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2021 – mitten in der sogenannten Corona Pandemie geht der Autor Uwe Seidel mit vielschichtigen Erwartungen auf eine Pilgerreise von Saint-Jean-Pied-de-Port in Frankreich nach Santiago de Compostela in Spanien. Der klassische Jakobsweg, der Camino. Nichts auf dieser Reise wird jedoch so verlaufen, wie es sich in seinen Vorstellungen abgespielt hat. Nichts wird so sein, wie es die meisten Jakobsweg-Interessierten durch das Studium der reichlichen Lektüren erwarten würden. Und nichts Vergleichbares könnte jemals diese Reise ersetzen. Ein spannendes, abwechslungsreiches Abenteuer, welches Euphorie, Frust, Freude, Trauer, nackte Angst, Sprachlosigkeit, Mitleid, Zuwendung, Ergriffenheit und die Hoffnung in sich vereint. Das Buch für alle, die es ungeschminkt, knapp und locker mögen.
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Seitenzahl: 127
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Der Jakobsweg ungeschminkt
800 Kilometer in 20 Tagen – Ein Reisebericht
1. Auflage, erschienen 3-2022
Umschlaggestaltung: Romeon Verlag
Text: Uwe Seidel
Layout: Romeon Verlag
Bildnachweis: Dominik Schottmann, Uwe Seidel
ISBN (E-Book): 978-3-96229-741-1
www.romeon-verlag.de
Copyright © Romeon Verlag, Jüchen
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Uwe Seidel
Der Jakobsweg ungeschminkt
800 Kilometer in 20 Tagen – Ein Reisebericht
Der Inhalt ist der subjektiven Einstellung des Autors unterworfen. Er erhebt keinerlei Anspruch auf Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität.
Umfangreiche Beratung unter:
www.jakobsweg.de
»Wir wagen es nicht,
weil es schwer ist,
sondern weil wir es nicht wagen,
ist es schwer.«
Lucius Annaeus Seneca (4 v. Chr. – 65 n. Chr.) römischer Philosoph und Dichter
Animieren oder Abschrecken. Dieses Buch kann beides gleichzeitig. Es ist das Tagebuch einer Pilgerreise auf dem klassischen Jakobsweg von Saint Jean Pied de Port in Frankreich nach Santiago de Compostela in Spanien.
In einem Zeitraum von 20 Tagen wird jeder Tag des 800 Kilometer langen Camino Francés mit all seinen Höhen und Tiefen ungeschminkt dokumentiert. Es wurde nichts hinzugefügt – alles hat sich exakt so zugetragen, mag es manchmal auch noch so unwahrscheinlich anmuten.
Ob es die Schönheit oder der teils romantisch anmutende Verfall der Städte und Dörfer, das Abenteuer, Euphorie, Frust, Trauer, nackte Angst, Sprachlosigkeit, Mitleid, Zuwendung, Ergriffenheit, Hoffnung, Unverständnis, das Unvorhersehbare oder die blanke Freude ist – dieses Buch lässt das Unglaubliche schon fast zur Normalität werden.
Es gibt viele Gründe, die weltweit Menschen dazu bringen, diese Reise anzutreten. Der Auslöser oder der Hintergrund für mich zum Beispiel, waren sehr vielschichtige Probleme innerhalb meiner Familie, für die ich keinerlei Lösung finden konnte. Aber auch der Verlust meiner Firma aufgrund des Covid-19 Irrsinns, der alle Investitionen auffraß und die Träume, für die einst so hoffnungsvoll anmutende Entwicklung beendete.
Mit dem festen Glauben auf Antworten, Lösungen und Befreiung beschloss ich am 11. August 2021, dem Tag meiner Geburt vor 64 Jahren, loszuziehen. Nicht ahnend, was mir als Impf- und Testverweigerer für eine Odyssee bevorstehen würde.
