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So hatte sich Levke ihren Besuch auf Langeoog nicht vorgestellt! Eigentlich hat sie der Insel den Rücken gekehrt, für ihre Schwester Silka ist sie aber dazu bereit, eine Ausnahme zu machen. Silka hat schlimmen Liebeskummer, doch Levke stellt bald fest, dass es noch mehr Schwierigkeiten gibt. Der Ferienhof der Familie läuft nicht gut, ihre Eltern sind zerstritten und immer wieder begegnet ihr ein Mann, der ihr Herz schneller schlagen lässt, obwohl sie ihn gar nicht kennt. Kurzerhand macht sie sich daran, Ordnung zu schaffen, doch das ist gar nicht so einfach ...
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Seitenzahl: 98
Veröffentlichungsjahr: 2025
So hatte sich Levke ihren Besuch auf Langeoog nicht vorgestellt! Eigentlich hat sie der Insel den Rücken gekehrt, für ihre Schwester Silka ist sie aber dazu bereit, eine Ausnahme zu machen. Silka hat schlimmen Liebeskummer, doch Levke stellt bald fest, dass es noch mehr Schwierigkeiten gibt. Der Ferienhof der Familie läuft nicht gut, ihre Eltern sind zerstritten und immer wieder begegnet ihr ein Mann, der ihr Herz schneller schlagen lässt, obwohl sie ihn gar nicht kennt. Kurzerhand macht sie sich daran, Ordnung zu schaffen, doch das ist gar nicht so einfach ...
Fenna Janssen wurde in Lübeck geboren und wuchs in Hamburg auf. Viele Jahre war sie als Journalistin für diverse Zeitungen tätig. Inzwischen arbeitet sie erfolgreich als Autorin und bleibt auch in ihren Büchern ihrer norddeutschen Heimat treu – widmet sich aber ebenso gern ihrer Wahlheimat Italien.
Im Aufbau Taschenbuch sind bereits ihre Romane »Der kleine Inselladen«, »Das kleine Eiscafé«, »Die kleine Strandbar«, »Die kleine Inseltöpferei« und »Die kleine Inselschule« erschienen. Bei Rütten und Loening ist »Ein Sommer in Rimini« lieferbar.
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Fenna Janssen
Der kleine Inselferienhof - Teil 1
Friesenküsse
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Auf den ersten Blick sah alles genauso aus wie früher. Die schräg stehende Abendsonne beleuchtete das rote Backsteinhaus mit dem hölzernen Schmuckgiebel und dem schindelgedeckten Spitzdach. Durch ein offen stehendes Fenster wehten die himmelblauen Gardinen im Wind, die weiß gestrichene Haustür war nur angelehnt, damit die Gäste unbehelligt ein und aus gehen konnten. Auf der großen Terrasse standen mit bunten Kissen bestückte Korbsessel, und eine Hollywoodschaukel schwang sanft vor und zurück – ganz so, als sei eben erst jemand von ihr aufgestanden. Im Vorgarten rahmten Sanddornbüsche den kurzen sattgrünen Rasen ein, und der mit Ziegelsteinen gepflasterte Weg zum Haus lud Besucher und Passanten ein, näher zu treten.
Levke machte zwei Schritte durch die niedrige Gartenpforte und sog zum wiederholten Mal die frische, salzige Nordseeluft ein. Seit sie vor zehn Minuten am Bahnhof losgelaufen war, hatte sie jedoch schon so viele ausgiebige Atemzüge genommen, dass ihr nun schwindelig wurde. So viel puren Sauerstoff war sie nicht mehr gewöhnt. Normalerweise atmete sie Stadtluft mit einem großen Anteil an Abgasen ein.
Sie beugte sich nach vorn und stemmte die Hände in die Hüften. Das fehlte gerade noch, dass sie ohnmächtig wurde, wenn sie nach Jahren zum ersten Mal wieder nach Hause kam.
Nach Hause.
Wie das klang! Ungewohnt. Ja, sogar falsch. Sie war schon lange nicht mehr auf Langeoog zu Hause. Sie hatte sich ein neues Leben aufgebaut, fern der Insel, fern ihrer Familie und all dem Herzschmerz, der sie damals fortgetrieben hatte.
Als der Schwindelanfall vorüber war, richtete sie sich wieder auf. Jetzt bemerkte sie, dass der erste Eindruck sie getäuscht hatte. Haus und Vorgarten sahen keineswegs mehr aus wie früher. Vom Schmuckgiebel und den Fensterrahmen blätterte die weiße Farbe ab, und der Backstein wies an manchen Stellen golfballgroße Löcher auf, als hätte jemand auf die Wände geschossen. Die Korbmöbel und sogar die Hollywoodschaukel wirkten, als würden sie bei der kleinsten Belastung zusammenbrechen, und das Holzschild mit der geschwungenen Aufschrift »Ferienhof Dirks« hing schief in den Angeln. Die Sanddornbüsche mussten dringend zurückgeschnitten werden, und auf dem einst so gepflegten Rasen machte sich Strandhafer breit, dessen Samen von den nahen Dünen herangeweht worden waren.
