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Liz hatte es noch nie einfach in ihrem Leben. Sie musste arbeiten, um überhaupt studieren zu können. Ihr Fleiß und ihre Leidenschaft für die Architektur geben ihr einen Start in ein Architekturbüro. Doch bald darauf wird sie schwanger, ein One-Night-Stand. Sie sieht nur eine Chance, um nicht zum Gespött in der Kleinstadt zu werden, ein Neubeginn weit weg. Doch vergibt sie sich damit nicht auch die Möglichkeit, dem Vater ihres Sohnes noch mal zufällig über den Weg zu laufen? Der Junge sieht ihm so ähnlich, dass sie ihn eigentlich nicht vergessen kann. Der erste Teil des Vierteilers erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die sich durch nichts so schnell abschrecken lässt, von ihrer ersten großen Liebe und einem Weg mit vielen Überraschungen und Wendungen.
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Veröffentlichungsjahr: 2017
Der Duft des Jamins, welcher durch mein geöffnetes Fenster weht, ist der erste Gruß des Tages. Er weckt mich mit einem zarten Hauch, so das mein Tag nur noch gut beginnen kann. Ich genieße meinen Urlaub in vollen Zügen. Seit vielen Jahren habe ich nur Kurzurlaube gemacht, da ich durch meine Arbeit viel zu sehr eingespannt bin. Als Selbstständige läuft die Zeit etwas anders und als alleinerziehende Mutter erst recht … Viele würden mein Leben als völlig chaotisch beschreiben, ich würde mich eher als Talent im Multitasking bezeichnen. Natürlich bleibt manches auf der Strecke, ich finde viel zu wenig Zeit, mal in ein Konzert oder gut essen zu gehen oder mir selbst etwas Gutes zu tun. Aber so habe ich mir mein Leben ausgesucht und habe es in den vergangenen Jahren nicht bereut. Die einzigen Minuten des Tages für mich sind die, sozusagen vor dem Aufstehen – ich stelle den Wecker extra 30 Minuten früher, damit ich morgens, in aller Stille, mein Taiji machen kann.
Selbst in meinem Urlaub möchte ich diese lieb gewonnenen Minuten nicht missen, kann ich mich doch so gedanklich auf den Tag vorbereiten und mein inneres Gleichgewicht finden. Und hier, bei meiner ältesten Freundin Sue aus Kindertagen, in einer herrlichen Umgebung ist es ein besonderes Vergnügen. Voller Vorfreude schlüpfe ich in meine bequeme Kleidung – ein kurzes weites Shirt und ein paar weiche Leggins – und trete aus meinem Zimmer auf die davorliegende weitläufige Terrasse. Und wieder streift mich ein sanfter Windhauch, gefüllt mit dem Duft des Jasmins. Nachdem ich mein Plätzchen gefunden habe, genieße ich den Blick in den herrlich angelegten, weitläufigen leicht abfallenden Garten, die ersten Sonnenstrahlen des Tages auf meiner Haut. Natürlich könnte ich noch etwas länger schlafen, aber die Macht der Gewohnheit lässt mich jeden Morgen zu so früher Stunde wach werden.Ich beginne mit der ersten Übung – Wecke das Chi -, der leichte Wind streichelt meine Haut, und ich tauche ein in meine Welt. Ich konzentriere mich auf meine Bewegungen, genieße das Wechselspiel der Anspannung und Entspannung, mein Atem schließt sich meinen Bewegungen an und ich lasse mich fallen. Hier und jetzt gibt es keine Sorgen und Probleme, die gelöst werden müssen. Dies ist meine Zeit… Nach ungefähr 30 Minuten tauche ich wieder auf, ein wohliges Gefühl begleitet mich. Normalerweise heißt es nun, mich schnell unter die Dusche zu begeben, das Frühstück für meinen Sohn Luke und mich vorzubereiten, ihn zu wecken und anzuziehen, ohne dass er gleich wieder einschläft …
Aber hier kann ich mir die Zeit nehmen, mich noch erst in den wunderbaren Schaukelstuhl setzen und dem Zwitschern der Vögel lauschen. Mein Blick ruht auf dem Garten, jeden Morgen entdecke ich ein anderes Detail seiner Anlage. Ein wahrer Künstler, der dieses Kleinod hat entstehen lassen. Ich habe eher keinen grünen Daumen und bei mir gehen schon nach ein paar Tagen die Pflanzen wieder ein – wahrscheinlich vertragen sie mein hektisches Leben nicht.
Jetzt aber, wo ich viel Zeit habe, entdecke ich die einzelnen Gerüche, die Blüten, die sich jeden Tag aufs Neue öffnen. Ich könnte stundenlang hier sitzen und die Zeit vergessen. Ja, ich kann auch mal für ein paar Minuten ruhen, bevor mich meine Rastlosigkeit wieder einholt.
Und da kommt auch schon mein kleiner Stolz auf mich zu gerannt, noch in seinem süßen Schlafanzug, aber mit strahlenden Augen. Na dann kann ja mein Tag beginnen … Flink nehme ich in auf meine Arme, wirble ihn im Kreis und sein fröhliches Lachen erwärmt mein Herz. Geschwind gehe ich nach innen, ziehe uns aus und dann steigen wir gemeinsam unter die Dusche. Er liebt es, mit mir zu duschen, mir meinen Rücken abzuschrubben und mir meinen Kopf zu waschen. Zugegeben, mit seinen 4 Jahren muss ich immer noch etwas nacharbeiten, aber das Gefühl umsorgt zu werden, tut mir richtig gut. Dann drehe ich mich um und nun ist er an der Reihe. Da er sehr kitzlig ist, erschallt bald sein helles Gekicher und Gekreische durch das Bad. Dann rubbeln wir uns trocken und ein erster Blick in den Spiegel zeigt mir, dass ich glücklich aussehe. Keine übermüdeten Augen, keine Sorgenfalten – mein Tag hat perfekt begonnen.
Unser kleines Ritual ist es, uns schon am Abend vorher zu überlegen, was wir am nächsten Tag anziehen wollen. Das erspart mir in hektischen Zeiten Zeit und das Gequengle eines müden Luke am Morgen. Und so schlüpfen wir geschwind in unsere Kleider. Für mich gibt es ein luftiges Sommerkleidchen, farbenfroh und bequem. Daran merke ich, dass ich wirklich Urlaub habe, denn sonst ist es ein Hosenanzug oder ein Kostüm.
Wir laufen in die Küche, um das Frühstück vorzubereiten. Meine Freundin Sue ist eher eine Langschläferin, aber ihre kleine Tochter Mary ist bereits wach und erwartet uns mit großen Augen in der Küche. Noch hat sie ihr Nachthemdchen an und sieht darin ganz entzückend aus. Was nicht nur mir auffällt. Luke strahlt sie ebenfalls an und gleich sind die beiden ein Herz und eine Seele und ich schon fast vergessen. Aber ich bin froh, dass sie sich so gut verstehen, denn so konnte ich in den vergangenen 14 Tagen doch etwas entspannen. Mary ist knapp drei und verfolgt alles genauestens, was Luke ihr so erklärt und zeigt. Wie ein großes Brüderchen.
Manche Minuten habe ich damit verbracht, die beiden zu beobachten. Leider brachte es mich eher dazu, über mein Leben und mein Singledasein nachzugrübeln, als mich daran zu erfreuen, was ich für ein Glück habe: Einen süßen Jungen, meine beste Freundin Sue an meiner Seite, wenn auch nur am Telefon, denn inzwischen wohnen wir fast 2000 km getrennt, eine Arbeit, die ich liebe und in der ich erfolgreich bin.
Jetzt werde ich aber erst mal das Frühstück vorbereiten. Ich habe uns gestern schon frisches Obst eingekocht, damit wir es zu den selbst gemachten Pancakes essen können. Ahornsirup mag ich nicht – viel zu viel Zucker und da ich versuche, uns bei meinem ganzen Stress gesund zu ernähren, kommt es für mich nicht in Frage. Und Gott sei Dank liebt auch Mary meine Pancakes mit Obst. Dazu gibt es für mich einen guten starken Espresso und für die Kinder eine schöne kalte Milch. Später, wenn Sue zu uns stößt, mache ich Ihr noch einen leckeren Cappuccino – und fertig ist unser Frühstück für heute. Bevor wir uns setzen, ziehe ich Mary schnell noch ein Kleidchen an und dann fallen wir über unsere Pancakes her. Als hätten wir gestern Abend nichts gegessen… Beide Kinder sitzen vor ihren Tellern und löffeln mit viel Schmatzen und Kichern. Währens ich sie so beobachte und mich an ihrem gesunden Appetit erfreue, entsteht so langsam ein Schlachtplan für den heutigen Tag. Denn so langsam rückt der Tag von Sues 30. Geburtstag näher und ich habe sie überredet, auf das Catering zu verzichten und mir die Herstellung des Buffets zu überlassen. Ich kann es halt nicht lassen, auch in meinem Urlaub möchte ich nicht untätig sein. Ich liebe es, zu kochen und zu backen, Dessert herzustellen, Salate zuzubereiten. Und so hat sie sich dann doch mit vielen Überredungskünsten überzeugen lassen. Und in drei Tagen ist es so weit. Das heißt, heute muss ich vieles einkaufen und mit den ersten Vorbereitungen beginnen. Im Kopf habe ich bereits alles geplant, manches wieder verworfen, anderes hinzugefügt. Und Sue habe ich überzeugt, dass sie mir lediglich beim Einkaufen helfen darf und dann wird sie aus ihrer Küche verbannt.