Was ich auf dem Weg fand, ist in diesem Buch beschrieben. Es ist weit mehr, als ich erwartet habe und wiegt für mich wie Gold, das ich mir unterwegs fleißig in meine Taschen gestopft habe. Heute blicke ich lächelnd zurück und bin froh darüber, diese entbehrungsreiche und anstrengende Reise unternommen zu haben.
Auf eine ausschweifende, bildreiche Beschreibung der Landschaften, Städte und Dörfer, wie es der Weg verdienen würde, habe ich bewusst verzichtet. Darüber kann man sich in unzähligen anderen Büchern bestens informieren. Mir ging es darum möglichst kurzweilig und interessant zu berichten, und damit den Leser nicht zu langweilen. Es sind aber auch wichtige Anregungen und Tipps für den Pilger, den Peregrino, sowie eine Produktanregung für die Industrie enthalten.
Das Bonusmaterial am Ende des Buches gibt Auskunft über die sechs Tage meiner Heimreise und ist mindestens genauso spannend und interessant, wie die Reise nach Santiago selbst.
Saaldorf im September 2021
Es ist der 11.08.2021, ein sonniger Mittwoch. Mein Entschluss nach Frankreich zu fahren und dort in Saint Jean Pied de Port auf dem klassischen Jakobsweg, den Camino Francés bis nach Santiago de Compostela zu gehen, ist vielleicht eine Woche alt. Der Wunsch dies eines Tages anzugehen gärt schon seit Jahren in mir. Er wurde aber aus Gründen wie: noch keine Zeit, andere Dinge sind wichtiger oder vielleicht später einmal u.u.u. im Eiweißspeicher abgelegt.
Doch nun ist es so weit. Den Frust, die Enttäuschung, die Verzweiflung ob der Lösungslosigkeit zu meinen Problemen, die allesamt eigentlich nicht zu mir gehören sollten, hoffe ich mit einem Klick auf den Speicherort und dem Abruf der vielen Informationen im Netz angehen zu können. Ich suche Antworten, Klarheit, Trost und Ruhe. Auszeit – Großer Reset – das sind meine Gedanken. Seit Jahren versuche ich erfolglos die scheinbar unlösbaren Hürden, die sich familiär immer wieder neu aufzubauen scheinen zu meistern. Ich vermittle, verstehe, berate und will es immer wieder allen recht machen. Aber wie Plato schon wusste … es gibt keinen sicheren Weg zum Erfolg – jedoch einen zum Misserfolg – nämlich: Es allen recht machen zu wollen. Ich bin völlig zerrissen und weiß nicht mehr weiter.
Dazu kommt der Verlust meiner Firma, all meiner Investitionen, Erwartungen, meinem Glauben an die erfolgreiche Zukunft. Der irre Corona-Wahnwitz, der als größtes Geschäft in der Menschheitsgeschichte von einem Teil der Industrie losgetreten und von der korrupten Politik umgesetzt wurde, hat mich so gut wie entwaffnet.
Also schultere ich den drückend schweren Rucksack und mache mich zu Fuß von Saaldorf, an der größten Talsperre Deutschlands, in Richtung Bad Lobenstein zum Bahnhof auf den Weg. Trotz besseren Wissens, welches ich aus unzähligen Netzbeiträgen gezogen habe, nur 10% des eigenen Körpergewichtes als Tragelast zu nehmen, habe ich alles eingepackt, von dem ich glaube es brauchen zu müssen. Die beiden Trekkingstöcke klicken im Rhythmus meiner Schritte fröhlich mit. Alles kein Problem – ich bin ja noch jung und fit. Es geht fünf Kilometer durch den Wald, über den Berg und wieder runter ins Tal zum Bahnhof von Bad Lobenstein.
