Der Betrug an Max von Braumann - Bea Eschen - E-Book

Der Betrug an Max von Braumann E-Book

Bea Eschen

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Beschreibung

Max von Braumann steckt in einer schweren Krise. Mit dem Verlust seiner geliebten Mutter, dem Scheitern seiner Ehe und dem Bankrott liegen seine Welt und seine Hoffnungen in Trümmern. Erschwerend kommt hinzu, dass sich sein langjähriger Freund als heimtückischer Feind entpuppt und sich seine eigenen Kinder in rätselhaftes Schweigen hüllen. In einem verzweifelten Versuch, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen, fasst Max den mutigen Entschluss, eine Reise anzutreten. Doch was als Suche nach Abenteuer und Neuanfang gedacht war, entwickelt sich in eine völlig unerwartete Richtung. Sein Schicksal nimmt eine dramatische Wendung, als er einen Flugzeugabsturz im unerforschten bolivianischen Regenwald überlebt. Dort, fernab der Zivilisation, kreuzt sich sein Weg mit dem eines kleinen Mädchens, das wie er das Unglück überlebt hat. Aus den ungleichen Schicksalsgenossen werden unzertrennliche Gefährten. Gemeinsam stellen sie sich den gefährlichen Herausforderungen des undurchdringlichen Dschungels. Max, der einst an den Klippen seiner Existenz zu scheitern drohte, sieht sich nun mit der Prüfung des Überlebens in einer gnadenlosen Umgebung konfrontiert. Die Suche nach Nahrung und Wasser wird zum täglichen Kampf, der zerbrechliche Glaube an sich selbst zum ständigen Begleiter. Während er ums Überleben kämpft, trägt Max auch die Verantwortung für das kleine Mädchen auf seinen Schultern. Zwischen den schwindenden Vorräten und der bedrohlichen Wildnis entsteht eine bemerkenswerte Verbindung. In diesen dunklen Stunden des Kampfes und der Einsamkeit entdeckt Max eine ungeahnte Stärke in sich und eine tiefe Verbundenheit mit seiner Gefährtin. In den Weiten des unbekannten Regenwaldes, wo die Gesetze der Natur den Takt vorgeben, findet Max einen neuen Sinn für sein Leben. Jeder Schritt durch das Dickicht wird zu einer Reise der Selbsterkenntnis, jedes Hindernis zu einem Sprungbrett für seine Verwandlung.

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DER BETRUG

AN MAX VON BRAUMANN

BEA ESCHEN

Druck und Distribution im Auftrag der Autorin: tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg

Copyright © 2022 by Bea Eschen

Alle Rechte vorbehalten.

Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung der Autorin in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen elektronischen oder mechanischen Mitteln, einschließlich Datenspeicherungs- und Abrufsystemen, reproduziert werden.

INHALT

Vorwort

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Bücher und Kurzgeschichten von Bea Eschen

VORWORT

Es handelt sich hierbei um ein fiktives Werk. Namen, Charaktere, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder das Ergebnis der Phantasie der Autorin oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, lebendig oder tot, oder mit tatsächlichen Ereignissen ist rein zufällig.

KAPITEL1

„Warum nur“, fragte sich Max, während er mit seinem Spiegelbild redete, „warum will Klaus mir keinen Kredit geben? Für ihn sollte das kein Problem sein! Er prahlt doch immer, wie erfolgreich sein Geschäft läuft! Sein Haus ist abbezahlt, seine einzige Tochter ist bereits verlobt … warum nur? Wir waren doch immer beste Freunde!“

Max stand vor dem Badezimmerschrank und klappte die Seitenspiegel auf, damit er sich von hinten sehen konnte. Die ersten Locken bildeten sich um den Hinterkopf herum, sein graues Haar wuchs schnell. Er hasste Veränderungen, aber durch den Schlamassel der letzten Monate hatte er gelernt, mit Veränderung leben zu müssen. Und jetzt wollte er sich verändern, auch wenn es nur mit längerem Haar anfing. Max strich sich über sein Kinn. „Auch rasieren werde ich mich erst einmal nicht mehr, ich lass den Bart ganz einfach wachsen!“ Er sah sich prüfend in die Augen. „Warum habe ihn nicht gefragt, warum er mir kein Geld leihen will?“ Er atmete tief ein. „Weil ich ein Feigling bin! Weil ich Angst vor der Wahrheit habe!“ Entschlossen kramte er sein Handy aus der Hosentasche und beauftragte Siri, Klaus Biederhahn anzurufen. Schon klingelte es am anderen Ende.

