Der Geist der Astrologie - Oscar A. H. Schmitz - E-Book

Der Geist der Astrologie E-Book

Oscar A. H. Schmitz

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Beschreibung

Diese Abhandlung will weder ein Lehrbuch für Neulinge ersetzen, noch beansprucht sie, den Meistern der Astrologie wesentlich Neues zu bieten; sie richtet sich vielmehr an den gebildeten Menschen unserer Zeit, der wissen möchte, was es eigentlich um die Astrologie ist, da er der Ableugnung geistiger Weltzusammenhänge von seiten der materialistischen Naturwissenschaft nicht mehr vertraut, aber ebensowenig vom Regen in die Traufe kommen möchte, indem er sich jedem Aberglauben unter dem Namen "Geisteswissenschaft" überließe. Inhalt: Erstes Buch. Astrologie als Erfahrungswissenschaft I. Ausgangspunkt II. Mein eigener Weg zur Astrologie (Geburtsastrologie) III. Die Erforschung der Zukunft (Progressive Astrologie) IV. Die Grenzen der Astrologie. V. Vergleichende Astrologie (Verhältnis von Horoskopen zueinander) VI. Stundenastrologie (Elektionen oder Wahl günstiger Stunden). VII. Mundan- oder politischen Astrologie. VIII. Die Technik der Astrologie (Aufstellung des Horoskops). Zweites Buch. Astro-Psychologie I. Die irdischen Felder II. Die Kategorien der Tierkreiszeichen. III. Der schöpferische Gegensatz zwischen Geist und Stoff (Licht und Finsternis) IV. Die drei göttlichen Geschenke: Weisheit (Gesetz), Kraft (Leben), Schönheit (Liebe). V. Die beiden Mittler zwischen oben und unten VI. Vorteil und Gefahr der Astrologie Nachwort.

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Der Geist der Astrologie

Oskar A. H. Schmitz

Inhalt:

Oscar Adolf Hermann Schmitz – Biografie und Bibliografie

Der Geist der Astrologie

Vorwort zur 4. Auflage.

Erstes Buch. Astrologie als Erfahrungswissenschaft

I. Ausgangspunkt

II. Mein eigener Weg zur Astrologie (Geburtsastrologie)

III. Die Erforschung der Zukunft (Progressive Astrologie)

IV. Die Grenzen der Astrologie.

V. Vergleichende Astrologie (Verhältnis von Horoskopen zueinander)

VI. Stundenastrologie (Elektionen oder Wahl günstiger Stunden).

VII. Mundan- oder politischen Astrologie.

VIII. Die Technik der Astrologie (Aufstellung des Horoskops).

Zweites Buch. Astro-Psychologie

I. Die irdischen Felder

II. Die Kategorien der Tierkreiszeichen.

III. Der schöpferische Gegensatz zwischen Geist und Stoff (Licht und Finsternis)

IV. Die drei göttlichen Geschenke: Weisheit (Gesetz), Kraft (Leben), Schönheit (Liebe).

V. Die beiden Mittler zwischen oben und unten

VI. Vorteil und Gefahr der Astrologie

Nachwort.

Der Geist der Astrologie, Ockar A. H. Schmitz

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849635442

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Oscar Adolf Hermann Schmitz – Biografie und Bibliografie

Deutscher Bohéme-Schriftsteller, auch bekannt als  Oscar A. H. Schmitz, geboren am 16. April 1873 in Bad Homburg vor der Höhe, Hessen, verstorben am 17. Dezember 1931 in Frankfurt am Main. Schulische Ausbildung am Städtischen Gymnasium in Frankfurt, das Abitur legte er allerdings am Philippinum in Weilburg ab. Studierte anschließend u.a. Jura, Philosophie und Kunstgeschichte in Heidelberg, Leipzig, München und Berlin. Ab 1894 lebte er in München. Brach 1895 sein Studium ab und widmete sich, dank guter finanzieller Ausstattung durch den Tod seines Vaters, dem Reisen und Schreiben. In München geht er auf im Leben der Bohème in Schwabing und interessiert sich immer mehr für esoterische Themen, aber auch Satanismus und Sadismus. Auch kommt er in Kontakt mit Drogen. Immer wieder zieht es ihn auch auf Reisen durch ganz Europa, Teile von Afrika und Russland. Die letzten Jahre seines Lebens interessiert er sich auch zunehmend für Psychologie und Psychoanalyse. Er stirbt an einer Leberkrankheit.

Wichtige Werke:

Orpheus,1899Haschisch, 1902Der weiße Elefant, 1902Halbmaske, 1903Der Herr des Lebens, 1905Don Juanito, 1908Brevier für Weltleute, 1911Wenn wir Frauen erwachen, 1912Der hysterische Mann, 1914Die Kunst der Politik, 1914Das wirkliche Deutschland: Die Wiedergeburt durch den Krieg, 1915Ein deutscher Don Juan, 1917Menschheitsdämmerung, 1918Das rätselhafte Deutschland, 1920

Der Geist der Astrologie

Vorwort zur 4. Auflage.

Fünfzehn Jahre sind seit Erscheinen der 1. Auflage vergangen. Der Verfasser hat die irdische Kampfstatt verlassen. Wenn die Neuauflage fast ohne große textliche Änderungen wieder in die Welt geht, so zeugt dies davon, daß die Gedankenwelt dieses Buches nicht zeitbedingt ist.

Die Wandlungen, die sich seit diesen fünfzehn Jahren im Leben der Völker vollzogen haben, sind als Ausdruck der inneren Wandlung der Menschen zu werten. Deshalb ist dieser Auflage ein kurzes Nachwort beigegeben, in dem dem Leser der Fortschritt und die neueren Erkenntnisse dieser Zeitspanne nähergebracht werden.

Möge die Neuauflage sich weitere Freunde erwerben unter den suchenden Menschen der Jetztzeit.

Berlin, am Julfest 1936.

Erstes Buch. Astrologie als Erfahrungswissenschaft

I. Ausgangspunkt

Diese Abhandlung will weder ein Lehrbuch für Neulinge ersetzen, noch beansprucht sie, den Meistern der Astrologie wesentlich Neues zu bieten; sie richtet sich vielmehr an den gebildeten Menschen unserer Zeit, der wissen möchte, was es eigentlich um die Astrologie ist, da er der Ableugnung geistiger Weltzusammenhänge von seiten der materialistischen Naturwissenschaft nicht mehr vertraut, aber ebensowenig vom Regen in die Traufe kommen möchte, indem er sich jedem Aberglauben unter dem Namen »Geisteswissenschaft« überließe.