Was allerdings nicht so einfach ist, da sie eine herrlich offene Küche mit einer riesigen Kochinsel hat. Und mit allen nur erdenklichen Küchengeräten. Die Küche wird durch einen Thekenteil abgegrenzt und nur bis dahin hat sie in den kommenden Tagen Zutritt. Da ich weiß, dass sie eine ganz Neugierige ist und sich die ganzen Düfte im kompletten Haus ausbreiten werden, wird es eine schwierige Zeit für sie.
Sue ist meine beste Freundin seit Kindertagen. Wir haben uns bereits mit 5 Jahren auf einem öffentlichen Spielplatz kennengelernt. In unserer Stadt gab es nicht so viele Möglichkeiten, daher haben wir uns zwangsläufig immer wieder getroffen und sind so beste Freundinnen geworden. Als wir dann zu Schule kamen, habe ich meine Mam bekniet, mich in der gleichen Schule wie Sue anzumelden. Dies bedeutete allerdings, dass wir immer einen weiteren Weg zur Schule hatten. Meine Eltern, die beide berufstätig waren, war es natürlich nicht recht und erst Sues Mutter, die Hausfrau ist und meinen Eltern Ihre Unterstützung angeboten hat, konnten sie überzeugen, mich doch auf die bessere Schule zu schicken. Und so stand einer langen Freundschaft nichts mehr im Wege.
Ich weiß nicht, was geworden wäre, wenn wir nicht die gleiche Schule besucht hätten. Aber dann gäbe es sicherlich unsere tolle Freundschaft nicht und ich hätte ein ganz anderes Leben.Sues Eltern waren recht wohlhabend, wohnten in einem riesigen Haus, waren aber selbst sehr großzügige Menschen. Wenn ich am Nachmittag bei Ihnen spielen war, machten Sie keinen Unterschied. Manchmal fühlte ich mich wie ihr eigenes Kind, ich hätte gern so eine tolle Schwester gehabt. Wir sind beide Einzelkinder, und so haben wir uns wie Schwestern geliebt. Sues Vater war ein leitender Angestellter in einer großen Firma. Sie konnten es sich leisten, dass Sues Mutter zu Hause blieb, sich in den ersten Jahren um uns kümmerte und sich später in einem Verein für hilfebedürftige Kinder engagierte. Sie war mit ihrem Leben glücklich und vermittelte uns immer das Gefühl, dass ihr größtes Glück es ist, mit uns am Nachmittag zu spielen. Später dann unterstütze sie uns bei den Hausaufgaben und ließ uns unsere Talente entdecken.
Sue war von uns eher die sportlichere, aber auch die ungeduldigere, sie verlor sehr schnell wieder die Lust an den neu gefundenen Hobbys. Erst als sie das Tanzen entdeckte, wurde sie etwas ruhiger und beständiger. Das korrespondierte so gar nicht mit meinen Vorlieben, schon früh fing ich zu malen und zeichnen an. In späteren Jahren, als Sue sehr viel mit Ihrem Tanzsport beschäftigt war und ich daher häufig allein war, lud mich Sues Mutter ein, sie doch beim Backen und Kochen zu unterstützen und so entdeckte ich meine zweite Leidenschaft. Meine Mam war ganz überrascht, als ich uns drein meine erste eigene Lasagne servierte, da sie selbst wenig Zeit zum Kochen hatte und es daher eher Brot mit Aufschnitt, Salaten und Obst am Abend zu essen gab. Und wenn es frisches Brot gab, dann stahl ich mich noch vor dem zu Bett gehen in die Küche, um mir noch eine Scheibe zu stibitzen. Ich liebte das, keine Frage, aber so langsam entdeckte ich die Welt der Küche für mich. Sues Mam war eine geduldige Lehrerin und wir haben viele Stunden gemeinsam lachend in der Küche verbracht.
Und jetzt sitze ich hier in Sues Küche und werde die verschiedensten Leckereien für Ihren 30. Geburtstag zubereiten. Und da kommt sie auch mit einem strahlenden Lächeln auf mich zu, gibt mir wie in alten Zeiten ein Küsschen als Guten-Morgen-Gruß auf die Wange und ist bereits wieder ungeduldig.
„Hi Liz – willst Du mir nicht wenigstens etwas verraten, was du für mich und meine 60 Gäste vorbereiten wirst. Ich weiß ja, dass ich schrecklich neugierig bin, aber ich kann‘s einfach nicht erwarten“.Lächelnd drehe ich mich zu Ihrer Super-Espresso-Maschine herum, mache ihr ganz in Ruhe einen Cappuccino, um ihr dann mit einem Kopfschütteln verstehen zu geben, dass sie keine Chance hat, etwas aus mir herauszubekommen. Fast schon schmollend setzt sie sich zu mir, um nach kurzer Zeit dann doch in Lachen auszubrechen, in Erinnerung an all unsere gemeinsamen Erlebnisse, in welcher es genauso war.Immerhin drücke ich Ihr meinen Einkaufszettel für die nächsten 3 Tage in die Hand.
Heute wollen wir noch gemeinsam einkaufen gehen, morgen wird sie dann allein losziehen und am Samstag wird das Einkaufen Pete übernehmen. Schließlich ist das ihr Geburtstagstag und da kümmert sie sich um die Ausstattung des Festes.
Natürlich hat sie dafür Unterstützung. Sie hat Tische, Stühle, Geschirr und Gläser gemietet, ein kleines Festzelt wird aufgestellt, ein Holzboden zum Tanzen verlegt – schließlich ist sie mit Pete eine leidenschaftliche Tänzerin. Und natürlich wird eine Band zum Tanz aufspielen. Dies wird ein Geschenk von Pete sein, in welches er mich eingeweiht hat. Bisher glaubt Sue, dass sie nur zu ihrer umfangreichen Plattensammlung tanzen wird. Aber das ist ja nun nicht das Gleiche und man wird ja schließlich nur einmal 30!
Tja, Pete und Sue – das begann irgendwann beim Tanzen. Dort haben sie sich kennengelernt, aus ihrer gemeinsamen Freude am Tanzen wurde eine gemeinsame Leidenschaft und irgendwann war ihnen beiden klar, dass sie ohne den Anderen nicht durchs Leben tanzen möchten. Ein solches Hobby verbindet. Vielleicht hätte ich mir auch eher eines suchen sollen, an welchem ich junge Männer kennenlerne, aber sowohl beim Zeichnen oder in der Küche bin ich am liebsten allein. Stopp, mit einer Ausnahme: Wenn Luke auf dem Boden sitzt und malt, dann setze ich mich liebend gern dazu und zeichne ebenfalls. Da kommen mir die besten Ideen – er ist meine Inspiration.
Pete stammt ebenfalls aus sehr gutem, und wohlhabendem Hause, sein Vater ist Rechtsanwalt mit einer eigenen Kanzlei und so war sein Weg fast vorgezeichnet. Er wurde ebenfalls Anwalt. Im Job ist er ein sehr besonnener und engagierter Businessmann, beim Tanzen lebt er seine leidenschaftliche Seite aus und verzaubert so alle, nicht nur Sue. Viele Frauen beneiden Sue in jenen Momenten, wenn er sie schwungvoll und elegant über das Parkett führt, aber für ihn kommt nur eine Tänzerin infrage. Fast. Es gibt ein paar wenige Ausnahmen: seine und Sues Mam und mich. Ich weiß nicht, warum er es tut, da ich wirklich keine besondere Tänzerin bin, und es eher eine Qual als ein Vergnügen für Ihn sein muss. Na ja, vielleicht kann ich als Begründung durchgehen lassen, dass er mich nun ebenfalls schon ein halbes Leben lang kennt …
Sue hat inzwischen ihren Cappuccino getrunken, so das wir starten können. Wir schnappen uns unsere Kinder, die gar nicht begeistert sind, dass wir sie in ihrem Spiel unterbrechen und sie jetzt mit uns einkaufen gehen sollen. Aber es hilft alles nichts. Wir müssen los, damit ich noch am Nachmittag mit den Vorbereitungen anfangen kann. Heute Abend wird dann Sues Mam zu uns stoßen und auf Luke und Mary aufpassen, während wir uns mal wieder einen Mädels-Abend machen. Pete ist noch auf Geschäftsreise und wird erst morgen zurückkehren.