„Klaus hier!“, hörte Max die Stimme seines langjährigen Freundes sagen.

„Ich bin es, Max.“

„Hallo Max, was kann ich für dich tun?“

„Nun“, … Max holte tief Luft, „warum willst du mir keinen Kredit geben?“

„Ach Max“, Klaus räusperte sich, „darüber wollte ich mit dir sowieso sprechen. Können wir uns heute Abend um neunzehn Uhr in der Eckkneipe treffen?“

„Alles klar, bis dann“, sagte Max und drückte die Taste, um das Gespräch zu beenden.

Am Abend ging Max schon früh los, um den Besuch in der Kneipe vorher mit einem Spaziergang zu verbinden. Er wollte sich auf das Treffen innerlich vorbereiten. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass es etwas gab, das er nicht wusste. Etwas Schwerwiegendes, womit er nicht rechnete.

Pünktlich um neunzehn Uhr trat er ein. Klaus saß bereits an dem Tisch, an dem sie sich seit Jahren trafen. Wie immer, hatte er ein schon ausgetrunkenes Glas vor sich stehen. In dem Moment, als Max sich setzte, servierte die Kellnerin gerade sein nächstes Bier. „Für mich auch eins, bitte“, sagte Max lächelnd zu der Bedienung. Er freute sich jedes Mal, wenn Claudia Dienst hatte. Sie war hübsch und jung und hatte einen wunderschönen Körper, den sie durch enge schicke Kleidung noch betonte. „Gerne“, lächelte sie zurück.

„Wie geht’s dir?“, fragte Klaus.

„Als wenn du das nicht wüsstest!“, antwortete Max. „Die Frage habe ich noch nie gemocht!“

„Tut mir leid“, sagte der Freund und nahm einen kräftigen Schluck, bevor er das Gespräch wieder aufnahm. „Ich habe einen Vorschlag zu machen.“

Max sah auf. Claudia stellte ein Bier vor ihn.

„Erst einmal Prost.“ Klaus hielt sein Glas hoch und die beiden stießen an.

„Also, was ist dein Vorschlag?“, fragte Max ungeduldig.

„Ich möchte dir die Brauerei abkaufen. Ich würde sie von Grund auf erneuern und neue, organische Biere anbieten. Die Rezepte habe ich schon.“

Max verschluckte sich und hustete heftig. „Wie bitte?“

„Nun“, sagte Klaus, „es würde dich finanziell und auch mental entlasten. Du bist überarbeitet, gestresst und seit dem Tod deiner Mutter deprimiert.“

Max wusste plötzlich nicht mehr, wie es um ihn geschah. Die Tränen kamen vollkommen unerwartet und liefen an seinen Wangen hinunter. Er schluchzte heftig und fuhr sich mit den Händen übers Gesicht.

„Beruhige dich doch“, sagte Klaus und legte dem Freund einen Arm um die Schultern. „Es ist doch nur ein Vorschlag. Du brauchst ihn nicht anzunehmen, wenn du nicht willst.“

Die hübsche Claudia brachte zwei Kurze und sah Max besorgt an. „Das geht aufs Haus.“

„Danke“, sagte Max. Endlich bekam er das Schluchzen unter Kontrolle und trank den Schnaps in einem Zug leer. Er stand auf. „Ich gehe jetzt, werde darüber nachdenken.“

„Alles klar“, rief Klaus ihm hinterher.

Ziellos lief Max in der Stadt herum. Wirre Gedanken schwirrten ihm im Kopf herum. Wenn Klaus die Brauerei kaufen würde, könnte ich vielleicht weiterhin dort arbeiten. Die Idee gefiel ihm, denn dann müsste er sich wenigstens nicht von dem Geschäft trennen, für das er jahrzehntelang gekämpft hatte. Die Energie, die er aufgebracht hatte, seinen längst verstorbenen Vater von seinen Ideen zu überzeugen, der immer nur alles so lassen wollte, wie es war.

Er mied den Stadtpark, aus dem Grölen und laute Musik drang. Vielleicht wäre es besser, wenn ich gehen würde. Weg von allem. Eine radikale Veränderung. Weg von Barbara, weg von der Villa, weg von Gertrud und Otto, weg von den Kindern. Sie alle sehen mich seit geraumer Zeit an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank!

