13,99 €
Noch nie zuvor war unsere Gesellschaft so sehr der hedonistischen Philosophie verfallen: Genuss, Lust sowie das Vermeiden von Schmerz und Leid gelten dabei als höchstes Ziel. Maßloser Konsum, steigende Lebenshaltungskosten, die Negierung von wirtschaftlichen und politischen und den damit verbundenen finanziellen Herausforderungen sind heutzutage ein großes Thema und betreffen auch die kommenden Generationen. Die Philosophie der Stoa kennt einen Ausweg aus der YOLO-Gesellschaft und bietet einen Weg für Freiheit, finanzielle Erfolge und Stabilität. Statt durch Gier erlangt der finanzielle Stoiker seinen Erfolg durch die Tugenden der Stoa – Weisheit, Mut, Disziplin und Sinn für Gerechtigkeit –, um die derzeitigen Herausforderungen zu meistern. Niclas Lahmer zeigt in seinem neuen Buch, wie der Leser die stoischen Prinzipien erlernen kann, um finanzielle Unabhängigkeit und Freiheit zu gewinnen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 380
Veröffentlichungsjahr: 2025
NICLAS LAHMER
DER FINANZIELLE STOIKER
WIE SIE ZU DAUERHAFTEM ERFOLG, FINANZIELLER UNABHÄNGIGKEIT UND ECHTER SEELENRUHE FINDEN
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.
Für Fragen und [email protected]
Wichtiger HinweisZum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.
Originalausgabe, 1. Auflage 2025 © 2025 by Finanzbuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH Türkenstraße 89 80799 München Tel.: 089 651285-0
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektro¬nischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.
Die im Buch veröffentlichten Ratschläge wurden von Verfasser und Verlag sorgfältig erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann jedoch nicht übernommen werden. Ebenso ist die Haftung des Verfassers beziehungsweise des Verlages und seiner Beauftragten für Personen – Sach- und Vermögensschäden ausgeschlossen.
Redaktion: Anne Büntig Korrektorat: Anke Schenker Umschlaggestaltung: Marc-Torben Fischer Umschlagabbildung: Kitta Studio / Adobe Stock Satz: Satzwerk Huber, GermeringeBook: ePUBoo.com
ISBN Print 978-3-95972-810-2 ISBN EPub 978-3-98609-584-0
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
www.finanzbuchverlag.de
Für Dorota, weil dein Glaube mich beflügelt.
Für Piotr, weil deine Weisheit mich inspiriert.
Für Dominik, weil du mir zeigst, was ein guter Mann ist.
Für Katja, weil deine Tüchtigkeit ein Vorbild ist.
Eure Tugendhaftigkeit soll als Beispiel leuchten,
hier und in alle Ewigkeit.
VORWORT
EINLEITUNG
Für wen ist dieses Buch?
Die finanziellen Stoiker der Antike
Die Bedeutung der Tugenden für finanziell intelligentes Handeln
Erfolg als Nebeneffekt
GELASSENHEITDER SCHLÜSSEL FÜR FINANZIELLEN ERFOLG
Memento Mori
Tode gibt es mehrere
Apatheia
Außerhalb Ihrer Kontrolle
Trichotomie der Kontrolle
Wer hofft, verliert
Amor Fati
Der kosmische Plan
SCHWEIGSAMKEITDISKRETION UND MÄSSIGUNG ALS FINANZIELLE ERFOLGSSTRATEGIEN
Der Raum zwischen Ihren Gedanken
Meiden Sie die Aufmerksamkeit anderer
Mäßigen Sie die Redseligkeit
Ciceros Lehre
Stilvoll tugendhaft
Memoria – einen Gedächtnispalast errichten
Pronuntiatio – Stimme und Körpersprache gezielt einsetzen
Stoische Logik für mehr finanzielle Stabilität
Die analytische Unterscheidung als Grundlage kluger Investitionsentscheidungen
Kognitive Verzerrungen
Die Verfügbarkeitsheuristik
Der Bestätigungsfehler
Der Herdentrieb der Anleger
Der Attributionsfehler: Warum Glück und Tugend eng miteinander verbunden sind
TÜCHTIGKEITWOHLSTAND ALS ERGEBNIS VON FLEISS UND DISZIPLIN
Aretê als Leitlinie für den finanziellen Stoiker
Lassen Sie sich nicht ablenken
Das Theaterspiel
Carpe Diem
Seien Sie ein nützliches Mitglied der Gesellschaft
Spielen Sie Ihre Rolle
Hören Sie auf zu jammern
Alles ist eine Übung
Kultivieren Sie die Disziplin
ENTSCHLOSSENHEITKLUGE ENTSCHEIDUNGEN TREFFEN FÜR MEHR WIRTSCHAFTLICHEN ERFOLG
Die Gefahr der blinden Entschlossenheit
Suchen Sie sich ein Vorbild
Verbessern Sie ihre Entscheidungsfähigkeit
Bewerten Sie Ihre Entscheidungen
Kennen Sie Ihre Variablen
Berücksichtigen Sie Entscheidungsmodelle
Der innere Hunger treibt uns an
Streben Sie nach Exzellenz in allem, was Sie tun
SPARSAMKEITFINANZIELLE WEISHEIT ALS SCHLÜSSEL ZU NACHHALTIGEM WOHLSTAND
Der größte Feind Ihres Vermögens
Verfallen Sie niemals der Gier
Meiden Sie Prunk
Leben Sie minimalistisch wie die Stoiker
Schlechte Schulden
Gute Schulden
Rechnen will gelernt sein
Opportunitätskosten
Lassen Sie sich nicht von der Angst vor der Ungewissheit leiten
DEMUTMIT INTEGRITÄT UND RESPEKT ZU FINANZIELLEM ERFOLG
Entwickeln Sie Integrität
Bleiben Sie ein ewiger Schüler
Das trügerische Ego
Respekt erhält, wer Respekt zollt
Reputation als das Fundament zukünftiger Geschäfte
KEUSCHHEITDIE KRAFT DER SELBSTKONTROLLE
Leidenschaften
Sex ist nie kostenlos
Übernehmen Sie Verantwortung
Wandeln Sie die Sexualkraft in persönlichen Erfolg um
Lernen Sie, die eigene Sexualkraft zu lenken
Widerstehen Sie den Verlockungen
GEDULDBESONNENES HANDELN UND WIRTSCHAFTLICHE GERECHTIGKEIT
Verpassen Sie keine Chancen aufgrund mangelnder Geduld
Verkaufen oder festhalten?
Suchen Sie die Wahrheit
Als wäre es bereits wahr
Gerecht und nützlich
Die Kunst, gerecht zu wirtschaften
Lösen Sie sich von übermäßigem Druck
DANKSAGUNG
ANMERKUNGEN
WEITERFÜHRENDE LITERATUR
Geld und Philosophie – für die meisten Menschen sind das Gegensätze. Weltlicher Erfolg und geistiges Erwachen scheinen sich gegenseitig auszuschließen. Dabei gab es in der Geschichte immer wieder reiche Menschen, wie Kaiser und Könige, die auch weise waren, genauso wie es Menschen gab, die weise waren und reich wurden, wie André Kostolany oder Bruce Lee.
