Der Diamantenplanet - Ingo Marschalk - E-Book

Der Diamantenplanet E-Book

Ingo Marschalk

4,5

Beschreibung

"Herr Holsteiner, verraten Sie uns Ihr Ziel?" fragte der Fernsehmoderator. "Mein Ziel ist ein Planet im Andromedanebel. Ich will die Kruste des Planeten auf Minerale untersuchen", antwortete Bodo. Daß es sich dabei um riesige Diamantvorkommen handelt, behält Bodo Holsteiner erst einmal für sich, damit ihm niemand Konkurrenz macht, denn natürlich will er die "Minerale" auch abbauen. Um die gigantische Entfernung zum Diamantenplaneten zu überwinden, nutzt er die allerneuste Technik, auf die er sich buchstäblich blind verlassen kann. Nach seiner Ankunft lernt er nicht nur den Planeten kennen, sondern findet auch sich selbst. Davon hat er allerdings nichts, denn bei dem Versuch zurückzufliegen verliert er sich und stürzt in ein haarsträubendes Abenteuer... Ein kunterbuntes, funkelndes Weltraummärchen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 64

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,5 (16 Bewertungen)
11
2
3
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Der Diamantenplanet

Über dieses E-Book1 Kavalierstart2 Der lange Schlaf3 Bodo sammelt Erfahrungen4 Schüsse im Dunkeln5 Der Rückflug fällt ins Wasser6 Ein seltsamer Irrläufer7 Bei Forschern zu Gast8 Eine gezielte Behandlung9 Eine folgenschwere UnvorsichtigkeitImpressum

Über dieses E-Book

Die Aussicht auf unermeßlichen Reichtum lockt Bodo Holsteiner auf einen fernen Planeten, auf dem er große Diamantvorkommen vermutet. Um dorthin zu fliegen, nutzt er die allerneuste Technik, auf die er sich buchstäblich blind verlassen kann. Auf dem Diamantenplaneten angekommen, lernt er nicht nur den Planeten kennen, sondern findet auch sich selbst. Davon hat er allerdings nichts, denn bei dem Versuch zurückzufliegen verliert er sich und stürzt in ein haarsträubendes Abenteuer …  Ein kunterbuntes, funkelndes Weltraummärchen. 

Auch als gedrucktes Buch erhältlich.

E-Book-ISBN: 

 978-3-7448-7416-8 (EPUB)

Printversion-ISBN: 

 978-3-7494-4975-0

1 Kavalierstart

In einem verschlafenen Dorf in der norddeutschen Tiefebene wurde eines diesigen Morgens die Stille von einem Dröhnen durchbrochen. Dicke Rauchwolken wälzten sich wie Lawinen durch alle Straßen und in die gekippten Schlafzimmerfenster. Bodo Holsteiner, der kauzigste Junggeselle von Worphude – wie jedenfalls die Nachbarn meinten –, hatte seine Rakete gezündet und donnerte in Richtung des grauen Himmels.

Die Rakete war eine Kashifuji Super Range 42 S, die Bodo aus Japan eingeführt hatte. Der Hersteller hatte sich für ein originelles Design entschieden und hatte ihr das Aussehen einer Kaffeekanne gegeben, mit Henkeln für den kontrollierten Gleitflug, um an eine alte Science-fiction-Serie zu erinnern, die im Hinblick auf die Requisiten ziemlich hemdsärmelig gemacht war. Das S in der Typenbezeichnung stand für silbern, ein Merkmal, das die Rakete inzwischen nicht mehr hatte, denn die Freunde des Raumfahrers hatten sie vom Bug bis zu den Schubdüsen mit Graffiti von Lebensformen verziert, auf die ihr Freund im Weltall möglicherweise stoßen könnte.

Als die ersten Hähne auf dem Mist zu husten begannen, wachten die ersten Bauern auf und fragten sich, woher der Gestank kam, hatte das letzte Osterfeuer doch eine Woche vorher aufgehört zu rauchen, und sein Qualm war auch beißender. Zur selben Zeit schoß Bodo aus der Wolkendecke, auf der die Sonne weiß gleißte. Schlagartig wurde die Rakete von Licht durchflutet.

