Der Gebogene Stock - Paul Comstock - E-Book

Der Gebogene Stock E-Book

Paul Comstock

0,0

Beschreibung

Ein Holzbogen muss nicht aus Eibe oder aus Osage Orange sein, „weiße“ Hölzer wie Esche, Ulme, Hickory, Walnuss, Birke und viele andere ergeben ebenso leistungsfähige und dauerhafte Bögen wie die angeblichen Spitzenhölzer. Man muss nur wissen wie. Paul Comstock hat die Bogen unserer Ahnen nachgebaut, sämtliche Bogenliteratur studiert und umfangreiche Testreihen durchgeführt. Seine Erfahrungen lassen nur einen Schluss zu: Wenn dein Holzbogen leistungsfähig, dauerhaft und treffsicher sein soll, sind die heimischen weißen Hölzer nicht nur zweite Wahl, sondern genau richtig. Der Erbauer des Meare-Heath-Bogens hat es uns vor fast fünftausend Jahren vorgemacht, und Paul Comstock zeigt uns wie es geht. Schon einige Autoren haben den Holzbogenbau in einem Buch dargestellt. Paul Comstocks Verdienst ist es, nicht nur eine leicht verständliche Bauanleitung geschrieben zu haben, sondern erst einmal darüber zu informieren, wie ein Bogen überhaupt funktioniert, und wie hohe und dauerhafte Leistung zu erreichen ist. Dieses Wissen um Hintergründe, Schwierigkeiten, Sonderfälle und viele weitere sinnvolle Tipps aus der Praxis eines der erfahrensten Bogenbauer ermöglichen es gerade dem Anfänger, in jeder Phase des Bogenbaus die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wer wissen will, was er da tut, und sichergehen, dass es ihm auch gelingt, der ist mit diesem Buch bestens bedient.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 322

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Paul Comstock

DER GEBOGENE STOCK

Herstellung von Jagdbogen aus weißen Hölzern

Aus dem AmerikanischenvonManfred Ebner

Verlag Angelika Hörnig

Der Gebogene Stock

von Paul Comstock

Aus dem Amerikanischen

übersetzt von Manfred Ebner

Mit Grafiken von Kristen Trader

Fotos von Paul Comstock

und Volkmar Hübschmann (Werkzeuge)

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

“The Bent Stick – Making and using wooden hunting bows“

© seit 1988 by

Paul Comstock

P. O. Box 1102

Delaware, OH 43015

Alle Rechte vorbehalten. Keine Teile des Buches dürfen ohne schriftliche Genehmigung des Verlages auf mechanischem, fotografischem oder elektronischen Weg kopiert, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Printausgabe unter ISBN 978-3-9808743-6-6 erschienen.

German Ebook © 2020 Verlag Angelika Hörnig

ISBN 978-3-938921-68-5

Layout: Brigitte Löcher

Redaktionelle Bearbeitung: Hörnig & Alles

Umschlaggestaltung: Angelika Hörnig

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH

Verlag Angelika Hörnig

Siebenpfeifferstraße 18

D-67071 Ludwigshafen

GERMANY

www.bogenschiessen.de

Vorwort

Die Herstellung von Holzbögen ist mehr Kunst als Wissenschaft. Wer Bögen aus Holz baut, wird mit einer ganzen Anzahl von Möglichkeiten und Situationen konfrontiert. Auch wer schon 100 Bögen gebaut hat, hat noch eine Menge zu lernen. Der Bogenbauer muss Entscheidungen treffen und auf Situationen, auf die ihm begegnen, reagieren können.

Wenn du der Meinung bist, dass du dabei einer Gebrauchsanleitung unter allen denkbaren Möglichkeiten folgen kannst und damit zu jeder Zeit hundertprozentigen Erfolg hast, dann vergiss es. Es gibt zu viele Variablen. Ein Bogenbauer muss in der Lage sein, für sich selbst zu denken.

Mehr als alles andere ist dieses Buch „Der Gebogene Stock“ dafür gedacht, den Denkprozess darzustellen, der hinter dem Holzbogenbau steckt. Lies es, bevor du anfängst, an einem Bogen zu arbeiten, und wenn du mit der Arbeit anfängst, solltest du für die Überlegung, was du tust, genau so viel Zeit aufwenden, wie für die Arbeit selbst.

Man kann davon ausgehen, dass die beschriebenen Techniken für den Anfänger die besten Ergebnisse unter den üblichen Umständen und unter möglichst vielen Abwandlungen ergeben. Es gibt viele Möglichkeiten. Und es gibt nur wenige Regeln, die in Stein gemeißelt sind.

Dein Freund

Paul Comstock

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

1

Der Anfang

2

Die Herausforderung

3

Wie sich Holz biegt

4

Der Bogen

Neun Gebote für deinen ersten Holzbogen

5

Die Wurfarme

Ein genauerer Blick auf das Verjüngen der Wurfarme

6

Die maximale Zuglänge

7

Haltbarkeit

8

Leistung

Bogenarten

Andere Faktoren

Der überdimensionierte Bogen

Nachtrag: Weitere überdimensionierte Bogen

9

Schnelles Trocknen

Nachtrag: Mehr über den Feuchtigkeitsgehalt

Nachtrag: Verzogenes Holz

10

Holzarten

Auswahlkriterien für Bogenholz

Tests für Bogenholz

Tests für Splintholz

Verschiedene Hölzer erkennen

Bogen aus Brettern, Tricks mit der Maserung

11

Holz besorgen

12

Werkzeug

13

Konstruktion

Wo fangen wir an?