Während meines Philosophiestudiums war die Standardfrage aller, denen ich davon erzählte: »Was willst du damit anfangen?« Ich hingegen fragte mich: »Wie kann man ohne Philosophie leben?« Leben ist mehr als Arbeit. Und Arbeit ist mehr als Geldverdienen. Genauso geht es bei grundsätzlichen Fragen des Einkommens und des Umgangs mit Vermögen um mehr als um Renditen und Zinsen. Eine erfolgreiche Immobilienunternehmerin aus München sagte dazu einmal: »Das Leben kostet Geld.« Banal, ja. Und doch im Kern eine Aussage, die in ihrer Konsequenz keine breite Anwendung findet, sonst wäre das Thema Finanzen sicher bei mehr Menschen mit Sicherheit und Struktur besetzt. Viel verbreiteter ist die Vorstellung: Geld macht nicht glücklich. Das ist irreführend, denn Geld ist nicht dazu da, glücklich zu machen, genauso wenig wie Kühlschränke dazu da sind zu fliegen.
Oscar Wilde sagte: »Heutzutage kennt man von allem den Preis und von nichts den Wert.« Wie schätzen wir den Wert eines gut gefüllten Girokontos und eines Investmentportfolios ein? Die positiven Auswirkungen von Sicherheit und Planbarkeit im Leben sind unbestritten. Wie bewerten wir den Wert der Gesundheit? Wer gesund ist, sagt man, hat tausend Probleme. Wer krank ist, hat nur ein Problem. Und wie gewichten wir den Wert eines gelungenen Lebens? Auch wenn ein gelungenes Leben für jeden etwas anderes bedeutet, gehört es laut der Sterbebegleiterin Bronnie Ware zu den größten Reuegefühlen Sterbender, das eigene Leben nicht wirklich gelebt zu haben. Das eigene Leben zu leben, so schwierig es auch sein mag, liegt, wenn nicht in der Macht jedes Einzelnen, so doch in seiner Verantwortung.
Wie kann man ein glückliches und erfolgreiches Leben führen? In der Philosophie gibt es dazu viele Konzepte. Die antike Philosophie der Stoa war eine der erfolgreichsten philosophischen Schulen, die den Menschen mit praktischen Ratschlägen und Ideen half, zufriedener, glücklicher, gesünder und erfolgreicher zu leben. Dabei ist die Philosophie mehr als die Beschäftigung mit dem Schöngeistigen. Sie schafft vor allem eines: Bewusstsein. Darin steckt das Wort Wissen. Das Leben verstehen, den Menschen verstehen, sich selbst verstehen – all das braucht Wissen. Als Grundlagenwissenschaft ermöglicht die Philosophie ein grundlegendes Verständnis dieser Themen und verschafft jedem, der hier seiner Neugier nachgeht, einen Vorteil im Leben.
Auch die Stoiker erkannten den Wert des Geldes und den Vorteil, den das Geld mit sich bringt, auch wenn Geld für sie keine zentrale Rolle spielte. Seit der Antike haben sich viele große Persönlichkeiten der Geschichte mit der Philosophie der Stoa beschäftigt, ihre Prinzipien auf ihr eigenes Leben angewandt und damit großen Erfolg gehabt. Warum also nun nicht auch Sie? Das neue Buch von Niclas Lahmer ist eine Kombination aus Philosophie und Finanzen, das die Philosophie der Stoa mit modernen Ideen des Vermögensaufbaus verbindet. Der Autor gibt nützliche Ratschläge, indem er die Ideen der Stoa in die heutige Zeit übersetzt. Dabei hebt er die Bedeutung der Tugend hervor und zeigt sehr anschaulich, dass es die Tugend und nicht die Gier ist, die unseren finanziellen Erfolg nachhaltig sichern kann. Das Leben des Autors selbst ist ein Beweis für Tugendhaftigkeit und unternehmerischen Erfolg. Wenn es jemanden gibt, der uns die Lehren der Stoa in Bezug auf das divers diskutierte Thema der Finanzen lehren kann, dann er.
Dieses Buch ist eine Gelegenheit, in den beiden Disziplinen – Philosophie und Finanzen – gleichzeitig einen Schritt vorwärts zu machen. Unabhängig davon, ob Ihnen als Leser diese Themen leicht oder schwer fallen, lohnt es sich, Zeit zu investieren, um nicht dem Irrtum zu unterliegen, beide Themen schlössen einander aus.
Carlo Reumont, Juni 2023
Autor des Buches 10 Dinge, die du nach dem Abitur nicht tun solltest
»Glück stellt sich ein, wenn Vorbereitung auf Gelegenheit trifft.«
Lucius Annaeus Seneca
Das Leben ist lang, aber die meiste Zeit verschwenden wir damit, Dingen nachzujagen, die im Angesicht des sicheren Todes keine Bedeutung mehr haben. Reich sein, Wohlstand aufbauen, in Aktien investieren und dem nervigen Chef endlich die Kündigung auf den Tisch knallen können, weil man neben der Arbeit genug Geld verdient hat, um all dem zu entgehen, all das ist en vogue. Noch nie gab es so viel Literatur zum Thema Finanzbildung und Vermögensaufbau. Noch nie in der Geschichte der Menschheit gab es so viele Inhalte zum Thema Geld – wie man es verdient, wie man es klug anlegt und wie man möglichst schnell finanziell weit kommt.
Einerseits ist das auch gut so. Wenn wir bedenken, wie bescheiden die finanzielle Bildung unserer Kinder im heutigen Bildungssystem ist, können wir dankbar sein, dass es so viel Literatur und Inhalte zu diesem Thema gibt. Irgendwo müssen wir schließlich das Wissen herbekommen, wie wir eine finanziell stabile und sichere Zukunft für uns und unsere Familien aufbauen können. In der Schule lernen wir das jedenfalls nicht. So viel ist sicher. Es sind diese neuen Inhalte, die eine Perspektive schaffen, wo vorher nur gähnende Leere herrschte.
Auf der anderen Seite verzerren diese Inhalte die Wahrheit. Noch nie gab es so viele Medien und Formate, welche Reichtum propagieren, Wohlstand in eine scheinbare Nähe ziehen und versprechen, dass jeder reich werden kann. Während es im frühen 19. Jahrhundert nur ein paar Scharlatane waren, die durch Lügen, Betrug und Quacksalberei zu Wohlstand gelangten, indem sie gutgläubigen Bürgern das Geld aus der Tasche zogen, mehrt sich heute im 21. Jahrhundert scheinbar die Zahl derjenigen, die den sicheren Weg zum großen Geld in nur 30 Tagen gefunden haben. Diese neuen Gurus tummeln sich nicht nur in den traditionellen Medien, sondern vor allem auch in den sozialen Medien. Statt aus einer Kutsche heraus Zuckerwasser als Allheilmittel gegen Gicht, Krebs und die Pest zu verkaufen, vermarkten die neuen »Hustler« ihre Weisheiten einer deutlich größeren Anzahl an Menschen. Von Schulkindern bis Rentnern – jeder Altersgruppe werden die neuen Ideen über moderne digitale Wege vermittelt. Wer geil auf mehr ist, beißt an. Noch nie war es so leicht, eine große Anzahl an Menschen zu erreichen. Welche Botschaft bei dieser Anzahl nun platziert wird, obliegt den Botschaftern.
Gleichzeitig war der Finanzmarkt aber auch noch nie so komplex, wie es heute der Fall ist. Während Sie noch vor 200 Jahren unmöglich Anteile eines Unternehmens auf der anderen Seite der Welt kaufen konnten, können Sie heute bereits Bonds, Zerobonds, Fonds, Anleihen, ETFs und Aktien weltweit per Smartphone erwerben. Wenn im Börsenmagazin dann von Pull-Optionen und Bären die Rede ist, schaltet der Otto-Normal-Verbraucher lieber ab und vertraut sein Geld lieber seinem Bänker an. Ob das der richtige Weg ist?
