Der Fuchs - Michael Haeser - E-Book

Der Fuchs E-Book

Michael Haeser

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  • Herausgeber: tredition
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2021
Beschreibung

Was ist aus dem Fuchs geworden, der im "Kleinen Prinzen" die klugen und bekannten Worte geprägt hat: "Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar"? In diesem Buch begleiten wir dieses kluge Tier auf seiner Suche nach seinem Freund und entdecken mit ihm weitere, wertvolle Gedanken über Freundschaft, Liebe und andere Dinge, die das Zusammenleben von Menschen und anderen Lebewesen prägen. "Wirst auch Du Dich an mich erinnern?", fragte das Mädchen, auch wenn ich Dich nicht geliebt habe?" - "Auch Du wirst ein kleiner Stein im langen Fluss meines Lebens sein", erwiderte lächelnd Der Fuchs, "und Du hast den Lauf dieses Flusses ein kleines biss- chen beeinflusst, sodass ich Dich gar nicht vergessen kann."

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Seitenzahl: 111

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Ähnliche


Michael Haeser

Der Fuchs

auf der Suche nach dem kleinen Prinzen

Zeichnungen von Claudia Winsberg

Bibliografische Information der

Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Haeser, Michael

Der Fuchs – auf der Suche nach dem kleinen Prinzen

3. Auflage 2009

Cover by Michael Haeser

Zeichnungen: Claudia Winsberg

© by Michael Haeser 2004

ISBN-13: 9783837082883

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder

eine andere Verwertung ist nur mit ausdrücklicher,

schriftlicher Genehmigung des Verlags gestattet.

Herstellung und Verlag:

Books on Demand GmbH, Norderstedt

Für meine Eltern, deren Weg stets der richtige war

Prolog - Der Fuchs wacht auf

Der Fuchs öffnete die Augen.

Seit Tagen schon hatte er in seinem Bau gelegen und die Wände angestarrt. Wie lange war es her, seit der kleine Prinz aus seinem Leben verschwunden war? Und der Flieger Saint-Exupery? Er wusste es nicht mehr. Er spürte nur diese endlose Sehnsucht und Traurigkeit, die ihn überfallen hatte seit dem Tag, an dem sein kleiner Freund mit dem weizenblonden Haar von ihm gegangen war. Sicher, ihm selbst war die Notwendigkeit dieses Gehens schon bewusst und er war glücklich darüber, dass diese zauberhafte kleine Person nun wieder bei der war, die er liebte: bei seiner Rose. Aber der Verlust war groß und die Einsamkeit, die Gewissheit, den einzigen Freund, den das Leben ihm geschenkt hatte, nie wieder zu sehen, brannte tief in seinem Herzen. Worauf sollte er sich nun freuen? Wer nahm diese Stelle ein, die vorher doch nie da war und dann so plötzlich und nachhaltig besetzt wurde? Wer?

All die vielen Gedanken gingen durch seinen klugen Kopf, und trotz des Kummers glitt ein wissendes Lächeln über die schmalen Lippen seiner Schnauze. Dabei erzitterten leicht seine Barthaare und unwillkürlich musste er niesen. Das gab ihm endlich wieder ein wenig Leben und bedächtig erhob er sich von seinem Lager, das schon völlig platt gelegen war. Erstmals seit Tagen wieder kroch er zum Eingang seines Baus, um die frische Luft zu schnuppern.

Draußen war es totenstill. Die Sonne stand tief und wurde von einem dichten Wolkenband umlagert.

Der Fuchs kroch vollends aus seinem Bau und lauschte dieser einzigartigen Stille, die ihm seine Einsamkeit noch deutlicher werden ließ. Er setzte sich auf seine Hinterpfoten, legte den Kopf zur Seite und starrte aufmerksam in den langsam dunkler werdenden Abendhimmel.

Dort oben, irgendwo auf einem dieser zahllosen Sterne, sitzt mein kleiner Freund bei seiner Rose, die jetzt wohl das glücklichste Geschöpf des Universum ist, dachte er. Welcher dieser vielen Sterne mag es wohl sein?

Er versuchte gar nicht, darüber nachzudenken, denn ihm war klar, dass er sich mit jedem falschen Stern, den er aussuchte, in Gedanken von seinem Freund entfernte. Alles, nur das nicht!