Als er wenig später die Atmosphäre verließ, verblaßte das Blau des Himmels allmählich und der Himmel füllte sich mit Sternen. Zuerst waren nur die größten zu sehen; nach und nach kamen kleinere hinzu, bis der Himmel mit unzähligen winzigen Sternen übersät war; und hier und da waren schwache Nebelfelder zu sehen, die aussahen, als hätte jemand von innen gegen eine Fensterscheibe gehaucht, wenn es draußen dunkel ist. Bald würde er sich ihnen nähern, sagte Bodo sich, und dann würden sich Tausende weiterer Sterne herauskristallisieren. Sein Ziel war ein Planet, der um einen dieser Sterne kreiste. Er warf einen Blick zurück: Norddeutschland war von weißen Wolken bedeckt, in den Niederlanden dämmerte es, und Großbritannien konnte er nur zur Hälfte sehen, der Westen lag vollkommen im Dunkeln, war schwarz wie das All, nur ohne Sterne.

Er brachte die Rakete in eine Umlaufbahn um die Erde, denn bevor er Kurs auf jenen Stern nehmen würde, hatte er einen Termin für ein Interview per Schaltung mit SFS, dem „Sieh-fern-Sender“. Der Moderator Peter Langer saß, adrett im Anzug mit Krawatte, im Kölner Studio und begrüßte gerade seine Zuschauer: „Guten Morgen, meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zu unserem Thementag! Heute dreht sich alles um die private Raumfahrt. Immer mehr gut betuchte Privatleute fliegen ins All – um Touristen spazieren zu fliegen, den Weltraum zu erforschen,  aus Abenteuerlust oder weil sie einmal die Schwerelosigkeit erleben wollen. Mittlerweile starten täglich mehr private Raketen als Junkers-Museumsflugzeuge. Einer der privaten Raketenpiloten ist Bodo Holsteiner, der zur Zeit die Erde umkreist und nun live zugeschaltet ist.“

Langer wandte sich einem Bildschirm zu, der schräg hinter ihm stand. Darauf erschien ein ungewöhnliches Bild: ein Mann mittleren Alters, dessen lange braune Haare sich in alle Richtungen ausstreckten und seinen Kopf umschwebten wie bei einer tauchenden Frau.

Langer eröffnete das Interview: „Guten Tag, Herr Holsteiner! Wie geht es Ihnen?“

„Gut“, antwortete Bodo fröhlich, „ich fühle mich leicht und unbeschwert, geradezu schwerelos! Bitte mißverstehen Sie mich nicht, ich bringe bloß nichts mehr auf die Waage, es sei denn, ich schnalle mich an.“

Langer schmunzelte. „Herr Holsteiner, Sie wollen die Umlaufbahn bald verlassen und weiterfliegen. Verraten Sie uns Ihr Ziel?“

„Mein Ziel ist ein Planet im Andromedanebel. Er heißt 4M1407 f.“ Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Man nennt ihn aber auch Reutow. Wenn ich dort ankomme, werde ich ungefähr zwei Millionen Lichtjahre zurückgelegt haben.“

Langer preßte ein wenig Luft zwischen den Lippen hervor, so daß ein Geräusch entstand, wie wenn eine Seifenblase platzt, und verharrte kurz mit vorgeschobenen Lippen und weit geöffneten Augen.

Bodo fuhr fort: „Ich will die Kruste des Planeten auf Minerale untersuchen.“

„Wenn Sie so weit fliegen, müssen Sie ja extrem schnell sein“, meinte Langer, der seine Sprache wiedergewonnen hatte, „wenn Sie nicht den Rest Ihres Lebens in der Rakete verbringen wollen.“

„Ja, aber das ist beim heutigen Stand der Technik kein Problem mehr, die modernen Raketen sind schnell genug. Aber man kann die Geschwindigkeit nur dann richtig ausnutzen, wenn man wochenlang stark beschleunigt, und das bringt gewisse Unannehmlichkeiten mit sich.“