Doch sind die Komplexität des Kapitalmarkts und die immer größer werdende Menge an vermeintlichen Gurus und ihren Weisheiten nicht das eigentliche Problem beim Thema Vermögensaufbau in unserer modernen Welt. Im Grunde genommen ist das Problem viel elementarer Natur.
Wir Menschen sind eine maßlose Spezies, die ihren Trieben schneller verfällt, als Sie das Wort Eigenkapitalrendite sagen können. Dies ist heute so schlimm wie Der Mensch, eine maßlose Spezies.niemals zuvor. Vor gut 100 Jahren lebten die Menschen unter deutlich widrigeren Bedingungen. Gerade als der Erste Weltkrieg sein Ende gefunden hatte und die Soldaten wieder in ihre Heimat zurückkehren konnten, brach in vielen Teilen der Welt die Spanische Grippe aus und raffte Millionen von Menschen innerhalb kürzester Zeit dahin. Dreck, hygienische Missstände, Krankheiten, mangelnde medizinische Versorgung und Lebensmittelknappheit bestimmten den Alltag. Gerade als man die Gräuel des Krieges hinter sich lassen wollte, rutschten die Menschen in die nächste Krise. Von Smartphones, Tablets oder Menschen mit weißen Steckern in den Ohren, wusste noch keiner etwas. Das Leben war für die meisten ein Kampf. Es gab einfach keine Zeit für Traurigkeit und Mitleid. Man hatte genug damit zu tun, nicht zu sterben und Essen auf den Tisch zu kriegen. 550 Jahre zuvor wütete die schwarze Pest in Europa und tötete innerhalb von 6 Jahren 25 Millionen Menschen. Wer überlebte, blieb im Dreck zurück. Krieg, Tot und Krankheiten waren die Norm. Zu dieser Zeit waren Genderdebatten und Diskussionen über die Nutzung geschlechterspezifischer Pronomen noch undenkbar. Der heutige Fortschritt erlaubt uns neue Gedanken, Meinungen und Ideen, die vor wenigen Jahrhunderten noch undenkbar waren. Auch unsere Art zu konsumieren, zu wirtschaften und der Umgang mit Geld haben sich verändert. Während der Mensch vor 200 Jahren noch im Durchschnitt 300 Gegenstände besaß, besitzt der durchschnittliche Haushalt heute über 15.000 Dinge. Gleichzeitig nahm die Zahl der privaten Haushalte von 1991 bis 2020 stetig zu. Im Jahre 2020 existierten 40,5 Millionen Privathaushalte in Deutschland. Das deutsche statistische Bundesamt erklärt dies mit dem demografischen Wandel. In jenen Jahren vermehrte sich die Anzahl von kleinen Haushalten von ein bis zwei Personen, während die Anzahl an größeren Haushalten von drei oder mehr Personen sank. Dabei ist die Gleichung einfach: je mehr Haushalte, desto mehr private Güter.
Zudem ist die Kaufkraft pro Haushalt gegenüber von vor 200 Jahren stetig gestiegen. Massenproduktion, der Kapitalismus, die Technologisierung und Im Grunde genommen hat der Mensch niemals besser als heute gelebt.letztendlich auch die Digitalisierung haben zum wirtschaftlichen Erfolg der vergangenen Jahrzehnte geführt. Weichen wir einmal von unserem bekannten Verhalten ab, Jahre oder Jahrzehnte miteinander zu vergleichen, und vergleichen wir stattdessen einmal Jahrhunderte miteinander, so fällt auf, dass vor allem in den letzten 200 Jahren der wirtschaftliche Aufschwung unserer Spezies enorm war. In dieser Zeit entfaltete der Kapitalismus nicht nur seine gigantischen Vorteile, sondern auch seine Schattenseiten.
Im Grunde genommen hat der Mensch niemals besser als heute gelebt. Opas Binsenweisheit »Damals war alles besser« ist also mit Vorsicht zu genießen. Tatsächlich ist unsere Wahrnehmung der Vergangenheit stark verzerrt. Wir Menschen neigen dazu, das Vorgestern und Gestern in Erinnerung rufen zu können, doch wo wir vor zehn Jahren am Donnerstagabend waren – daran erinnern wir uns nicht mehr. Es fällt uns schwer, die weit zurückliegende Vergangenheit mit dem Heute zu vergleichen. Der Vergleich mit einer Lebenszeit, die nicht unsere war, ist hingegen noch viel schwieriger. Dabei scheinen Hunderte von Jahren sehr viel Zeit zu sein. Im Vergleich mit dem Alter der Sonne, unseres Universums und unserer Welt sind einige Hundert Jahre jedoch nur ein Wimpernschlag. Die menschliche Spezies hat in diesen wenigen Jahrhunderten grandiose Errungenschaften möglich gemacht und Fortschritt zur Maxime werden lassen. Und dennoch! Wir jammern, schluchzen und bemitleiden uns und einander, als hätte nie ein Mensch so eine schlimme Zeit durchlebt. Obgleich auch heute noch Kriege, Hunger und Krankheiten ihr Unwesen treiben, sind beispielsweise Fortschritte in Technik, Medizin, Philosophie, Politik und Diplomatie nie herausragender gewesen als heute.
So vergessen wir, dass wir nicht immer so maßlos lebten. Betrachten wir einmal den jungen Menschen des 21. Jahrhunderts, so fällt auf, dass dieser nun nicht mehr im jungen Alter von 17 Jahren zum Wehrdienst eingezogen werden muss und gut vier Wochen später in der Schlacht von Verdun den französischen Feind mit seinen Händen erdrosseln, mit seinem Bajonett aufspießen oder mit einer Granate wegsprengen muss. Im Alter von 17 Jahren können Sie heute als junger Mensch mit Ihren Eltern begleitet den Führerschein machen, sich das erste Mal richtig verlieben, Zugang zu allen möglichen Informationen über das Netz erhalten, während Sie in Frieden und Harmonie leben dürfen. Doch diesem jungen Menschen eröffnen sich damit nicht nur alle Möglichkeiten, sondern gleichzeitig auch die pure Härte der Realität. Wer heute seinen Schulabschluss macht, wählt nicht mehr zwischen einer Handvoll Ausbildungsberufen, sondern zwischen Hunderten von Studiengängen und Ausbildungen und daraufhin zwischen Tausenden von verschiedenen Jobs, die mittlerweile internationale Bezeichnungen haben, für die es keine deutsche Übersetzung mehr gibt. Können Sie mir sagen, was ein Senior Supervisor Content and Marketing Compliance Specialist sein soll? Womöglich gibt es dafür auch noch entsprechende Abkürzungen. Am Abend treffen Sie sich dann auf ein Bier in der Bar um die Ecke, prosten sich zu und beantworten die Frage Ihres Nachbarn an der Theke nach Ihrem Beruf mit: »Ich bin SSCMCS bei Daimler. Klar so weit?«
Die Welt entwickelt sich schneller als jemals zuvor, während wir immer maßloser werden. Mit großer Wahrscheinlichkeit besaßen unsere Eltern und Großeltern keine Unmengen an Legospielzeug, den Zugang zum Internet, digitalen Kaufhäusern und ein iPhone. Lassen Sie es sich auf der Zunge zergehen, dass 20 Jahre vor Erscheinung dieses Werks das iPhone nur eine Idee war. Es gab noch nicht einmal einen Prototyp. Bis dahin konnten Telefone gerade einmal für das Telefonieren und SMS über T9 verwendet werden. Der klobige Brocken Plastik in Ihrer Hand besaß eine Batterie die Wochen bis Monate lang hielt, und die meiste Zeit vergaßen wir das Telefon sowieso auf der Kommode. Zwei Jahrzehnte später kriegen 14-jährige Kinder Herzrhythmusstörungen, weil ihre Smartphone-Batterie ausgegangen ist und sie gerade kein geeignetes Ladekabel zur Hand haben. Während Sie vor all diesen Jahren die ganze Woche gespannt auf den James Bond am Samstagabend im Kabelfernsehen warteten, haben Sie heute per Tastenklick Zugang zu jedem Film und jeder Serie, die je gedreht wurde. Das eigentliche Wunder des Samstagabend-Blockbusters wurde durch Streaming-Formate vertrieben. Auch dies ist Teil des Fortschritts unserer Spezies.