Meine Arbeit will sich zu einem Lehrbuch oder gelehrten Werke verhalten, wie eine persönliche Reisebeschreibung eines wenig bekannten Landes zu einer wissenschaftlichen Monographie. Der Vollständigkeit halber wird zwar auch die Technik des Horoskopstellens in den Grundzügen erklärt, doch als Nebensache. Wer Astrologie ernstlich studieren will, braucht Lehrbücher. Mir kommt es, wie gesagt, nur darauf an zu sagen, was Astrologie ist. Vorkenntnisse etwa astronomischer oder mathematischer Natur setze ich nicht voraus; ich bemühe mich vielmehr, wie in allen meinen Schriften, das zum Verständnis notwendige Wissen dem Leser gelegentlich zu vermitteln und erwarte von ihm nur einige Aufmerksamkeit, die sich nicht scheut, einen Abschnitt unter Umständen zweimal zu lesen, um die notwendigen Grundbegriffe dem Gedächtnis einzuprägen, besonders das erste Buch nach Lektüre des zweiten zu wiederholen. Man nehme zunächst einmal alle fremdartigen Ausdrücke hin. Im Verlauf der Darstellung wird immer gerade soviel davon erklärt, als im Augenblick nötig ist. In die Tiefe führt erst das zweite Buch.

Das einzige, was wir dem kritisch-wissenschaftlichen Betrieb des neunzehnten Jahrhunderts wirklich verdanken, muß erhalten bleiben, auch nachdem die Ergebnisse jenes Betriebs für die Erkenntnis als bloß sekundär geschätzt werden, nämlich das empirische Prinzip, das Behauptungen nur gelten läßt, wenn sie auf Erfahrung beruhen. Daher ist die immer wiederkehrende Frage, die dem Astrologen gestellt wird, wie es denn möglich sei, daß die Gestirne Charakter und Schicksale bestimmen, in sich ganz und gar unwissenschaftlich, denn die Aufgabe exakter Wissenschaft ist mitnichten die Spekulation darüber, wie es möglich ist, daß etwas geschieht, sondern die Beobachtung, was oder ob etwas geschieht, und unter welchen Bedingungen. Die Frage, wie es möglich ist, daß Ätherschwingungen Bilder auf der Netzhaut erzeugen, geht die Optik gar nichts an, sie nimmt diese Tatsache als gegeben. Noch heute vermag kein Biologe zu sagen, was eigentlich die Ursache des Todes ist. Auch die bewunderungswürdige Entwicklung der Lehre von der Elektrizität erklärt nicht, was diese Kraft ist, stellt sie vielmehr nur fest in immer genauerer Beobachtung ihrer Tatsächlichkeit, was zu immer weiter gehender Verwertung führt. So wie man nun jedem Ungläubigen leicht das Dasein, wenn auch nicht die Ursache der Elektrizität erfahrbar machen kann, so braucht der Astrologe dem Zweifler nur zu sagen: verschaffe dir einige kunstgerechte Horoskope, am besten dein eigenes, die deiner Verwandten und Freunde, sowie einiger bekannter Persönlichkeiten der Geschichte und der Gegenwart, etwa Goethes, Napoleons, Bismarcks, Wilhelms II.; mache dich mit den seit dem Altertum im wesentlichen unveränderten Deutungsregeln vertraut, und dann urteile, ob diese Regeln stimmen. Dazu soll diese Schrift anleiten.

Die Sicherheit der exakten Naturwissenschaften wird zwar in der Astrologie nicht erreicht, wohl aber die der Medizin, die, wenn wohl verstanden, gleich der Astrologie mehr eine Kunst ist als eine Wissenschaft. Auch sie stößt auf das große X der Individualität, deren Eigengesetzlichkeit den Mechanismus der körperlichen wie psychischen Funktionen und ihrer Reaktion auf Einflüsse zwar nicht umstößt, aber ihm doch eine nicht berechenbare Richtung gibt. Koffein z. B. wirkt in kleiner Dosis anregend, in großer manisch, in sehr großer betäubend, in größter tödlich. Das ist den Ärzten einwandfrei bekannt. Die Grenzen dieser Wirkungsarten sind aber bei jedem Individuum andere. Bei manchen hebt ferner Nikotin die Koffeinwirkung auf, bei andern wieder Koffein den Alkoholrausch. Sehr verschieden ist die Wirkung dieser Gifte, je nachdem und womit der Magen gefüllt ist. Nicht anders ist die Wirkung der Planeten zu verstehen. Dazu kommen Kombinationen folgender Art: Wer eine gesunde Hautausdünstung hat, entlastet dadurch die Nieren und wird Nierenleiden durch seine Schwitzfähigkeit leichter überstehen, aber kein Arzt wird Indexziffern finden für solche »Stärken« und »Schwächen« des Körpers, aus denen er mit Sicherheit den Ausgang einer Krankheit berechnen könnte. Vergleichen wir z. B. den Einfluß einer guten Ernährung mit dem astrologischen Einfluß Jupiters, den Alkohol mit der Wirkung des Mars. Oft wird das alkoholische Gift bis in ein hohes Alter wohl vertragen; oft wird durch starken Alkoholgenuß die Magenschleimhaut angegriffen. Auf jeden Fall bleibt der Alkohol ein Gift, dessen Wesen genau bekannt ist. Seine Wirkung auf ein Individuum aber hängt von zahlreichen andern Faktoren ab. Ebenso kennen wir in der Astrologie die Einflüsse des Mars und des Jupiter in ihren mannigfachen Abstufungen und Modifikationen und können aus einem Horoskop genau feststellen, ob sie bei einem Individuum stärker oder schwächer, einander freundlich oder feindlich sind, aber das Urteil, was diese Konstellationen nun tatsächlich hervorbringen, hat so wenig die Genauigkeit eines physikalischen Experiments, wie das Urteil eines Arztes über die Menge von Alkohol, die einem Menschen schaden wird. Nachher kann dann der Arzt, vielleicht erst bei der Sektion der Leiche, alles tatsächlich beweisen, und das soll kein spöttischer Vorwurf sein, sondern eine Feststellung, daß unser Wissen nicht nur in der Astrologie Stückwerk ist. Ganz exakt ist auch sie nur, wenn für geschehene Ereignisse die astrologischen Ursachen festgestellt werden, aber auch ihre allgemeinen Voraussagungen erreichen zum mindesten die Genauigkeit ärztlicher Diagnosen. In beiden Fällen gibt es geniale, mittlere und schlechte Diagnostiker. Die ersten sind intuitiv, die andern bestenfalls buchgelehrt.

So wie der Arzt ist auch der Astrologe zwar an ganz bestimmte Erfahrungstatsachen gebunden, aber ohne Kombination und Intuition bleiben sie tot. Das Beispiel vom Alkohol ist übrigens mehr als ein Vergleich. Schon befinden wir uns mitten in der Astrologie, denn in der Tat ist der Ernährungszustand eines Menschen bei geeigneter Disposition der Häuser stark von der Qualität Jupiters in seinem Horoskop bedingt, während Alkohol dem Mars unterstellt wird. Bismarck  z. B. hatte eine sehr gute Mars-Jupiterbestrahlung, die außer vielem andern eine deutliche Beziehung auf seine Gesundheit zeigte. Mars steht bei ihm im Haus der Krankheit, was an sich schlecht ist, aber der günstige Jupiterschein ließ trotz diesem schlechten Marseinfluß ein hohes, wenn auch nicht gesundes Alter zu. Man weiß, daß er den krankmachenden Freuden des Bachus stets sehr zugetan war, denen aber seine starke Natur (Jupiter) lange widerstand.