3 Stunden später und völlig abgekämpft kommen wir wieder zurück, schwer beladen. Wir haben alles bekommen. Die wichtigsten Zutaten, wie exotische Gewürze, habe ich von mir mitgebracht, schließlich soll Sue nicht anhand der Einkaufsliste erraten, was ich zubereiten werde. Es hat mir Spaß gemacht, in meiner alten Heimatstadt mal wieder einkaufen zu gehen, auch wenn sich manches in den letzten 5 Jahren verändert hat. Gute Geschäfte mit ausgezeichneten Lebensmitteln sind hinzugekommen, es bereitet mir Vergnügen, die Auswahl zu treffen. Nachdem Sue die Einkaufsliste mehrfach studiert hat, hat sie mich doch bedrängt, auch noch eine Panacotta als Dessert zu machen. Und so ist es plötzlich wie immer: Kurzfristig umdisponieren. Aber Ihr zu liebe mache ich es gern.
Bevor ich mich in die Festvorbereitungen stürze, koche ich uns noch kurz Pasta mit einer leckeren Kräuter-Tomaten-Sauce. Damit haben wir schließlich unsere Kinder heute den ganzen Vormittag beruhigt. Kinder lieben Pasta.
Jetzt werde ich mich vergnügen, ich bin voller Vorfreude und Tatendrang. Heute werden erst die Dinge vorbereitet, die durchaus etwas länger gekühlt aufbewahrt werden können und so fange ich an zu putzen und zu schnippeln. Viele Dinge habe ich schon so häufig gemacht, dass ich nicht groß überlegen muss. Alles geht mir leicht von der Hand. Die Rezepte habe ich im Kopf, so dass Sue nicht mal einen kleinen Blick darauf werfen kann. Da ich schon öfters bei ihr gekocht habe, finde ich alle Küchenutensilien problemlos. Ich verjage Sue jetzt endgültig aus ihrer Küche, bitte Sie noch, ein wenig Musik anzumachen und dann verliere ich mich in meiner Welt der Töpfe und Pfannen. Nur am Rande merke ich, wie Sue sich hin und wieder in einiger Entfernung zu mir hinstellt und mich beobachtet. Ich selbst bin in meine Erinnerungen versunken …
Nach meinem Schulabschluss habe ich mich für ein Architekturstudium entschieden, um wenigstens einer meiner Leidenschaften nachzugehen. Außerdem konnte ich so bei meinen Eltern wohnen bleiben, da ich mit dem Bus bequem in die nächste größere Stadt kam, wo es eine kleine, aber recht angesehene Universität gab. Das Studium gefiel mir sehr, entsprach meinen Vorstellungen und ich konnte mich weiterentwickeln. In meinem Jahrgang war ich eines der wenigen Mädchen. Wir waren keine sehr eingeschworene Gemeinschaft, mehr suchten wir jede allein die Gesellschaft der Jungen. Und da hatten wir dann reichlich Auswahl. So lernte ich auch Jim kennen, dessen Vater ein größeres Architekturbüro hatte, welches er irgendwann mal übernehmen sollte. Da ich große Teile meines Studiums selber finanzieren musste, war ich daher froh, als mir sein Vater einen Job bei sich im Büro anbot. Dies war viel besser, als im Supermarkt die Regale aufzufüllen oder am Wochenende nachts in der Tankstelle an der Kasse zu stehen. Ich glaube, Jims Sorge um mich, was ich sehr süß fand, und seinen Überredungskünsten bei seinem Vater war es zu verdanken, dass ich diesen Job bekam.
Ich erinnere mich noch genau, wie wir über unsere Zeichenblöcke gebeugt dasaßen und uns einen Entwurf für ein kleines Einkaufszentrum in einer kleineren Stadt überlegen sollten. Da es uns freigestellt war, in welcher Form wir unseren Entwurf beim nächsten Seminar präsentieren wollen, griff ich zu meinen geliebten Kreidestiften. Und so flogen sie über das Papier, ich arbeitete mit einer unglaublichen Geschwindigkeit und hatte schon ein paar Detailzeichnungen fertig, als ich sah, dass Jim immer noch vor einem leeren Blatt Papier saß. Ich wollte ihn etwas necken. „Na, bei so etwas Profanen wie einem Einkaufszentrum gehen dir wohl die Ideen aus?“, als er mir grummelnd erwiderte, dass „er doch lieber etwas architektonisch Anspruchsvolles entwerfen wolle, und nicht so ein Klein-Mädchen-Kram“. Nun war es an mir, schmollend dazusitzen, da ich die Aufgabe keineswegs als uninteressant abtat. Schließlich sollten wir im Laufe des Semesters das Projekt weiterentwickeln, immer weiter in die Planungen einsteigen und so ein Gefühl für das Entstehen eines Bauwerkes bekommen. Unser Prof wollte uns nicht nur lehren, wie die Hülle eines Gebäudes aussieht, sondern uns auch die Umsetzbarkeit unserer Entwürfe vor Augen führen. Am Ende des Semesters sollten die besten 10 Entwürfe in einer Stadt der Umgebung den Stadtplanern präsentiert werden, die tatsächlich ein Einkaufszentrum planten. Keiner wusste, um welche Stadt es sich handelte. Viele versuchten es herauszufinden, um sich so durch das heutige Stadtbild schon inspirieren zu lassen und so möglicherweise Vorteile zu haben. Aber in meinen Gedanken war schon unabhängig davon ein mit viel Grün und natürlichen Werkstoffen gebautes Einkaufszentrum entstanden.
Und so saß ich mit Jim vor unseren Zeichenblöcken, als sein Vater zu uns ins Zimmer trat und über unsere Schultern blickte. Er beobachtete uns eine ganze Weile beim Arbeiten. Jim hatte nun selbst ein paar erste Striche zu Papier gebracht, war aber mit sich selbst noch nicht zufrieden und verwarf daher mehrfach seine Ansätze. Er grübelte über seinen Entwurf, als sein Vater mit 3 Tassen Kaffee, die herrlich dufteten, wieder in das Zimmer kam und sich zu uns setzte.
„Um es kurz zu machen, Liz, würde ich ihnen gern einen Job als Aushilfe in meinem Büro anbieten und würde mich freuen, wenn sie diesen annehmen würden. Sie sind kreativ, und ich glaube auch, dass sie Talent haben und es weit bringen könnten. Mein Büro ist groß genug, dass ich auch noch einen zweiten Studenten beschäftigen kann“ sagte er augenzwinkernd, „und so könnten Sie endlich mit etwas Sinnvollem ihr Geld verdienen. Ich kann Ihnen zwar nicht versprechen, dass sie nur wie eine Architektin arbeiten werden, schließlich sind auch viele Zuarbeiten zu erledigen, aber ich denke, dass Sie auch von unseren Bauzeichnern noch das ein oder andere lernen können, was ihnen recht hilfreich sein könnte.“
Erstaunt sah er mich an, als ich nicht darauf reagierte, war ich doch so überrumpelt von seinem Angebot und wirklich sprachlos. Nachdem ich mich gefasst hatte, stand ich auf, war erst unsicher, welche Reaktion jetzt wirklich angebracht wäre. Daher entschloss ich mich, mal spontan zu sein, drückte ihm ein Küsschen auf die Wange und stammelte „Ja, sehr gern. ... Danke, danke, danke.“ Dann wurde ich glühend rot, als ich begriff, was ich getan hatte. Aber sein Schmunzeln zeigte mir, dass er sich freute, dass ich angenommen hatte und er mir meine überschwängliche Reaktion nicht übel nahm. Aber dies musste natürlich eine absolute Ausnahme bleiben, da er ja ab sofort mein Chef war. Schnell einigten wir uns über die Kondition, wobei ich mir eingestehen muss, dass ich allem nur zustimmte. Aber sein Angebot war auch ohne Verhandlung sehr großzügig. Ich werde viel Zeit in seinem Büro zubringen, kann meinen Job im Supermarkt und an der Tankstelle an den Nagel hängen und hätte in Zukunft das Wochenende frei. Super. Endlich könnte ich mich wieder öfters mit Sue oder auch Jim und seinen Freunden treffen.
Erst nach einigen Minuten fiel mir ein, dass ich gar nicht an Jim gedacht hatte. Wie würde er es wohl aufnehmen, wenn ich in Zukunft ebenfalls bei seinem Vater arbeiten würde. Aber er strahlte mich ebenfalls an und so wusste ich, dass er sich für mich freute. ´Wollte er vielleicht selbst mit mir mehr Zeit verbringen und dies war nun eine geeignete Gelegenheit?´ Bei diesem Gedanken wurde mir ganz warm, hatte ich ihn doch bisher nur als einen Kommilitonen gesehen, mit dem ich mich sehr gut verstand.