Levke erinnerte sich daran, wie sie als Kind zusammen mit Silka diesem Übel zu Leibe gerückt war. Murrend, aber gehorsam, weil ihr Vater den Mädchen gesagt hatte, Haus und Garten würden von einer Düne verschluckt werden, wenn sie nicht den Anfängen trotzten. Irgendwann waren sie zu groß gewesen, um noch daran zu glauben, aber da hatte er sie schon mit Belohnungen gelockt. Einem Eis, einem Segelausflug am Wochenende oder einem Ausritt im Inselwäldchen.
Unwillkürlich stieß sie einen Seufzer aus. Es gab viele schöne Kindheitserinnerungen an Langeoog. Aber auch schlechte aus den Zeiten, in denen sie alt genug für Kummer und Verrat gewesen war, und seit Levke eine Stunde zuvor die Fähre verlassen hatte, stürzten sie auf sie ein wie ein Schwarm Möwen auf unvorsichtige Touristen, die ihre Fischbrötchen unter freiem Himmel verzehrten.
Vierzehn Jahre lang, seit Levke mit zwanzig erst nach Hamburg und dann nach Zürich gezogen war, hatte sie es geschafft, die Vergangenheit beiseitezudrängen. Nun wurde ihr mühsam aufgebauter Schutzwall mit einer Leichtigkeit niedergerissen, die ihr Angst machte.
Genau deshalb bin ich so weit weggegangen, schoss es ihr durch den Kopf. Damit ich nicht ständig an damals denken muss.
Es hatte ein paar wenige Stippvisiten gegeben, zu besonderen Anlässen wie der Silberhochzeit ihrer Eltern. Aber Levke war jeweils nur kurz geblieben, höchstens ein paar Stunden, und schnell wieder abgereist. Schnell genug, um den Erinnerungen keine Chance zu geben.
Diesmal war es anders. Diesmal würde sie länger bleiben. Zwei Wochen oder drei. Sie hatte es versprochen. Ihre Schwester zählte auf sie.
Ausgerechnet. Levke rieb sich die Schläfen.
Warum habe ich mich bloß breitschlagen lassen, überlegte sie. Ich hätte es besser wissen müssen. Das hier ist keine gute Idee. Ganz und gar nicht.
Sie blickte sich um. Noch war es nicht zu spät. Niemand hatte sie gesehen. Sie konnte kehrtmachen und genauso unauffällig verschwinden, wie sie angekommen war. Ganz bewusst hatte sie ihrer Familie verschwiegen, wann genau sie da sein würde. Sie hatte sich vor einer lautstarken Begrüßung am Hafen gefürchtet, vor Tränen, Vorwürfen und Umarmungen.
Levke stand unschlüssig auf dem schmalen Weg. Dann drehte sie sich um und rannte los. Es war, als hätten ihre Beine das Kommando übernommen, während der Kopf noch nicht ganz mitkam. Sie schaute nicht auf, als sie durch die Gartenpforte und dann in Richtung Ortszentrum stürmte.
Sie könnte sich irgendwo ein Zimmer mieten und dann entscheiden, was sie tun sollte – bleiben oder unbemerkt wieder abreisen.
Im nächsten Moment stolperte sie und landete an einer harten, wohlriechenden Männerbrust. Instinktiv registrierte sie, dass ihr Kopf dem Mann nur knapp bis zur Schulter reichte. Große Frauen achteten auf so etwas. Sie konnten sich ewig einreden, es sei überhaupt nichts dabei, wenn sie einen Kerl überragten, aber in Wahrheit riskierten sie einen Rundrücken, weil sie sich ständig klein machten.
»Hoppla!«, sagte der Mann mit einem warmen Timbre, das ihr durch und durch ging.
Schöne Stimme, muskulöser Brustkorb, hohe Gestalt, verlockender Duft.
Levke beschloss spontan, noch eine Weile so zu verharren. Fühlte sich gut an.
Es dauerte einen Augenblick, bis sie erkannt hatte, wonach er roch: Tannenwald und Meer. Was an sich ein Widerspruch war, aber zu ihm passte es irgendwie.
Dann fragte sie sich, ob der Rest von ihm ebenfalls attraktiv war. Rein theoretisch war es ja möglich, dass er schlechte Zähne, eine krumme Nase und kleine, kurzsichtige Augen hatte. Alles Merkmale, die Levke ebenfalls abschreckten. Glatzköpfe mochte sie auch nicht, was sie aber tunlichst für sich behielt, seit ihr eine Freundin mal vorgeworfen hatte, sie sei viel zu anspruchsvoll und werde deshalb nie den passenden Partner finden. Levke hatte darauf verzichtet, die Freundin daran zu erinnern, dass sie sehr wohl schon Beziehungen zu Männern gehabt hatte, die nicht ganz ihrem Ideal entsprachen. Dass diese nicht gehalten hatten, lag eher an ihrem grundsätzlichen Misstrauen in Liebesdingen.