Wo man den Griff platziert

Die Umrisse ausschneiden

Das Tillern der Wurfarme

Tillerprofile

Ein kritischer Moment

Den Bogen aufspannen

Änderungen beim Zuggewicht

Mehr übers Tillern

Maße für einen Einsteigerbogen

14

Sonderfälle

Gewundene Maserung

Knoten

Trocknungsrisse

Unregelmäßigkeiten auf dem Rücken

Das richtige Tapern

Krümmungen in den Wurfarmen

Dämpfen

Griffe

Nur keine Panik

15

Sehnenbacking

Nachtrag: Mehr über Eibe und Sehnen

16

Andere Backings

Rohhaut

Leder

Backing aus Holz

Andere Möglichkeiten

Nachtrag: Ein Nylonbacking

Mehr über Bogen ohne Backing

17

Der neue Bogen

Nachtrag: Mehr über Oberflächenbehandlung

Ein genauer Blick auf einen erstklassigen Holzjagdbogen

18

Wurfarme mit Recurves

19

Holzbogen Schießen

Nachtrag: Mehr über Zuggewichte

Nachtrag: Weicher Auszug

20

Bogensehnen

21

Pfeile

Primitive Pfeile

Pfeile selber machen

Nachtrag: Mehr über Pfeile

Nachtrag: Spinewert des Pfeiles

22

Jetzt ist es an dir

„Vor dem Metall,

vor dem gewebten Tuch,

vor der Zivilisation,

vor dem Rad,

vor dem geschriebenen Wort – gab es den Bogen.“

Der Anfang

Der modernen Wissenschaft zufolge fand die erste große Revolution in der menschlichen Kultur vor ungefähr 20.000 bis 35.000 Jahren statt. Damals, sagen Wissenschaftler, erfuhr der Mensch, körperlich und geistig bereits dem modernen Menschen gleich, eine Explosion kreativen Denkens.

In der vorausgegangenen Epoche entwickelten sich die Bearbeitung von Stein und andere Techniken, im Laufe der Jahrtausende, im Schneckentempo. Das alles änderte sich nahezu über Nacht. Erfindungen, Kunst und Fortschritt entwickelten sich blitzartig, verglichen mit früherer Zeit.

Das neue Zeitalter brachte neue Wege mit sich, Stein und Knochen zu bearbeiten, neue Wege, sich zu bekleiden und Kunstgegenstände zu gestalten, und es brachte neue Waffen, wie die Speerschleuder. Nichts davon hatte es bisher gegeben.

Diese prähistorische Entdeckung des kreativen Denkens musste stattfinden, bevor Pfeil und Bogen erfunden werden konnten.

Es konnte nie genau geklärt werden, wann Pfeil und Bogen erfunden wurden und wird vermutlich auch immer im Dunkeln bleiben. Die ersten Steinfunde, die wie Pfeilspitzen aussahen, wurden auf ein Alter von ca. 20.000 Jahren geschätzt. Höhlenmalereien und Fragmente von Bogen und Pfeilschäften beweisen, dass der Bogen definitiv vor etwa 8.000 – 10.000 Jahren bereits in Gebrauch war.

Die Zeit vor ca. 10.000 Jahren war von einschneidender Bedeutung, da damals die letzte Eiszeit zu Ende ging. Während der Eiszeit hatte der frühzeitliche Mensch kaum Schwierigkeiten, von riesigen Herden großer Grasfresser zu leben. Aber als die Eiszeit endete, verschwanden das Mammut, das Wollnashorn und andere Arten. Riesige Ebenen, südlich der Gletscher, wurden zu Wäldern. Umherziehende Herden, die mit Fallgruben und Lanzen bejagt werden konnten, wurden von kleineren, schnelleren Tieren abgelöst. Von kleineren Tieren abhängig zu sein, war ein gewichtiger Grund für die Verbreitung von Pfeil und Bogen.

Im Laufe der Zeit verbreitete sich der Bogen über die ganze Welt, mit Ausnahme einiger Inseln im Pazifik. Eine wirklich bemerkenswerte Tatsache ist, dass diese primitiven Pfeile und Bögen, sobald sie einmal aufgetaucht waren, niemals wieder ganz verschwanden. Viele wilde Völker benutzten sie bis ins 20. Jahrhundert hinein. Sogar heute noch bekämpfen wilde, südamerikanische Stammeskrieger Eindringlinge mit Pfeil und Bogen.

Unter primitiven Völkern – in der Vergangenheit oder heute – ist die Doktrin des Bogenschießens einfach: Mach das Beste aus dem, was du hast, und passe es deinen Bedürfnissen an. Buschmänner in Afrika, die ein hartes, entbehrungsreiches Leben führen, benutzen kleine, leichte und einfach herzustellende Bögen und verlassen sich bei der Jagd auf vergiftete Pfeilspitzen und eine unglaubliche Hartnäckigkeit beim Spurensuchen. Andere Stämme, die mehr Zeit zur Verfügung hatten, waren deshalb in der Lage, bessere Ausrüstung anzufertigen, mit der man auch ohne Gift schnell töten konnte.

Es ist ein Tribut an die Effektivität des hölzernen Jagdbogens, dass das primitive Bogenschießen ungeachtet der Örtlichkeit, der Ära oder der zur Verfügung stehenden Holzarten, aufblühen konnte. So geschah es in Europa, Asien, Afrika, Nord- und Südamerika, nahezu überall.

In der ganzen Welt und quer durch die Geschichte wurden eine Vielzahl von Holzarten und die verschiedensten Konstruktionen und Methoden beim Bogenschießen verwendet. Fast jede vorstellbare Variation war in Gebrauch. Und jede Variation war erfolgreich in den Händen ihres Schöpfers. Wären Holzbögen nicht effektiv und tödlich, hätten sie sich nicht über die ganze Welt ausgebreitet und so lange überlebt.

Im Laufe der Zeit schritt die Kultur voran und Pfeil und Bogen wurden verfeinert. Kraftvolle Kompositbögen entstanden und hatten ihre Blütezeit in Asien. Aber sie waren das Produkt der Zivilisation und nicht das primitiver Stammeskrieger. Und während sie immer noch sehr interessant sind, wäre es sehr schwierig, sie heute nachzubauen, weil wichtige Materialien, die für ihre Konstruktion benötigt werden, z. B. Fischbein oder lange, dicke Stücke Rinderhorn, in den heutigen Vereinigten Staaten rar sind.

Während eine große Auswahl an Holzbögen aus der ganzen Welt erhältlich ist, wurden wir in Amerika (Nicht-Indianer) auf Holzbögen einer einzigen Art getrimmt – solche aus England.

Von der Sprache über das Rechtssystem bis hin zur Philosophie der Freiheit hat Amerika schwer von den Engländern abgeschaut und sich darauf verlassen. So war es auch mit dem Bogenschießen und dem Holzbogen. Während Indianer weiße Soldaten im Westen mit Pfeilen spickten, schossen zivilisierte Bürger aus dem Osten mit englischen Langbögen, die auch meistens in England gemacht worden waren, und nahmen jede englische Theorie über das Bogenschießen als Evangelium hin.