Der römische Kaiser und Stoiker Marcus Aurelius, auch häufig als Marc Aurel bezeichnet, war sich bereits vor gut 2300 Jahren sicher: »Ein jeder ist so viel wert, wie die Dinge wert sind, um die es ihm ernst ist.« Wie wertvoll sind also all jene Dinge, die permanent verfügbar sind? Hat der Filmeabend mit der Familie den gleichen Wert, wenn wir ihn jeden Abend anstatt nur Samstagabends erleben können? Was ist eine einzige Gabel oder ein Messer noch wert, wenn Sie diese grundsätzlich als Set von 10 Stück bekommen?
Im Chunqiu – Frühling und Herbst des Lü Buwei finden Sie die folgenden Zeilen wieder:
»Wer wahren Wert nicht kennt, Was ist der wahreWert der Dinge?nimmt das Wichtige für unwichtig und das Unwichtige für wichtig.«
Ja, wir sind das erste Mal in der Geschichte unserer Spezies so maßlos wie noch nie zuvor. Während vor gut 2000 Jahren meist nur Kaisern und Königen mit entsprechender Macht und Wohlstand ein Leben in Maßlosigkeit möglich war, kriegen Sie heute alle Ihre Wünsche per Knopfdruck erfüllt. Auch wenn Sie es sich nicht leisten können. Die Bank an der nächsten Ecke oder auf der nächsten digitalen Seite bietet Ihnen den Schnellkredit ohne Fragen an, sodass Sie sich alle Ihre Wünsche sofort erfüllen können. Selbst Handelsketten versprechen die 0 Prozent Finanzierung oder den Ratenkauf. Während vor 200 Jahren nur die Oberschicht den frivolen Eskapaden frönte, haben selbst Minderjährige heute Zugang zu harter Pornografie und Exzessen. Bedenken Sie einmal, dass Sie heute im jungen Alter von 18 Jahren mehr nackte Haut und Geschlechtsteile anderer Menschen sehen können, als es Königen vor Hunderten von Jahren vergönnt war. Was aber ist der Wert der Dinge, wenn wir immer und überall Zugang zu ihnen haben? Was ist der Sex mit einem anderen Menschen noch wert, wenn Sie ihn überall per App bekommen können? Was ist Geld noch wert, wenn Sie es für 0 Prozent ausgeben können? Was sind die Dinge noch wert, wenn Sie heute alles kaufen und es erst morgen bezahlen müssen? Was ist ein Dessert noch wert, wenn fast alle Lebensmittel sowieso mit Zucker gesüßt wurden? Was ist der Wert einer Reise, wenn Sie grundsätzlich überall hinreisen können?
In dieser sich rasch verändernden Welt, in der Sie im Grunde genommen alles haben können, was Sie sich wünschen, gibt es leider fast keinen Grund mehr dafür, nach Wahrheit Es gibt leider fast keinen Grund mehr dafür, nach Wahrheit oder Weisheit zu streben.oder Weisheit zu streben. Im Gegenteil sogar. Sie kaufen sich einfach Ihr Leben schön und lenken sich durch die Möglichkeiten einer globalisierten Welt ab. Sie können buchstäblich alles haben. Permanent! Sie wollen einen neuen Fernseher? Kein Problem. Morgen kann er mit Amazon Prime geliefert werden. Sie können sich das Ding nicht leisten? Auch kein Problem. Dass dies möglicherweise finanziell wenig intelligent ist, steht dabei auf einem anderen Blatt Papier. Wenn Sie der Auffassung sind, dass Ihnen zwei große Urlaube im Jahr zustehen, können Sie es ähnlich handhaben. Fast jeder Fünfte finanziert heute in Deutschland seinen Urlaub mit einem Dispo-Kredit, so das Vergleichsportal Check24. Im Jahre 2017 verschuldeten sich rund 6 Prozent der Deutschen für Urlaube, laut einer Marktstudie im Jahre 2018 für Konsum und Kfz-Finanzierung. Kein Problem. Sie wollen es, Sie kriegen es. Permanent, rund um die Uhr und nur weil Sie es wollen.
Vielleicht ist aber genau aus diesem Grund der Wert der Weisheit und das Streben nach Wahrheit heute umso wichtiger geworden. Ja, gerade weil diese Weisheit und Wahrheit Mangelware und in den meisten Köpfen ausverkauft zu sein scheinen, sind sie so wertvoll geworden.
Die richtige Wahl zu treffen und die Weisheit zu besitzen, die getroffene Entscheidung beharrlich zu verfolgen, war nie schwieriger.
Ich fürchte, dass es Leser gibt, die nur zu Finanzbüchern greifen, um einen neumodernen oder altbewährten Weg zu Wohlstand zu finden, um eben jenen Eskapaden zu frönen, wie sie einst Königen und Kaisern vorbehalten waren. Doch wenn all diese Ablenkungen kaum noch einen Wert haben, so will man doch wenigstens sicherstellen, dass man die Aufmerksamkeit für Wohlstand und Exzess erhält. Ich nenne diese Art von Lesern Ablenkungssuchende. Diese werden in diesem Werk mit großer Gewissheit zu kurz kommen. Wenn Sie zu diesen Lesern gehören, erfahren Sie ein Erwachen. Womöglich erwachen Sie aus ihrem Tiefschlaf und erkennen, dass der Hedonismus und unser Yolo-Lebensstil als dominante Philosophie unserer Zeit gewonnen hat und der freie Fall aller Emotionen und die Erfüllung aller Begierden das höchste Maß aller Dinge geworden ist. Konträre philosophische Ideen, wie auch die der Stoiker, welche in diesem Werk eine zentrale Rolle spielen, haben heute ausgesorgt und werden meist nur noch als Idee der Persönlichkeitsentwicklung von Coaches, Esoterikern und Vertrieblern gesehen oder alternativ in Form von Zitaten auf formschöne Postkarten gedruckt.
Ich möchte jedoch jene Art der Leserschaft nicht verlieren und im Rahmen dieses Werks solch eine Möglichkeit bieten, die einer Koffeindosis gleicht, die wachrüttelt und Klarheit erschafft. Die andere Art meiner Leser sind ebenfalls Suchende. Doch diese Art der Leserschaft sucht nach der Wahrheit, nach Ideen und neuen Perspektiven, welche die Möglichkeit bieten, andere Wege zu beschreiten und die eigenen Gedanken zu erweitern, zu vertiefen oder zu verbessern. Sie hat erkannt, dass der Hedonismus, die Erfüllung aller Wünsche, Begierden und Gelüsten, seinen Preis hat, seine Tücken besitzt und maximal bloß eine nette Ablenkung darstellt. Sie will aus diesem Hamsterrad ausbrechen und einen besseren, oder wie die Stoiker sagen würden »guten Weg«, im Leben finden. Ich nenne diese Art meiner Leser daher Wahrheitssuchende. Ich bin mir sehr wohl darüber bewusst, dass die Suche nach der Wahrheit oder gar Weisheit nicht sexy ist und selten aus dem Porsche Cabrio heraus erfolgt. Ein Werk mit dem Titel »Der finanzielle Stoiker« lässt bereits darauf schließen, dass dieses sich mit Gedanken beschäftigen wird, die philosophischer als auch wirtschaftlicher Natur sind. Doch ein Stoiker ist kein Philosoph in Birkenstocks und Bademantel, der den lieben langen Tag nachdenkt und über abstrakte Ideen philosophiert.