Genau, das würde er tun. Er würde Barbara um eine Scheidung bitten. Sie ignorierte ihn doch nur noch. Gab es noch etwas zwischen ihnen, dass sie zusammenhalten könnte? Max schüttelte entschieden mit dem Kopf. Wenn sie einwilligte, würde sie ihm die Hälfe für die Villa auszahlen müssen. Das wären mindestens dreihunderttausend Euro. Es sollte für sie bei ihrem Einkommen kein Problem sein. Wenn sie ablehnte, dann müsste die Villa verkauft werden. Ein Stich ging ihm durchs Herz. Was würde aus Gertrud und Otto werden? Sie müssten ihnen eine Abfindung zahlen. In ihrem Alter würden sie nur noch mit viel Glück neue Arbeit finden.

Max lief und lief, bis er nicht mehr wusste, wo er war. Erschöpft sackte er auf einer Bank in einer Bushaltestelle zusammen und nickte ein.

Als er im Morgengrauen wach wurde, fühlte sich alles gut an. Er hatte eine Entscheidung getroffen, die sich so tief in ihm verankert hatte, dass er es kaum abwarten konnte, seiner Familie davon zu erzählen.

Barbara war in seinen Augen nie eine gute Mutter gewesen. Die Kinder liefen für sie nebenbei, weil sie in der Hauptsache mit sich selbst beschäftigt war. In den letzten Jahren hatte sie sich viel zu sehr mit ihrer Kunst und Poesie beschäftigt, was ihren Fokus von den Kindern nahm. Außerdem verbrachte sie unendlich viel Zeit mit Arztbesuchen, um herauszufinden, warum ihre Beine nicht funktionierten. Sie ging von einem Spezialisten zum nächsten, weil keiner eine Ursache fand. Immer wieder wurde ihr gesagt, dass es keinen körperlichen Grund für ihre Bewegungsunfähigkeit gab. Max dachte, dass es mit ihren Depressionen zusammenhing, da Barbara oft über Mangel an Energie klagte. Auch hatte sie seit Jahren kein sexuelles Verlangen gehabt. Max führte es auf ihre schlechte Beziehung zurück, und seine ständige Abwesenheit von zu Hause hatte sicherlich auch zu ihrer Depression und Vereinsamung beigetragen. Dennoch fand er es seltsam, dass sie es vorzog, im Rollstuhl zu sitzen, obwohl sie in unbewachten Momenten aufstand, um auf die Toilette zu gehen oder sich ins Bett zu legen. Wollte sie Mitleid oder Aufmerksamkeit erregen? Wenn er sie darauf ansprach, folgte tagelanges Schweigen. Sie zog sich völlig in sich selbst zurück und war beleidigt. In der Regel folgte dann ein weiterer Termin bei einem neuen Arzt.

Zuerst würde er seinen Kindern Bescheid geben, dass er für immer gehen würde. Julia und Alex waren, seitdem seine Mutter tot war, Einzelgänger geworden. Kein Wunder, denn ihre Oma war praktisch sein Ersatz zu Hause gewesen.

Als sie noch lebte, hatten sich seine Kinder regelmäßig mit ihren Freunden getroffen und Partys gefeiert, so wie das Teenager tun. Aber seitdem die Oma tot war, hatte sich besonders Alex in sich zurückgezogen. Er sprach kaum noch und wollte nur noch in seinem Zimmer sein. Das war ungewöhnlich für den Jungen, der sonst viel lachte und immer wissen wollte, was los war. Julia versuchte ihn mit allen möglichen Mitteln aufzuheitern. Obwohl sie früher viel gestritten hatten, waren sie in der letzten Zeit ein richtig enges Team geworden. Das fand Max großartig. Er bewunderte seine Kinder, vor denen er Scham und Reue empfand – er war sich nur allzu bewusst, dass er sich immer viel zu wenig um sie gekümmert hatte. Vielleicht würden sie sich dennoch entscheiden, mit ihm zu gehen. Aber wollte er das?

Er verbrachte den Morgen in einem Café und bestellte sich einen Kaffee nach dem anderen. Appetit hatte er nicht. Dann rief er Klaus an.

„Hallo Max“, beantwortete der das Telefonat. „Hast du dich von meinem Vorschlag erholt?“

„Ja“, antwortete Max, „und ich habe eine Entscheidung getroffen. Ich nehme deinen Vorschlag an, obwohl ich sagen muss, dass ich enttäuscht von dir bin. Du ziehst einen Vorteil daraus, dass es mir schlecht geht. Wir sollten den Wert der Brauerei begutachten lassen, damit du mir eine gerechte Summe dafür geben kannst.“

„Ehrlich gesagt hatte ich mir schon eine Summe ausgedacht, die eigentlich alles in Betracht zieht“, sagte Klaus. „Wir würden auch die Kosten für die Bewertung sparen.“

„Und die wäre?“

„Nun“, wieder dieses peinliche Räuspern am anderen Ende, „ich dachte an zweihunderttausend Euro.“

„Ich hatte das Doppelte im Kopf“, entgegnete Max ohne zu zögern. „Schließlich kaufst du den guten Ruf des langstehenden Geschäftes mit.“

„Ich kaufe dir aber auch deine Schulden ab!“, entgegnete Klaus.