Viele englische Verbesserungen waren wichtig. Die Engländer entwickelten eine Schießtechnik, wobei mit dem Auge über den Pfeil gezielt wird, was unter modernen Bogenschützen Standard ist. Englische Ansichten über Bogenstärke und der Wert, der auf Präzision gelegt wurde, waren ebenfalls sehr einflussreich.

Tatsächlich hatte das englische Bogenschießen Amerika so stark im Griff, dass es eigentlich nie richtig losgelassen hat. Wenn du das gesamte verfügbare Material über Holzbögen zusammensuchen wolltest, das du finden kannst, wird du garantiert zu 70 – 99% immer wiederholte, englische Ideen lesen.

Was du hier lesen wirst, richtet sich nicht nur nach Regeln, die von England festgesetzt wurden. Englische Ansichten und der englische Gebrauch von Holzbögen waren zweifellos erfolgreich. Es wäre jedoch ein Fehler, die anderen Bogentypen zu ignorieren, die es auf der ganzen Welt und im Laufe der Geschichte gab. Was du hier lesen wirst, mag dir erscheinen, als sollten englische Methoden in Frage gestellt und negiert werden, doch das wäre ein Irrtum. Es wäre richtiger, zu sagen, dass es bei dem, was du hier liest, nutzbringend um Holzbögen aus der gesamten primitiven Welt geht – nicht nur einer einzigen Nation.

Der wichtigste Unterschied zwischen primitiver und englischer Art ist die Wahl der Materialien. Primitive Völker benutzten immer das Beste, was sie in ihrem Lebensraum finden konnten. Und sie konnten immer etwas finden, das sehr, sehr gut funktionierte. Die Engländer dagegen legten größten Wert auf ein einziges Holz – das der Eibe – das sie aus Spanien und Italien importierten. Diese Ansicht festigte sich im Laufe der Zeit bis zur Absurdität, nämlich, dass nur einige wenige Holzarten für Holzbögen gut sind und andere so schlecht, dass sie nicht wert sind, erwähnt zu werden.

Wenn wir freundlich sein wollten, könnten wir das einen Mythos nennen. Wären wir grob, könnten wir es auch eine riesige, altehrwürdige Lüge nennen. Als die Engländer ihre Ansichten mit Nachdruck predigten, waren sie auf der Höhe ihrer Macht. Sie glaubten, sie wüssten genug, um die Welt zu regieren. Wenn sie das konnten, waren sie auch arrogant genug, der Welt zu sagen, aus welchem Holz man einen Bogen zu machen hätte.

Freidenkende Amerikaner begannen im 20. Jahrhundert hervorragende Bögen zu machen, wobei sie andere Designs als rein englische verwendeten. Das war recht radikal, da im 19. Jahrhundert das englische Design als das Nonplusultra angesehen worden war. Die Vorurteile über Bogenholz starben jedoch nie wirklich aus. Die meisten amerikanischen Bücher über Holzbogen, die man finden kann, preisen zwei oder drei Arten Bogenholz an. Meistens sind das Eibe, Osage Orange und Lemonwood.

Hier wirst du über Bögen aus allen drei Hölzern lesen. Du wirst lesen, wie die Leistung dieser Bögen getestet wurde. Du wirst auch über Bögen lesen, die aus sieben anderen Holzarten gemacht wurden und wie man sie ebenfalls testete. Sei nicht überrascht, wenn du erfährst, dass die Leistung dieser verschiedenen Hölzer so ähnlich war, dass keine signifikanten Unterschiede zwischen ihnen festzustellen waren. Sei auch nicht überrascht, wenn du womöglich herausfindest, dass es nicht das Wichtigste ist, woraus ein Bogen gemacht ist, sondern, wie er gemacht ist.

Einige Bücher, die auf englischer Lehrmeinung beruhen, legen großen Wert auf die Zeitspanne, die Holz trocknen muss, bevor man daraus einen Bogen machen kann. Viele sagten, es würde drei bis sieben Jahre dauern. Die primitive Philosophie sagt jedoch etwas anderes.

Du wirst hier über Bögen lesen, die aus Holz gemacht wurden, das 3, 5 und sogar 20 Jahre abgelagert wurde. Du wirst aber auch von einem Stück Holz lesen, das in 62 Tagen von einem grünen Baum zu einem fertigen Bogen wurde. Sei nicht erstaunt, wenn du siehst, dass kein maßgeblicher Unterschied, ja nicht einmal ein messbarer, zwischen diesen Bögen ist. Sei nicht erstaunt, wenn du feststellst, dass die Dauer des Trocknens nicht so wichtig ist wie die Art des Trocknens.

Als das Fiberglas erfunden wurde, kam der Holzbogen in Amerika langsam aus der Mode. Tracy Stalker, langjähriger Autor des Archery Magazine, schrieb, dass im Jahre 1947 der Gebrauch von Plastik und Glasfiber gerade mal das Experimentierstadium erreicht hatte. Bereits 1954 war es jedoch weitverbreitet. In den frühen 50er Jahren hatten mit Fiberglas belegte Bogenarme die Form erreicht, die sie noch heute haben – dünne Lagen Fiberglas auf beiden Seiten eines hölzernen Kerns. Der Holzkern besteht meistens aus Laminaten, auf die das „Glas“ aufgeklebt ist.

Sogenannte Traditionalisten und Puristen jammern und klagen über den hohen Grad an Technologie bei den meisten Bogen, die heutzutage in Gebrauch sind. Die wenigsten erkennen, dass Fiberglas der Anfang vom Ende des primitiven Bogenschießens war. Es war das Stroh, das dem Kamel das Rückgrat brach.

Es gab technische Vorrichtungen und Spielereien für den Gebrauch von Pfeil und Bogen in der Holz-und-sonst-nichts-Zeit. Ein frühes Bogenvisier war ein an der Sehne befestigter Ring, der als Lochkimme diente, um die Pfeilspitze in einer Linie mit der Sehne auf das Ziel zu bringen. Erfunden wurde es 1880.

Einige Oldtimer spielten gerne mit solchen Sachen herum, die Autoren dieser Zeit hatten jedoch für ihren Gebrauch nichts übrig. Die frühen Bogenjäger verachteten sie. Die Betonung lag hauptsächlich auf dem Einfachen.