Du bist da irgendwo, dachte der Fuchs. Irgendwo dort am Firmament lacht eine glückliche Rose in ein strahlendes Prinzengesicht und macht einen kleinen Stern heller leuchten als alle anderen Sterne in seiner Umgebung. Wieder musste er lächeln.

Die Nacht begann, sich herabzusenken, die Schatten wuchsen und mit ihnen die für diesen Ort gewöhnlich einsetzende Kälte. Der Fuchs rollte seinen Schwanz enger an sich, um sich wärmen. Doch er mochte nicht zurückgehen in den warmen, aber einsamen und öden Bau.

Hier draußen, so dachte er, wenn ich aufmerksam bleibe, höre ich vielleicht den hellen Klang seiner Stimme. Und wer weiß, vielleicht singen die beiden jetzt da oben mit ihren glücklichen Herzen ein Duett der Liebe und ich kann es mit meinem Herzen ebenso vernehmen? – Man sieht nur mit dem Herzen gut, ja - und hört es nicht ebenso besser als die Ohren?

Er zuckte mit seinen Lauschern, wie um das Gedachte zu unterstreichen, neigte den Kopf noch ein wenig mehr zur Seite und schloss die Augen zu einem schmalen Spalt.

So werde ich die Sterne zwar nicht einzeln erkennen, dachte er, aber all die vielen kleinen Lichtstrahlen werden verschmelzen, und in ihnen muss einfach mein weizenblonder, sanfter, kleiner Freund sein.

Er saß und schwieg. Er saß und lauschte. Er saß und schaute. Er saß und wartete. Er saß, saß, saß und merkte nicht, dass er fror. Er saß - und der ganze Kummer stieg aus seinem kleinen traurigen Fuchsherzen auf und breitete sich über das Land ringsumher. Das Nachtgetier, das sonst schon lange emsig war, machte respektvoll einen Bogen um dieses friedliche Stückchen Erde und den trauernden Fuchs. Die ganze Nacht saß der Fuchs und schnupperte. Er ließ die Nase suchen, was die Augen nicht sehen konnten. Er ließ das Herz hören, was die Ohren nicht vernehmen konnten. Und so fühlte er sich wohl, trotz der Kälte, trotz seiner Trauer, trotz seiner Einsamkeit.

Der Morgen kam. Immer noch saß der Fuchs, kleiner noch als am Abend zuvor, vor seinem Bau und sah die Sterne langsam verblassen.

Wieder gehst du fort, dachte er vorwurfslos, doch ich weiß wann ich wieder bei dir sein kann, und er lächelte. Die Sonne stieg den Horizont empor und sah einen Fuchs, der noch einmal in seinen Bau zurück kroch und endlich, endlich den Schlaf nachholte, der ihm so viele Nächte hindurch fehlte, obwohl er doch stets nur auf seinem Lager gelegen hatte. Und endlich träumte er. Und im Schlaf war er vereint mit seinem vertrauten Kamerad. „Zähme mich“, zuckten seine Pfoten im Schlaf, „mach dich mir vertraut“, sagten sie.

Als er abermals erwachte war es bereits wieder Nacht. Die Sterne standen in Überzahl am Himmel und vereinigten sich, auch ohne dass er blinzeln musste, zu einem grandiosen Festival der Silberstrahlen. „Singt für mich“, betete der Fuchs, „lasst mich euch hören, kleiner Freund mit Deiner geliebten Rose.“ Er kämpfte nicht gegen die Tränen an, die nun aus seinen sonst so listigen Augen traten. „Ich liebe Dich“, flüsterte er ungehört in den sanften Wind, der erneut die Kälte der Nacht heran wehte.

Abermals saß er bis zum Morgengrauen vor seinem Bau und hörte in sein Herz. Und immer wieder meinte er, die glockenreine Stimme des kleinen Prinzen zu vernehmen. Als die Sonne ihm die Sicht nahm, die Sterne erloschen und die Kühle sich allmählich in einen warmen Monsun wandelte, stand er auf. „Ich kann hier nicht bleiben“, sagte er zu sich selbst. „Hier, wo ich all das Glück meines Lebens gefunden habe. Hier, wo ich Freundschaft gefunden habe und Vertrautheit, will ich nicht bleiben. Denn jeder Tag, jede Stunde, jede Minute wird mir zur Last werden. Ich werde hier sitzen und warten auf etwas, das doch nicht mehr wiederkommt. Nicht wiederkommen kann. Vielleicht auch nicht will.“ – „Aber ich werde Dich mit mir nehmen, kleiner Prinz, ich werde Deinen Geruch, Deine Stimme, die Farbe Deines Haares mit mir nehmen.“ – „Und ich werde überall, wo ich bin, Dein bezauberndes, einzigartiges Wesen in mir tragen, und niemand wird mir jemals nehmen können, was Du mir gegeben hast, mein wunderbarer Freund.“