Die Astrologie ist durchaus Erfahrungswissenschaft, und das Vieldeutige ihrer Urteile hat nichts verworren Mystisches, sondern entspricht vielmehr der Vieldeutigkeit ihrer Gegenstände. Das organische Leben und die individuelle Psychologie haben eben nicht die Exaktheit von Maschinen, und darum gleichen auch ihre Gesetzmäßigkeiten nicht den physikalischen Gesetzen. Die Ungewißheit der Astrologie bei all ihrer Wahrheit ist natürlich sehr ermunternd für den Pfuscher, aber dieses Schicksal teilt sie mit der Medizin, der Kunst und der Religion. Technische Pfuscherei erkennt man leicht daran, daß z. B. eine Maschine nicht funktioniert. Kurpfuscherei, schlechte Kunst, falsches Prophetentum sind schwerer zu entlarven, denn auch die Aussagen, des wahren Arztes, des echten Künstlers und des wirklich Religiösen sind sind nicht so eindeutig bestimmt wie die Leistungen des Technikers oder Physikers, ja es gibt nicht wenige unter jenen, bei denen echte Erkenntnis mit Selbstbetrug, ja vielleicht mit ein bißchen ganz bewußtem Nachhelfen bei versagender Intuition gemischt ist, und gerade unter diesen finden wir oft Genies.

Oft hört man die Frage, ob denn die Astrologie in ihrer geozentrischen Orientierung nicht durch das kopernikanische System widerlegt sei. Nun, das praktische Leben wird stets geozentrisch bleiben. Für uns Menschen wird die Sonne immer auf- und untergehen, gleichgültig, ob dies nur ein Schein ist, hervorgerufen durch die Erdumdrehung. Ebensowenig wie seit Kopernikus sich an der Erwärmung und Beleuchtung unseres Planeten etwas geändert hat, sind dadurch die übrigen planetarischen Einflüsse in Frage gestellt. Die Scheine der Planeten wirken so, wie sie uns treffen, gleichgültig, wie weit dies infolge ihrer Bewegung oder der unseren geschieht. So spüren wir auch nur die astrologische Wirkung derjenigen Sonnen- und Mondfinsternisse, die auf unserer Halbkugel sichtbar sind, d. h. die für uns tatsächlich die Sonnen- und Mondbestrahlung stören. Ferner rechnet die Astrologie nicht mit dem siderischen Mondumlauf von ca. 27 Tagen, sondern mit dem synodischen von ca. 29 Tagen, wie er uns infolge der Erdumdrehung von Neumond zu Neumond sichtbar wird. Auch die Rückläufigkeit der Planeten schwächt oder verlangsamt ihre Wirkung. Ohne Bedeutung ist es ferner, daß die frühere Astrologie auch Sonne und Mond in der Praxis Planeten nennt, dagegen ist es wichtig, daß sie die Planeten Uranus und Neptun nicht kannte. Davon später mehr.

Wie gesagt, ich will kein Lehrbuch und kein gelehrtes Buch schreiben. Wenn trotzdem aus meinen Darlegungen auch der Lernende oder gar der gelehrte Astrologe einigen Nutzen zieht, so wird es mir ein willkommener Lohn sein, auf den ich aber nicht rechne. Für diejenigen, denen meine Ausführungen Lust erwecken, sich ernstlich mit Astrologie zu befassen, will ich zuerst berichten, wie ich selbst dazu gekommen bin. Dabei werde ich häufig vorgreifen und Gelegenheit nehmen, an der Hand von Beispielen den Leser sofort mitten in den Stoff hineinzuführen.

Vorher sei noch der immer wiederkehrende Hauptfachausdruck erklärt: Aspekt. Aspekt heißt Anblick. Die Strahlen zweier Planeten treffen einen Punkt auf der Erde in einem bestimmten Winkel, der bald günstig, bald ungünstig auf diese Stelle wirkt. Diese Anblickungen der Planeten untereinander sind die Aspekte. Günstig sind Sextil (Winkel von 60°) und Trigon (120°), ungünstig Quadrat (90°) und Opposition (120°). Konjunktion ist das Zusammentreffen zweier Planeten in der Blickrichtung, so daß uns die Strahlen in einer Linie ohne Winkelbildung erreichen (0°). 2 günstige Planeten sowie 2 ungünstige Planeten in Konjunktion verstärken einander. Ein günstiger und ein ungünstiger verbinden ihre Gegensätzlichkeit zu einer gemischten, oft besonders einschneidenden Wirkung. Es kommt darauf an, welcher Planet seiner Natur und Stellung nach der stärkere ist. Besser spräche man statt von guten und schlechten, von sanften und heftigen Aspekten. Bei den sanften verbinden sich die Kräfte, und ihre Wirkungen sind Geschenke. Die heftigen Aspekte gleichen Pferdekuren. Starke, entwickelte Naturen vermögen durch sie zu erringen, was die milden Aspekte von selbst geben, schwache erliegen ihnen. Jedes Horoskop hat Aspekte beider Art.