Das alles änderte sich mit dem Fiberglas. Fiberglas schnellt nahezu vollständig in seine Ausgangslage zurück, wenn es gebogen und wieder losgelassen wird. Es kann sehr große Belastung aushalten, die den stärksten Bogen der ausschließlich aus ist Holz zerbrechen lassen würde.

Wenn es zu stark belasteten, langen Recurve-Wurfarmen verarbeitet wird, kann Fiberglas einen sehr schnellen Bogen ergeben. Bald nach der Verwendung von Glas tauchte eine neue, radikale Entwicklung auf – der mittenschüssige Bogengriff (Centershot) – der dem Pfeil erlaubte, auf derselben Linie wie die Bogensehne abgeschossen zu werden.

Dies konnte man bei einem Holzbogen nur schwer machen, weil der tiefe Schnitt, der für die Mittenschüssigkeit erforderlich ist, durch die Maserung des Holzes gehen würde. Es ist die Maserung, die einen Holzbogen zusammenhält. Mit Fiberglas jedoch war der Center-Shot einfach zu entwickeln und absolut zuverlässig. Für die Jagd ist ein glaslaminierter Bogen mit Center-Shot nicht so überaus stärker als ein Holzbogen. Aber ein glaslaminierter Center-Shot-Bogen ist, zumindest für die meisten Leute, einfacher zu schießen als ein Holzbogen. Die Schießfertigkeit des amerikanischen Durchschnitts-Scheibenschützen wurde mit laminierten Glasfiberbögen besser.

Das alles führte dazu, dass sich die Zielvorstellungen änderten. Das Ziel war nicht mehr das Einfache, Primitive. Das Ziel wurde immer mehr, Bogenschießen einfacher und immer noch einfacher zu machen.

Die glaslaminierten Bögen konnten zu Tausenden von Fabriken auf den Markt geworfen werden. Holzbögen muss man individuell von Hand machen. Hersteller investierten viel Geld in die neuen Fiberglasbögen. Sie rührten die Werbetrommel und hatten Erfolg. Werbespots und Literatur jener Tage versicherten den Jägern, die neuen Bögen würden einen Hirsch auch bei leichten Zuggewichten töten. Alles, womit man die Bögen leichter handhaben konnte, wurde von den Herstellern angepriesen. Bogenvisiere, Stabilisatoren und Releases (mechanische Auslöser), sehr selten in den „Holz-und-sonst-nichts“-Tagen, wurden immer häufiger. Die heutige High-Tech-Szene ist das Produkt dieses Samens, der in den 50er Jahren gesät worden ist. Der Compound-Bogen ist nur ein weiteres Produkt dieses Trends. Der Kommerz versuchte, genauso wie die Wissenschaft, das primitive Bogenschießen zu begraben.

Als er das technische Zubehör und die Hilfsmittel beschrieb, die es in den 20er Jahren gab, warnte ein Autor davor, solche Dinge allgemein zu benutzen: „Wo wird es enden?“

Wir haben die Antwort auf diese Frage gesehen. Es endet gar nicht.

Wer von uns würde noch mit Pfeil und Bogen schießen und jagen, wenn man uns Fiberglas, Aluminium und Excenterräder wegnehmen würde?

Wer hätte noch Interesse, wenn er sich plagen und schwitzen müsste, um seine Waffen selbst zu machen?

Wer wäre scharf darauf, die gleiche Waffe zu führen, die vor 7.000 Jahren in europäischen Wäldern, asiatischen Steppen und afrikanischen Savannen benutzt wurde?

Du? Dann lies weiter!

Anmerkung der Herausgeber:

Paul Comstock betont immer wieder die hohe Leistungsfähigkeit eines Holzbogens, wobei er die Anforderungen der Jagd im Blick hat. In Amerika ist die Bogenjagd üblich, in Deutschland, ebenso wie in anderen Ländern Europas, verboten. Bei uns hat aber eine wachsende Bewegung den traditionellen Bogen als reines Sport- und Freizeitgerät für sich entdeckt, eine Jagd findet lediglich als spielerische Simulation statt. Unserer Meinung nach sollte das auch so bleiben.

Ungeachtet der grundsätzlichen Frage der Jagd sind die Anforderungen an einen Bogen aber prinzipiell die gleichen geblieben: Leistung, Langlebigkeit, Treffsicherheit und Komfort. Dass sich alle diese Kriterien auch mit einem einfachen Stück Holz verwirklichen lassen, macht gerade die Faszination eines Holzbogens aus. Diese Faszination ist bei einem Bogen, der „nur noch“ als Sportgerät benutzt wird, um nichts geringer.

Die Herausforderung

Warum sollte sich jemand einen Holzbogen als Jagdwaffe machen wollen? Obwohl ein Holzbogen eine sehr einfache Jagdwaffe ist, hat es Vorteile, einen zu haben und zu benutzen. Er ist effektiv. Er ist zuverlässig. Man kann sich einen machen, ohne dass man viel Geld ausgeben muss, nicht mehr als ein paar Euro oder auch nur ein paar Cent.

Aber Wirtschaftlichkeit ist nicht immer der stärkste Antrieb. Der beste Grund, einen Holzbogen zu machen und mit ihm zu schießen, ist der Wunsch, es zu tun. Der beste Grund ist der Wunsch, eine primitive Waffe zu benutzen.

Für andere ist es eine Herausforderung, 10, 20, oder 30 Tiere im Jahr, oder auch im Monat, zu erlegen. Sie finden nichts dabei, Gewehre oder High-Tech-Bögen zu benutzen. Es ist sicherlich auch wahr, dass sich manche Jäger überhaupt nichts aus einer „Herausforderung“ machen. Sie mögen es um so lieber, je schneller und einfacher sie Wild erlegen können. Vermutlich würden manche Kanonen und Landminen benutzen, wenn sie glaubten, dass es ihre Chancen erhöhen würde.

So schwer zu verstehen ist das gar nicht, wenn man bedenkt, dass diese Leute nicht viel Zeit damit verbringen können (oder wollen), zu jagen oder ihre Fähigkeiten als Jäger zu verbessern. Für sie ist es ein einfach ein Zeitvertreib, der nicht so wichtig ist, als dass man viel Mühe darauf verschwendet.

