Der Hausbesuch - Rudolf Borchardt - E-Book
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Der Hausbesuch E-Book

Rudolf Borchardt

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Beschreibung

"Wozu ist man geboren? Wenn man nie auch nur einen Augenblick auf die Höhe kommt, wo man schreien möchte ›höher geht' nicht!‹ oder meinetwegen ›tiefer geht's nicht!‹ es ist ja fast dasselbe." Eine junge Frau erzählt ihrer Kusine in einem Hotelzimmer äußerst unterhaltsam von ihrer Ehe und wie es zum Ehebruch und zur Trennung kommen konnte.

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Seitenzahl: 122

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Inhaltsverzeichnis

Titelseite

Der Hausbesuch

Über den Autor

Impressum

Hinweise und Rechtliches

E-Books im Reese Verlag (Auswahl):

 

 

Rudolf Borchardt

 

Der Hausbesuch

 

Erzählung

 

Reese Verlag

 

 

 

mediareese.de

Der Hausbesuch

 

 

 

Als meine Kusine Rosie sich von Dr. Büdesheimer scheiden ließ, ohne daß eine neue Heirat in Sicht schien, waren wir reichlich perplex; denn es war eigentlich nicht in ihrem Genre. Wenigstens sagten alle ändern so, denn ich selber war nur einen Monat in der Pension mit ihr zusammengewesen und hatte sie nachher in München, wo sie lebte, höchstens flüchtig gesehen. Sie hatte sich sehr herausgemacht. Als Backfisch hatte sie nach nichts ausgesehen und schrecklich unter Kopfschmerzen gelitten. Jetzt war sie eine hübsche, etwas üppige junge Frau mit einem nett zurechtgemachten Kopf und sah blühend und flott aus, allerdings nicht gleichmäßig, denn der Ausdruck war manchmal nervös. Die Ehe galt nicht als sehr glücklich, obwohl Büdesheimer, der ein Streber war, als Ohrenspezialist brillant zu verdienen anfing und sie es mit Toiletten, Reisen und anderem sehr nett hatte. Kinder hatten sie nicht. Rosie war als Mädchen ziemlich bildungsbeflissen gewesen und tat sich auch später als ernste Frau auf, immer mit Haufen moderner Literatur. Mit Männern hatte sie, glaube ich, nicht viel gehabt; so die gewöhnlichen Flirts natürlich, aber kaum mehr, sie hatte auch jung geheiratet. Von uns hatte keine ein Vertrauensverhältnis zu ihr, und wenn wir mit ihr zusammen waren, wurden unsere Geheimnisse nicht berührt; jemand hatte gesagt, sie hielte nicht dicht, und überhaupt paßte ihre Art nicht zu unserer.

Um so netter war es, daß sie sich kurz nach der Scheidung, in Schwalbach, wo ich natürlich auch mal hin mußte, an mich riesig anschloß, ganz teilnehmend und gar nicht prüde war. Schließlich merkte ich auch, daß sie im Grunde nicht viel anders sein mochte als wir alle, und das Konventionelle mehr - wie sie sagte - eine »Distanzierung« sei. Also kannst du dir denken, daß ich schließlich, nachdem ich anfangs um die Sache nur so herumgehorcht hatte, sie ganz frech fragte, warum sie Günther Büdesheimer so Knall und Fall abgesägt hatte. Ich bekam nicht gleich eine direkte Antwort, sie wurde unruhig und wollte das Thema wechseln, sagte dann, ich solle es ihr nicht übelnehmen, aber es hinge mit Sachen zusammen, die sie immer noch aufregten. Dabei bekam sie auch richtig den nervösen Zug um die Nase wieder, den ich von München kannte, und die tote Partie um ihren hübschen, immer halb atmenden Mund. Sie schalt mit ihrer Stickerei, sagte, sie habe sich wieder verzählt, packte dann zusammen, und sagte, sie wolle gehen, es sei ohnehin nur zehn Minuten bis zum Nachmittagsbrunnen. Ich dachte, die Geschichte kriege ich offenbar nie zu hören. Nach Tisch rief sie plötzlich in meiner Pension an, sie wäre nicht recht wohl und ob ich ihr Gesellschaft leisten wolle; sie war in fabelhaft guten Verhältnissen (ich glaube, Günther hatte sehr hoch unterschreiben müssen) und hatte im Russie ein Schlafzimmer mit Salon. Als ich kam, lag sie halb ausgezogen auf dem Divan und sah gar nicht unwohl, sondern bildschön aus; sie hatte etwas aufgeregte Farben und ich mußte denken, der Mann, der sich so ein appetitliches, temperamentvolles Geschöpf hatte entwischen lassen, müßte trotz seiner Medizin ein richtiger Dummkopf sein. Unsere Gedanken trafen sich, denn sie fing gleich damit an, von ihrer Einsamkeit zu sprechen. »Da sitzt man nun«, sagte sie mürrisch, »zwei gestrandete Frauenzimmer, die sich die Nerven oder das, woher sie nun mal kommen, reparieren lassen müssen. Und trotzdem muß ich dir sagen, bin ich glücklicher als in der Leopoldstraße. Ewig wird es ja auch nicht dauern, denke ich mir. Irgend was passiert. Vorsehung spielen, wie ihr tut, ist zwar im allgemeinen nicht mein Fall. Ich bin eine richtige irrationale Frau, wie es heißt. Sobald ich intrigieren würde, käme ein débâcle. Es kommt aus dem Instinkt oder es kommt gar nicht, und was dann kommt, ist bei mir das Unberechenbarste, Unlogischeste, was es gibt, anarchisch und, von außen gesehen, richtig ruchlos. Wenigstens so wie die Männer das immer finden und nennen, wenn sie sagen, die Frau wäre moralisch minderwertig und im Grunde - wie Nietzsche schreibt - nicht böse, sondern schlecht. Du mußt natürlich nicht denken, daß ich solchen Unsinn glaube. Absurd ist gar nicht die Frau, sondern diejenigen, die dergleichen sagen. Was wir Frauen in gewissen Fällen tun, ist genau so gesetzlich wie die Kometenbahn, nur liegen diese Gesetze tiefer und keiner kennt sie. Ich sage zwar, ich habe unlogisch gehandelt, aber eigentlich kenne ich die Gründe ganz genau, aus denen es so kommen mußte, und diese Gründe vorausgesetzt, ist alles logisch. Ich kann nur darum nicht leicht davon sprechen, weil ich keine Lust habe, immer zuerst meine Natur zu verteidigen - ich könnte eigentlich sagen ›die Natur.« - »Aber das hast du doch bei mir weiß Gott nicht nötig, Rosie«, sagte ich lachend, »für vorurteilsfrei, gelinde gesagt, wirst du mich doch wohl halten.« Sie lachte nicht mit, sondern hatte eine kleine scharfe Nervenfalte auf der Nase und wieder den starren Zug. »Ich glaube, du mißverstehst mich«, sagte sie, »es handelt sich wirklich nicht um Vorurteile, über die man praktisch, wie du, hinaus ist und denen man die Nase dreht, indem man nach dem greift, was man gern möchte, oder was einen reizt, und dann sagt: ›