Der halbe Mond - Hasan Cobanli - E-Book

Der halbe Mond E-Book

Hasan Cobanli

4,7
12,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein Herrenhaus in Mecklenburg, ein Palais am Bosporus … Frauen waren seine Leidenschaft. Inmitten zweier unterschiedlicher Kulturen wächst der junge Feridun auf. Als Sohn des Dardanellen-Helden Cevat Pascha wird er im Kadettenkorps in Berlin zum Gardejäger gedrillt und ist Gast auf den Gütern adliger Familien in Preußen. Als Diplomat, protegiert von Atatürk, Frauenheld und charmanter Exot erlebt er die bewegende Weltgeschichte zwischen 1920 und 1960. Sein Sohn Hasan, wie der Vater weder in der Türkei noch in Deutschland wirklich zu Hause, erzählt diese wechselvolle Familiengeschichte und schlägt den Bogen über hundert Jahre bis in das Jahr 2013, als er am Gezi-Park eine unerwartete und berührende Bekanntschaft mit einer jungen Demonstrantin macht …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 596

Bewertungen
4,7 (24 Bewertungen)
17
7
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Hasan Cobanli

Stephan Reichenberger

Der halbe Mond

Roman

LangenMüller

Besuchen Sie uns im Internet unter

www.langen-mueller-verlag.de

© für die Originalausgabe und das eBook:

2015 LangenMüller in der

F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München.

Alle Rechte vorbehalten

Umschlagsgestaltung: Wolfgang Heinzel

Umschlagfoto: Mia Takahara, plainpicture

Satz und eBook-Produktion:

Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

www.Buch-Werkstatt.de

ISBN 978-3-7844-8230-9

»Alles, was wir auf der Welt sehen, ist das Werk von Frauen.«

Atatürk

INHALT

PERSONEN

EINS

1915 Feridun

1997 Hasan

1915 Cevat Paşa

1915 Das Herrenhaus

1915 »Sie werden nicht durchkommen!«

1915 Magdolna

1915 Im Kadettenkorps

1997 Nesrin

1919 Heimkehr

ZWEI

1920 Hadije Soraya

1921 Der Gazi

1922 Der Teppich mit der dunklen Stelle

1925 Franz von Papen

1926 Roons dritte Tochter

1930 Der Vulkantänzer

DREI

1997 Selma und Şadi

1934 Zsa Zsa

1937 König Zogu

1938 Letzte Ehre

1938 Vater der Türken

1944 Roncalli

VIER

1949 Allein

1949 Benita

1950 Mein liebster Feridun!Meine liebe Benita!

1951 Der steinerne Gast

1951 Fünf Monate später

FÜNF

1960 Der freundliche Mr. Sziffer

1961 Das Herrenhäuschen

1961 Bern

1961 Mein lieber Sohn

1997 Der letzte Brief

1963 Bosporus Boy

1966 Zurück zu den Dardanellen

SECHS

2013 Gezi

Danksagung

PERSONEN

Cevat Paşa (1870–1938)

Osmanischer General, Feriduns Vater

Feridun Cobanli (1899–1961)

Cevats Sohn, Kadett, Gardejäger-Hauptmann a. D., Diplomat

Hasan Cobanli (1952–)

Feriduns Sohn, Journalist in Deutschland

Hadije Soraya (1875–1935)

Cevats Frau, Feriduns Mutter

Selma Cobanli (1913–2008)

Feriduns 1. Frau, Basris Mutter

Benita Cobanli (1922–2010)

Feriduns 2. Frau, geb. Baronin von Roon, Hasans Mutter

Wolfram von Roon (1882–1972)

Rittmeister a. D., Benitas Vater

Marie-Luise v. Roon (1889–1968)

Wolframs Frau, geb. Gräfin Bassewitz, Benitas Mutter

Basri Cobanli (1932–1996)

Sohn von Feridun und Selma

Jale (1998–)

Feriduns Enkelin

Şadi Cenani (1904–2011)

Feriduns Freund und Trauzeuge, Selmas 2. Mann

Nesrin (1965–)

Şadis Enkelin aus 1. Ehe

Mustafa Kemal Atatürk (1881–1938)

Gründer der Türkischen Republik

Franz von Papen (1879–1969)

deutscher Politiker, Botschafter in der Türkei

Zsa Zsa Gabor (1917–)

ungarische Soubrette, Schönheitskönigin

Burhan Asaf Belge (1899–1967)

türkischer Journalist und Politiker, erster Ehemann von Zsa Zsa Gabor

Ahmet Zogu (1895–1961)

König von Albanien

Geraldine Apponyi (1915–2002)

ungarische Gräfin, Königin von Albanien

Guiseppe Roncalli (1881–1963)

katholischer Bischof für die Türkei und Griechenland, später Papst Johannes XXIII.

EINS

1915Feridun

Im März 1915 bestieg der fünfzehnjährige Feridun, Sohn des osmanischen Generals Cevat Paşa, in Berlin-Lichterfelde ein Kraftrad und verließ die kaiserliche Kadettenanstalt knatternd in nordwestlicher Richtung. Während die von seinem Vater Cevat befehligte Küstenbrigade bei den Dardanellen unter schwerem Feuer aus Winston Churchills Kanonenbooten stand, kam der Kadett einer Einladung in das mecklenburgische Schlossgut Schwiessel nach. Dort erwartete ihn die Familie des Rittmeisters a. D. Wolfram von Roon.

In Feriduns Gepäck befanden sich: ein dunkler Anzug, weißes Seidenhemd, rote Krawatte, außerdem Pomade, Rasierzeug und Duftwasser. Heute wollte er einmal nicht in Ausgehuniform bei Tisch erscheinen, sondern in elegantem Zivil. Nicht als irgendein Kadett, schon gar nicht als türkischer, sondern als junger Mann von Welt, jener alten Welt, die Europa hieß.