Die Stoiker der Antike waren vor allem dafür bekannt, dass sie anpacken konnten. Epiktet war einst ein Sklave und hat sich bis zum Schulleiter seiner eigenen Akademie hochgearbeitet. Seneca war ein erfolgreicher Staatsmann und Politiker, Marcus Aurelius einer der großen vier Kaiser Roms, Musonius Rufus ein gefeierter Lehrer und Zenon von Kition ein Kaufmann und Unternehmer. Einige waren erfolgreiche Athleten im Dauerlauf oder im Boxen. Wer auch immer sie waren, sie alle lebten erfolgreiche und vor allem gute Leben. Sicherlich waren die Leben der Stoiker nicht leicht und einfach. Mit großer Sicherheit waren sie aber vor allem eines: Sie wurden gut gelebt. Was »gut« genau bedeutet, wollen wir im Verlauf des Buches noch klären.
Fragen wir uns an dieser Stelle zunächst, worin der Nutzen eines erfolgreichen Lebens besteht, wenn es nicht gut gelebt wurdeBauer und König landen am Ende in der gleichen Kiste. und wir schlussendlich nur der reichste Depp auf dem Friedhof sein werden. Bedenken Sie: Bauer und König landen am Ende in der gleichen Kiste. Ist denn das bloße Füllen des Kontostandes, das Aufbauen eines Vermögens und das Zelebrieren von Luxus wirklich der Inbegriff eines erfolgreichen Lebens, so wie es in unserer heutigen Welt vermarktet wird?
In dieser maßlosen neuen Welt existieren immer weniger finanzielle Stoiker, weshalb ich schlussendlich davon überzeugt bin, dass es eine gute Entscheidung war, dieses Buch zu schreiben. Vor allem habe ich die Hoffnung, mehr Menschen mit den Ideen der Stoa über wirtschaftlichen und monetären Erfolg zu begeistern und somit eine Gegenbewegung zur dominanten Quacksalberei der sozialen und öffentlichen Medien zum Thema Vermögensaufbau und Wohlstand zu schaffen. Alles in allem ist dies eine kühne Aussage, die einer klaren Definition bedarf. Was ist also ein finanzieller Stoiker und warum täten mehr Menschen gut daran, sich mit den Ideen und Handlungsempfehlungen eines solchen zu beschäftigen? Der Begriff »finanzieller Stoiker« existiert in der Literatur nicht – es ist ein von mir geschaffener Neologismus. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass vor allem Philosophieinteressierte mit dem Titel zunächst wenig anfangen können. Allerdings finden wir in der Literatur Beschreibungen der Philosophie der Stoa, des Stoizismus und der Gedanken der Stoiker.
Etwa 300 vor Christus, so heißt es, entwickelte der Kaufmann Zenon von Kition seine Philosophie des guten Lebens. Zenon, dessen Schiff während einer Geschäftsreise mit wertvoller Fracht sank, verlor so auf dem Weg nach Athen all seinen Besitz und sein Vermögen. Verschiedene Quellen berichten unterschiedlich über diesen Vorfall: Einige erwähnen einen Sturm, andere sagen, Zenon habe erst in Athen vom Untergang seines Schiffes erfahren. Trotz der verschiedenen Berichte landete Zenon schließlich doch unversehrt in Athen und wandte sich der Philosophie zu. Wahrscheinlich durch den Verlust seines Reichtums und Glücks motiviert suchte Zenon nach Antworten auf die Frage nach einem guten Leben und vielleicht sogar nach dem Sinn des Lebens. Die Geschichte Zenons ist die Geschichte eines besonders erfolgreichen Unternehmers, der am Höhepunkt seines geschäftlichen Erfolgs bemerkte, dass seine irdischen Besitztümer und materiellen Errungenschaften kaum von Wert waren. Eine Geschichte, wie wir sie schon so häufig gehört oder gelesen haben. Ein Unternehmer, der auf seinem Weg zu großem Erfolg und Reichtum bemerkt, dass sein Leben überhaupt keinen Wert besitzt. Doch es scheint, dass Zenon sich bereits vor seiner Reise mit solchen Fragen und Gedanken beschäftigte. Scheinbar begann Zenons Suche nach der Wahrheit bereits vor den tragischen Ereignissen, die zum Untergang seines Schiffs führten. Es wird erzählt, dass er vor seiner letzten Reise das Orakel um Rat gefragt hatte, wie er ein gutes Leben führen könne. Das Orakel von Delphi soll ihm geantwortet haben: »Um das bestmögliche Leben zu leben, solltest du dich mit den Toten unterhalten.« Da dies buchstäblich unmöglich war, suchte Zenon nach der Weisheit der Verstorbenen in Büchern. So stieß er auch auf Sokrates und dessen Philosophie. Von Sokrates begeistert besuchte Zenon eine Buchhandlung in Athen und fragte nach lebenden Männern, die ähnlich weise und inspirierend wie Sokrates waren. Der Buchhändler empfahl ihm Krates von Theben. Von Krates lernte Zenon verschiedene philosophische Grundideen kennen.
Jahre später begann Zenon in der Stoa Poikile, einer bemalten Säulenhalle, seine eigenen Gedanken über das gute Leben zu lehren. Seine Anhänger wurden später nicht nach ihm, sondern nach der Halle, in der er lehrte, der Stoa, benannt. Der Stoizismus war geboren und entwickelte sich in den nächsten 300 Jahren zu einer der bedeutendsten philosophischen Schulen der Antike. Auch nach Zenons Tod blieb der Stoizismus eine beliebte Philosophie, die erst im antiken Rom ihren Höhepunkt erreichte. Philosophen wie Musonius Rufus, Epiktet (auch Epiktetus genannt), der Kaiser Marcus Aurelius und Lucius Annaeus Seneca brachten den Stoizismus zur Blüte. Über 300 Jahre hinweg fand der Stoizismus Anhänger in allen Gesellschaftsschichten, da seine Prinzipien für jedermann anwendbar waren, statt nur theoretische Konstrukte zu sein. Ein hervorragendes Beispiel ist Epiktet, der als Sklave den Stoizismus kennenlernte, dem die Freiheit geschenkt wurde und der später eine stoische Schule gründete. Marcus Aurelius, der Kaiser Roms und der mächtigste Mann seiner Zeit, ist das Paradebeispiel eines Stoikers aus der Oberschicht, der durch die Anwendung stoischer Prinzipien zu Ruhm und Erfolg gelangte.
Die praktische und zeitlose Relevanz des Stoizismus liegt darin, dass er uns auch heute noch Antworten auf Lebensfragen bietet und uns lehrt, was ein gutes Leben ausmacht und wie wir esEs bleibt fraglich, ob ein Leben vollständig nach den stoischen Idealen gelebt werden kann. führen können. Dennoch bleibt fraglich, ob ein Leben vollständig nach den stoischen Idealen gelebt werden kann. Unbestreitbar ist jedoch, dass die Grundprinzipien der Stoiker auch heute noch dazu beitragen können, ein ausgezeichnetes Leben zu führen. Dies ist auch auf den finanziellen und wirtschaftlichen Teil unseres Lebens anwendbar. Wir wollen also versuchen, die philosophischen Ideen der Stoa gepaart mit klaren Handlungsempfehlungen und mit monetär motivierten Gedanken zu verknüpfen. Das Ergebnis aus diesen Überlegungen nenne ich fortlaufend den finanziellen Stoiker.