„Gibt es dafür noch keine technische Lösung?“ fragte Langer. „Im Kino wird einfach die Trägheit der Insassen neutralisiert. Ist das in der Wirklichkeit immer noch nicht möglich?“

„Ich glaube kaum“, erwiderte Bodo, „zwar werden gelegentlich Raketen mit einer solchen Funktion angeboten, aber ich glaube nicht daran. Das ist reiner Humbug.“

„Aber wieso? Früher glaubten die Menschen doch, die Erde wäre eine Scheibe, und niemand konnte sich vorstellen, daß wir jemals ins All fliegen würden.“

„Nun ja, da haben Sie im Grunde genommen recht.“ Bodo räusperte sich und überlegte kurz. Dann erläuterte er: „Aber die Trägheit aufzuheben wird deshalb nie gelingen, weil es unmöglich ist. Trägheit bedeutet, daß man einem Körper Energie zuführen muß, um ihn zu beschleunigen. Könnte man die Trägheit eines Raumfahrers aufheben, dann könnte man ihm Energie zuführen – denn Bewegung ist Energie –, ohne ihm Energie zuzuführen. Der Widerspruch liegt klar auf der Hand. Das heißt, all diese Angebote über Raketen mit Trägheitsneutralisation sind Betrug!“

Damit wurde Langer zum ersten Mal im Leben mit einem schlüssigen Argument konfrontiert. Dieser für gewöhnlich so beredte und selbstsichere Fernsehmann starrte nun mit heruntergeklapptem Unterkiefer auf den Bildschirm, der Bodo anzeigte. Allmählich erlangte er die Fassung zurück und wandte ein: „Aber die Hersteller sind doch seriöse Unternehmen, und eine Rakete, die nicht wie erwünscht funktioniert, würde doch niemand kaufen.“

„Tja, ich weiß auch nicht … Manche Käufer haben anscheinend so viel Geld, daß sie nicht mehr darauf achten, wofür sie es ausgeben, und manche Händler nutzen das aus und drehen ihnen irgendeinen Quatsch an.“

Langer machte ein gekränktes Gesicht, obwohl der Vorwurf gar nicht ihm galt, und wechselte das Thema: „Herr Holsteiner, Sie machen ja auch verschiedene Versuche. Was für Versuche sind das?“

„Zum Beispiel habe ich gerade getestet, wie lang Seifenblasen hier oben halten. Leider weiß ich gerade nicht, wie lang sie auf der Erde halten. Können wir vielleicht mal eben vergleichen?“

„Es tut mir leid, aber ich habe gerade keine Seife zur Hand. Aber Sie machen doch auch Experimente für die Wissenschaft.“

„Ja, verschiedene. Unter anderem habe ich Begonien an Bord, deren Wurzelwachstum ich beobachte. Ziel ist, herauszufinden, in welche Richtung die Wurzeln in der Schwerelosigkeit wachsen. Vielleicht haben Pflanzen Sinnesorgane für die Schwerkraft.“

„Machen Sie auch Experimente, die einen praktischen Nutzen haben?“

„Ja, ich untersuche beispielsweise, wie Suppe in der Schwerelosigkeit aussieht. Wie jeder weiß, schwimmen Fettaugen oben. In der Schwerelosigkeit hingegen sieht die Suppe ganz anders aus, eher kugelförmig, und möglicherweise schmeckt sie auch ganz anders, weil die Fettverteilung anders ist.“

„Wofür ist das wichtig?“

„Das ist wichtig für das Soup-Design in der Gastronomie der Raumstationen“, antwortete Bodo. Langer wollte schon nachfassen, als Bodo ergänzte: „Wer bezahlt, bestimmt eben, was untersucht wird.“

Daraufhin fragte Langer: „Machen Sie auch Experimente, deren Ergebnisse für das Leben auf der Erde nützlich sein könnten?“, während ihm eine verschmitzte Assistentin unauffällig ein Fläschchen Pustefix und eine Stoppuhr auf den Tisch stellte.