So dachte er, warf noch einen letzten Blick auf seinen Bau, von dem er hoffte, dass er einem anderen einmal Schutz und Unterschlupf bieten würde, der ihn brauchen könnte. Dann drehte er sich um und trollte in eine Richtung, von der er selbst nicht wusste, was sie ihm bieten würde.

„Ich habe“, so sagte der Fuchs, „die Farbe des Weizens gewonnen. Ist das nun und für immer vorbei? Ich hatte doch einen Freund gesucht und gefunden, gehören zur Freundschaft nicht mindestens zwei? Warum muss Freundschaft immer vergehen? Warum muss immer ein anderer Wind wehen? Warum bleibt nicht wenigstens eine Zeit das Gute bestehen?Haben wir immer das gleiche Los? Ist Abschied nehmen das Wichtigste bloß? Ist das Gehen noch mehr als das Kommen? Ist immer das Glück, wie es kam, so zerronnen? Ist Treue und Glaube, Vertrautheit und Liebe immer von kurzer Dauer? Und was wäre, wenn's bliebe? Wäre dann alles auf einmal nicht mehr schön? Könnten wir dann nicht mehr die Farben der Rosen leuchten sehn?

Ich vermisse Dich so, mein kostbarer Freund. Warum hat das Schicksal es denn so gemeint? Muss ich jetzt wieder alleine bleiben? Und darf mir die Zeit nicht mit auf Dich Warten vertreiben? Kann ich mich je wieder freuen auf einen Moment an dem ich Dich sehen darf? Wenn auch nur am Firmament?

Ach, Prinz, mein Prinz, ich liebe Dich sehr, ach kämest Du doch wieder her. Sei hier, bei mir, lass Dein Lachen mich hören, und mit Deinem Duft meine Sinne betören. Ich liebe Dich, Freund, das sei gewiss, dass ich es Dir gönne, wo Du jetzt bist. Deine Rose soll blühen und glücklich sein. Denn einer von uns wäre doch wieder allein. So sei es, ihr zwei, seid da oben in Liebe vereint. Ich bleibe allein, hat das Schicksal gemeint. So wandre ich weiter auf der Suche nach was?“ So sprach der Fuchs und ging fort durch das Gras…

Der Fuchs und das Mädchen

Nach langer einsamer und oft beschwerlicher Wanderschaft kam der Fuchs eines Tages an einen kleinen Teich, der ruhig glitzernd im Schein der rötlichen Abendsonne lag. Es war angenehm warm, die Insekten summten leise ihre Gute-Nacht-Lieder und auch die Tierwelt verrichtete ihre letzten Tagesaktivitäten.

Inmitten dieser so romantischen Atmosphäre gewahrte er ein leises Weinen. Vorsichtig näherte er sich der Stelle, von der er es hörte, und schlich durch das dicht stehenden Schilf, der sachte wiegend am Ufer stand, bis er den Ursprung des Schluchzens sehen konnte. Es war eine junge Frau, die im weichen Gras nahe dem Ufer saß. Sie hatte ihr Gesicht gegen die untergehende Sonne gerichtet und unaufhörlich rannen Tränen über ihr feines, blasses Gesicht.

Der Fuchs betrachtete sie lange. Sie hatte wunderschönes langes Haar, das durch ein schlichtes blaues Band zu einem Zopf gebunden war. Sie trug ein unscheinbares weißes Kleid und hatte in ihrem Schoß einige Bögen Papier, die sie unablässig und unbewusst mit zitternden Fingern glatt strich.

Der Fuchs trat aus dem Schilf, setzte sich vor das Mädchen und schaute ihr in die Augen, die auch wie kleine Teiche aussahen: blau und nass. Er schaute. Saß und schaute, bis das Mädchen seiner gewahr wurde. Sie sah lange zu ihm hin, ohne ihn wirklich anzublicken.