II. Mein eigener Weg zur Astrologie (Geburtsastrologie)

Im Jahre 1900 schlenderte ich eines müßigen Nachmittags in Paris an den Seinequais umher. In den auf den Steinbrüstungen aufgestellten Kästen der Buchhändler stöbernd, fand ich das mir seit langer Zeit empfohlene Werk von Desbarolles: »Les mystères de la main.« Ich kaufte es und ließ es zwei Jahre unbeachtet in meiner Bibliothek stehen. 1902 packte ich meine Koffer für eine mehrmonatliche Reise nach dem Süden. Als ich meine Bücherei nach Reiselektüre durchsuchte, fiel mir der Desbarolles in die Hand. Ich fand nun in ihm unterwegs ein gut geschriebenes, psychologisch klares Kompendium der Handlesekunst. Wie weit sie auf Wahrheit beruht, kann nur lange Erfahrung feststellen. Die Gesetzmäßigkeit dieser Kunst indessen ist aus diesem Buch zu lernen. Man unterscheidet 7 psychologische Grundprinzipien, die durch die Erhöhungen unter den 5 Fingern, den Handballen und die 2 ihnen in der unteren Handhälfte gegenüberliegenden, leicht schwellenden Flächen dargestellt werden. Diese Grundprinzipien heißen: Jupiter, Saturn, Sonne, Merkur, Mars, Venus, Mond. Hier ist der Zusammenhang der Chirologie mit der Astrologie, die sich auf dieselben 7 Grundprinzipien aufbaut. Desbarolles gibt nun eine kurze Darstellung der astrologischen Psychologie. Diese fesselte mich bedeutend mehr, als die ganze Handlesekunst. In einem Zypressen- und Pinienhain bei Ospedaletti überfiel sie mich geradezu an einem sonnigen Aprilmorgen und ergriff derart von mir Besitz, daß ich eine Zeitlang wie besessen war. Ich versuchte nun, mich selbst, mir nahestehende Menschen, Gestalten der Geschichte, kurz jede mich interessierende Person als ein anderes Wirkungsverhältnis, sonnen- und mondhafter, merkurischer, jovischer, venus- und marshafter Kräfte zu erfassen, deren Wesensart Desbarolles sehr klar darstellt. Dabei war es ihm ganz gleich, ob diese Kräfte in der Tat von den Gestirnen ausgingen, vielmehr neigte ich dazu, sie mit den antiken Göttern, deren Namen sie trugen, in Verbindung zu bringen, schienen mir doch jene Götter nichts anderes als typische Steigerungen bestimmter menschlicher Wesenheiten. Weder vor- noch nachher im Leben hatte ich bei Studien je wieder in demselben Maß das Gefühl, hier endlich etwas gefunden zu haben, was ich seit langen suchte, nämlich eine gesetzmäßige Individualpsychologie.

Psychologie! Dieses Wort hatte ich mit etwa sechzehn Jahren zum erstenmal gehört. Mein Vater ließ es mich, an meine griechischen Kenntnisse appellierend, als Seelenkunde, Lehre von der Seele, übersetzen. Wie? Das gab es? Ich hatte schon allerlei gelesen. Ich interessierte mich für Literatur, Kunst, Philosophie, Geschichte, Sprachen, soziale Fragen, aber nun merkte ich erst: was ich in alledem suchte, war – Psychologie. Wo konnte man denn die studieren? Das wußte mein Vater nicht. Es war in den achtziger Jahren. Als Student der Rechte kam ich später nach Leipzig und München. Ich hörte Wundt, ich hörte Lipps, aber war deren Lehre die gewünschte Seelenkunde? Ich merkte bald, daß die Psyche dieser Psychologie mit der Seele nicht mehr zu tun hat, als die Physis der Physiologen. Es war zwar nützlich, die psychischen Funktionen unterscheiden zu lernen, besonders Gefühle von Empfindungen, aber all das war kollektiv, betraf die Menschen überhaupt, die mir von Kindheit an stets sehr gleichgültig waren, denn mich interessierte nur der Mensch gerade im Hinblick auf das, worin er sich von den Menschen unterscheidet. »Dann sind Sie hier an der falschen Stelle,« sagten mir einige gescheite Kommilitonen, »was Sie suchen, finden Sie bei den Dichtern. Lesen Sie Balzac und vor allem Dostojewskij.« Dort fand ich es in der Tat, und noch mehr fand ich es im Leben selbst, das ich allmählich mit anderen Augen sehen lernte, aber ich wünschte mir doch noch etwas anderes, etwas, was alle diese Einzelerfahrungen untereinander verbindet. Ist auch jeder einzelne Mensch etwas für sich, was sich keinem System unterordnen läßt, so liegt doch dieses Einmalige, soweit es in Erscheinung tritt, in dem jedesmal anderen Mischungsverhältnis derselben Elemente. Es gab nur einen Goethe, aber das Dichterische ist doch etwas, an dem alle Dichter und unendlich viele Nichtdichter Anteil haben. Mag es selbst etwas Letztes, Unauflösliches sein, es äußert sich in 3 Funktionen, die an sich jedem geläufig sind: Phantasie, Intellekt, Sprache. Wenn Menschen Visionen und Erkenntnisse überhaupt mitteilen, so geschieht es mit denselben Mitteln, deren sich das alltäglichste Leben zu seiner Äußerung bedient. Vielleicht ist jedes Wesen in sich schöpferisch. Ob das Dichterische aber auch zum Ausdruck kommt und wie weit, hängt wohl davon ab, wie stark jene Funktionen entwickelt, d. h. gerade für das Dichterische durchlässig sind. Das aber zu erforschen, wäre Psychologie.

Nun las ich z. B. im Desbarolles, daß das Künstlerische, die verfeinerte Sinnlichkeit, Geschmack und Phantasie unter Venus stehen, Intellekt und Sprache unter Merkur. Sind beide einem Menschen günstig, so ist jedenfalls eine Vorbedingung für literarisch-poetische oder künstlerische Äußerung erfüllt. Da wir uns hier nicht für Handlesekunst interessieren, will ich gleich vorgreifen. Viel später, als Astrologe, erfuhr ich, daß Richard Wagner tatsächlich Venus und Merkur vereint in einem Venuszeichen  hat, Ludwig II. von Bayern besitzt dieselbe Konjunktion in einem Merkurzeichen, Richard Strauß hat Merkur in einem Venuszeichen, Venus in einem Merkurzeichen. Man nennt diese Gegenseitigkeit Rezeption. Sie verstärkt die Einflüsse. Gustave Flaubert und George Sand haben beide günstige Aspekte zwischen Merkur und Venus, bei Goethe steht die Venus in einem Merkurzeichen im Haus des Berufs. Literarisch-dichterische Veranlagung kann astrologisch freilich auch durch andere Einflüsse bewirkt und durch Gegeneinflüsse verhindert werden. Damit daraus ein ursprünglicher Dichter wird, ist noch mancherlei anderes nötig, als ein Venus-Merkuraspekt; vor allem muß er in geeignete Häuser wirken.

Noch ein anderes Beispiel: Ich las bei Desbarolles, daß Saturn tiefe Konzentration und finsteren Ernst gibt; Jupiter dagegen ist der Herr der Ordnung, des Gleichmaßes, der Gesetzmäßigkeit, er macht großmütige Herren, gerechte, menschliche Richter; Saturn macht einsame, suchende Denker. Treten sie nun astrologisch in freundliche Beziehung, so geben sie zusammen tiefe, echte Religiosität, wahres Priestertum; bestrahlen sie sich feindlich, so entsteht ein Zwiespalt zwischen Denken und Ordnung, Empörung gegen Gesetz und Religion, oder unehrliche Unterordnung: Heuchelei. Im Horoskop Luthers z. B. befinden sich Jupiter und Saturn in Konjunktion und dazu an der Stelle, die für das höhere Denken und die Religion entscheidend ist, im IX. Felde. In Luther sehen wir nun in ganz besonderem Maße Jupiter- und Saturneigenschaften vereint. Die Konjunktion dieser beiden sehr entgegengesetzt gearteten Planeten ist zunächst kein freundlicher Aspekt. Beide werden ihre Natur stark zum Ausdruck bringen, oft gegeneinander. So erklärt sich bei Luther die Vereinigung des Empörers mit dem Ordnungsmenschen. Sowohl sein starrköpfiger Individualismus wie sein Obrigkeitsbegriff haben saturnische Färbung; aber seine warme Menschlichkeit und Großherzigkeit tragen jovisches Gepräge. Der ernste, saturnische Luther war ein sehr »jovialer« Mann. Wenn Jupiter und Saturn sich ausgesprochen günstig bestrahlen, das heißt in Sextil oder Trigon, dann ist ihre Wirkung einheitlicher, weniger problematisch. Aber hier sei gleich bemerkt, daß es die Problematiker sind, d. h. die Menschen mit nicht durchaus günstigem Horoskop, welche die Welt bewegen. Sogenannte gute Horoskope bringen jene Mittelmäßigkeiten hervor, die mehr Glück haben als Verstand.