Es gibt auch Leute, die denken anders darüber. Sie wollen keine Buck-Rogers-Waffen. Sie haben kein Interesse daran, ihren Erfolg daran zu messen, wie viele Tiere sie getötet haben.

Wenn dein Geschmack in diese Richtung geht, bist du vielleicht ein Kandidat für einen Jagdbogen aus Holz.

Wenn du einen Holzbogen machst und damit jagst, schwimmst du nicht mit dem Strom, sondern weitab. Es ist nämlich für die meisten viel zu beschwerlich und macht viel zu viel Ärger, selber einen Holzbogen zu machen, egal, was sie für Wertvorstellungen haben mögen.

Wenn du selber Holzbögen machst und damit schießt, bist du in unserer modernen Welt irgendwie fehl am Platze. Deine Jagdfreunde können dir nicht viel raten. Sie glauben vielleicht, dass sie etwas über Holzbögen wüssten, aber solange sie nicht selbst welche machen und viel damit schießen, kannst du ihnen nicht trauen. Du bist auf dich selbst gestellt.

Ich möchte dir ein paar geeignete Freunde aus vergangener Zeit vorstellen, die Bücher schrieben:

Roger Ascham, in England im Jahre 1545, Toxophilius,

Horace Ford, in England 1856, Archery – it’s Theorie and Pratice,

Maurice Thompson, gegen 1870 in den USA, The Wichery of Archery,

Saxton Pope, um 1920 in den USA, Hunting with the Bow and Arrow in dt.: Jagen mit Bogen und Pfeil und The Adventurous Bowmen,

Robert Elmer, 1926 in den USA, Archery,

Arthur Lambert Jr., Modern Archery, USA 1929.

Das Beste, was du tun kannst, ist, diese Bücher aufzutreiben und sie zu lesen. Einige wie „Wichery of Archery“ gibt es als Nachdruck. („Jagen mit Bogen und Pfeil“ von Saxton Pope ist sogar auf dt. noch erhältlich, d. Hrsg.) Universitätsbibliotheken oder Leihbüchereien, bzw. Antiquariate sind gute Adressen für die anderen Titel.

Die Ansichten dieser Männer stimmen jedoch nicht immer überein. Ihre Meinungen sollten sorgfältig geprüft und nicht blindlings übernommen werden.

Pope, Thompson und Lambert waren die einzigen, die selbst viele Bögen machten. Und alle diese Männer waren in gewisser Weise voreingenommen.

Allen gemeinsam war die englische Ansicht, die im ersten Kapitel besprochen wurde. Trotzdem benutzte jeder Holzbögen und konnte viel über ihre Eigenheiten sagen.

Insbesondere Thompson wusste, wie es ist, mit dem Holzbogen zu jagen. Er widerstand den Anfeindungen von denen, die es nicht mochten, dass er ein archaisches Relikt benutzte. Was andere dachten, scherte ihn nicht. Er gab es zu: im Herzen war er ein Wilder.

Lies sein Kapitel: „Drei Wochen lang leben wie ein Wilder“. Darin erzählt er, wie er mit Tommy, einem Indianer aus Florida, wandert und jagt. Thomson sagt, dass Tommy, genau wie er selbst, ein Außenseiter wegen seines Holzbogens war. Tommy stand allein, weil seine Stammesbrüder Gewehre benutzten. Nirgendwo sonst wird die Jagd mit dem Holzbogen so aufregend und glaubhaft beschrieben. In Tommy fand Thompson eine verwandte Seele und einen Lehrer. In der Wildnis von Florida fand er ein Paradies im Vergleich zu den modernen Städten, die er mied.

Thompson hatte seinen Finger wirklich am Puls des ursprünglichen Bogenschießens. Moderne Bögen, zumindest manche von ihnen, sind genau so anspruchsvoll und sportlich wie Holzbogen. Sie können jedoch niemals mit der ursprünglichen Schlichtheit mithalten, die von einem Bogen aus Holz ausgeht. Der moderne Bogen kommt aus einer Welt der Düsenjets und der Atombombe, der Holzbogen jedoch wurde erfunden, als unsere Vorfahren Häute und Felle trugen und in Höhlen und Hütten lebten.

Pope und sein Freund Arthur Young waren Paten des Pope and Young Clubs. Pope fand es, genau wie Thompson, äußerst aufregend, Eichhörnchen oder Enten zu erjagen. Aber er war auch ehrgeizig, zusammen mit Young erlegte er alle Arten von nordamerikanischem Wild, einschließlich Alaska-Braunbär und Alaska-Elch. Sie reisten nach Afrika und bezwangen dort so große Tiere wie Elanantilopen, und sogar ein paar Löwen. Pope und Young waren unbeschreiblich richtungsweisend bei modernen Bogenschützen. Sie bewiesen zweifelsfrei, dass Holzbögen, tödliche Waffen sein können.

Sie setzten, genau wie Thompson vor ihnen, die Grundsätze fest, die wir immer noch respektieren: Sie lehnten Gift als unsportlich ab und betonten die Wichtigkeit von gutem Schieß-Können und rasiermesserscharfen Jagdspitzen.

Einen Holzbogen zu machen, damit zu jagen und damit Erfolg zu haben, ist ein erstrebenswertes Ziel. Es ist möglich! Einen Holzbogen zu machen, ist kein Geheimnis oder eine Qual. Wenn man die richtige Einstellung hat, ist es eine Freude. Für den eingefleischten Do-it-yourselfer ist es eine sehr befriedigende Erfahrung. Und für den Neuling ist es eine Verwandlung.

Wer einen Holzbogen schießt, macht verschiedene Dinge:

Als erstes akzeptiert er die Grenzen seiner Waffe. Eigentlich muss das jeder Bogenschütze machen. Ein Bogen aus Holz ist nicht die stärkste Waffe auf Erden. Das muss er aber auch nicht sein. Dasselbe könnte man auch von einem modernen Bogen sagen. Wer glaubt, dass er das Optimum an Power und Geschwindigkeit braucht, vergisst am besten das Bogenschießen ganz und besorgt sich eine .340 Weatherby Magnum.