Es entstand eine längere Pause. Nur ein Knistern in der Leitung war zu hören.

Klaus hatte sein Angebot extra niedrig angesetzt, damit Max die Chance hatte, den Preis noch hochzuhandeln, um es fair klingen zu lassen. „Vielleicht können wir uns in der Mitte treffen“, schlug er vor.

Max schluckte. Dieser unverschämte Kerl behandelt mich wie einen Idioten. Er sagt das nur, um falsches Mitgefühl zu vermitteln. „Mit dreihunderttausend wäre ich einverstanden“, antwortete er.

„Dann sollten wir uns einen Termin beim Rechtsanwalt einholen. Hat Barbara auch ein Mitentscheidungsrecht?“

„Nein, hat sie nicht. Ich bin der alleinige Besitzer.“

„Ich melde mich“, beendete Klaus das Gespräch.

Max ging schnurstracks zum Gymnasium, um dort seine Kinder nach Schulschluss anzutreffen. Von Weitem sah er sie kommen. Sein Herz fing an zu pochen. Es war die letzte Chance, seiner Entscheidung zu entkommen. Aber nein, er blieb stehen und winkte ihnen zu. Erstaunt machten sie vor ihm Halt.

„Was machst du denn hier?“, fragte Julia. „Bist du okay?“

„Ja, bin ich. Ich wollte mit euch sprechen.“

„Jetzt?“

„Ja. Ich lad euch zum Mittagessen in der Schenke ein.“

Die beiden sahen sich kurz an. Es war äußerst ungewöhnlich, dass ihr Vater sie an einem ganz normalen Wochentag von der Schule abholte und sie auch noch zum Essen einlud. Meistens sahen sie ihn lediglich kurz am Wochenende, und das nur, wenn er ausnahmsweise mal nicht in die Brauerei ging.

„Ihr dürft euch bestellen, was ihr wollt“, bot Max seinen Kindern an, als die Bedienung die Menükarte brachte.

Wieder sahen sich die Geschwister kurz an.

„Gut“, sagte Alex. „Ich nehme eine Meat-Lover-Pizza, eine Limonade und zum Nachtisch den Eisbecher mit Schokosoße und extra Streuseln.“

„Und ich nehme …“ Julia trommelte mit den Fingern auf den Tisch, „Steak mit Pommes Frites, eine Cola und auch den Eisbecher als Nachtisch.“

„Für mich bitte auch das Steak“, bestellte Max, „und ein Bier.“

Die Bedienung verschwand und kam kurz darauf mit den Getränken zurück.

Julia und Alex sahen ihren Vater gespannt an. „Also, raus mit der Sprache, was ist los?“

Max trank einen Schluck. „Ich will, dass ihr es zuerst erfahrt. Ich werde eure Mutter um die Scheidung bitten und das Haus verlassen. Klaus hat mir angeboten, die Brauerei zu kaufen. Ihr habt es bestimmt mitbekommen, ich bin pleite und kann nicht mehr.“ Er merkte, wie die Tränen drohten aufzukommen.

„Wow“, brachte Alex heraus und starrte seinen Vater an.

„Meinst du das ernst?“, stieß Julia heraus. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Wo willst du denn hin?“

„Das weiß ich noch nicht. Alles, was ich weiß, ist, dass ich eine radikale Veränderung in meinem Leben brauche, damit ich wieder zurechtkomme.“

„Und was wird aus uns? Willst du, dass wir bei Mutter bleiben?“, fragte Julia, während sie mit zitternden Händen ein Tempotaschentuch aus der Packung zog.

„Ich glaube, ihr seid bei Mutter, und besonders bei Otto und Gertrud, weiterhin gut aufgehoben. Für euch wird sich nichts ändern, nur dass ich nicht mehr nach Hause komme.“

„Du warst doch sowieso nie zu Hause“, warf Alex ein.

„Das tut mir sehr leid“, sagte Max.