Ja, er sah recht gut aus, hatte eine lockere, aber auch verbindliche Art, so dass ich mich in seiner Umgebung immer wohl fühlte. Er wusste selbst, dass er eine ganz gute Partie sein würde, schließlich war sein Weg vorgezeichnet und versprach Sicherheit. Seine Augen waren fröhlich und unbeschwert, und ich hatte schon seit einiger Zeit bemerkt, dass er mich manchmal beobachtete. Ich wollte mich vorerst auf mein Studium konzentrieren und schenkte dem daher keine weitere Beachtung. Was würde sich nun ändern, wenn wir noch mehr Zeit miteinander verbrachten?Darüber wollte ich mir jetzt eigentlich keine Gedanken machen, lieber noch ein bisschen an meinem Entwurf weiterarbeiten und mich dann mit Sue treffen und ihr alles erzählen.
Sue hatte bereits unlängst mal angedeutet, als wir zu viert mit Pete und Jim unterwegs waren, dass ich es Jim wohl angetan hätte, aber ich habe es mit einem Lachen abgetan. Wir waren froh, dass sich die Männer an diesem Abend so gut verstanden und wir uns in Ruhe unterhalten konnten. Lange waren wir nicht mehr unterwegs gewesen, da das Studium und die Jobs sehr viel Zeit kosteten. Aber das würde sich jetzt ändern …
Und so hatte ich es plötzlich ganz eilig, mich von Jim und seinem Vater zu verabschieden. Aber ich würde ja nun schon am Montagnachmittag beginnen, gemeinsam mit beiden zu arbeiten. Darauf freute ich mich wirklich.
Mit Sue hatte ich spontan einen wunderbaren Abend, in der Tankstelle rief ich kurz an, um mich abzumelden. Eine Kollegin, die das Geld dringend brauchte, sprang gern für mich ein, so hatte ich auch kein schlechtes Gewissen, das ich kurzfristig absagte.
Die Arbeit im Büro machte mir sehr viel Spaß. Ich lernte sehr viel und begriff, dass ich bisher eine sehr einseitige Vorstellung von dem Beruf als Architektin hatte. Das Studium hatte ich begonnen, weil ich gern zeichnete, aber ich hatte keine Ahnung, wie vielfältig der Beruf war. In solch einem großen Büro wurde die Arbeit natürlich aufgeteilt und so konnte sich jeder seinen Interessen zuwenden. Und so entdeckte Jim im Laufe des 3. Semesters, dass für ihn eher die technische Umsetzung, das Bauen von Interesse war. Er wechselte in das Bauingenieurstudium. Wir sahen uns daher im Studium weniger, aber an den Nachmittagen im Büro konnten wir nun freier miteinander umgehen. Irgendwie hatte ich bis dahin immer das Gefühl, in Konkurrenzkampf mit ihm bei seinem Vater zu stehen und das tat unserer Freundschaft nicht gut. Sein Vater konnte seine Entscheidung gut nachvollziehen, und da Jim auch als Bauingenieur in die Firma eintreten könnte, war er mit diesem Wechsel einverstanden. Nun war auch unsere Arbeitsteilung einfacher und alles wurde entspannter. Wir trafen uns eine ganze Weile öfters, gingen ins Kino, fuhren sogar zusammen in den Urlaub. Aber so richtig verlieben konnte ich mich nicht in Jim. Und ich glaube, er merkte es, versuchte aber trotz allem, mein Herz zu gewinnen. Ja es war ein gutes Gefühl, wenn er mich in den Armen hielt und sanft mit meinen blonden Locken spielte. Manchmal kribbelte es sogar in meinem Bauch, wenn er mir lange in die Augen blickte. So schliefen wir auch das ein oder andere Mal miteinander. Er war voller Zärtlichkeit, seine Küsse waren leidenschaftlich und ich wusste, dass ich ihm wehtat, wenn ich es nicht in gleichem Maße erwidern konnte. So vergingen drei Semester, in welchen wir zwischen Freundschaft und Pärchen pendelten. Er versuchte sich nichts anmerken zu lassen, aber manchmal, wenn ich seinen traurigen Blick auffing, dann bedauerte ich, dass ich ihm jemals so viel Hoffnung gemacht hatte.So versuchte ich etwas auf Abstand zu gehen, unsere Treffen abends wurden seltener. Sein Vater bemerkte, dass wir im Büro anders miteinander umgingen und insgeheim überlegte ich manchmal, ob er mich nur eingestellt hat, damit ich die Freundin oder Frau seines Sohnes wurde. Aber in anderen Momenten, wenn er meine Arbeit lobte, konnte ich den Gedanken vertreiben.
Nachdem Jim einige Zeit später ein nettes Mädchen kennengelernt hat und beide sehr verliebt waren, konnten wir auch zu unserer Freundschaft zurückkehren. Danny war voller Leidenschaft und gab Jim das Gefühl, dass er als Mann begehrenswert ist. Bei dem ersten Treffen mit ihr war ich sehr angespannt, erst im Laufe des Abends, als ich mehr über meine Leidenschaft, das Zeichnen und die Architektur, sprechen konnte, habe ich mich davon befreien können. Damals sind wir recht gute Freunde geworden, auch mit Sue hat sie sich angefreundet. Nachdem ich aus der Stadt weggezogen bin, habe ich nur noch gelegentlich beruflichen Kontakt zu Jim – schließlich sind wir in der gleichen Branche unterwegs, und so habe ich auch erfahren, dass er inzwischen seine Danny geheiratet hat. Daher freue ich mich, wenn ich die beiden, auf Sues 30. Geburtstag wiedersehen werde.
Und so tauche ich aus meinen Erinnerungen auf, als gerade die zweite Paté fertig ist, und ich mich in die Vorbereitungen der handgebeizten Fische mache. Diese müssen mindestens 48 Stunden ziehen, so das sie am Samstagabend perfekt sein werden.
„Hallo Süße, mach mal ein kleines Päuschen“ – lacht mich Sue an und hält mir ein Glas Prosecco vor die Nase. „Oh, das ist eine sehr gute Idee, auch wenn Du weißt, dass ich nicht allzu viel vertrage. Jetzt noch ein guter Espresso dazu und meine Welt ist perfekt“, erwidere ich und mit einem Lächeln stellt sie einen perfekten Espresso vor mich. Ich war so in Gedanken versunken und bei meiner Arbeit, dass ich es nicht mal wahrgenommen habe, wie die Kaffeemaschine hinter mir den Espresso zubereitet hat. Als Sie mein erstauntes Gesicht sieht, kichert sie los und ich falle ein. Wie häufig ist uns das schon so ergangen …
Prosecco ist ihre neuste Entdeckung, der leichte, fast süßliche Sekt aus Italien. Und ich muss sagen, er schmeckt mir ganz ausgezeichnet. Bei der Getränkeauswahl zu ihrem Fest hat sich Sue von keinem reinreden lassen und hat schon vor Tagen Berge an Prosecco, leichtem Weiß- und Roséwein für die Frauen und Bier für die Männer eingekauft. Am Vormittag des Festtages will Sues Mam für die Kinder noch ihre allseits beliebte Limonade machen, die ich noch in sehr guter Erinnerung habe. Da sie in den letzten Jahren viele neue Limonaden kreiert hat, wird es wohl davon eine tolle Auswahl geben. Ich vertrage nicht sehr viel Alkohol, also werde ich mich daran halten.
Sue liebt Fisch und so werde ich 3 verschiedene gebeizte Fische herstellen. Mein Klassiker, der auf keinem Fest fehlen darf, Graved Lachs aus einem wunderbaren zartem Lachsfilet, ein schwarzes Heilbuttfilet und eines aus einem Thunfisch. Mit Thunfisch habe ich nicht allzu viel Erfahrung, aber das letzte Mal war er auch sehr gut angekommen. Dem wunderbaren Thunfisch heute Morgen konnte ich einfach nicht widerstehen. Da das Beizen von rohem Fisch eigentlich eine sehr einfache Sache ist und man wunderbar mit Gewürzen und Kräutern spielen kann, lasse ich hier meiner Kreativität freien Lauf. Die Fischleckereien werden dann am Samstag noch mit verschiedenen geräucherten Spezialitäten und Meeresfrüchten angereichert, die es glücklicherweise in Hülle und Fülle gibt.Das Putzen und Entgräten des Lachses nimmt die meiste Zeit in Anspruch, aber mit meiner Erfahrung ist auch dies zügig erledigt. Und nach nicht mal einer Stunde kann ich die Fische zum Kühlen und Durchziehen in den Kühlschrank stellen. Ich bin sehr froh, dass mir Sues Mam mit einigem Geschirr aushelfen konnte.
Nachdem ich jetzt noch fast drei Stunden Zeit habe, bis ich so gegen acht mit Sue zu unserem Mädels-Abend aufbreche, mache ich mich noch geschwind an die Aspik-Spezialitäten. Auch hier kann man wunderbar mit Gewürzen spielen, aber auch mit dem Sud des Aspiks. Außerdem werde ich zur Dekoration auch ein paar Gelantinos machen, die sicherlich die Gäste überraschen werden. Und so bin ich wieder ganz in meinem Element und tauche ab in meine Erinnerungen an längst vergangene Studientage.