Bis in das späte Mittelalter wurde für jede irgendwie bedeutende Person die Nativität gestellt. Die antike Astrologie ist uns in dem Tetrabyblos und den Aphorismen des Ptolemäus überliefert, aber dieser alexandrinische Kompilator chaldäischer und ägyptischer Fragmente ist der lebendigen Astrologie schon so fern, wie ein später Apologet den heiligen Schriften einer Religion. Er ist ein reiner Intellektualist, seine »Rezepte« haben das ganze Mittelalter und die Renaissance beherrscht, die wenig Neues hinzufügten, das sich bewährt hätte. Die Trümmer indischer Astrologie, die durch die Araber nach Europa kamen, haben mehr verwirrt, als geklärt.

Die Hypothese, unsere Periode intellektueller Erkenntnis sei eine solche intuitiv-visionärer Erkenntnis vorausgegangen, der die Urvölker ihr Wissen verdankten, ähnlich der heute wiederum auftauchenden Fähigkeit der Psychometrie, lehne ich nicht ab, will aber, um nicht den Weg exakter Erfahrung zu verlassen, nicht darauf eingehen.

Es sei hier gleich näher erklärt, was unter den »Zeichen« zu verstehen ist.  Vielfach wird angenommen, daß die 12 astronomischen Sterngruppen, die die gleichen Namen wie die Tierkreiszeichen führen, miteinander in Verbindung stehen. Dieser Auffassung muß entgegengetreten werden. Ebenfalls genügt die vielfach vertretene Ansicht, daß der Tierkreis die Bahn von Sonne, Mond und Planeten ist, nicht.

Der Tierkreis war bei allen alten Völkern bekannt. Die Einteilung in 12 Kraftfelder, eben diesen 12 Tierkreiszeichen, ist auch seit der ältesten Zeit überliefert. Erst die neuere Forschung in der Astrologie ist diesem Problem wieder nähergerückt (s. Nachwort).

Jeder Planet beherrscht eins oder zwei dieser Zeichen, d. h.: so wie die 7 astrologischen Planeten (zu denen Sonne und Mond gehören, nicht aber die Erde) 7 verschiedene Lebensprinzipien darstellen, so hat auch jedes der 12 Zeichen einen bestimmten Charakter. Da uns nun der Schein eines Planeten notgedrungen stets aus der Richtung eines solchen Zeichens erreicht, wird sein Charakter des Zeichens modifiziert. In den ihm besonders entsprechenden Zeichen heißt ein Planet entweder Herrscher, oder er gilt dort für erhöht; in den ihm entgegengesetzten Zeichen heißt er vernichtet, oder er ist in seinem Fall. Seine Wirkung ist dann geschwächt, unharmonisch oder verschlechtert. Hierzu nun gleich einige Beispiele: Ein Venuszeichen ist also ein Zeichen, worin Venus herrscht, d. h. besonders günstig wirkt. Steht z. B. Merkur darin, so nimmt Merkur (Intellekt) zu seinem Wesen etwas von der Venus hinzu, d. h. die Geistigkeit wird künstlerisch. Zwar hat auch Hindenburg, dem niemand eine künstlerische Geistigkeit zutrauen wird, eine Venus- Merkurverbindung, sogar in einem Venuszeichen, aber sie steht in dem alle Wirkungen abschwächenden, wenn nicht vernichtenden Haus des Todes und ist sehr schlecht von Mond und Uranus bestrahlt. Dennoch ist auch hier die Wirkung fühlbar. Alle, die ihm genaht, sind erstaunt über den Charme (eine Gabe der Venus), den dieses an sich unschöne Gesicht (eine Gabe des Saturn) ausstrahlt, sobald er zu sprechen beginnt. Des ferneren hat Hindenburg den Mars vernichtet, nämlich im Stier. Nun wird niemand behaupten können, daß ein Mann wie Hindenburg einen schwachen Mars habe. Er hat vielmehr einen ungünstigen Mars. Der Stier ist das materiellste aller Zeichen. Die seelenhafte Venus ist darin an ihrem Platz, hier entfaltet sie ihre sinnliche Fülle, die den Stoff belebt und verschönt. Wenn sich aber der von Haus aus elementare, ungeistige Mars in die Materie festrennt, so entsteht zwar keine Schwächung, aber jene eigenwillige, blinde Kraft, die sehr starker, geistiger Gegengewichte bedürfte, um Gutes wirken zu können. Von den geistigen Feldern steht nun das eine (III.) selbst im Zeichen des Stiers und beherbergt daher den Mars, das andere (IX.) wird von ihm beherrscht, denn es steht im Skorpion, einem der 2 Marszeichen. Dazu kommt die bereits genannte ungünstige Stellung und schlechte Bestrahlung des Merkur (Intellekt). Hindenburgs Mars konnte daher nichts anderes bewirken, als eine ungeheure Zähigkeit auf der materiellen Ebene bei ungenügender Einsicht in die höheren Zusammenhänge des Geschehens. Das militärische Gebiet ist überhaupt nur die stoffliche Form der Marsbetätigung.