Wer einen Holzbogen benutzt, stellt sich der Herausforderung, mit einer Waffe vertraut zu werden, die selbst eine Herausforderung darstellt. Es ist schon eine Herausforderung, einen zu bauen. Ebenso ist es eine Herausforderung, damit ein konstant guter Schütze zu werden. Du wirst hier lesen, dass es möglich ist, einen Holzbogen zu machen, der relativ einfach zu schießen ist. Trotzdem wird nur der Hartnäckige zum Erfolg kommen.

Das bringt uns an einen wichtigen Punkt. Wer einen modernen Bogen schießt und auf einen Holzbogen umsteigen will, muss eines begreifen: mit einem Holzbogen ist das Können des Schützen alles. Nicht 50% oder 75%, sondern 100%!

In der Hand eines guten Schützen verlässt der Pfeil einen Holzbogen so gerade wie ein Laserstrahl und fliegt genau entlang der Visierlinie ohne das leiseste Trudeln oder Schlingern. Der Bogen wird gut werfen und die Sehne wird leise surren. Bei einem Neuling ist es für gewöhnlich anders, sogar wenn es der gleiche Bogen ist. Der Pfeil kann schlimm schlingern oder trudeln. Er kann nach links abweichen oder wie ein Sack mit Geschirr gegen den Bogen klappern. Auch die Wurfleistung kann total schwach sein.

Wenn du einen modernen Bogen geschossen hast, hat man dich darauf getrimmt, zu glauben, dass dieses oder jenes Teil, neue Visierstacheln, oder das neueste Design es einem einfacher machen. Wenn irgendwas schiefläuft, hat der Bogen Schuld, oder die Ausrüstung oder es liegt am schlechten Tuning.

Wenn du mit einem Holzbogen nicht gut schießt, ist es allein deine Schuld und nur deine. Hierin liegt die Herausforderung, mit einem Holzbogen schießen zu lernen. Immer wenn ein Problem auftritt, kannst du es sofort lokalisieren. Das Problem bist du.

Was braucht man, um ein Holzbogenschütze zu werden?

Man braucht Hartnäckigkeit. Man braucht Enthusiasmus. Man muss vernünftig denken. Man braucht eine fröhliche, sportliche Grundhaltung. Es ist wahr, was Horace Ford sagte:

Es ist kein Hobby für Unentschlossene.

Am wichtigsten von allem ist der Wunsch, es zu tun.

Und es lohnt sich. Ein Holzbogenschütze weiß, dass sein Erfolg nicht von moderner Technik, millionenschweren Fabriken, dem neuesten Design oder den widerstandsfähigsten Kunststoffen abhängt. Seinen Erfolg machen sein Geschick, seine Entschlossenheit, ein guter Baum und ein gerader Pfeil aus, sonst nichts.

Es liegen zahllose Möglichkeiten in einem Holzbogen. Was du hier liest, kann nicht das letzte Wort zu dem Thema sein. Aber es wird dir die Grundlage bieten, die du brauchst, um dir jeden einfachen Bogen zu machen, den du siehst oder von dem du liest, falls das dein Wunsch ist. Du kannst damit auch eigene Ideen ausprobieren.

Es ist das Ziel dieses Buches, aufzuzeigen, dass das einfache, primitive Bogenschießen jedem offen steht, der sich dafür interessiert. Bäume, aus denen man starke, gutschießende Waffen machen kann, wachsen im ganzen Land.

Mit Anleitungen aus diesem Buch kann der Leser mehrere gute Jagdbogen aus Holz in ein paar Monaten haben, falls es das ist, was er möchte.

Einen solchen Bogen zu machen, erfordert keine besonders anspruchsvollen Werkzeuge.

Für einen Bogen aus Holz braucht man Technik, keine Technologie.

Zweck dieses Buches ist es nicht, dir Meinungen und Theorien überzustülpen.

Es ist im Gegenteil dazu da, dir die Möglichkeiten aufzuzeigen, die es gibt, und dich mit den nötigen Informationen zu versorgen, die auch einem Anfänger zum Erfolg verhelfen.

Wenn es dich juckt, solche Bögen zu machen und damit zu schießen, ist es das Ziel des Buches, dir dabei zu helfen.

Wie sich Holz biegt

Um einen Holzbogen zu verstehen, müssen wir uns erst ansehen, wie sich Holz biegt. Holz besteht aus Fasern. Wenn man Holz biegt, halten es die Fasern zusammen. Die Fasern sind in einer Maserung angeordnet. Sieh dir einen Baumstumpf an oder einen abgesägten Balken und du kannst die Jahresringe im Holz sehen. Du blickst auf die Enden der Fasern, die durchtrennt wurden. Die Ringe zeigen, wie die Fasern im Querschnitt eines Baumes angeordnet sind. Man nennt das radiale oder Quermaserung. Es gibt auch eine Maserung entlang eines Astes oder Baumstammes. Das nennt man Längsmaserung. Die Längsmaserung kann man im Gegensatz zur Quermaserung meist nur schwer sehen. Wir müssen jedoch sicher sein, dass sie gerade verläuft, wenn wir einen Bogen aus einem Stück Holz machen wollen.

Falls du jemals Brennholz gespalten hast, hast du Längsmaserung bei der Arbeit gesehen. Tatsächlich sieht man die Längsmaserung in einem Stamm am besten, wenn man Stahlkeile in die Seiten treibt. Das Holz wird sich entlang der Maserung in einem Spalt öffnen. Vergrößere den Spalt, indem du weitere Keile hineinschlägst und du wirst den Stamm entlang der Längsmaserung aufspalten. Wenn du auf die Maserung der aufgespaltenen Fläche schaust, siehst du die Holzfasern von der Seite. Manchmal dreht sich die Längsmaserung um einen Stamm herum wie die Streifen auf einer Zuckerstange. Du wirst das sehr schnell merken, wenn du den Stamm mit Keilen spaltest.

Die Fasern im Holz geben ihm Stärke. Die „Säume“ zwischen den Fasern, oder zwischen der Maserung, sind die Schwachstellen. Holz wird auf eine von zwei Möglichkeiten brechen. Es wird entweder zwischen den Säumen der Fasern auseinandergehen, oder wenn man es stark biegt, werden die Fasern abreißen.