Nachdem ich den Job bei Jims Vater erhalten hatte und mich so in einem geregelten Arbeits- und Studienrhythmus eingefunden habe, habe ich Sue, damit wir uns öfter sehen, ein gemeinsames Hobby vorgeschlagen. Schon lange hatte ich mit Taiji und QiGong geliebäugelt und als dann eine junge Chinesin – ebenfalls Studentin, ich glaube, Jura war es – zur Aufbesserung ihrer Studienfinanzen Kurse mit QiGong und Taiji ins Leben gerufen hat, war ich sofort dabei. Und so habe ich Sue dann wieder wöchentlich gesehen und wir genossen unsere Abende. Wir begannen mit QiGong und uns tat sich eine neue Welt auf. Sue, die ewig hibbelig und ungeduldig war, wurde ruhiger, und ich, die unter enormen Stress durch das Studium und der Arbeit stand, fand dadurch einen Ausgleich. Nach einem halben Jahr, meinte unsere Kursleiterin Li, dass sie sich freuen würde, wenn wir jetzt auch zu ihrem Taiji-Kurs kommen würden. Nachdem Sie mir zu liebe den Kurs noch mal um eine Stunde verlegt hat, damit ich dran teilnehmen kann, war ich sofort dabei.
Sue, welche durch ihre Tanzleidenschaft ein sehr gutes Körpergefühl hat, war mir natürlich meilenweit voraus. Ich, in meiner fast schon burschikosen Art, tat mich anfangs mit den weichen, fließenden Bewegungen deutlich schwerer. Da ich aber nicht so schnell aufgebe, fand ich nach einigen Monaten den richtigen Dreh und es fing an, mir wirklich Spaß zu machen. Sue war durch ihr Tanzen an viele und lange Schrittfolgen gewohnt und auch ich hatte keine Probleme, mir die einzelnen Bilder zu merken. Ich hatte ein tägliches Training aufgenommen, und so konnte ich am Ende meines Studiums ohne Unterstützung, die ganzen 104 Bilder der langen Form des Taiji Yuan selbstständig laufen. Nicht nur, dass ich meinen ganzen Stress während der Übungen hinter mir lassen konnte, es gab noch einen anderen positiven Effekt.
Li hatte für uns mit Hilfe von Sues Unterstützung einen Raum in einer Tanzschule gemietet, der rundherum verspiegelt war. Das half uns, unsere Bewegungen genauer zu kontrollieren. Damit war man allerdings auch gezwungen, sich die ganze Zeit im Spiegel zu beobachten und anzuschauen. Zugegebenermaßen war es für mich am Anfang sehr schwierig, dies zu tun. Ich beobachtete lieber die anderen, als mich selbst. Erst mit der Zeit gewann ich ein wenig Selbstvertrauen und schaute mir bewusst zu. An Selbstbewusstsein hat es mir nie gemangelt. Ich wusste, wo meine Stärken lagen, aber ich fand immer die anderen Mädchen hübscher und später femininer. Erst in dieser Zeit schloss ich mit meinem Körper Frieden. Ich fand mich zwar immer noch zu dünn; meine Beine waren zwar schlank, aber ich hatte längst kein Auftreten wie eine Tänzerin. Nur ganz selten wagte ich mich in Schuhe mit einem etwas höheren Absatz. Dann stakste ich mehr wie ein Storch durch die Gegend und es endete eher in einem Desaster, als dass ich damit die Jungs auf mich aufmerksam machen konnte. Dies änderte sich ganz langsam, je länger ich Taiji machte. Manchmal zog ich inzwischen auch ein Sommerkleid oder einen Rock an, dazu ein paar Sandaletten. Wenn ich ganz mutig war, legte ich auch etwas Make-up auf, einen leichten Lidschatten und etwas Wimperntusche. Ganz dezent, so dass ich nicht gleich wie eine Barbie durch die Gegend lief. Meine blonden Locken ließen mich immer gleich hervorstechen und alle Aufmerksamkeit auf mich ziehen, was mir meist sehr unangenehm war. Daher trug ich sie gern zu einem Zopf gebunden, am besten noch unter einer Kappe versteckt. Mit meinem gewachsenen Selbstbewusstsein als junge Frau verschwanden auch diese Dinge. Die Hosen wurden femininer, immer lieber trug ich auch mal eine zarte Bluse oder ein fröhliches Kleid. Gegen Ende meines Studiums hätte mich kaum einer wiedererkannt, der mich nur einmal zu Studienbeginn gesehen hat.Diese Wandlung ging natürlich nicht unbemerkt von statten und so wurde ich immer häufiger eingeladen. Im Architekturbüro wurden mir viele Komplimente gemacht und ich hoffte, dass ich trotzdem noch fair auf Grund meiner Leistungen beurteilt wurde.
Da ich inzwischen kleinere Projekte, zum Beispiel den Umbau eines Ladenlokals oder Erweiterungen an einem Einfamilienhaus fast komplett allein durchführen durfte, hatte ich genügend Selbstvertrauen. Jims Vater überließ mir gern die Präsentationen bei größeren Ausschreibungen, da er meine Wirkung auf die potenziellen Auftraggeber sehr wohl einzuschätzen wusste. Viele kannten mich schon seit einiger Zeit durch meine Arbeit im Büro und wussten durchaus meine Kompetenz zu schätzen. Mit meiner Leidenschaft für die Architektur präsentierte ich nicht nur meine eigenen Entwürfe, sondern auch gern, wenn wir in gemeinschaftlicher Arbeit bei größeren Gebäuden etwas entwickelt hatten.
Und so kam es jedem ganz selbstverständlich vor, dass ich nach meinem Studium bei Jims Vater eine Festanstellung bekam. Natürlich hat auch Jim bei seinem Vater angefangen und wir haben weiterhin gut zusammengearbeitet.
Meine Studienabschlussarbeit war ein großzügiges Einfamilienhaus für meine Freundin Sue. Irgendwann, bei einem unserer Abende, bei einem kühlen Glas Weißwein, ist sie mit dem Wunsch an mich herangetreten, dass ich Ihr doch ihr neues Zuhause entwerfen soll. Ich war gerührt, dass sie an mich gedacht hat. Aber als sie meinen erstaunten Blick sah, hat sie nur gelacht und gemeint: „Ich warte doch nun schon seit Jahren, dass du dein Studium beendest, um endlich mein Traumhaus zu bauen. Du kennst mich seit Kindertagen, verstehst mich und daher bin ich mir sicher, dass es auf jeden Fall mein Traumhaus wird“. Mir kamen die Tränen und ich wusste gar nicht, was ich erwidern sollte und so nahm ich sie einfach in meine Arme.
Nachdem ich ihr meine Vorschläge für eine Abwicklung erläutert hatte und dass ich gern mit Jim in der Bauausführung zusammenarbeiten möchte, war sie mit allem einverstanden. Lediglich bei der Gestaltung des Gartens bzw. bei der Größe des Parks könne ich ihr nicht selbst weiterhelfen, würde aber gern Jims Vater nach Kontakten fragen. Da das Büro eher auf Firmengebäuden und Ladenlokale spezialisiert ist, ist die Nachfrage bei Ihnen nach einem Landschaftsgärtner nicht sehr hoch. Sie sagte, dies sei kein Problem, habe sie doch vor Kurzem eine Reportage über einen Landschaftsarchitekten der Gegend gesehen und sich schon seine Kontakte besorgt.Und damit hatte ich sozusagen meinen ersten Auftrag in der Tasche. Auch wenn hier wohl Vitamin B ausschlaggebend war. Trotzdem, ich war stolz darauf und wollte Sue und Pete nicht enttäuschen, auch wenn sie mir immer wieder sagten, dass das gar nicht möglich sei.
Sue und Pete waren nun seit 7 Jahren ein Paar, sie wohnten längst in einem hübschen Appartement zusammen und träumten von einem eigenen Haus und einer kleinen Familie. Vor einem halben Jahr hatten sie geheiratet. Es war eine kleine, feine Hochzeit. Gefeiert wurde bei Petes Eltern auf dem Anwesen. Pete arbeitete sehr erfolgreich als Anwalt. Sie hatten sich ein traumhaftes Grundstück mit leichter Hanglage von fast 3 ha gekauft und nun wollten sie, dass ich Ihnen Ihre Traumvilla dafür entwarf. Jedes Mal, wenn ich an diesen Moment zurückdenke, werde ich sentimental, war es doch der Anfang von allem …
Plötzlich reißt mich das Klingeln der Haustür aus meinen Gedanken. Na, das wird wohl Sues Mam sein, die zur Betreuung von Luke und Mary heute Abend vorbeischaut. Das heißt aber auch, dass ich mich jetzt beeilen muss, damit ich rechtzeitig fertig bin, wenn wir aufbrechen wollen. Sues Mam begrüßt mich mit einem dicken Küsschen auf die Wange, haben wir uns doch schon seit einiger Zeit nicht mehr gesehen. Sie und ihr Mann sind erst vor ein paar Tagen aus dem Urlaub, gerade noch rechtzeitig zu Sues Fest, zurückgekommen. Obwohl ich normalerweise beim Kochen sehr auf Ordnung bedacht bin, ist heute hier in der Küche das Chaos ausgebrochen. Ich werde wohl nicht mehr rechtzeitig fertig, als sie mir einen leichten Klaps auf den Hintern gibt und mich mit einem Lächeln aus der Küche verscheucht…Ich flitze schnell auf mein Zimmer. Bevor ich ins Bad renne, stecke ich kurz noch meine Nase in das Zimmer von Mary, wo mein Sohn mit ihr andächtig spielt, und genieße im nächsten Augenblick das kühle Wasser, welches mir über den Rücken läuft. Nachdem ich fast 6 Stunden in der Küche gestanden habe, ist es eine Wohltat. Flink seife ich mich ein, die Haare habe ich zusammengebunden, da ich jetzt keine Zeit mehr habe, sie zu waschen und hoffe, dass sie nach der ganzen Küchenarbeit nicht allzu sehr riechen.