Luther, gewiß eine Kampfnatur ersten Ranges, verabscheute den Kampf mit Waffengewalt. Er hat dennoch einen ausgezeichneten Mars, im Widder stehend, dem Zeichen, wo Mars am reinsten herrscht. Wegen dieses günstigen Mars ist es bei ihm ein Vorteil, daß das Feld der höheren Intellektualität (IX.) wie bei Hindenburg von einem Marszeichen, dem Skorpion, beherrscht wird (ganz abgesehen davon, daß Luther in diesem Feld 5 Planeten in Konjunktion hat); Luthers Mars ist an sich gut, und so sind es in seinem Horoskop auch die Marszeichen und die irdischen Felder, die sie beherrschen. Als Luther am 18. April 1521 gegen Sonnenuntergang die berühmten Worte aussprach: »Hier stehe ich, ich kann nicht anders!« ging die Sonne über die Stelle des Himmels, wo bei seiner Geburt der Mars stand (ein solcher »Transit« ruft unter gewissen Bedingungen die besondere Wirkung eines Planeten hervor), und zwar befand sich diese Stelle zur Zeit im Feld der Gegner (VII.), während jenes fünffache Satellitium von Sonne, Jupiter, Merkur, Saturn und Venus, die bei seiner Geburt das geistige IX. Feld einnahmen, in diesem Augenblick sein I. Feld füllte, welches das eigene Ich darstellt. Diese fünf Planeten gaben ihm im Augenblick Größe, Redlichkeit, Verstand, Festigkeit und Maß gegenüber den Feinden. Ein Planet bedeutet nicht nur, was wir sind und vermögen, auch das, was uns widerfährt. So ist es in Luthers Leben vorgekommen, daß ihm die eigene Marskraft half gegen Sonne (Fürsten), Jupiter (Priester), Merkur (dialektische Gegner), Saturn (Hemmungen) und Venus (Anfechtungen). Diese steht bei ihm im Marszeichen Skorpion in ihrer Vernichtung. Er hatte also eine schlechte, d. h. gehemmte Venus. Seine sinnlichen Anfechtungen und beispiellosen Gewissensqualen um ihretwillen sind bekannt. Die Konjunktion mit Jupiter wirkt hier veredelnd und schützend. Man sieht aus alledem bereits, daß die Ansicht, Mars und Saturn seien nichts als Übeltäter, falsch ist. Ihre Wirkung ist nur außerordentlich heftig. Infolgedessen ist das Unheil ihnen immer nahe, aber sie allein geben wirkliche Kraft des Handelns und Duldens. Darüber, ob Luthers historischer Augenblick in Worms etwas Gutes oder Böses war, werden Katholiken und Protestanten verschieden urteilen. Daß es ein großer, starker Augenblick war, wird niemand leugnen.

Das Buch von Desbarolles machte mich nur mit einem Teil der astrologischen Psychologie bekannt, nämlich soweit sie für die Handlesekunst in Frage kommt. Von den Tierkreiszeichen und den Häusern ist dort nicht die Rede. Was mich nun zunächst abhielt, tiefer in die Astrologie einzudringen, war die Furcht vor der Mathematik, ein Fach, worin ich nie ein Meister war, obgleich mein Merkur (Verstand) einen guten Saturnaspekt (Konzentration) hat, was gewöhnlich gute mathematische Anlage gibt. Nun steht aber Merkur bei mir im Widder, einem beweglichen Feuerzeichen, und das macht ihn viel zu ungeduldig und vorwärtsdrängend, um bei umständlicher Rechnerei zu verweilen. Ich teile diesen Umstand mit, weil er wiederum ein Beispiel gibt für die Doppelwertigkeit (Ambivalenz) der meisten astrologischen Daten. Niemand kann sagen, ob es an sich gut oder schlecht ist, den Merkur im Widder zu haben. In der Mathematik kommt es nicht auf »Widder«vorzüge an, wie schnelles Kombinieren und lebhaftes Vorwegnehmen von Ergebnissen, sondern auf geduldiges Verweilen und langsames Weiterschreiten. Das widerstrebt nun dem Wesen des beweglichen, feurigen Widders durchaus. So hat mich auf dem Gymnasium Mathematik geradezu nervös gemacht, aber trotzdem war ich, gestützt durch einen guten Saturnaspekt des Merkur im letzten Jahre vor der Matura imstande, mich zusammenzunehmen, alles nachzuholen und eine befriedigende Prüfungsarbeit zu leisten. Ebenso ging es mir später mit der Astrologie. Schließlich habe ich mich dem mühsamen Rechnen doch unterzogen, aber noch heute traue ich meinen eigenen Berechnungen sehr wenig, ehe ich sie nochmals an verschiedenen Tagen durchgeprüft habe. Merkur im Widder reibt mich immer sofort zu den Ergebnissen der Kombination; da fühlt er sich in seinem Element, zumal er bei mir im IX. Haus (höheres Denken) steht.

Was heißt das nun eigentlich: ein bewegliches Feuerzeichen? Die Tierkreiszeichen sind nach verschiedenen Gesichtspunkten eingeteilt; deren wichtigste sind ihre elementare Qualität: Feuer- (leidenschaftlich), Luft- (geistig), Wasser- (sensitiv), Erdzeichen (materiell), und ihre Dynamik: bewegliche oder kardinale), feste und gewöhnliche Zeichen (sehr ungeschickt auch gemeinschaftliche Zeichen genannt). Die beweglichen machen vorwärtsstrebend, pionierhaft, die festen machen konservativ, Werte erhaltend, konzentriert, die gewöhnlichen haben keinen bestimmten Charakter. Bei unentwickelten Naturen macht die Mehrheit der Planeten in gewöhnlichen Zeichen charakter- und farblos, unentschieden, beeinflußbar. Hochentwickelte Naturen finden dagegen gerade wegen dieser mangelnden Bindung ein Jenseits von Ruhe und Bewegung, von Vergangenheit und Zukunft, eine buddhistische Indifferenz gegenüber allen festen Werten und beweglichen Zielen. Die Feuer- und Luftzeichen heißen auch männlich oder positiv und schöpferisch, die Wasser- und Erdzeichen heißen weiblich oder negativ, empfänglich und formgebend.