Noch ein letztes Foto vorm Haus
Mein Zug fährt laut Plan und Ticketausdruck aus dem Internet um 09:10 Uhr ab. Ich bin beizeiten da und blicke dem Zug, der um 09:00 Uhr abfährt selbstsicher nach. Das es eigentlich mein Zug nach Jena gewesen wäre, erfahre ich dann vom Bahnhofsvorsteher. Der nächste geht 11:00 Uhr. Ich vertreibe mir die Zeit mit einem kleinen Stadtrundgang und werde beim Pinkeln hinter einem Busch trotz guter Deckung von der Empfangsdame einer Physiotherapiepraxis erwischt. Die zweifelhafte Premiere ist mir so was von peinlich!
In Jena angekommen kaufe ich ein Wörterbuch. Es passt noch in den absolut vielseitigen und professionellen Rucksack, den ich mir bei meinem Sohn ausgeborgt habe.
01:20 Uhr – der Flixbus nach Paris Bercy mit seiner russischen Crew fährt pünktlich mit mir ab.
Es ist 13:50 Uhr – Paris Bercy. Nachdem ich endlich den Ausgang aus dem riesigen unterirdisch anmutenden Busbahnhof gefunden habe, und obwohl ich in der Messestadt Leipzig aufgewachsen bin, stehe ich da wie ein Provinzler. Paris behauptet sich. Es gärt, brodelt und pulsiert um mich. Die Menschen strotzen nur so von gelebter Normalität. Ich weiß, dass ich mit der U-Bahn zum Bahnhof Paris Montparnasse muss, wo mein Zug nach Bayonne abfährt. Das ist aber auch alles.
Die meisten Franzosen können oder wollen kein Englisch verstehen und mit Deutsch komme ich bei meiner Fragerei auch nicht weiter. Warum es nirgendwo ein Hinweisschild zu weiteren Verbindungen wie Bahn oder Metro gibt, ist mir unklar. Ich gehe auf gut Glück los und vertraue meiner Intuition. Sie wird mich auf dem ganzen Weg begleiten und zum Ende zu immer schärfer werden – oder ist es etwas anderes, was mich führen wird? Und tatsächlich finde ich etwa 500 Meter weiter den Eingang zur Metro. Leichtfüßig, schnell und siegessicher springe ich die breite Treppe nach unten; doch den Sieg trägt jemand anderes davon. Der Eingang ist verschlossen! Die Ratlosigkeit lässt mich kurz stocken – aber schon bin ich wieder oben und scanne das nähere Umfeld nach Ursachen. Ein Schild erklärt die Situation auf Französisch und gibt Lösungswege in einem mit verschiedenen Farben gekennzeichneten Wirrwarr an Linien vor. Da komme ich mit meiner Farbschwäche nicht weiter. Die Intuition wird ein weiteres Mal beansprucht und führt mich tatsächlich zu einem anderen Eingang 500 Meter weiter. Ich fahre für 1,95 € mit einem der wahrscheinlich ersten noch aus der Eröffnungszeit der Strecke stammenden Klapperkästen. In Deutschland mit Sicherheit längst aus dem Verkehr gezogen, schaukelt und ruckelt dieser jedoch munter über die kulturhistorisch absolut wertvolle Strecke mit ihren genieteten Brücken und marode anmutenden Gleisnetz nach Montparnasse. Wenn ich in den knackig vollbesetzten Wagen schaue, ist mir auch klar was es bedeutet, wenn eines Tages die Strecke grundsaniert und die Wagen gegen neue getauscht werden müssen. Der Personennahverkehr wird kollabieren. Ich atme dagegen auf; einerseits muss ICH dafür diesmal keine Lösung finden und andererseits fahre ich gerade im Bahnhof Montparnasse ein.
Für 128 € geht’s per TGV mit 316 km/h nach Bayonne. Bis Bordeaux ist die schnurgerade Hochgeschwindigkeitsstrecke rechts und links komplett eingezäunt. Was für ein Aufwand!