Inzwischen sind meine Haare eher in einem haselnussbraun, das Blond ist gewichen, so wie auch bei meiner Mam. Dies muss also irgendwie an der Veranlagung liegen. Ich gefalle mir mit meinen Haaren sehr gut. Meine Augen sind von einem ebenfalls sehr hellen Braun, fast möchte man meinen, die Haare haben sich den Augen angepasst.
Daher bevorzuge ich heute goldene Töne, als Make-up oder in Tüchern, Schmuck trage ich eher selten. Durch meine jahrelange Erfahrung als Single-Mama bin ich es gewöhnt, mich in Windeseile fertig zu machen und so stehe ich pünktlich, mit einem kleinen Keuchen auf den Lippen, um 8 Uhr auf der Terrasse vor Sue.
Sie ist ganz überwältigt, dass ich schon da bin und was ich den ganzen Tag so erledigt habe. Natürlich hat sie mitbekommen, dass erst ihre Mam mich aus der Küche verscheucht hat und so mit einer schönen Verspätung gerechnet. Aber nicht mit mir. Mein Zeitmanagement ist unübertroffen. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht hakt sie sich bei mir unter, winkt noch kurz zum Haus zurück, wo Mary, Luke und ihre Mam in der Tür stehen und uns einen schönen Abend zurufen.
Wir haben uns recht zeitig auf den Weg gemacht, da wir nicht zu spät zurück sein wollen. Schließlich ist morgen ein anstrengender Tag voller Arbeit für mich. Wir wollen in einem gemütlichen kleinen Café am See etwas essen und im Anschluss noch in eine Bar gehen. Sue hat es ja immer noch nicht aufgegeben, den richtigen Mann für mich zu finden. Ich weiß zwar nicht, wie ich in meinem Leben noch Platz für einen Mann finden soll, und schon gar nicht hier, wo ich doch fast 2000 km weg wohne, aber ich will ihr ihren Spaß lassen.
Erst heute Abend haben wir mal ein paar Stündchen für uns, waren doch in den vergangenen 14 Tagen immer unsere Kinder mit dabei. Keine Frage, wir lieben beide unsere Sprösslinge, sind sie doch der Mittelpunkt unseres Lebens. Aber so zwischendurch mal ein bisschen durchatmen zu können, ist auch nicht verkehrt.
Sobald wir im Café sind, was allerdings eher ein 24h-Café und zu jeder Tageszeit gut besucht ist, komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es hat erst vor ein paar Wochen eröffnet, und schon viele Anhänger gefunden. Wir finden noch ein Plätzchen an einem kleinen Brunnen, wo uns das Plätschern des Wassers umhüllt. Und so kommen wir ins Erzählen, meist über unsere Kinder. Viel Gelächter über die kleinen peinlichen Situationen, die täglichen Verzweiflungen. Nur kurz unterbrochen von einem netten Kellner, der uns nach unseren Wünschen befragt. Und dann geht unser Geplapper fröhlich weiter.
Doch hin und wieder versucht Sue, das Gespräch auf mich und mögliche Männer zu lenken. Ihre Neugier ist einfach zu groß.
Natürlich habe ich die eine oder andere kurze Affäre gehabt, seit ich vor 5 Jahren hier weggezogen bin. Aber nichts hielt für länger. Meist schaffte ich es nicht, alles unter einen Hut zu bringen. Karriere, Kind und Mann – und so blieb der Mann auf der Strecke und ich in meinem Leben zurück. Aber eigentlich war es auch nie so, dass ich unbedingt mit diesem einen Mann zusammen sein wollte. Zuletzt, als ich kurz davor war mich zu verlieben, und mich schon in diversen Gedankenspielen verfing, stellte ich fest, dass er eigentlich nur hinter meinem Geld her war. Ich bin inzwischen eine sehr erfolgreiche Architektin, verdiene sehr gut, und da ich keine Zeit zum Geld ausgeben habe, hat sich ein beträchtliches Sümmchen angesammelt. Nach dieser Erfahrung bin ich den Männern gegenüber noch skeptischer. All dies erzähle ich Sue mit viel Ausschmückungen und lockeren Herzens. Es tut nicht weh und nur in den seltensten Momenten fühle ich mich einsam.
Und doch kommt Sue immer wieder auf das eine Thema zurück:„Erzähl mir doch endlich, wer Lukes Vater ist“ Und ich erwidere jedes Mal, mit einem kleinen Stich im Herzen: „Es war der Gärtner.“Natürlich weiß sie nicht, wie dicht ich Ihr damit die Wahrheit erzähle. Denn viel mehr weiß ich ja selbst nicht. Ich habe ihr erzählt, dass es ein One-Night-Stand war, dass ich mich noch nie so begehrt und gut gefühlt habe, dass ich noch nie so ein Verlangen nach jemandem verspürt hätte, dass ich aber nicht wüsste, wer er wirklich ist. Und dem ist auch so, ich weiß es wirklich nicht.
Langsam verblassen die Erinnerungen an sein Gesicht, aber diese samtenen dunkelbraunen Augen, das Auflodern seines Verlangens an diesem magischen Abend, das Gefühl, wenn meine Hände durch seine langen schwarzen Haare fuhren, werde ich wohl nie vergessen können. Und ich bin sehr froh, dass Luke meine Augen geerbt hat. So werde ich nicht tagein, tagaus an ihn erinnert.
Aber auch heute gibt sich Sue nicht mit meiner Erzählung zufrieden, sagt, dass ich ihr doch vertrauen könnte und so langsam wird mir klar, dass sie es nach der ganzen langen Zeit schon als Vertrauensbruch ansieht, dass ich mich ihr noch nicht anvertraut habe. Aber ich habe es einfach noch keinem erzählt.
Als meine Eltern von meiner Schwangerschaft und dem unbekannten Vater erfuhren, haben sie mir zwar halbherzig ihre Unterstützung angeboten, aber auch lapidar gemeint, „du weißt schon, was es bedeutet“. Damit war die Sache für sie erledigt, ihre Unterstützung damit nur pro forma.
Mein Chef, Jims Vater, war wirklich enttäuscht, dass ich die Stadt verlassen würde. Auf der anderen Seite verstand er, dass ich in einer so kleinen Stadt wie unserer nicht als Alleinerziehende dastehen wollte. Er sicherte mir ebenfalls seine Unterstützung zu und ich glaube, dass ich ihm auch meinen guten Neustart zu verdanken habe. Immerhin bot er mir an, als Referenz zu dienen und dies bedeutete mir mehr, als alles Geld der Welt. Jim selber wünschte sich, dass wir in Kontakt blieben, was wir ja auch auf beruflicher Ebene gemacht haben. Was er wirklich über meine Schwangerschaft dachte, weiß ich nicht und werde es wohl auch nie erfahren.
Und Sues Eltern waren einfach zauberhaft. Sie unterstützen mich in Form eines Kredites, so dass ich mir eine Wohnung kaufen konnte, um als Selbstständige zu starten. Natürlich durfte sie nicht zu klein sein, schließlich wollte ich nicht zusätzlich ein Büro anmieten müssen, außerdem musste ich natürlich auch potenzielle Auftraggeber empfangen können und für das Baby sollte auch ein Zimmer extra sein. Mit viel Glück fand ich eine hübsche Wohnung, die zwar etwas renovierungsbedürftig war, doch mit ein paar Eimern dezenter Farbe, habe ich schnell eine ansprechende Wohnung für mich daraus gemacht. Noch war ja Luke nicht auf der Welt …
Mit großen Augen sieht mich Sue an, erkennt, dass ich schon längst mit meinen Gedanken ganz wo anders bin und um sie zu beruhigen, sage ich schnell, „Es ist auf deiner Hauseinweihungsparty passiert … und er sagte wirklich, dass er der Gärtner sei“. Dann überkommt mich plötzlich ein großes Gefühl von Einsamkeit und mir kullert eine erste Träne über die Wange. „Du kannst mir vertrauen. Erzähl mir von deiner Einsamkeit, die du nun schon so lange mit Dir herumträgst“. Bei diesen Worten wird mir erst bewusst, wie verlassen ich mich tatsächlich fühle, und dass ich mich immer noch nach seinen Augen und seiner Umarmung sehne. Und dann bricht aus mir die ganze Geschichte heraus …
„Du erinnerst dich doch sicherlich noch an Deine Hauseinweihungsparty. Da du keine große Hochzeitsfeier hattest, sollte es diesmal ein riesiges Fest werden. Alle, die an der Entstehung des Hauses und des Gartens mitgewirkt hatten, jeder Handwerker, jeder Planer, jeder Gärtner, alle Eure Freunde und Eure Familien sollten mit euch feiern. Das Richtfest war wegen des Wetters ins Wasser gefallen und so ließest Du Dich von deiner Idee nicht abbringen. Und da Pete Dir sowieso keinen Wunsch abschlagen kann“, sagte ich mit einem Lächeln „wurde das Fest geplant“. Ich trinke einen Schluck, bevor ich fortfahre.