Ich kehre nun zu meinen eigenen Erlebnissen zurück, deren astrologische Deutung den Leser am schnellsten in medias res führen wird. Wenn mich Merkur im Widder und IX. Haus auch nicht zur Astrologie führte – dazu waren erst viel später Uranusdirektionen nötig, denn Uranus ist Signifikator für Astrologie –, so befähigte er mich doch zu weitgehenden Kombinationen über das bei Desbarolles Gelesene. Ich erkannte das Zusammenwirken sämtlicher Planeten vor allem in meiner eigenen Person, und das gestaltete sich mir zu einem jahrelang in mir herumgetragenen Bilde eines neuen Olymps. In einer sommerlichen Sternennacht des Jahres 1908 überließ ich mich auf dem Deck eines Dampfers zwischen der marokkanischen Küste und den Kanarischen Inseln einer tiefen Meditation über diesen Götterkreis, angeregt durch die Begegnung mit einem rätselhaften Menschen, der auf demselben Dampfer seit acht Tagen meinen einzigen Umgang bildete und mir in seiner strahlenden Weisheit, die sich bescheiden hinter den Formen eines großen Herrn verbarg, wie der leibhaftige Jupiter erschien. Äußerlich war er nicht viel: Beamter mittleren Ranges des amerikanischen Außendienstes, der »zufällig« schon seit einiger Zeit dieselben marokkanischen Orte besuchte wie ich, um sie den amerikanischen Einflüssen zu erschließen. Daß mir von allen Göttern in meinem Leben nur Jupiter in solcher Reinheit entgegentrat, erkläre ich mir daraus, daß er sich in meinem Horoskop im I. Haus befindet, welches das eigene Wesen darstellt. Nun kömmt bei mir selbst infolge vieler anderer Determinierungen des I. Hauses das Jovische äußerlich nicht zu besonders auffälligem Ausdruck, aber seit meiner Kindheit hat es mich innerlich gelenkt und mächtig angezogen und mir, mit dem eigenen Vater beginnend, viele jovische Begegnungen verschafft. Während der folgenden Wochen, in denen ich in einem luftigen Hotel auf Teneriffa Tür an Tür mit dem Amerikaner wohnte und ihn bisweilen auf seinen amtlichen Gängen begleitete, sein königliches, immer siegreiches Verkehren mit den Menschen aller Stände bewundernd, schrieb ich, in der Zimmerkühle gegen die tropische Morgenluft geschützt, die Novelle: »Die Begegnung der Götter«, die später in mein Buch: »Herr von Pepinster und sein Popanz, Geschichten vom Doppelleben«, (Verlag Georg Müller, München) aufgenommen wurde. Der Schauplatz der Geschichte ist der geheimnisvolle Berg Montsalvat in Katalanien, den ich im Frühjahr von Barcelona aus besucht hatte. Dort trifft der Held mit einer sehr sonderbaren Gesellschaft von sieben typischen Personen zusammen, von denen jede ihn an etwa ein halbes Dutzend früherer Bekannter und Freunde erinnert. Schließlich kommt er bei der unfreiwilligen Belauschung eines nächtlichen Gesprächs dahinter, daß diese Personen sieben griechische Götter sind, dieselben, die ich aus Desbarolles als die astrologischen Urprinzipien kannte. Dem Amerikaner habe ich in Lord Jove ein Denkmal gesetzt. Die Geschichte endigt damit, daß der Held, der in hoffnungsloser innerer Zerrissenheit in das Kloster Montsalvat geflohen war, von Merkur die Erklärung erhält, daß sein Zustand den Kreuz- und Quereinflüssen jener Götter zuzuschreiben ist. Merkur gibt ihm Weisungen, wie er sich auf seiner Entwicklungsstufe zu verhalten habe, und verspricht ihm seinen Schutz.

Ich war damals der Meinung, ich stünde am stärksten unter Merkureinfluß. Im Laufe der folgenden Jahre wurde mir dies immer zweifelhafter, und als ich viel später mein wirkliches Horoskop kennen lernte, erklärte sich dieser Irrtum. Merkur ist nach Zeichen und Haus bei weitem nicht mein stärkster Planet, aber er hat Aspekte mit beinahe allen anderen Planeten, und zwar fast ausschließlich günstige. Dadurch wurde mir die Gefolgschaft Merkurs besonders mühelos und abwechslungsreich, und nach dem Gesetz des geringsten Widerstandes, oder weniger schön gesagt: aus Trägheit hatte ich seine mir geebneten Wege eingeschlagen, ehe ich noch die wahren Probleme meines Lebens zu fühlen begann. So besaß ich eine ziemlich auffallende Frühreife und erschien mir und anderen wesentlich Intellektueller, solange mir noch meine eigentlichen, viel stärkeren, aber auch viel widerspruchsvolleren Triebkräfte verborgen waren. So ist Merkur nur das Schoßkind in meinem Horoskop. Fast alle Planeten bestrahlen ihn günstig, aber fast alle sind stärker als er, was ihre Stellung in Zeichen und Häusern betrifft. Der Widder ist nämlich ein dem Merkur »fremdes« Zeichen, d. h. ihm weder verwandt noch feindlich, und das IX. Haus ist zwar geistig, aber doch ein »fallendes« Haus. Am stärksten wirken die Planeten in den 4 Eckhäusern des Horoskops, schwächer in den 4 diesen nachfolgenden, am schwächsten in den übrigen, den 4 sogenannten fallenden Häusern. Nichtsdestoweniger wurde Merkur in den nächsten Jahren der Virgil auf meiner Barke durch Himmel und Höllen meines Lebens, bis ich, wie wir alle, 1914 gezwungen war, mich mit Mars auseinanderzusetzen. Mars steht bei mir in einem Eckhaus, in seinem eigenen Zeichen Skorpion, wo er herrscht und erhält 2 schlechte, freilich sehr verblassende Aspekte (von 10° Orbis). Ein Aspekt wirkt auch noch, wenn er nicht genau ist. Nur selten entsteht z. B. ein Winkel von 90°. Die Grade zwischen 80 und 100° Orbis (= Umkreis) sind noch als Quadratur wirksam, wenn auch immer schwächer, je weiter von 90° entfernt. Ein stark gestellter Planet gibt, wie ich schon bei dem Mars im Horoskop Luthers zu zeigen Gelegenheit hatte, nicht nur die Kraft an, die uns der Planet selber verleiht, er führt uns auch immer wieder zusammen mit den von diesem Planeten ausgehenden Gewalten. Handelt es sich um den Mars, so werden es starke Gegner sein. Bei mir handelte es sich um die heftige Verteidigung meiner persönlichen Sphäre gegen militärische Zumutungen, denen ich mich gesundheitlich nicht gewachsen fühlte, was aber schwer nachzuweisen war. Ich habe den hemmenden Saturn im Haus der Krankheit (aber in dem seine besten Einflüsse begünstigenden Zeichen Wassermann) im Quadrat zur Sonne. Das ist für einen Mann der böseste Aspekt, den es gibt. Glücklicherweise wird er durch den besten, den es gibt, ein Trigon zwischen Jupiter und Sonne aus Eckhäusern, die höher als er am Himmel stehende Sonne (Elevation) und noch einige gute Saturnaspekte in Schach gehalten, aber eine körperliche Labilität, der Militärdienst unerträglich gewesen wäre, ist doch die mir sehr fühlbare Folge. Nach zähestem Kampf erreichte ich die Anerkennung meiner dauernden Untauglichkeit, gestützt von meinem selber martialischen Merkur (im Marszeichen Widder) und der Sonne (sie bedeutet die höhere Individualität, das eigentliche Kraftzentrum), die bei mir ebenfalls im Widder steht, also auch den Mars und zwar im Skorpion und einem Eckhaus zum nicht leicht vor Zumutungen kapitulierenden Herrn hat. Man sieht wiederum, daß Mais als der Kriegsgott durchaus nicht mit Militarismus identisch ist, sondern mit dynamischer Energie und Kampf schlechthin, der geradesogut in der Uniform, wie von einer anderen Daseinsebene aus gegen sie entbrennen kann. Wer einen starken Mars in seiner Nativität hat, kann wohl gegen die Austragung der Völkerkonflikte durch Waffengewalt und gar gegen den Militarismus eingenommen sein, er wird aber nicht leicht das Wort des Heraklit leugnen, daß der Krieg (in einem tieferen Sinn) der Vater aller Dinge sei.