Jedes Holz, egal welche Sorte oder wie stark es ist, wird brechen, wenn man es zu weit biegt. Die Fasern reißen einfach ab. Wenn wir jedoch die Maserung zu unserem Vorteil nutzen, hält Holz eine erstaunliche Biegung aus, wieder und wieder, und es wird nicht brechen.

Nimm eine Packung Zahnstocher und zerbrich ein paar. Einige davon werden zu einer schlanken Spitze abbrechen. Das ist ein Beispiel, wie sich Holz entlang der Längsmaserung teilt. An diesen Zahnstochern kann man sehen, wie die Maserung an den Ecken aus dem Zahnstocher läuft. Liefe die Maserung gerade durch den Zahnstocher von einem Ende zum anderen, könnte er viel mehr Belastung aushalten, bevor er zerbrechen würde.

Wenn wir einen Holzbogen machen, muss die Maserung von einem Ende zum anderen laufen. Wenn die Maserung diagonal durch den Bogen geht, wird er abbrechen, wie die Zahnstocher gebrochen sind.

Zerbrich ein paar weitere Zahnstocher und du wirst bemerken, dass sie immer an der Außenseite der Biegung zu brechen beginnen. An der Außenseite der Biegung steht das Holz unter Zugbelastung. Wenn die Belastung zu stark ist, wird das Holz auseinandergerissen und der Bruch beginnt. Wahrscheinlich findest du heraus, dass ein flacher Zahnstocher mehr Biegung aushalten kann als ein runder. Das kommt daher, weil ein runder Zahnstocher mehr Zugkraft auf der Außenseite der Biegung verursacht. Je dünner ein Stück Holz von der Innen- zur Außenseite einer Biegung ist, um so weiter kann man es biegen, ohne dass es zerbricht. Jede Art Holz hat eine gewisse Elastizitätsgrenze. Je dicker ein Stück Holz von der Innen- zur Außenseite einer Biegung ist, um so geringer ist seine Elastizität. Das sind wichtige Prinzipien, die man bedenken muss, weil es unser Ziel ist, ein Stück Holz dazu zu bringen, dass es sich biegt, ohne zu brechen.

Nimm ein Blatt Papier und falte es zu einem scharfen Knick. Jetzt falte das Papier wieder auseinander und versuch, den Knick wieder „auszubügeln“. Es geht nicht, weil die Papierfasern (die eigentlich Holzfasern sind) verdichtet worden sind. Genauso werden die Fasern in einem Holzbogen verdichtet. Dies soll helfen, einige Verhaltensweisen des hölzernen Bogens zu erklären, die wir später besprechen werden.

Der Bogen

Stellen wir uns vor, wir müssten einen Holzbogen untersuchen: Der Bogen hat zwei Seiten. Entsprechend der alten Bezeichnungen ist der Rücken die Seite, die auf das Ziel zeigt. Der Bauch ist die Seite, die auf den Schützen zeigt.

Wenn wir auf den Rücken schauen, stellen wir fest, dass es normalerweise die Außenseite des Stammes ist (ohne Rinde), aus dem der Bogen gemacht ist. Der Querschnitt eines Holzbogens entspricht dem Querschnitt des Baumes, so geschnitten, dass die Außenseite des Baumes auch die Außenseite des Bogens ist.

Die Zeichnung zeigt den Querschnitt eines typischen Bogens, so wie er im Stamm liegt, aus dem er geschnitten wurde.

Unter der Rinde eines Baumes ist das Saftholz. Bei manchen Arten ist unter dem Saftholz das Kernholz. Bei einigen Hölzern ist das Saftholz sehr dick. Manche Stücke dieser Hölzer bestehen nur aus Saftholz. Bei anderen ist das Saftholz nur eine dünne Schicht. Manche Bögen sind nur aus Saftholz, andere nur Kernholz. Einige sind auch aus beidem, mit einer Schicht Saftholz auf dem Rücken und Kernholz als Bauch.

Ein Bogen kann einen Rücken nur aus Holz haben. Das ist dann ein unverstärkter Bogen, d.h. ohne Backing. Wenn das Zuggewicht eines Bogen nicht zu hoch ist, kann er unverstärkt und trotzdem zuverlässig und dauerhaft sein. Ist jedoch das Zuggewicht hoch, kann die Zuverlässigkeit erhöht werden, indem man den Rücken des Bogens verstärkt, d.h. ein Backing aufbringt. So ein Backing kann aus den verschiedensten Materialien bestehen.

Früher war das gebräuchlichste Backing aus Sehnen von Tieren. Für Bogen wurden die langen Rücken- oder Beinsehen großer Huftiere verwendet. Sie wurden aus den Tieren herausgeschnitten und getrocknet. Beim Trocknen werden die Sehnen steinhart. Werden sie dann wieder weichgeklopft, teilen sie sich in dünne, weiße Fäden. Diese Fäden werden dann als Sehnenbacking auf einen Bogen geleimt und sind extrem hart und zäh.

Ein anderes Backing ist Rohhaut. Das ist die Haut eines großen Tieres, die gereinigt und getrocknet, aber nicht zu Leder gegerbt worden ist. Sie ist ebenfalls sehr zäh und hart, jedoch vielleicht nicht ganz so zäh wie Sehne.

Eine weitere Möglichkeit, wenn auch schwächer als Rohhaut oder Sehne ist Leder selbst. Auch mit einem dünnen Streifen aus zähem Holz kann man einen Bogen gut verstärken. Selbst synthetische Fasern oder Materialien kann man als Backing verwenden. Aber es scheint gegen die ursprüngliche Idee zu verstoßen, etwas künstliches für einen Holzbogen zu verarbeiten. Alle diese Möglichkeiten werden später ausführlich behandelt.

Es soll auch erwähnt werden, dass man einen Holzbogen machen kann, ohne dass man die Außenseite eines Baumes verwendet. So ein Bogen würde aus einem Stück Holz gemacht sein, bei dem die Außenseiten plan gesägt wurden, also einem Brett. Mindestens ein altes Buch über Bogenschießen erwähnt diesen Typ als „Bretterbogen“ oder „Balkenbogen“. Man kann sich immer noch ein Brett als Bogenrohling besorgen und daraus einen Bretterbogen machen. Wenn man das gut macht, kann das einen haltbaren Bogen ergeben. Weil jedoch die Maserung durchtrennt wurde, kann so ein Bretterbogen nie so zäh und bruchbeständig wie ein Bogen aus einem Baumstamm sein. Die Außenseite eines Stammes zu verwenden ist für den Einsteiger in den allermeisten Fällen sicherer.