„Da Jim die Bauleitung übernommen hatte und ich nach der Planungsphase nur noch sehr selten auf der Baustelle war, habe ich euren Landschaftsarchitekten und seine Gärtner bis zu diesem Abend nie kennengelernt. Außerdem war ich in drei anderen Projekten eingebunden und hätte für einen Besuch gar keine Zeit gehabt. Sue, du erinnerst dich vielleicht daran, dass ich höchstens in den Abendstunden mal vorbeikam, um mit Dir über die Innenausstattung zu diskutieren … Selbst am Abend der Feier kam ich sehr spät an, ein Großteil der Gäste war bereits da und du hattest alle Hände voll zu tun. Und so kam niemand auf die Idee, mich irgendjemandem vorzustellen. Lange Zeit unterhielt ich mich mit meinen Kollegen von der Bauausführung und dem einen oder anderen Meister, den ich schon auf anderen Baustellen kennengelernt hatte. So plätscherte für mich der Abend ganz entspannt dahin. Mit einem Glas gekühlten Weißwein und nach etwas Ruhe nach der anstrengenden Woche suchend, um etwas entspannen zu können, trat ich auf Eure seitlich gelegene Terrasse. Da ich ein paar Minuten für mich allein sein wollte, stellte ich mich etwas abseits an das Terrassengeländer angelehnt, schloss die Augen und lauschte dem Gemurmel. Es lullte mich etwas ein und so merkte ich nicht, dass jemand neben mich getreten war. Er verhielt sich ganz ruhig, schien mich zu beobachten. Nachdem ich das Gefühl hatte, nicht mehr allein zu sein, öffnete ich die Augen und drehte mich langsam nach links. Und da sah ich sie das erste Mal: seine samtbraunen Augen empfingen mich mit einem kleinen Lächeln. Da er mich nicht verunsichern wollte, stellte er sich kurz vor: „Ich bin Tom, der Gärtner“. Noch immer war ich sprachlos, seine Augen zogen mich in seinen Bann. Dann erwiderte ich: ‚Ich bin Liz und arbeite im Architekturbüro.‘“
Sue zieht eine Augenbraue hoch, da sie es gar nicht mag, wenn ich mein Licht so unter den Scheffel stelle.Aber ich mag es nun mal nicht, wenn alle Aufmerksamkeit auf mir ist.
„Und so drehte ich mich wieder um, erzählte ihm, wie traumhaft ich den entstandenen Garten finden würde und ich noch gar nicht glauben könnte, dass hier vor nicht allzu langer Zeit noch eine Weide gewesen sei. Nachdem ich nun nicht mehr ständig in seine Augen schaute, erzählte ich ihm, dass ich kein Pflanzen-Händchen hätte und daher alle bewundere, die solche Gartenträume entstehen lassen könnten.
Nachdem er nichts darauf erwiderte und ich mich anschickte, wieder in die Menge zu gehen, bot er mir an, mich durch den Garten zu führen und mir das ein oder andere zu erklären. Da ich nicht sehr erpicht darauf war, zu den anderen zurückzugehen, nahm ich sein Angebot an. Er fragte, ob ich noch ein Glas Weißwein möchte und als ich ablehnte, nahm er mir mein leeres Glas aus der Hand. Dabei berührten seine Finger nur den Bruchteil einer Sekunde meine, und dies elektrisierte mich dermaßen, dass ich gar nicht wusste, wie mir geschah. Er hatte anscheinend nichts mitbekommen, denn kurz nachdem er mein Glas zurückgestellt hatte, kommt er auf mich zu, nimmt mich mit einem Lächeln an die Hand, als sei es das natürlichste der Welt.“
Kurz unterbreche ich mich, nippe an meinem Glas und merke, dass alle Erinnerungen wieder da sind. Nichts ist verblasst, alles so klar wie am Tag und in den ersten Wochen danach. Sue legt mir ihre Hand auf meine und möchte mir damit signalisieren, dass ich weitererzählen soll. Und jetzt, da ich darüber mit ihr spreche, fühle ich eine große Erleichterung. Und so fahre ich fort:
„Nachdem er mich ein Stück in den Garten geführt hat, beginnt er langsam mit seiner sehr tiefen Stimme mir im Detail von der Entstehung des Gartens zu erzählen. Welche Pflanzen sie kombiniert haben, wann was angepflanzt wurde, in welchen Farben und Düften der Garten erstrahlen wird. Ein Gartentraum entsteht vor meinem inneren Auge.Dabei hält er die ganze Zeit noch immer meine Hand und als er sie plötzlich los lässt, weil ihm gar nicht bewusst war, dass er sie noch hielt, fühle ich eine große Leere. Wir sind nun schon ein ganzes Stück in den Garten vorgedrungen, das Licht vom Haus reicht nicht bis hier her und die vereinzelt aufgestellten Lampen scheinen nicht bis zu uns. Wir sind in Gedanken. Ich grüble, wie ich ihn zum weiteren Sprechen bewegen könnte, einfach nur, um seiner Stimme weiter lauschen zu können. Aber auch, um nicht selber sprechen zu müssen, da ich einen dicken Klos im Hals fühle. Und eine unglaubliche Anziehungskraft. Er ist der Traum von einem Mann. Als Gärtner ist er viel draußen und seine Haut ist von einem zarten Braun. Die athletische Figur kann ich nur erahnen, da die Dunkelheit immer dichter wird. Als ich mich ihm zuwende, sehe ich ein Leuchten in seinen Augen.