Von dieser Welt kannte Feridun fast nur die Kaserne in Lichterfelde. Den zehnjährigen Knaben hatten die Eltern 1910 mit dem Zug von Konstantinopel nach Berlin verschickt. Dort wurde er gegen hohe Alimentation als türkischer Exot in der berühmtesten Kriegsschule der Welt zum Offizier geschliffen, um anschließend seine Heimat gegen ihre vielen Feinde zu verteidigen. Zuvor war er mit Europa nur in Gestalt von Hauslehrerinnen in Kontakt gekommen – französischen für Geschmack, Manieren und Klavierspiel, deutschen für den Ernst des Lebens. Letzteren lernte er als Kadett am eigenen Leib kennen. Die seltenen Wochenenden in Schwiessel dagegen boten ihm seit einem Jahr Erlösung vom grauen Alltag der Zuchtanstalt.

Der Motor stotterte seit Stunden, als würde er Schrauben spucken. Die klapprige Maschine gehörte dem schon früh kriegsverwundeten Rittmeister Roon, der sie dem Kadetten für Fahrten zwischen Lichterfelde und Schwiessel zur Verfügung stellte. Feridun trug seinen Manöverdrillich, hatte sich die Benzinstationen zwischen Berlin-Lichterfelde und Schwiessel gut eingeprägt, auch Urlaubschein, Fahrerlaubnis und Tankberechtigung nicht vergessen. Als junger Türke auf einem Motorradausflug Richtung Ostsee wollte er unterwegs möglichst wenig auffallen. Hatten doch Brandenburger und Mecklenburger vor einem guten halben Jahr ihre Söhne an die Front verabschiedet wie zu einer Spazierfahrt in die Sommerfrische und sich inzwischen an die bittere Wahrheit gewöhnen müssen, dass der deutsche Soldat nicht unsterblich war.

»Ihr seid hier, um sterben zu lernen«, hatte der Erzieher 1910 dem neuen Kadettenjahrgang zugerufen. Feridun konnte sich damals nichts Schöneres vorstellen. Dulc’ et decorum’st pro patria mori! Schade nur, dass der große Krieg dann etwas zu früh ausbrach. Hoffentlich dauerte er noch ein paar Jahre. Die ganze Schinderei in der Kadettenschule war ja nur auszuhalten, wenn man seine Kenntnisse in der Praxis unter Beweis stellen durfte.

Hinter Roggow hatte Feridun querfeldein die Landstraße verlassen, eine Abkürzung vermutend. Keine fünfzehn Minuten von hier musste sein Ziel liegen, das Herrenhaus am Ende einer von alten Linden gesäumten Auffahrt. Die Zeit drängte. Die Sonne stand schon tief über den mecklenburgischen Seen, ihre Strahlen durchbrachen nur noch sporadisch die aufziehenden Wolken. Ein Regenbogen warf am Horizont sein Pfauenrad, Seitenwind brachte die ersten Tropfen. Feriduns Schutzbrille beschlug von innen und behinderte die Sicht.

Am Krassower See passierte es. Der Kadett hatte sich etwas zu tief in die Kurve gelegt, als er plötzlich ein Pferdefuhrwerk auf sich zukommen sah. Er riss den Lenker herum. Das Motorrad röhrte auf, die Reifen drehten durch, Mann und Maschine schlitterten über den aufgeweichten Forstweg, dann die Böschung hinunter – wasserwärts. Feridun spürte einen harten Schlag gegen den Schädel, versuchte noch, sich gegen das Unvermeidliche zu stemmen, doch die Beine versagten ihm den Dienst. Das Motorrad war schneller, gurgelnd versank es im See, sein Gepäck mit sich nehmend. Krähen flogen kreischend auf und kreisten neugierig über der Unfallstelle.

Nässe und Kälte schlugen über Feridun zusammen.

Dann wurde es dunkel um ihn und wohlig warm.

Der Kadett kniff die Augen zu und öffnete sie wieder, sah sich unter der Wasseroberfläche schweben, zu keiner Bewegung fähig. Er wusste nicht, wie viel Zeit verstrichen war, als sich ein schnauzbärtiges Gesicht über ihn beugte, kreisförmige Wellen ließen es verschwimmen, doch der Mann kam ihm bekannt vor.

Sein Vater?

Unmöglich, der Pascha befand sich weit weg von hier auf seinem Posten. Feridun aber war doch unterwegs gewesen in Norddeutschland.

Oder lag er schon irgendwo an der Westfront? Der Krieg, auf den er sich all die Jahre vorbereitet hatte – war er für ihn etwa schon vorbei, ganz ohne Ehre und Heldenruhm? Nein, das durfte einfach nicht sein. Das konnte er dem Vater nicht antun.

Der Kadett starrte nach oben, der Bärtige blickte noch immer auf ihn herab.

Rief der Vater ihm ein Lebewohl in die Tiefe nach, ein paar Abschiedsworte, in denen die Enttäuschung des verdienten Generals mitschwang, weil sein einziger Sohn – die Tochter zählte nicht – sich fern der Front aus dem Staub gemacht hatte? Welche Schmach für Familie und Vaterland! Wie sollte der Pascha dies dem deutschen Kaiser erklären und wie dem Sultan?

Nebelschwaden krochen über Feridun hinweg an Land, die letzten Sonnenstrahlen hatten keine Kraft mehr, sie aufzulösen. Der Kadett glaubte auf einmal aromatische Düfte zu riechen, die sein feuchtes Grab in ein türkisches Bad verwandelten. Jemand zog ihn aus und begann seinen Körper zu reinigen und zu balsamieren. Wuschen und salbten die Deutschen ihre Toten?

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!