Für die Stoiker war das oberste Ziel die Eudämonie und nicht etwa Reichtum, Exzess oder Berühmtheit. Die Eudämonie ist ein zentraler Begriff in der antiken griechischen Philosophie und bedeutet wörtlich »guter Geisteszustand« oder »gutes Leben«. Im philosophischen Kontext wird Eudämonie oft als »Glück« oder »blühendes Leben« übersetzt. Der Begriff geht jedoch weit über das bloße Empfinden von Freude oder Zufriedenheit hinaus und bezieht sich auf das Erreichen des höchsten menschlichen Guts und das Führen eines erfüllten, tugendhaften Lebens. Zur Erreichung dieser Eudämonie bemühten sich die Stoiker, ein tugendhaftes Leben zu führen. Die Tugenden waren von zentraler Bedeutung und sollten selbst Hunderte von Jahren überdauern und in verschiedenen anderen philosophischen Schulen und sogar Religionen von großer Bedeutung werden.
In der Antike war die philosophische Auseinandersetzung mit Tugend und Moral ein wesentlicher Bestandteil des Unterrichts. Aristoteles, Platon und auch Sokrates sprachen von der Tugend, lange bevor die Stoa entstand. Der Gedanke der Tugend als wesentlicher Bestandteil der Philosophie der späteren Stoa überlebte, und so sprachen die Menschen noch Jahrhunderte nach den Stoikern über die Gedanken dieser alten Philosophie und ihre Werkzeuge für ein gutes Leben. Mehr als anderthalb Jahrtausende nach den Stoikern lebte ein Mann namens Benjamin Franklin, der sich durch die Überlieferung Ciceros sehr für die Bedeutung der Tugend und die Lehren der Stoa interessierte. In seiner Autobiografie The Autobiography of Benjamin Franklin beschreibt Franklin ein System moralischer Perfektion, das aus 13 Tugenden besteht. Diese Tugenden stellte er im Jahre 1726 im Alter von 20 Jahren auf, um seine eigene moralische Entwicklung zu fördern und ein besserer Mensch zu werden. Interessanterweise, so hielt es Franklin fest, konnte er den Erfolg seines Lebens als Diplomat und Geschäftsmann auf seine Tugenden zurückführen. Seine unternehmerischen Tätigkeiten im Verlagswesen und im Immobiliengeschäft ermöglichten Franklin, ein gewaltiges Vermögen aufzubauen. In seinem Tagebuch hielt Franklin fest, dass es das Streben nach Tugendhaftigkeit sei, welches ihm erlaubte, all jene Erfolge zu erreichen.
Auf der anderen Seite der Welt, lange bevor Franklin sein Leben in seinem Tagebuch reflektierte, zum Mitbegründer der Vereinigten Staaten von Amerika und für viele zu einer leuchtenden Figur wurde, sprach Konfuzius in Asien von den Tugenden Höflichkeit (Li), Treue (Xin), Aufrichtigkeit (Yi) und Weisheit (Zhi). Konfuzius stammte aus einer niedrigen Adelsfamilie und wurde zu einem der bedeutendsten Philosophen Chinas. Er begründete die Philosophie des Konfuzianismus, die bis heute tief verwurzelt in der chinesischen Kultur für Ethik, Moral und Harmonie steht. Konfuzius’ Lehren bestanden zu großen Teilen aus der Umsetzung von Tugendhaftigkeit.
Im benachbarten Japan erklärte der legendäre japanische Samurai, Krieger und Philosoph Miyamoto Musashi im 17. Jahrhundert die Tugend zum zentralen Baustein der Selbstverbesserung. Musashi, von dem wir später noch lesen werden, galt als unbesiegbar und wurde zu Lebzeiten als Schwertkämpfer nie bezwungen. Sein bekanntestes Werk Gorin no Sho (Das Buch der fünf Ringe) behandelt den Pfad der Tugend. Darin beschreibt Musashi, wie unerlässlich das Training der Tugendhaftigkeit, allen voran der Disziplin und Selbstbeherrschung, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit, Mut und Tapferkeit, Weisheit und Einsicht sowie Selbstvertrauen und Flexibilität, sei.
Auch in der westlichen Welt waren sich die großen Denker darüber einig, dass die Tugend essenziell für den Fortschritt und die Verbesserung des Individuums und der Gesellschaft ist. So sprach der deutsche Philosoph Immanuel Kant über die Bedeutung von Tugenden wie Aufrichtigkeit, Selbstachtung und Pflichterfüllung. Er betonte die Notwendigkeit moralischer Prinzipien für eine gerechte Gesellschaft. Thomas Jefferson, einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten, sprach über die Bedeutung von Tugenden wie Unabhängigkeit, Gerechtigkeit und Toleranz für die Erhaltung der Freiheit und des demokratischen Staates, und auch der Bürgerrechtsführer Martin Luther King Jr. betonte Tugenden wie Gewaltlosigkeit, Mitgefühl und Gerechtigkeit in seinem Kampf für die Gleichberechtigung und den sozialen Wandel.
Viele der großen Namen unserer Zeit ließen sich von der Philosophie und insbesondere der Philosophie der Stoa inspirieren und leiten. Daher ist es nicht überraschend, dass der Begriff der Tugendhaftigkeit die Zeit überdauerte und nach wie vor als eines der größten Ziele des Lebens dargestellt wird. Doch was haben diese Tugenden und Überlieferungen der letzten 2000 Jahre mit dem Aufbau eines Vermögens in der Gegenwart zu tun? Sollten wir uns nicht viel eher mit Investitionsstrategien, wie dem Value Investing oder dem Aufbau eines diversifizierten Portfolios, beschäftigen?
Um ein gutes Leben zu führen, um die Eudämonie zu erreichen, verpflichteten sich die Stoiker der Tugendhaftigkeit. Allen voran standen die Kardinaltugenden der Mäßigung, Gerechtigkeit, Mut und Weisheit. Obwohl der Fokus der Stoiker wie gesagt nicht auf Vermögensaufbau, Immobilienverwaltung oder Gold und Silber lag, erreichten viele von ihnen Wohlstand und soziale Anerkennung. Ich behaupte sogar, dass viele von ihnen gerade deshalb wirtschaftlich und beruflich erfolgreich wurden, weil ihnen der Erfolg unwichtig war und sie diesen nicht beachteten. Stattdessen lag ihr Fokus auf der Entwicklung ihrer Tugendhaftigkeit. Dies scheint zunächst kontraintuitiv zu den Ideen moderner Persönlichkeitsentwicklung und entsprechenden Ratschlägen zu stehen. Um Reichtum und Vermögen zu schaffen, sollten wir uns doch schließlich auf diesen auch konzentrieren, nicht wahr? Ist für den modernen Erfolgsmann und die erfolgreiche Frau nicht der Erfolg und der damit verbundene Status die Maxime?
Tatsächlich ist der Fokus auf Reichtum und Wohlstand laut den Stoikern eine Zeitverschwendung. Wir müssen stattdessen unsere ganze Energie darauf richten, so tugendhaft wie irgend möglich zu leben. Seneca schrieb zwar, dass bei der Wahl zwischen Reichtum und Armut der Reichtum zu präferieren sei, dies jedoch niemals auf Kosten der Tugend geschehen dürfe. Das Erreichen der Tugendhaftigkeit soll deshalb ein zentraler Baustein und das Ziel dieses Buches sein. Schlussendlich ist es die Tugend, die Sie automatisch und ohne Umwege zur Erreichung Ihrer Ziele führen wird.