Na gut, überlegte sie. Ein klitzekleines bisschen hatte es vielleicht auch an der Optik gelegen. Das mochte oberflächlich sein, aber man konnte schließlich niemanden zwingen, einen kleinen, kurzsichtigen Glatzkopf mit krummer Nase und schiefen Zähnen zu lieben, oder?
Es kam ihr vor, als läge sie schon seit einer kleinen Ewigkeit an dieser einladenden Männerbrust, aber in Wahrheit waren wohl nur ein paar Augenblicke vergangen, als der Mann sie sanft von sich schob und sagte: »Tut mir leid, aber Sie sind mir direkt in den Weg gesprungen.«
Gesprungen? Wirklich? Offenbar hatten es ihre Beine wirklich eilig gehabt.
»Mein Fehler«, murmelte sie.
Dann sah sie auf und zuckte erschrocken zusammen. Aber bevor sie verstehen konnte, was sie sah, hatte er sich schon abgewandt und war mit langen Schritten weitergegangen. Ohne sich noch einmal zu ihr umzudrehen schlug er einen Holzbohlenweg in die Dünen ein und verschwand aus ihrem Blickfeld.
Levke starrte ihm noch hinterher, als er schon längst nicht mehr zu sehen war.
Nein, dachte sie. Hässlich ist er nicht. Ganz im Gegenteil. Aber er sieht aus wie …
Weiter kam sie nicht. Ein Teil von ihr weigerte sich, diesen Gedanken zu Ende zu verfolgen.
Stattdessen trat sie nun doch wieder durch die Gartenpforte und ging auf ihr Elternhaus zu. Nach dem, was sie eben erlebt hatte, konnte sie so leicht nichts mehr erschrecken. Sie schaute auf den Weg vor sich, um nicht wieder zu stolpern, was aber auch ein Fehler war.
In der nächsten Sekunde wurde Levke umgeworfen und sah statt der roten Pflastersteine direkt in den blauen Himmel. Zum Glück war sie auf dem weichen Rasen gelandet. Einen verrückten Augenblick lang glaubte sie, der Mann sei zurückgekommen und habe sich auf sie geworfen. Aber die raue Zunge, die ihr übers Gesicht fuhr, war für einen Menschen definitiv zu lang. Außerdem nahm sie keinen Duft nach Tannenwald und Meer, sondern einen eher strengen Geruch nach feuchtem Hundefell wahr.
»Pfui!«, rief sie, und weil das nichts half, gleich noch einmal: »PFUI!«
Die Wirkung war erneut gleich null. Über ihr erhob sich ein riesiges Fellungeheuer, dessen Schnauze heiße Atemwolken ausstieß.
»Sorry!«, rief die Stimme einer jungen Frau, die Levke sofort erkannte. »Unser Theodor begrüßt die Gäste gern auf seine besondere Weise.«
Dann wurde das braun-weiß gefleckte Ungeheuer an seinem breiten Halsband von ihr hinuntergezerrt, und Levke setzte sich vorsichtig auf.
»Er ist noch jung und muss erzogen werden«, fuhr die Frau fort. »Als Wachhund taugt er schon mal gar nichts. Der würde auch jeden Einbrecher ablecken.«
Erst dann drehte sie sich zu Levke um und erstarrte. Ihre Hände krallten sich fester um das Halsband, und es schien, als müsste sie sich nun an dem überdimensionalen Hund festhalten.
»Levke. Du bist gekommen.«
»Habe ich doch versprochen, Silka«, erwiderte sie und rappelte sich auf. »Seit wann haben wir einer Bernhardiner?«
»Papa hat ihn angeschafft. Vorletztes Weihnachten. Da war er ein süßer Welpe, und der Züchter hat uns versichert, dass er eher klein bleiben würde.«
»Der ist aber größer als ein Kalb.«
»Tja, wir können uns nicht mehr von ihm trennen. Wir lieben unseren Theodor heiß und innig.«
»Theodor?«
»Nach Großonkel Tjards bestem Freund, der bei der Sturmflut zweiundsechzig umgekommen ist. Tjard behauptet, der Hund erinnere ihn an Theodor.«
Levke unterdrückte ein Grinsen. Es war einfacher, über den Bernhardiner zu reden als über die wirklich wichtigen Dinge, die sie hergebracht hatten.
»Hat jener Theodor auch Leute umgeworfen?«
»Nee, aber Tjard sagt, er habe ganz genauso große und treue Augen gehabt.«
»Aha.«
Theodor hechelte und winselte, aber Silka ließ ihn nicht los.