„Ist schon gut … ist jetzt sowieso zu spät.“ Alex' Sarkasmus kam zum Vorschein, den er in Situationen an den Tag brachte, mit denen er nicht umzugehen wusste. „Vielleicht treffen wir uns ja mehr, wenn du erst einmal weg bist.“ Er grinste. Julia zog ebenfalls eine Grimasse.

„Guten Appetit“, wünschte die Bedienung, als sie die Teller serviert hatte. Die drei ließen es sich schmecken, die Stimmung war trotz der Neuigkeiten gut. Max wunderte sich darüber, schüttelte aber das Gefühl ab, dass seine Kinder eher erleichtert als traurig waren.

Es graute ihm davor, abends seiner Frau Barbara Bericht zu erstatten. Ruhig und gelassen saß sie in ihrem Rollstuhl und malte, während er ihr von seiner Entscheidung erzählte. Sie nahm es hin, ohne das Malen zu unterbrechen oder sich auch nur einmal zu ihm umzudrehen. Als er fertig war, betrachtete er ihr noch unfertiges Werk. Das Gemälde zeigte eine groteske Figur, die sich nach dem Licht ausstreckte, das von oben in das dunkle Loch schien, in dem sich die Figur befand. Alles an dem gemalten Körper war konturlos, als wären die einzelnen Körperteile verwischt. Nur die ausgestreckten Arme waren klar erkenntlich.

„Hast du irgendetwas dazu zu sagen?“, fragte Max.

Für einen kurzen Moment hielt sie inne. „Ich werde dich für die Villa auszahlen. Ich bleibe mit den Kindern und Otto und Gertrud hier.“

„Alles klar. Ich gehe jetzt packen.“ Kurz vor der Tür drehte er sich noch einmal um, um das Gemälde aus der Ferne anzusehen. Barbara tauchte gerade den Pinsel in eine gelb-orange Farbmasse, die sie selbst auf der Palette gemischt hatte und begann, eine wunderschöne Sonne zu malen. Sie malte sie so schnell, als hätte sie das schon tausendmal getan. Sie ließ die Strahlen bis zu der Figur in der Dunkelheit hineinreichen und die Höhle erhellen, als wenn jemand das Licht angeschaltet hätte.

„Darf ich dir beim Packen helfen?“, fragte Gertrud. Die Kinder hatten ihr erzählt, was los war. Ihr war elend zumute, denn sie fühlte für Max wie für ihr eigenes Kind. So dachte sie zumindest, denn sie hatte selbst keine Kinder, aber ihre Liebe für Max befand sich tief in ihrem Herzen.

„Klar darfst du das“, sagte er und gab ihr ein Zeichen, einzutreten.

„Es tut mir leid, dass es dazu kommen musste. Aber ich weiß, dass es nicht einfach ist, mit Barbara zu leben, geschweige denn, eine Ehe mit ihr aufrechtzuerhalten.“

„Ist gut so“, sagte Max. „Mach dir keine Sorgen um mich, ich komme zurecht.“

„Wo willst du denn zwischenzeitlich wohnen?“

„Ich werde mir erst einmal eine kleine Wohnung mieten, bis ich das Geld für die Brauerei und die Villa bekomme. Dann sehe ich weiter.“

„Wir könnten uns ja ab und zu zum Kaffee treffen“, schlug Gertrud vor.

„Klar doch, machen wir.“ Er nahm sie in die Arme. „Ich lad jetzt alles in mein Auto und verschwinde. Bestelle Otto bitte liebe Grüße von mir.“

Es drang ihn, so schnell wie möglich aus der Villa herauszukommen. Gertrud weinte, als er abfuhr. Er sah in den Rückspiegel. Sie stand dort mit ihrem Taschentuch und winkte ihm ein letztes Mal zu. Sie war die Einzige, die über seine Abreise wirklich traurig war.

Mit der Fernbedienung öffnete er das Tor, das am Anfang der Einfahrt zu der Villa das Grundstück abgrenzte. Es öffnete sich nur langsam, ein mechanischer Fehler, den Max schon im vorigen Jahr beheben wollte, aber doch nie dazu gekommen war. Er bremste und wartete. Sein Telefon klingelte, die Digitalanzeige zeigte Klaus an.

„Hast du schon einen Rechtsanwaltstermin?“, fragte Max zur Begrüßung. Freundlich konnte er nicht mehr zu ihm sein. Klaus hatte aufgehört, sein Seelenfreund zu sein.

„Hallo Max, ja, für morgen um vierzehn Uhr. Ich dachte, ich könnte vorher noch einmal kurz in der Brauerei vorbeischauen. Bist du da?“

„Ich bin auf dem Weg dorthin. Bis später.“