Sparen wir uns also die Zeit, über Zielsetzung, Motivations-tafeln und Affirmationen nachzudenken. Vergessen wir das Pseudo-Gerede über finanzielle Vergessen wir das Pseudo-Gerede über finanzielle Freiheit und Wohlstand.Freiheit und Wohlstand und konzentrieren uns stattdessen auf universelle und zeitlose Prinzipien, die ein Garant für ein erfülltes, reiches und gesundes Leben sind. Wir müssen uns nicht dem Ziel verpflichten, das maximale Kapital anzuhäufen, sondern das Beste aus uns selbst zu machen. Statt über Strategien zur Vermeidung von Steuern nachzudenken, müssen wir uns um die Entwicklung unseres Charakters kümmern. Statt über die Entwicklung unseres Aktienportfolios nachzudenken, sollten wir täglich über die Anwendung tugendhafter Prinzipien und Maximen sinnieren. Sobald Sie die Tugend über alles andere erheben, werden Sie merken, dass der Erfolg, beruflicher und finanzieller Natur, sich ganz von allein einstellen wird.
Louis Brandeis war ein Leitbild der Tugendhaftigkeit. Er war von 1916 bis 1939 der erste jüdische Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten von Amerika und las nur zu gerne über die Erlangung der Tugend. Obwohl sein damaliges Jahresgehalt 100.000 US-Dollar, heute etwa 2,5 Millionen US-Dollar, betrug, gab er »Nicht arm ist der, der wenig hat, sondern der, der nach mehr verlangt.«nur ein Zehntel davon aus. Den Rest sparte und investierte er. Er tat dies nicht etwa, weil er reich werden wollte, sondern um seine Tugenden der Bescheidenheit und Mäßigung zu kultivieren und zu perfektionieren. Mit 30 war Brandeis Millionär. Im Jahre 1941 starb Brandeis mit einem Nettovermögen von 3 Millionen US-Dollar – 75.000.000 Millionen US-Dollar nach heutigem Maßstab. Während einige nun denken mögen, dass dies töricht sei und es besser wäre, so viel Geld vor dem Tod auszugeben, so sei erwähnt, dass Brandeis ein überaus gesundes, langes und freies Leben führte. Seinen bescheidenen Lebensstil pflegte Brandeis nicht als Selbstkasteiung zu beschreiben, sondern als eine Form der Freiheit. Für Brandeis war Geld und der kluge Umgang mit ihm mehr eine Möglichkeit, um Freiheit und Sicherheit zu gewährleisten, anstatt im Luxus zu schwelgen. Der Stoiker Seneca schrieb dazu: »Nicht arm ist der, der wenig hat, sondern der, der nach mehr verlangt.«
Louis Brandeis ist nur ein Beispiel von vielen, die durch Tugendhaftigkeit statt durch Gier und Habsucht zu Reichtum und Wohlstand gelangten. Die ErreichungTugend hilft in unruhigen Zeiten, die Fassung zu bewahren und inneren Frieden zu finden. der Eudämonie und die damit verbundene Tugend sollen daher den Kern dieses Werks bilden. Tugend wird es Ihnen ermöglichen, kluge Entscheidungen am Aktienmarkt zu treffen, unabhängig von den Marktschwankungen. Sie wird Ihnen helfen, redliche Investitionsentscheidungen in Unternehmen, Immobilien oder Edelmetalle zu fällen. Tugend wird Ihnen auch in unruhigen Zeiten helfen, die Fassung zu bewahren und inneren Frieden zu finden. Selbst in Zeiten finanzieller Verluste wird Tugend Ihnen die Kraft geben, standhaft, stark und glücklich zu bleiben. Sie wird Sie durch stürmische Gewässer zu sicheren Ufern führen.
Die Tugend wird Ihnen ermöglichen, das Unmögliche wahr werden zu lassen und ein Leben zu führen, das nicht nur andere bewundern, sondern Sie am Ende auch mit Zufriedenheit erfüllen wird, weil Sie wissen, dass Sie Ihr Leben gut gelebt haben. Wenn Sie Ihr volles Potenzial ausschöpfen und einen alternativen Weg suchen, der nicht von den Maßstäben unserer turbulenten und maßlosen Zeit bestimmt wird, dann werden Ihnen die Prinzipien des finanziellen Stoikers helfen, ein wahrhaft erfülltes Leben zu führen. Diese Prinzipien werden Ihr gesamtes Leben prägen und Sie zu einem wahrhaft guten Menschen machen, dessen Vorbild noch viele Generationen nach Ihnen inspirieren wird.
»Es ist nicht wenig Zeit, die wir haben, sondern viel Zeit, die wir nicht nutzen.«
Lucius Annaeus Seneca
Stellen Sie sich vor, Sie sind tot. Nein, einmal ganz im Ernst. Das war es nun. Augen zu, der Vorhang ist gefallen. Das war es. Ende, Schluss aus, Micki Maus. Vielleicht war es ein Autounfall, vielleicht das Alter, der Krebs oder das Saufen, Rauchen, der Zucker oder irgendeine andere Krankheit. Was nun passieren wird, weiß keiner. Ihr Leben ist vorbei – so viel ist gewiss.