In Bayonne irre ich auf der Suche nach einer preiswerten Bleibe bis zum Dunkelwerden umher. Von zwei älteren und teilweise zahnlosen Parkbankbesetzern werde ich in der Nähe der Brücke zu einem Umtrunk eingeladen. Sie haben auch Musik dabei. Ich lehne lächelnd ab. Auf einer Art Unkrautwiese im eingezäunten Gelände einer verlassenen Industriebrache finde ich meinen Schlafplatz. In der Deckung eines überdachenden Busches baue ich das erste Mal mein Einmannzelt auf. Es trägt den passenden Produktnamen »Santiago«.
Bayonne in der Abenddämmerung
Fast verschlafen! Kurz vor 7 wache ich auf – mein Zug fährt um 07:49 Uhr. Ich schaffe es gerade so, kann aber im Bahnhof von Bayonne kein Ticket mehr kaufen. Der kleine Schienenbus ist bereits ausgebucht. 09:37 Uhr fährt der nächste. Mit meinem Ticket in der Hand warte ich artig und geduldig an der Abfahrtsstelle des ersten Schienenbusses. Eine Minute vor der angegebenen Abfahrtszeit merke ich, dass etwas nicht stimmen kann. Keine Leute an meinem Bahnsteig; die sind bereits alle gegenüber in dem eingefahrenen Zug auf Bahnsteig E eingestiegen. Unter schockartiger Mobilisierung all meiner sportlichen Fähigkeiten renne ich durch den Bahnhofstunnel zu Bahnsteig E und schlüpfe mit dem Schließen der Türen noch ins Wageninnere. Aber ist alles gar nicht schlimm. Ich habe ja jetzt, nach dem ich im September des vergangenen Jahres praktisch Zwangsrentner wurde, alle Zeit der Welt. Die schwierige Aufgabe besteht nur darin, sich daran zu gewöhnen.
Kurz vor 11 bin ich in Saint Jean Pied de Port, dem Startpunkt des Camino Francés und kaufe bei einer Art Wahrsagerin für 5 € natürlich den falschen Pilgerpass. Den Richtigen bekomme ich dann für 3 € im offiziellen Pilgerbüro. Die nette Dame, die sogar Deutsch spricht, erkennt mit ihrem geschulten Blick an der Größe meines Rucksacks und meinen Hantierungsbewegungen sofort, dass ich zu klein und zu leicht für das Teil bin. Sprich – der Rucksack ist mit dem von ihr geschätzten 18 Kilogramm zu schwer für meinen 800 Kilometer Gepäckmarsch. Er ist von Haus aus (also nur er selbst ohne Gepäck) schon zu groß und zu schwer, meint sie. Die Federwaage im Pilgerbüro bestätigt ihre Sachkenntnis: 18,5 Kilogramm. Ihren Rat, doch etwas gleich hier nach Hause zu schicken, nehme ich dankend an. Allein an der Ausführung hapert es. Ich bin ja gut trainiert und werde das Stückchen schon schaffen. Die 10 % des eigenen Körpergewichtes, die als Richtlinie für das Rucksackgewicht von Experten empfohlen werden, wären für mich 6 Kilogramm. Weicheier denke ich noch. Ich schaffe locker das Dreifache!
Doch wie lautet die Formel für alle Besserwisser? »Lernen durch Schmerz!« Ich habe drei Tage und 113 Kilometern gelernt, bevor die Füße meinen angeborenen Eigensinn überzeugen konnten. In Estella habe ich schließlich drei Kilogramm Ausrüstung für 40! € nach Hause geschickt.
Abends gehe ich mit Sonja (eine junge deutsche Lehrerin) und Tanja (eine Unternehmertochter aus Namibia) essen. Für 30 € bekomme ich die Mädels und mich satt. Eine Nacht schlafe ich noch in Saint Jean Pied de Port. Jürgen, ein etwa 45-jähriger Deutscher, der seit 17 Jahren auf Wanderschaft ist und von der Hand in den Mund lebt, bekommt von mir 10 €. Die beiden Straßenmusikanten bekommen 2 und die Wirtin der Herberge 12. Geld ausgeben war schon immer eine meiner stärksten Seiten …
Endlich geht es los. Bis zum ersten Etappenziel nach Roncesvalles sind es 25 Kilometer. Davon rund 20 auf der »Napoleon Route« nur bergan über einen der Pyrenäen-Pässe, den Col de Lepoeder, mit 1420 Metern die höchste Stelle des Weges. Es folgt ein fünf Kilometer bergab Stück, das es mit seinem teils grobgerölligem Gefälle arg in sich hat. Jürgen hatte mich schon gestern davor gewarnt.