Nachdem sich der erste der verschiedenen Stürme dieser heftigsten Marsperiode meines Lebens beruhigt hatte, zog ich mich in die Einsamkeit einer vom Krieg wenig berührten Alpenstadt zurück und überließ mich gänzlich dem Studium buddhistischer, taoistischer und mystischer Schriften. Der Bau meines bisherigen Lebens war zusammengebrochen, ein Weltleben in der so veränderten Welt schien mir nicht mehr möglich, alle Voraussetzungen dazu sah ich entgleiten. Es gab nur ein Zurück in den Schmelzofen der Seele mit der Hoffnung, eine neue Lebensform zu prägen. Aus meiner anfänglich gänzlichen Einsamkeit wurde ich durch einen jener geringfügigen, äußeren Umstände aufgescheucht, die gerade, weil sie nur lästig und im übrigen mehr lächerlich, als tragisch sind; uns so leicht als überflüssig und ganz und gar sinnlos erscheinen. Ich bewohnte in einem fast leerstehenden Hotel ein angenehmes Zimmer in der Friedhofsruhe des sonst unbewohnten oberen Stockwerks, so wie es meinen viel Sammlung verlangenden Studien entsprach. Eines Tages wurde mir mitgeteilt, daß ich dieses Zimmer ab 1. Januar zu räumen hätte, da eine Dame mit Kindern und eigener Bedienung das ganze Stockwerk für ein Jahr gemietet habe. Ich wurde einen Stock tiefer einquartiert, viel weniger nach meinem Geschmack, und hatte geringe Lust, jene Dame kennenzulernen, der ich sogar aus dem Wege ging. Eines Mittags, als ich den Speisesaal betreten wollte, sah ich sie mit dem Besitzer des Hauses im Gespräch. Dieser machte mir irgendeine Mitteilung, ich blieb stehen, verbeugte mich flüchtig vor der Dame, und sie sprach mich an, ihr Bedauern ausdrückend, daß sie mich vertrieben habe, und sich erkundigend, wie ich jetzt untergebracht sei. Was wir dann sprachen, war nichts als der Austausch der in solchen Fällen üblichen Höflichkeiten, aber nichtsdestoweniger machte sie eine zufällige Anspielung, aus der ich sofort entnahm, daß sie um Astrologie Bescheid wußte. Von diesem Augenblick an folgten sich meine Berührungen mit Astrologie und Astrologen auf dem Fuß. Die Stunde hatte für mich geschlagen, in der sich mir der Tempel zu öffnen begann. Nachdem ich ihr mein Interesse bekundet hatte, sah mich meine neue Bekannte scharf an und sagte: »Wenn ich nicht sehr irre, müssen Sie die Sonne oder den Aszendenten im Löwen haben, außerdem fühle ich den Uranus stark.« »Was ist der Aszendent?« fragte ich; »daß Uranus ein im achtzehnten Jahrhundert entdeckter Planet ist, weiß ich zwar, aber unter den in der Astrologie vorkommenden 7 Gestirnen ist er doch nicht?« Ich erfuhr nun folgendes: Der Aszendent ist der Ekliptikgrad, der im Augenblick der Geburt am östlichen Horizont aufstieg. Hier beginnt die Zählung der 12 irdischen Felder, er bezeichnet also die Spitze des I. Feldes und ist für die Beurteilung der materiellen Auswirkung eines Horoskopes fast wichtiger, als Sonne und Mond, die beiden »Hauptlichter«. Aus der Tatsache, daß der Aszendent alle zwei Stunden in ein anderes Zeichen tritt, erklärt es sich, daß Zwillinge sich so ähnlich, aber auch so unähnlich sein können. Fällt nämlich zwischen die zwei mindestens doch fünfzehn bis zwanzig Minuten voneinander getrennten Geburten ein Zeichenwechsel, so wechselt auch der »Geburtsgebieter« beider Kinder, als welcher meist der Herr des Zeichens am Aszendenten gilt. Bei beiden haben zwar die Planeten gleiche Stellung und Aspektierung, aber ist z. B. die Sonne gut und der Merkur schlecht, und hat das eine die gute Sonne, das andere den schlechten Merkur zum Gebieter, so kann sehr wohl das eine ein hochstehender Mensch mit einigen Mängeln des Intellekts (Merkur), das andere ein Schwindler von starker Vitalität (Sonne), der erste ein dünner kränkelnder Mensch, der andere ein muskelstarker Naturmensch sein.

Was den Uranus betrifft, so wurde dieser, ebenso wie der erst Mitte des neunzehnten Jahrhunderts gefundene Neptun, erst von den neueren Astrologen in den Kreis ihrer Berechnungen gezogen. Später überzeugte ich mich, daß infolge der Kürze der Beobachtungszeit die Wirkung dieser zwei Gestirne noch nicht annähernd so genau erforscht ist, wie die der übrigen Planeten; außerdem ist ihr Wesen an sich sehr rätselhaft. Jedenfalls bringt man mit ihrem Wirken die Tatsache in Verbindung, daß sich im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts die Welt plötzlicher und gründlicher verändert hat, als in der ganzen uns bekannten Geschichte. Schlecht gestellt, besonders wenn durch Mars oder Merkur verunglimpft, bringen beide Planeten Revolution, Uranus gewaltsame Zerstörung, Neptun mehr chaotische Auflösung. Uranus ist mehr intellektuell, Neptun mehr gefühlsmäßig. Der starken Wirkung des Uranus in den Horoskopen der wissenschaftlichen Pioniere verdanken wir die Entdeckung der Dampfwirkung, der Elektrizität, der Radioaktivität, der Luftschiffahrt, der Wirkung des Neptun den gänzlich neuen Ton der modernen Kunst mit all ihrem Chaos, dessen bisher erst einer Meister geworden ist: Richard Wagner. Bei ihm steht der Mond im Feld des Berufs (X.) unter günstigem Neptuneinfluß aus einem Eckhaus, indes sein Freund Ludwig von Bayern den Neptun, sehr schlecht von Mars und Sonne bestrahlt, im Haus der höheren Geistigkeit hat. Neptun gibt chaotische Visionen. Während sie sich bei Wagner zu neuartigen Kunstgebilden bändigen ließen, führten sie den unglücklichen König in den Wahnsinn. Bei beiden findet sich die oft beobachtete Nebenwirkung des undisziplinierten Neptun: die Geschmacklosigkeit. Es wird behauptet, daß heute nur wenige Menschen den überraschenden Einflüssen dieser beiden neuen Planeten gewachsen sind. Sie gelten daher als Unglücksplaneten. Den meisten bringen sie in der Tat nur unverhoffte Schicksalswechsel und Chaos. Aber andererseits ist es heute, wo alle bisherigen Formen in Frage gestellt sind und niemand schöpferisch genannt werden kann, der nicht in Erkenntnis