sein Geheimnis. Deshalb sind für ein solides Fundament schon von Geburt an alle Säulen wichtig. So achten wir besonders auf die soziale Säule. Das konservativ-vertraute und damit stressfreie Miteinander für ein stabiles seelisches Gleichgewicht.

Aber lesen Sie bitte selbst, mit welchen Aktivitäten wir unseren neuen Weg mit Rosi so zu gestalten versuchen, dass er ihrer Natur annähernd entspricht. Von einer spannenden Entwicklung, die wir so nie vermutet hätten. Welchen entscheidenden Beitrag meine Frau dabei geleistet hat, Rosis Immunsystem wieder auf starke Füße zu stellen – wo nicht nur das Fliegen wieder perfekt wurde. Wir gewährleisten ihr ja das Dazugehören auf Augenhöhe. Ein Versuch, der sich als Erfolg erwiesen hat. Doch stets bewusst, dass Graupapageien keine Erfolgsgarantien geben!

Heute staunen wir selbst, wie wir das fast sechs Jahre durchhalten konnten. Trotz, aus unserer Sicht intakter sozialer Gemeinschaft, haben wir ständig, die Überlebensinstinkte im Nacken, an Ecken und Kanten „gefeilt“ und probiert und die Hoffnung nie aufgegeben, unsere Rosi wieder so lebenslustig und zutraulich zu erleben, wie wir das in ihren ersten, fast zwei Lebensjahren erlebten. Erst mit dem Verstehen lernen ihres Regelwerkes, konnte sich wieder nach und nach eine dauerstressfreie Seele bei ihr entwickeln. Das bestätigte sich unmissverständlich, aber eben erst nach sechs langen Jahren (!), Ende April des Jahres 2008, über Nacht und für uns beide völlig überraschend.