Um 14:15 Uhr kühle ich meine heiß gelaufenen Füße in einem kleinen Gebirgsbach am Fuße der riesigen Abtei von Roncesvalles. Die Abtei ist mit 184 Schlafplätzen auf 3 Etagen und ihren abgetrennten 4er Kojen die größte und modernste Übernachtung auf meinem Weg nach Santiago.
Nun bin ich also schon in Spanien, fühle mich aber irgendwie nicht erfüllt. Es ist erst halb Drei und ich bin schon an meinem Tagesziel angelangt. Das muss ich morgen anders machen. Wenn ich von den vorgegebenen Etappen immer nur die 20 bis 25 Kilometer am Tag laufe, dann bin ich ja ewig unterwegs, denke ich. Geduld zu haben, musste ich mir enorm diszipliniert über die Jahre anlernen. Aber sie zählt diesmal nicht zu meinen Stärken.
Abends kann ich mich glücklicherweise noch ein wenig auf meinem Gebiet austoben. Ich repariere das Bike von Simon, einem jungen Chilenen, der den Camino mit dem Fahrrad quert. Beim Abendessen habe ich mit Ihm und Torsten aus Deutschland, der seinen gehassten Job endlich gekündigt hat und genau wie ich auf Neufindungskurs ist, zusammengesessen. Es gab das typische Pilgermenü, das mir in immer gleicher Weise auf den Herbergen des ganzen Weges für 10 bis 12 € begegnen wird:
Vorspeise:
Suppe, Pasta oder Salat
Hauptspeise:
Schweineschnitzelchen bzw. auch mal nur als Steak, Hühnerbein oder Fisch
Nachtisch:
Eis, Joghurt, Pudding oder Apfelsine
Heute will ich etwas weiter laufen, werde mir aber kein Ziel setzen. Erstens habe ich ja alle Zeit der Welt und für niemanden die Verantwortung, weil ich allein laufen werde. Und zweitens habe ich ein Zelt, sowie Matratze und Schlafsack dabei, bin also völlig unabhängig. Ich laufe erst gegen neun Uhr los. Das eigentliche Etappenziel Zubiri erreiche ich im moderaten Tempo am frühen Nachmittag. Dort bleiben die meisten Pilger, die Peregrinos wie sie hier in Spanien heißen, hängen.
Beim Weiterlaufen verbuche ich angenehm, dass ich allein unterwegs bin. Die Gedanken sind frei; die Eingebungen zur Lösung meiner vielschichtigen Probleme, die ich auch gerne schwierige Aufgaben nenne, können strömen und auf mich einblitzen. Deswegen bin ich hier! Ich lasse es zu und bin voller Hoffnung. Es soll aber noch eine Weile dauern, bis ich belohnt werde. Der Weg ist noch nicht reif genug für mich.
Im Gegensatz zu meiner Intension muss ich erdulden, dass der Camino, zumindest auf dem ersten Stück bis zum offiziellen Etappenziel, hauptsächlich von Spaniern begangen und regelrecht zerplappert wird. Es ist ein einziges Maschinengewehrfeuer, was die Andacht des Weges in meinen Augen niederstreckt. Mir wird es ein ewiges Rätsel bleiben, was ich auf dem Weg auch immer wieder zur Lösung angeboten bekomme. Wie kann man nur so schnell, so nachhaltig viel und ausdauernd sprechen?
Die Pyrenäen