„Warum lässt Du Deine kostbaren Kristalle verrinnen?“ fragte er behutsam.

Das Mädchen reagierte nicht, sondern starrte wieder in den Sonnenuntergang.

„Jede Deiner Träne hat einen unermesslichen Wert, weißt Du das nicht?“ fuhr der Fuchs fort und legte den Kopf ein wenig zur Seite.

Das Mädchen blinzelte ihn an und seufzte tief.

„Und jeder Deiner Seufzer ist ein süßer, unwiederbringlicher Ton einer wundervollen Melodie“, sagte der Fuchs und sah ihr tief in die tränenverschleierten Augen.

„Die Melodie der Liebe, die stets einmalig ist“, betonte er und ließ seinen Blick nicht von ihren Augen, die inzwischen auf ihn gerichtet waren.

„Lass mich allein“, sagte das Mädchen. Und nach einer kurzen Pause: „Und seit wann können Füchse sprechen?“

„Ich spreche doch gar nicht“, erwiderte der Fuchs, „ich stelle Fragen.“

„Auch Fragen darf ein Fuchs nicht stellen“, sagte das Mädchen beinahe streng.

„Füchse sind Tiere, und die können nun mal nicht reden“, und wischte sich die Tränen von der Wange, ohne dass der Tränenstrom verebbte.

„Du solltest es besser wissen“, lächelte der Fuchs, „denn Du weinst, obwohl das, um das Du weinst, doch auch nicht real sein kann.“

Das Mädchen guckte böse: „Woher willst Du denn das wissen?“ - „Man weint immer um das, was nicht mehr ist.“

Das Mädchen schwieg. Dann sagte sie: „Das ist etwas anderes. Du aber bist real und solltest nicht sprechen können. Das, um das ich weine, war auch real…“

Und nach einer kurzen Pause: „…und ist es immer noch.“ „Ja, aber nicht mehr für Dich.“ Er schaute ihr nun so eindringlich in die Augen, dass das Mädchen sie einen Augenblick lang schloss. „Wenn Du schon daherkommst und gegen jede Logik reden kannst, dann erklär mir bitte, warum ich nicht weinen soll?“ fragte das Mädchen vorwurfsvoll.

„Ich habe nicht gesagt, dass Du nicht weinen sollst“, sagte der Fuchs und lächelte wieder, „ich frage nach dem Warum.“

„Was geht Dich das an!“

„Nichts. Aber ich sehe etwas so Kostbares, und frage dann nach dem Warum. Hast Du nie nach einem Warum gefragt?“

Das Mädchen zögerte kurz und antwortete: „Gut, ich sage Dir warum, und dann lass mich allein. Ich weine, weil mein liebster Schatz mir einen Abschiedsbrief geschrieben hat.“

Der Fuchs blieb sitzen und schaute auf die Zettel, die sie weiterhin mit ihren schlanken Fingern hektisch glatt strich, und dadurch eher noch mehr zerknüllte.

„Ist das der Brief?“ fragte er.

„Natürlich. Meinst Du, ich habe die Zeitung gelesen?“

„Sagst Du mir, was darin steht?“

„Lies ihn doch selbst“, antwortete das Mädchen.

„Ich kann zwar sprechen“, sagte der Fuchs, „aber lesen kann ich leider nicht. Jedenfalls nicht die Sprache der Menschen. Bitte sag mir, was er geschrieben hat.“

„Es ist ein Abschiedsbrief, ich sagte es Dir schon.“ Aber unter nun wieder sehr heftigen Tränen fuhr sie fort: „Er hat jemand anderen kennen gelernt, eine andere Frau. Und dass er mich nun verlässt. Ich habe alles verloren. Alles! Kannst Du das überhaupt verstehen?“

„Ist diese Liebe wirklich alles gewesen, was Du hattest?“ fragte der Fuchs sanft. - „Ja, alles!“ - „Bist Du sicher?“ drängte der Fuchs.

„Was soll das heißen?“ entgegnete das Mädchen irritiert. - „Ich meine, ist da nicht auch Liebe in Dir?“ - „Natürlich, was meinst Du, warum ich weine? Ich liebe ihn, aber er mich nicht.“