Jetzt stellen Sie sich bitte vor, dass es Ihnen vergönnt ist, aus einer Art Vogelperspektive Ihrer Beerdigung beizuwohnen. Dies sollen die letzten paar Minuten sein, in denen Sie ungesehen das Leben von außen betrachten dürfen. Zu Ihrer Beerdigung sind ein paar Gäste gekommen, einige trauern, einige sitzen aus Respekt vor den Angehörigen in einer der letzten Reihen. Ihre Köpfe sind gesenkt. Einige sind für das darauffolgende Essen, für Kaffee und Kuchen vorbeigekommen. Ein paar von ihnen tuscheln miteinander. Eine Person lächelt süffisant. Ihre Erben sind auch da. Ein paar von ihnen weinen, einige warten auf ein baldiges Ende der Zeremonie. Alles in allem ist Ihre Beerdigung mit abschließender Fressorgie der Anwesenden nach zwei Stunden vorbei. Wohin die Gäste der Trauerfeier nach der Verabschiedung fahren, können Sie nicht mehr sehen. Alles, was Sie noch hören können, ist, dass jemand flüstert: »Am Ende hat das Geld ihm auch nichts mehr gebracht.« An dieser Stelle vernehmen Sie eine vertraute Stimme. Es ist nicht Gott, Allah oder Zeus, der dort ruft, sondern Ihre eigene Stimme. »Hat es sich gelohnt? Hat es sich gelohnt, so viele Überstunden zu machen, so viel Stress zu haben, die langen Geschäftsreisen, die stundenlangen Meetings und das Streben nach besseren Autos, teureren Uhren, größeren Häusern, ansehnlicher Kleidung und komfortablerer Möblierung? Hat sich all das gelohnt, um den Erwartungen Dritter zu entsprechen, dem Ziel eines vermeintlichen sozialen Status hinterherzujagen?« Die Stimme wiederholt sich leiser werdend: »Hat es sich gelohnt?«
Der ultimative Motivator ist weder Geld, Ruhm oder Status. Der größte Motivator im Leben ist der Tod. Er gehört zu den wenigen wirklichen Konstanten Der größte Motivator im Leben ist der Tod.im Leben, denn da, wo Leben ist, existiert auch der Tod. Wir sind dazu verdammt, eines Tages alles loszulassen und so dieses Leben zu verlassen, wie wir es begonnen haben. Ob Sie das Thema Tod ausblenden, vermeiden oder sich damit intensiv beschäftigen, ist für den Tod selbst irrelevant. Er wird Sie eines Tages treffen. Er wird mich treffen. Er wird Ihre Familie treffen. Er wird Ihre Liebsten und auch Ihre Kinder treffen. Alles wird eines Tages dem Tod gehören. Machen Sie sich bewusst, dass alles, was Sie in diesem Moment sehen, in 500 Jahren nicht mehr existieren wird. Die Computer werden verschrottet worden sein. Die Häuser werden zerfallen, die Bäume gefällt, die Straßen aufgebrochen, die Gärten vernichtet, die Autos vergangen und alle Menschen, die sie kannten, verstorben sein. Nichts von Ihnen wird die Zeit überdauern. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird selbst dieses Werk vergangen sein und an die Nachwelt nicht überliefert werden. Nur wenige Namen werden aufgrund von Erfindungen, Unternehmergeist, Reden oder Gedanken überliefert werden. Die meisten von uns werden in Vergessenheit geraten, und alles, was wir jemals taten oder sagten, wird vergangen und nichtig sein. Machen Sie sich eines bewusst: Im Grunde genommen sind Sie bereits teilweise tot. Alles, was Sie einst waren, ist vergangen und gehört dem Tod. Der Mensch, der Sie gestern waren, ist bereits verstorben. Er wird niemals wiederkehren. Alles, was Ihnen bleibt, ist das Heute. Eine der großen Lügen der Menschheit ist es zu glauben, dass der Tod noch kommt. In Wirklichkeit gehört jeder vergangene Tag dem Tod. Nichts kommt zurück. Er behält alles für sich. Ob es ein Leben nach dem Tod gibt, ist ungewiss. Gewiss ist aber, dass es ein Leben vor dem Tod gibt. Somit birgt jeder neue Tag die Chance auf einen Neubeginn. Seneca schrieb dazu an seinen Freund Lucilius: »Das eben ist die große Selbsttäuschung, der wir uns hingeben, dass wir den Tod in die Zukunft verlegen: Zum großen Teil liegt er schon hinter uns, alles vergangene Leben liegt im Banne des Todes.«
Erinnern Sie sich daran, dass Ihr Leben eines Tages enden wird. Es spielt kaum eine Rolle, ob Sie mit einem großen, kleinen oder gigantischen Vermögen die Welt verlassen werden. Das Vermögen, gleich welcher Form, bleibt zurück. Es spielt absolut keine Rolle, ob Sie Überstunden geleistet haben, besonders Wer die Unausweichlichkeit des Todes anerkennt, kann wahrhaftig beginnen zu leben.lange in belanglosen Meetings saßen oder irrelevante Diskussionen über noch unwichtigere Dinge geführt haben. Am Ende wird der Tod alles auslöschen. Unabhängig davon, für wie wichtig Sie sich erachten, wie groß und bedeutend Ihre Person, Ihr Status oder Ihre Errungenschaften auch sein mögen – am Ende wird all das vergehen und Ihr Name wird in Vergessenheit geraten. Selbst wenn Ihr Name die Zeit überdauert, so werden Sie selbst nichts davon haben. All Ihr Besitz, all Ihre Zertifikate, Abschlüsse, Häuser, Boote, Flugzeuge, Gärten, philanthropischen Bemühungen, geschriebenen Bücher, verdienten Euros, Dollar und Yen – alles wird vergehen, und es gibt absolut gar nichts, das Sie tun können, um das zu verhindern. Wenn Sie dies wirklich und wahrhaftig verinnerlicht haben, werden Sie Ihre Lebenszeit mit anderen Augen sehen. Wer die Unausweichlichkeit des Todes anerkennt, kann wahrhaftig beginnen zu leben.
Viel wichtiger noch als diese Erkenntnis ist allerdings die Akzeptanz dieses Umstandes. Fürchten Sie sich nicht vor dem Tod. Akzeptieren Sie ihn. Viel mehr können Sie sowieso nicht tun, denn wie Seneca schrieb: »Nicht den Tod fürchten wir, sondern die Vorstellung von ihm.«
Das Schlimmste am Tod ist, dass es mehrere Tode gibt, die wir sterben können. Man denke nur an all die Menschen, die tagtäglich durch die Flure der Unternehmen schlafwandeln, deren Seelen längst tot sind, deren Körper aber weiter vegetieren und es schaffen, noch 30 Jahre zu arbeiten. Dann folgen einige Jahre der Ruhe, der Rente und des Wartens auf den letzten Tod. Man sieht diesen Menschen an, dass sie schon tot sind. In ihren Augen sieht man das Licht, aber niemand ist mehr da. Seneca schrieb: »Es gibt mehr als einen Tod, der letzte führet zum Orkus.« Auch die Stoiker erkannten bereits, dass die Menschen dazu neigten, den Tod zu leugnen und ihre Tage so zu verbringen, als seien sie unendlich und das Ende ihrer Zeit käme nie. Hat sich das in den letzten Jahrhunderten geändert? Wohl kaum.
Laut dem Gallup State of the Global Workplace Report von 2023 fühlen sich nur 23 Prozent aller Mitarbeiter mit ihrer Arbeit verbunden und sind engagiert dabei. Der Rest ist physisch anwesend und erledigt das Nötigste.1 Die Maxime »Nur noch 14 Jahre bis zur Rente« scheint für sie ein Ausweg aus der Sinn- und Bedeutungslosigkeit des Lebens zu sein. Die Zahl der noch zu arbeitenden Jahre bis zur Rente wird so für viele zu einem Hoffnungsschimmer, an den sich eine große Zahl von Menschen klammert.
Laut dem Global Human Capital Trend Report 2023 der Unternehmensberatung Deloitte fühlen sich 59 Prozent der befragten Berufstätigen ausgebrannt und überlastet.2 Viele gaben an, nicht aktiv an ihren Aufgaben arbeiten zu können. Einer der Hauptgründe dafür sei die Überlastung durch die Moderne. Hinzu kommt eine Statistik des Journal of Occupational Health Psychology aus dem Jahr 2018, die zeigt, dass Arbeitnehmer, die ihr Smartphone exzessiv nutzen, häufiger über Burn-out-Symptome berichten. Die ständige Erreichbarkeit beeinträchtigt ihre Fähigkeit, zu entspannen und abzuschalten.3
Die moderne digitale Welt hat also auf der einen Seite Fortschritt und neue Technologien gebracht, auf der anderen Seite aber auch die Belastung für den Menschen erhöht. Es ist nicht verwunderlich, dass der Mensch bei dieser Dauerbelastung auch während der Arbeitszeit nur allzu gerne abschaltet, auch um Energie zu sparen. Die American Psychological Association (APA) hat in ihrem Artikel »Stress in America: Coping with Change« eine mögliche Lösung für diese Herausforderung veröffentlicht. Sie empfiehlt Stressbewältigung und Achtsamkeitsübungen angesichts der wachsenden Herausforderungen der Menschen. Ob jedoch Achtsamkeitsübungen und Yoga allein ausreichen, ist fraglich.
In gewisser Weise sterben viele von uns, bevor sie der Tod ereilt. Das mag zum einen an der Angst vorm Tod oder einer falschen Vorstellung von ihm Wenn wir nicht wirklich leben, als was bezeichnen wir dann die Zeit vor dem Tod?