„Liz, Sie sind sehr schön. Der Mond streichelt ihr zartes Kleid und ihr Haar.“ Und kurze Zeit später ist es nicht mehr der Mond, der meine Haare streichelt, sondern er. Ganz vorsichtig legt sich seine Hand auf mein Haar, dann auf meine Wange und wandert in meinen Nacken. Dabei lassen mich seine Augen keinen Moment los und ich versinke in seinen. Ich bin hin und weg. Mein Nacken lege ich etwas stärker in seine Hand und er nimmt es als Zustimmung, dass mir gefällt, was er macht. Und mit einem kleinen Wimpernschlag lade ich ihn ein, weiter zu gehen. Und dann senken sich seine Lippen, erst ganz zart, später immer intensiver auf meine. Ich kann nicht anders, als seinen so sinnlichen Kuss zu erwidern, meine Lippen zu öffnen und ihn mit meiner Zunge zu einem Tanz einzuladen. Bald legt er seine andere Hand auf meinen Rücken und zieht mich sanft, aber bestimmt an sich heran. Diese Liebkosung lässt meine Beine ganz schwach werden, er bemerkt mein Schwanken und zieht mich noch heftiger an sich. Nun kann ich seine Erregung noch mehr spüren, sie lässt mich vor Lust erschaudern. Ich hebe meine Arme und fahre ihm erst sanft, dann immer wilder durch seine lockigen kinnlangen Haare. Unsere Zungen spielen weiter miteinander und nehmen nur vorweg, was unsere Körper gerne möchten. Sein Arm schiebt sich meinen Rücken herauf und als er mich an sich presst, und die Härte meine Brustwarzen durch mein Kleid und sein Hemd spüren kann, entweicht ihm ein kurzes tiefes Stöhnen. Mein Herz klopft wie wild. Wie kann ich ihm nur zu verstehen geben, dass ich ihn will, hier, jetzt in dieser Minute und für mich kein Morgen zählt. Ich merke wie ich feucht werde und mich danach sehne, dass er seine Hand auf meine Scham legt und seinen Tanz an anderer Stelle fortführt.Er löst sich kurz von mir, blickt mir in die Augen und in seinen sehe ich ein Verlangen, das lodert und das ich seitdem nicht mehr vergessen kann. „Liz, was machen Sie nur mit mir, ich begehre Sie, ich möchte Ihnen Gutes tun“ flüstert er an meinem Ohr. Und ich kann nur erwidern: „Ich möchte dich“. Da nimmt er mich auf den Arm, trägt mich ein Stück zur Seite und legt mich ganz sanft ins Gras. Und dann fangen seine Hände und seine Zunge an, mich zu erkunden. Langsam streichelnd gleitet seine warme kräftige Hand mein Bein herauf, während sein Mund erst an meinem Ohr knappert, dann zu meinem Hals weiter gleitet und schließlich an meinem Dekolleté halt macht. „Ich möchte dich überall berühren, liebkosen“ flüstert er leise und wartet meine Einwilligung ab. Seine Vorsicht rührt mich, lässt aber auch immer größeres Verlangen in mir aufkommen.„Ja, berühre meine Brüste, streichle meinen Bauch“ fordere ich ihn auf und er lässt es sich nicht zweimal sagen. Mit einer unendlichen Sanftheit streichelt er über meine Brust, meine Brustwarzen ziehen sich unter seiner Berührung noch mehr zusammen und dann spielt er mit seiner Zunge ganz sanft durch den Stoff meines Kleides an meinen Spitzen. Da ich nun meine Hände auch nicht mehr still halten kann, entdecke ich seinen festen Bauch, seine muskulösen Arme und seinen Po. Als sich meine Hände nach vorn wagen und sich ganz sanft auf seinen Penis legen, bittet er mich: „Fass kräftiger zu, ich sehne mich nach deinen Berührungen“. Und auch seine Hand wandert weiter nach unten, streichelt kurz meinen Bauch und legt sich dann auf meine Scham. Dies elektrisiert mich noch mehr, dass ich mich ihm entgegenstrecke, ein Hohlkreuz mache und mich ihm so darbiete. Dann geht alles ziemlich schnell. Wir stehen auf, er entledigt sich seiner Hose und seines Hemdes, streift mir die Träger meines Kleides über die Schultern und nachdem er den Reißverschluss am Rücken geöffnet hat, gleitet es an mir herab. Wir gehen aufeinander zu, unsere Zungen verbinden sich wieder zu ihrem erotischen Tanz und unsere fast nackten Körper berühren sich zum ersten Mal. Was für ein magischer Moment. Sein Glied wird immer größer und ich habe den Wunsch, ihn in meinen Händen zu massieren und ihm Lust zu bereiten. Meine Hand gleitet nach unten, nimmt ihn in die Hand und als ich am Gummi seiner Boxershorts spiele, kommt er mir zuvor und zieht sie kurzerhand aus. Und so kann ich ihn zum ersten Mal in seiner ganzen Männlichkeit bewundern. Ich streichle ihn sanft, meine Finger schließen sich um sein Glied. Er stöhnt leise auf „Liz, Liz…“. Dann endlich öffnet er auch meinen BH, streift ihn mir ab und mit einer unendlichen Zärtlichkeit liebkost er nun mit seiner Zunge meine Brustwarzen, die sich ihm entgegenstrecken. Mein Verlangen wächst immer weiter und Tom spürt es. Er lässt seine Hände über meinen Po gleiten, und zieht mir ganz langsam mein String aus. Als er dann seine Hand auf meinen Kitzler legt, fange ich an zu stöhnen und raune nur „Tom, Tom“. Ich weiß, dass ich mit nur wenigen weiteren Berührungen einen Orgasmus bekommen werde und weiß nicht, ob er das auch möchte. Ich blicke zu ihm auf und in seinen Augen sehe ich, dass er mir erst diese Lust schenken möchte, bevor er an sich selbst denkt. Und so lege ich meinen Kopf an seine Brust, höre das Schlagen seines Herzens und gebe mich ganz seinem Fingerspiel und meiner Lust hin. In nur wenigen Sekunden überkommt mich ein lang anhaltender, sehr intensiver Orgasmus. So etwas habe ich noch nie erlebt. Meine Anspannung weicht von mir, eine kleine Träne rollt mir über die Wange und als er das sieht, halte ich ihm nur meinen Mund für einen weiteren zärtlichen Kuss entgegen, der mit der Zeit immer fordernder wird. Während unsere Zungen miteinander spielen, erinnere ich mich, dass er noch nicht zum Zuge gekommen ist und ich fange wieder an ihn zu streicheln. Diesmal hindert er mich nicht daran, als Zeichen dafür, dass er jetzt auch auf seine Kosten kommen möchte. Nachdem sein Atem immer schneller wird, sein Glied immer steifer, löst er sich kurz von mir, geht zu seiner Kleidung, greift in seine Hosentasche und holt ein Kondom heraus. Mit einem kräftigen Ruck, reißt er die Verpackung auf und streift sich das Kondom über sein erregtes Glied. Dieser Anblick lässt mich vor Lust aufstöhnen. Ein kurzes Lächeln geht über seine Lippen, als er mich hört. Er geht mit schnellen Schritten auf mich zu, zieht mich nach unten und bedeutet mir, das ich mich auf ihn setzten soll. Er legt sich auf den Rücken und überlässt es also mir, wie schnell er in mich eindringen kann. Da ich unsere Lust noch etwas verlängern möchte, lasse ich mich ganz langsam auf ihn herunter. Und unter dieser zarten Bewegung habe ich den Eindruck, dass sein Penis noch weiter anschwillt. Nach ein paar weiteren sanften Bewegungen fange ich an, mein Becken zu rollen und nehme ihn ganz in mir auf. Seine Augen liegen auf mir, beobachten meinen langsamen sinnlichen Tanz. Noch kann er sich zurückhalten, aber ich sehe, wie es ihm immer schwerer fällt. Er spielt mit meinen Brustwarzen und alle diese Signale kommen in meinem Bauch an. Langsam merke ich, wie eine neue Welle der Lust mich überkommt und meine Bewegungen werden heftiger. Da packt mich Tom an meinen Becken und bestimmt ab jetzt meine Bewegungen. Sein Penis dringt nun immer kräftiger, fordernder in mich ein und mit einer unglaublichen Wucht komme ich. In diesem Augenblick kommt auch Tom, ein starkes Zucken durchfährt mich und wir verbinden uns in unserer Lust. Ich lege mich sanft auf seine Brust und behalte ihn noch eine Weile in mir, um das Gefühl des Danach zu genießen. Fast wünschte ich mir, ich könnte hier so einschlafen und morgen mit ihm gemeinsam aufwachen.Nach einer halben Ewigkeit oder auch nur ein paar wenigen Minuten lösen wir uns voneinander. Wir sammeln unsere Kleider ein und er hilft mir mit unendlicher Zärtlichkeit, mich wieder anzuziehen. Dabei bedeckt er meinen Nacken und meinen Hals mit unendlich vielen Küssen, so als wollte er meinen Geschmack mit sich nehmen. Dann zieht er sich ebenfalls an und wir gehen zurück zum Haus.
Irgendwann lässt er meine Hand los, gibt mir einen letzten zarten Kuss und verfällt in einen oberflächlichen Plauderton. Er erzählt etwas, was ich nicht erinnere, so sehr bin ich in meinem Gefühl verhangen. Er bringt mich sogar einige Male zum Lachen, und so kommen wir für alle anderen Gäste nach einem kleinen Spaziergang wieder zurück. Kaum sind wir bei der Menge, kommt ein anderer junger Mann auf ihn zu, und meint, sie müssten nun langsam los, wenn sie Morgen pünktlich vor Ort sein wollen. Der Fahrer wäre schon da und alle würden nur auf ihn warten. Kurz dreht er sich noch mal zu mir um, ein kurzer Blick in seine Augen verrät mir eine große Unsicherheit und Traurigkeit, wie er mit der Situation umgehen soll. Dann winkt er mir kurz zu und ist verschwunden.“
Sue hat mir ganz gespannt gelauscht und fragt nur „Und er ist der Vater von Luke?“ Ich nicke ihr zu, da es mir gerade die Sprache verschlägt. „Ich weiß nicht, was mit dem Kondom passiert ist, ich weiß nur, dass ich mit keinem anderen sonst in dieser Zeit geschlafen habe und daher er als Einziger infrage kommt. Ich habe dir doch schon immer gesagt, dass es der Gärtner war.“ Und dann bricht Sue in Lachen aus und ich kann nur mit einstimmen.
Natürlich erzähle ich ihr auch von meiner Unsicherheit und den Ängsten, nachdem ich festgestellt hatte, dass ich schwanger war und von meinem Entschluss, noch mal woanders anzufangen. Und von der Frage, die mich die ganze Zeit umtreibt: Warum hat jemand an so einem Abend ein Kondom in der Hosentasche? War er auf eine kurze schnelle Nummer aus? War alles nur Spiel für ihn?
Aber auf diese Fragen hat auch Sue keine Antwort für mich und so versuche ich, das Thema zu wechseln. Aber meine Gedanken wandern immer wieder zu jenem Abend zurück. Sue gesteht mir, dass sie sich an den Abend nicht mehr so detailliert erinnern könne, es waren einfach zu viele Gäste vor Ort, die meisten habe sie ja selbst nicht gekannt …Aber den Landschafts-Architekt könne sie mir zu ihrem Fest vorstellen, denn schließlich wären sie heute mit ihm befreundet. Vielleicht erinnert er sich ja noch an seinen Gärtner von damals ... Doch ich winke ab.