Ein Brett kann jedoch einen prima Bogen ergeben, wenn die Maserung ein paar Voraussetzungen erfüllt und der Bogen gut gemacht und so lang wie der Schütze ist. Siehe auch das Kapitel „Bögen aus Brettern – Tricks mit der Maserung“.

Manchmal findet man einen Holzbogen, der aus einem Brett gemacht worden ist. Sieh genauer hin, ob du Jahresringe siehst. Falls nicht, handelt es sich vermutlich um Tropenholz. Tropenholz wächst das ganze Jahr über. Deshalb hat es keine sichtbaren Jahresringe. In nordamerikanischem Holz gibt es Jahresringe, weil solche Bäume im Winter nicht wachsen.

Das Tropenholz, das in den alten Tagen in Amerika am häufigsten verarbeitet wurde, war Lemonwood. Andere Hölzer wurden ebenfalls verwendet. Fast ohne Ausnahme wurde Tropenholz zu Brettern zersägt, was zwangsläufig zu einem Bretterbogen führte. Man kann sich auch heute noch aus verschiedenen Quellen mit derartigen Hölzern versorgen. Sie haben den Ruf, besonders hart und zäh zu sein.

Zusätzlich zu verstärkten und unverstärkten Bögen und zu solchen aus Stämmen oder Brettern gibt es noch die laminierten Bögen. Laminierte Bögen weisen laut den alten Definitionen mindestens drei Lagen Holz auf; eine ist der Rücken, eine ist der Bauch, und eine ist in der Mitte. Einen laminierten Holzbogen per Hand herzustellen, würde einen Haufen Arbeit bedeuten, da die Klebeflächen vollkommen flach sein müssen. Man kann es machen und damit erfolgreich sein, aber wäre es die Mühe wert?

Mag sein. Wenn die Laminate in einer Form zusammengeleimt würden, etwa in der Art wie moderne glaslaminierte Bögen gemacht werden, wäre es möglich, genau so einen Recurvebogen zu machen. Aber er könnte nicht dieselbe Belastung aushalten, die ein Glasfaserbogen verträgt. Er müsste besonders sorgfältig gemacht werden. Sogar in den alten Zeiten waren Bögen mit 3 oder mehr Laminaten nicht die Norm. Elmer konnte mehrere Exemplare untersuchen, die aus verschiedenen Hölzern kombiniert wurden. Sie hatten alle gerade Wurfarme und Elmer sagte, über keinen wäre etwas besonderes zu erzählen. Auch er bezweifelte, dass laminierte Bögen den ganzen Ärger wert seien.

Ein erwähnenswerter historischer Laminatbogen kommt aus Asien und besteht aus Bambus. Da Bambus dünn ist, brauchte man für einen Bogen einige Lagen. Eines dieser Modelle hatte Bambus auf Rücken und Bauch und einen Holzkern in der Mitte. Wenn du aus welchem Grund auch immer einen Laminatbogen machen willst, dann nur zu. Aber glaube nicht, dass er besser als ein normaler Holzbogen ist.

Die Länge eines Bogens hängt von verschiedenen Faktoren ab. Der wichtigste davon ist, wie er gebaut ist. Es war immer gängige Praxis, dass ein Bogen um so länger sein muss, je weiter er ausgezogen wird. Wenn man jedoch hartnäckig ist, kann man einen recht kurzen Bogen machen, den man ziemlich weit ausziehen kann. Nur muss man eines im Gedächtnis behalten. Wie weit die Sehne vom Bogen weg ist, wenn er bespannt ist (die sog. Spannhöhe), hängt ebenfalls von der Bauart ab. Wenn ein Holzbogen dafür gebaut wurde, eine Spannhöhe von 15 cm zu haben und du spannst ihn auf 20 cm auf, kann er brechen, wenn du ihn schießt. Am besten ist es, den Bogen so hoch zu bespannen, dass die Befiederung des Pfeils den Bogen gerade nicht mehr berührt. Dazu braucht man ungefähr 13 cm Luft zwischen Sehne und Holz. Spanne den Bogen höher, wenn du musst, aber dadurch kann es zu einer stärkeren Dauerkrümmung (Stringfollow), schwächerer Wurfleistung und erhöhter Bruchgefahr kommen.

Allgemein kann man sagen, je länger ein Bogen für eine bestimmte Zuglänge ist, um so einfacher ist er zu bauen, um so einfacher ist er zu schießen und um so länger wird er halten. Anders ausgedrückt, bei einem längeren Bogen kann man sich mehr Fehler erlauben als bei einem kürzeren, und trotzdem Erfolg haben, gleiche Zuglänge vorausgesetzt.

Wenn du deinen ersten Bogen machst, hast du bessere Chancen, eine brauchbare Waffe zu machen, wenn du deine Zuglänge verdoppelst und noch ein bisschen was dazuzählst. Ein längerer Bogen verzeiht eben Fehler bei der Herstellung viel eher. Er wird nicht so stark belastet. Zum Beispiel verzeiht ein 60"-Bogen Fehler in der Konstruktion eher als ein 56" Bogen. Ein Bogen von 62" oder 64" Länge wäre noch toleranter. Eine Länge von 66" (168 cm) oder 68" (173 cm) hält man allgemein für ideal bei einer Zuglänge von 28". Verglichen mit einem kürzeren Bogen lässt sich ein 66"-Bogen sanfter ausziehen, schießt schneller und ist einfacher zu bauen und schwerer abzubrechen.

Wenn der Bogen im Griffbereich genau so breit ist wie an den Wurfarmen und sich auf der ganzen Länge biegt, kann er etwa 5–6" (13–15 cm) kürzer sein als ein Bogen mit steifem, schmalerem Griff, ohne dass Bruchrisiko oder Tendenz zu Stringfollow steigen.

Wenn du jedoch eine Auszugslänge von 30" oder 31" hast, wärst du gut beraten, wenn du deinen Bogen 72" oder 74" (1,83 m oder 1,88 m) lang machst. Wenn du erst einmal einen oder zwei gute Bögen gemacht hast, sind deine Chancen viel besser, einen guten, kurzen Bogen anzufertigen.